— J-J^ MUSIC - UNIVERSITY OF TORONTC 3 1761 07195 341 I Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from University of Toronto http://www.archive.org/details/antonschindlersbOOschi ANTON SCHINDLER'S BEETHOVEN-BIOGRAPHIE ANTON SCHINDLERN BEETHOVEN- BIOGRAPHIE NEUDRUCK HERAUSGEGEBEN VON DR. ALFR. CHR. KALISCHER 1909 BERLIN UND LEIPZIG VERLAG SCHUSTER & LOEFFLER Alle Rechte bezüglich der Ergänzungen und Erläuterungen behält sich der Herausgeber vor. ML 410 34$ 3 33 LIBRARY 750482 UNIVERSITY OF TORONTO Vorwort des Herausgebers zum Neudruck der Anton Schindlerschen Beethoven-Biographie Gewiß wird der Neudruck der Beethoven-Biographie von Schindler von allen Seiten mit großer Ungeduld erwartet. Wer etwas von der Beethovenforschung versteht, wird so- gleich einsehen, daß ein Neudruck der Beethoven-Biographie von A. Schindler zu den allermühevollsten Arbeiten der Forschung gehört. Die 379 erklärenden und ergänzenden Anmerkungen mögen den Beweis liefern. Es ist nunmehr keine der mannigfachen Beethovenfragen, die mit dem Namen Anton Schindler im Zusammenhange stehen, ohne genügende Beantwortung geblieben. Schindler als der dritte große Augenzeuge des Lebens und des Leidens Beethovens — er ist und bleibt der wichtigste Kenner aller geistigen wie materiellen Angelegenheiten des Meisters. Der Herausgeber ist bestrebt, alles auf der Höhe der Beethovenforschung zu repräsentieren. Es steht zu hoffen, daß Schindlers Beethoven einen vornehmen Rang in der Beethovenforschung bewahren wird. Zur technischen Anordnung ist zu sagen : Der Schindlersche Text ist genau erhalten worden, Schindlers eigene An- merkungen sind mit deutschen Typen gegeben, die zahl- reichen Anmerkungen des Herausgebers sind mit lateinischer Schrift vorgeführt worden. — VIII — Es bleibt zu hoffen, daß das Schindlersche Beethoven- buch auch in Zukunft allen Beethovenforschern ein sicherer, guter Führer bleiben wird. Dazu gebe der Geist Beethovens seinen Segen. Beherzigen nun alle ein Beethovenwort, das uns Schindler nach einem Konversationsheft (No. 112 vom Februar 1823) aufbewahrt. Es steht auf Blatt IIa: „Das Neue und Originelle gebiert sich selbst" — sagten sie uns letzthin — „ohne daß man daran denkt." Für diesen Schlüssel zur Erkenntnis des geistigen Beethoven wollen wir Schindler beim Lesen seines Buches stets dankbar bleiben. „Das Neue und Originelle gebiert sich selbst, ohne daß man daran denkt." Berlin, im April 1909. DR. ALFR. CHR. KALISCHER. BEETHOVEN nach Louis Letronne SSiograplw tton guDit)tg un söeet^om Serfagt son 5(nton ©c^in&ler. 'S) r i 1 1 e , neu bearbeitete unt) öermeljrte Auflage. SJtönfter, <2>uicf unb Verlag ber Slfctjenbcuff'fcJjett 33uc^t|anMun^ 1860. ®ae 9Jc*t ttt #erau&jafce in engltutyer unfc franj6ftf*et Uffrevfffcung. bat ttt 93 er f äff er fia) tjotffljalten. ©einer 6d)u(erm unb ^reanbin, bem $rdu(dn 9&ertf)a Jpanfemann in Berlin wifcmet biefeS 23udj ber SSerfaffer, 3n(>ctlt^93er3eid)m§ ©eite 33oriüort 9 (Stnieitung 18 ßrfie $eriobe. $on SBeet^otoenS ©eburt 6t3 p (Snbe 1800. 3n jtoei Hbfänitten 29 2(nb,ang. I. 3"i S^avafterifttf be3 muficalifd}en 28ien§ ju 2tu§gang be$ acfjtjeljnten unb ju Anfang be§ neunje^nten SabJ^unbertS . 82 II. £atalogifcf)er Sorbertd&t 87 III. 58erjeid)ni& ber t>on 1795 bi§ incl. 1800 erfdjtenenen SSerfe . 92 IV. £f)arafteriftifd)e3 TOerÜmal ber Äunftfritif, unb 23eurtr)eihtng 93eetf)otien'fd)er SBerfe 99 Zweite Sßertobe. 33on 1801 biä (Snbe 1814. 3n fünf Slbfcömtten 108 Slnfjang. I. Äaiatogtfcf)e§ 250 II. ^erjeidjnife ber in bie gtrette ^ertobe fattenben SSerfe . . . 254 III. 33eertjot>eu'» muficatifdjer (Jljarafter 261 IV. Sorroürfe ber ©cfjnüerigteit unb Untierftänblidjfeit .... 267 ©ritte Sßeriobe. S3on 1815 bi§ sunt Sobe. $n fünf 9Ifc fdjnitten 271 2(nf)ang. I. 9lu<§ bein Dbbucttonä=93ericr)t 486 II. Jeftamente unb SßermögenSftanb 487 III. Sin SBrief üon Stephan Oon 33reuning. ©efidjt§ma§fe öon Sannfjaufer 490 — 6 — Seite IV. SBerjeidjniB ber in biefe Sßeriobe fatlenben SSerfe 492 V. 2>er ferner gefaxte Sntfd)tuB 500 ßfjarafterjüge, Eigenheiten, Notfälle unb ©onfiigeS 1. Religion, ©eneralbaß. 2tefü)etif 505 2. 3ettgenoffen. Reiftet unb jünger 513 3. ©ebädjtntB 526 4. fcanbbtbliotfjef 527 5. SBanbetfuft 532 6. 3ugenblicf)et 9Rutb>ilIe 536 7. Seben^jeugniß 537 8. Srüberlidjer GJegenfafe . 537 9. Qn ber Slbenbbämmerung 538 10. Seitantuenbung 539 11. Momente tieffter SDJebitation 540 12. (Sffen unb Srinfen 540 13. ©ine Sanffagung, ober 33eetf)o»en unb §ummei .... 542 SKuficalifdjer Stjett 549 Ergänzungen A. Seertjotten'S Silbniffc 639 B. 33eetf)ot>en unb fein legtet 2trjt Dr. SSamrud) 650 C. 33eetf)Oüen unb gürfl ^icoIauS 93ori£ ©alifcin 653 D. „93eetIjoüen'§ ©tubien im ©eneralbafj, Gontrapunci unb in ber Gompofition", ober Sguaj SKitler üon Serjfrteb unb 2obia§ §a§tinger 663 E. öeet^oüen unb Garl ^oij 679 F. Gart iüiaria üon SBeber alä Sritifer 33eet&oDen'3 .... 68~ G. Qmn Xacte im Sdjerjo ber C nioll=©infonie werben SSer= onloffung ju Streit unb anbanernber 3Keinung§Derfd)iebent)eit 694 H. Sn <5ad)en be§ ^ßtoceffeS mit bem 9Jiedjanifer ^Jiael^cl . . 699 I. S)ret Briefe Don Öeettjorjen an S3ettina 704 K. S3eet^ouenT§ Sriefconcept an Gfjerubini au§ bem %at)vt 1823 709 — 7 — ©rite L. 3)a§ Sftotiü §um legten ©a£e be<§ Quartetts in Cis moll, Op. 131 711 M. 9lu3 ber ©onate patfjettque 716 N. @eföi$tliäeg über ©nffifrung Seetfjo&en'fäer 2Rufif in $ariS 721 0. ©in 9?üdbtid auf 23eet{jot>en'3 .Spanbbibliottjef unb bie öffentUdje SBerfieigerung be§ muficaüfdjen 9{adjlaffe§ im 9ßot>etnber 1827 726 P. SSorljanbene Reliquien öon Söeettjoüen 730 Q3orft>ort ©ine neue Sluffage!1) — ©etoöljnlidj mirb üon einer foldjen gefagt, fie fet) bie $reube be§ Verlegers», ber ©totj be3 Sßet> faffer§. 9D?id) anlangenb barf id) mofjt offen unb freimütig geftefyen, bafj tcf) öom ©totje nid}t§ tierfpüre, hingegen mit ge= rüljrtem fersen ber SSorfefjung banfe, hak fie meine Sebenötage fo lange gefriftet, um tiorliegenber ©djrift bie gegenroärtige ©e= ftaltung geben 51t tonnen, inbem bie frühere in Oielem 23etrad)te eine §u befdjränfte getoefen; ba$ tag jebod) §umeift in ben Um= ftänben unb SBebingungen, unter benen e§ geftattet mar, fte in bie DeffentHdjfeit treten (^u laffen. (53 folt inbefc nidjt gefagt fetjn, bafe ba§ SSorliegenbe meine Ooüe 3ufriebenf)eit ^a^, im ©egenttjeit finbe id) aud) an biefer Sßerbeffernng nodj fo tüe(e§ §u änbern unb ju tierbeffern, bafj id) ba§> ©anje öernidjten möd)te, füllte id) tnidj im ©tanbe fogletcf) etma§ %ltuz$ an- zufangen unb in gleichmäßiger ©timmung einem getuünfdjten ßiete ^uzufü^ren.2) £>a3 oft befdjriebene ©efüfyl eine<§ ©djrift* 1) Die erste Auflage der Schindlerse.hen Beethoven-Biographie erschien zu Münster 1840 bei Aschendorff. Bereits fünf Jahre darauf (1845) war eine II. Auflage der berühmt gewordeneu Biographie Beethovens erforderlich. Der "Verlag war derselbe. Diese (2.) Aus- gabe enthält zwei Nachträge: a) Auszüge aus Beethovens Konversations- heften (S. 275—292). b) Zweiter Nachtrag. Beethoven in Paris. Nebst anderen den unsterblichen Tondichter betreffenden Mitteilungen, XII, 178 S. — Dieser wichtige umfangreiche Nachtrag ist in meinem Exemplar unmittelbar an die II. Ausgabe angebunden. Der Nachtrag erschien jedoch bereits 1842 als selbständige Schrift: Beethoven in Paris. — Dann dauerte eä 15 Jahre, ehe die dritte, verbesserte Auf- lage herauskommen konnte (1860). A. d. H. 2) Wir nehmen hiermit Schindlers eigenes Geständnis dankbar auf, daß er selbst für die dritte Auflage „noch so vieles zu ändern und — 10 — ftellerS, ben fein eigenes, fertiges 2Berf anroibert, ber eine Zeit- lang eS nidjt mefyr fefjen nnb nichts barüber fjören mag, fjat mitf) gleichfalls bei jeglicher Arbeit mit einfdmeibenber Schärfe befallen, bie ben @ennJ3 über baS SSoltenbete nafjejn uöttig ver- nichtete. 5erner/ °iß Je^ no&) ftzit me^r benn früher ge= tuonnene Ueberjeugung, mie fo aitfjerorbentticf) fdjroierig eS ift, ü6er Seertjoüen ©enügenbeS gu fctjreiben nnb feiner Snbiuibualität nad) allen Stiftungen t)in gered)t ju merben, nid)t in £)l)potf)efen, 5(6ftractionen nnb gesagten Kombinationen fid) gu ergeben unb fid) ba6ei geberben, als t)ätte man alleS SluSgefagte mit eigenen ©innen gefefjen nnb gehört, — and) nid)t in 2Seitfd)meifigteiten auSguarten, fonbern baS Söefentlidje mögtidjft furg, bünbig unb überfid)tlid) öorgidegen: aud) biefeS fdjmätert nodj bie $reube an ber <&ad)e, benn (entere 33ebingnngen mögen ja aud) öon mir nidjt immer erfüllt morben ferjn. Selbft baS be= fdjnndjtigenbe SBettmjjtfetjn, ben bei meitem größeren £f)eil beS begebenen an ber (Seite beS großen SlünftlerS mit eigenen (Sinnen malgenommen, bemnad) nidjt bloS nad) nortjanbenen papieren ober nad) SluSfagen batb an ber merbe ein gemein= fd)aftlidje§ ^ufammenwirfen nad) 2öegeter§ ^3(an fanm möglid) fetjn. 9tie§ legte nämlid) SBertf) auf SDinge, bie tljeilS intereffetog, tl)eit§ üerletjenber Strt waren, barum !eine§fat(§ üor ba% öffcnt« tidje $orum gehörten. ®r trug einen lang genährten ©roß gegen feinen Setjrer unb $reunb im £>ergen, ben 5U 6e[ct)rDict)tigen mir nid)t gelingen Wollte, weit er fiel) auf ©rünbe geftüijt.4) Sm (Sonterte mirb baoon bie 9vebe fetjn muffen, um beiben, Setjrer unb <3d)üler, gerecht fetjn 51t fönnen. Ueberfyauöt uer= ttjeibigte 9tie3 ben @a§: über grofee Sftänner barf atle§ au§~ gefagt werben, e§ fdjabet iljnen nid)t. 3)iefe Wenig erfreulichen (Srgebniffe meiner ©otlicitationen Würben auf meiner ^üdreife nad) bem 9cieberrl)ein Söegeter mitgeteilt, bon ifjm jeboct) otjue fonberlidje Ueberrafdjung an= gehört. 3d) fafete ÜDrutt) mir feine guftimmung §u erbitten in ber in 9fabe fteljenben ©adje mit iljm aEein üorgugeljen. %n- fängtief) Soeben fen finbenb willigte er enbtid) unter ber $Se= bingung ein, bafs öon beiben «Seiten unüerjüglid) an bie 9tu§* arbeitung gefdjritten Werbe. Sd) öerfprad) e§. Mein fdjon beim erften SSerfucf) gewünfdjte 5Iu§fünfte über mandjertei ^unete öermittelft (Sorrefponbeng au§ SBien fjabljaft ju Werben, geigten fiel) £>inberniffe unb lange ,ßügerungen, °^e o11 einem si*er* 4) Der Hauptgrund wird in der Angelegenheit der Dedikatiouen des Meisters zugunsten des Schülers Ries und von dessen Frau liegen Daß es zu keiner Dedikation kommen durfte, das hat uns Schindler iu seinem Artikel: „Memorabilien" in Hirschbachs Repertorium der Musik mit ungemeiner Schärfe dargetan. Das Notwendigste ist dar- über mitgeteilt in des Herausgebers kritischer Ausgabe von Beethovens Sämtlichen Briefen bei den Erklärungen zu Brief No. 930 (Band IV). A. d. H. — 13 — fdjieben ber Stt&eit nötigten. SSegeter berlor barü6er bie ©ebulb. Unterm 28. Dctober 1844 machte er mir bie Sinnige, ben 2)rud fetner Stufzeidinungen fofort besorgen $u motten. ©a^u ift e§ inbefs nidjt gefommen, bielmerjr mürbe mit SRieS meiter unterfyanbelt. £)a3 9^ieberrt)einifd]e äWttjtffeft 18 37 gu Slawen fütjrte $ie§ nnb ben Unterzeichneten 31t Vereintem 2Sirfen an6ei auf botte fünf 2£od)en gufammen. 2öege(er'3 *ßtan marb bafelbft merjrfad) bon un§ befbrodjen, bie Sftefuttate blieben aber nidjt merjr mie etjebem im ßroeifet, im ©egentfyeit 9?ie§? rjartnädigeS gehalten an feiner SßtHenSmeinimg fjätte beinahe einen Qm\& fbatt smifdjen un£ gur golge gehabt. Äurj, fcfjon im nädjften 8af)r, batb nad) feinem b(ö£tid)en 2)af)infd)eiben, erfd)ienen: „öiograbrjifd)e Zotigen über Submig ban SSeerfjoben" bon Tegeler unb 9?ie§. Sn Sßien befanb jtdj ber §of* unb ©eridjtöabbocat, Dr. Sotjann SBaptift 23 aü), mit beffen $erfönlid)feit ber Sefer n>eiterrjin näljjer befannt merben mirb. §ier am Orte ferj b(o§ angeführt, baß berfelbe eine ber tjerborragenbften furiftifdjen Stutoritäten ber Äaiferftabt unb 33eet^oben'§ Vertreter in SRecfjtS* fadjen gemefen; aber aud) in muftcatifdjen Stngclegentjeiteit hndjtiger 2Irt marb er bom ütteifter mit ju SRat^e gebogen, ©er SSerfaffer burfte biefen ausgezeichneten Sftann, in beffen ©angtei er toäljrettb feiner ©tubiengeit gearbeitet, 31t feinen befonbern ©önnern sägten. 2Beil berfelbe ftcfj lebhaft für batbigeS 3ufianoef°mmen e^ner Sebenäfdjilberung be§ 9J?eifter§ interefftrte, überbieS berjenige mar, ber unter allen Umftänben als fd)ü|enbe Slegibe bei biefem Unternehmen gelten burfte, menn e§ nad) bem bucfjftäblicfjen Verlangen 23eetrjoben'3 au£* geführt merben fotlte, fo mufjte er bon ben Vorgängen mit Tegeler unb !Kie3 unterridjtet merben. ©ans unermartet ermiberte er mit ber Slufforberung, bafj id) allein unb unberjüglic^ an bie 3lbfaffung einer biograp£)ifd)en ©djrift geljen fotle, er merbe mid) in jeber möglichen Sßeife — 14 — babet unterftütjen ; gugleid) äußerte er ben SBunfd), baS SKanufcript gu fritifdjer ©urdjftdjt 511 erhalten. 3)ieS trar ber (Sporn midj atsbalb an ben ©djretbttfdj gu fetjen, fern jebod) oon jeber ©pur eineS Furor biographicus. 9fid)t otjne Sangen manberte bie Ausarbeitung gur Senfur nad) SSien, fanb inbefj im ©angen feine ungünftige Slufnafjme bafetbft, nur tjat beS ©önnerS 9Rot^ftift roiber alle ©rmartung arg barin gekauft. 2)em greunbe bon Äürge unb SBünbigfeit in ber 2)arftellung — im ©egenfatje gur üblidjen 5Ibbocaten= SßrajiS — erfd)ien manches gu ausführlich; £f)atfäd)lid)eS, mit ber ©efd)id)te ber $eit coüibirenbeS, menngleid) in Segug auf unfern sJMfter als gang befonbereS Gfjarafterifticum gu be= tracfjten, erklärte er als gefaljrbringenb für unS 93eibe. 3)arum marb nad) denforen^trt olme SRücfftdjt auf inneren gufammen* ijang unb SJiotioirung geftricfjen. 9Jcand)eS nun üftacfjgefjotte mirb geigen, roaS ber §of= unb ©eridjtSabtiocat auS bem Sucfje entfernt tjat. UeberbieS teilte Dr. 2ßa§ fjinfidjttid) Äünftfer* unb ©elef)rten=23iograpl)ien mit tiielen Ruberen eine 5lnfid)t, bie fid) ungefähr fo formuliren läßt: Sie Sfjaten großer gelbfjerrn unb (Staatsmänner finb meift auf's engfte mit ber ©taatengefd)id)te im Allgemeinen unb ©pegiellen öerfnüpft, fie finb eS ja meift, aus meldjen biefe ©efd)id)te befielt. £>arum muffen it)re £ebenSfd)ilberungen immer mit bem großen ©angen üereint gufammengefjen. ©ei Äünftlern unb ©eleljrten aber ift bieS mefentlid) anberS. SEßeil itjre Sßerfe in ben Rauben beS ^ublicumS finb, fann unb foll if)re QSiograpl)ie fid) borgugSmeife an bie bem SSerfaffer mol)tbefannte $erfönlid)feit galten unb öon if)ren 23er!en bloS baSjenige berühren, maS gum all» gemeinen Sßerftänbnifc notfymenbig ift. Sftag biefe Anfictjt in Segieljung auf baS Altgemeine un* beftritten bleiben, auf 33eetf)oüen pafct fie nidjt, benn hierbei tjaben mir eS nictjt allein mit ber ^erfon beS SlünftlerS unb — 15 — ben $)3robucten feines ©enieS, fonbern mit einem er^ptionelten (Sfjarafter ju tfyun, ber nidjt bloS im rein SRenfdjlidjen, tief ÜMigiöfen unb fittfid^em «Streben ju Betrachtungen aufforbert, fogar auf roiffenfdjaftlidiem unb potttifdjem $etbe (9D?ufifern in ber Sieget frembe ©ebiete) üermag er unfere Stufmerffamleit in fettenem ©rabe $u erregen. $ur§, unter üorbenannten lauteten unb 33efd)rän!ungen tonnte ba§ Budj in erfter 5luf(age erfdjeinen. Bor ©atgen unb 9fab mar ber Q5erfaffer Ijinreidjenb ficfjer geftettt, nid)t aber Oor Berbäcfjtigungen nnb hänfen, bie aüfogteid) bemütjt getoefen, ber &ad)e in meiten Greifen $u fdjaben, otjne jeboct) offen bagegen aufzutreten. £)iefe§ §u enthüllen gebietet BeetfjoOen'S &aii)t, aber aud) ba§> Sntereffe be§ muficalifdjen ^ubticum§. (£§ folt in bem Ch'gängungSauffatje „Beetljoüen'S ©tubien" gefcfjefjen. ©cfjtiefjlid) fet> nod) an bie muficatifdjen ©djriftfteHer eine Bitte auSgefprodjen. (£§ mag mof)t für ben Berfaffer irgenbeiner ©djrift nicfjt gleichgültig fetjn, fetbe oon ad)tung3roertf)ett ©crjriftftellera als öertäfettdje Quelle benutzt 31t fefyen. (£S mirb jebocf) anbei ber llnterfcfjieb gu madjen fetyn äroifdjen ©d)riften, bie bereite Der* griffen, unb foldjen, bie nod) im Bud)f)anbet ejiftiren. £)inficb> lid) teuerer fönten aber Oon ehrenhaften Kollegen aEgeit 3ftüd= fidjten nad) bem TOoratfa^e beobachtet merben: „2öaS 2)u rttctjt roiUft, baS £)ir gefdjefje, ttjue 5(nbern nid)t!" — 9?id)t balb mag ein Bud) mäfyrenb feines SurfirenS im §anbet fo auSgefcfjrieben morben fetjn, als e§ biefem miberfaljren. §err ©taatSratt) Sßüljetm oon ßen^ in ©t. Petersburg bad)te gettrife nid)tS unangenehmes 5U metben, als er mir 1852 nad) Gsrf feinen feines SSerfeS: „Beethoven et ses trois Stiles" fcfjrieb: ,,©ie ftnb 233 mal in meinem Bucfj gtttrt, benn ©ie finb unb bleiben bie Queue für bie SWet^af)! ber midjtigften £)aten.6) — 5) In meinem Neudruck : „Wilhelm von Lenz: Beethoven, eine Kunststudie, erster Teil, 190Ö, mußte ich die Differenz zwischen — 16 — ßmei fyunbert brei unb breifeig Gitate, barunter rricfjt menige Don einer falben Seite! Ueberfteigt fo brüberlidje Xl)eilnal)me nid)t ba$ äftafj coUcgia[i)"d)er ^üdfidjten? 2>aö nädjftgefotgte $ud) bei §errn (Staatsrates: „$eetl)ODen, eine Shmftftubie," ift aber im erften 53anbe: „QaZ fieben beö üMfterS," üöllig eine Um* fdrreibung beö biograpl)ifd)en £f)eü8 meines Sudjel, ein Stücf fd)riftftellerifd)er Äunftroeberei. $u roefentfid) t>erfd)tebenem ©ebraudje biente biefe Schrift bem anbern Stoffen, 2lte;ranber lUibifdjeff, in feinem SSerte: „Beethoven, ses Critiques et ses Glossateurs/' 6) bal nun aud) in beutfdjer Ueberfeftung unter bem Sitel: „Seettjooen, feine Äritifer unb feine 2(ulteger," öon Subroig 33ifd)off, erfd)ienen ift. %{% ©egner bei großen Sonmeifterl fanb Ulibifdjeff für 3roedentfpred)enb 5itr Unterlage üieler 2IeuBerungen unb ^Behauptungen meift fotdje Stellen meiner Sdjrift gu ent* nehmen, bie fid) bret)en unb roenben, fonad) $u Folgerungen führen laffert, mie fte fiel) allein im $opfe beö üerbiffenen unb blol nad) einer Seite fjängenben ©egnerl geftalten. ©inen nid)t minber umfaffenben ©ebraud) rjat baüon §1. 23. 9J?ar;r in feinem 2Serfe: „öeettjoüen, Seben unb Schaffen" gemacht, bieg aber erft, all bie Auflage nafjegu gan^ nergriffen mar. 9J?it magrem Vergnügen erfenne id) jebod) bie meife %lni$' anroenbung, bie ber aulge^eidjnete Äunftgeletjrte unb Sd)rift= Schindler und Lenz berühren (cf. S. 328 ff.). Schindler berief sich auf Lenz' Zeugnis in seinem Werke: Beethoven et ses trois Stiles: „Sie sind 233 mal in meinem Buch zitiert, denn Sie sind und bleiben die Quelle für die Mehrzahl der wichtigsten Daten." Und nachher bei der Beethoven-Galitzin-Angelegenheit nimmt sich Lenz heraus, Schindler wie eine quantite negligeable zu behandeln. Schindler blieb ihm nichts schuldig. Im Zusammenhange ist die Sache in meiner kritischen Briefausgabe behandelt, als der damals einzige Brief an den Fürsten v. Galitzin vorgeführt wurde, No. 1094 nebst Erklärungen, Band V, p. 162 f. A. d. H. 6) AI. Ulibischeffs Buch gegen Beethoven erschien deutsch aus dem Französischen von Ludwig Bischoff 1859. A. d. H. — 17 — jteüer öon bem fteltenroeife nur bürftig (begebenen §u machen nerftanb. @§ roirb fiel) ©elegenfjeit unb Veranfaffung finben, «in unb anbereä au3 bem SSudie bes> ^Berliner $rofe[for§ im Sntereffe ber betreffenben ©adje tjier berühren gu f'önnen; feine Arbeit ift in ber 23eett)oüen=£iteratur überhaupt Don fjerüor* ragenber Sebeutung.7) Steine unb meinet Verleger^ tiereinte Söitte an bie geehrten muficatifcr)en ©djriftfteller gefyt nun baljtn, ba% neu Vorgelegte mit 9tücffict)t unb ©djonung beS (£igentf)umsred)te3 betrachten 511 motten. 95ocfent)eim (bei granlfurt am 9Jcain) im ©ecember 1858. 9(ntoit Sambier. 7) Die namentlich in ästhetischer Beziehung hervorragende Beethoven-Biographie von A. B. Marx kam 1859 heraus; sie hat ihre VI. Auflage durch Prof. Dr. Behncke erreicht. A. d. H. tt. ©djtnbler» a3eetfjoüen=33iogva£tjie. Einleitung- 9H§ im Verlaufe ber ®ranff)eit, tueidjer Submig Oan 53 eet (jouen nad) üollem tiiermonatlidjen Seiben erlegen, biefcr fidj mit ©tepfjan oon Sßrenning mib bem SScrfaffcr biefer ©cfjrift über bie 33iograf)ieen be§ griedjifcrjen s$lutard) nntcr= rjielt, benu^te SBreuning bie längft ermünfd)te ©etegenfjeit, ben 5D?eifter, fdjeiubar orjne alle 5lbftd)t, 5U fragen, men er ftcf> tuotjf unter feinen geitgenoffen 31t feinem 23iograpf)en ermärjlen mottle. Dfjne fid) 3U bebenfen, antwortete er: „SRocfjfitj, roenu er micf) überleben fottte." Leiter fprad) er nod), bajj t§> fid)er §u bermuttjen fei), bafe Diele gefällige gebern fid) aud) nad) feinem 3)at)infd)eiben beeilen mürben, bie 2£elt mit einer Un* 5af)( non Slnecbotem unb £>iftörd)en über ifm 31t unterfialten, bie oller äßafjrfjeit ermangeln, — mie eS übertäubt Männern 3U ergeben bflege, bie einigen (Sinftuft auf irjre ßeit gefjabt. 2)al)er fei) fein aufrid)tiger 933unfd), ba% ma§ man cinftenS über if)n fage, nad) allen S3ejiel)ungen §in ftrenge ber SBafjrrjeit getreu gefagt merbe, gleidjoiel, ob tiefer ober Scner fid) ba* bnrd) getroffen füfote, ober eS felbft feine eigene Sßerfon betreffe. Siefe 5(eu^erung in einem Momente aulgefprodjen, mo be3 greunbeä 51uflöfung a(3 nalje beöorftefjenb fdjien, mar für un§ 5U midjtig, als ba$ mir irjr feine meiterc $otge tyättw geben folleu. 2)od) mufete fjiemit bie gröfttmögficfjfte ^orfidjt beobachtet merben, mie mit allem, roaö nur entfernt auf Stob iße^ug fjaben fonnte, benn feine ^Stjantafie, aufgeregter m*e feiten im gefunöen $uftanbe, fdjmeifte burd) alle SBelträume, entmarf $(äne §u Reifen, 3U großen (£ompofitiouen, u. f. m., iurj, an einen nafjen Hob bad)te er in jenem Momente nocf) nid)t, mottle aud) burd) nid)t!§ baran gemannt fet)n. S3eben mollte er, benn e§ mar nod) fo oieleS 511 f Raffen, mop siel* — 19 — (etd)t feinem aufeer itjm bie föraft berliefjen war. T)ic 3Sor- fid)t gebot un§ bemnad) mit unfern SBünfdjen eine öaffenbere Gelegenheit abzuwarten, um if»n auf biefen Sßuwct wieber ju* rüd führen $u tonnen. ®iefe ergab fid) leiber nur 51t balb, inbem er fetber in gotge fühlbarer Slbnabme ber pfjijftfdjen Gräfte bie Hoffnung 5U einer ©enefung eitel nannte unb an= fing mit ftoifd)er 2Bei3t)eit feiner 9tuflöfung entgegen 511 fefjen. $(utard) unb anbere ber griedjifdjen SieblingSfdjriftfteKer tagen um it)n fyerum, a(§ er eine§ S£age£ mieber auf feinen öielbe= Wunberten Suciu§ SrutuS (beffen Statuette üor i£)m ftanb) §u fpredjen fam, ber für un3 btö ©tidiwort ab^ab, ben abge= brodjenen $aben in Setreff feinet 23iograöf)en Wieber $u er= faffen. Ergeben in fein ©djicffal fa§ $eetlj)ooen ba$ üon Sßreuning ©efdjriebene mit gekannter 5(ufmerffamfeit unb jagte bann getaffen: „'Dort liegt biefeS, bort jene£ Rapier, netjmet e§ unb madjet ben beften ©ebraud) baoon, bodj in Mem ftreng bie Sßatjrtjeit, bafür madje id) (Sud) 23eibe Oerantworttid), unb fdjreibet an 9?od)üt$." 8) Unfere SBünfdje waren erreicht, lieber einige ber be= ^eidjneten Rapiere gab er nod) befonbere 2luffd)tüffe unb 9?oti$en. 393a8 nod) in jener widjtigen Stitnbe auf fein Verlangen ge* fdjetjen, mar, bafj id) fämmilidje oorl)anbene (Eorrefüonben^, SBreuning aber alte gamitieu* unb fon fügen 2)ocumente in ®e= wafjrfam nefjmen fotlte. yfJad) be3 33?eifter§ £)infd)eiben waren mir entfdjtoffcn, oereint ben SBunfdj mtferä oeremigteu $reunbe3 an §ofratt) 9tod)IÜ3 gelangen 51t (äffen, al§ 33reuniug erfranfte unb fdjon nad) jmei Monaten feinem ^ugenbfreuube nad) Senfeitö folgte, — ein in üielfad)er Se^ieljung tjödjft betrübter $att, ber mid) in ber gemeinfdjaftüdjen &ad)t für Sßeettjoöen in eine unangenehme £agc Oerfeitfe, inbem id) ben einzigen Gefährten oertoren fjatte. 8) Anton Schindler und Stephan von Breuning werden also für die beiden Großsiegelbewahrer der Beethovenseben Hinterlassenschaft angesehen. A. d. H o* — 20 — SDie Sßittroe bon 33reuning übergab mir alsbatb bie bon intern beworbenen ©emafjl aufbemaljrten Rapiere — mit 2lu3nafjme ber gamilien*2)ocumenre, roetdje ber ßurator ber Sßertaffenfcfjaft, Dr. SBad), an fid) gebogen — itnb fo lag e§ nun mir allein ob, 3Rod)Cit^ mit bem SBunfdje 23eett)oben'3 befannt ju madjen, roa£ fdjon unterm 12. (September 1827 gefcfjeljen. Unterm 18. beffelbeu Monats erhielt id) nadjfterjenbe Sfctttöort: „23cm jefjer tjaben bie (Sonberbarteiten unb fdjroffen ©den in unferci bereiten Seetrjoben'S SSefen ba$ ©roftarttge unb (Sbte in feinem ßtjarafter mir nid)t berborgen; unb menn id) bei meiner Sfnroefentjeit in SBien im Sarjre 1822 mit it)m nur einige Mal, bann aber mit Offenheit unb Vertrauen, gufammenfam: fo lag ba§> blo§ an bem Uebel, ba3 it)n brüdte unb jebe Unterhaltung fo ferjr erfcfjtoerte. 3ene3, in Sßer= binbung mit frofjer Slnerfennung feiner ©enialität unb t)of)en SBcrbienftc al3 Slünftter, roaren nun aud) Urfadje, bajj id) bem ©ange feinet ©eifte§ unb gefammten innern 2eben§, in roie= fern jener fid) in feinen Seifen abfbiegett, bon feiner Sugenb bis gu feinem £obe nad) beftem Vermögen gefolgt bin. Unb ba id) aud) jebe Gelegenheit roafjrnarjm, bon $eit 8* 3?ü etma§ 3uberlüffige3 üon feinem äußeren Seben ju erfahren: fo fjielt id) mict) für nicfjt gang unfähig, aU er ftarb, fein Söiograpt) gu merben; mo^u icf) mid) aud) entfcfjtofj, unb jroar in ber SBeife, ba$ Seettjoben'-o, roie Maria bon SBeber'S Seben, äu Vorttegenbe luieberljolteS ßeugnifc. (Soll Don einer SebenSbefdjreibung S8eetrjot»enr^ bie Üiebe fetjn, be3 Sünftto, ber bie (Spitze ber festen beut[ct)en Wü\iU ©podje bilbet, fo Rubelt eö fid) bor eitlem barum, gu geigen, unter meieren Umftänben unb in roefd)en 9Sert)äftniffen ber Wann ben ©ipfetpunct feiner ^unft erftiegen unb fo ©rofjeä unb UnüergänglidjeS fjeroorgebradjt rjat. (£§ Rubelt fid) ferner um riditige ßeidjnuug eineö GfjarafterroefenS, baZ fid) am aller* roenigften bei biefer $ßerföntid)feit nadj üorliegenben papieren unb Stfitttjeitungen ?lnberer geben läßt. Um über 53eett)oöen §u fdjreiben — menn e§ nicrjt bto3 ba$ £ünftlerifd)e betreffen foll — mufe man ifm perföntid) gerannt, Satire lang ifjn beobachtet, ßuftönbe unb Verljältniffe felbft geferjen fjaben, um bereit Ginnnrfung auf ibn richtig beurteilen ju tonnen, fur§, man muf3 $reub unb £eib mit i|m getragen fjaben. Sn fofcrjer, roarjrtjeitggetreue 2)arfteflung unb ©(aubmürbigfeit ber ZfyaU fad)en bebingenben Stellung ift gegenmärtig au§ bem Greife feiner langjährigen Umgebung feiner metjr aujjer mir am Seben,9) unb idj fü^te e§ marjrlid) tief, roeldje Verpflichtungen ba$ mir auferlegt.*) *) Ueber i>a$ Söefen be§ ätüifrfjen 33eetb>nen unb bem SBerfaffev be= fianbenen S3erbättm[fe3 geben 2üt§funft: bie SlHgemeine 9)hificalifd)e Teilung oon 1827, ©eile 368, be§gletd)en bie ^Berliner 9)Jufif=3eitung ücn 1827, (Bette 244. 3m gnterefje norliegenber ©djrtft mufs gleidj bier barauf Ijingennefen roeiben. 9) Hier durfte wohl der jugendliche directeur des Concerts spirituels Carl Holz nicht übergangen werden. Er galt als der eigent- liche Rivale Schindlers in der Sphäre Beethovens. Ihn gerade hatte Beethoven als seinen Biographen ausersehen. Es sei an den letzten Brief des Meisters an Holz erinnert, der mit den Worten beginnt: „Mit Vergnügen gebe ich meinem Freunde Carl Holz die gewünschte Erklärung, daß ich ihn zur dereinstigen Herausgabe meiner Biographie für berufen halte" usw. (cf. des Herausg. Briefausgabe No. 1170, V. Band). A. d. H, — 23 — $>ie @intf)eitung beS 33iograpf)ifd)en in brei Venoben foft Derblei6en, jebod) nicfjt ofyne eine bie jtueite ^Sertobe treffenbe 2(bänberung. 2)te früher beftanbene (Sintfjeitung mar nid)t nad) $3af)l be§ SBerfafferS aufgeteilt, fie mar üielmelir bei (Megenl)eit bei* am Krankenbette unferS $reunbe3 ftattgetjabten Söefprec^ung fcon ©reuning tiorgefdjlagen unb tion SBeetljoüen gutgeheißen. 335eit e§ ficf) tebigtid) um 2)arfteUung be3 äußern SebewS tjanbeln fottte, fo mar ber Slbfcrjtuß ber jtuetten ^ßeriobe mit Dctober 1813 gatt5 richtig bezeichnet. @3 mar im Saufe ber ©inge ber Moment be3 tiefften SBerfunfenfetynS be3 9Keifter3 in feine Äunft, fonadj üottftänbigeö SSergeffen auf alle§ Materielle, — fanget an SBebürfniffen jeber SCrt bie unau$6fei6udje $otge. SBetdjen Slntfyeil baran ©emütpzuftänbe gehabt, ift fdjmer gu 6eftimmen; jebenfalfö tjaben fie mitgetoirft. 5(m geeigneten Drte mirb biefer Moment be§ üftäljern berührt merben. — Sie Ber- einigung be§ äußern mit bem tunftlerifcrjen Seben erforbert baZ Verlängern biefer ^eriobe bi§> gu @nbe 1814, med gerabe in bie fem SJatjre unfer Meifter ben t)öd)ften ©ipfel feinet ßünftfer* ruljmeS erreicht tjat. Snbeffen nid)t blo£ biefer Umftanb er= Ijeifcrjt bie bezeichnete ^öegrän^ung ber zmeiten ^ßeriobe, aud) bie im Saljre 1815 eingetretenen gamitienereigniffe unb barau§ tjerüorgegangene Umgeftaltung aller Seben3öcrf)ä(tniffe bilben eine auffatlenbe @cfjeibemanb unb bictiren bem 33iograpt)en bm 3eitpunct ber ©onberung biefer beiben Venoben. £>ie 2I6tt)eitung ber Venoben ergibt ficf) bemnacr) in folgenber SBeife: 2)ie erfte beginnt mit ber (Geburt unb reicht bis (Snbe 1800, — menngleid) ein langer ßcitraum, bennoct) nur bie Sern* unb SSorbereitungSgeit %u nennen; bie §meite, bei beren beginn 23eeu)oüen afö <5infonien=(Somponift, ü6er= tjaupt al§ ©ctjööfer großer SSerfe, in bie Sauf6afm tritt, um* faßt bie Sal)re öon 1801 bis @nbe 1814. „Meine Sugenb, ja id) fütjle e§, fie fängt jettf erft an." ($eetl)oüen an Tegeler, am 16. 9?oOember 1801.) — ®ie b ritte ^ertobe enbtict) fcfjließt fein Xob 1827 ab. — 24 — T>ie 9Jcittf)eüung ber S^fjatfacCjert au§ Söeettjoben'ä Sugenb* §eit ftütjt fid) ^aitftyäcf)U(f) auf SSegeter, ben ^Begleiter be§ jungen 9(mbf)ion§ bi§ 1796. Sie borliegenbe (Sorrefbonbeng 33eetf)oben'3 an biefen $reunb nebft 6eigege6enen Zotigen be» teueren ergänzt bie fotgenben Satire bi§ gum Uebergang in bie §tt»eite ^eriobe. — $u ®etoät)r§mcinnern für nttfjt öer- briefte Singe unb Xfjatfadjen au§ ber §roeiten ^eriobe fjatte id) ben ÄreiS ber 3a'euK°e 53eetl)oben'3, aber für SßieteS ifjn fe(6er; mit mehreren biefer Scanner, bie ber Sefer alle fennen lernen mirb, ftanb id) 6i§ lange nad) be§ 2J?eifter3 Stöbe in nafjer 33egieljung. — £en ^Begebenheiten ber britten ^eriobe aber fe6te id) ^erfönticr) naf)e unb tt)ar an ben meiften in irgenbeiner 2Seife beteiligt. ©in muficalifrfjer Streit roirb fid) mit ben 3(nforberungen unb Mitteln §u richtiger 5tuffaffung unb Vortrag bon S3eet= f)oben'§ ÜDcufif, bornefymtid) ber für ^ßianoforte, befd)äftigen unb ficf) nict)t bto3 auf bie Strabition, aud) auf fefte Seb,rfä§e ftü^en. Streiflichter auf fünftlerifcfje <ßerfönlid)feiten früherer 3eit unb ber ©egenroart fallen 51t laffen, ift unerläfeftd), toeil fie ber Sacfye jur 3lufftärung bienen. — 2tm ©djtuffe biefeä Sü/eite fott eine Ueberfidjt ber ?(näat)t bon 2tu§gaben ber 28erfe unfereS STonbidjterö angefügt toerben, bie geigen roirb, ta% eine Verbreitung fotdjer 3(rt in feiner Siteratur nod) bagetoefen. 2lt3 fet)r fdjätjbare 23ef)elfe bei «Sdjitberung öon (£§arafter=" ©igenfjeiten unb religiöfen (Smpfinbungen bieten fid) brei Sucher au§ 23eet£)oben'3 §anbbib(iotf)ef bar, bie ©tebfjan bon SBreuning unb ber Sßerfaffer unter alten borfjanbenen oorgug^nieife ber 5htf6ett>aljrung tnertt) erachtet tjaben. Siefe finb: ^>omer'§ Odussee, in ber Ueberfe^ung bon $of$, CEtjriftian @turm'§ „^Betrachtungen ber Sßerfe ®otte§ im 9^eict)e ber Sftatur," ein Sef)r- unb @rbauung§bud) in groei Sänben; bann nod) ©oetf)e'erf)ältniffe unb ßuftänbe na^e 33egief)uiig fjabenben Steffen bei ber Seetüre anäuftreidjen, oft noefj 51t unterftreidjen, über= bieö noefj recfjt oft biefetben in fein Stagebud) eiuäitfdjreiben. 2)a§ gibt eine anfefjnticrje gafjf finnreidjer Sätje, bie ^Weiten Wie oom Sfteifter fetber erfunben erfdjeinen; manetje (Situation in feinem Seben wirb baburd) Weit fdjärfer befeuchtet, als bie3 in anberer Sßeife fo feicfjt mogfid) märe. 9fud) an eigeu= f)änbigen SRanbbemerfungen fefjtt e§ in biefen intereffanten hefteten nid)t. £)a§ (ängft gewünfdjte 25eräeid)nif3 alter £>auptwerfe (aud) ber meiften Heineren) fjinfidjttid) ber ßeit tt)rer ©nt- ftefjung, erften 5fuffüf)rung, it)re§ (£rfd)einen§ im ®rude, Wie aud) be§ erften SS er leg er § wirb fid) im 5(nt)ange $1 jeber ^eriobe oorfinben. Sei ber beftefyenben fatafogifcfjett Unorbnung mar bie geftftettung biefer £)aten ein ganj befonber3 fcfjwieriger Stfjeif meiner Aufgabe. SDte beigefjenben (Sorrecturen unb 9iat^= fd)täge gur ißefeitigung biefeä genannten Uebetftaubeö — in* fomeit jet}t nod) tfjunfid) — wirb man öietfeidjt ntd)t ungern ferjen. — Sfber aud) ber muficatifdje (Sfjarafter beS geitatterä, ©efinnung unb 23i(bung§3uftanb ber 9ftufifer, SSerfag^uftänbe, unb anbre§ nod), Werben ber £eben£fd)Uberung gur «Seite gefjen. ®8 foff bieg ber befonberen Sfnforberung an bie 53iograot)ie eines? großen Äünftferö entfpreerjen, ba^ biefefbe gugfeicr) ein ©efd)icrjt§ft)iegef feiner Qtit, nicfjt minber aud) ein Sefjrbud) für Sene fet), bie barau§ fernen Wollen. ^ritifdje 23 eurtf) eilungen üerf ergebener Sßerfe, f)erau3= gegriffen au3 ber $ät bei erften Sfuffüfjrungen, ober nad) ifyrer Abteilung) unter den zu Schindlers Beethoven-Nachlaß gehörenden Dingen. Den Katalog darüber enthält des Herausgebers Artikel in den „Monatsheften für Musikgeschichte": Die Autographe usw. 1895 und 1896. A. d. H. — 26 — SBeröffentftdjung im £>rud, werben aU integrirenber STfjeit ju beö SWeifterS 2eben3gefd)id)te in biefer Bearbeitung bie frühere £ütfe ouSfittten. Sie gelten ntctjt blo§ at§ 3eu9n^ffe üon Äu»ft* anfdjauung ber ©poclje, audj als oftenftbte Beraeife üon an= bauevnben ©egenroirfungen, ü6erbie<3 noefj als erroünfdjte (Stoffe ju Stnfeinbungen unb Äränfungen, bie, üon bem jugenblidjen ftünftler oft ignorirt, bem herangereiften fidj als immer iuud)tigere £>emmniffe auf feine Saufbarjn gelagert Ratten unb 51t überwinben maren. u) Sie fetjr erfreiiüdje £ljatfad)e, bafj fid) gegenwärtig bie %t)ei(nafjme alter (Suttur*SBötfer an $öeetrjor>en'S Sdjöpfungen in mett Ijöljerem ©rabe nodj gefteigert tiat, madjte eS rattjfam, nun auf einen gemifdjten SeferfreiS Bebadjt §u nehmen. DJcüge bem SSerfaffer aus biefem ©runbe baS Beftreben nad) einfadjer S)arftettuug aller mitäutljeUenben 2)inge gelungen feün, aufbafj aud) ber förttif ,^u ©rneuerung beS ber erften öe= avbeitung gemadjten &xormurfS: als fjutbige er auS Begeiferung für ben grofjen S£onbicf)ter $u gern ber rrjetorifdjen $f)rafe, ntdjt tiüeber ©runb gegeben feti. SQZöge überhaupt baS Bor- Uegenbe aud) bie Befriebigung beS ernften $ad)manneS einiger* mafjen $u erreidjen im ©taube ferjn, bemt erft burd) ^nftimmung non in ütelfeittger Bilbung unb et)renroertt)er ©eftnnung auS= ge^eidjneten Äünfttern unb Slunftgeterjrten ertjäft eine bertei Arbeit ben befteu £oijn. ?(uf baS §eer ber SJhtfifer, baS notorifd) 5U aller ßeit büd)erfd)eu geroefeu, barum jeber tjorjeren, ben befdjränften 11) Das Studium der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung von ihrem Anbeginn Ende des 18. Jahrhunderts bis zu Beethovens Tode hin bleibt dem ernsten Beethovenforscher eine unerläßliche Auf- gabe, um die gesamte Zeitgeschichte der Beethovenschen Kunst kennen zu lernen und zu würdigen. — Eine Probe bieten des Herausgebers Artikel in den „Hamburger Signalen" im ersten Jahrgange 1889 dar: „Wie mau über den Komponisten Beethoven in den ersten Zeiten seines Auftretens urteilte" (Nummern 7, 8, 9 u. 11). A. d. H. — 27 — ^orijont erioeiternben 23etel)rung qu§ bem SSege gegangen unb nur ben (Stnftnrtungen ber Routine folgt, t)at ber SBerfaffcr nictjt lieber 9?üdfid)t nehmen trollen. 3m ©egenttjeit fütjrt e§ feine Stufgabe mit ficf), aus bem l)iftorifd)=getreuen 2(6bitbe biefer (Staffe au§ früherer @pod)e ben nod) immer gleichen Snbifferenti3mu§ in ber gegenmärtigen ernennen 51t laffen. @s gehört aber 5U ben munberlictjen ©rfdjeinungen in ber ©innenroelt, baf$ mandje 2)inge itjren ©runbdjarafter oiele (Generationen tn'nburd) unüeränbert bemafyren, mät)renb ringsum 5tEe§ bemüht ift, eine ben 3eit= erforberniffen entfpredjenbe Reform in ©runbfätjen unb 9Jcarünen anguftre&en, miffenfdjaftlidjer 53itbung nad) jegtidjer ©eite J)in bie Xf)ore 5U öffnen unb felbft bie 9}cerfmale altbeutfdjen $t)iliftermefen3 au§ ben SebenSlreifen §u üermifdjen. Sn ben Greifen ber STonlünftter aber fteljt folct)e§ SBefen immer nodj in fdjönfter ^ölütt)e (mit 9tu3nal)me be§ nidtjt fleinen ®reife§ ber autonomen unb inbuftri eilen 2(riftofratie), unb untere fd)eibet fid) nur in 23e5ug auf Plus ober Minus nad) ben ber* fdjiebenen §immel§gegenben be3 muficalifdjen ®eutfd)tanb3. 2)a im (loniejrte tmeberfjolt Don öftreicfjifdjer 23aluta bie Siebe ift, bie beianntlid) im Saufe ber Satjrjefjenbe mannigfache llmmanblungen ju er= fahren gehabt, fo mirb ein ©egemiberfteüen anberer beutfdjen, audsj fran$b= fifdjen SJiünjüer^altniffe rättjlid), um ein rid)tige§ SSerftänbnife ju ermög* lidjen. 2)ie 9lnnaf)me einer runben «Summe, 3. 33. ein Imnbert ©ulbeii, bürfte am leidjteften 511m Qwed führen. 100 ©ulben 2B. SB. (SSiener SBcüjrung, ^atoiergelb, nad) bem 5inan3=5ßatente t>on 1811) finb gleid) : IS £f)lr. 8 ©gr. öreufeifdi; ober 24 ©ulben rfjeinifdj; ober 51 grancS. 100 ©ulben d. 2tt. (©onoention^SDMnse, ©über, erft im brüten Sö^setienb in Umlauf gefommen,) finb cjleidr) : 68 Zfylx. px.; ober 120 ff. r^etn.; ober 257 grc§. ®ie im erften Saljrjeljenb curfirenben „SSanco-geitel" (aud) SBiener SBäfjrung genannt) roaren fortmcUjrenben ©düoanfungen unterworfen, fo bafj fdjon um 1805 ber ©ulben — ä 60 $reujer — faum bie &ä(fte be§ Komin afroertljeS erreicht I)attet weiterhin aber uod) tiefer gefunfen mar. ®ie SSaluta biefe§ ©djeingelbeS ift barum faum beftimmbar. ©iefe SRotijen merben ben Sefer in ©tanb fegen, bie in ber 2. unb 3. SJSeriobe balb in SBiener SBäfjrung, balb in Sonöention&^tünje angeführten ©ummen nad) llmftänben entiueber ju erniebrigen ober ju erljöljen. ^on 33eet()0üen$ ©eburt bi$ $u (£nbe 1800. ©in Sttenfd) ift bie SRcnf^|eit. St. TOeifcner. I. Submig Dan SeetrjoOen mürbe ben 17. $>ecember 1770 gu Sonn geboren.12) @etn Sater, Sodann üan Seettjooen, mar Stenorift in ber curfürfttitfjen ßapefte, unb ftar& 1792 in Sonn, ©eine Sttutter, 9J?aria ÜJtogbalena, ge6. toericrj (and) Äeferid}), au§ (Srjrenbrettftein bei (Soblens, mar bereite 1787 im Stöbe oorangegangen. ®er ©rofetiater, Submig üan Seetfyoüen, [teuerem Sernutt^en nadj au§ SOfaeftridt)t gebürtig, mo biefer Familiennamen nodj Oorfommt,*) 13) mar Safjfänger unb gulet^t *) 3m Zscifyxe. 1840 faf) ber SSerfaffev felber auf bem ©cöilbe eineö £aben3 mit SoloniaI=3Saaren §u 9Waeftrid)t ben üoüen tarnen unfete§ (Xompomften: 2out§ Dan 23eetf)oben. 12) Auch Schindler beginnt mit der ungenauen Angabe des Beethovenschen Geburtstages. Verbürgt ist nur des Helden Tauftag: 16. Dezember. Drei Tage: 15., 16. und 17. Dezember kommen bei der genauen Feststellung des Geburtstages in Betracht. Die Beweis- führung ist nicht selten vom Herausgeber unternommen worden. Man vergleiche besonders: Neudruck der Biographischen Notizen von Wegeier und Ries durch den Herausgeber, I. u. II. Aufl. 1906, p. 2, 5, 6. Ferner: Beethovens Sämtliche Briefe des Herausgebers, No. 1 (I. Band); dann ebendort Brief No. 215 an Dr. Wegeier vom Jahre 1«10 (1. Band S. 312); irrtümlich aber ist im Register noch S. 339 angegeben, das ist zu streichen; es muß dafür 296 stehen. A. d. H. 13) Die hier von Schindler als ganz authentisch angegebenen Worte über den Stammbaum des Tonhelden sind von der späteren Forschung noch zu wenig beachtet worden. Unser Autor hält daran — 30 — Gapellmeifter in ber curfürftücfjen Gapette ju SSonn, unb folt unter bem pracrjttiebenben Surfürften ßlemeng 9luguft Opern tum feiner Gompofition aufgeführt rjaben. (Sr ftarb 1773. 3>ie Erinnerung an feinen ©rofctiater f)at fitf) in feinem berühmten (Sntel fortan tebenbig erhalten, unterftü^t burd) ein guteä Portrait, in Del ausgeführt.14) £>a§ ©eburt3f)au§ in $onn betreffend bemerft Dr. Söegeter «Seite 6 feiner biograprjifcfjen ^otijen über Subroig üan SBeerrjoüen, baf$ e§ affer 9Sar)rfcf)etnticrjfeit nacf) ba§ mit Sßro. fest, daß der Großvater Ludwig, der nach Bonn einwanderte, in Maestricht geboren ist; er erklärt dabei aus Autopsie, daß er selber auf dem Schilde eines Ladens mit Kolonialwaren zu Maestricht den vollen Namen unseres Komponisten: Louis van Beethoven gesehen habe. Die recht ergiebige Forschung über die Genealogie Beethovens — man beachte hier Thayer-Deiters im ersten Bande des umfangreichen Beethoven- Werkes, siehe besonders des ersten Bandes IL Auflage, von Deiters herausgegeben, S. 95 ff. — , diese Forschungen gehen auf diese Schindlerschen Bemerkungen gar nicht ein. Von Maestricht ist da gar keine Bede. Der Beethovensche Stamm wird da ganz allein der Stadt Antwerpen als Entstehungsort zugewiesen. — Diese positive Be- merkung Schindlers, daß der Großvater des Tondichters aus Maestricht gebürtig ist, bedarf also noch weiterer Untersuchung. — Auch die neuesten genealogischen Forschungen von Werner Hesse: „Die Familie van Beethoven in Bonn und ihre Beziehungen" erwähnen dies und Maestricht gar nicht. Dem Erforscher des Beethovenschen Stamm- baums sei dieser wichtige Artikel, in dem besonders der Ort Mecheln vorgeführt wird, nahegelegt. Die Studie steht in der „Monatsschrift für die Geschichte Westdeutschlands mit besonderer Berücksichtigung der Rheinlande und Westfalens", herausgeg. von R. Pick, V. Jahrgang, 1879, Trier, S. 200—215. Besonders beachtenswert erscheint die Mit- teilung, wonach ein Beweis vorhanden ist, daß Beethoven am 16. De- zember geboren ist; 1. 1. p. 215. A. d. H. 14) Von diesem Porträt des Großvaters spricht der Enkel in seinem Briefe an Dr. Franz Wegeier vom 29. Juni 1800, in No. 36 der Gesamtausgabe (I. Band): „Statt des Portraites meines Großvaters, welches ich dich bitte, mir sobald als möglich mit dem Postwagen zu schicken, schicke ich dir das seines Enkels." — Beethoven bekennt ge- legentlich selbst, daß er Ähnlichkeit mit seinem Großvater besitze, so — 31 - 515 bezeichnete in ber Sonngaffe fei). 3)afür erflärt fid) aucf) bie Don ü)m genannte grau 9tterten3, geb. ßengersborf, bie jenem £aufe gegenüber gemotzt f)at. Später fjat ein bortiger Seljrer, Dr. £>enne3, ber ©aclje weiter nad)gefpürt, mobnrd) SSegeter'ö Angabe bolle Seftätigung ermatten, llngeadjtet joldjer ©en>if#eit, 10051t ba§ Saufbudj ber betreffenben ^favrfirdie oerf)otfen, entftanben über baS @eburt$f)au3 unferä £onbid)terv, bei (MegenJjeit ber Inauguration feinet (StanbbilbeS iji Sonn 1845, heftige Sontroüerfen. üfteib unb ©eminnfud)t gaben fid) bie größte SRü^e, baZ §au§ 9?ro. 934 in ber 3tf)eingaffe, in metdjem bie $amilie Seetfjoüen um bie adliger Saf)re roirflid) geloofjnt, für ba§ ©eburtSt)au3 au^urufeu. ©elbft 2Öege(er » miebertjoite Sefräftigung in bem, im genannten 3a£>re er= fd)ienenen „9cad)trag ju ben biograpf)ifd)en ^toti^en", bafj btö eigentliche ©eburtSljauä unbeaiueifett ba§ früher bejcidjnete in ber Sonngaffe fei), tonnte bie fdjreienben ©egner nid)t jum Sdjmeigen bringen.15) 5Iuf fc^riftticfjeö Srfudjen bei (£igen= tt)ümer£ biefeS §aufe§, Med. Dr. fdjöne poetifdE) erfunbene unb oft nad)er§äfjlte 9Kätjrd)en oon einer Spinne, bie — „fo oft ber Heine Subroig in feinem Kämmerlein Biotin fpielte, fid) oon ber SDecfe Ijerabtiejs unb auf bie ©eige fetjte, melcfje bann bie Butter, al§> fte bie ©efeH- fetjafterin itjreä ©ötjncfjens? raaf)rgenommen, tobt fctjlug, morauf ber Kleine feine Violine gertrümmerte" — für ba% erllärt merben, roa3 e§ eigentlich ift. 2)er grofje ßubmig mollte fiel; eineä äfjnlicfjeit Vorfalles nicfjt entfinnen. Dbgleict) fdjon be= fannt, fyat boefj erft ein biograpljifcrjer 2luffat5 ü6er Söeetljooen au§ ber $eber oon Dr. (Srjriftian 9#ültet in Bremen biefem üftäljrcfjen allgemeine Verbreitung gegeben. (Sltlgemeine 9J?ufi= faliftfje ßettung, 29ter ^at)rgang, S. 346.) 2)en um eine Stufe l)bt)eren Unterricht in SDcufif erhielt Seetlmüen burefj einen gemiffen Pfeiffer, melier Sftuftfbirettor unb Dboift, überhaupt al§ trefflictjer Künftler unb genialer Sftann befannt mar. SSegeter fagt: „SBeetrjoüen berbanft biefem 31. ©cfjittMerS iBectfioöen-SBtogvapljie. 3 — 34 — Setjrer ba§> 9D?eifte unb mar aud) fo erfenntlid) bafür, baf; er ifym nod) oon 2Bien au§ burd) £>errn ©imrod eine ©elbunter= ftütjung ankommen tiefe." Saft ber curfürfttidje §of=Drganift öan ber @ber17) unferm &unft=2tföiranteu mirftid) bie 93e= fjanblung ber Orgel gelehrt, tute SBegeler b(o3 üermuttjet, ift geroi^. 23eett)ot>en toufete in fpüteren Sauren nod) mandje 2tnefbote, Dornefjmtid) in Segug auf §anbfütjrung, biefem bon iljm für fo midjtig gehaltenen Quillt an ber Orgel, met)r nod) am (Slamer, au§ jener Setjr^eit §n ergäljlen. 3Bir merben un£ beffen im muftfalifd)en £t)ei( biefer <2d)rift mieber erinnern, gerner bemerft Sßegeler: „®et früher al§ 9ttufif=2)irector bei ber @rof3mann'fd)en ©d)anfpie(=©efetlfd)aft, fpäter at§ £of= Drganift angef teilte, aud) at3 Stonfetser bekannte Sftufifer Üfteefe Ijatte menig (Sinftufi auf ben Unterridjt unfereS Submig;18) 17) Der Name des Lehrmeisters Beethovens auf der Orgel ist: Van den Eeden. A. d. H. 18) Über C. G. Neefes Einfluß auf Beethoven ist Schindler offenbar im Irrtum. In Wahrheit muß Neefes Einfluß auf den Ton- dichter bedeutend gewesen sein. Im Jahre 1793 schrieb er an seineu alten Lehrer: „Ich danke Ihnen für Ihren Rath, den Sie mir sehr oft bei dem Weiterkommen in meiner göttlichen Kunst ertheilten. Werde ich einst ein großer Mann, so haben auch Sie Theil daran." — Die Mitteilung aus Spaziers Berlinischer Musikalischer Zeitung wird wohl, soweit eine bekannte Briefstelle Beethovens an Neefe vor- kommt, erwähnt (s. Thayer I, 119), die ganze Stelle ist für den jugend- lichen Beethoven doch zu wichtig und unbekannt, daß sie gerade hier beim Schindler-Neudruck nicht mitgeteilt werden soll: Bei Spazier im 39. Stück vom 26. Oktober ist ein Artikel: „Musikalische Nachrichten aus Bonn" enthalten, wie es im „Beschluß-Artikel" heißt: „Im November vorigen Jabres (also 1792) reiste Ludwig v. Beethoven, zweiter Hof- orgauist und unstreitig jetzt einer der ersten Klavierspieler, auf Kosten unseres Churfürsten (von Colin) nach Wien zu Haydn, um sich unter dessen Leitung in der Setzkuust mehr zu vervollkommnen.*) Haydn wollte ihn bei seiner zweiten Reise nach London mitnehmen; noch ist aber aus dieser Reise nichts geworden." A. d. H. *) Da dieser L. v. B. mehreren Nachrichten zufolge große Fortschritte in der Kunst machen soll und einen Teil seiner Bildung auch Herrn Neefe in Bonn verdankt, — 35 — festerer fragte fogar über 9ceefe'§ §u Ijarte fö'ritif feiner erften ^ßerfucrje in ber (Sompofition. Sm ^a§re 1785 toarb Seetljouen öom (Surfürften Wl ar. ftrani, Vorüber be<§ $aifer§ Sofepl), afö Drganift bei ber curfürftlicf)en ßcrpeUe angeftellt, too er nun mit Sfteefe abruecrjfenb, ben eben nid)t fetteren ©ienft üerfal). $)er gürft fcfjeint bei biefer Ernennung nur ben 3*^ einer Unterftütmng cor Augen gehabt ^u fyaben. Stn erften Satjrgang ber öligem. 9J?uf.=3tg. (uom 3. €ft. 1798 big 25. ©eptemb. 1799) finbet fid) „£ ©. üfteefe'S SebenStauf, öon it)tn felbft befd)rieben", batirt au§ gfranffurt, ben 30. ©eptember 1782. $)a ber ftünftter feine ©teile ^u 93onn bereits berfaffen unb in granffurt bomicitirte, fo toill ba§ mit ber gleichzeitigen Aufteilung als Drganift mit bem Jüngling Söeett)oüen nicfyt übereinftimmen.19) Aber 9ceefe'<§ „§u fyarte Skxtit ber erften Sßerfuclje in ber (Sompofition" ift 19) In der Neefe- Angelegenheit verdient gegenüber Wegeier und Schindler noch ein unklarer Punkt hervorgehoben zu werden. Be- kanntlich enthält schon der I. Jahrgang der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung von No. 16 ab (Januar 1799) eine ausführliche Selbstbiographie von Neefe unter dem Titel: „Christian Gottlob Neefes Lebenslauf von ihm selbst beschrieben bis zum Jahre 1782." Die letzten Worte Neefes geben zu denken. Neefe beschreibt, daß er mit der Goßmaunschen Theatergesellschaft reist, nach Pyrmont: „Wieder nach Bonn bis 20. Juni 1782, dann nach Münster. Den Tag zuvor ward mein Vorgänger der Hoforganist Van den Eden (d. i. der ge- nannte Lehrer Beethovens) begraben. Ich erhielt aber Erlaubniß, daß ich meine Stelle durch einen Vikar verwalten lassen, nach Westphalen und von da nach Frankfurt zur Michaelismesse mitreisen durfte, wo wir das vom Magistrat ueuerbaute Komödienhaus einweihten." — Wenn wir dieses Neefesche Vicariat auf den jungen Beethoven deuten dem er selbst schriftlich dafür dankbar geäußert, so mögen, Herr N.s Bescheidenheit mag dies erlaubt sein lassen, einige Worte hier angeführt stehen, da sie dem Herrn B. zur Ehre gereichen: „ich nanke Ihnen für ihren Kath, den Sie mir sehr oft bei dem Weiter- kommen in meiner göttlichen Kunst ertheilten. Werde ich einst ein großer Mann, so haben auch Sie Theil daran. Das wird Sie um so mehr freuen, da Sie überzeugt sein können u. s. w." — Hätte uns Spazier doch den ganzen Beethovenbrief mitgeteilt. Wo mag der jetzt unter Neefes Nachkommen noch versteckt sein? Wir würden eines der interessantesten Brief-Dokumente erhallen! Der Redakteur Carl Spazier scheint diese Zeuung mit dem Ende des Jahres 1793 aufgegeben zu haben. A. d. H. — 36 — baburdj nid)t beseitigt, Denn ber ftnabe SBeettjoüen f)atte bereits eine jiemiicfje Stn^a^I $erfud)e (^u Rapiere gebraut. 2)ie bei 2(rtaria, angebiid) „au§ bem 9?ad)taffe $eeti)oDen§", erfdjienenen „3)rei Driginat-Guartette für ^ianoforte, Violine, $io(a unb $io(oncelt — componirt im 2Hter Don 13 Sauren" — mögen jur ßeit it)rer (Sntftefyung tuo^t flu harter Äritif nad) meljr atö einer Seite t)tn ?(nfati gegeben Ijaben. SBenn ober, mie Tegeler anführt, ber curfürftlidje £)offatenber auf bas Satjr 1790 (Etjriftian Dceefe unb Submig Dan 93eett)ODen ot§ Drganiften angibt, gur geit, tü0 festerer über bie „erften $erfud)e" fdjon fjinanä mar, fo fdjeint bamit ber $rrtt)um nod) Dermeljrt flu feDn. Snbefj, ein §offa(enber fann ja nid)t irren.*) <2otoof)( bie Ernennung gum Drganiften, mie aud) feine fpäterfyin erfolgte ©enbung §u meiterer Sfu^bitbung nad) SSien, t)atte 23eetljoDen Dorflug^raeife bem ©rafen Don 3Ba(bftein gu *) Qit einer Gorrefponbens über bie TOufif^uftäube ju 33onn für ba£ 3ftärä-§eft Dom 3a^e 1783 be§ Hamburger SRagaäinä ber SRufif r>on (£. g. (£ramer, üon ber 9?ieberrf)einifcf)en sDluftf=3e'tunS ™ ^ro- 25 »ort 1858 anzüglich, mitgetfjeilt, lieft man: „SouiS Dan Söeetfjoöen, Soljn be£ oben angeführten lenoriften, ein Änabe oon 1 1 3^ren/ unb Don Diel? nerfprechenbem Talent. (Sr fpielt fet)r fertig itnb mit Straft ba% (Xlamer, lieft fer)r gut 00m Slatt, unb um aüe§ in Einem ju fagen: er fpielt grbBteiu ttjeif^ i>a§> rooljltemperirte ßlaoier üon 3- ©• 33ad), tuelä)e§ iljm £>err?ceefe unter bie §änbe gegeben. 28er biefe Sammlung uon Sßrälubien uub trugen burd) alle 2üne fennt (tuefdje man faft t>a% non plus ultra nennen fönnte) roirb roiffen, mag ba3 bebeute. §err 92eefe Ijat ihm aud), fofern eS feine übrigen ©efcbäfte erlaubten, einige Einleitung jum ©eneralbafe gegeben. I^etjt übt er ir)n in ber (Jompofition, unb ju feiner Ermunterung fjat er 9 SSariationen Don ihm für'3 Glaoter über einen Ütarfd) in 9Jiannbeim dürfen, dann hat also Beethoven Herbst 1782 bereits seinen Posten als Stellvertreter des Hoforganisten Neefe versehen dürfen. — Übrigens erwähnt weder Neefe selbst in seiner Autobiographie den Namen seines Schülers Beethoven noch auch seine Gattin in No. 23 derselben Zeitung p. 360 ff. im Artikel: „Neefes Lebensgeschichte von seiner hinterlassenen Witwe fortgesetzt." Nach diesem Bericht starb Neefe am 26. Januar 1798. — ..Er hinterließ am Leben drei Töchter und einen Sohn." A. d. H. — 37 — öerbanfen, ber — nad) Tegeler — fein „erfter unb in jeber §infid)t Widjtigfter 9ftäcen" gewefen. ©raf Sßatbftein war 3)eutfd)-Drben3==9xitter, Siebting nnb beftänbiger ^Begleiter be§ jungen ßurfürften, fbäter ©eutfdj=Drben§*©ommanbein: §u SBirnSberg unb Kämmerer be§ SlaiferS. @r war nid)t nur Kenner ber üKujif, audj 9Iui§übenber. Slf§ fotcljer fonnte er birecten (Sinffufe auf bie (Sntwidtung be§ jugenbticijen £alent3 nehmen. 3n gotge feiner Slnregung entwidette fidt) SBeertjobenS Einlage, ein £t)ema auö bem Stegreife $u üariiren unb au§= jufüfyren, in wetdjer ^uuft er in fbäteren Sauren üon feinem ber .ßeitgenoffen erreicht, nod) weniger übertroffen worben. SBie fjoct) ©raf bon Söatbftein ba§ Xatent 33eett)ot>en§ fcijon nad) beffen erften ^unbgebuugen gefd)ä|t, Wetdje gufunft er itmi 0orau3gefagt, fott au§ einem Briefe üon it)m an ben jugenblidjen Äünftler erhellen, beffen SSortlaut weiter unten mit* geseilt werben wirb. SDurd) SBegeter erfahren wir nod), bafj biefer watjrfjafte ©betmann mandje (Mbunterf tütjung, bie meiftenö al§> eine fteine ©ratification Oom ßurfürften betrachtet warb, unferm jungen Sontjetben mit größter (Schonung feiner Dto^barfeit §u Streit Werben liefe. 3ur ©teile fott nur nod) berührt Werben, ba$ 93eett)oOen, bem ©ipfetbunfte feiner Stünftter= t)öt)e bereits nat)eftet)enb, biefem ©önner, Pfleger unb Wlit= bübner burd) SBibmung feiner großen ©onate in C dur, Dp. 53, bie im Satjre 1806 erfdn'enen, feinen £>ant öffentlich) bar= gebradjt ijat.20) flehen laffen. $>iefe§ junge @enie üerbiente ttnterfiütmng, bafj e3 reifen fönnte. (£r würbe getutfe ein jiüetter Sßolfgang 2lmabeu§ 9Jcoäart »erben, wenn er fo fortfd)ritte, wie er angefangen." Wü biefer (Xorreföonben3=9cac&ric&t ftefit 9Kegeler3 2iu§fage, Seetfioüeng Sttter, feine befannten SSerfudEie in ber ©ompofition, fogar 9?eefe'§ (£nt* fernung üon Sonn unb 2lufentt)alt 511 granffurt a. -äJc. im SStberfprud). Stuf wetdier «Seite ifi 2Ba^it)eit ju fudjen? (£3 fd)eint Bei Tegeler, unb n>a§ mit feiner SluSfage im guten 3ufammenbange fielet. 20) Die Versuche A. W. Thayers, sowohl das Freundschafts- verhältnis Wegelers zu Beethoven als auch dasjenige des Grafen von — 38 — (Sine ben jugenblidjen Drganiften djaracterifirenbe $e= gebenfjeit, faum bafj er tion ber Drgelbanf: Q3efit; genommen, mag nun nad) S33egeter'§, aber aucfj nad) 93eetrjoöen'§, Wit* tljeilung tyiafy ftnben; fie geroinnt baburdj an Sntereffe, ttieü 93eibe in itjrer 2fo§fage mefentlid) abmeictjen. ©iefer $aß bürfte in ber nid)t unbebeutenben Hn^arjl Hon 5Biberftirüdjen unb a6= tt>eid)enben ?fu3fagen in 23eetrjot>en§ Seben moljl aU ber erfte §u be^eidjnen fetjn. Uebertjaupt merben bem Siograptjen t)ier= burd) ©teine üon fo fdnoerem ©emicbt in ben Sßeg gefegt, bafj er aufteilen aufjer ©taub fetjn ttrirb, fie üon ber ©teile gu tjeben, ^untat ber 93?eifter an einigen üerfönlicijen 2tntt)eil fjat. ,,^n ber fatrjolifcfjen 5lird)e — ergä^tt SBegeler — loerben toätjrenb breier £age in ber (Etjariuodje bie Samentationen be3 Sßroptjcten Seremtaö gefungen. (9?idjt überaß, ja nur feiten ftnb fie §u tjören. ©er SSerf.) SMefe befielen befanntlid) au§ fteinen @ä|en üon Oier big fed)3 3e^en» im0 Würben, jebodt) nad) einem geroiffen sJ\f)t)tt)mu§, als Gtjorate Oorgetragen. $)er ©efang beftanb au3 oier auf einanber folgenben £önen, §. 93. c, d, e, i, raobei immer auf ber £etg mehrere 2öorte, ja ganje ©ätje abgefungen mürben, bi§ bann einige 9?oten am ©d)lufc in ben ©runbton gurürffüljrten. S)er ©änger mirb, ba bie Drgel in biefen brei £agen fd)lueigen mu§, (fie fdjmeigt nur meljr am (Srjarfreitag) nur üon einem (Elaüierfüieler frei be= gleitet." (5(lfo rootjl an einem Glatter, tua§ tjeut^utage nirgenbS meljr öorfommt, inbem ba$ ßlaoier aU ba§> ungeeignetfte Snftrument ju irgenb einer fird)tid)en Function erflärt ift.) 3um SBerftä'nbnifj ber Bad^ bürfte bie Dotation be3 erften 93erfifel§ biefer Samentationen bienen, unb ^mar auf einem fünflienigen, nidjt oiertienigen ©üftem, auf meinem ba§> Waldstein der Zeit nach ganz umzugestalten, ist zur Genüge behandelt und umgestürzt worden. Man lese in der II. Ausgabe der von Dr. Deiters behandelten Beethoven- Biographie von Thayer nach: Man vergleiche auch den vom Herausgeber besorgten Neudruck von Wegeier & Ries biographischen Notizen S. XXIVff. und S. 40ff. A. d. H. 39 — Officium Hebdomadae sanctae (Officium für bie ©rjarrooctje) in ben alten ^irdjenbücfjern notirt erfcfjeint. $ur SSerbeutticfmng be§ Sftrjrjtrjmifdjen in ber 9ftecitation roerben bie bierecfigen ^totengeicfjen gu befeitigen fetjn. of»f £ ll 1 if£fcjt*-^rf=5 In - ci-pit la-men-ta-ti - o Je-re-mi-ae Prophe - tae. ¥ A - leph. Quo - mo-do se-det so-la ci-vi-tas ple - na $^± Ö: £ — "rr po - pu-lo: fa - cta est qua-si vi-du-a Do-mi-na i > * m-iz -0 — • — • — • — 0- — • • — • P -i" gen - ti - um : Princeps pro-vin - ci - a-rum fa-cta est sub tri-bu to. Beth. Sßernefjmen tutr nun SBegeler roeiter. „%l% einft biefe§ ?tmt (ber Begleitung) unferm Beetfjooen oblag, fragte er ben fefjr tonfeften ©änger §eüer, ob er ifjm ertauben motte, ifjn fjerauSjuroerfen unb benutzte bie roo§( etroa§ 311 fdmelt gegebene Berechtigung fo, bajj berfelbe burct) 9IU3* meicfjungen im 2tccomOagnement, ungeactjtet Beettjotien ben bom (Sänger anguljattenben £on mit bem fleinen Ringer fortbauernb anfcrjlug, fo au§ bem Sone tarn, bajj er ben ©cfjtufcfatl nidjt merjr finben tonnte. ®er nod) (ebenbe bamatige äRufifbirettor ber curfürfttidjen ßabette unb erfter Biotinfoieler Bater 9He§ erjätitt jeijt nocrj auSfürjrlid), mie fefjr ber babei gegenwärtige Gapellmeifter Sucfjefi burdj Beetrjoben'3 ©biet überrafcfjt geraefen ferj." Sene, bie mit bem Ütituate ber ratrjolifcfjen StHrcfje betannt — 40 — finb, merben atSbatb erraten, bafj e§ fid) in unferm ^aüe um nid)t§ anber§ rjanbeft, a\§> um ?ru3fdnnüdung ber monotonen, in brei giemlid^ ausgebaute „SecttoneS" scrfallenben 2a= mentationen oermittelft mannigfaltiger gigurationen mit fanftem 9}egiftei^ug, gang in berfefben SBeife, mie bie ^räfation im §odjamte uom Drganiften begleitet tnirb, beten Dotation oon ber f)ier oorfteljenben nur roenig abmeiert. @§ nerftefjt fid), bafj ber begteitenbe Drganift fid) feiner fjarmoniferjen (£jtra= oagan§en fd)utbig madjen fotf, mie e§ 'Bad^ unb Ort errjeifdjen. ®ie3 mar jebod), nad) Sßeetf)oOen'§ Sftitttjeitung, in SBonn mirftid) ber galt. 2Iuf jenen Vorfall gurüdbüdenb merbe nur noefj angeführt, bafj ber in feiner Äünftlereljre fid) gehäuft fürjfeitbe Gapell= (Sänger ben mutwilligen Drganiften beim Gütrfürften oerHagt rjatte, ber itjm bann aud) „einen fetjr gnäbigen $Berroei§ gegeben unb für bie 3lt^unft oer^ ©eme*©treidje unterfagte", mie fid) 93eettjoOen in fpäterer ,3eit bar über auSgebrüdt fjat. ©ine anbere üon Tegeler ergätjlte Gegebenheit fdjeint größeres Sntereffe §u fjaben, inbem man barin erfiefjt, baf3 S3eetf)oOen fdjon in feinen früijeften (5ompofition3=$erfud)en ber 3eit öorgegriffen unb fd)merau§fü§rbareg niebergefdjrieben fjat; baS erfte ©lieb einer langen $ette öon mieberrjotten Ätagen unb Sßorroürfen, bie ben Xonbidjter auf feiner Saufbafjn fortan begleitet unb lange über ba§> ©rab t)inau<§ roieberljoit roorben, bie bi§ pm heutigen %ag nidjt Oerftummt finb. Tegeler ergäbt nämtid): „WS §at)bn guerft au§ (Snglanb jurüdfam, warb üjm Dom curfürftlicfjen Drdjefter ein grütjftüd in ©obeSberg, einem £uftorte nai)e bei 23onn, gegeben.*) 93ei biefer ^eranlaffung legte ifjm Söeettjoben eine Kantate oor, metcfje öon £)atjbn befonberS beacfjtet mürbe, ber aud) üjren *) ©3 fenrint bie§ im $um 1792 gemefen ju feim, bei welker ©e= legenljeit roof)I bie Steife S3eet£)ot>en'3 ju föatybn nad) SSien üorbeveitet »DDtben fetjit bürfte, beim fd)on fünf SCRonate nad)fjer feljen mir iljn auf bem Söege baijin. — 41 — 33erfaffer §u fortbauernbem ©tubium aufmunterte. Später fottte biefe (Santare in ÜKergent^eim*) aufgeführt raerben, aber mehrere ©teilen waren für bie SB(a3*3nftrumente fo fc^roierig, bafj einige Huftier erlfärten, fotdje nidjt ausführen 51t tonnen, unb fo roarb auf bie Sluffüljrung üer^id)tet." £>er mit biefem ^unäcrjft üerroanbte galt betrifft bie Ounerture 51t feiner Düer Seonore, bie auö gleiten ©rünben befeitigt merben muffte, mie mir in ber gmeiten ^eriobe ha^ üftäljere fjören roerben. Dbige ©antäte fcfjetnt SBeetrjoüen uer= morfen 51t fyaben, ha man niemals etma§ barüber gehört.21) ©3 barf biefe ftrenge ©elbftfritif root)( auffalten, ha er bocfj anbere Gompofition^QSerfucrje am Seben ermatten, afö bie oben er* roätjuten brei Quartette für ^ianoforte, Violine, 53ratfd)e unb $io(ouce((; ferner ein £rio in Es-dur für ^ianoforte, Biotine unb SSioIonceü. Seettjotien nannte e3 „einen ber l)öc£)ften S5er= fucfje in ber freien od)= nnb ©eutfcömeifier" ifi 3Sten. **) 2)iefe<§ Srio fübrt bog tcjematifd^e Verseicrmifj Don SBveitt'opf & §aertei auf ©. 127 an: (£3 erfcbien um 1830 bei ®unft in granf= fürt a. 9ft. burd) Vermittlung Don gerbtnanb 9?te§. 21) Das ist wahrscheinlich die Kantate auf die Erhebung- Leopold II. zur Kaiserwürde (30. Sept. 1790 gewählt) gewesen. Die Komposition befindet sich seit 1887 im Supplementband der Breitkopf & Härteischen Beethovenausgabe. Vgl. auch Thayer-Deiters II. Aufl. des I. Bandes, S. 274 ff. Besonders bedeutsam ist Dr. Deiters Hin- weisung, daß die No. 4 der Kantate „Rezitativ und Arie für Sopran" vom Tonschöpfer des Fidelio dort Verwendung fand (Deiters S. 277). A. d. H. 22) Es ist das postume Trio, das Nottebohm im Thematischen Verzeichnis S. 143 der 2. Auflage verzeichnet. Weiter ist dort zu lesen: „Auf einem beiliegenden Blatt steht: ,Die Unterfertigten be- — 42 — üftacf) 2Begeler'S SBfafüfjrwtg roaren Seetljoüen'S allererften ßompofitionen bie in ber 51t ©petjer herausgegebenen „Q3(umeu= lefe" abgebrudten ©onaten, (bie ganj oertoren 51t febn fdjeinen) bann baS Sieb: „SBenn jemanb eine SReife trjut"; ferner bie SJhifif 511 einem oom Stbet im ©arneoat aufgeführten Diitter- ballet, mooon ber ©taoier^(u§5ug an ben SJcufif^erleger SDunft gekommen, mafjrfcrjeinlid) burd) SSermittelung oon gerb. SRieS, ber 2)unft'S Unternehmen ttjätigft unterftüttf rjat. SBegeler fagt banon: „@s muffen fid) barin finben ein äftinneüeb, ein beutfdjeS Sieb, ein Xrinftieb, u. f. m. *3)iefe (Eompofition ttmrbe tauge, ba Q3eetrjooen fid) nicfjt als SScrfaffcr genannt ijatte, für baS 2öerl beS ©rafen SBalbftein gehalten, um fo metjr, als biefer aud), in SSerbinbung mit bem SEanjmeifter §abid) aus 9(ad)en, baS Stattet organifirt Fjatte." Sann lamen bie Variationen über „Vieni amore",23) Stfjema Don Dtigtjini, (ber ©räftn oon §a£fetb gemibmet) bie bem jugenbtidjen Gomponifien Gelegenheit gaben, fein fetteneS Talent 5U geigen, als er nämlid) auf einer 9ieife oon Sonn nad) Sftergentrjeim, ber 9f?efiben5 beS ßurfürften in feiner Qngenfdjaft als £ocfj= unb ©eutfdjmeiftcr, mit bem ganzen Drdjefter nad) 3lfdjaffen= bürg gekommen. Safelbft mürbe er burd) 9?ieS, ©imrod (ben nadjfjerigen 9ftufif=$erteger in Sonn) unb bie beiben 9?omberg, Stnton unb 23ernt)arb, bem berühmten ©laoierfpiefer unb ßapel(= stätigen hiermit, daß das Trio für Klavier, Violin und Violoncello, welches so anfängt: (hier folgt das obige Thema) ein authentisches Werk von Beethoven sey, das Herr Ant. Schindler in eigner Handschrift des Autors eigentümlich besitzt.'" — „Wien den lten Februar J 830. A. Diabelli. Carl Czerny. Ferd. Ries. Die ächte ihm sehr wohl bekannte Handschrift Beethovens bezeugt Franz Wegeier." A. d. H. 23) Die Variationen auf das Thema von Righini heißen nicht „Vieni amore", der Anfang des Textes lautet nach Dr. Deiters' Fest- setzung: „Venni Amore nel tuo regno ma Compagno del Timor" (siehe Thayer-Deiters J. Band, 2. Aufl. S. 301). — Die Ariette steht im 2. Heft der „Sammlung deutscher und italienischer Gesänge von Vincenzo Righini"; Leipzig, Hofmeister & Kühnel. A. d. H. — 43 — meifter am cur^mainjifdjeu §ofe, ©terfet, oorgeftellt, „tuelc^er, ergäbt Tegeler, bem ©efuct) ?(lter mittfafyrenb, fic£) gum ©fielen fjinfeferte. ©teilet füielte fefjr leicht, tjöd^ft gefällig, unb tute Sßater 9tie3 fitf) au3brüdt, etmaS bamenartig. 93eett)onen ftcmb in gefpanntefter Stufmerffamfeit neben ifjm, benn ©terfet mar ber erfte SSirtuofe biefeä Snftrumentä, ben er bis barjin gu Ijören (Megenrjeit errjatten. 9cun fottte aud) er [bieten, ttjat biefeS jebod) erft bann, als ©terfet irjm gu Oerftetjen gab, er gtoeifle, bajg fetbft ber ßomponift obiger Variationen fie fertig fpielen fönne. Setjt fpielte Veetrjoüen nidjt nur biefe Variationen, fo ütel er fid) beren erinnerte (©terfet fonnte ba§> (Ejemplar nidjt auffinben), fonbern gteid) eine 3Xn§ar)l anberer, nicfjt meniger fd)mieriger unb bieS gur größten Ueberrafd)ung ber ßurjörer, üollfommen unb burdjauS in ber nämtidjen gefälligen Lanier, bie iljm an ©terfet aufgefallen mar. ©o leicfjt marb eS iran, feine ©pietart nad) ber eine« anberen einguridjten." *) ©o unfer coblenger ©emäf)r§mann, ber bei Stnfütjrung biefer Gegebenheit nod) befannt l)at, ba^ Veetfjoüen'S (S(aüier= fpiet bamalS rauf) unb fjart geroefen. SBir merben auf ben (Stjaracter feines ©pietS im Vertauf ber Singe nod) öfters gu fpredjen fommen; oorauS fet) nur bemerft, baft SBegeter'S tet^te 2Borte fyier üorfterjenb bod) etmaS ftu|ig madjett fönnen, meun man ba§> übereinftimmenbe Urtrjeit Sorjn ©ramer'S unb (Srjerubini'S über VeettjOuemS ©piel auS ben Sauren 1799 unb 1805 baneben [teilt. £)anad) ift e£ nur gu gemifj, ba$ *) 3n alten roie audj in neuen datalogen merben nod) aufgeführt: 9tu§ bem Safjre 1780: Weue Variationen in C moll über ein 9)krfa>3;r)ema tum ®refffer. 5Iu§ betn Satire 1794: Sreiiefm Variationen in A dur, Sfiema au<§ bem Dtotfjfäpödjen: @§ mar einmal ein alter Sttatm. S3ei ©imrocf.24) 24) Die Reihe der Beethovenschen Jugendkompositionen ist durch die Nachschindlersche Forschung bedeutend vermehrt. Man lese in Thayer-Deiters Beethovenbiograpbie, besonders das Kapitel: „Was hat Beethoven in Bonn komponiert?", sehr erweitert in der II. von Deiters besorgten Auflage, das achtzehnte Kapitel S. 272—313. A. d. H. — 44 — e§ ifjm nidjt§ weniger als feidjt getnefen, bie (Spielart eine§ anbcrn p aboptieren, fo wenig, rote feine fünftferifdie Snbioibuatität mit einer anbern p üertaufd)en. ?tud) S3em= t)arb SKom&crg, mit bem id) 1834 in feiner SBaterftabt SDcünfter biete 9J?onate 51t berfet)ren @etegent)eit getjabt, tjat über Q3eet= fjoOen'3 ©piet im «Sinne (Srjerubini'3 unb (Sramer'§ geurtrjeitt, überhaupt t)at er mir über ba§ gufammenferjn m^ Seerrjooen in 23omt nierjt nnintereffante SDcitttjeifungen gemacl)t. 3t)nt Oerbanfe id) bie perföntidje 93efanntfd)aft mit ber Freifrau oon 33eoeroörbe, geb. oon Sööfetager au3 Sonn, Q3eett)oüen'<§ (Spulerin, Wetdjer gteid) näfjer gebad)t werben h)irb. 23eetf)OOen fetber fdjob bie ©djulb feinet bamaligen tjarten @piet3 anf baZ oiete Drgetfpiet. (Sin anberer eben fo errjebtidjer ($runb mag roorjt and) ber Abgang eine§ guten $Borbitbe3 geWefen fein. (Siner ©igenrjeit 23eetrjOüen'3 mufs tjier wortgetreu nad) Tegeler ©rwärjnung gefd)et)en, Weit biefe SOcitttjeitung jum Verfolg gleicher "Singe unb ßuftänbe in fpäteren Satiren ?(u= tafj gibt unb mit anbern (Sfyarafter^igenrjeiten unferö 9Jceifter§ $erWanbtfd)aft tjat: näm(id) feine Slbneignng gegen Unter* ridjtgeben unb ba$ ©pieten in ©efettfefjaften. „$rau Oon Söreuning — fagt Sßegeter — wollte irjn guweilen zwingen, in ba§ itjrem §aufe gegenüberftetjenbe be§ üfterreicfjifdjen @e= fanbten, ©rafen oon SBeftptjat, §u gefjen, um feine Sectiouen fortpfetjert. ®ann ging er, wie ein ©feiein, 25) ba er ftet) beobadjtet Wufete, fort, teerte aber oft am §aufe felbft noefj um, tief surüd unb berfprad) bann: er motte am fotgenben %a% jWei ©tunbeu Unterrid)t gebeu, tjeute aber fet) e§ ifmt unmögtiefj. 25) Bei Wegeier lautet die charakteristische Stelle genauer: „Dann ging er, nt iniquae inentis asellus,*) da er sich beobachtet wußte." *) „Wie ein übellauniges Es'lein'' (Horaz nach Voß), Neudruck S. 24, neust An- merkungen des Herausgebers. Die Worte sind aus Horazens Satiren (Liber I, Sat. IX. Vers 20), vollständig also: Demitto auriculas, ut iniquae mentis asellus, Cam gravius snbiit onus. A. (J_ JJ, — 45 — ©eine eigene bebrängte Sage trieb ifyn nictjt an, mof)t aber ber ©ebanfe an feine gamilie, Oorgüglid) ber an [eine liebe 9Jhttter." 9)?it biefer 21u3fage ftefjt bie ber oben genannten grau öon Seüeroörbe ettoaä in SSiberfprnd). ®iefe Oerftdjerte, baß fie eben forootjt über bie regelmäßige grequeng ber ©tunben, mie and) über ben Unterridjt 33eett)0Den'§ überhaupt niemals gu flogen getjabt. Sefjrer unb ©djülerin befanben fiel) faft im gleidjen 2üter, unb teuere muß in if)ren 9ftäbd)enjaf)ren ein SBitb ber ©d)önf)eit getoejen ferjn, baüon nodj bie (Spuren an ber Patrone fidjtbar maren. SDiefe Same mußte übrigeng nod) manerjeso über ba§> ernfte unb meift nad)[innenbe SSefen if)re3 jugenbtid)en (£taüierterjrer§, beSgleidjen noefj bietet au§ bem muficalifdjen 2zben itjrer SSaterftabt um bie 90 er Saljre, roie aud) nod) öon irjrem 3ufammertfP^e^ wtt £5. Nürnberg gu ergäben, ba§> biefem Äunftüeteran großes Vergnügen gemacfjt. 2)iefer SSiberfprud) fotl jebod) 2Segeter'§ SluSfage feinen ©intrag trjun, ba biefe (Sigentjeit, Abneigung gegen Unterridjt* geben, metf)obifd)en unb ft)ftematifd)en Unterricht nämtid), unfern Xonbidjter burdj'3 gange Seben begleitet Ijat, modjte er g(eid)mof)t bei eingetnen ©djülerinnen au§ befonbern ©rünben unb 9?üd'fid)ten, mie bei ber bonner, bie neben förpertidjer ©crjönfjeit aud) nod) ein fernes latent getjabt rjaben foli, anberS getfjan rjaben. ©o trjun ja aud) anbere Sefjrer, ofjne 93eett)oöeit gu fetm. 23on biefer Abneigung mußte aud) gerb. 9fte3 gu er= gälten, ber am meiften üielteicrjt in jener (Spodje üon biefer (Sigentjeit gu leiben tjatte. ,,^d) fpiette, fagte mir 9tie<§, unb Seetrjoüen comöonirte ober ttjat anbere§, unb nur fetten fetjte er fid) gu mir unb fjiett e3 eine rjatbe ©tnnbe au3."*) $aum fünfgig üollgiltige ©tunben mollte 9iie id) einigemale, um ettoa§ 9J?anufcript üon iljm §u beft^en, anfdjeinenb oljne 2(bftd)t auf ba§> ^ult gelegt Ijatte, marb Oon it)m befdjrieben, aber bann audj am (Snbe gufammen* gefatten unb eingeftedt! üDftr blieb nur bie ©rlaubnifj, mid) felbft au§3ulad)en. — lieber fein ©piet bnrfte id) nic^t§ ober nur 2öenige3, gleidjfam im SBorbeigetjen, fagen. (Sr ging nun gänglidj umgcftimmt meg unb fam bann immer gern gurüd. ©er 28iber= mitle blieb inbeffen unb marb oft bie Quelle bei* größten 3er= ttmrfniffe 23eetl)oüen'3 mit bem ©rften feiner greunbe unb ©ömter." SBäre e§ ftattljaft, an oorftefjenbe Mitteilung fogleid) meine perfönlid)en Srlebniffe bieSfaltS anknüpfen, oornetjmtid) au3 ben Sauren 1818 bi§> 1821, mo id) aufteilen Oon bem SCReifter mit ben SBorten: ,,©ie leidjtfinniger, oberflädjlidjer Dilettant," ober fpöttifd) mit: „§err llngrunb unb ot)ne ©runb," im Spiele unterbrodjen unb oom ©itje meggebrängt mürbe, um fid) felbft barauf gu fetjen unb ben tion mir „miBfjanbelten" ober „abgeftimperten" ©onaten=©at3 ttjeitmeife ober gang oorgufpielen unb gu erklären, märe bieg tjier gur ©teile ftattljaft, fage id), fo ließen fid) bie Sodungen, ober aud) Sebinguugen, toeldje — 47 — öeettjoben §um Sßotfpieten unb tbjapfobifdjen Untetridjt bringen fonnten, jiemtid) weitläufig auSeinanber fetjen. 2)iefe3 ®efd]äft mufe jebod) mit anbeten, wichtigeren ^Begebenheiten in bitefter ^ierjung auf 99eett)ot>en'^ (£laöier=3Jcufif in SBerbinbung ge= bradjt werben. §iet fetj nur oorau3gefcf)idr, bafj ein fofdjeS Sßorfpielen, fetten otjne tiortjerige (Emotion, ober, Wenn wit wollen, 3tu%anfen, bewerlfteüigt werben fonnte. 9htr ©inet au§ feinem Steife, bet bi3 311m Saljre 1815 fjäufig in feinet näd)ften Sftätje gewefen, rjat e§, gufotge eigenet $erfid)emng, in biefem ^uncte anbete erfahren: ©raf ^rang Ü0U 23run3wicf. 2Bir wetben ben tarnen biefe3 in üietem SBetradjt augge^eidweten 9ftanne3 noch, öfters an^ufü^ren rjaben. Heber ben furzen 23efud), ben S3eet§oüen pr $rürjling3* §eit be<$ 3at)re3 1787 ber ftaiferftabt gemadjt, fcfjweigt Regelet gang, aber and) ber $erfaffer toeijj nur wenig barüber ju fagen. W\t 33eftimmtt)eit barf er jebod) bie Sßarjrnefjmung S3eet= fjooen'fd)er greunbe am§ früherer 3eit nieberfd)teiben, baf} fid) bem ©ebäcfjtniffe be§ fed)£3et)njät)rigen SüngtingS bei jenem jßefud)e nur gmei ^erfönlicfjieiten tief unb bauetnb füt fein ganzes Seben eingeprägt rjaben: Staifer Sofept) unb üDfo^art. SDie ptoprjetifcfjen üB3orte be3 letzteren über bie .ßufunft oe^ jungen ®ünftler§, nactjbem biefet ein oon it)m aufgegebene^ 9)cotiö (eS foti ein gugen^tjema gewefen fetin) ex tempore burdjgefürjrt t)atte: „ liefet Jüngling Witb nod) Oiet in bet 2&ett Oon fid) teben machen" — finb im Saufe bet Qtit, aucfj mit Varianten, oft wieberfjott Worben, nur blieb e3 ungewif3, an wetdjem Orte fie ber „Ä'önig im 9\eidje ber SEonlunft" ge= fprocfjen; einige wollten wiffen, e3 fet) bei Gelegenheit gefd)et)en, al§ bet ^aifer ben 00m ßurfürften ÜWar. Sran5 ^m empfohlenen jungen ftünftler in feinen ©emädjern in Seifenn äftogarf-c ge* tjött tjat.-6) Db aud) bie perfbnlicfje S3elanntfd)aft @tud'§ 26) Man vergleiche darüber des Herausgebers Aufsätze: Mozarts Beziehungen zu Beethoven in der „Musik": 1. Mozartheit (IV. Jahr- gang Heft 1 und 2). A. d. H. — 48 — gemadjt morben, ber berannttidi fd)on fdjmer gugänglid) unb am 15. 9toöem6er beffelGcn SaljreS geftorben, mußte üftiemanb in fpäteren Sauren $u jagen. ©iefe, fo mie mandje anbete nicfjt unmidjtige Vorgänge lagen bereits 51t meit äurikf, Stuaen* unb Otjren^eugen maren nidjt mefjr am Seben, 53eetl)oDen felber über alte längftuergangene ©inge in ber Siegel fdjmeigfam, bagu rjäufig nod) unftdjer unb Dermorren, menn er je 'Darüber ge= fprodjen, — bie3 bie ©rünbe, ba^ Derfdjiebeue in ein ©unfel gefüllt bleiben merben. ©afj jebod) alle in bie erfte Seben§- periobe fatlenben Gegebenheiten, melier 5(rt immer, gegen bie folgenben meit jurüdfteljen, gleidjfam nur furge, menig be= beutenbe Sßorfpiete 5U bem int)alt£>fd)meren SebenSbrama geroefen, barf mof)t aucr) mit Geftimmtrjeit au3gefprodjen merben. ©arum mag an ibrem ©unfel ober gnnjlidjem SBerlufte menig ge= legen fetju. ?(nbermeitige, ober gar nod) fdjärfer bjeroortretenbe 93e= gebenrjetten au§ 33eetl)o0en'3 ßeben in ber SBaterftabt finb unö nid)t befannt. ©er lange, bi§ 9fnfang§ ber 90er $af)re an* bauernbe grieben auf beutfdjer @rbe, bie geffellung aller SOhtfifer an ibjre Obliegenheiten bei beu §bfen, an benen burdjgeljenbS bie Pflege ber SXRuftf einen ber erften ^lätjc eingenommen, (Sorge für (Srmerb, aber aud) nod) ©rang gur gortbitbung, Darum notljmenbigeS 5ttleinfet)n mit bem aufftrebenben (Senium, enblid) gar nod) Mangel aller Üteclame oermittelft Soumalen unb fonftiger unferer glorreichen (Spotfje molilbefannter SDcittel unb Söege, auä (Septem fdmn fertige Äünftfer gu madjen, — in biefen äußeren unb inneren ßuftänben bürfen mir bie ©rünbc fucfjen, ba^ bie Sugenb be3 Stonbicfjterä, ber einftenS ber beutfcfjen $unft=(£pod)e feinen Hainen geben follte, fo arm an funftt)iftortfd)= midjtigen Gegebenheiten, fo baar aller SSunbertrjuerei unb 9?omantif gemefen, batjer ber junge GeetljoDen mit fo Dielen unferer jugenblidjen Straf t=©enie'§, bie in gleid)em Filter fdjon mit Dpern unb ©infonieen bie 3Selt in (Srftaunen fetten, nid)t oerglicfjen merben barf. ä>ielleid)t liegt ein ©runb foldjer Ge- — 49 — fdjrcmftljett nocf) barin, bafj unfer junge ©taüierfüieler, Drganift nnb ßomponift fid) öon frütjefter Sugenb an beftrebt t)atte, Sftenfd) in ber eigenttidjen 23ebeutung be£ 2Sort§ §u fet)n, barum immer nur 9ftenfd)Ud)e3 gu öerrid)ten, im puren @egen= fatje §u ben mufifatifcijen Halbgöttern unferer £age. Unb fonberbar, in biefem 23eftreben rooltte ber 9J?ann bie r)öct)fte Stufgabe beS SebenS erfannt fjaben, barum er niemals baöon abgelaffen. §ören mir bod) fogteid) eine baljitt gielenbe ©teile au§ feinem ^Briefe Dom 29. Suni 1800 an Sßegeler: „@o öiel mill id) eud) jagen, bafi it)r mid) redjt grofj mieber fetjen merbet; rtictjt afe $ünft(er follt itjr mid) größer, fonbern aud) aU Sftenfdj follt ifjr mid) beffer, öoltfommener finben, unb ift bann ber SSotjlftanb etma§ beffer in unferm SBaterfanbe, bann foü meine ßunft fid) nur gum SSeften ber Firmen geigen. D gtüd= lidjer ?tugenbtid, mie glüdtid) t)atte id) mid), ba|3 id) bid) t)erbet= fdjaffen, biet) fetbft fdjaffen fann!"27) 23i3 t)iert)er tjatten mir e§ faft tebiglid) mit bem SJhtftfer 511 tljun, e§ ift bat)er an ber 3^ auf e*n anbereö ©ebiet hinüber gu bliden, ba§ bem fünftterifcfjen ©möorftreben gur #o(ie bienen mufj, menn ba$ latent fid) über bie Routine ergeben mitf. 3Bir meinen 3Öiffenfd)aftlid)leit im Slögemeinen, inöbe- fonbere aber einen gemiffen ©rab öon Vertrautheit mit claffifdjer Literatur, metdje ber $ߣ)antafie üftaljrung gugufüijren geeignet ift. 2)ie erfte 33efanntfd)aft mit beutfdjer Literatur machte ber junge 23eetf)oüen fdjon in ber Vaterftabt, unb §mar in golge Anregung ber $amitie öon Skeuning. <2ie mar e§, bie Ujm ©efcrjmad an gefunber Seetüre, gunäctjft an guten S)id)ter= merfen, beigebracht, fid) überhaupt um feine fortfctjreitenbe 27) Es ist vortrefflich, daß Schindler schon hier an diesen denk- würdigen Ausspruch des Meisters erinnert, den man als Schlüssel zu der gesamten Erkenntnis seines Lebens ansehen darf. Siehe diesen ganzen Brief an Wegeier nebst Erläuterungen in des Herausgebers Sämtlichen Briefen Beethovens No. 36 vom Jahre 1800, I. Band. A. d. H. SC. ©djinMerl 83cetf)otoeti*a3iogrf)te. 4 — 50 — üöübung nad) mehreren «Seiten fyin bekümmert, unb aufteilen aud) burd) bie Zfyat ben gortfdjritt bemirft f)at. 2Md)' fettene $rüd)te biefe ^nittatioe in ber ^olge^eit bei unferm £onbid)ter getragen, merben mir ©etegenfjeit nnb SBerantaffung nod) met)r= fad) finben, gu äetgen; t)ier am Crte fdjeint eS un£ inbeffen nict)t gang unpaffenb, nod) auf eine ©teile in bem oben an= geführten ^Briefe üom 29. Sunt 1800 aufmerffam 311 madjen, bie un£ belehrt, mie frü^eitig öeetfyoöen jur alten ctaffifctjen Literatur ftdj gemenbet unb metdje Sefriebigung er barin ge- funben. 5t(3 er bem greunbe barin üftad)rid)t über bie $te= forgnife erregenben ©nmptome feines ©efyörS gibt, milbert er bievbetrübenbe 9cad)rict)t mit bem SSeifa^e: „$ßtutard) t)at midj gur 9iefignation geführt." u. f. m. Sßtutardj mar einer ber ßlaffifer, bie unfern 53eetf)oüen fein ganzes £eben tjinburd) be^ gleitet tjaben. 2luS ifjm fdjöpfte er feine tjiftorifdjen ftenntniffe über @ried)entanb, beffen ©taatSeinridjtungen u. f. m. Um nod) einen 9?üdb(id auf bie $amilie üon Q3reuning §u madjen, beöor mir mit unferm jngenblidjen gelben ba§> freunblidje 33onn üertaffen unb nad) ber ofterreid)tfd)en $aifer= )tabt äietjen, mu| gefagt merben, baf$ Söeetfjooen biefer gamiüe bis an fein SebenSenbe mit märmftem ©ante verpflichtet gemefen. „®enn Pflicht ifl bf<§ ©Uten Vergeltung.'*) 9?ocr) in fpäteren STagen nannte er bie ©lieber biefer gamitie feine bamatigen ©djutjengel unb erinnerte fid) gern ber öieten üon ber $rau beS §aufeS erhaltenen 3ul"ed)tmeifungen.28) „2)ie üerftanb eö, fagte er, bie Snfecten Oon ben Stützen ab' gufyatten." @r meinte bamit gemiffe $reunbfd)aften, metdje ber naturgemäßen gortbübung, feines Talents, mie aud) beS rechten SMafceS fünftterifd)eu SSemufetfetjnS bereits gefät)r(id) ju merben begonnen unb burd) ßobljubelei bie (Sitelfeit in it)m *) s2lu§geäogene Stelle üon 23cetbot>en au3 ber OdussGe, Seite 459, 93oJ3. 28) Dem Siune nach deckt sich das sehr wohl mit den Mitteilungen Wegelers über Beethovens Leben im Hause der Frau von Breuning^. siehe auch Wegeier u. Ries, Notizen, Neudruck S. 14. A. d. H. — 51 — ertüedt tjatten. ©ct)on mar er natje baran, fiel) für einen be= rühmten ^ünftter gu galten, fonact) lieber Senen ©et)ör gu ge6en, meiere ifyn in biefem 2Sal)n beftärlt, al§ @olct)en, bie it)tn begreiflich gemaetjt, ba^ er noct) aüe3 gu lernen t)abe, roa§ ben Sünger ^um Sfteifter mac^t. SSorau^ge^enb marb bereite eineä Sriefe§ com ©rafen SBatbftein an 23eetf)oöen gebaut, beffen SBortlaut geigt, toeldje Hoffnungen biefer ©önner unb görberer auf fein eminente^ Talent gefegt. $)er S3rief lautet: „Sieber Seettjoben! (Snbe üon beffen ^oüigiat in 53onn unb ben geitpunet erfahren, mann berfelbe bie freunb= tidjen ©eftabe be§ 9ftl)ein3 üerlaffen unb bie SSanberung nact) bem fang* unb ffangreicfjen SBien angetreten f)at. S)ort merben mir i§n nun auffuetjen. II. 2)er näct)fte ßrned üon 23eett)oben'§ SReife nad) SSien mar: unter Seitung öon Sofepf) §at)bn fiel) in ber ®unft roeiter fort^ubilben. $ur Söroerun9 °^efe§ Btoecle§ beließ it)tn ber *) ®a§ Original ejiftierte in ber granj ©räffer'fdjen Siutogra^en* Sammlung in s2Sien. ®ie Güopte bevbanft ber SSerfaffer bem gefragten «DiufiMntiquar Slfotjg gua^§ bafelbft. 4* — 52 — Gurfürft 3Raj grang ben üollen öejug feiner (Smotumente an ber Gapeüe, bie, tuenn and) nid)t bebeutenb, bennorf) einen gefiederten $onb3 §u feiner ©ubfiftenj bort abgeben tonnten. 2)ie «Reife nad) ber Staiferftabt gefd)at) äufotge be§ oorfietienben Briefes üom ©rafen Sßatbftein roat)rfcf)einritf) im SSftonat SftoDember 1792, in bem frttifdjen ßeitüuncte nämlid), too gang at)bn'3 unb SCJco^art'S, unb ermarb fid) unter 5lnberm aud) baburd) ein grofceS SSerbienft um bie 9Kufi! in 2öien, baf$ er bie SSerfe ^aenbet'S unb 83adj'8 $ur Sluffüfjrung bradjte unb gu biefem 93ef)ufe ben Ijoljen 2lbe( in eine mufüatifdje ©efellfdjaft üer= einigte, (darüber meiter unten meljr.) gür Stftosart30) be* arbeitete er „£)ie ©djöpfung" nadj einem engtifdjen STejte; aud) üerfaftte er ben £ejt §u ben „SajjreSäetten." («Soll fielen: er überfeine bie engtifdje 2)id)tung öon Stljomfon.) 9fuf feine $eran(affung mürben üon Sttojari oier in ber Urfdjrift bortiegt, lautet roörttid): „2In £)errn SBeetfjoben in ber Sltftergaffe, 9to. 45 bei bem §errn dürften ßidntomsft). SBenn ©ie fünftigen SJtittrcod) nid)t berfjinbert finb, fo münfdje id) ©ie um Ijatb nenn Uf)r StbenbS mit ber ©d)Iaft)aube im ©ad bei mir 31t fefjen. ©eben ©ie mir unOergüglid) $tntmort. ©mieten." Unter ben nieten S3et'anntfd)aften au3 bem fjotjen 5Ibet ftetjt bie mit ber fürftlidjen $amitie 2idjnom§ft) im 23orber= grunb. tiefer ©tüdöfall im Seben unferl 23eetf)oben ift oon fo mistiger SBebeutung unb fo mancherlei folgen, bafj mir not^menbiger SBeife etma§ babei berroetfen muffen. SDie ©lieber biefer benfmürbigen $amitie gehörten in§= gefammt jenen feltenen Naturen an, bie für al(e§ ©djöne unb ©ro^e offenen ©inn t)aben; über atte§ t)errfd)te in biefer gamilie ber reine begriff bom 21bet, nad) ber 2)ebife: La noblesse oblige. ©omit ftanb aud) Mjtung unb Pflege bon $unft unb 28iffenfd)aft barin auf gleicher Sinie, im ©egenfatje §u jenen (Ebenbürtigen it)rer ßeit, bie ba% bitterliche in feiner Sßerbtaffung gum alleinigen ©egenftanbe i§re§ ©treben§ gemacht, gürft ®arl ßidjnomäfb, mar ein ©d)ü(er bon äftojart unb ftanb in tedjnifdjer ?tu§bi(bung be§ (5(abierfbiet§ meit über — 55 — ber 9)?ef)rgaf)t ber bamalS tjertiorragenben Äunft* Dilettanten. $lod) £)ötjer ftanb fein ©ruber, ®raf 9J?ori§ Sicfjnomäfrj, gleichfalls Stto^arfS <5d)üter, ben tt)ir fogteid) all ben immer* mäljrenben Segleiter 23eett)otien'§ burd) fein gange§ Seben be= äeidjnen muffen. SSir merben at§ folgen feiner nod) oft §u gebenden tjaben. — ©on gleicher ©cfinnung unb muficalifcfjer ©ifbung mar bie gürftin ßfjriftiane, ge6orene (Gräfin tion Xtjun. 2ln biefer (Stätte tion Humanität unb feiner ©ittc fanb S3eetf)otien ein Slftit, in bem er mehrere Satire tiermeifte, gumat er tion abetidjen Vorurteilen faum beirrt morben. Der $ürft marb bem jungen üDfcmne ein tiätertidjer $reunb, bie gürftin eine gmeite Butter. 2BaS ber gürft für feine ©ubfifteng ge- ttjan, nad)bem ©eetfmtien nad) ber Vertreibung be§ ßurfürften Sftaj ^ranj burd) bie frangöfifcfje Dccutiation be3 linlen 9fJt)ein= ufer§ feinet £>rganiften=©et)aft<§ tängft ticrtuftig gegangen mar, erfahren mir au§ feinem mieberfjolt angebogenen ©riefe tiom Safjre 1800 an Tegeler. Dort tjeifjt e§: „Von meiner Sage mittft Du ma§ miffen; nun, fie märe eben fo fdjted)t nicrjt. «Seit tiorigem Saljr Ijat mir Sictjnomsfo, ber, fo unglaublich eS Dir and) ift, menn td) Dir e§ fage, immer mein roärmfter $reunb mar unb geblieben ift, ({leine äRifetjetligreiten gab eS ja audj unter un§, unb tjaben eben biefe unfere $reunbfdjaft nicf)t befeftigt?) eine ftdjere (Summe tion fedjStjunbert ©utben auSgemorfen, bie ict), fo lange td) feine für micf; tiaffenbe ©teile finbe, sieben lann."31) Die Siebe biefer fürfttidjen ^ßerfonen fjatte unfern Veettjotien gleidjfam tierfolgt unb miuberte ftdt) fetbft bann nidjt, menn ber oft übellaunige ober mofjl gar ftörrifcfje ?tbotititi=(Sof)n biefe anberämo fictjer tierfdjergt unb ernfte 9?üge fidE) guge^ogen tjätte. ©o beurteilte jene Vor* gänge ©raf Sttoritj Stdjnomsfti. 9lber nad) ©eet^otien'S Ve= griffen maren eS ja blo§ „f leine äJäfjtjelltgfeiten," bie obenbrein gu Vefeftigung ber $reunbfd)aft gebient Ratten. 31) B. S. B. (= Beethovens Sämtliche Briefe) No. 36, I. Bd. A. d. H. — 56 — 3n3befonbere mar e<§ bie gürftin, bie alle» Slutn unb £affen an bem meift in fid) gelehrten unb nad) conOentionetlen Segriffen roorjt aucf) berfetjrten Äünftler für originell unb tiebengroürbig erflärt fjatte, itm bafjer bei bem ftrertgeren unb anberen 2lnfid)ten fjittbigenben dürften in allem §u entfcrjulbigen mufete. 93eett)oüen ijatte fpäterljin für biefe (Sräte|ung§* Sßrincipien eine treffenbe Se^eidmung. „9)cit großmütterticfjer Siebe t)at man micrj bort ergierjen motten, äußerte er, bie fo roeit ging, bafj oft menig gefegt, bafj bie gürftin ntcfjt eine @la§= gtode über mid) machen ließ, bamit fein Unraürbiger mid) be= rütjre ober anrjaucfje." — Heber bie mandjerlei Vorgänge mit S3eettjoüen in biejem fürftüct)en Streife blieb überhaupt ba$ ©ebädjtniß be» ©rafen SCRori^ Sidjnorüöf'i) ein treuer Seroaljrer. 9?ad) 2lu3fage biefeä ©eroäfjr^manneö trug fdjon in jenen Sagen Seetfjoüen'il Sruber (Sari bie ©dmtb an oielen 9Jtißt)eltigfeiren unb rool}l aucfj Un^iemtidjfeiten, roeld)' letztere bann auf 9?ed)nung be§ Gomponiften gefdjoben rourben. 2)ie folgen einer fo nadjfidjtiSüollen S5et)anblung fonnten bei einem Spanne, roie unfer 33eett)oüen, ber mit einem feurigen Temperamente begabt, fremben ©inflüfterungen ©erjör gebenb, babei aucf) fdjon ftar! abroeidjenbe £eben§=9lnfdjauungen offen* barte, nidjt ausbleiben; 31t allem nod) bie bereits allgemein geroorbene 33erounberung feinet £alent3, bie feine §altung in CEonfücten be§ Sebenö aud) nodj roanfen gemadjt, — Urfadje genug, baß ber auflobernbe SDcufenfofjn fet)r oft mit bem Äopf gegen bie SSanb rannte, unb fomit fütjlen mußte, roeif er nidjt Ijören mottle. Sludj Dan dBroieten'ä üerftänbiger D^atl) unb @r* maljnung blieben fctjon oft unbeadjtet, unb biefer fein (Sinfütjrer in bie t)öl)ere ©efellfdjaft mußte fid) begnügen, roenn ber eigen= roitlige Äünftler nur 5U feinen 3lbenbmufifen fam. (Smancipation üon allen (Salon^Sonüenien^en fctjeint fdjon früf) fein Seftreben geroe Jen 5U fetin, roenn gfeidj feine perfön lidjen Sßerrjältniffe, roie insbefonbere fein enger ^ufammentjang m^ oer ®ß*e Der muficatifdjen ©efetlfdjaft, bie itjn unerad)tet nidjt roeniger — 57 — focialer Mängel 31t bert itjren gegä^tt, gemicfjtige ©rünbe tjätten fet)ti follen, fofdjeS £rad)ten nocfj für geraume $eit auggufetjen. önbeffen tuerben mir afäbalb bort Singen gu berichten b,aben, bie afö erftärenbe üDfotibe btefer fcfjeinbar ungettigen ©eftrebungen bieuen merben. SSertaffen mir einftmeiten bie fürftfidjen eer bon ©egnern miber irjn §u gelbe gießen 51t feigen. Heber atteä mar e§ fein Sleufeereä, feine im Umgange mit ftunftgen offen §u menig bemeifterte föeigbarf'eit unb 9?üdt)aIttofigfeit im Urtfjeil, ma§ 9?eib unb Sdjeetfudjt ntdjt für natürliche Begleiter be3 ©enie'S moüten gelten taffeu. ©er §u geringe ©rab bon 9?ad)fid)t für bie mancherlei Sigarrerien unb @ebred)en ber tjörjeren ©efetlfcrjaft, anbern :£t)eil3 mieber feine ju rjot)en 2tnforberungen bei Sunft* genoffen tjinfid)t3 metjrfeitiger SMlbung, fogar fein bonner ©tateft, bieg gufammen lieferte ben (Regnern Stoff im Ueberftuft, mit Übeln 9?ad)reben unb morjt audj Sßerleumbungen 9^ad)e an irjm gu nehmen. Sn ber gmeiten ^eriobe mirb Sßeranlaffung ferjn, biefen ^unct au3füt)rlid)er 51t befbrecfjen. §ier fet» nur bemerft, bafe übereinftimmenben äRittrjeitungen gufotge bie miener 9)htfiter bamatiger Qtit, mit fetjr geringer 2Iu3nat)me, nictjt nur alter $unft=, ja aud) ber nottjmenbigften ©dudbitbung ermangelten unb bom £>anbmerr'3neibe berma^en burdjbrungeu gemefen, mie — 58 — i'v gleidjjeitig in ben günften bct $att War. Snsbefonbere Ijatte man c§ auf bie gremben abgefefyen, fobalb ifyre Slbftctjt lunb geworben, ftänbigen 9Sot)nfit3 in ber Slaiferftabt §n nehmen.*) Sn einer Sdjitberung be§ SD^uftfruefen^ in SBien im britten Saljrgcmg ber Mg. ÜDcuf. 3*Sv ©^ 67, finbet fid) hierauf be^üglid) folgenbe Stelle: „Sollte e$ iljm (bem fremben Slünftter) einfallen r)ier bfet6en §u wollen, fo ift ba§> gange Corpus masicum fein geinb." (Srft im Saufe bes britten 3af)r* gefjenbs rjabcn fid) biefe Singe bort beffer geitattet; nur ba% fünftterifdje 23ewuf5tfel)n üerblieb auf ber alten Stufe, tvtö freifid) bie gefetlfdjafttidjen 3ul"tanoe im ?ltlgemeinen tier* urfadjen; benn wo Stänbe=Unterfd)eibungen beftefjen, wirb ber Sünftler nid)t fetten bem Sienftperfonafe gleidjgeftetlt bfeiben. SBeadjten wir bie§ in öegug auf 33eet£)oüen'3 fociate Stellung in bamafiger Qeit, ber feinesfattS ein „in tieffter llnterttjänigfeit erfterbenber Siener" feün wollte. S)te§ waren jum Sfjeit bie oeranlaffenben ©rünbe, baf; unfer 9Jceifter unau§gefe|te Verfolgungen oon jener Seite $u erbulben gehabt, bie fid) beinahe burd) fein gangeS Seben t)in= burd) gieljen, wie gegeigt werben wirb. Seiner Seit§ oergalt er fie burd) offenbare ©eringfdjäijung feiner ©egner unb perfön= tidje Slbfonberung, — eine Salti!, bie im ftünftterfefcen §u Snconfequengen unb Vermidelungen fütjren lann, unb in unferm gatle wirllid) geführt Ijat. 23a§ SBeetljoüen'S Verhalten ber ^unft=Äriti! gegenüber betrifft, fo ferj gur Stelle nur bemerft, baf? er in Sob unb Säbel allezeit ba§> redete sDcaf} verlangt f)at, wa3 barüber rjinau§, tiermodjte it)n nidjt anberS al§ flüchtig jit berühren. So fjielt er «3 fein ganzes Seben bamit. 2öir werben an geeignetem Drtc wieber barauf jurüdfommen.32) *) SSon Söiündjen roetB man bafjelbe. Sort Ijat fid) foldjer Seift 6i3 in bie legten ^a^re. erhalten. 32) Vom Verhalten der Kunstkritik Beethoven gegenüber war bereits oben die Rede, man vergleiche Anmerkung 11. A. d. H. — 59 — $u biefen (Sfjarafteräügen gefeilte fid) nod) ein anberer, nid)t meniger für feine fünftterifdje Saufbaljn micfjtig, mie bie oben aufgezeichneten, nämtid): 9^ang unb 9xeid)tt)um fjielt er für gleichgültige £)inge, für ßontiention unb ßufättigfeit, batjer befonberer sM)tung nicljt mertlj). 53or SHIent moltte er im Stftenfdjen ben äftenfdjen ad)ten, bann erft ben dürften, ben Sanquier. SSor bem Sftammon unb beffen §ütern fid) beugen, £)iett er für Snjorrjeit, für bie tieffte (Srniebrigung be§ geiftbegabten 9J?anne un§raeibeutige SO?anifeftationen be§ fid) felbft erfennenben @enie§ unb feiner SO^iffion erbtiden. mproüifation§*©abe. Ruberer on lange üor bem Satjre 1792 aufgehört (jatte, ftjftemattfcfjen Unter= rid)t in ben rjarmonifdjen Sßiffenfdjaften 51t ertfjeiten. £)aran mar er nid)t blo§ in $ofge üietjärjriger 33eruf^gefd)äfte al£. Sapettmeifter be§ dürften Sfterbajtj 311 ©ifenftabt, burd) an» bauernbe arbeiten am (Sdjreibtifcfje, aber aud) megen üor= gerüdten SHterS öerrjiubert; überbieS foli eö nodj an lern- begierigen ©djülern in jener Qe'ti gefegt tjaben. Raffen wir biefe ^Srämiffen gufammen, fo wirb e§ nid)t fdjtoer, ju ber en OorgugSmeife geachteten $ady genoffen mar aud) Sodann ©djenl*), ber Gomtoonift ber aübefaunten, faft in alle eurotiäifcrjen ©üradjen überfeinen fomifdjen Dper: „£>er 3)orfbarbier", ein fanfter, tieben^mürbiger (£§aracier unb grünbtidjer Seljrer ber muftfalifdjen Äunft* *) ©eborcn 1761 35), geftorfien 1836. 34) Diese Streitfrage läßt sich kurzerhand beseitigen, wenn mau sich ein wenig die ersten Sonateu vergegenwärtigt, die Beethoven gewissermaßen unter Haydns Leitung erscheinen ließ. Was haben die Sonaten op. 2 mit den meisten Haydnschen Sonaten gemeinsam? Hier ist Tonspiel, dort bei Beethoven regt sich schon allerorten der Odem der Offenbarung, überall machen sich die neuen Wege bemerkbar, die nun einmal kein Lehrer mitteilen kann. So erklärt sich Beethovens Wort über Haydn, „er habe nichts bei ihm gelernt, obwohl er seinen Wert wohl zu schätzen verstand". A. d. H. 35) Der Komponist ist nicht 1761, sondern, wie in Beethovens Sämtlichen Briefen nachgewiesen ist, bereits im Jahre 1753 geboren, siehe die Briefe No. 5, I. Band. A. d. H. — 62 — nriffenfdjaften. ©ines ;£ages begegnete Scfjenf unferm £unft= jünger, als bieder eben mit feinem §efte unter bem 3trm Don .parjbn tarn. <2d)enf toorf einen 23lid in bas §eft unb ge= marjrte ba unb bort unrichtiges. SSeetrjoDen, barauf aufmerffam gemacfjt, Derfidjerte, bafj £>arjbn biefes Staborat fo eben corrigirt fyabt. 2>er Gomponift bes SDorfbarbier'S blätterte in bem £)efte gurücf unb fanb gerjter gegen 9?eget unb @efet3 in giemlicfjer 9(n3af)f nicrjt corrigirt. sDcerjr brauchte es nicrjt, um bei Q3eetrjouen fog(eid) ben ^erbadjt rege roerben §u (äffen, §at)bn meine es mit itjm nicrjt rebüd). ©t fafete fofort ben ©ntfdjtufj, ben Unterridjt bei irjm abzubrechen, baoon er ftctj jebod) abbringen ließ, bis §at)bn's näd)ftbeDorftet)enbe §meite 9?eife nadj ßngtanb (1794) fd)irf(id)e ©elegentjeit ba5U gegeben. Sdjenf aber blieb Don jenem 5Iugenblide an bei* 33erbefferer, Dielmeljr ber eigent» üdje gürjrer in Gontrapunct bei 33eet§ooen, roenngleidj biefer fortan nod) mit bem £>efte §u §anbn gegangen; es läßt ftcfj ermeffen in roetdjer @emütf)sftimmung. Safe fernerhin ätüifctjen beiben feine befonbers freunbüdje Sonne merjr gefdjienen, roirb nidjt auf faden. @o fjabe icfj biefe Jfjatfacrje aus Scfjenf's SJcunbe über= fommen. S(ber es folt biefe 9Dcitteifung nid)t oerein^ett ftefjen, ba bie Jtjatfadje fo fettfamer, faft unglaublicher 2lrt ift, barum ber SBeftätigung üon anbrer Seite nictjt entbehren barf. 3%na% 9f?ttter Don Serjfrieb befpridjt biefelbe in bem biograpt)ifd)en ^Ibri-ß Don Sofyann Sdjenf in ©crjillings Sejicon ber Sonfunft folgenbermafscn: „1792 fam SBeetljoDen nad) SBien, unb Sdjenf rjörte itjn gum erften üDcale in Vlbbe ©elinef's Söorjnung prjantaftren: ein §od)genuB, ber lebhaft 9Jio§art's Slnbenfen ^urüdrief. Unmutig beflagte fid) ber lernbegierige 23eetfjoDen oftmals gegen ©etinef, ttne er in feinen contrapunctifd)en Stubien bei §anbn nictjt Dormärts fommen fönne, ba biefer SDceifter, all^u Dielfeitig be= fdjiiftigt, ben irjm Dorgetegten ©taboraiionen bie gett>ünfd)te Stuf* merffamfeit §u fcfjenfen gar nictjt im Stanbe fetj. Sener fpract) — 63 — barü&er mit ©djenf unb befragte ifjn, 06 er nicrjt geneigt fen, mit Sßeetijoben bie ©ompofitionSle^re burd^umadjen. tiefer erftärte ftd) t)öd)ft millfäfjrig ba^u, jebod) nur unter ber £)obbet= SBebingung: of)ue irgenb eine Vergütung unb unter bem ©ieget unber&rüdjfidjer 3}erfd)miegeni)ett. ©0 mürbe benn ber gegen* fettige ^rnctat abgefd)(offen unb mit gemiffentjafter Streue ge= Ratten, anfangs 9luguft 1792*) begann ber trjeoretifdje Unter* ricfjt unb mäfjrte &t§ (Snbe 9J?ai be§ nädjften Sa^reä ununter* brocken fort; jebe berbefferte Aufgabe nutzte 53eetl)oben, um audj ben ©djein fremben ©inffuffeS äu bermeiben, borerft eigentjäubig abfdjreiben, unb bann erft §at)bn jum @utad)ten borlegen. SE)iefe§ menig befannt geworbene SBerljältnife mirb burd) fotgenbe S£atfad)e bocumentirt. Slfö nämtid) ©djenf in ben erften Sunt* tagen gur gemotjnten ©tunbe fid) einftettte, fanb er ba§> $öglein ausgeflogen nad) Ungarn, auf 93efuct) gum dürften ©fterrjagt), bafür aber ein rjinter(affene§ SSriefdjen, metdjeS, bip(omatifct) genau bibimirt, atfo lautete: „Sieber ©djenf:! Sd) münfctjte nid)t, bafs icfj fdjon fjeute fort mürbe reifen, nad) ©ifenftabt. (Gerne fjätte id) nodj mit Sfynen gefbrocfjen. Unterbeffen redjnen ©ie auf meine ©anfbarfeit für bie mir erzeigten (Gefälligkeiten. 3dj merbe mid) beftreben, S§nen alles nad) meinen Gräften gutzumachen. 3cfj t)offe ©ie balb mieber 31t fefyen unb ba$ Vergnügen SfjreS Umgangs genießen gu fönnen. Seben ©ie mot)t unb bergeffen ©ie nicrjt gang St)ren Seetfjoben." 36) Sluffalten lann eS, bafc $erb. 9iie3 bon bem jmifdjen biefen beiben Scannern beftanbenen ^ertjättniffe feine Shtnbe gehabt, *) llnbejweifelt mufe bie§ 1793 feigen, benn nur hülfen, ba& !öeet= fionen erft im ©pätfierbft 1792 in SBMen angelangt ift, unb 3U ber lleber= geugung, ba\$ mit §arjbn nidü üormärtä ju fommen, mar benn bodj ein genüffer Zeitraum erforberlid). 36) Die Fassung dieses Briefchens ist bei Schindler die korrektere, als sie andere Editoren enthalten, und so ist sie auch in Beethovens Sämtlichen Briefen wiedergegeben (I, S. 12). A. d. H. — 64 — er rjtitte in feinen biograbf)ifd)en ^oti^en ü6er SBeettjoben fdjiuer* lief) umrjin geronnt, beffen §u ern)ät)nen. Sollten jur geit feinet Sßcrfe^rS mit 53eetf)oben — Don 1800 bi§ 1805 — jene ab* fonberlidjen Vorgänge fdjon bem ©ebädjtnifje be§ SMfterS ent= falten ferjn? ©ar nidjt unmarjrfd)einlid) bei feinem fdjmacfjen ©ebädjtniffe für alle» tjinter it)m Siegenbe. 9üe3 befd)rän!t fief) (Seite 86 auf bie jebenfallS bicante 9?otig fotgenben SBortfautö: „•Jparjbn tjatte gemünfdjt, bafj 23eetf)oben auf bem Xitel feiner erften SSerfe fetten möd)te: „„©cfjüler üon §abbn."" Söeetrjoben mollte Die§ nicfjt, rneil er ^uar, roie er fagte, einigen Unterridjt bei §at)bn genommen, aber nie et mag bon irjm gelernt fjabe." Sft ba§> nidjt §u biet gefagt? 3)arf man nicfjt für gettn|3 annehmen, bah 95eetr)oDen manchen foftbaren SJatt) au§ ^arjbn'S SJtunbe überfommen, locnn gteid)n?ot}l ber ftjftema* tifdje Unterrid)t fetjr mangelhaft? 0Hc§ fär)rt fort: „^fuefj bei Sllb redjtsberger rjatte SBeettjoben im ßontrabunete unb bei ©atieri über bramatifdje DJcuftf Unterridjt genommen, öd) f)abe fie alte gut gerannt; alle brei fdw^ten 23eetl)oben fef)r, maren aber audj einer SDceinung über fein Sernen. Seber fagte: öeettjoben feb immer fo etgenfinnig unb felbftmoltenb gemefen, bafj er 9ftandje3 burdj eigene tjarte (Srfarjrung \)töz lernen muffen, xotö er frütjer nie al3 ®egenftanb eines Unterridjt^ fyaht annehmen motten. 23efonber§ maren 9llbred)t§berger unb ©alieri biejer Meinung; bie trodeuen Regeln be§ ßrftern unb bie unmidjtigeren be3 Setjteren über bramatifdje Gombofitionen (nad) ber ehemaligen itatiänifdjen ©djule) tonnten JBeettyoben nidjt anfbredjen." SSir Ijörten fo eben Den bitter bon ©etjfrieb bemerken, bafj SSeettjoben lernbegierig gemefen, \va§> boefj nur auf bie 2lu3fage ©djenf's? fid) grünben fann. 9Bar bem toirrtidj fo, unb toer möchte baran jtoeifeln? fo liegen ©rünbe genug bor, bie Seljrjarjre unferä ©rojjmeifterä ai§> bon argem SJiifjgefdjid ber* folgt betrachten gu muffen; benn lein grö'fjereS 9ftif3gefd)id für ben begabten unb lernbegierigen ^unftjünger, abä burefj bie — 65 — ^pänbe berfdjiebener 2e§rer ju gefeit, sumat raenn bereit ®unft= princibien unb Sftetfjoben bon einattber abmeidjen, (toa§ in ber Üieget ber $all,) unb roenn ber jünger fetber fdjon über 8el)r= fä|e unb Sefjrmetfjobe, bielleidjt nad) borgefafeten 2(nftd)ten, Äritif 5U üben berftef)t. ön fotdj' beflagen^tuerttjer Sage befanb fidj 33eetf)oben. Sn ber ©eburt§ftabt fanben mir guerft feinen s#ater, bann Pfeiffer, bau ber ©ber37) unb 9?eefe an ber garten ^flanje metfjobifd), biefteidjt aud) nicfjt ntettjobifct), bifben, in 3öien aber §at;bn unb ©djenf gleichzeitig, bann ?r(6redjt§6erger; ben SSater etoa aufgenommen, finben mir fomit nidjt weniger benn fect)§ Sefjrer ifjn in ben 5htnft=2£iffenfd)aften f)in unb §er Serren. Stiele Äödje üerfalgen bie ©ubbe. Söenn ber SSerfaffer in fbäteren Sauren 93eett)obeu ändern gehört, bafj 90?ogart'§ @enie t)auptfäd)tid) burd) ben einheitlichen llnterridjt feinet ^ater§ §u fo t)of)er 9(u§bilbung getaugt ift, fo liegt un3 in biefer Steigerung bie ungmeibeutigfte ^ritif feinet eigenen ©d)ut~ gangeä bor 9tugen.3S) — Sßeiter unten ttrirb e§ SSeranlaffung geben, nod)mat§ auf biefeö Sßnnftnm gurüd^ufommen. (£§ fet) nun geftattet, bie STnmerfungen über ben menig erfreutidjen Sefjrgang unferS SReifterS burd) ?Iufseid)nung etncS SBorfaffeS gmifdjen it)m unb feinem ehemaligen fjeimtidjen $üf)rer ©d)enf gu fdjtiefjen. häufiger 2öot)nung$roed)fel jhrifdjen ©tabt unb Sanb, wie aud) gurüdge^ogeneö Seben allenthalben, maren ©runb, bafi unfer SO^etfter oft Saljre fjinburd) biete feiner näheren öefannten nict)t gefefjen, obfdjon felbe mit it)tn sugleidj in ben 9üng= mauern ber auSgebetjnten laiferftabt lebten. §aben fie ftdj nidjt jumeilen bon felber bei if)tn angelünbigt unb iljn bon ifjren Sebenöberljältniffen unterrichtet, ober f)at fie nid)t ber 3ufall mit if)m sufammengefütjrt, fo eyiftirten fie laum meljr 37) = Van den Eeden. A. d. H. 38) Doch vergißt Beethoven nicht, das charakteristische Wort hinzuzufügen: „Aber ich hatte Talent." Und das bleibt die Hauptsache. A. d. H. SC. ©djtnblctt" SBeetfjoöcn^SSlogviUjTjie. 5 — 66 — in feiner Erinnerung. Es mar in ber ^cü^Iittg^eU uon 1824, als Seettjoüen eines Jages in meiner Begleitung über ben (Graben*) ging unb Sdjenf uns begegnete. 23eetb,oüen außer ftd) bor $reube, biefen alten greunb lieber gu fet)en, uon bem er feit Sauren nichts gehört, ergriff feine £>anb unb §og it)n in bas natje gelegene (Gaftb/uis „ßum -Sägerrjorn" unb groar in bas fjinterfte Zimmer, bas am gellen Xage erfeucfjtet toerben mußte. Um ungeftört ju bleiben fcfjtoB er bie 21)üre ab. 9hm begann er alle galten feines £erjens §u öffnen. Sftad)* bem öorab Silagen über 9JciBgefd)ide unb erlebte llngtütfsfälte mitgeteilt unb commentirt mareu, famen aud) bic Vorfälle aus ben Salven 1793 — 94 in Erinnerung, barüber SBeetljoüen in ein fdjatienbes Sachen ausbrad), ba^ fie beibe ben SBater §at)bn fo Untergängen unb biefer immerhin nidjts gemerft rjabe. Xiefe Scene gab (Gelegenheit, bau id) oon bem feltfamen SBerfjältniB, bas ^mifdjen beiben Männern beftanben. ,$um er= ften 9)cat fpredjen gehört, ©er in jenem Momente auf bem ©ipfetpunft feiner Straft ftebjenbe Beettjouen überhäufte ben befdjeibenen, nur oom Ertrage feiner Sectionen lebenben Eom* poniften bes „Xorfbarbier's", ferner nod) ber großen Cper „?(d)met unb 5(Iman5ine" unb mehrerer Singfpiele, mit lau- teftem Xanfe für feine irjm in feinen Serjrjafjren bemiefene Xb,eitnab,me unb freunbfdjaftlidje Eingebung. £er ?lbfd)ieb ^mifdien Reiben nad) jener benfmürbigen Stunbe mar rüfjrenb, als follte er für's ganje Seben gelten, unb mirflid) — $eet= tjooen unb Sdjenf tjaben ftd) feit jenem Sage niemals mieber geferjen. 3Btr uäljern uns nunmebr einem Kapitel in Seetljooen's i'eben, bas rjinficfjtlid) ber Xarftetlung, menn nicfjt 511 ben fdjroierigften, fo bodj 51t ben belifateften jäf)lt, es betrifft feine mandjerlci &ie6esoer Ijä Itnif f e. 2ßer rjättc nod) oor 20 Satjren aljnen föunen, baß biefes Äapitel einftens einen *) Gin iMa£. — 67 — grofjen £f)eil ber mufifü(ifd)en 253eft eben fo fefjr befdjäftigen werbe, rote be§ StteifterS Xonroerfe. Unb fo ift e§. ©er ^5er= faffer glaubte in bm früheren ausgaben genug getrjan gu fjaben, roenn er biefen ©egenftanb, auf ©ocumente geftütir, in ge= brängter ^ürje jur Spradje bringe, aud) glaubte er bemfelben feine größere 2ßid)tigteit beimeffen $u folten, at§ mandjer anberen, nidjt grabe unintereffanten (Spifobe, — einen einzigen gatl aufgenommen, ber tiefer in SBeetljooen'S Seben unb Soeben eingebrungen ift. ®an§ anberer 2lnfid)t mar bie fd)riftftellerifdje SBelt. Sfyr mar ba$ barüber ÜDätgetljeitte biet ju menig, aud) 51t gemörjnticrj, barum fie für gut fanb, ba§> $actifd)e auf ba$ ©ebiet be3 SRomantifdjen fnnüßer 51t fpieten unb fomit ben tiefernften %on* bidjter in bie Kategorie f)er5= unb gerjirnfranfer 9iomanf)e(ben §u berfetjen. 2)enn ber üWuftfer, in beffen Sßerfen fo (£jcen= trifdje§, oft einige Sßodjen in ber Söreuning'fcrjen gamilie 51t $onn ^ugebradjt fjatte, al§ S3eett)oüen7<§ erfte Siebe, darauf folgte bie liebeboltfte Zuneigung §u einem fdjonen unb artigen gräulein bon 2B., bon melcfjer 2öertb,er=Siebe 23ernf)arb 9tomberg mir bor brei Sauren uod) Slnecboten erjä^tte." 2)iefe 3)ame mar Sugenbfreunbiu bon ber oben genannten ©crjüterin 53eeti)oben'3, greif rau bon Seberbörbe, bie fiel) 1834 ju fünfter mit 23ernb,arb 9iomberg, in meinem Seifetjn, biefer Sie6e3angetegenl)eit erinnert Ejat. Slnfdjltefeenb an borftetjenbe Säjje in 2Segeter'<3 9^oti§en bemerft biefer ®emät)r§mann: „2)iefe Siebfdjaften fielen jebocfj in ba§> UebergangSalter unb hinterließen eben fo menig tiefe ©inbrüde, al§ fie bereu bei ben ©cfjönen ermedt Ratten. — 3n SBien mar 23eetf)oben, menigftenö fo lange icb, ba lebte*), immer in Siebeöbertjältniffen unb trotte mitunter Eroberungen gemadjt, bie mandjem ?(boni3, mo nid)t unmögtid), bod) fet)r fdnoer gemorben mären." *) Dr. SSegeler öenueilte in SBien, Stubien Ijafber auf ber Slinif, toom ga^re 1794 fci§ 1796. — 69 — SBernerjmen roir nun, roaö 33eetfjoben felber unterm 16. ÜKobember 1801 — in faft botfenbetem 31. SebenSjafjr — über biefen ^unct feinem cobtenjer $reunbe fdjreibt: „(StroaS angenehmer lebe id) jetjt roieber, inbem id) micf) merjr unter 9ttenfd)en gemadjt. ®u fannft e§ faum glauben, roie öbe, roie traurig id) mein Seben feit jroei Sauren §ugebrad)t; roie ein ©efpenft ift mir mein fdjroadjeö ©et)ör überall erfdjienen, uub id) ftorj bie Sttenfcrjen, mufcte äftifantrob fdjeinen unb btn'3 bod) fo roenig. — 2)iefe Sßeränberung f)at ein liebeS, jauberifcrje^ SDcäbdjen fjerborgebracfjt, ba§ mid) liebt, unb ba§ id) liebe; eS finb feit groei Safjren roieber einige fetige 5Iugenb(ide, unb e§ ift ba§> erfte 9J?a(, bafc id) füt)(e, ba$ fjeiratrjen gtütftid) madjen fönnte; (eiber ift fie nidjt bon meinem ©tanbe, — unb jetjt — fönnte idj nun frei(id) nicfjt Fjeiratfjen; — icfj mufj mid) nun nod) mader rjerumtummetn." ÜESeiter im ßonterj: biefeä 53riefe§ ftofjen mir auf folgenbe ©teile: „ffix ein füllet Seben, nein, id) fürjl'3, id) bin nid)t metjr bafür gemacfjt." 2Sift baZ nidjt etma fagen, ba$ er fdron in jenen Satjren ben Borfatj gefaxt, äße §eiratrj§bläne aufzugeben? Sn ber fofgenben Sßeriobe mirb Sßerantaffung fetjn bermittelft auttjertttfcf)er Q3eroeife biefem garten ^uncte närjer zu !ommen. Vorläufig fet) bto3 bemerft, bajj biefeS „^auberif^eäJMbdjen", ba$ in bem berftörten Sfteifter „biefe SBeränberung", biefe „fetigen Slugenbtide" fjerborgebradjt, baffetbe ift, burd) ba3 irjm balb barauf fcfjroereS £>erze(eib ber= urfadjt morben39). üftadj biefem Sßorgefcrjmade bon Siebeä^reuben unb Seiben unfer§ 9fteifter3 betreten mir roieber ba3 ©ebiet ber Xonfunft, um bie Singe barauf nad) ben berfcfjiebenen Beziehungen zu feinem Seben unb SBirfen roeiter zu berfotgen. 39) Diese Briefstellen aus Beethovens Briefen an Dr. Wegeier, worin das „zauberische Mädchen" vorkommt, siehe Beethovens Sämt- liche Briefe No. 38 im ersten Bande; dann den Brief an Gräfin Giulietta Guicciardi mit den weiteren Erklärungen No. 4b, I. Band. A. d. H. — 70 — Sieben bem im £aufe be<§ ^reibjerrn ban ©mieten mit Dratorien=$tfufif befrfjäfttgten herein beftanb fdjort bei Sfnrunft S3eet()ouen'i3 in 28ien im §aufe be§ dürften Garl Sid)nom§ft) ein fteinerer, aber au§ertt>ä{jltei ÄreiS öon Äün[t(ern nnb Äunft* freunben, ber bk ©utttmruttg ber Stammer=9)?ufif; fid) gur 3(ufga6e geftellt. ®§ läßt fid) benfett, hak bem Sfnfömmiing „au§ bem 9teidj" aud) in biefem Greife al3ba(b eine 9?olfe §uget^ei(t morben. Unter ben barin ftitnmfüljrenben föhtftlent ragten befonberS Ijerbor: ber SBtolinift Sgna^ Scrjuppanaigt)*), ber SBratfcfjift ^ranj Sßeifj**), nnb bie beiben SSiotoncelliften Stnton traft***) nnb beffen ©oim Nicola u§ traft.****) SHefe brei erftgenannten tünftler ftefjeit mit bem ßntmid(ung§- gange Q3eetf)ouett'3, überhaupt mit einem großen Xlrjett feiner (£d)öpfungen in enger Jsföedjfeinnrfung, ba^er djrer nod) öftere ^u gebenfen ferjit mirb. Sttbeffeit foE nur bemerft werben, bafe biefer herein practifcfj=gefd)utter SOhtfifer e§ mar, bem ber auf* ftrebenbe (Sompomft bie äroedmäftige SBeljanbfung ber ©tretet)* Snftrumente 5U banfen gehabt. Hufjer biefen ftnb nod) §u nennen: Sofept) grieblomöftif), ber unferm S[T?et[ter bie ftenntniB be3 6(arinett=9J?ed)ani^muö gelehrt, nnb ber berühmte £>ornift Sofjann Söenset ©tid)ff), (ber fid) italienifd) @iooanni Sßunto genannt) bem 53eett)Oüen bie Äenntnifj be§ §ornfa^e§ üerbanft, üon ber er bereite in ber (Sonate mit £orn, Cp. 17, einen ectatanten öeireis gegeben. Sni $föten*9Wedt)ani§mit§, in beffen (Eonftmirung fo niete 93eränbernngert in ben erften Sarjrgerjnben be3 3aljrrjunbert§ üorgegattgett, blieb (£art ©djotlfff) 93eetf)00ett'§ beftättbiger Snftructor. 2)ie jetjige Generation ber ßomponiften erfterjt au§ $or= ftetjenbem, auf metdjem Sßege bie Äomponiften ber früheren Gpodje, tueldje oon ber Shtnftgefdjidjte bie „ctaffifdje" genannt mirb, bie tentunifj be3 naturgemäßen ®ebraud)e3 alter Sn= *) @eb. 1776, f 1830. **) ©eb. 1778, f 1826. ***) ©eb. 1751, f 1820. ****) ©eb. 1778, f 1853. t) ©eb. 1775. ff) ©eb. 1775. ftt) ®eb. 1778. — 71 — ftrumente ü&erfommen rjat, nämlid) auf bem ber münblidjen Uebertieferung, ben man ben practifd)=empirifd)en nennt. £>ie§ mar ber SSeg, auf bem bie fogenannte „Äunft gu inftru* mentiren", baZ ®unft=£anbmerf überhaupt, mol)l gmet 3arjr= fjunberte tjinburd) gelehrt morben, mie e§ in allen anbern fdjönen fünften ber galt geroefen, unb bi§ 3U biefem £age nod) ift. (Sollte bie $rage entfielen, metdjer 2Beg raorjt gur (Srreidjung fotdjer ®unftgefcfjidlidjteit ber fixere unb groed- mäßigere fet), ber frühere practifd)=empirifd)e, ober ber nunmehr eingefcfjtagene üermittelft gebrudter SDxettjoben, raetdje fiel) bis gu fctaOifdjer ÜJcacrjarjmung gegebener SQcufterbeifpiete, fomit bi§ gur ©djablone, oerftiegen fjaben, um bie ©rfinbung^gabe be§ $unftjünger§ im ®eime fcfjon, tuenn nict)t gang gu tobten, fo bod) fidler unb gemifj nidjt gu fräftigen, Oielmerjr träge gu madjen; mir raieberrjoten, foHte eine berartige $rage geftettt merben, fo entfdjeiben mir un3 unbebingt für ben 2Beg, ben unfere 9llttiorbern gegangen, meit er im analogen Sßerfjättnifj ^u bem in anbern fünften ftefyt, oor allem, meit er ben Slunft- jünger gum ©etbftbenf'en aufforbert unb ifjm bie ©adje nidjt fo teid)t madjt, al§ e3 bermittelft ber beftet)enben 9ttetf)oben gefdjierjt. 2)afj jener SSeg notrjtoenbig ein gebet)nterer ferjn muffe, alz ber moberne, madjt it)n aud) nodj öorgugterjen, meit bem Sernenben gu naturgemäßer (Sntroidlung aller inteüectueflen Gräfte 3eit gelaffcn unb feinertei ©prünge getljan merben fönnen. SBürbe man auf bem Söege ber 5lttüorbern geblieben fetm, auf meinem fo oiete Stünftter bie f)öd)fte (Spitze ber £on= fünft erreicht fjaben, unfere $eit f)ätte ber in garter Sugenb fdjon öerfrüptielten ©infonie- unb £)pera*(Sompomften meuiger aufgumeifen. Wlati) biefer moi)t bergetrjltcfjen SRanbgtoffe mieber gum Xejte gurüdfefjrenb glaube id) gunäcfjft auf ben llmftanb fjtngeigen gu f ollen, mie menig ba% Seben§alter ber namhaft gemalten ^ünftter in ber SOcerjrgarjl tion $eetf)ot>en'3 Stttcr bifferirte, ferner auf ba§ gactifdje, mie biefetben, öornetjmlid) ber Slreiö — 72 — bei Sidjnotoöft), bie ©eneftS ber „33eetf)oöeit=(£poc^e" 31t aller* nädjft Vorbereiten geholfen unb bei faft allen in beffen erfte Sebenäperiobe (audj irjettertjin nod>) faüenben (Sr^eugniffen ^Pattjenftetle üertreten fjabett. @§ läfct ftd) benfen, meiere 5ln* regung unfer Hfteifter in biefem Greife erhalten, aud) baf^ er Sßinfe unb 9f?att)fct)täge in tf)etf§ biretter, tljeüä inbirefter 23e* ^ietjung auf feine Schöpfungen, bie großenteils bei £id)nomgfl) jum erften 9J?al §u ©efjör gebrad)t loorben, fid) gu üftutien gemadjt. 3ßir merben ifyn felber uon feinen gortfdjiitteit tyredjen f)ören, menn and) auSbrüdlid) nur in S8e§iet)ung auf i>a$ Streidiquartett. Slber grabe ber Suftitotrung biefer Stunft* gattung in jenem Streife, unb gleichzeitig in einem aubern, oon bem fogteid) bie 9?ebe fein mirb, t)atte Seetfyouen eine grofje ©umme nü§lid)er (Erfahrungen für ba§> gefammte Snftrumentat* Sereid) gu berbanfen. Dljne fotd)e Sdjute unb fotdje Anregung gu Setbfiuerfudjen märe er öießeidjt nod) lange nidjt an'§ Cuartett, nod) meniger an bie (Sinfonie gefemmen, inbem in beiben ©attungen, mie befannt, bie ©poetje burdj §at)bn unb SDZogart uotlftänbig betjerrfdjt mürbe, barum jeber 3tnbere a(£ unberufener (Einbringung gurüdgemiefen morben märe, ^»abm bod) bie erften Quartette 35eett)oOen'§ junädjft au§ biefem ©runbe, fogar in feinem Greife, feiner günftigen Sfufnafyme fid) gu erfreuen gehabt. (£3 ift nun am Drte, einen anbern 5tunft=S0cäcen ein* gufüfjren, ber nid)t btoS auf ben Äunftgefdmiad in ber öftreid)if d)en ^auotftabt, uietmefjr auf ben (SntmidluugSgang ber auf §aöbn unb Sftogart gefolgten (Epocfje förbernben (Einfluß geübt f)at 63 ift ©raf Ütafumomsft)*), meljr benn gmei Sa^e^enbe tjinburd) ruffifdjer ©efanbter am miener §ofe, — mieberum ein 9?ame bleibenben SInbenfenS mertt). ©raf 9iafumom§tt), gleichfalls auSübenber ätfufifer, unb, um it)n mit einem SSorte treffenb $u femiäeidjnen, ber ^aupt= *) Sit ber brüten ^eriobe roerben nrir i§n in ben gürftenftanb er^ fjoben fernen. — 73 — träger ber £rabitionen in §at)bn'§ Snftrumental^Jhtfif, oer* fammette abloedjfetnb mit $ürft ßicr)notD§ft) oben genannte Sfrinftfer aud) in feinem SßaÖafte p Sdröfüljrung öon Quartett* SQJufif, morin er felber bie gmeite Biotine übernommen fyatte. 93a(b aber fam er 51t anberen (Sntfdjtieftungen, burdj bie feinem Greife eine f)öf)ere Äunftbeöeutung gegeben merben foltte; er engagirte nämücf} ein feftftetjenbeö Quartett mit Ieben3(änglid)en (Sontracten. 3)ie§ ba§ erfte unb einzige 23eifpie( in Qeftreid). 9cid)t, baJ3 nid)t anbere reidje ^unftfreunbe tiefem SSeifpiefe in @rrid)tung eineä feftftefjenben Quartette in i^rem §aufe gefolgt wären, bereu gab eS halb mehrere, aber feiner t)at e§ bem ruffifdjen üDcäcen g(eid)getf>an, bie engagirten ^ünftter mit einer ^ßenfton bi<8 an iljr Sebenäenbe ju bebenfen. £)iefe§ 9ftufter=Quartett mar gebitbet au§ btn föünfdern: in mefjrfadjer £unftd)t fet)r *) ©eb. 1778, nerffovben in Boulogne sur mer ben 2. Dctober 1857. **) ©eb. 1783, f 1837. 40) Die ausübenden Künstler werden trotz Wegeier und Schindler von den Biographen Beethovens verschieden angegeben. Das hängt mit dem Umstände zusammen, daß die Quartettvorträge beim Grafen Rasouniowsky mit denen schon früher beim Fürsten Lichnowsky ein- geführten abwechselten, so daß die Künstler des Lichnowskyschen und die des Rasoumowskyschen Quartetts durcheinander geworfen werden, wie ich es schon beim Neudruck „Wegeier" hervorgehoben habe. Die Verwirrung ward nicht geringer, als einige dieser Künstler auch im Hausorchester des Fürsten von Lobkowitz mitwirkten. Beim Lich- nowsky-Quartett nennt A. W. Thayer (I, 278) als 2ten Violinisten Louis Sina statt Weiß. — Trotz der hier bei Schindler aufgeführten peremtorischen Namen des Rasoumowskyschen Quartetts ergaben Thayers neuere eigene Untersuchungen dennoch ein anderes Resultat. — Der Name Sina, der später in Paris so eifrig für die Einführung Beethovenscher Musik tätig war, fällt bei Thayer fast ganz aus. Er — 74 — $u bebauern ift, ba jur SBeurtfjeUitng äljntidjer ^probuctionen foioofyt in öejug auf Wuffaffung ber clafftfdjen Söerfe nne aud) ifjrer Sarfteüung ber autt)entifd)e SCtfa&ftab geboten morbett töäre, ber utiferm ß^atter leiber mangelt. 2Sir f)örten ben ©rafen 9xafumoro§ft) foeben ben §auöt= träger ber Ambitionen in £at)bn'3 Cuartett=9Jcuftf nennen; raie erfiärt fid) ba§? ©ang einf ad): £at)bn t)atte nämtid) an biefem Siunftfreunbe jenen feinen «Sinn $u richtiger Srfaffung Dieter nict)t auf ber Dberf(äd)e ttegenben unb burd) üblictje 3eid)en aufgebrühten (£igentt)üm(id)feiteu in feinen Quartetten unb (Sinfonien eutbedt, ber Ruberen abgegangen ift, barum er e§ unternommen, ben ©rafen junäc^ft mit biefen Verborgenen Intentionen oertraut ju nrndjen, burd) ben fie erft auf bie ?(u3ft)'fd)e Ouartett marb gleichzeitig SBeetfjoüen'ä Ouartett, fo gtuar, a(3 tjabe e§ ber t)of)e erklärt, daß neben dem Grafen Rasoumowsky, der gewöhnlich selbst die II. Violine übernahm, wohl Mayseder hie und da eingesprungen sein wird (III, 48). Immerhin gilt auch hier das non liquet. Jedenfalls aber haben wir ein festes Zeugnis, daß das spätere Schuppanzighsche Streichquartett außer Sina die anderen Künstler des Rasoumowskyschen Streichquartetts in sich barg. Den zweiten Violinpart spielte auch nicht selten des Meisters jugendlicher Freund Karl Holz. (Vgl. das Promemoria an das Schuppanzighsche Quartett aus späterer Zeit 1825, Beethovens Sämtliche Briefe No. 1059, V. Band.) A. d. H. — 75 — (Bonner nur 511 beffen SDienfte engagirt; e§ rcarb iljm gu un= eingefdjränfter ®i3pofition gebellt. lieber bie 2lrt unb Söeife, tute ber fyodjftrebenbe Sttnfifer biefe ©etegenfyeit eben fotoo^t 51t eigener gortbitbung, tüte aud) 511 Offenbarung ber in feinen £onmerfen oerborgen liegenben Intentionen benutzt, wollen mir Sgnag üon ©etifrieb fpredjen tlören. Sn bem biograpfyifdjen 5tbrife öon ©djuppanjigf) im Uniöerfal=£erkon ber Stonfunft brüdt er fid) barüber in folgenben (Säijen au§: „2Bie befannt, mar Söeet^ooen im fürft= lief) $Rafumom3ft)'fd)en £aufe fo $u fagen ipaljn im ®orbe; Me§ toa§ er componirte, mürbe bort brüfjmarm au§ ber Pfanne burd)probirt unb nad) eigener Angabe tjaarfdjarf, genau, mie er e§ ebenfo, unb fdjted)terbing§ n t et) t anberä fjabenmollte, ausgeführt, mit einem QHfer, mit Siebe, $o(gfam= feit nnb einer ^ietät, bie nur fold) glü^enben 93eret)rern feineö erhabenen ©eniu§ entftammen fonnte, unb einzig bto§ burd) baZ tieffte ©inbringen in bie gefyeimften Intentionen, burd) ba% ootltommenfte ©rfaffen ber geiftigen Xenbenj gelangten jene Quartettiften im Vortrage S3eetr;ot»en'fcr)er £on= bidjtungen gu jener unioerfeüen 23erüljmtt)eit, morüber in ber ganzen ^unftmelt nur eine (Stimme fjerrfdjte."*) SDiefe bebeutung3t>oHen SSorte ©etifriebä, be3 mitfjörenben ßeitgenoffen jener auf$erorbenttid)en ^unftteiftungen, fönnen mie eine (eljrreidje SDcaljnung an unfer mufifa(ifdje<§ 3e^a^er/ tiid^t b(o§ in fpecieEer SSegtetjung auf 23eett)ouen'fd)e Xonbidjtungen, fonbern auf bie gefammte fjinter un§ (iegenbe ©podje, be= *) 3m fiebenten $ab>gang (1805) ber Seips. «Kuf. £tg. finbet fid} ©eite 534 folgenbe Sljaracteriftif uon ©djuppansigb/S ©piel: „Sdjuppanjigl) tuetfe bei feinem öortrefflidjen Guartetten=23oitrage in ben ©eift ber ßom= pofitionen genau einjubringen, unb ba§ feurige, kräftige, aber aud) feinere, garte, £mmorifiifd)e, Sieblidje, Sänbelnbe, fo bejeidjnenb ^erau^u^eben, bajj bie erfie Biotine faum beffer befe£t ferm fönnte." — 2)arau§ ift fdjtm ju ermeffen, toai weiterhin bei größerer Steife Don iljm unb feinen s^er= bünbeten geleiftet tuorben. — 76 — traditet merben. 5(üein fte »erben unmirffam behauen, tneit bereits jebe trabitioneüe ©pur ftd) t>ern>ifcf)tf überhaupt ba$ ber ctaffifcfjen 53?u[tf im allgemeinen innemofynenbe geiftige SSefen ber (ebenben ©eneration faft ganj abfjanben gefommen tft unb man in ber (Sorrectfjeit be§ mcdjanifdjen 9?eprobuciren§ aüe§> @rforbertid)e finben mitt. 9hm werbe bod) ein 23(id auf bie öconomifcrjen SSer* (jättnijfe unferä gelben geroorfen, bie un§ fernerhin nod) meljrfad) befdjäftigen merben, mit benen fid) bie 28e(t bereite biet unb meit au3einanber geljenb befdjäftigt b,at. SSir roiffen burd) Q3eetf)oüen felber, ba$ $ürft £id)nott>3ft) iljm ein Saljrgeljatt t>on fed)3()unbert ©ulben*) au§getrorfen f)atte, bis er eine paffenbe 2(nfieüung finben merbe. 5fnfc^(iefeenb an biefe 9?ad)rid)t oom 29. Suni 1800 an SSegeter fdjreibt 23eetijoüen meiter: „teilte (Sompofitionen tragen mir üiel ein, unb id) lann fagen, baß id) me^r S3efteIIungen Ijabe, ai§> faft mögüdj ift, bafj id) beliebigen fann. 9(ud) Ijabe id) auf jebe ©adje fecfj§, fieben Verleger, unb nod) mefjr, menn id) mir'3 angelegen feljn (äffen nnH; man accorbirt nicf)t met)r mit mir, id) forbere unb man gatjtt."41) — Um einen $8orbegriff non ben bamaligen Honoraren %u ermatten, bie er geforbert, bient unö ttneber fein eigener Sörief uom 15. Januar 1801 an ben üDfuftfoerteger £>ofmeiftcr in Seidig.**) 23cetljoüen forbert barin für ba§ ©eptett, Op. 20, jtüansig ©ucaten (10 SouiSb'or), für bie erfte Sinfonie ätoanjig Silicaten, für ba§ ^meite (£taOier= Goncert jetjn Silicaten unb für bie große «Sonate, Op. 22, gmangig Silicaten; — für jene $eit öett)iB fyofye Honorare. 33eiget)enb bürfen einige SBorte oon Tegeler über 58eetr)Ouen'3 *) (Sine Summe, bie ljeutjutage in 8roIge ber 6e)tel)enben SSaluta beinahe auf« doppelte anjufcfilagen ift. **) Slbgebrucft in 9?ro. 19 ber «Reuen 3eitfc^rift für Wutf, 1837. *2) 41) Beethovens Sämtliche Briefe No. 36, I. Band. A. d. H. 42) Siehe den charakteristischen Brief No. 40, 1. Band in Beethovens Sämtlichen Briefen. A. d. H. — 77 — öconomifdje Talente, tote er fie bamabS fdjon befunbete, nid)t festen; fie bienen als §auötfd)tüffe( gu feinen fpäteren öconomifdjen 3uftänben, audj jur (£rfct)tie^ung tiieter 2Siber= fprüdje in 2Sort unb SHjat, tt)ie fie un§ im Verlauf feiner £eben§gefd)id)te begegnen merben. SBegeter füt)rt ©. 33 43) an: „SeettjoOen, unter t)öd)ft befdjräntten Umftänben erlogen unb immer g(eid)fam unter Sßormunbfdjaft, menn and) nur jener feiner $reunbe, gehalten, fannte nict)t ben Söertt) be3 ©elbe§ unb mar babei nidjtgs meniger ab§ öconomifd). ©o mar, um nur @tnige§ anjufü^ren, bie Qdt 3um SOxHttageffen bei beut dürften (Sidjnom^ftj) auf 4 lUjr feftgefettf. „„Statt fott id), fagte 23eetf)oOen, täglid) um Ijatb 4 ttf)r gu §aufe fenn, mid) etma§ beffer angießen, für ben S3art forgen, u. f. m. £)a§ fjalt' id) nidjt au§!"" en ausgesogen.44) 43) Neudruck S. 43. A. A. H. 44) Homer Odyssee XVII, 322 f. ijfiiov yctQ x agETrjs anoaivvrai evsjvorca Zeve, uveooz, evr äv uir y.aja dovhtor rtuao e\t\oiv. A. d. H. — 78 — nadjtljeüig beffeu folgen nid)t MoS auf bie Snbtötbualität be§ SDieifterS nadj jeglicher Seite, aber audj auf bie in feiner üftätje Sebenben, eingeunrt't rjatte, finb beibe biefe $actoren flippen gefät)rlid)er 9frt, Uteber -ju erklimmen, nodj 51t umgeben. üftur ©otdje, bie au<§ meiter $erne mit bem SuBuS ^ur §an0 felbe ^u befdjreiben unternehmen, !ommen gut babei meg. Oben bereite fjaben mir oorübergcrjenb ber Snuiptome er* märjnt, bie unferm Sttfeifier fd)on bamatS große SBeforgnijj f)in= fidjttid) feinet ©etjörjuftanbeS eingeflößt Ratten. (53 roirb gur ©teile notljroenbig, biefeS Punctum saliens nätjer lernten 5U lernen. £)ie3U üertjifft un3 tuieberum 53eetf)oüen'3 merjrmal<3 fdjon angebogener 23rief an SSegeler46) au3 bem Safjre 1800. 9?adjbem er bort bie ßufriebenrjcit mit feiner öconomifcrjett Sage au3gefprodjen, fäfjrt er fort: „Sfhtt f)ct ber neibifdje Dämon, meine fdjltntme ©efunbfjeir, mir einen fdjledjten Stein in'3 93rett geworfen, nämltdj: mein ©eljör ift feit brei Sauren immer fcfjrrjäcfjer geworben unb ju biefem ©ebredjen fotl mein Unter« leib, ber fd)on bamafö, tute bu weißt, elenb mar, fjier aber fid) uerfdjlimmert f)at, inbem id) beftänbig mit einem Durdjfatl be= tjaftet bin, unb mit einer baburd) außerorbentticfjen Sdnnädje, bie erfte $eran(affung gegeben rjaben." ferner berichtet er, weldie SOcittel bie Siebte 3ra^ "1° Gering gegen biefe3 liebet angeroanbt, allein ftet§ oergebtid). Sann äußert er lueiter: ,,3d) fann fagen, id) bringe mein &dm\ elenb 511, feit ^mei 3at)ren faft meibe id) alte ©efellfd)aften, weit'3 mir ttidjt mögtid) ift ben Seuten 51t fagen: id) bin taub. Jpätte id) irgenb ein anbereä gact), fo gings noct) eijer, aber in meinem gacfje ift ba$ ein fd)redlid)er 3«ftano; oaoei meine $einbe, bereu 3a^ nic^t geringe ift, was mürben biefe fjie^u fagen! — Um Dir einen begriff Oon biefer nmnberbaren Saubfjeit 51t geben, fo fage id) Dir, baf? id) micr) im Sttjeater gan^ bid)t am Drdjefter anlehnen muß, um ben Sdjaufpiefer 51t oerfterjen. Die f)or)en Jone oon 4ö) B. S. Br. No. 36, 1. Band; cf. auch den Brief No. 35 an Amenda. A. d. H. — 79 — Snftrumenten, ©ingftimmen, roenn id) ettoa§ tocit rueg bin, fjörc id) nidjt; im ©predjen ift e§ §u bertounbern, bafs et an*); mar id) ntdit immer ein [iedjer 9)cenfdj? Steine förpertidje ®raft nimmt feit einiger 3e^ metjr afö jemals 51t unb fo meine ©eifteSfräfte. ^eben STag gelange id) metjr 311 bem $\t{, roa§ id) füt)(e, aber nicrjt be= frf)reiben fann. 9hir tjierin fann ©ein Seettjonen leben. 9?id)t£ uon Dhtfye! — id) roeifj bon feiner anbern, ab! bem ©djlaf, unb mefye genug tfyut mirä, baft id) ifjm je£t mef)r fdjenfen mu|3, als fonft. ü)cur fyalbe Befreiung oon meinem Hebel, unb bann — al§ nottenbeter, reifer Sttann fomme id) 51t eud), erneuere bie alten greunbfdjaftSgefütjle." u. f. tu.46) £>em 9lbfd)luffe ber erften Sßeriobe fid) nä^ernb foH nodj Don einer Slunftreife Reibung gemadjt merben, bie Söeettjoneu gegen (Snbe biefeS SebenSabfdjnitteS nad) bem beutfdjen Sorben unternommen, batjin ibjm bereits ein guter 9ftuf borangegangen mar. ®i befud)te $rag, Seipjig unb Berlin unb Ijat burd) fein Glabierfpiel, gang befonberS burd) feine geiftboüen Smprobifationen, ^fjeitnarjme unb 2(uffel)en erregt, ©afc biefer SluSflug in ba§> Saljr 1796 fällt, (roaf)rfd)ein{id) &ur ^erbft^eit,) barüber merben mir meiter unten burd) Seettjooen felber bergemiffert. 2)em ?lufentf)alte in ^ßreufcenS §auptftabt berbanfte er audj bie (Sr= laubnift, bem 9)?ufit liebenben unb felbft auSübenben Könige, ^riebrid) SBilfjelm IL, feine beiben «Sonaten mit Söioloncett, Op. 5, mibmen 311 bürfen. S)afe biefe erfte Äunftreife aber gu= gleid) bie le^te gemefen, bürfte rooljl be§ ?tnmerfen§ mertlj ferjn, fo aud) nod), bafs ficf) in 33eerl)oben'3 (Erinnerung faft alle ßr* tebniffe auf biefer Sieife unb fonftige ©inbrüde bermifcfjt Ratten, *) G§ ift jener Moment, in bem \vxx unfern Xonbidjter weiter oben »ort einem „lieben, jauberifcrjen 9JMbd)en" unb „einigen feiigen 91ugen= blicfen" fpiechen gehört. 46) B. S. Br. No. 38, I. Band. A. d. H. — 81 — baüon er im Safyre 1822 bem Ijte. I. #ur ß^arnftcriftif be§ mujtfaltfifjen äßicnö ju $(u*gang bes adjtgeljnteii unb 31t Slnfang be§ neunzehnten 3al)rf)unbert$. 53i3t)er 6ebad)t, ben SebenSgang SBeetljcmen'S in feinen nerfdjiebenen Regierungen unb SSerljättniffen 51t einzelnen feilen ber mufiralifdjen ©efellfdjaft in ber oftreidjifdjcu Saiferftabt gu fdjtlbern, motten mir e§ am Sdjdtffe tiefer Sßeriobe »et* fudjen, ein möglidjft getreues ?tbbitb biefer ©ejellfdjaft im (Großen unb ©angen aufjubelten. öS ift bieS ein notfjioenbige» ©efdjäft, med bie ©efammt=©f)araiteriftif biefeS ©rofeeit unb ©angen nid)t fomoljt auf bie ©ntmidtuug beS ®ünftler§, fonbern aud) be£ SDienfdjen in bem aufftrebenbeu Seetf)ot>en mächtigen ©inftufe übt. @S mirb un§ biefeS 23Ub, menng(etd) nur in Umriffen §ur 5tnjd)auung gebradjt, gugleid) in etanb fetten, ben ^errfcfjenben ©eift unb ©efdjmad jener (Spodje bem Sefer oor 3(ugen 51t führen. $[{§> oben tiorübergel)enb Don bem großen SSerbienfte bem omieten'S um bie ÜJhifif in SBien gef&rodjcn mürbe, Jjörtcn mir, ba}3 er ben t)of)en ?lbel (511m QMjufe ber ^luffütjrung uon ^aenbel'S, 95 ad) 'S*) unb Raffe'S SSBerfen) in eine „mufifal'ifdje ©efellfdjaft" Dereinigt rjatte. ©3 mirb intereffiren, mehrere ber ■Kamen fennen gu lernen, unter bereu Sßatronate biefe SKabemieen ftattgefunben. ©in Seridjt in Sfto. 34 ber Stttg. äRuf. 3t9- oon 1801 über bie erfte Sfuffüfjrung ber „SatjreSgeiten" oon .Sjunjbn, unter beffen perföniidjer Leitung, füfjvt fie gieid^eitig an. @S finb bie dürften: Siedjtenfiein, ©fter^a^, *) ©eb. 23aäV3 9Jcufif aulangenb mujj bewerft »erben, bau c3 nö) lebigltd) um StuSfüfjvung einiger Motetten getjanbelt fjat. ©röfeere 22erfe biefcS lomiefen waren lueber bem bamatigen, nod) bem fpätern Sien befannt, — aber aud) ber gefammten beutfd)en äRuftttoeli nid)i. 2r»e:ieII für bie SSiener galt fie al§ „lutljerifdje SKttfif", — bamit mar ber Stab über fie gebrochen. — 83 — ©djmaraenberg, Eluer-operg, Sobforoiij, £id)nomsft), Trautmanityborf unb Einölt); bann bie ©rafen: ©gerntn, (Srböbp, 5r^e^; Elpponp, Stn^enborf, Jparradj, unb anbere nod); tarnen, uon benen mehrere auf ben Titelblättern ber Söeetfjooen'fdjen SBerfe au» biefer mie au£ ber folgenben ^eriobe prangen. 2)iefe ©ebicationen jeigen be3 ßompontften Söesiefjmtgen 31t ifjnen, — ein ©riinb, felbe bei allen Üföieber= auflagen feiner 233erfe in ©fjren 51t galten, ba fjierburcf) äugleid) bie Gfjaracteriftif . beS großen ÄreifeS angebeutet wirb, in melctjem. unfer SMfter fidj in jenen Jagen 311 altenneift bemegt fjat. Sn ^öe^ug auf ben in jener 3eü rjerrfd)enben 9lbel3begriff barf fpe^ietl üon bem beutfd)en Elbel DeftreidjS gejagt werben, baf} ilnterridjt unb ©r^ieljung, innere unb äujjere 23ilbung, bie 9vid)tung auf SSMflenS* unb ©fjaracter = l£ntmidlung unb auf Sutclligenj im Etllgemeiuen int tieften ©leidjgenridjte ge= ftanben, barum er mit 9ied)t ber gemeinfame Präger beutfdjer SBilbung unb ©efittung genannt mürbe.*) (Sin fo gearteter ^ilbung^uftanb in ber Fjöljeren ©efellfdjaft, bie fidj überbieö im SBcfifte unermefjlid)er 9veid)tt) unter befinbet, mirb fidjerlid) geeignet ferjn, unter oerfttinbiger Einleitung bie Sntereffen üon Äitnft unb Söiffenfdjaft in richtigem Wla^e 5U förbern unb üjneit Dpfer §u bringen. SlteS mar in ber miener Stbelä* gefellfdjaft, üor$ug§toeife jebodj auf Xonfunft be^üglid), mirflid) ber $all. Wlan liebte überhaupt bie 9)iufif ofnte Oftentation, man (iejs fie mit iljrem magifdjen Oiei^e auf fidj mirfeu, ob fie oon Pier ober 001t f)itubert EluSfüijrenben tarn, menbete fie aU fidjereS SOcitteC an, @eift unb ©entü'tl) 3U bilben unb fo ben ©efürjlen eine eble 9M)tung 31t geben. S)a§ beutfdje ^olf aber im Etllgemeinen uerftaub e§ bamalö gang: einfache @röBe, üd)te (Smpfinbung unb rein menfdjlidje ©efüfjle &*t§ feiner 3J?ufi! I)eratty3ufül)len. S» oerftanb nod; gang bie Shtnft: btö *) S" ber brüten ^eviobe wirb e§ 5>ercmlajiung geben, be$ o]U rcidjifdjen ?tbel§ luieber 31t gebenten, unr werben ifjn aber roejentiid) Der- änbert firtben. 6* — 84 — llnau§fpred)tid)e unb getftig (Srtjabene au§ bem 3auöerretä) ber $öne abzuleiten unb für fiel) 311 gewinnen. Unb bennoct) mar e3 fein pt)ilofopf)ifct)e§, fonberu nur ein unbefangen ge* niefeenbeä geitalter, tmn bem mir fpred)en, beffen ßrjaracterifttf ficf) nocf) burd) mehrere Satjre be§ erften S)ecennium§ unferä 3at)rljunbert§ rein unb ungefdjmädjt erhalten t)at. „9ßer ba$ muftcalifdje SBien nidjt bamabo gelaunt, meife nicfjt mag Sttufif unbefangen f)ören unb genießen rjeifjt." ©o fpradjen bie alten SKufifer in späterer ßeit imn jenen Sagen. — ®anf bem ©djidfat, e§ gab noct) nid)t £mnberte mit Sunfcftritif fiel) be= fcfjäftigenber Journale! £>en 9flnfif=2)ilettauti3mu3 jener (Spocfje betreffend fo miffen mir, bafe er ftd) faft au§fd)lief$tid) auf bie gebilbeten ©täube befdjränfte, beren ©efinnung unb ©efittung it)nen bie (Stellung in bem großen ©an^en angemiefen t)at; batjer deiner fid) eineö ^ßla^eg bemächtigte, ber bem $act)tnanne allein ge= bütjrte. lieber 2Bertl)fd)ä|ung matjrrjaft Derbienter unb gebilbeter ^ünftler üon «Seiten biefe§ Dilettantismus genügt eine ©teile auZ bem brüten Sa^rgange ber 2tUg. SOhtf. 3*0- ®ort fäfo e3: „Wlan fdjätjt in 2öien gu fefjr Talente, um üon bem Sfünftter gu Verlangen, baf$ er niebrig friedjen füll; man mürbe itjn üiel= metjr meniger actjten, fobalb er e§ tf)äte." Um in ber ©d)itberung be§ bamaligen SBien feine Sude 5U laffen, mufe aud) ber bieten unb regelmäßig abgehaltenen Goncerte mit üoüem Drcfjefter am faiferlidjen §ofe gebadet merben, mobei Staifer grang faft allzeit an ber 1 ften SBioline mitgemirft, bie ^aiferin SOZaria Stjerefta (eine neapotitanifdje ^rin^effin) fid) aber immer in Strien unb mefjrftimmigen ©e= fangftüden au§ Dfcern f)ören liefe, ©ie mar gang Stünftterin .*) Dirigenten biefer £)of*(Soncerte, bie großenteils in ber ©ommer* *) ©rfl einige Sahje fpäter, als nad) bem Ableben ber Saiferin (1807) biefe Concerte eingeteilt luorben, organifirte $aifer ^ranj fein ©treid)* Duartett, bo§ if)n befanntfid) auf allen feinen längeren Reifen, fogar 1815 nad) $ari3, 1818 sunt ©ongrefc nad) Slawen, begleitet fiat, — ftet§ unter — 85 — jeit §u Sajenburg ftattgefunben, mo ber fjofje 9lbel baZ 9Iubitorium gebilbet, maren oüen nidjt anberS benn förbernb einmirfen fonnten, fo U)ie, bafe biefeS für Shtnft unb Sl'ünftfer al§ gotben geüriefene ßeitatter aud) in S3e§ierjung auf feine äußeren 23er* ijättniffe ba§ golbene genannt werben barf. Unter folgen Umftänben, int S3unbe mit ben ©betften itnb heften, burd) bie fein fcfjöüferifdjer ©eniu§ Aufmunterung unb Pflege erhalten, fjätte er glüdüdj) unb aufrieben auf feiner Slünftterbafyn fort* fdjreiten lönnen, menn fiefj nitf)t fdjon bamatS ein böfer 3)ämon in bem gu feinem 93erufe mid)ttgften unb unentbet)rtid)ften Drgan eingefdjtidjen f)ättef burdj ben fein ©emütp^uftanb getrübt unb bie Sage be3 fjeiterften ©et)n§ unb fünftlerifdjer SSirffamfeit bauernb üergälit morben mären, — leiber Oiel burd) eigene^ SSerfdmlben! 3Sitt e§ bod) f deinen, als t)a6e ber Sfteifter biefeS 3Serfd)ttlben felber erfannt unb eingeftanben. Unter ben in feinem ©jemplar ber Odussee angeftridjenen aber nodj befonberS ausgesogenen ©teilen befinbet fid) aud) nacf)fte£)enbe: „©telje, fein 9Befen ifi fo eitel unb unbeftänbig, 9Il§ ber SRenfd), uon allem, roaS lebt unb webet auf (Srben. Seitung feine§ f ammer=(Somöofiteur<§ granj frommer. Ser Äaifer fpielte bie lfte Violine, fein ©eneral=2Ibiutant, geIb=eil unb blüfjenbe 3ugenb Scnenfen, troßt er unb lDäfjnt, iön treffe nimmer ein llngtücf. Slber jütfitigen ifjn öie feiigen (Götter mit 2rübfal, 3>ann erträgt er fein Reiben mit Ungebnlb unb 23er$roeiflung. Senn wie bie Jage firf) änbern, bie Sott Dom Jpimmef fenbet, Sienbert fidj audj i>a$ £>er$ ber erbebetnorjnenben TOenfdien. 3)rum ergebe fidi nimmer ein SDJann, unb freute nimmer; Soubern geniefje, roaS ifjm bie ©ötter befdjeren, in Semutt)!" ©. 350.) 4S) 48 J Hom. Odyssee XVIII v. 129 ff. A. d. H. 87 II. föatnlogifdjer Vorbendjt. Sm SBegriffe nun, bie in ba§> letzte Suftrum biefer ^}eriobe (barin bie fünftieriict)e Sßtrf famfett SBeetfjoüen'S ttjren Anfang nimmt) fatfenben SBerfe $u üeräeidjnen, roirb e3 gur befferen Drien= tintng erforberlidj, einige Hnmerntngen üorau§gerjen 31t (äffen. A. Sie SBerf'e S3eett)oüen'io Reifen ftd) in groei Statt- gorieen ab, bereit eine mit Dpuggafjten, bie anbere mit Stummem berfefjen ift. (Srftere rühren Dom (SomOoniften fjer, bürfen bemnact) bi§ 5U einer gemiffen Jpötje, fo lange nämtid) berfelbe bie ©eluorjnrjeit feftgefjatten, felbe eigenfjänbig auf jebem Üöfanufcttyte 511 notiren, al§> jiemlid) Dertä^ltct) angeferjen merben. 2)iefe Kategorie umfaßt pmeift bie größeren unb großen SJÖerf'e jeber ©attung. SDie mit Hummern üerferjene aber mürbe burtf) Uebereinhtnft ber oerfd)iebenen Verleger, an- fäng(id) im ©iuuerftänbnifj mit bem (Somponiften, aufgeteilt unb umfaßt b(o§ Keine SBerfe, at£ Variationen, %än^l Keine Sieber, Don benen nid)t menige erft nad) bem 5lbleben VeetfjoOen'ä oeröffentlidjt morben. Siefe Unterfdjeibung f>at jebod) lebigtid) bei Äatalogifirung ber SBerfe aus ben legten fünf Sauren biefer Sßeriobe eine d)rono(ogifd) ridjtige (Mtung. 233eitert)in mirb ber Verfaffer oon einer fatatogifdjen Unorbnung 5U berieten fjaben, mie fie morjl in fo {jorjem ®rabe niemals bei einem 5(utor üorgefommen fetjn bürfte. 9Iuf ©eett)oöen felber fällt nur ein geringer £t)eil ber ©djulb, ber größte aber auf bie Verleger unb aufjer biefen nod) auf bie ben Stonbidjter lange 3e^ t)inburct) beüor* munbenben ^erfonen, bereu nähere Vetanntfdjaft ber Sefer irt ber folgenben s$eriobe macfjen roirb. 2)ie Verleger betreffenb, fo mar e§ jumeift fanget an ©inüerftänbnifi, jumeiten in 50^e ö°n gegenfeitiger ©iferfudjt unb Vetteibung, burd) roetd)e3 bie bebauer(id)e Vermirrung tjerbeigefürjrt morben. ©in anberer ©runb finbet fid) in ber unberechtigten, §umeift roillfurticrjen ©infdjattung fo öieter arrangirten Sßerfe unter bie Doublen. 9?ur burcr) SefeitW gung ber 2trrangement3 in eine abgefonberte Kategorie fönnte eine beffere Orbnung bei ben Originalen ergtuecft merben. B. Sinb bie SBerfe unferS ütteifterg nidjt immer in ber« fetben Drbnung ^ur Sßeröffent(icr)ung gelangt, afö fie entftanben. (ginjefne mürben tljeifö megen fpäterrjin noct) ansutegenber $eife jurücfgetjalten, trjei(3 blieben fie au3 93ertag3* ober ricfj= tiger ©peculationggrünben triefe Satjre im ^Sutte be§ Verlegers verborgen. S)a§ ber brüten ^ßeriobe anrjängenbe 58er^eict)ni% mirb berlei com Verleger gurücfgetjattene SBerfe mehrere anführen. §infitf)ttidj ber rfjronotogifcfjen Üieirjenfolge finbet ftdj ftfmn bei CpuS 1 eine Unritfjtigfeit. £a§ Xrio in C moll, me(cfje§ in ber Sammlung an b rittet ©teile fteljt, mar ba& %u aÜererft oollenbete. Steigerung be§ @ffefte3 öon ÜJcummer ju Kummer mar ber ©runb, haft e£ bem in Es dur unb in G dar nacrjgeftellt morben. Dber, ber Gomponift fat) fidj bei breien in ein Dpu§ zusammengelegten ^robucten gleicher (Gattung ueranfafet, ba§ fctjrcäcrjere in bie üftitte §u ftellen. So finbet e§ ficf) bei ben brei Sonaten, Op. 2, ferner nocrj bei ben brei (Sonaten Op. 10 biefer Sßeriobe ungehörig. 2Seitert)in erfdjeint ein fotctjer ®runb nidjt merjr üortoaltenb. S3ei bem gegenmärtig btütjenben 3uftan^e oer C£onjectural= Äritit in SBeetrjoüen'S Sftuftf, oornerjmlidj in ^ufelanb unb granfreicf), ift metjrfad) au3gefagt morben, bafj einzelne üon ben Herten, bie mit anbern ^ufammen unter einer Dpu§- 3at)t uorliegen, unb entmeber im Strjl ober im ©ehalte oon ben mitgefjenben fiel) unterfetjeiben, irjr ©ntfterjen einer früheren ßeit öerbanfen. ®em mufe entfcfjieben miberjprodjen merbem ©in Satjr früfjer ober füäter niebergefdjrieben ift üon feiner Sebeutung, unb mehrere 3at)re lagen niemals baamifcfjen. 2(13 gan^ juüerläffig gilt, bafj feinet ber meiter unten oerseicrjneten äöerfe bor 1794 öerfa^t morben.49) ©inline biefer im Ueber* 49) Dieses apodiktische Urteil ist doch wohl zu modifizieren. Schon der Artikel im I. Bande Thayer-Deiters „Was hat Beethoven in — 89 — mafe grübetnben unb ttftefnben (Sonjecturat^ritifer, in her ©inbitbung, bei Beetf)oüen ein fteteS $ortfdjreiten ot)ne 9?üd= fdCjritt auffinben ju motten, tyaben beffen DbuScula, a(§: bie Bagatellen unb anbete fteine ©ad)en für ^ßianoforte, ütete Sieber u. bergt., in be§ 9J?eifter3 Sngenb^eit äitrüdoerroiefen. ©ie conjecturirten unb ütjitofopfyirtett, ba$ nacf) gibetio, nad) ber C-moll= unb ^aftora(=©infonie ber 5(utor fotdje Meinig- feiten nidjt metyr fdjreiben gefonnt. 3>iefe Derbiffenen $unft= fdjmäijer, bie fid) in faft bebauertidjer Sßeife abmühen, ba$ 2tuf= fteigen be§ 23eett)oüen'fd)en @eniu§ trigonometrifd) berechnen ^u fönnen, mie itjnen gerabe bie Dpu3=3af)(en in oen 3?ram taugen, mögen üernetjmen, bafc nidjt roenige tiefer DpuScuta roäljrenb be§ 3ufammenteben§ mit Beetfjotien üor meinen Singen entftanben, unb Don einigen nod) 5l6fd)riften mit (Sorrecturen be3 (Somponiften üon mir aufberoaljrt merben. Sfi ber Montblanc nt«±>t öon mehreren minber tjotjen Bergen, fogar öon gan$ niebrigen, umgeben? §örten mir gteicfrtuofjt einige ©eitenäatjten ^urüd ben eben breifcig Se6en§jat)re §ät)(enben 23eetf)oüen aufrufen: „9?id)t§ üon Smutje!" fo barf bodj berfidjert merben, bau er nad) weiteren jmansig Sauren nid)t metjr fo gebadjt, bietmeljr gefügt fyabe, bafj er aufteilen ber 9?uf)e bebürfe, nämüd) einer tätigen SRiitje, ober ruhigen £t)ätigfeit. S£u8 foldjen Momenten batiren üer= fdjiebene £(einig!eiten, bereu einige au§ ©efälligfeit für ©önner unb greunbe gefd)rieben roorben. SSarum motten bie ba§> innere be§ @rbbafl3 burdjraüfytenben $unftpt)tfofoph,en nidjt lieber au§ folgern Berfafyren ben ©djtufe gießen, bafj Beetfyoüen fid) gumeiten in ein jugenbtidjeä Alfter jurüdoerfe^te, um bann Bonn komponiert?" weiß davon zu erzählen. Besonders sei an die Opuszahlen 52 und 104 erinnert. Die Lieder op. 52 stammen fast alle aus sehr früher Zeit, man sehe in Wegelers Notizen nach ; im Nottehohm : Verzeichnis unter op. 52. Noch auffallender ist die Opuszahl 104 beim Oktett in Es-dur, aus sehr früher Zeit, 1792 oder 1793. Das Original erstand aus Artarias Besitz Dr. Erich Prieger. A. d. H. — 90 — mieber neugeftärft mit aller SQStHenS* unb ©eifteSfraft mehrere ©diritte nad) bormärtS tf)un 51: fönnen? Sftit metdjem ©pitljeton er fetber folcfie ftfeinigfeiten djarafteriftrt, merben mir in ber 3ten ^eriobe oernefymen. C. SGßirb unter oorbemerften Umftänben nur um bie ßeit be* Grfd)ienenfet)n3 ber oerfd)iebenen 2Serfe gefragt merben bürfen. allein felbft babei fönnen etnjelne teife ßtoeif^ nirfjt mit 'Sidjerfyeit getöfet merben. Snbeß finb Differenzen um ein Safjr früher ober fpäter üon feiner Sebeutung. Gc§ fonnte mit ©enrifefjett nidjt ermittelt merben; ob ein SBerf ju Ausgang beö einen, ober bei (Eingang beö fotgenben 3af)re3 ber Deffentticfjfeit übergeben morben. £nnfid)tlid) geftftettung einer djronologifdjen Drbnung, menigftenS bei ben größeren SBerfen, mar ber S8er= faffer nod) bei Setijetten be§ S)teifter§ unter SDZitmirfung ber Verleger Slrtarta unb Diabelli beftiffen. Slntafe tjie^u fjatte eine gufdjrift mit nieten gragejeidjen oon (Srfterem an 33eetf)oüen im Safjr 1819 gegeben, meldje at§ 23eteg für bie fatafogifcfje Unorbnung im 9(nf)ange gnx gmeiten ^eriobe mitgeteilt merben fotl. Seiber aber mar fein ?lu3meg au§ biefem gräulichen 3}erf)aue 51t ermitteln. S)a§ Original üon 2trtaria'3 ß11^1*^* liegt oor. D. 8oIl im &er3eid)mJ3 ber SBerfe, mo nur tf)itn(id), ber erfte Verleger genannt merben, unb ^mar auf ©runb oon beren (Sorrectfjeit, menigften§ im ungemeinen. @3 ift ber Badjt megen midjtig 5U miffen, baf} 93eett)ot>en feine SBiener ausgaben ftet3 fetber corrigirt tjat. $on au§märt§ gebrudten SBerfen finb mir, nt§ Oon if)tn corrigirt, nur bie legten ©onaten, Op. 109, 110 unb 111, im @d)(efinger'fd)en Verlage §u $art3 befannt. S)af$ fid) inbefj alte bie oon ifjm fetber corrigirten ober bfoy reoibirten ausgaben burcf) abfotute 9?einf)eit au£= geidjnen follten, mirb man mof)l faum ermarten. ©3 bleibt überall nodj gu müufdjen. Unter ben älteren Wiener Offizinen gab e§ eine unb aubere, bie fid) ber üftadiläffigfeit mie and) Unfauberfeit bieöfallö nur gar 51t oft fdjutbig gemadjt f)atte, — 91 — bem ©eitenS be3 ©omboniften nicfyt 51t fteuern mar. ©0 t)at man 3. 33. in ber Sonate pathetique ben Abgang einer anfef)n= liefen Qafyi oon 5ßortrag§seid)en im erften unb smetten ©afj, midjtig für richtige ?(uffaffung, nidjt b(o§ für gärbung, gu besagen. Unb biefe Mängel Taufen burd) alle Sftadjbrude. SBag bie toietertei ü)cad)brude in letzter $eit f)infid)tüd) ber (Sorrecttjeit nod) überbieö üerfdmlbet, fott beiget)enb nur berührt aber offen geftanben merben, bajs einzelne ber SBerlagS* tjanblungen ftarfen Xabel oerbienen. (Sine $er(ag§f)attblung, bie fid) um Stuffinbung aller Original ©ruefe uon 6(aüier=9)?uftf bemühen unb barnad) einen mit aüem O-leifje gefäuberten 9cad)brud beraerfftettigen raottte, mürbe ftd) um 23eett)ot>en'<§ Literatur t)od) öerbient madjen.60) Sit ber 23Sof)Ifeitt)eit ber 2lu3gaben barf man fo!d)e§ Sßerbienft allein ni(f»t ftnben motten, mie man in unfern Sagen tfjut, mitt man fid) nid)t auf gleite «Stufe mit Söaummott^abrifanten fteUett laffen. (Sine in ber jmeiten ^ßeriobe angeführte „SBarnung" mirb bie §erren Verleger belehren, mie e§ ber grofte 99ceifter mit ber Gorrectfjeit feiner SBerfe fetber gehalten unb aud) bon anberen gehalten tjaben mottte. ®inb gfeid)h)of)( bie meiften ber alten Wiener $ertag3= (janbtungen erfofdjen unb itjr Verlag auf anbere übergegangen, a(§ 3. 53. ber reidjfyaltige beS ®unft= unb $nbuftrie= ßombtoirg fammt bem Don (Sber, SftoUo u. (Somb. auf «Stein er u. (Somb. (gegenmärtig £>a3tinger); ferner ber Vertag bon ßabbi auf 2Bi§enborf, fo ift eS nid)t mof)l gtaub(id), bafj beren £)riginal=2)rude fämmt(id) bertoren febn fottten. 50) Die große Br. & H. -Ausgabe, die mit dem ganzen philo- logisch-kritischen Apparate gearbeitet ist, dürfte dieser Forderung vollauf genügen. A. d. H. 92 III. SBersetdjnifj btt Don 1795 fcie incl. 1800 erfdjienenen äßerfe. £>pu3* 3**1 1 ©rfdjie= nett 1795 (Srfier SScrleger 2(rtaria 2)rei Srio'S (Es dur, G dar, C moll) für *pianoforte, Violine u. SSiofoncetto. 3ufolge ?(nmerfung ü6er ba§ Xrio in C moll, bie fidj (Seite 85 in ben Zotigen bon gerb. 9tie<§ oorfinbet, als fjabe $ater £>at)bn; nadjbem er alle brei £rio'§ bei gfürft SidjnomSfrj gehört, ju beffcn Verausgabe nidjt geraden, folt in bem (Somponiften ber Sßerbacfjt üon üfteib unb (£iferfud)t bei §arjbn ent= ftanben ferjn. 9tu3 §at)bn'§ 2eben§= gefd)id)te ifi befannt, baf; er bie beiben Sarjre 1794 unb 1795 faft ganj in (Sngtanb »erlebt fjat. (Seine 9tbroefen= fjeit uon SSien null fidj foroofjt mit bem Saturn be§ Qn.'fd)einen§ biefer £rio'§, a6er aud) mit ber irjm äugefdjriebenen SKeufeerung nid)t roof)( reimen laffen. uor ben Strio'3, Op. 1, ja fctjon 1791, gefdjrieben fet), aber üom (Som* poniften §u fdjmad) befunben tuorben, um ju atlererft üor bem publicum gu erfctjeinen. ®örner unb 2 gagott3, booon fidj baZ 9J?anufcript bei Strtaria befinbet. Der neue, fet)r oerbienfttidje Katalog ber Veetfjotien'fdjen SBerfe bei Vreitfopf u. §ärtet fet>rt ba% ©acfjüertjältnif} um, wenn er angibt, biefeä Octett fet) au3 bem Quintett tjeröorgegangen. 9lud) ift in jenem Äatalog bie Opu3=3a^ 103 für biefe3 Octett irrttjümtid) gefegt. (£§ erjfiirt meber ein Op. 103 nod) ein Op. 104 aß Originaler!, ©runb: bie ßonfufion unb iljre Urheber. (@iet) toeitertjtn 5lrtaria'£ oorftefyenb berührte ßafc^rift oon 1819 an Veetljooen.) ßroei grofje (Sonaten in F dur unb G moll für ^ßianoforte unb Violoncello. — 94 — 6 9 10 11 @rjd)ie= nen 1797 1798 1798 1798 1799 1799 (Srfter Verleger (£ber 5trtaria 9lrtaria Strtaria (Sber moUo £eid)te ©onate in D dur für $ßiano= forte 51t 4 Rauben. Von ben mit Hummern oerf ebenen Variationen finb im Safyre 1797 er« fctjienen: m a. 9?eun Variationen in A dur über ein Xfjema au§ ber Oper: „Die jdjöne aßüKertH." Strtaria. b. ©ecf)3 Variationen in G- dur über ein %fyma anä berfelben Oper: „Wirf) fliegen alle greuben." Slrtnria. c. 3ft>otf Variationen in C dur, %f)ema: ein Menuet ä la Vigano. ?lrtaria.B1) d. ßmötf Variationen in A dar, £t)ema aus bem Vatlet: btö SBatb« mäbdjen. ?lrtaria.5'2) ©rofee ©onate in Es dur für ^ianoforte. ©erenabe in D dur für Violine, Viola, unb Violoncello. Drei Srio'S (G dur, D dur, C moll) für Violine, Viola unb Violoncello. Drei Sonaten (C moll, F dur, D dur) für Sßianoforte. ©rofje§ %x'\o in B dur für ^ianoforte, dlarinette (ober Violine) unb Violoncello. 51) Dieser Titel lautet genauer: „12 Variationen über das Menuet ä la Vigano aus dem Ballett: Le nozze disturbate von J. J, Haibel. A. d. H. 52) Genau: „12 Variationen über den russischen Tanz aus dein Ballett ,Das Waldmädchen' für das Pianoforte von Paul Wranizky." A. d. H. 95 3ot)i 12 13 14 (Srfd)ie= nen 1799 1799 1799 ßrfier Verleget ?frtaria @ber äRoÜo 15 1800 ÜÄoHo £)rei ©ouoten (D dur, A dur, Es dur) für ^ianoforte unb Steinte. Sonate pathetique in C moll für Sßtano* forte. ßtoei «Sonaten in E dur unb G dur für Sßtänoforte. Sn bemfe(6en Satyr finb erfdjtencn: a. 3 to ö 1 f Variationen über baS £Jjema: @tn SKäbdjen ober SBetbdjen. Xraeg. b. ^{d)t Variationen in C dur, Secuta au§ Üiidiarb Sötoett^erg: 9J?td) 6renut ein rjeifjeS gfteber. Stweg. c. ßetjn Variationen in B dur, Xtjema aus $attftaff Oon ©altert: La stessa, la stessissima. 5frtaria. ©rfteä (Sortcert in C dur für Sßtanoforfe mit Drcfjefter. Sie erfte ?(uffürjrung btefeä 3SBerfe§, uomGomponiften fetber öorgetragen, fanb ftatt 5ur grürjIingSjeit 1800 im ßärnt* nertrjor=£ljeater, unb jroar mit großem VeifalL ©teidjjeitig probucirte er alä \Km üföerfe ba§ Sept ttt unb bie erfte «Sinfonie in C dur. Cbenbrein liefe er ftcr) nodj in einer freien Sßljantafie rjöreu. lieber bie Sinfonie fpradj fid) bie Ärtttf fur5 barjin au§: „Viel Äunft, 9?eut)eit unb 9veicf)tt)um an Sbeen; nur roaren bie SBfaShtftrumente gar ju tuet angemenbet, fo bafj fie mefjr Harmonie, als gan^e Drdjefter=5öfuft! mar." ?ülg. ÜRuf. 3tg. VI. Sarjrg. ©. 321. — 96 — Ml erföte* nen (ätfter SSctle'ger Sn bemfetben Satyr finb nodj er= fdjienen: a. (Sieben Variationen in F dur, Xfyma au§ bem Dpferfeft: ®inb ttritlft bu rutjig fdjfafen. Verleger ungemifj.53) b. Slcfjt Variationen in F dur, £rjema: Xänbetn unb fc^er^en. ©imrocf. Von anbem SBcrfen biefer Kategorie, ai§>: Variationen, hängen unb 9J?enuett§, mären nod) mehrere ansufürjren, beren Grfdjeinen in biefe Safjre fällt. 2)e£ 9famme§ roegen Ratten mir un§ aber an größere Söerfe, bie gteicfjfattg au3 biefer $eit batiren, at§: 1. £>ie erften brei Quartette (F dur, G dur unb D dur), bie etroaS fpäter mit brei anberen nod) unter ber £)pVL&Qafyl 18 erfdjienen ftnb, fonatf) erft in ber 2ten ^ßeriobe §u tiergeicfjnen ferm roerben. ©ie maren bei 9J?olIo feparat gebrudt. 2. Von ®efangftücfen gehört biefer ^Seriobe an: Scena et Aria (Ah perfido!) Über t)a§> ©eburt3jar;r biefe§ SBerfe* tritt SllotjS 3fud)3 afö ßeuge auf. Unterm 4. 2Rai 1852 fd>reibt er mir barüber roörtücr): ,,5d) befitje eine gefdjriebene Partitur rjietion, auf roelcfjer ber Sitel ganj eigentjänbig öon Veetrjoüen gefcfjrieben ift, unb fo tautet: „Une grande Scene mise en Musique par L. v. Beethoven ä Prague 1796. De- dicata alla Signora Contessa di Clari." 3n ber Sßartitur fetbft ift Veetrjooen'3 §anb fe§r tjäuftg ftd)tbar. 5luf bem £itet* blatt ftefjt uon feiner §anb: Opus 46." £>iefe§ ©efangftüd §ät)tt fomit §u ben erften SBerfen be§ jugenbticfjen SD?eifter§ unb geigen ficrj bie in ben Katalogen an= gegebenen Dpu§=3af)len: 65 (Vreitfopf unb gärtet) unb 48 53) Die Ausgabe Dezember 1799 trug nach Nottebohm den Ver- merk: „In Vienna presso T. Mollo & Co." A. d. H. — 97 — (§ofmeifter) a(3 unrichtig. £)urd) biefe £itetauffd)rift wirb ju= gteid) auct) ber ßettpuitet bon 23eetf)oben'§ 9xeife nad) Seidig rntb SBertin feftgefteüt.54) 3(ber auct) bie ?tbelaibe gehört biefer ^ßeriobe an. <2ie warb fd)on 1797 componirt, unb erfcfjien atöbalb im £>rud bei 2trtaria. Sie angegebene £)puid)ter SWatttjifon bei ®e~ tegent)eit ber Überfenbung biefe3 ©efangftüdeg (ber £)id)ter lebte bamalä in 2)effau) liegt mir in einem gacftmite bor, \)a% bor langer ßeit einer mir nnbefannten geitfdjrift al£ Beilage biente. 2)iefe3 in rjiftorifdjer §infid)t intereffante @d)riftftüd lautet wortgetreu : SßerefyrnngStuürbigfter! ©ie ermatten tjier eine ©ompofttion bon mir, meiere be- reite fdjon einige Satire im ©ticl) fjerauä ift, unb bon wetdjer ©ie bietteidjt ju meiner ©djanbe nodi gar nid)t§ Wiffen. SJfict) entfdjutbigen, unb fagen, warum id) Sfwen etwa§ wibmete, ma§ fo warm bon meinem ^erjen fam, unb Sfynen gar nidjtä babon befannt machte, ba§ fann icfj nidtjt, bietteidjt baburd), ba$ idj anfänglich %fyxm 3tufentrjalt nidjt Wufcte, ^um Stt)etl aud) Wieber meine ©djüdjternljeit, baf$ icl) glaubte, mid) übereilt $u t)aben, Slmen etwa3 gewibmet 5U t)aben, wobon icl) nid)t wujgte, ob e§ Streit Sßeifatt rjätte. $war 0UC^ je^t fdjtde id) SI)nen bie Stbetaibe mit 2lengfttid)teit. @ie wiffen fefbft, ma§ einige Safyre bei einem $ünftter, ber immer meiter gefjt, für eine Söeränberung Ijerbor* bringen, je größere gortfdjritte in ber $unft man mad)t, befto weniger befriebigen einen feine älteren SBerfe. — Sftein tjeifjefier SSunfd) ift befriebigt, wenn Sfynen bie muficattfdje ßompofition Stirer rjimmtifdjen Slbelaibe nidjt ganj mißfällt, unb wenn @ie baburd) bewogen werben, balb wieber ein ätynticrjeS @ebid)t §u fdjaffen, unb fänben @ie meine Sitte nid)t unbefdjetben, e§ mir 54) Man beachte diese Schindlersche durch briefliche Zeugnisse erhärtete Rektifikation zur Arie „Ah perfido". A. d. H. 31. ©tfjinbterS Seet§oöen=83iogra^ic. 7 — 98 — fog(eicf) 511 fdjicfen, unb icf) tutE bann alle meine Gräfte auf- bieten, Styrer fdjönen ^ocfie naf)e gu fommen. — £>ie ©ebication betrachten ©ie tfjeitS als ein 3eid)en ^eg Vergnügens, meines mir bie (Sompofition %f)xer 2t. geroärjrte, tljeitS als ein 3eidjen meiner ©anHJarfeit unb ^odjadjtung für baS feiige Vergnügen, raaS mir $$re ^ßoefie überhaupt immer machte unb nod> machen rcirb. SBien 1800 am 4ten Sluguft. ©rinnern ©ie ftcf) bei 2)urd)fpie[ung ber 2(. gumeiten StjreS ©ie mafjrfjaft tierefjrenben Söeetfjoüen.55) 55) Das Faksimile dieses herrlichen Briefes befindet sich in Schindlers Beethoven-Nachlaß auf der Königl. Bibl. zu Berlin. Genauer als selbst bei Schindler steht der Brief nebst Erklärungen in B. S. Biv No. 37, I. Band. A. d. H. 99 IV. Gfjarafteriftifäeg 9Herfmnl ber ßunftfrittf, unb SBeurtfjeUung SBcct^tHJCiff^cv äßcrfe. $ur SöerOotlftänbigung ber auf biefe ^ertobe begügticCjen 2)inge unb Stljatfacfjen gefjört aud) bie ^enntnife, tuie bie äöerfe be§ jugenblicrjen SD?eifter3 bei itjrem (Srfdjetnen Oon ber Sfrmft* frttif aufgenommen morben. Sa, biefe ^Beurteilungen bilben in ber £§at einen ergän^enben %t)eil in feiner Seben§gefd)id)te ; benn, meit 33eett)oöen oon 2lnbeginn fetner Saufbafjn eine aufeer* gemöl)ntid)e Stiftung in feinen §erOorbringungen funbgegebeu unb biefetbe confequent tierfolgt fjat, fo mürbe aucfj bie Äntif in eine aufeergemörjntidje (Stellung gegen ifjn öerfetjt. ®ie unfern SDtofter betreff enben ^ritifen ftnb au3 biefem ÖJrunbe meift eine pifante SSür^e in feinem Seben unb gefjen it)m mie 5£ra= bauten mit nur trjeitmeife Oera'nberter Färbung ftetö ^ur ©eite; mie tefyrreid) grof$entf)eil§ \fyt Snfjatt, mirb fidj oon fetbft er= geben. @§ ift barum unerläfjticfj, menigftenS einzelne 23eifpiefe baüon biefer ©djrift beizugeben. ©ollen aber biefe fritifcfjen 9lu3fprüd)e für unfere geit oon mel)r Sebeutung ferju, als folcrjen au§ unfern Sagen in ber 9?egel beigelegt mirb, fo ift oorab ein Solid auf SSerf»äItniffe unb ßuftänbe bamaliger tatftfrittf rätbjlid). Sn gan§ 2)eutfd)fanb, ja mau barf fagen, in ber gangen sD?ufifmelt, eyiftirte in jener ßeit nur ein einziges fritifdjeS Tribunal Oon altgemein anerkannter Autorität, nämlid) bie allgemeine 9ftufilatifd)e ßeitung äufieip^ig, bem ©mporium alle§ üftufilrjanbete.56) Sfyr erfter Safyrgang getjt Oom 9ftonat Dctober 1798 bi3 §u (Snbe September 1799, unb biefe Drbnung finbet fid) nod) groölf 3at)rgänge meiter, bis in ber gortfetsung ber eigentlid)e 3at)re3lauf eingehalten mirb. 5)a§ 9M>actiom3= gefdjäft leitete ber in t)ol)er Slcfjtung ftetjenbe muficalifdje ©cfjrift* fteller griebricf) 9?od)li§. £>iefe§ Tribunal beftanb au§ lauter fadjfunbigen, erfahrenen unb unabhängigen Männern, Oon ben 56) Man vergleiche das hierüber bereits in Anmerkung No. ii Gesagte. A. d. H. 7* — 100 — ^f(id)ten itjreS SlmteS gegen ®unft unb Stünftler burd)brungen. (Sein djarafteriftifdjeS äfterfmal mar: Uebereinftimmung im Urtfjeit. ©ieS i[t inbefc iridjt bafjin ju üerftefyen, als fet; nicfjt and) mobificirten ?fnfd)auungen Raum gegeben morben, öor= nerjmtid) auSmärtige ßunfileiftungen betreffenb, beren 55e= urttjeifung gumeiten nidjt genugfam befannten Referenten an= oertraut merben mutfte. 2)urd) einheitliches 3ufammenimr^en nad) feften ©runbfätjen, fern üon Sßarteilidjfeiten unb Rüdfid)ten auf öerfönliclje (Stellung beS S3eurtt)ei(ten, erltärt fid) f)auöt= fäd)licfj ber grofee ©nflujj biefeS DrganS auf btefe (Süodje. Sie Ijof)e Slcfjtung üor ber leipsiger $rittf' erhielt ficf» fpejieü in SSien unüeränbert, obgteid) bafelbft im ^meiien Satjrge^enb anfangs burd) Sgna^ öon 9)Jofet, fpätertjin burdj $. 21. Stanne, eine 9ttuftfatifd)e 3e^tun9 m^ ©efdjid — bennod) aber of)ne bie geringfte Autorität unb (Sinmirfung, rebigirt mürbe. 3m 9lfl= gemeinen tjat fid) biefe 2td)tung in ungefcfjmädjter föraft bis §u Anfang beS üierten 3a£)V3el)nbS ermatten, bem 3^itpuncte nämticf), mo faft alle fünftlerifdjen SBerfjältniffe eine anbere ©eftalt in ber 31u^enmett an^unetjmen begannen, gang befonberS bie mufi= catifdjen, metdje öon ba ab fid; mit ben inbuftriellen ©e= batjrungen immer meljr unb meljr ibentificirt tjaben. 5ÜS ?ßarerttt)efe feto ein bloS rabirteS ©egenbilb öon ben 3uftänben ber Äunftfritif unferer (£pod)e aufstellen erlaubt. — £>ie auS fo üeränberten SBerljättniffen Ijeroorgegangene unb barauf fid) ftüt^enbe Sßietljeit ber 9J?ufiforgane, baS ßin= mifd)en fämmtlidjer betletriftifdjer unb OoHtifdjer ßeitungen in baS ®efd)äft ber föritif, in letjter 3eü nod) gar bie ^artei= 53eftrebungen ber fogenannten „ßufunftSmufif" im offenbaren 53rud)e mit ber tjiftorifdjen Sdjule, — bieS alles öereint mufete in unöermeibtid)er Sßeife bie 2tnfd)auungen gfeidjfatlS üeroiet* faltigen, öerflacfjen unb in iljrem ©runbmefen corruinüiren; bafjer bie gex\afyxznfyeitl folgerecht Unmirffamfeit, aller muficalifd)en Slritif, benn im ©an^en ejiftirt fte bloS gur gor* berung inbuftrietler Qroedt ©ingefnev. $aum eine beutfdje — 101 — ©rofeftabt barf fidj gegenroärtig rühmen, nur ^roet unabhängige, nad) einf)eittid)en ©runbfätjen berfatjrenbe unb jeber (£r= fdjeinung nacf) befter unb fefter Überzeugung geregt ferjenbe Drgane gu befitjen. 8n Heineren Stäbten U)irb eine unbefangene Äritif fd)on biegen bes engen gefeHfd)afttid)en ßufammenlebenS be§ Urt^eitenben unb Söeurtrjeilten, überhaupt au3 bieten fid)t= baren unb unfidjtbaren ©rünben, fd)ted)terbing3 unmögtid). — Sn unferer ßeit, roo befonberg ber bornefjme ^fjeit ber 9J?u[ifer eine ^ßrajiS gu befolgen gelernt, bie Journale gur görberung feiner runftlerifdjen ,3roede gu benutzen, ja fie förmtid) com= manbirt unb biefe ftd) p oft gegen bittigen Sßergfeicfj comman= biren laffen, mo ferner ber Dilettantismus eine fo Ijerborragenbe ^Rotle fbielt, ftarfe Söruct)tr)eite babon einen rjofjen @rab bon ®unftberftänbnife fid) gutrauen, unb boct) bon $unftroiffenfd)aft eben fo roenig befi^en, als ber in früherer $eit ™ 35efdjetben= fjeit btoS geniefjenbe Dilettantismus, felbft roenn er roirffam aufgetreten, (eS barf nur auf bie garjtlofe Strenge bon 9ftänner= gefang=$ereinen, it)re gegenfeitigen (5iferfüct)teleien, Reibungen unb ^parteiungen fjingegeigt roerben); ba roirb eine üon jebem bivecten (Sinftuffe frei unb feft ftetjenbe Äritif um fo not!)* menbiger, roenn fie nidjt bon ben bieten 2Sinbgügen fiel) bemegeu laffen unb allen Parteien gur bienenben 9)?agb roerben null. DiefeS gaftifdje geigt augenfcf)eintid) bie fjofje Sßebeutung ber allgemeinen Sftufifatifcrjen 3e^tun9 fur ienen 2tbfd)nitt ber ®unftgefd)id)te, mit bem mir eS in biefer Schrift gu ttjun tjaben. Die Sftufirer unferer Sage, bie fjäufig fo gar leidjt gu fünft« lerifc^em 9?ut)me gu gelangen miffen, menn aucfj nur für eine turge Spanne ßeit, merben aucfj barauS erfahren, unter meldjen 53ebingungen ber roarjrrjafte, über baS ©rab rjinauS reicrjenbe 9?u^m gu ermerben ift, roobei bie miffenfd)afttid)e unb gerechte $ritif atlerbingS ein ernfteS SSort mitgureben rjat. 25er erfte 3af)rgang ber lüg. Sftuf. ßt. enthält bie Strittf über bier 2öerfe unferS jugenblidjen gelben, nämlid) über brei ^artfjien Variationen, bann notf) über brei Sonaten für ^ßianoforte unb — 102 — Violine, Op. 12. Sie nädt»fte ®rttif betrifft bie „ßroölf äßaria* tionen: ©in 9Jiäbdjen ober 2&eibd)en", bann nod) bie „?ld)t Variationen: 9J?id) brennt ein fjeifjeS lieber." Sa Reifet e£: „Saft §err oan SSeetfjoOen ein fetjr fertiger Gtaoierfpieler ift, ift berannt, nnb tt)enn eS nidjt befannt märe, fönnte man e3 au§ biefen Vetänberuugen oermuttjen. £)b er aber ein eben fo gtüdtidjer Stonfe^er fet), ift eine $rage, bie, nad) üortiegenben groben ju urtfjeiten, fdjtoerer bejaht »erben bürfte. 9f?ec. mitt bamit nid)t fagen, ba^ irjm ntdjt einige biefer Veränberungert gefallen fjaben füllten, nnb er geftetjt e£ gern, baJ3 bie über ba$ £f)ema: 9Jcid) brennt ein t)eifee§ gieber, §errn So. beffer geraden finb, at<§ 9D?05arten, ber baffelbe Stjema in feiner frühem Sugenb gteid)fallg bearbeitet tjat. 51ber toeniger gtüdtidj ift !qx. $8. in ben Veränberungen über ba$ erfte Stfjema, wo er fidt) 3. V. in ber 9J?obutation Endungen unb gärten ertaubt, bie nid)t§ Weniger aU fd)ön finb." 3um Vernein »erben nun einige SBeifpiefe §ur ?lnfd)auung f)erüorgef)oben unb eine nad)= brüdüdje Söemerfung über bie „ungeheuere SDtenge Variationen, bie jeijt fabricirt unb leiber aud) gebrudt »erben, otjne ba§ mirr'tid) gar biete Verfaffer berfelben 51t miffen fdjeinen, »a§ e§ mit bem guten Variiren eigenttidj auf fid) §al" Siefer ©tid) bürfte unferm 23eetf)ouen ^ieintict) tief in'3 fyfetfcf» gebrungen fetyn. Sie Sfritif über bie brei ©onaten, Op. 12, ift eben fo curioS an fid), als auffallenb in Ve^ug auf ba$ 2Serl, felbft für jene 3eit, barum fie ot)ne Slbfür^ung mitgeteilt »erben fott. @ie tautet: „SRecenfent, ber bi§f)er bie (Stauierfad)en be3 Verfafferl nid)t rannte, mufj, nadjbem er fid) mit oieler ÜJ2üf)e burd) biefe gan^ eigene, mit fettfamen err uan — 103 — VeetljüOen gef)t einen eigenen ©ctng; aber toa§ ift bctS für ein bizarrer müf)fe(iger ©ang! ©eteljrt, geteert unb immerfort geteert unb feine üftatur, fein ©efang! 3a, menn man e§ genau nimmt, fo ift autf) nur geteerte 9CR äffe ba, otjne gute 3)?ett)obe; eine ©träubigfeit, für bie mau menig Sntereffe füf)(t; ein (Sudjen nadj feltener 9J?obutation, ein ©fettljun gegen getuöfynliclje Verbinbung, ein 5tnf)äufen öon (Sdjmierigfeit auf ©djmierigfeit, baf^ man atfe ®ebutb unb £yreube babei oertiert. 3d)on Jjat ein anbercr $Rec. beinahe baffetbe gefagt, unb 9tec. mu| i§m oottfommen beiftimmen. — llnterbeft foü biefe Arbeit barum nid)t meggemorfen toerben. ©ie tjat ifyren 2Bertf) unb fann infonberfyeit at§ eine ©d)u(e für bereits ge- übte Gfatüerfpieter Don großem Deuten fetjn. @§ gibt immer mandie, bie ba$ Ueberfdjraere in ber ©rfinbung unb 3itfammen= fteüung, ba§>, tt>a§ man SJBiberfjaarig nennen tonnte, lieben, unb wenn fie biefe ©onaten mit alter ^räcifion fpielen, fo fönnen fie, neben bem angenehmen ©etbftgefüt)!, immer audj Vergnügen an ber ©adje fetbft empfinbeu. — SSenn §r. o. 53. fitf) nur metjr fetbft üerteugnen, unb ben ©aug ber Siatur einfdjtagen wollte, fo tonnte er bei feinem Talente unb $(eif3 uns fidjer red)t Diel ©ute§ für ein Snftrument tiefern, beffen er fo aufser= orbentüd) mädjtig 51t fetjit fdjeint." Sie SCritif über bie 5ef)n Variationen: La stessa, la stessissima, ift wotjl in ber 9?eif)e ber erften ^Beurteilungen bie abfonbertidjfte. ©ie tautet bud)ftäblid): „Wlit biefen (Variationen) fanu man nun gar nidjt ju* friebert feUn. 3Bie finb fie fteif unb gefudjt unb Wetdje un= angenehme ©teilen barin, wo tjarte Kraben in forttaufenben fyatben Xönen gegen ben Vafc ein f)äf$tid)e§ Verf)ättnif3 madjen, unb umgefetjrt. üftein, e£ ift waf)r, §r. 0. 25. mag pfyantafiren fönnen, aber gut §u oariiren üerftet)t er nidjt." — £>ie§ fagt mau einem Somponiften, ber bereits bem 30. SebenSjafjre naf)eftet)t. SBeldjer ©porn 5U gortfetmng ber Slnfeinbungen mag nidjt baburct) ben ©egnern gegeben worben fetju! — 104 — (£tma§ freunbfidjer fdjon lautet bie ftritif im gtueiten Saljrgang ber 3(tlg. Sftuf. 3*9- UDer Op. 10: bret ©onaten in C moll, F dur unb D dur für ^ßianoforte, bie b(o§ in ityrem erften Steife f)ier angeführt roerben fott. „@3 ift nidjt ju leugnen, ba^ §r. ö. 23. ein Wann öon @enie ift, ber Drginaiität fyat unb burcfjaug feinen eigenen SSeg gefjt. ©a^u ftdjert itjm feine nid)t geroöt)n(id)e ©rünblid)? feit in ber t)ör)ern Schreibart unb feine eigene aufjerorbentftctje ©ewaft auf bem Snftrumente, für ba§ er fcfjreibt, unftreitig ben 9?ang unter ben beften G(aöier=Qomponiften unb ©piefern unferer 3eit. ©eine $ü(le öon %been, üor bencn ein aufftrebenbe3 ©enie geröötjnlict) fid) nicfjt §u laffen raeij?, fobalb eö einen ber ©arfteüung fähigen ©egenftanb erfaßt, üerantajjt ifjn aber nodj 5U oft, ©ebanfen roifb auf einanber §u Raufen unb fie mitunter öermittetft einer etma3 bizarren SOcanier bergeftalt 51t gruppiren, baft baburdj nid)t fetten eine buntte &ünftüd)fett ober eine fünft* üdje SunMrjeit f)eroorgebrad)t mirb, bie bem ©ffect be§ ©an^eu erjer 9?ad)tf)eit aU ^ort^eit bringt, ^^antafie, rcie fie Söeetrjoöen in nidjt gemeinem ©rabe f)at, jumat öon fo guter Äenntniß unterftüttf, ift etma§ fetjr <2d)ä^bare§ unb eigenttid) Unent= bet)rtid)e3 für einen Gomponiften, ber in fid) bie 3Öeit)e 51t einem gröfeern Äünftter fütjtt unb ber e§ üerfct)mäf)t, f(ad) unb überpoputär gu fdireiben, öielmerjr etroa§ aufftetleu mill, ba$ innere^ fräftigeS Seben fjabe unb audj b^n Kenner $ut öftern SBiebertjoIung feinet 2Serfe§ eintabe. Mein in alten fünften gibt e§ ein Uebertaben, ba$ öon gu ötetem unb rjäufigem SBirfungSbrange unb ©etetjrtt^un rjerrürjrt, mie e§ eine Sllar^ett unb Stnmutfj gibt, bie bei alter ©rünbtidjfeit unb 50?annigfattig= feit ber ßompofition gar tuoljt befielen fann." 3n Söegug auf Deconomie münfcfjt ber morjtöjollenbe 9?ecenfent, ba$ ber Gom= ponift fid) öon if)r leiten laffen möge unb tnüpft nod) 9?adt)= ftef)enbe§ baran: „@§ finb lüofjt roenige Sünftler, benen man ^urufen muß: fpare beine ©djätje unb get)e f)au3t)cüterifdj bamit um! Senn ntdjt öiele finb überreid; an Sbeen unb fetjr gemanbt — 105 — in Kombinationen berfetben ! (§3 ift atfo meniger birecter Xabel, \va§> §ernt o. 25. f)ier treffen fotf, ai§> bielmefyr ein tvofyU gemeinter $uruf, ber, menn er auf ber einen (Seite aHerbing§ tabelt, auf ber anbern immer etma§ (SfyrentiolIeS behält." SBeiter in bie Aufarbeitung ber Sonaten eingeljenb ift metjr £obe§ al§ STabetS §u finben. D^ictjt unintereffant barin ift bie bem Somponiften ertfjeifte SBarnung : „ . . . . aud) mo§l untermeiten fid) Weniger an Sätje ber Drget 311 erinnern." — 2)er9iecenfent Ijat ben ehemaligen Drganiften in biefen «Sonaten ge- mittert! @§ märe bocti ermünfdjt, bie betreffenben Stellen angegeben 5U fefjen. £>eut $u Xage mürbe man fie felbft mit bem fdjärfften £ete§fop nidjt auf finben — toeit berleiSätje mirftirf) nidjt barin finb. ßufeijt noci) au§ biefem Sa^rgang — ber ba§ ad^elnite vsaf)rt)unbert abfdjtiefct — bie Slritif über Op. 13, bie Sonate pathetique. Sie barf fjier nidjt festen, meit barin bie erfte Spur 5u finben ift üon bem, menngteid) nodj fet)r uorfidjtigen, ©ingefjen ber Shirt! in ben poetifdjen öntjatt, unb biefe nidjt blo3 beim ^edjnifdjen beS 2öerfeö ftetjen bleibt, mie geitübtid). @§ ift nidjt unioatjrfdjeinlid), bafc ber (Sompouift burdj ben djaraüteriftrenben SSeifat; „pathetique" bem SMtifer ben SBeg ge5eigt, t)at bort) biefer 35eifat> — ber §uüörberft ber Sonate in C moll, Op. 10, megen entfrtjieben traftigerer Uebereinftimmung im Gtjarafteriftifdjen ^mifdien bem lften unb 3ten Sat;, gebührt ptte") — fomotjt auf Äünftfer mie auf ben gefammten Dilettantin mu$ eine übermättigenbe 3Birfung ausgeübt, meil er eine greife bare £)anbr)abe barbietet. 28a3 fagt nun motjt bie ®rttif im Februar 1800 über biefeg Sßerl? 23udjftäb(idj fotgenbeS: 57) Das dürfte eine von den ästhetischen Unglaublichkeiten sein, an denen das Schindlersche Buch nicht gerade arm ist; also: das Finale von op. 10, 1 und das Finale der Sonate Pathetique sollen im Charak- teristischen übereinstimmen ! In op. 1 0, wo das bei aller straffen Kürze überaus leidenschaftliche Finale in Prestissimo-G angart steht — und beim Finale der Sonate Pathetique in 4/4-Gangart! — Das geht nicht an! Eine Charakterzusammenstellung bei 8/8- und 4/4-Takt! A. d. H. — 100 — „9?idjt mit Unrecht fjeiftt biefc motjtgefdjriebene (Sonate pattjetifdj, benn fie üjat mirfüd) beftimmt teibenfdjaft- tid)en Gfjarafter. @b(e ©djmermuttj fünbigt fidj in bem cffect^ botteu, it>of)( itnb ftiefjenb mobutirten ©raüe au§ C moll an, ba% ben feurigen 3föegro^@a^, ber biet [tarfe 23eroegung be§ ernften ©emütt)3 anSbrüdt, bisweilen unterbricht. Sn bem Stbagio au3 As-dur, ba§ aber nidjt fdjtebbeub genommen roerbeu mufj, unb fomorjt fdjöne füeftenbe 9J?etobie al§ 9CRobufation uub gute Semegung i)at, miegt ba§ ©emüttj fidj ein in Smutje unb Stroftgefütjt, au§ roeldjem e3 aber burd) ba$ 9?onbo in bem erften i£on be§ Megro, in beibertei Sinne be§ 9£ort§, toieber gemedt mirb, fo hak atfo baS ber «Sonate -jum fcmbe gelegte §aubtgcfüiyt burdjgefüfjrt mirb, moburdj fie fetbft (Sinljeit unb inneres Seben, atfo mirftidj äfttjetifdjen 2Serit) erhält. So etma§ rjon einer Sonate jagen 511 lönnen, borau<§gefet$t, mie tjier ber %aü ift, baft jebeä übrige Gsrforbernifj ber muftcatifdjeu ^unft nidit unerfüllt gelaffen ift, bemeifet offenbar für it)re Sdjöntjeit. ©a3 ©injige, roa§ 9?ec. einem 23eett)oben, ber motjt fetöer erfinben unb neu fetjn fann, menn er miß, gerabe nidjt a(§ £abet, nur als Sßunfdt) mehrerer sßottfommentjeit an= redjnen möcijte, märe, ba^ ba§> SUjema bom 9ionbo ju biet bon einer Steminifcenj an fidj tjat. SBotjer? fann SfJecenfent fetber nidjt beftimmen, aber neu ift ber ®ebanfe menigfteuS nidjt." 9Bie ber Sefer au§ biefen menigen SBeifbieten erfietjt, fo fann ber fortbauernbe Äambf unferS 3fteifter§ mit bem Sitten, (tfemoljnten, ©ingetebten allein burd) bie Sritif ber (Spodje gur ?(nfdjauung gebradjt merben. Sie mar, mie natürtid), it)r §(u§= brud, unb nicfjt bergeffen barf mau, baf3 biefe ßboctje bie tarnen ^atjbn unb S£Ro§ar t trägt. ©af? bie Äritifen in ber ?tt(g. 9Jhtf. ,ßtg. a^ier niemals bie ©ren^tinie be§ Stnftänbigen unb 5tdjtung§boüeu gegen 93eett)oben überfdjritten, fetbft in ber sroeiten Sßeriobe, mo nod) biet fdjärfere §u finben, baf} fie niemals fo gelautet, mie ein $Beettjoben=(Sntfjnfiaft neufter 3e^ au^ufagen fidj erlaubte, menn — 107 — er unter embern anführt: „Söunberbinge lieft man bort Dort ber „„^mpertineng"" be3 „„talentlofen jungen ganten,"" ber ftdj in ben „„tottften Söigarrerien roie jutn §olme ber Äunft ergebt,"" barf üerfidjert merben. SSorftefjenbe 23eifpiefe geigen ba§, unb alfo lautet bie 2lu§brud3tt)eife in alten übrigen. Jöeetljoüen'iS SBerfjatten gegen bie Stritif im allgemeinen ift un§ bereits 6e!annt. (£§ ift ein fotdjeS, loie man e§ üon einem fetbftbemuftten ^ünfller, ber fid) ein r)ot)eö 3iel geftedt, nid)t anberö erwarten mirb. 2)ennod) motten mir e3 if)tn nidjt befonberg üerargen, menn iljn bie oft fefjr unfreunbtidjen unb ftrengen Urteile be§ leipziger %xxbvmalä gumeiten berftimmt Ijaben foltten, meil fie feinen ©egnern SBorfdjub geleiftet. Sit melier SSeife aber er ftcf) mieber gu faffen Oerftanb, geigt eine Stelle ait3 feinem Briefe öom 15. Sanitär 1801 an ben Verleger ^ofmeifter, barin er ftcf) über bie „ÖeipgigerD " ausläßt. (£r fdjreibt: „Saffe man fie boefj nur reben, fie merben gettnfj niemanb burefj iljr ©efcfjmät; unfterbtief) maetjen, fo tuie fie autf) niemanb bie Unfterbtidjleit nehmen merben, bem fie t»om 2lpolt beftimmt ift." §ofmeifter, ber biefe §(nmerfnng mal)rfcfjein= lid) proüoctrt, err)ä£t barin gugteid) etmaö Slröftitttg. Sm ©angen fabelt aber bie „Seipgiger £> " nur itjre ^füdjt gettjau. ©nbtid) nod) bie furggefajste uon plus ultra bleibt, Ijabe id) biefe SCrt be§ ©enuffeS nirgenbä in bem 9ftaf$e gefunben, in metdjem fie mir bei Seetfjooen guSfjeit mürbe." 3tt>eite ^eriobe* 33on 1801 bis @nbe 1814. 9?i$t8 bon Zufiel Sßeeifjoben an SBegeler. SBor Sßieberaufnaljme be3 Ijiftorifdjen gaben3 mirb el notljmenbig, einen 93üd auf ben 3?reunbe3frei§ §u roerfen, bon bem ber grofje s?J^etfter bei beginn biefer ^eriobe umgeben gemefen. 9Iud) folt fogieid) auf bie 3)auer biefe§ freunbfcfjaft= liefen Vereins unb feine SBedjfetfätle Sebadjt genommen werben, um fpätert)in ben ©egnern ©eetijoüen'S aud) in biefem Sßuncte ermibern p rönnen. ?lu3 ber oorauSgegangenen Sßeriobe rennen mir bereite ben dürften Start 2ict)nom$h)r,s) als Oäterüdjen greunb unb ©önncr be§ jugenblitfjen 8Mfter§, — gleichzeitig t)atte fid) it)m aud) beffen ©ruber ©raf SRorig 2id)nom3ft) angefccjfoffen. (Sin dritter mar ber taif erliefe £)of=<2ecretär 9cifolau§ oon ßmeSfall. — tiefer $rei3 toergröijerte fid) 5« Stnfang biefer ^ßeriobe burd) ^in^ntreten be3 ©rafen 5ranä Don 33*un3* mief,50) 83aron Sofept) oon ©teidjenftein60) unb Söaron s^a§qua(ati.ü]) gumacljS *)atte er bereits burc^ bie im 5rüt)(ing oon 1800 erfolgte Slnfunft oon ©tepfjan oon 58) Der in Beethovens Leben so außerordentlich einflußreiche Fürst Carl von Lichnowsky, geb. 1742, starb bereits im Jahre 1814. A. d. H. 59) Dieser intime Freund des Meisters, etwa 9 Jahre jünger, ist im Jahre 1779 geboren. A. d. H. 60) Freih. v. Gleichenstein, geb. ? A. d. H. 61) Baron v. Pasqualati, geb. ? A. d. H. — 109 — 93reuning62) au3 Sonn ertjatten, ber in ber 9lbfid)t nad) SBien getommen, um in ben öftreidjifdjen ©taatöbienft 3U treten.*) SSon gadjmufiiern gehörten biejem engeren $reunbfd)aft3= frei3 nur ätoei an, nämtid) ber fdjon früher genannte Sgnas (Sctjuppangigt) unb ber at<§ Sinter, ßomponift unb Äritifer bekannte unb bamatS fet)r gefdjä^te g. 9t. Äannc.63) Sfadj gerbin anb 9lie§64) mufe biefem Greife ^ugefeKt toerben. @r fam im §erbfte be§ SaljreS 1800 al§ fiebenje^n jähriger 3üng= (ing nad) SBien, um bei [einem 2anb3manne Seetijooen Unter* rtdjt im (Staöierfpiel gu nehmen. Sn ber gmeiten §ätfte biefer ^eriobe fetjen mir biefen ÄretS nod) um $mti SDcitgtieber oer= metjrt: Dfioa05) unb farl 5öernarb,66j erfterer $f)itotog, ber anbere ©idjter unb bettetriftifdjer ©ctjriftftetter. 2tlte tiefe (benannten, mit 2tu§nai)me be§ dürften unb gerb. 9frie§, ftanben mit bem Xonbidjter faft im gleiten 2ttter. tiefer Slreiö erlitt in ber §u befpred)enben ^ßeriobe nur burct) Slbreife öon 9iie3 1805 eine Sßeränberung. 3m Safjr 1808 fam berfelbe auf ber fRüdreife au§ SRufctanb mieber nad) äöien, oermeitte jebocf) nur menige SDconate bafetbft. Stufeerfyalb biefem Greife ftanb ein ©djmarm üon Äunft* freunben unb SSemunberern beö neuen ®efiirn§, beftiffen, e§ alter Orten 51t umgeben, um, hrie e§ bei gtänjenben @r= *) (Sin innige^ greunbfdjaftäüerbältnijj beftanb ännfcben öeetboüen nnb 2tmenba, einem Surtänber, ber aber fcf)on um 1799 SBien öerlaffen, um in ber £>eimatf) eine ^afiorat anzutreten, ©r mar ein guter ÜDiufifer unb fdjrieb felbft Quartette. Sie legte (Sorrefponbenj mit biefem Wanne, bie nodb norbanben, batirt au§ halfen, 20. Wäx$ 1815.67) 62) Der treue Stephan von Breuning überlebte den Meister nur um ein Jahr; er starb 1828. A. d. H. 63) F. A. Kanne, geb. 1774, gest. 1833. A. d. H. 64) Ries ist geb. 1784. A. d. H. 65) Oliva, geb. ? A. d. H. 66) Bernard, Carl, geb. ? A. d. H. 67) Diese Briefe an Carl Amenda nebst erforderlichen Erklärungen stehen in B. S. Br. No. 435 u. f., II. Band. A. d. H. — 110 — fdjeinungen, üornef)m(id) auf bem ©ebiete ber SÜcufif, allzeit ber $ail, feine en ba% Anbeuten an biefe üortrefftidjen SOMnner für alte 3e^ bema^rt miffen mottle, mödjte raofjl auS feinen Sebicationen gu entnehmen fetjn. S)em fürftürfjen greunbe unb ©önner finb öier SSerfe gemibmet, barunter fein Dpu§ 1, bie brei S£rio'3, bie Sonate pathetique, bie (Sonate, Op. 26, unb bie gmeite «Sinfonie. 2)em ©rafen Sidjnotttöft) finb bie $ünf= jetjn Variationen, Op. 35, unb bie «Sonate, Op. 90; bem ©rafen 23run3mid bie Sonate in F moll, Op. 57, unb bie gantafie, Op. 77; bem SBaron ©leidjenftein bie (Sonate mit ViotonceH, Op. 69; bem Saron Sodann üon $a3quafati ber (£tegifd)e @efang, Op. 118; bem (Stefan öon Sßreuning ba§ ViotimGoncert, Op. 61; unb bem £>of=(Secretär oon gmeSfatt \)aZ Quartett in F moll, Op. 95, gemibmet. 2)en dürften aufgenommen, ber fdjon 1814 ba§> 3eittid)e gefegnet, tjaben bie anbern SDfänner alte unfern 2onbid)ter überlebt unb maren mir alle perfonlicf) raof)( befannt, tt)ettv befreunbet. ÜHit bem ©rafen Sidjnomäfn ftanb id) in ftetem Verfetjr; in unmittelbarer 9cäf)e beö ©rafen Srunsmid der* — 111 — (ebte id) bie beiben SBinter bon 1828 unb 1829 gu $eftf), mit ®cmne unb ©djuppanjiglj führten micfj bie gemeinfamen mufi* caüfdjen Sntereffen, fpe^iett bie Sntereffcn $eetljou>en'3 §ufamraen. 3)iefe Scanner, tüte aud) befonber§ nod) Stephan bon 23reuning, gelten alz bie tebeubigen Quellen, auZ baten id) einen großen £f)eit beö bor beginn meiner perföntidjen SSe^ietjungen 51t 23eetf)Oben ßui'üdiiegenben geköpft fjabe. Sine Umgebung au§ lauter gebUbetcn, fid) gegenfettig adjtenben unb bem £onbid)ter in Siebe unb Xreue ergebenen Männern fonnte, fefbft bei aufteilen borgefommenen 9J?einung§= berfd)ieben()eiten, nid)t rootjt geeignet febn, bie £)inge um ifm tjerum 51t trüben ober gar 5U berroirren unb baburd) Stnlafe ju geben, baZ ljarmonifd)e SBerJjältnijj sunädjft jum SWadjtfjeUe öeettjoben'g feCber 51t ftören. 5(ud) bie auf$erfjal6 biefeä Greifes 9ftitrebenbeit bermod)ten nur in fo toeit gefä^rlict) §u merben, alz biete fö'öpfe unb biete ©inne fetten eine <&ad)e gutn ©uten führen. 2Ba§ mar e§ atfo benn, ba3, ungead)tet eine§ fo ftarfen SBoHmerfö um bie $ßerfon be§ großen äfteifterä, bennod) im ©tanbe gemefen, bie 2)inge ^u bermirren unb it)n fetber in baZ angerichtete SSirrfat f)inein ju gießen V 2ßa§ mar e§, baZ fogar bie guten unb uneigennützigen ©inmirfungen foldjer J^reunbe, mie mir fie ehm fennen gelernt, 51t ©djattben gu machen unb biefe auf fürjere ober längere £>auer au» SSeetrjoben'S 9xät)e ^u entfernen raupte? (£in Sörüberpaar mar eS, bem Sfteifter burdj 35anbe ber Sföatur angefjörenb. $n bemfetben bereinigte fid) in $otge fcfyiefer Stnficfjten, geftiff entließen 2Biber= fprud)3, §eud)e(ei unb ^ntrigue eine Wlad)t, bie burd) bösmitlige ©trebungen bie $ürforge jener Scanner für ben $reunb teicfjt 51t nidjte machen tonnte, unb mirfiid) oft gemad)t t)at, nietet immer aber otjne taute, aggreffibe 93efet)bung ber Parteien unter einanber. Offenbar rjat bie üftatur ein fettfameS ©piet gefpiett, alz fie bem f)od)finnigen, öon ber 9ftufe ber £ontunft gemeinten, aber nad) einigen (Seiten Ijin fdjmacfjeu 33eetr)oben ein S3rüber= paar ^gefeilte, baö bon gemeinem Mmergeifte beljerrfdjt feiner — 112 — f)öf)eren Üiegung fätjig geluefeu. $n biefem Sörüberpaar fefjen mir bie §tx>ei ben £onbid)ter beüormunbenben Sßerfonen, auf bie bereite in ber erften ^eriobe rjiugebeutet morben. £er ältere biefer Vorüber, Sart, geb. 1774, folgte alöbatb bem Gomponiften in bie Äatfcrftabt nad), mo er burdj beffen Sermenbung eine StnfteÜung an ber 9?ationa(--93anf ermatten. 2>er jüngere, Sodann, geb. 1776, nafym aud) feinen 2Beg nad) SBien, nad)= bem er in Sonn bie ?lpotf)eferfunft erlernt rjatte. Um bie (Sinnesart biefe§ 23rüberpaar3 bem oben bezeichneten greunbe§f reife gegenüber mit einem SSorte au^ubrüden, merbe it)m bie Benennung „böfeS ^Srincip" beigelegt. 2(n 23egrünbung tiefet Gijarafteriftifdjen roirb e§ in biefer ©djrift rtict)t fetjten. ßunädjft fotl gerbinanb 9?ie3 gehört merben. (Sr fagt auf ©. 97 feiner btograpfjifd)en S^otijen: „23efonber§ bemühten fidj feine 33rüber, alte näheren Jyreunbe oon iljm fern $u tjatten, nnb mag biefe aud) immer ©d)tedjte3 gegen iljn trieben, moüon man il)n üotlftänbig überzeugte, fo foftete e3 itjnen nur ein $ßaar Xrjränen unb gleid) Oergaf3 er alte3. (Sr pflegte bann gu fagen: „ßö ift bod) immer mein Vorüber," unb ber greunb befam $ormürfe für feine ©utmütrjigreit unb Offenheit. 2)et ^raed ber SSrüber mürbe in ber Strt erreidjt, ba$ fid) üiefe greunbe oon iljm äurüd^ogen, befonberS al§ e3 feiner £art= fjörigfeit megen fdjmieriger mürbe, fid) mit iljm gu unterhalten." 3u ziemlid) flarer Stnfdjauung ber 53eüormunbung 33eet= fjooen'il burdj feine ©ruber mirb bie 9ftittrjei(ung eineä 23riefe3 oon ber £anb be3 älteren üerljetfen, beffen SBortlaut mor)t at(e§ bekräftigt, ma3 in biefem ^Betreff Oon roem immer auSgefagt mürbe, tiefer ©rief ift bie ©rmieberung auf eine Oon ber Sotjann Slnbre'fdjen Sftufiftjanblung gu Dffenbadj an unfern £onbid)ter geridjtete anfrage um neue Sftanufcripte jur §erau£= gäbe in itjrer Offizin. 2)a§ Original befinbet fid) in ber 2(utograpl)en*<2amm(ung ber grau ©et(i=©ontarb $i ^xanU fürt am Sttain, bie e£ mit biplomatifdjer ©enauigfeit eigen* fjänbig copirt tjat. 2)er Wortlaut ift folgenber: — 113 — SBien am 23. 9?ooemb. 1802. (Suermof)f gebotener! §aben un§ neufidj mit einem ©djreiben beehrt, unb bett Sßunfd) geäußert einige 2J?ufifa(ien uon meinem 23ruber ju befitjen, mofür mir ifjnen fe^r banfen. (Gegenwärtig fjaben mir aber nid)t§ al3 eine Simphonie bann ein grofeö Bongert für Planier, für bie erfte ift 300 ft, für ha§> gmeite aud) fo öiel, wollten ©ie 3 Sltaüierfonaten, fo !önnte idj biefe nid)t anberS at§ 900 ff geben, atte§ in 3öienermät)r., aud) biefe tonnen ©ie nidjt auf einmal er- Ratten, fonbern alle 5 ober 6 SBodjen eine, Weil mein 35ruber ficf) mit fotdjen Äleinigfeiten nidjt oiet metjr abgiebt u. nur Oratorien, Opern :c. fdjreibt. £>ann bekommen mir aud) nod) oon jebem ©tüd ma£ ©ie üieteid)t ftedjen werben immer 8 Exemplar. Stuf jebem $at( aber, bie ©tüde mögen Sfjnen gefällig fetjn ober nidjt, bitte idj um Antwort, weil id) fonft aufgehalten mürbe ©ie an jemanb anbern gu oerfaufen. Studj tjaben mir nod) 2 Adagio für Violin, unb ganger Snftrumentatbegteitung, metdje 135 fl foften, bann aud) nodj 2 {(eine leidjte Sonaten mo jebe nur 2 ©tüde tjat, me(d)e um 280 ft 51t Sfjren ®ienften ftetjen. ©onft bitte id) alles fd)öne§ an unfern greunb ®od) gu fagen. St)r unterttjänigfter Ä. 0. 93eet§ouen l t ßaffenbeamter. ©rängt biefeS ©d)riftftüd nictjt gu Kommentaren ber fettenften 9Irt? 3ße(d)e (Snttäufdjung — ben erhabenen £on- bid)ter oon einem fo gemeinen ©djadjerer beoormunbet fefyen gu muffen! 2)ie SBinbbeutetei barin oon „foldjen Äleinigfeiten," — „nur Oratorien, Opern," menngteid) mefyr als täd)er(id), miegt bod) gegen bie ©efinnung be§ (Gangen ntd)t fdjmer.68) Sin Opern 68) Das Urteil Schindlers über die Brüder des Meisters ist nicht ohne scharfe Irrtümer, wie es sich noch zeigen wird. Die guten Seiten beider sind nicht genügend hervorgehoben. A. d. H. 81. Sambiers 58eetf)o&ert»93togrol>fjie. g — 114 — fjatte Seetfjoüen 1802 nodj faum gebacrjt, unb e6en mocfjte er mit Aufarbeitung ber ©antäte „S^rtftuS am Cetberg" be= fcfjäftigt geroefen fetjn. 2öie öiele Briefe ärjrttic^en 3nf)att§ mögen nitfjt bie Slufmerffamfeit auf bie gu SBten in muftcalifcfjen 9ttanufcripten madjenbe girma ber ©ebrüber S3eett)onen erregt {faben ! (£g begreift ftdj nun roofyl, bafj bie Summe be3 Un- angenehmen unb SBiberiüärtigen jegtid)er 2lrt, bie ftdj im Saufe ber ßeit burd) ba§> 9J?ebium be§ böfen $rincip§ um ben 9J?eifter angehäuft, eine grofje geroefen fet)n muffe, unb barum allein fdjon geeignet, ba§> ©efcfjäft beö Siograprjen im f)ol)en ©rabe ju erfahrneren. ®e3rjatb, aber nocfj au3 tiefer liegenben ©rünben, fief)t er ficf) bemüßigt, biefe 3uf^rtbe unb 23errjä(tniffe fo oief tfjunlid) toie ^öaHaft %u berjanbeut, unb fid) an bie beffere Seite ber (Srfdjeinungett in be§ 9)tofter3 Seben unb SSirfen galten ju motten; benn bortf)er bürfte für bie ättufifroelt ein größerer ©emiun, für bie $3eret)rer aber ber SSeetljoüen'fdjen Stonmufe mefjr Sntereffe gu errieten fenn. @§ mirb nur uorrjer bie aü= fällige $rage gu beantmorten fetjn, mie ficf) morjt 23eetf)ooen für fein Xtjeit in biefen materiellen ©efdjäft^angelegen^eiten üer= tjatten fyabe? 2Sie ©iner, ber fotd)en Singen ftet3 ben dürfen 3ufet)rt, meil ifjm bie 9ktur jebe Begabung, jebe (£inftd)t barein uermeigert f)at; barum mirb ber fid) Sßorbrängenbe leid)te£ Spiel rjaben unb biefen Mangel an (Sinfidjt bei jeber ©elegen* Ijeit ju mi^braudjen üerfterjen. 3(ud) biefe fd)tuad)e Seite an unferm äHetfter rennen mir bereite fo giemlid) auö ber erften ■periobe, bafjer SBeitereä barüber rjier mofjl überflüffig märe. 21 Hein biefer 3uf*an0 oer ®ingc bleibt nid)t immer berfelbe. ßu 2lu§gang ber brüten Sßeriobe mirb ber Sefer öietfeidjt nicfjt ot)ne (Srftaunen erfahren, nm3 ber grofee 9tteifter in ber §anbel!?fd)ule feiner S3rüber gelernt unb mit §ülfe eine§ gefd)idten 9ied)enmeifterg tf)eil§ au3gefüt)rt, trjeilS auszuführen terfudjt t)at. — 115 — Sftacf) biefem gebrängten $orberid)t mit ben rjernortretenben, 1801. Seben unb Sunft berürjrenben ^Begebenheiten biefer ^Seriobe be= ginnenb, fällt, aU eine ber bebeutenberen, bie (Sntftetjung, refp. 2luffüt)rung be§ 23atfet3: £>ie @efcfjöpfe be§ Sßrometrjeu'ä gu aüererft in bie Stugen. 2)er SSerfaffer befanb fidj in ber erften StuSgabe biefer (Schrift im Srrtfjum, inbem er bie erfte Stuffübjrung biefeS 2öer!e§ um ^mei Sarjre gurüd oerfettf rjat. @S gefdjat), med alte 9?ad)ricfjten barüber fcfjmanften nnb 3Us nerläffigeS nicfjt aufjufinben mar. S)a lieft fid) r>or fur^em un= t)ert)offt ein X^eater^ettet au§ bem Saljre 1801 auffinben, ber nidjt nur ba§> SJatum ber er[ten 5tuffür)rung bieje§ 2kltet§ an- gibt, fonbern pgteicfj conftatirt, bafj baffelbe mit 23eetrjor>en'§ Sftufif roirHid) in @cene getuefen, morüber 3toeifef erhoben morben maren. SBieberum ein fprecrjenber $Bemei3 metjr, mie fogar Verbriefte rjiftorifdje £atfad)en am fetten £age üerloren getjen fönnen, fo bajj fctjon in ber nädjften ©podje it)re jemeitige @jiften§ beftritten mirb. 2>a§ auffinben biefe§ unmibertegticfjen 3eugen, nebft beigetjenben fjiftorifdjen unb int)altttcf)en 5(n= merfungen, berbanfen mir bem §errn Dr. Seopotb ©onn= teit^ner,69) §ofri(^ter (Suftijamtmann) be§ 23enebictiner*8tift§ „5U ben ©Rotten " in SBien. ßufotge biefe§ grauen 3euQen uno bw t>om genannten @e= roäfjr§manne beigegebenen Zotigen fjatte bie erfte Stuffürjrung am 28. 9tfär§ 1801 im £ofburg=%rjeater (Statt. $n biefem unb aud) im fotgenben Satyr marb ba% Söallet nod) giemlid) oft aufgeführt. SSeiterfjin berfdnt-anb e3 für biete Satjre unb tarn erft roteber am 18. Sftoüember 1843 im $ärntnertrjor=£t)eater unter bem uormatigen 'Sitel — „in 2 5(ften unb 6 ?lbtf)ei= lungen" — §um SBorfdjein, unb §mar mit 9ftufif öon 33eet= rjoben, SJJoäart unb Sof. £>anbn. 2lu3 SBeetfjOben'S Partitur maren nur bie intereffanteften «Stüde benu|t. @3 erlieft fid) 69) L. von Sonnleitner lebte von 1765—1835. A. d. H. 8* — 116 — roieber mehrere Seigre, ferner befagt jene SDfittrjeilung, bafe ba§ am 22. Wlai 1843 gu 9ftai(anb im Xbjeater Alla Scala ge= gebene galtet unter gleichem Xitel öon Salvatore Vigano, in |)anblung unb Bearbeitung öon ber erfteu SSiener Bearbeitung roefenttid) abmeicfje. Sind) tjiesu mürbe $eett)oüen'3 9ttufif be= nu£t, aber mit (Sinfd)a(tung mehrerer Xonftüde öon Sof. £at)bn unb anberen 9J?etftern. 2)ie Aufarbeitung ber ^artitur §u biefem d)oräograöl)ifd)ett Sßerfe be§ bamatigen Balletmeifierg am §of=£tjeater, ©aloatore Bigano, folgte bemnaef) unmittelbar ber erften (Sinfonie. £afc biefe 9ttufif feit bem Burütf legen beö Mets (1802) bei 2eb* geiten be§ (Eomöontften nid)t roieber gehört roorben, ift befannt. &efto öfter ift ber Duöerture bie (£rjre roiberfaf)ren, bie, ben leid)t au^ufürjrenben Duüerturen öon SO^art beigefellt, öon ben SSiener Drdjeftern in jebem Safjre un^ä^lige 9J?at öor= getragen rourbe. $d) erroälme biefe§ an fiel) toot)t gleichgültigen $aüe3 nur barum, um bie fdjtimme SBirfung eines? einzigen 21ccorb3, unb groar beffelben, mit bem biefe Duöerture beginnt, anführen gu fönnen. S§ ift bod) anmerfenSmertt), raenn ein einziger 9(ccorb bie 3Sirl'ung ^u unöerfbrjnlid)er geinöfdjaft bei (Sin^etnen im Greife ber äftufifgelerjrten §u erzeugen im ©taube getoefen. lieber bie $ata biefeä Slccorbä tr-uftte Beettjoüen gu ersten, baf$, roaö fid) bis babjin im ©remio ber alten SSiener Sonletjrer nod) ntctjt §u feinen erllärteu (Gegnern gejault, biefer Slccorb e§ beroirft t)abe, unb groar in ber ?trt, baf$ einige biefer alten SKeiftex, (befonberS $reinbt [geb. 1758, geft. 1826], 6apeil= meifter bei ©t. (Steötjan unb Sßerfaffer eines £ef)rbud)§ ber 2on= fetjfunft*) ) ob biefem unerhörten, fed rjingefdjteuberten gef)be= rjanbfdml) in ©eftalt eineä <2ecunb=2lccorb3, irjm, bem öer* roegenen bitter, immerroäfjrenbe geinbfcfjaft gefdjmoren unb ben *) Sarin ttmb aud) nad) alter §au3orbmmg gelehrt, bafj jebeä Zon* ftücE mit bem 2)reiflang auf bem ©runbton ber Sonart anfangen muffe, ©ine Slbtoeidmng t»on biefem öefe£ mar bis auf 33eetfjot>en nod) nid)t ba= geroefen. C£r beginnt aber biefe £>ut>ertnre fogar mit einem biffonirenben — 117 — ©ctjrour gehalten tjaben. 9J?an fennt ja bie Untier föf)nlicf)!eit ber ©rammatifer. Notf) über ba3 ©rab f)inau§ berfotgen fie ben ©egenftanb it)re§ §affe§. 23efonber§ tätige ©enoffen in SBefthubfung fo(d)' unerhörter Neuerungen fanb Sofebfj ^ßreinbt an feinem Kollegen £>b,oni3 SS e ber70), fbäterem £)irector be§ Sßrager (Sonferbatortum§, unban 9lbbe ÜDfarjmUian ©tabler, teuerer einften§ mit Stuart befreunbet. SÖeibe t)aben e§ in offener 93etambfung ber 23eetf)oben'fd)en Neuerungen, überhaupt at§ feine unberufenen ©egner, am (ängften aufgehalten, lieber ben 5lbbe roirb e§ Gelegenheit geben nocr) metjr anäufüfjren, benn er fpiett in 23e5itg auf SBürbigung 93eett)ot)en'fct)er 9ftufif in einem bebeutenben Greife bon SDcufifern au§ £)ab,bn'§ unb Sftoäart'S @poct)e eine mistige Notle. Vorläufig nur, ba$ er unfern Stteifter um fecfjS Safyre überlebt fjat. SSiel länger nod) lebte £>t)oni3 SSeber70) (geb. 1771), er ftarb at§ f)of)er (Siebenter. 3lu§ bem Safere 1802 roirb bon 3(uffüf)rung großer, neuer 1802. SSerfe rtictjt bie Nebe febn, bietteidjt barum, toeit ftctj ber üfteifter in borau§get)enber $eit bto§ mit „Slteinigfeiten abzugeben" für gut fanb — um ben £erminu<§ feine§ brüberlidjen ©atf)roatter§ unb 3$ormunb§ für SSerfe beizubehalten, bie borjugSroeife für bie ©in- gemeinten bie tieffte Sßoefie bergen. Qu ben in biefem 3ab,re gebrucft erfd)ienenen SSerfen §ät)(en bie ©onaten mit Biotine, Op. 23 in A moll unb Op. 24 in F dur, bann bie ©onate in As dur mit bem £rauermarftf), Op. 26, unb über aHe§ bie§ nod) bie beiben ©onaten (quasi Fantasia) in Es dur unb in Slccorb. Seiner Betet unb Sttotbio übet ben ©efe^überttetet. — Uebetfiaupt etfdjeint in bem ^reinbl'jdjen Sebtbudje (uon Qgnoj t>on <5et)ftteb untet bem Xitel „SStenet Sonfdutle" neu in 2 93änben betauSgegeben) bie %on- mijienfc&aft auf ein Sttinimum äitfammengefcbtumpft, unb enthält getabe, ma§ ein Söienet Sonfefcer füt'3 §au3 btaudjt. Sßiel SBiffen mad)t topf« meb. 28ie fiele ©etfeelbiebe Ijat niebt biefe§ „Sonfe^letjtbucb, be§ alten 9?eicb>Gomponiften" oon 93eetbouen au^ubalten gehabt! ®amit teüangitte er fieb, an ben Sßetücfenfiöcfen. SSir werben nod) öfters bet miener Xon* roiffenfdjaft ju ermähnen Ijaben. 70) Muß Dionys Weber heißen, f 1842. A. d. H. — 118 — Cis moll, Op. 27, beren @ntftef)en inbeß um ein, ttjeUweife um 5»ei Sarjre jurücfliegt. — ®§ ift intereffant §u rjören, wie bie Iei^5iger Stritt! biefe SSerfe beurteilt, lieber bie «Sonate in As dur unb bie beiben Sonaten unter Op. 27 fet)en t)ier einige Sätje barauS angeführt, weil fie ben Spielern bead)ten3Wertf)e SBinfe gur §anb geben. (£3 Reifet im inerten Saljrgang, Seite 651 ff.: w$)a§ finb bie brei ©ompofitionen für ba§> Sßtanofortc, womit §r. b. Q3eetrjoöen oor turpem bie auäertefenen Samm= tungen gebitbeter SOZufifer unb geübter Staoierfpieter bereichert t)at. 33ereicr)ert — benn fie finb warjre öereidjerung, unb ge= rjören unter bie wenigen Sßrobucte be§ jetzigen 3af)re§, bie fd^tüerUd) jemals oeralten werben, unb Don benen befonberS 9?r. 3 gewi& nie oeralten fann." 9Jiag biefeö Sßrognofticon ben bamatigen £onlel)rem nietjt Wot)t wie eine fdjtecfjte $rife be= fommen fet)n? SBeiter jebod) in ber Seurttjettung: „fftx. 1 möchte bod) wofjt fteltenweife aKäufünfttid) gearbeitet fetjn. £>a3 folt aber feineSWegS bon bem Waljrrjaft großen, büftern unb pradjtüoHen §armonie=Stürfe gefagt fepn, baZ ber SBerfaffcr, um ben (Spieler gteid) auf ben redjten Stanbpunct §U rjeben, übertreibt: Marcia Funebre sulla morte d'un Eroe: benn fjier gehört aüe§ Schwierige nnb Äunftretdje 511m 2lu3brud unb fotglid) ^ur §auptfad)e. SBer fid) rjier, fo wie in Perfdjiebenen Stellen ber 9fr. 2 unb Wie in 3 faft gans, über Sd)Wierigfeit ber Sbeen ober auet) ber 2lu3füt)rung befragt, ber gleicht ben $oputarpfjitofopt)en, bie jebe tiefgreifenbe ?(bfjanbhtng in ber Spradje einer artigen Gonuerfation beim Sttjee toorgetragen tjaben wollen." £>ie SSeurttjeilung aber ber Sonata quasi Fantasia in Cis moll folt faft Wörtlid) mitgeteilt werben. Sie tautet: „£>iefe ^tjantafie ift Don Anfang bi§ ^u (£nbe Sin gebiegeneä ©an^e, mit ©inemmat aus bem gangen, tiefen unb innig auf* geregten ©emütt) entfprungen, unb nun gleid)fam au§ ©inem Warmorblod genauen. @3 ift worjl nietjt möglid), bafj irgenb — 119 — ein äftenfdj, bem bie üftatur nidjt bie innere äftiiftt Uerfagt Ijat, nid^t füllte burdj ba§ erfte 9lbagto ergriffen unb allmälig immer t)öt)er geleitet unb bann burdj ba$ Presto agitato fo innig be= megt unb fo t)odt; gehoben merben, aU er burdj freie (Slaöier= 9Jhtftf nur p l)eben ift. SJftt üoflfomtnenem ©runb finb biefe beiben §auptfä|e in bem fdjauertidjen Cis moll gefdjrieben: überall l)at aud) ber Sßerfaffer, fo meit fo @ttt>a§ mit con= öentionetten geidjen auSgefagt merben fann, ben $or= trag, unb aud) bie §anbf)abung be§ ©igenen unb SSorsügtidjeu be3 ^Sianoforte ^injugefe^t — meldje letztere SSeetfjooen nad) ben 53e5etd)nungen, unb nod) ftdjtbarer, nad) ber ganzen 3ln= läge unb §inftellung feiner Sbeen, berftetjt, roie faum irgenb ein anberer ßomüonift für bie§ Snftrument, unb mie ?ߧ. @m. $8aü) ba$ eigentlidje (SlaOier $u f)anbl)aben öerftanb. (Sin red)t ferjr gutes Snftrument muß man aber befitien, menn man fid) felbft beim Vortrage mancher feiner ©ä§e — §. 93. be§ ga^en erfien (Satzes? üon 3, einigermaßen genügen miß." — ©I mirb im äRuficalifdjen Sfjeil biefer ©djrtft $eranlaffung geben, fid) biefer fdjtitjbaren Sßtnfe über ben Vortrag ber S5eet= f)oben7fd)en (Sfaütermuftf mieber ju erinnern. §ier fet) bei= geljenb bemerft, bafj bie SSorfdjrift be§ Gomponiften, ben erften ©a| ber Sonata quasi Fantasia burd)au§ mit gehobener ^Dämpfung (senza sordini) 51t füielen, megen ber Tonfülle in ben Snftrumenten unferer $eit gegen bie frühere ifjre (Geltung berloren. 316er nod) eine „Slteinigfeit" ift fjeröor^u^eben, bie im Saf»r 1802 ba§> Sicfjt ber 3Mt erbtidt Ijat: bie tnt)attreict)e ©onate in D dur, Op. 28. §iebei fetjen mir ben leidiger Srittfer faft in SSerlegenfjeit, ma§ er fagen foll. @r Ijitft fid) in folgenber Söeife: „33eet^oOen bleibt feinem (Sljaralter unb feiner Spanier getreu; unb roirftid) fann aud) ein Äünftler, nrie 93., nidjtS beffereS tljun, als fid) felbft getreu bleiben . . . SßaS !ömmt benn am (Snbe f)erau<3, menn man an Slunftttierfen (Sin* 5elne§ lobt ober tabelt? Sn ber Shtnft machen ©in^el^eiten fo menig baZ ©an^e, mie e§ fetjn foll, als aufgehäufte (Steine — 120 — einen Reifen macfjen. ©ie fönnen feJjr angenehm fetyn unb ein tntereffatiteS ^robuct au£madjen: aber ein t>ollenbete3 SSerf nie, ba% burct) ben ©inn be§ ©anjen befielen, unb ©inn für ba§> ©an^e bei £enen finben muf?, bie e§ genießen f ollen." $on bem SBerfjalten ber Stritif gegen unfern Stteifter fütjrt nun unfer 2£eg §ur SBeranfdjaulidjung be§ $erf)a(ten3 ber 2Ser* leger gegen ifjrt. 2>arau§ roirb man nicfjt otjne Sßermunberung ben fdjutjlofen 3ufia110 9e^9en ©icjentfjumS erfefjen, tote er immerhin in £)eutfdjlanb beftanben unb fiel) bi§ in bie neuefte ßeit erhalten fjat. äftan toirb ferner au§> ben Angriffen auf 33eetf)oben3 ©eifteSürobttcte üon jener Seite ermeffen fönnen, toie bem Sfteifter ju 9Jiuu)e getoefen, biefe burcf) fein ©efet) t»er= üönte Freibeuterei fein ganzes Seben rjinburd) üor feinen Stugett üerüben ferjen 51t muffen, of)ne toirffamen ©infürud) bagegen er* tjeben ^u fönnen. Wan toirb feinen Klageruf für begrünbet erfennen, toefdjer lautet: „Sie Verleger mäften fiel) mit meinem Wlaxk, unb id) armer Teufel mufe oft barbenl"71) §ören mir ben SSortlaut feiner erften 9vedamation gegen einen folgen Eingriff. £a§ SnteHigenjblatt 4 be§ feisten $af)r= gange§ ber Mg. Mu). 3tg. (^oüember 1802) enthält nac^= ftefjenbe Sinnige:72) ,,8d) glaube e§ bem ^ßublifum unb mir felber fd)ulbig 51t feün, öffentlich ansteigen, ba£ bie beiben Quintetten au§ C unb Es dur, tooüon ba$ eine (ausgesogen au§ einer «Sinfonie üon mir) bei §errn 9J?ollo in SSien, baS anbere (ausgesogen aus bem ©eütett üon mir, Op. 20) bei §errn §offmeifter in Seip^ig erfcfjienen ift, nictjt Driginat=Duintetten, fonbern nur Ueberfe^ungen ftnb, toeldje bie a§ Ueberfe^en überhaupt ift eine ©acfje, mogegen fiel) fjeut 5U Sage (in unferm fruchtbaren ßdU alter — ber Ueberfetjungen) ein ftutor nur umfonft fträuben *) ®afe ha* ot§ Duintett arrangirte ©eptuor tiicfit t>on SSeetfiotoen ßerrüfjre, tüte g. JRie§ Behauptet, erfahren wir fitemü. 71) Man vergleiche B. S. Br. No. 928, IV. Band. A. d. H. 72) Vgl. B. S. Br. No. 59, I. Band. A. d. H. — 121 — mürbe; aber man lann rcenigften§ mit 9ied)t Oertangen, bajj bie Verleger e§ auf bem StitetMatte anzeigen, bamit bie @f)re be§ 9lutor§ ntd)t gefdjmäfert, unb ba§> ^ßublifum nid)t fjintergangen merbe. — 2)ie§ um berg(eid)en gällen in ber gufunft öor=: §ubeugen. — Set) madje äug(eid) befannt, bafe et)eften§ ein neues £)rigina(=Quintett üon meiner (Sompofition au§ C dur, Op. 29, bei SSreitfopf u. gärtet in Seidig erfdjeinen rairb. Submig öan 23eet£)oöen." £>er S0?eifter mofirt fidj über ba§> frud)t6are ßeitatter ber Ueberfetmngen, unb bod) mar e§ mit biefer grud)tbari'eit erft im beginne. 2ßa3 mürbe er nun moi)t beim Stnbüd ber faft unääjjligen Ueberfetmngen — jetjt aber üerftänbtidjer: 9(rran= gementS benannt — feiner Sßerfe fagen? 2lefynüd)e 9?ut3an= menbung üermittelft 3erfe^enr Sranfcribiren unb 3trrangiren t)at fein (Somponift mit feinen ©etfteSprobucten erfahren muffen, rcie unfer S5eett)ooen. SBafjrlid), ber Steiftet märe 31t materiellem SSotjlftanbe gelangt, menn iljm ein ©efe§ nur ju einer be* fd)eibenen Tantieme öon jebem Arrangement üertjotfen tjätte. SBie aber gar nad) feinem £obe, at§ bie Arrangements feiner «Sinfonien, Quartette unb £rio'§ für ^ianoforte itjren Anfang genommen unb gu einer ftaunenSmertljen $lutt) fict) erhoben!? 933enn Könige fäen ....*) 2öie menig S3ead)tung obige SRedamation gefunben, bezeugt eine groeite, nad)brüd(id)ere, roefrfje unfer 9#eifter fd)on im 9?o= oember be§ fotgenben $at)re§ im öntelUgensblatt ber Aflg. 9J?uf. ßtg. 9?r. 3, mit ber Ueberfdjrift SSarnung §u üeröffent- lidjen bemüfciget mar; ü)r SBorttaut ift nadjftefjenber: *) 91. 93. SDcarr. ift im ^vvt^um, menn er für gemifj annimmt, bofe bie ton iljm in feinem toortrefflic^en 93utf)e „Seben nnb Schaffen 93eet= tjoDen'3" I., 158 u. f. aufgeführten nenn Arrangements (bie in biefe gett fallen) fämmtlid) öon bem üDieifter felber Ijerrüljren. Unter allen be= ftefienben Arrangements finb Ijöctjfieng 3 bi§ 4 oon feiner £anb. 2)a§ mar feine Arbeit für ben fiet3 su feuern brängenben <8d)öpfer. — 122 — „§err (Sari guterjner, ein 9?ad)ftedjer in SDtaing, tjat eine 9tu3gabe meiner fämmtlidjen SSerfe für ba£ Sßianoforte unb ©eigeninftrumente angefünbigt. 3d) tjalte e§ für meine ^fticfjt, allen 2J?ufitfreunben hiermit öffentlich befanut gu madjen, bafj id) an biefer 5Tu§ga6e nidjt ben geringften Stnttjeil tjaOe. öd) ^ätte nie 5U einer ©ammlung meiner 2Ser!e, meldje Untere nefymung id) fdjon an fid) ooreitig finbe, bie §anb geboten, otjne juüor mit ben Verlegern ber einjelnen SSerfe 9}ütffpracr)e genommen §n fyiben unb für bie Gorrectrjeit, meiere bert 5(u3gaben Oerfdjiebener eingetner SSerfe mangelt, ge* forgt gu rjaben. lleberbie§ mufj id) bemerfen, ba^ jene miber- recfjttid) unternommene 2tu3gabe meiner Sßerfe nie oollftänbig merben fann, ba in ^ur^em üerfdjiebene neue SSerfe in $ari§ erfdjeinen merben, meldje £>r. gutefjner a^ franäöfifc^er Untere tfjan nidjt nadjftedjen barf. lieber eine unter meiner eigenen 2(uffid)t, unb nad) oortjergegangener ftrengen Sxeoifion meiner SSerre, 51t unternerjmenbe ©ammtung berfetben, werbe id) mid) bei einer anbern Gelegenheit umftänblid) erftären. Submig oan 33eetrjot>en." Stttein felbft biefe energifdje 23arnung mar aufeer <2tanb, in ben Singen etfoaS gu berbeffern; bie SSerfe unfern äfteifterS fanben immer metjr SBerebjrer, fomit fteigerte fid) üon Satyr §u Satyr bie ©uetyt ber Verleger nad) ©eminn. (£3 ereigneten fid) im Saufe biefer ^Seriobe fogar ^älfe mit üftacfjftecfjern, bie ben £onbid)ter 51t nod) emöfinblidjeren 3ui'ed)tmeifungen gebrängt tyaben; auety fefjtte e§ nid)t an öoffirlidjen, bie itym (Stoff §ur S3etuftigung gegeben, ^urg, jebe§ neu erfdjienene 2Berf fdjien gteidjfam üogetfrei 5U fetjn. Hub unter fotdj' beflagenSmerttyen guftänben feufate Seettyoüen fein gaujeä Seben tyinburdj. Sft be3 50?eifterö gefammte Literatur in unfern Xagen gteictymotyl red)ttid)ey ©igenttyum alter Verleger, fo tyat feine „SSarnung" auS bem Satyre 1803 bennod) ityre Sßebeutung für bie ©egenmart nidjt Oerloren, roeil in ityr flar unb bentücty aulgefüroctyen ift, mie er e§ mit ber (iorrecttyeit gehalten, roenn — 123 — ü)m bie ©elegenljeit bafür gu forgen nidjt entzogen morben. 2)a3 füllte benn bod) gennffenljafte 2)arnad)ad)tung gur golge fjaben. £>a3 Saf)r 1802 üertief ober nicfjt otjne emüfinbticfje (Störung im @efd)äfte unferS 2onbid)ter3, fonft märe bie 3arj( oer ^n biefem %ai}x erfdjienenen SSerfe nod) anferjntidjer. 23eetf)o0en roarb nämlid) üon einer bebeutenben $ranft)eit befaUen, in ber er üon bem fefyr gefeilten 5lrgte Dr. ©djmibt befjanbett nmrbe. liefern freunbfct)afttict)en Pfleger mibmete er au§ 2)anf6arfeit baä üon ü)m felber ju einem Xrio arrangirte Seütett. 3U üöüiger SSiebertjerftelTung roätjtte er ben eine ftarle Stunbe üon ber §auptftabt entfernten 33abeort §ei(igeuftabt jum 2lufentf)att, ber Drt, mo in ben folgenben Sauren mandje§ [einer großen 2Ber!e entftanben ift. Sn £>eitigenftabt üerfafcte er bamafö baä nadjftefjenbe %t* ftament, richtiger üieüeidjt ^romemoria — für feine Vorüber. (Sin benf'mürbigeS Sdjriftftüd", ba§> nidjt bto§ ßeugnif$ gibt üon bem ßuftanbe tieffter ©djroermutlj ob feinet Dljrenübete, aber aud) bie eble ©efinnung be§ äftannesl nad) mehreren «Seiten üor Singen fegt.*) Söorjt ttnrb jeber Sefer mit ^riebrid) Diodjtit, in ber 33eurtljeUimg beffelben übereinftimmen, ber fidj in fo(= genben SBorten barüber auSfprad): „. . . . Unb gemifi tuirb biefe§ Socument auf 3töe, bie e§ rennen lernen — bie offenbar ©djlecfjten aufgenommen — eine gteidje Söirtung madjen. SDemnadj müfjte id) nid)t, toa§ bem Verdorbenen, menn üon ifjm nidjt aU ®ünftler, fonbern afö äftenfdjen gefürodjen mirb, künftigeres unb Ueberaeugenbereä nadjgefagt merben fönnte." (Siefje (Sintettung.) @3 tautet mörttiefj:73) *) ®a§ Original befanb ftd) in ber ^ranj öräffer'fdjen Sammlung. Nunmehr ift in beffen SSefiije ber SSioIin=33irtuofe ©rnfi. 73) Alles mit dem „Testament" Zusammenhängende und die er- forderlichen Erklärungen dazu bietet Mo. 55 von B. S. Br. (I. Band). A. d. H. — 124 — gür meine Sßrüber Gart unb SSeettjotoen. D it)r Sttenfcfjen, bie i£)r mid) für feinbfelig, ftörrifcfc) ober mifanttopifd) galtet ober erkläret, roie unred)t ttjut ir)r mir, it)r ttrif3t nidjt bie gefjeime Urfacfje bort bem, roa§ eud) fo fdjeinet! 9J?eiu Jperj unb mein ©inn roaren bon Äinbtjeit an für baZ garte ©efüt)l beS 3Bot)troollen3. ©elbft grofce §anb= lungen 511 berridjten, baju loar id) immer aufgelegt. 9lber be* benfet nur, bafe feit fed)§ Satjten ein tjeillofer ^uftanb mW) befallen, burd) unbernünftige fegte berfd)limmert, bon 8at)r ju Satjr in ber Hoffnung ge6effert 5U roerben betrogen, enbtict) 5U bem Ueberblict eine$ baue r üben Uebefö (beffen Teilung biedeidjt Satjre bauern ober gar unmögtid) ift) gejbjungeu. Tat einem feurigen lebhaften Temperamente geboren, felbft empfänglich für bie ßerftreuungen ber ©efellfdjaft, mußte ict) früt) mid) abfonbern, einfam mein Seben ^bringen; roollte id) aud) aufteilen midj einmal über aöe§ ba§ tjinauSfetjen, 0 roie tjart rourbe id) burd) bie berboppette traurige (Srfatjrung meines fdjtedjten ©erjörS bann äurüdgeftofjen, unb bod) roar'3 mir nod) nidjt mögtid), ben 2J?enfd)en 51t fügen: fpredjt lauter, fd)reit, benn ict) bin taub! 5(ct) roie roäre e§ möglid), balß id) bie ©dnoädje eine§ @inne3 angeben fotlte, ber bei mir in einem oollf'ommenern @rabe all bei Hnbern fetjn follte, einen ©tmt, ben id) etnft in ber größten Vottfommenrjeit befafj, in einer Vollfommenrjeit, roie it)n roenige bon meinem gacfje geroifj t)aben nod) getjabt tjaben! — D id) fann e§ nid)t! — 2)rum bereit)!, roenn it)r mid) ba gurüdroeidjen fefjen toerbet, too id) mid) gerne unter eud) mifdjte. doppelt roet)e ttjut mir mein Unglüd, inbem id) babei berfannt derben mitjj. gür mid) barf Srljotung in menfd)(id)er ©efetlfdjaft, feineren Unterrebungen, njedjfelfeitigen (Srgiefsungen ntcrjt (Statt tjaben. ©an^ atiein faft, unb fo biet at§ e§ bie t)öd)fte üftotfjtüenbigfeit forbert, barf id) mid) in ©e= fetlfdjaft einlaffen. 2Bie ein Verbannter mufj id) leben. ffiafye id) mid) einer ©efellfdjaft, fo überfällt mid) eine rjeifje Slengft= Iid)feit, inbem id) befürchte, in @efat)r gefegt gu tuerben, meinen — 125 — ßuftanb merfen §u laffen. — @o mar e§ benn aud) biefeö tjatbe 3af)r, ft>a§ id) auf bem Sanbe gubradjte. SSon meinem bernünftigen Slrjte aufgeforbert, fo biet als möglidj mein ©efjör gu fronen, fam er faft meiner jetzigen natürlichen £)i§bofition entgegen, obfdjon, bom triebe gur ©efettfdjaft manchmal E»tn= geriffen, id) miclj ba^u herleiten lieft. 2lber meldje S)emütf)igung, raenn Semanb neben mir ftanb, unb bon meitem eine $löte fjörte unb id) nichts fjörte, ober ^emanb ben §irten fingen (jörte, unb id) aud) nidjtS f)örte! ©oldje ©reigniffe brachten mid) nalje an SSergmeiftung, e§ fehlte menig, nnb id) enbigte felbft mein Seben. — Sftur fie, bie Slunft, [ie tjiett mid) jurüd! $ldj e§ bünfte mir unmöglich, bie 2Selt etjer gu berlaffen, bis id) ba§> alles t)erborgebrad)t, mo^u id) mid) aufgelegt füllte. Unb fo friftete id) biefeö elenbe Seben, fo matnrtjaft etenb, ba$ mid) eine ettua§ fctjneüe 23eränberung aus> bem beften ^uftanbe in ben fd)led)teften berfetjen fann. ©ebutb — fo tjeifet e§, fie mufe id) nun gur $üljrerin mät)ten! Sd) f)abe eS. — 2)auernb, t)offe id), foll mein (Sntfdjtuft feb,n, auSguljarren, bi§ e§ ben unerbttttidjen ^Sargen gefällt, ben gaben p bredjen. SSielteidjt geljt e§ beffer, bietleidjt nid)t. öd) bin gefaxt. — ©d)on in meinem 28. Saljre gegmungen $t)ilofobt) ju luerben. ($3 ift nid)t leicht, für ben ^ünftler fdjtoerer als für irgenb Semanb. — @ottt)eit, bu fieljft fyerab auf mein SnnereS, bu fenuft e£, bu raeifet, baft SJcenfdjenliebe unb Neigung gum 3Sof)ttt)un barin Ijaufen! D 3ftenfd)en, menn it)r einft biefes» lefet, fo benft, bafj if)r mir unred)t getrau, unb ber llnglüdlidje, er tröfte fid) einen feines ©leidjen gu finben, ber trots allen §inberniffen ber Statur bod) nod) MeS getrau, \dü§> in feinem Vermögen ftanb, um in bie 9foit)e mürbiger Stünftter unb üüfenfctjen aufgenommen hu tuerben. — 3§t meine Srüber (£arl unb .... — fobalb id) tobt bin, unb ^rofeffor ennod) bezeugt bie am 5. Slpril 1803 ftattgefjabte — 128 — erfte Sfuffüljrung oon ber (Santate: „(SfjrtftuS am Delberg," bafj bie (Sdjmingen be§ ©eniu§ burd) biefe ßranfijeit nic^t für lange gelähmt maren, er oielmeljr in gemolmter SBeife ftcf) balb mieber anftrengenben arbeiten raibmen fonnte. Snbefj toaren bie ©nttoürfe 51t biefem SSerfe fct)on 1801 mäfjrenb be§ ©ommeraufentlja(t§ in bem naljen ^etjenborf §u Rapier ge* bradjt. ©r fetber geigte bem SSerfaffct nod) im Safyre 1823 bie im SMcftdjt be§ obern Streite im ©djönbrunner <&d)[ofc garten üerborgene ©teile, mo biefe Vorarbeiten entftanben; e§ mar eine ©idje, bie ungefähr §mci gatfe Oom SBoben in §mei ftarfen tieften fid) ert)cb unb einen bequemen ©t| bitbete. 3n 9cr. 29 be§ fünften Sa^rgangeS ber Mg. 2Ruf. 3tg. mirb biefer erften Sluffüfjrung nur in menig 3ei^n (Srmäfjnung getrau unb gejagt: „@y betätigte mein fdjon lange gefaßte^ Urtfjeil, baf3 23eetf)o0en mit ber 3e^ eben °^e Sfteoofation in ber 9#ufif betoirfen fann, mie Stuart. 3ftit großen ©djritten eilt er pm Qkle." — tiefer Referent nennt ba§> SSerf ein Oratorium, aud) fpridjt er oon „außerorbentüdjem ^Beifall," ber beffen elfter 3(uffuljrung gu Strjeit geworben. Spätere Referenten nennen e§ bagegen eine Gantate, unb bte§ ift moljt unbegroeifeft ber eigentliche Site! be3 2Berfe§. ®ennod) märe e§ ermünfdjt, bie autt)entifdje Benennung bei beffen erften (Srfd)einung $u fennen.74) ©ine äf)nüd)e Umtaufcfjung beä %itz\ä, im SBiberfprudje aum Snfyalt, ift mit einem fpäteren 2£erfe üorgefonimen. 93ei ber erften ©rfcfjeinung lautete biefer: ©oncertino, im ©rud aber marb bem Söerfe ber £ite( ,,©on= cert" beigelegt, unb e3 ftefjt feft: gegen ben SSiüen be§ Tutors.76) äSir merben e§ am redjten Drte nennen. 74) So heißt das Werk auch jetzt bei allen ernst zu nehmenden Forschern, wie in den zahlreichen Briefen: op. 85 „Christus am Ölberge"- Oratorium, für Solostimmen, Chor und Orchester, Text von Franz Xaver Huber". A. d. H. 75) Diese Umänderung betrifft op. 56, das Triple-Konzert in C-dur. Beethoven schrieb an dem Werke ca. 1804. Eine Abschrift der Piano- — 129 — äßarjr ift e<§, bafj bie Urtljeile ber ©adperftänbigen über richtige ober unrichtige Sluffaffung be3 erhabenen @egenftanbe§ Dom ©omponiften bei biefem Sßerfe immer roeit am§einanber gegangen; tabetlofe (St)arafteriftt£ unb confequent burd)bad)ten $lan fjat fein £t)eil bemfelben §ugeftetjen roollen. (Sin roiener Referent t)at fiel) in !iftr. 44 ber Mg. 9ftuf. ßtg. fogar beeilt, feinen Vorgänger $u corrigiren. (Sr melbet: „ßur ©teuer ber S55a^rrjeit mufj icfj einer 9^ad)rict)t ber muficalifd)en 3e^lIn9 roiberfprecfjen, nämtid): Veett)ooen'!§ (Santate Fjat — nictjt ge- fallen." liefern Sitten ftimmte felbft ber (Somponift in fofern bei, a(§ er e3 in fpäteren Safjren nodj rücft)altto§ für einen „geiler" erklärte, bie Partie be§ (Efyriftuä in moberner ©mg- roeife opernmäfjig befyanbett 3U Ijaben. S)aä Siegenbteiben be§ 3Serfe§ nad) ber erften 2tuffüt)rung, fo raie beffen ungeroörjnlid) üer^ögerteä (Srfcfjeinen im 3)rud (um 1810), laffen aud) nod) fdjtiefeen, bafj ber Stutor mit ber gelösten Aufgabe ntcr)t be~ fonberö aufrieben geroefen unb luarjrfdjeinlid) roefentlidje Ver= änberungen bamit öorgenommen rjat. Sn biefem Satjre lieft ber fleißige äfteifter folgenbe ßlaüier= SSerfe erfdjeinen: ®rei ©onaten mit Biotine, Op. 30., ferner 2)rei ©onaten für panoforte allein, Op. 31., nebft ben 3ünf= gerjn Variationen mit einer $uge, Op. 35. 3)ie erfte ber ©onaten mit Violine, in A dur, roarb üon ber leipziger Sritif fefjr ftrenge beurteilt unb fogar gefagt, ba$ fie Veetfjouen'ä nicfjt mertf) fei), dagegen mürben bie fünf^n Variationen befto fjötjer gefteEt, aber aud) nur „ein bebeutenbe3 25?erfct)en" genannt, ©ogar finbet fid) in biefer Veurttjeilung eine in'3 detail gerjenbe Vetetjrung über ben Vortrag jeber einzelnen Variation betgegeben, bie feinem ©pieler unbefannt fetjn fotlte. fortestimme im früheren Besitze von T. Haslinger hat die Überschrift von Beethovens Hand: „Klavierstimme vom Konzertant-Konzert". Die älteste Ausgabe in der Wiener Zeitung vom 1. Juli 1807 hat den Titel u. a.: „Grand Concerto concertant pour Pianoforte, Violon et Violon- cello" usw. A. d. H. 21. ©tfjinbterS 29ectf)Oöen=23lo3r be^üglidje 23a nu fragen müfjte. üftidjt in ber £fjatfad)e felber unb ifjrem SSefen liegt ba§ (Schwierige bei biefem ©efdjäfte, audj ift e£ nidjt gerabe ba§ äRüfjfamfte, bem ®ern ber aten, woburd) ein fotgeridjttges SSorwärtöfd)reiten in feiner Arbeit fefjr erleichtert wirb. SDer SSerfaffer aber einer ^ünftler=S5iogrQprjie, beren einfdjtagenbe £aten um ein fjalbes Safn-Ijunbert jurüdüegen unb im ©e* bädjtniffe nur weniger ßeitgenoffen aufbewahrt waren, oon 76) Man vergleiche hierzu das in Anm. 11 Gesagte. A. d. H. — 131 — benen fainn ^met, brei nod) unter ben Sebenben roanbetn, ber fief)t fid) bei feinem $orfd)en nadj beut SEßann atäbalb in ein ©eftedjte Don 2öiberfprüd)en oerroidett, au§ bem ifmt gittreifen nur ein lüfjuer Schritt ober ^ufaü oerfjetfen !ann. 2(ud) in 93e§ug auf bie nun 51t befpredjenbe Xtjatfadje ift e§ mir feiner $eit °n oem £)rte aller roirfjtigen ©reigniffe in Seetfjooen'io Seben unb SSirfen mijjtid) ergangen, deiner ber Gefragten mufete baä be^üglid^e ^rage^eidjen an bie redjte ©teile 51t feigen, benn Sitten mar ba$ ©ebädjtnifj untreu ge= morben. 8d) mufete erft nad) ^ariö t'ommen, bafelbft bie S3e= fanntfdjaft mit ©tjeritbini madjen, um burd) fotdjen 3ufatt auf eine ftdjere (Spur §u biefem in Sßien oergebtid) gefügten Saturn 5U getangen. (Sfjerubini unb beffen @emat)(in Ijörten nämtid) haib nad) ifjrer im Safjre 1805 erfolgten Slnfrtnft in 2Bien öon biefer Stngetegentjeit a(§ fdjon gmei Satire ^urüd= tiegeub fpredjen unb mußten mit Seftimmttjeit au^ufagen, baf? beren (Sinmirfmtg auf SSeettjooen'ö ©emütt) bereits übermunben gemefen. ($on itjrem näheren 23erfet)r mit bem SBiener Sfteifter weiter unten.) tiefem SSinfe meiter nadjgefjenb, fjat e§ ftd) faft unbejmeifett t)erau3geftetlt, bafj biefe in ben früheren 5tu§= gaben bem Safyre 1806 gugemiefene cXfjatfad)e in btö Sat)r 1803 gurüd 51t öerfetjen fetj. 2lt3 mir in ber oorauägetjettben Sßeriobe ben £onbid)ter in einem Briefe an Söegeter üon einem „sauberifdjen SDtäbdjen" berichten gehört, burd) baZ it)tn „fetige Slugenbtide" gemorben, marb bemerft, bafs biefe gauberin, b\e in bem öerftörten ©emüttje 25eetf)Oüen'3 eine mof)(tt)nenbe „Sßeränberung" t)er- öorgebrad)t, biefetbe fet), burd) me(d)e it)tn batb barauf fernere«? ^er^eleib üerurfadjt marb.77) SBtr motten nun bei biefer §eräen§=$tngetegent)eit etma§ üermeiten. ©eit itjrer in ben 77) Wir treten hiermit in die Sphäre der „Unsterblichen Ge- liebten" ein. Die Literatur darüber wächst jetzt geradezu unheimlich an. Im allgemeinen wird man darüber nicht über Schindler, Wegeier, Gerh. v. Breuning und den Herausgeber hinauskommen. Ich erinnere an 9* — 132 — früheren 3£u3ga6en biefer ©djrtft (Srmärjnung gefdjaf), Jjaben beutfdje unb franaöftfdje gebern biefetbe gang befonberg §um ®egenftanbe feuittetoniftifdjer Sucubrationen erforen unb roman= |aft auSftaffirt. @3 tt>ar für fotdje ßmede eine um fo er= roünfdjtere ®e(egentjeit, a(8 fte btefe ier=@onaten, ber in Cis moll, Op. 27, in SSerbinbung bringen konnten, bie mit it)r infofern ßufammen* t)ang t)at, afö auf bem Sitelblatte bie $>ebication „Alla Mada- migella Contessa Giulietta G-uicciardi" 78) gu lefen ift. £>ie§ ber öolle 9came jener gauberin. ©rmarte man inbefj ja nict)t, bafc über biefe Angelegenheit umftänbtidjere? üorgebracfjt rcerbe, at§ im Sßefentticfjen frütjer gefcrjerjett, benn fte ift parier Statur unb barf mit 9tüdfttf)t auf Sebenbe nur berührt roerben. Qb roirflicfj Untreue ber beliebten allein, mie menigftenö behauptet roorben, ober ob Sntriguen bon anberer Seite ba§ ^ger^en^ banb jerriffen unb bie junge 2>ame faft plöfclidj §ur ©emabün be§ benannten ßomponiften ©rafen üon@aüenberg gemadjt, ift mit ©emiferjeit nicfjt 511 fagen. 2)od) barf bon ben folgen biefeS 83rudje8 auf ba§> ®emütrj unfer§ Oon biefer Siebe t)od)= beglüdten 9fteifter3 eine§ weitem bie 9?ebe fevjn. 3n ber $er= gmeiftung fudjte er Stroft bei feiner betbäf)rten unb borsugS* roeife bereiten greunbtn ©räfin 9J?arie(£rböbt) (man finbet biefen tarnen auf ben beiben Strio'3, Op. 70, unb aud) bie des Herausgebers Monographie „Beethovens Unsterbliche Geliebte", Dresden 1891, an B. S. Br. No. 45 mit den dort gegebenen weitgehenden Aufklärungen. Weiteres wird in meinen wohl noch in diesem Jahre erscheinenden Büchern: „Beethovens Frauenkreis" erfolgen. A. d. H. 78) Hierbei verdient noch bemerkt zu werden, daß in den früheren Ausgaben die Phantasie-Sonate op. 27, 2 in Cis moll wie die erste Phantasie-Sonate op. 27,1 in Es dur die gleiche Widmung trägt: „Sonata quasi una Fantasia per il Clavicembalo o Piano-Forte Composta e dedicata a Sua Altezza la Siguora Principessa Giovanni Liechtenstein nata Langravia Fürstenberg". Also früher stand nichts von der Gräfin Guicciardi! A. d. H. — 133 — beiben «Sonaten für ^ianoforte unb Sßiolonced, Op. 102, finb ü)r gemibmet) auf ifjrem @ute Sebterfee im ä)iard)fetbe, um einige £age in ifyrer Üftäfje 5U üerbringen. £>ort oerfd)tt>anb er aber unb bie (Gräfin glaubte ifm nad) SBien §urüc!gefe^rt, a(§ am brüten Sage barauf ifyr 9ftufiftet)rer 93raud)(e üjn in einem entlegenen X^eite be§ SdjtofjgartenS gettmfyrte. Stfefet ßmifdjenfall blieb lange ein feft bemaf)rte§ ©ef)eimniJ3 unb marb erft nad) Sauren burd) bie beiben SDfttmiffenben näheren $reunben Seettjoüen'3 anOertraut, nadjbem biefe £iebe3angetegen= t)eit längft in S8ergeffent)eit geraten. 90frtn fnüpfte bie 2Ser= mutfjung baran, e§ fet) be3 Ungtüdüdjen 9Ibfid)t gemefen, fidj burd) (Sr^ungern ben £ob 5U geben. 3m (Stillen beobadjtenbe greunbe motten bemertt tjaben, ba$ SSeetfjoüen biefem 9)?u[i!- leerer mit aufserorbenttidjer 3(ufmer!famfeit feitbem begegnet ift. (£)ie Sefer ber Revue des deux mondes roerben biefen Vorgang §u Sebterfee bereite 1850 in bem 9tuffat$e t>on ©cubo: „Une Sonate" gefunben tjaben. Stuf ©rfucfyen be§ §rn. <5cubo, ifym etroa§ nod) ltnbe!annte§ mit^ut^eilen, ma§ in irgenb einem ßufammentjange mit ber ©onate in Cis moll fiet)t, über metdje er eben fd)reibe, marb ifjm biefer Vorfall bon mir jugefdjidt. @r tjat jebod) für gut befunben it)n etma§ um^ugeftatten, toeit er itjm matjrfdjeintid) 5U menig romantifd) gelungen.) ®a^ biefe£ ©rtebnifj nidjt ©runb gu immerroät)renber föefignatton auf et)etid)e3 ©lud geraefen, bürfte fidj au§ 9tafy ftet)enbem ergeben. (Sin tjanbfdjrifttidjer 23eroei§ au3 bem Satjre 1817 ober 1818 batirenb, lautet:79) „9?ur Siebe — ja nur fie üermag bir ein gtüdtid)ere3 Seben 51t geben! D ©Ott — taf} mid) fie, jene enbtid) finben, bie mid) in £ugenb beftärft — bie mir ertaubt mein ift. SSaaben, am 27ten Suti, at§ bie 9tt. tiorbeifutjr unb e§ fd)ien, at§ btidte fie auf mid)." 79) Dieses sehr fragwürdige Dokument, enthalten in Schindlers Beethoven-Nachlaß, ist nunmehr als apokryph hingestellt, besonders durch die beweiskräftige Monographie von Dr. Faust Pachler. Den ge- nauen Sachverhalt vergl. man in B. S. Br. No. 691, III. Band. A. d. H, — 134 — 3)er ©egenftanb biefer tjerbftfidjen Siebe mar bem 93er= faffer mofjl befannt unb befinben ftcf) nod) gtoei Briefe bon ber fpäter in ©ra# oeret)elid)ten 9)?arie & ^— r80) an 93eet= fjooen au§ ben 3af)ren 1825 unb 1826 in feinem Gorrefponben5= 9cad)taffe bei mir. ©ie mar eine eben fo fd)öne, al§ fünftterifd) gebilbete SDame. 23eetf)ot>en trug fid) mit ber Neigung gu ü)r — bie ifjr nid)t Verborgen geblieben — oiete Saljre umfjer. Sie unb feine anbere bürfte ba% ©eftänbniB betreffen, baz Q}eetl)Oüen an ben SBorfte^er eine* SnftttutS für Knaben, GHanatafio bei 9?io, im «September 1816 getrau, mie Don beffen £od)ter in ben Zotigen über SBeetijoüen ausgefagt roirb, bie (nebft 28 Briefen oon Seetfyoüen an ©ianatafio) im 2. Ouartal ber ©ren^boten öom Satire 1857 abgebrudt er= fcrjienen. 2)iefe§ ©eftänbnifj lautet, „bafj er unglüdfid) liebe. $or fünf Sauren Ijabe er eine Sßerfon rennen gelernt, mit melier fid) näfjer ^u uerbinben er für ba§ größte ©lücf feine* Seben gehalten f)ätte. @§ fei) nidjt baran ^u beulen, faft Un= mögiicrjfeit, eine Grjimäre, bennocfj fetj eö jetjt nod) roie am erften Sag. ^iefe Harmonie t)a6e er nod) mdjt gefunben. £od) fet) e3 $u leiner ©rltärung gefommen: er tjabe e§ nocrj nidjt au§ bem ©emütf) bringen tonnen." 81) 3Sir roerben auf biefe üWittfjeifungen be§ ^räutein* @iana= tafto in ber brüten Sßeriobe jurüdfommen. $)ie gamtlie mar mir fefyr mot)t belannt. lieber bie roeiter jurüdliegenbe Siebenfache fyabt idj burdi ßufall auö beö 2)ceifter3 Sttunbe einige* oernommen, ba* jur Beglaubigung be§ barüber 2(u*gefagteu um fo mistiger fdjeint, at* e* tum feinen eigenen ©djrift^ügen feftgefjalten ift. @raf (Mallenberg «erlebte nämlid) eine 9?eifc)c Hon Sauren mit @e= mat)tin unb Familie in Stauen, rao er für bie Q5üt)ne meift 80) Vergl. das unter voriger Nummer der Anmerkungen Gesagte. A. d. H. 81) Man vergl. hierüber u. a. B. S. Br. No. 691, III. Band, Er- klärungen. A. d. H. — 135 — 3*aHet=9)htfit componirt §at dlafybem ber berannte Untere neunter 25arbaja 1821 ba% &ärntnertt)or»5£f)eater in SBien gepachtet unb bie itatienifdje Oper baf)in gebract)t t)atte, erfdjien aud) @raf ©affenberg, ber bei it)m im Engagement geftanben. Safetbft marb itjtn bie Stjeater^ibliottjet5 gur 2luffid)t an= uertraut. 1823 beburfte $8eett)oüen bie bort aufbemat)rte Partitur feines gibetio jur @infid)t. Set) manbte mid) be§tjaID an ben ©rafen. Sei biefer ©efegentjeit tjatte ftctj biefer anftöfjige 3teufeernngen über ben Sßeifter ertaubt, boöon id) it)m einige mittt)ei(en 511 muffen glaubte. S)ie3 gab it)m Sßeranfaffung, ftct) über bie SDinge au§ bent Satjre 1803 au^ufpredtjen, unb jmar meift fdjrtfttidt), meit mir un3 an einem öffent(id)en Drte befanben, mo er bem ©pradjton nict)t gern üertraute. §ier einige (Sätje au3 biefen Eröffnungen. „Sdj mar fein unfid)t= barer 25§or)(tr)äter burd) anbere . . . J'etois bien ahne d'elle et plus que jamais son epoux. 11 etoit pourtant plutöt son amant que moi, mais par eile j' apprenois de son misere et je trouvois un homme de bien, qui me donnoit la somme de 500 Florin pour le soulager. 11 etoit toujours mon ennemi, c'etoit justement la raison, que je fusse tout le bien que possible . . . Elle est nee Guicciardi. Elle etoit l'epouse de lui avant son voyage en Italie . . . Arivee ä Vienne eile cherchoit moi pleurant, mais je la meprisois . . . Unb menn id) Ijcitte meine SebenSfraft mit bem Seben fo Eingeben motten, ma3 märe für ba§ Ebte, Sßeffere geblieben?"*) (lieber ben SBorrauSbrud" in fran^öfifc^er ©prad)e bürfte ber SJceifter fdjiuertid) $u beloben fetjn. £)a§ ©anje nutzte umgefdjrieben merben, um gut frangöfifd) p fingen. 35a§ „que je fusse" fott motjl tjeifeen: que je lui faisais, unb ber *) (£ine§ ber &onuerfaüon§=£>e[te oon 1823, bie fämmtüdj in ber .£. &of=93ibltotf)ef gu Berlin aujbetüafyrt ftnb, enthalt biefe (Sröffmnigen. 82) 82) Dieses Konversationsheft ist in allen wesentlichen Teilen von mir genauer mitgeteilt bei B. S. Br. No. 45, I. Band. Es ist das Heft No. 10, Februar 1823. A. d. H. — 136 — ©ermaniSmuS „eile cherchoit moi" ift uingufcfjreiben in: eile m'a fait une visite.) £)ie§ roirb fjinreicfjen, um über jene Vorgänge Sluffdjlufe gu geben, aber audj um 33eetI)Oüen'3 ^erjenöftimmungen im ^ßuncte ber Siebe, geroifj nur 511 feinem SBorttjetfe, 51t djarafte- rifiren. ©3 ruerben fid) fomit rüol)l bie üon ©erjfrieb 8:J) unb MkZ Ueröffenttictjten 3tu§fagen Hon bem liebeteeren ^er^en be§ fon[t fo tief unb innig fü^enben £onbid)ter$ in tljr alberneg Sftidjtä auflöfen. Slber brei Hon S3eett)ot»en'§ £anb an feine geliebte (Siulietta au§ einem 2Sabeorte in Ungarn gerichtete Briefe, bereu Shttograülje bei mir aufberoaljrt liegen, follen noctj gur SKütrjeitung fommen, roeil fie irjrem Sntjalte nad) mo^l geeignet fdjeinen, ba§> ©iegel auf bie befprodjene Srjatfadje §u brüden. SBetdjem Sarjre fie angehören, ift mit ©etuiferjeit nicr)t 51t ermitteln, ©tcptjan uon 53reuning fanb fie, nebft anberen bem $reunbe roidjtigen 33rieffd)aften, nad) beffen 31bteben in einem geheimen Säberjen einer ßaffette. Db felbe nad) bem Sörudje 1803 jurücf getieft roorben? 2öer faun e§ fagen? 3Seil ir)re Gsjifieng begroeifett roorben, fo foK ber jtoeite mit bem Saturn: „Sttontag ?(benb<§ am 6. Suli", im gfacfimtle biefer Sdjrift beigegeben werben. 1. „31m 6. Suti ätforgenS. Sftein (Sngel, mein 21tte3, mein Sei)! — üftur roenige SBorte fyeute, unb groar mit Sleifttft (mit Seinem). @rft bis morgen ift meine 2Bot)nung fieser beftimmt. SSeldjer uüfjtötoürbige 3eitöertreib unb b. g. (bergleidjen). — SSarum biefer tiefe ©ram, roo bie ^ottjlrenbigfeit fpridjt! ftann unfere Siebe 83) Das unglaublich oberflächliche Wort bei J. von Seyfried in seinem bekannten Buche lautet: „Beethoven war nie verheiratet und, merkwürdig genug, auch nie in einem Liebesverhältnis" (Studien, Anhang, II. Aufl. S. II). A. d. H. — 137 — anberS Befielen, ol§ burd) Aufopferungen, bitrc^ nid)t 5t£(e<§ verlangen? Sfrmnft Su eö änbern, bafj Su nid)t ganj mein, id) ntctjt ganj Sein bin? — 2(d) ©Ott, blitf'e in bie fd)üne 9?atur uub beruhige Sein ©emütf) über bciZ SOcüffenbe. — Sie Siebe forbert 2töe§ unb gan^ mit SRedjt, fo ift e§ mir mit Sir, Sir mit mir; — nur üergiftt Su fo teid)t, bafj id) für mict) unb für Sid) leben muß. SBären mir gan$ tiereinigt, Su mürbeft biefe3 ©djmerjtidje eben fo menig at§ id) empfinben. — 9J?eine 9?eife mar fdjrecfttdj. Sd) lam erft 9J?orgen§ 4 Ul)r geftern f)ier an, ba e§ an Sßferben mangelte. 5tuf ber testen Station marnte man midj bei 9?ad)t 51t fatjren, machte mid) einen Söatb fürdjten, aber ba$ reifte midj nur, unb id) rjatte Unredjt; ber 333agen mu&te bei bem fdjrecfltdjen 2$ege bredjen, grunbloS, blofeer Sanbmeg. — gürft (Sfterfjagt) rjatte auf bem anbern 28ege !t)tet)er baffetbe ©d)idfal mit 8 $ferben, ttjaS id) mit 4. — Sebod) tjatte id) §um Stjeü mieber Vergnügen, mie immer, menn id) ma§ gtüdlid) überftetje. — dlnn gefcfjroinb gum Snnern oom Steueren. Sßir merben uns morjl balb feiert. 2(ud) fjeute fann id) Sir meine SSemert'ungen nidjt mitreiten, metdje id) märjrenb biefer einigen 'Sage über mein 2tben madjte. äöären unfere ^erjen immer bicfjt an eiuanber, id) madjte mofjt feine bergteicfjen. Sie SBruft ift üofl Sir üiel ju fagen. — 9(dj — e3 gibt Momente, mo id) finbe, hak bie ©pracfje nod) gar nid)t3 ift! — (Srrjeitere Siel) — bleibe mein treuer, einiger &d)a§, mein 2IKe§, mie id) Sir; ba§ Uebrige muffen bie ©ötter fdjiden, ma3 für uns fetjn mufj unb fein fott. Sein treuer Subroig." 2. „Montag StbenbS am 6. Suti. Su (eibeft Su mein trjeuerfteS SBcfen! — oben je|t nerjme id) marjr, baf$ bie Briefe in aller $rül)e aufgegeben merben muffen. Su teibeft! 3ld), mo id) bin, bift and) Su mit mir; — 138 — mit mir nnb 2>ir werbe id) machen, hak id) mit ®tr leben fann. 2Betdje§ Sebenüü foü! ofme £)id). — Verfolgt öon ber ©üte ber 3)?enfd)en Ijier unb ha, bie id) meine eben fo menig oerbienen 31t motten, aU fie mirflid) 51t öerbienen, — SDemutf) beS 9J?enfd)en gegen ben 9ftenfd)en — fie jdjmcrjt mid) — unb luenn id) mid) im ßufammen^ang beö ilnit>erfnms betrachte, maS bin id), unb mag ift ber, ben man ben ©rösten nennt? unb bodj ift nneber rjierin bci% ©ötttidje im ÜOienfdjen — 3öie ®u mid) aud) liebft, ftärfer liebe idj £>id) bod), — bod) nie oerberge £)id) Dor mir. ®ute 9cad)t! — 2(13 Q3abeuber muß icf) fd)tafen geljn. 2(d) ©ort! fo natje! fo meit! Sft e£ nidjt ein maljreg §immel§gebäube unfere Siebe, aber aud) fo feft, mie bie SSefte be3 feimmeU." — „©uten borgen am 7. 3uli. Sdjon im 23ette brängen fid) bie Sbeen 311 £>ir, meine unfterbtidje ©eliebte, f)ie unb ba freubig, bann nneber traurig, 00m @d)id)al abmartenb, ob e§ un§ erhört. — Seben fann id) enltueber nur gang mit Sir, ober gar nidjt; \a id) fjabe be= fdjtoffeu in ber gerne fo lange fyerum 51t irren, bi§ id) in 2)eine ?(rmc fliegen, mid) ganj r)etmattjlict) bei ©ir nennen, meine Seele Don 2)ir umgeben in'3 9veid) ber ®eifter fd)ideu fann. — Sa teiber mufc e§ ferjn! — ©u totrft S)id) f äffen um fo meljr, ba Sit meine Xreue gegen S)id) fennft; nie eine anbere fann mein §er^ befitjen, nie! nie! — O @ott, marum fid) entfernen muffen, ma§ man fo liebt? unb bod) ift mein &ben fo roie jeijt ein fümmerlid)e£ Seben. — ©eine Siebe marfjt mid) 511m ©tüdlidjften unb gum Ungtüdlid)ften sugleid). 8n meinen Sauren je£t bebürftc id) einiger Ginförmigfeit, ©leidjtjeit im Seben; fann bie bei unferem Sßerljältniffe beftefjen? — ©et) ruf)ig; nur burd) ruljige§ Sefdjauen un[er§ ©afetjnS fönnen mir unfern 3med §ufammcn 51t leben erreid)en. — Ms (EL 9^r firfw. #; 2ÄV j*w Li^' ' . 1 ^X'^v j^dU*^ V^^C*-— xA^ t^/£# s^*^ /-*-\ rs» Ci^t ■>*/•. — 139 — SSetcrje ©eljnfudjt mit Sfjränen nad) Sit, mein Seben, mein ?lUe§! Sebe n>ot)t! — D liebe mid) fort unb oerfenne nie baS treueftc £er3 Seines 9eüebten 8ubnjifl.« „Senn mdjtä tft befjer unb nmnfdjenSmeiU'jer auf l£vben, 2113 menn Wlann unb 28eib, in 5evältd^er Siebe bereinigt, Diufiig i^v §au§ üenoalten: ben geinben ein fränfenber Slnblicf, Stber SSonne ben Sfreunben; unb mefir nod) genie&en fte felber." 58on !Seetbot>en in ber Odussee ©. 121, angeftridjen.84) ©äs Safjr 1804 braute an erftmatigen Sßrobuctionen bie I8O4 ^meite Sinfonie in D dur unb gleichseitig baS *ßiano= forte=©oncert in C moll — (in ben 2lugarten=2lfabemien, 3tfonat Suti). (5S liegt fonad) ^oifdjen ber erften Huffürjrung ber ©infonie in C dur unb biefer neuen ein 3e^raum ÜOn oollen Oier Sagten, lang genug für ben fd)öpferifd)en, mäcfjtig aufftrebenben Slünftter, um fiel) gan§ Oon SDfoäart'S Stntmeife ju emaneipiren unb feinen eigenen 2Beg gu getjen. ©0 geigt eS biefe neue Sdjöpfung. Smbefj mar in nicfjt menigen it)r vorausgegangenen SBerfen für Äammermufif jeber (Haltung biefe ©maneipation85) fdjon erfolgt, ausgeprägte (Sigentt)ümlid)feit in SOMobie unb s}3eriobenbau ftnbet fiel) fd)on in ber Sonate Op. 2, in F moll, im SIbagio E dur ber brüten Sonate beS= fetben Söerfel; ferner in ber Sonate Es dur, Op. 7; nod) entfdjiebener unb bie Sätje etnrjeittidjer im (Stjarafter oerbinbenb in ben Sonaten C moll unb D dur, Op. 10; bann nod) in ber Pathetique, bie fed)S Duartette, Op. 18, nidjt 51t Oergeffen, meiere $8er!e fämmttid) frei oon Stt)l=3ieminifcen5en ben ur= eigenen SupuS Seetrjooen'fcrjer Strjtmeife fdjon an ber Stirn tragen, als mären fie ^ßrobuete fpäterer Sarjre. ©igen, be^ierjungSmeife feltfam, lautet baS offenbar oon ^ogart'S Stntmeife ftart befangene Urttjeit beS Wiener 9fJefe= 84) Homers Odyssee, VI. Gesang, V. 181 ff. A. d. H. 85) Ein kleiner Lapsus : Schindler wollte wohl Emanation statt .,Emanzipation" schreiben. A. d. H. — 140 — reuten in ber 2((Ig. üOcuf. 3*9- uoer ^efe neue ©infonie. ©r begnügt ftd), fie turjmeg gu nennen: „(Sin Söerf Doli neuer, origineller Sbeen, bon großer föraft, feelenüoüer Snftrumen* tirung unb geteerter 2(u£>füt)rung, ba% aber ofjne ^toeifet ourc§ 5Ibtüräung einiger ©teilen, fo mie burd) ?(ufopfernng fo mancher, benn bocT; gar ju fettfamen SOfobutation gewinnen mürbe." — dagegen ruirb ba$ neue ^ßianoforte^Soncert unbebingt 5U ben fcfjönften ßompofitionen Q3eetf)oüen'3 ge-jäfjft unb beffen „fetjr gebunbener unb au3brud3üotIer Vortrag" burct) ^erbinanb 9vie§ bejonber§ Ijeröorgeljoben. — 93eiger)enb barf bie auäfüfjrftdje Beurteilung btefe§ ßoncertö im fiebenten Safyrgange ber 9Ißg. 9J?uf. $tg. nacfj tieferer (Sinftdjt ftrebenben ßlaoierfpietern beftenS empfohlen »erben. (Sie ift meniger eine Shitif, a(3 oielme^r eine Ie£)rretci)e 3[6fjanbftmg. Sin neu f)erau3gegebenen SSerten ift btefe§ 3>arjr eine§ ber ärmften, üon {(oberer Söebeutung ift feineä anaufübren. Sn ?(rtariaT3 Vertag erfcr)ten bie Sttufif: gutn SBaHet „$ßromert)eu§" für ba<3 (Streichquartett eingerichtet. 2Öeäüg(tct) ber Dcummerirung biefer Gompofition ift 31t bemerfen, bafj ber frühere fcfjon bei Gappi u. Somp. gebrucfte GfabierauSgug 31t ä»ei Spänben bie CpuSjafjf 24 aufroeifet, loelcfje, in Setradjt ber (Sntftefjung be§ S33er!e§, tuot)[ ofjne 3»eifet °^e reofe mar bamalS ber ©eneral 23ernabotte, nadjljeriger ßönig öon ©dnoeben. Sn feinem, ben Sftotabilitäten au3 allen ©täuben geöffneten ©alon erfdjien aud) 93eetboöen, ber fid) 6i§ bafrin bereite al3 großer SBemunberer be§ erften (5onfut§ biefer 9te= publif gu ernennen gege6en rjatte. $on biefem ©enerat ift ber ©ebante ausgegangen, 53eetrjoüen möge ben größten gelben be§ ßeitalterä in einem £onroerfe feiern. üfticrjt lange, fo t)atte fid) biefer ©ebanfe gur STtjat entfaltet, roeldje ber ^eifter nadj über* ftanbenent Kampfe mit feinen politifcfjen $lnfcfjauungen unter ber Benennung „Sinfonia eroica" ber Shtnftioelt übergeben bat.*) 3)ie Semunberung für ben ©enerat Söonaparte grünbete fid) bei $eetf)oöen nidjt bfo§ auf beffen garjlreidje ©iege an ber ©pi|e großer Slrmeen, fonbern aucrj barauf, bafc e§ bem aufserorbentlid)en Wanne in wenig fahren fdjon gelungen mar, baZ ßrjaoä ber gräuetoollften 9teöolution mit fräftiger §anb *) ©afj ber ©ebanfe ju biefem SBerfe urfprüuglid) bem ©eneral 23er» nabotte angehöre, tternafim ber SBerfaffer au§ SSeetfioüen'S eigenem Wlunbe bei ©elegencjeit, als ber «ütetfter 1823 ein (Scheiben an ben König öon ©djroeben gerietet, beffen am paffenben Orte näfier erroabnung ge= fcbeben wirb.87) 87) Man vergl. B. S. Br. No. 878, IV. Band. Über Beethovens Republikanismus ist in den Briefen viel geschrieben worden. Trotz aller zurückweisenden Bemerkungen bleibt B.'s Republikanismus be- stehen. Es hieße „Eulen nach Athen tragen", wollte man diesem Streitpunkte noch näher rücken. Siehe u. a. B. S. Br. Band III S. 59 und passim. A. d. H. — 142 — ttrieber in eine ftaatüdje Drbnung äurüdjufütjren. Unb bab biefe neue Drbnung ber Singe auf repubtifanifdjen Sßrincipien fufcte, roenn audj urfprünglid) bon bem erften Gonful felber nid)t bictirt, bie§ fonnte bie mit ber ^ptatonifd)en SRepublif?" Sa and) biefem fünft fo nmfidjtigen 53eurtt)eiler ber roaljre Sad)bert)alt nidjt mefjr tren im ©ebädjtniffe haften geblieben, barum er bielleidjt bem SSrodtjauS'fdjen (£onberfation§sßerkon nadjgefdjrteben, mo e3 fo 31t (efeu ftefyt, fo fd)eint e§ unertäfelid), einige ©teilen au§> *ß(ato'ietmef)r nur it)re $)3urificirung, barum er fie unter 9(uffid)t (ßenfur) gestellt miffen motlre. 9fad)bem er im ©ingange be3 brüten 23ud)e§, e bie roeidjen genannt merben, bann nodj bie borifdje***) nnb p^rt)gtfct)e ****) auSgemäljlt, gibt er bon beiben letzteren folgenbe intereffante (Sljarafteriftif: „Saffe mir jene Tonart übrig, meiere bie Xöne unb (Stjlbenmafee 35effen angemeffen barftellt, ber fid) in friegerifdjen Verrichtungen unb in allen gemalttljätigen ßuftänben tapfer beweiset, unb ber aud), menn e§ mißlingt, ober menn er in SSunben unb Stob gefjt ober fonft öon einem llnglüde befallen mirb, in bem allen moljfgerüftet unb auSljarrenb fein ©djtcffat befielt." (£)ie borifdje Tonart ift bamit gemeint.) „Unb nodj eine anbere für 2)en, ber ftdj in frieblidjer, nidjt gemaltfamer, fonbern gemäd)lid)er Stljätigleit befinbet, fet) e§, bafe er einen 9lnbern roo^u überrebet unb erbittet, burdj gießen ®ott ober burd) SMeljrung unb (£rmatjnung SRenfdjen, fet) e§ im ©egentfjeif, bafe er felbft einem 5lnbern bittenben ober be« lebrenben unb umftimmenben ftiÜIjätt, unb bemgemäfj öer= nünftig fjanbelt unb ntdjt ljod)faf)renb fidj betueifet, fonbern befonnen unb gemäßigt in alle 2>em fiel) beträgt, unb mit bem 9lu§gang aufrieben ift. ®iefe beiben Tonarten, eine gemaltige unb eine gemäd)tid)e (mit biefer ift bie pjjrtygifdje gemeint), meiere ber Unglüdlidjen unb ©lüd(id)en, ber Sefonnenen unb tapferen Xöne am fd)önften nadjatjmen merben, biefe laffe mir" .... (SSir merben un§ biefer Xon=(5Ijarafteriftif: be§ *) Unfer C. **) Unier F, aber obne b. ***) Unfer D, of)ne fis unb eis. ****) Unfer E, obne fis, meber aufroäriä nod) abwärts fteigenb, fo aud) mit fleiner Sejte unb fleiner (Septime. 2 Jahrzehnten vom Herausgeber dieses Neudrucks bebandelt worden, worauf ich alle Freunde des Griechentums hinweisen möchte. Das geschah in meiner Schrift: „Musik und Moral, kulturhistorischer Essay," Hamburg 1 888, in den Deutschen Zeit- und Streitfragen, herausg. von Prof. Franz v. Holtzendorff in München, besonders in den den Hellenen gewidmeten Kapiteln III— VII, S. 9—27 (über Plato und Aristoteles). A. d. H. 31. ©eftfn'djtöfunbiger in bie 3tnfd)auungen be3 Ijeibnifdjen ßeitatterä surüdüerfe^te.*) — (£§ *) £)6 aud) SBeettjoüen über ba§ G()et>err)ältnif$ nad) firdjltdjen unb ftaatlidjen ©efegen mit fttf) im Klaren mar, ftetjt ju bezweifeln. Sie ©ame ©ianotafio ermähnt in itjren 2lufaetd)nungen eine§ ©efpräctjeg mit ifjm 10* — 148 — mag fomit genugfam bargetegt fetjn, ba^ in ber £mlbigung biefer ^latonifdjen Stjeorieen für ben ©ebitbeten nidjtS üer= fängüd)e3 liege, folgtid) audj, bafj biefen £t)eorieen gegenüber gtoifcrjen 93eetl)orjen unb feiner Sßerefjrung für (Stjafefpeare, ®oett)e, @cr)iCter nnb ber Seetüre ber Mgemeinen 3e^tun9 nid)t3 ungereimtes 3U ftnben. SBeldje 2Banblung aber 23eetl)oüen'§ reüubfifanifrfie ©efinuungen in fpäteren Satjren erfahren, nad)- bem er bie englifdje ©taatStierfaffung nätjer fennen gelernt, tt)irb in ber brüten ^ßeriobe gezeigt merben. 9lad) biefer notljmenbigen ?Infüljrung be3 gried)ifd)en SSeifen ergreifen mir ttrieber ben gaben unferer ©r^ätjlungen unb fommen pr üorbemerften Segebenfyeit mit ber Sinfonia eroiea. ®ie 9tetnfc£)rtft ber Partitur mit ber ©ebication an ben erften ßonfut ber frangöfifdjen Dtepubtif, bie blo§ au§ ben beiben SSorten „Napoleon Bonaparte" beftanben, follte eben bem ©enerat S3ernabotte gur SIbfenbung nad) SßariS übergeben merben, als bie 9^actjrict)t nad) SSien tarn, Napoleon ©onaparte Ijabe fid) gum ft'aifer ber gran^ofen aufrufen laffen. ®em über biefen ^unft unb fübrt an: „2Sie er in altem ein befonberer 9JJenfd) war, fo and) in feinen Qbeen unb Meinungen hierüber. 3ebe 5lrt ge* bunbeneg 93ert)ättniö bei SKenfcben, fagt er, fei) iljm unangenehm. 3$ glaubte ir)n ju uerftetjen, er null bie 5-reitjeit be§ Wenfcben nict)t befebränft miffen; fo ifi e§ ibm weit intereffanter, roenu ein ireiblicr)c§ SSefen ibm, ebne an ib,n gebunben ju feim, it)re Siebe unb mit ibr ba§ £öd)fie fdjenft." ©tet)t bie§ mit feinen oben angeführten Söorten nidjt in einigem SBiberfprud)? „0 ©ott - (afj mitf) fie, jene enblid) finben, bie mid) in Sugenb beftärft — bie mir erlaubt mein ift." ®iefe Söorte batiren au% berfetben geil, in melier jene ®ame unfein ÜCftetfter oft in tbreS SßaterS $aufe ju fet)en unb ju hören Gelegenheit gehabt.90) 90) Man vergleiche die breiten Darlegungen von Frl. Fanny Giannatasio del Rio im Buche von L. Nohl: Eine stille Liebe zu Beet- hoven, bes. S. 126—1870. — Hierbei ist auch an die Stelle des Tagebuches 1812—1814 zu erinnern: „ Sinnlicher Genuß ohne Vereinigung der Seelen ist und bleibt viehisch, nach selber hat man keine Spur einer edlen Empfindung — vielmehr Reue." Fischhoffscb.es Manuskript Fol. 40 b. a. d. H. — 149 — Xonbidjter warb biefe SRadjridjt burctj ($raf SidjnoroSfü unb gerb. 9tieS über6rad)t. $aum tjatte er fie angehört, als er mit Jpaft biefe Partitur ergriff, baS Xitelbtatt abrifs unb fie mit 33ertoünf jungen über ben neuen granjofen^aifer, „ben neuen Xtjrannen", auf ben 93oben warf. bringt man bie bamalige Entfernung snnfdjen ber oft- reict)ifct)en unb fran§öfifd)en §auptftabt in ©rmägung, fo läfjt eS ficf) tuoljt begreifen, baf$ bie ©rtjebung üftapoteon'S auf ben X£)ron 51t 3Bien um fo metjr überrafdjen mufjte, loeil man bafetbft öon bem oorauSgegangenen SßlebiScit feine $unbe ge= fyabt, benn neufter $erfid)erung sufotge foß jener ©taatSact mit eben foldjer ©Ufertigfeit in'S SSerf gefegt toorben fet)n, rcie ber um 48 $at)re fpätere. @rft nad) längerer $eit tjatte ficfj ber fjeilige ßorn unferS bemofratifdjen XonbidjterS, ntctjt ofjne ßuttjun feiner greunbe, gelegt unb fein aufgeregtes ©emütf) ruhigen ^Betrachtungen über baS ©efdjefyene mieber ßugang oerftattet. @r gab bemnad) 5U, ba$ biefeS neue 333er! unter bem Xitel „Sinfonia eroica", mit ber barunter fid) befinblidjen S)eüife: „Per festegiare il sovvenire d'un gran uomo"*) ber Deffentlid)ieit üorgetegt werben folle. S)od) erfolgte bie Verausgabe erft ootle jtoei 3at)re nad) biefem Vorgänge. Stber mit ber 83ettmnberung für Napoleon tuar eS für atte $eit auS, fie tjatte fid) in tauten §afj öermanbett; erft baS tragifdje @nbe beS $aiferS auf @t. §e(ena fonnte SSeettjoOeu gur SSerföfynung ftimmen. ©oüte fid) in biefer §artnädig!eit nid)t ein HeineS (Srbtf)ei( niebertänbifdjen 58ottS=ßt)aratterS #x erfennen geben? Snbefj aud) in biefer Umftimmung t)at eS an farfaftifdjen Steuerungen in S3e3ug auf biefeS mettfjiftorifdje ©retgnifc nid)t gefegt, 3. SB. er fyabz ^u biefer ®ataftropt)e bereits bie paffenbe Ww.\\t componirt — ben Xrauermarfd) in ber Eroica meinenb. Sn ber Deutung biefeS ©atjeS ging er nodj *) Um ba§ Wnbenfen an einen gtojjen "iöJann 31t fetern. — 150 — roeiter, inbem er in bem äftotib be§ SDftttelfafceS in C dur ba§> 51ufleud)ten eine§ £)offnung§=Sterne<0 in ben roibrigen Sd)id= falen 9?apolecn'§ (ba§ 2öiebererfd)einen auf bem pofitifdjen Sdjauplatje 1815), roeiterfn'n ben fräftigften ©ntfdjtufe in ber Seele beS großen gelben, ben ©efdjjiden 511 roiberftetjen, fetjen roollte, big ber 9tugen6lid ber (Srgebung fommt, ber £etb r)in= ftnft unb ftd) roie jeber Sterbliche 6egra6en täfjt. SBenn icr) beffen errciäijne, fo barf e§ nidjt orjne bie 2tn= merfung gefctjetjen, ba^ Riebet auSbrüdlid) nur t>on Deutung, rtid)t aber bon Stillegung in Lanier ber mobernen 33eett)oüen* StuSleger bie 9tebe. ®egen fotd)e§ $erfaf)ren mit feiner unb mot)l jeglicher Sftuftf fjatte fid) unfer SDceifter allzeit energifcf) au§gefprod)eu, tt)ie idj bereite am anbern Drte nadjgennefen unb aud) rjier barauf gurüdfommen merbe. Sin Slnbeutungen, aufteilen ftüdjtig tjingeroorfen, aufteilen aber tiefer in bie Sadje eingetjenb, rjatte er es befannttidj 511 feiner geit, in unb aujier^ l)a!6 feinem Greife, fehlen laffen, roenn Q3eranfaffung bagu gegeben mar. 8n biefem fpecietlen gaüe a6er ift bor allem bie politifdje (Stimmung §u bebenf'en, menn er in biefem Xrauer* marfd) einige $e5Ügtid)feiten auf jene tjodjbeanmberte ^erfön* tid)feit 5U finben geglaubt. Sßüjige, farfaftifdje ®öpfe, roie unfer Xonbicfjter, laffen oft SXeuf3erungen fallen, bie ben be* treffenben ©egenftanb richtig djarafterifiren, bie fte aber bennod} mit ©ebadjt ber ^ublicität nid)t preisgeben möchten, roett bie§ §u ßonfequengen führen tonnte, bereu folgen aügemeint)in menig Sßortt)ett- brädjten. ©0 unb nidjt anber§ bürfen bertei Steuerungen 33eett)oüen'3 aufgefaßt werben. 1805. 3)a3 Saljr 1805 berütjrenb, muffen mir e3 üormeg als eine§ ber frudjtbarften in ^öe^ie^ung auf fcfjöpferifdje 2t)ätig- feit, gugleid) al§ ein retdje§ an mancherlei Erfahrungen be^eidjnen. Serjon im Sanuar fam bie Sinfonia eroica, nadjbem man bie in C dur üorau§get)en laffen, gur erftmaligen Stuffütjrung. Heber biefe neue Schöpfung, beren intentionirte ^öeftimmung bie Stufmerffamfeit be§ $ßubüfum§ in Spannung berfetjt rjaben — 151 — fott, lautet baS Urteil in ber SCHg. ERuf. £tg. Safjrg. VII. ©. 321 : „"Diefe lange, äufcerft fdjnriertge ©ompofition i[t eigene liä) eine fetjr meit ausgeführte, füllte unb mitbe Sßtjantafte. @S fetjlt it)r gar ntdjt an frappanten unb fd)önen ©teilen, in benen man ben energifdjen, talentvollen (Seift itjreS ©djöpferS erlennen muf$: fet)r oft fdjeint fte fiel) in'S SRegellofe §u ber* lieren .... 9?ef. gehört gemife 5U 23eetl)oben'S aufridjtigften SBeretjrern; aber bei biefer Arbeit mufj er bod) gefteljen, beS ©retten unb ©ijarren attsubiel §u finben; moburd) bie Heber* fid)t äufeerft erfdjmert mirb unb bie (Sintjett Beinahe ganj ber* loren getjt." — ©ogleict) folgt bie größte Sobpreifung einer ebenfalls neuen (Sinfonie bon (Sberl*) als ©egenfatj gur Eroica. ®a mirb unferm SJceifter 51t berfteljen gegeben, in folgern ©tble fd)rei6en ju follen. $laü) ber balb barauf ftatfgetjabten feiten 5fuffüt)rung ber Eroica unter perfönlic^er Seitung beS Gomponiften täfjt fidj berfelbe Shitifer (@. 500) alfo bernefjmen: „MerbingS t)at biefe neue 23eett)oben'fd)e Arbeit grofee unb fütjne Sbeen, unb tüte man bon bem ©enie biefeS (Somponiften erwarten fann, eine grofie Straft ber 9luSfüt)ruug; aber bie Sinfonie mürbe unenblid) geminnen (fte baitert eine gan§e ©tunbe) ioenn fiel) JSeetfjoben entfdjliefjen mottle fte ab^ufür^en unb in baS ©anje metjr ßidjt, SHartjeit unb <5int)eit 5U bringen .... ©0 ift t)ier 3. $. ftatt beS einbaute ein Xrauermarfd) auS C moll, ber in ber golge fugenartig burdjgefüljrt wirb. $lber jeber gugenfatj ergötzt buref) bie malgenommene Drbnung in fetjein* barer $ermirrung: menn nun aud) bei öfterm 21nt)ören ber ßufammentjang felbft ber angeftrengten 5lufmerlfam!eit entgeht, *) 31« ton ©berl, geb. 1766 ju SBien, f bafelbft 1807, war einer ber beritljmteften ßtabierfpieler «nb ©omponiften. (£r lebte mehrere ^afyvt in @t. Petersburg unb braute bort §at)bn'§ Sdjöpfmtg suerft jur SIuf= füfjrung. ^m ^a^re 1800 roieber nad) SBien äurücfgefotnmen, toarb er at§balb ein gefährlicher Utebenbutjfer SBeettjooen'i; in ßomp Optionen für ©(ooier unb Drdjefter. (£§ Ijctt ftd) nid)t§ baoon am geben erhalten. — 152 — fo muf3 bie§ jebem uneingenommenen ÜDcufillenner fonberbar auffallen. 2lud) fehlte fetjr t»ief, bafc bie ©infonie allgemein gefallen Jjätte." 3(u§ biefer ^Beurteilung ift beuttid) ju entnehmen, meld)' garten Stampf biefe ©infonie in SSien gu befteljen gehabt; jebod), biefer Äampf Ijat ftdj an allen Orten, roo baZ SBerf nur erfdjienen, in gleicher Sßeife roieberfjott. Sßelcf/ töbtficfjen $ln= griffen e3 Don Seiten ber alten STonleljrer au§gefet}t getoefen, bebarf motjl feiner auf geugniffe gefüllten 93erfid)erung. 3)aö grofee 9(ergerniB, baZ unter anbern aud) ©Doni-S 2Be6er baran genommen, fcfjien unferm SKeifter in fpäteren Sauren, nadjbetu alte biefe Slämpfe 511m SBortfjetf be§ 2öerfe§ burdjgefämpft maren, Diel ©pafc ju machen. Sm ^ßrager GonferDatorium war nümlid) bie Sinfonia eroica a(y baZ am meiften „fitten* Derberbenbe" Sßerf Don SBeetljoDen Dcrpönt. Sht§ biefem ©runbe tonnte e3 bafefbft erft §u Slnfang ber Diesiger Sa^re §ur erft= matigen Sluffütjrung gelangen, nadjbem ber SHrector biefer $unftfct)ule alt unb für bie Seetrjoüen'fdjen ^iffonan^en ab* geftumpft ber eigenen 5luftöfung natje geftanben, >>u roetcfjer er ftcfj bereits feit 70 Sauren „vorbereitet" tjatte. — 2)te3 barf mof)( aud) ben mancfjertei ©cfjidfalen biefeS 2öerfe§. in tüetdjem fid) beffen ©djöpfer in DoUfter (Sigentt)ümlid)feit geigt, bet= gefegt merben. 2tber nod) möge (SrmätjnenSmerteg folgen. 28a§ aujjer ber bi§ bafjirt ungetooljnten ^luöbeljnung*) einiger ©ätje in biefer ©infonie, ferner megen ber Dielen für bie bamattge Organisation ber Ofyren 51t grellen ^iffonangen, *) 3>er Gomponift felber erfannte bie ungeiuöfjnüdje üänge tiefet Sinfonie. 5>af)er loünfdjt er in einer beigegebenen 2lnmerfnng, baß fie bei 2luffü§rungen lieber anbern Sonftüden öorauggelje, al§ juie^t vorgetragen inerbe, bamit fie nidjt bei bem bereite ermübeten 3uf)brer it)re eigentfyümlirfie 00m Gotnponifien beabfidjtigte SBirfung verliere, ©egemoäriig erfdjeint biefe SSorfidjt nid)t tneb,r unbebingt notljroenbig, lueil ba§> SSerf allgemein getoürbigt unb oerfianben ioirb. — 153 bann nocfj be§ fugirtcn Zty\k§> im £rauermarfd), in fcer Scfjaar ber ©egner befonberen 9tnftof; erregt rjatte, mar bie 9-Mobie im öierten Satje: y-gj^=gg^gi^=91).....ro. dolce bie au3 bem finale be£ 93allet§ ,,^>romett)eus8" nod) in guter Erinnerung geroefen. £>ie Gabler ber Sinfonie frugen, mie biefelbe SMobie einmal jum Xanje, aföbalb mieber gur geier eine§ gelben benutzt roerben tonne. Viel früher aber mar tiefe 9Kelobie in einer 'Sammlung öon Sontretän^en t>a*) ©ttuaS fpäter finbet fie fidj a(§ Strjema 51t Den Variationen, Op. 35. ©iefe mehrmalige 33enutmng eine§ 9ftotiüe3 in un- oeränberter ©eftalt, unb §roar §u üerfdjiebenen 3meden, finbet ftcf) in ÜBeetrjouemi Siteratur nicfjt mieber üor. (Sin anberer SßieberfjotungSfafl, jenem oorau§gegangen, monad) ber SRenuett au§ bem Septett, Op. 20, in ber flehten Sonate in G dur, Op. 49, fid) mieber finbet, unb groar bort in Es, tjier in G, fann faum mit bem angeführten in SBergleid) fommen, meit er an beiben Orten Menuett bleibt, raenngleidj in ber Sonate afö ginatfatj anberö bearbeitet. £)iefe Sonate gehört jebod) ju ben frütjeften ©ompofitionen Seet^ooen'ö, menn fie aucfj erft 1805 im £>rud erfd)ienen. 2)emnad) bürfte bie ©eftaltung btefeS 9)2enuett=9ftotiü§ als $inatfa£ juerft ba gemefen fenn. 2tn tjerborragenben SBerfen, bie in biefem ^afyre ba$ Sid)t ber SBelt erbüd't, ftnb nur §roei namhaft §u madjen: bie Sonate mit Biotine, A moll92), Op. 47, unb Die grofce Sonate in *) en, unb maS brum unb brau t)tng, getlennäeidjnet bjaben, benn baS „mais il etait toujours brusque" mar ber Refrain aller feiner Steuerungen unb (Sinmürfe über unb gegen irjn. ©in farbonifdjeS Sädjeln um^og feinen feingeformten SJcunb, atS eines StageS feine grau mid) um ein Slutograpt) üon bem Wiener Sfteifter erfud)te. 2£ie ©tjerubini bie ÜJJcufe beS beutfdjen geitgenoffeu beurteilt, *) SHefe Oper tft in ©cene gegangen am 6. fyebruav 1806. 94) Über Cherubini und Mad. Cherubini vergl. B. S. Br. No. 881, nebst Anmerkungen (IV. Band), No. 883; No. 243. A. d. H. — 156 — märe allein fcfjon au3 feinen Sftittljeitungen über gibetio nadj feiner 3ur"cffunft gu entnehmen, r)ätte er nictjt feine geringe Xfjeilnafjme bafür bei jeber (Megentjeit rüdljattfoio gU erfenneu gegeben. 3m £>erbfte 1841 tarn. Soljn Gramer au§ Sonbon nad) $ari§, um bafelbft längeren Slufenttjalt gu nehmen. 35urd) Sacob 9tofent)ain marb mir atäbalb bie (Stjre feiner Q3e= fanntfcfjaft §u Streif, ©ramer fjatte ben gangen SBinter üon 1799 auf 1800 in ber öftreidjifdjen £>auptftabt üerbradjt unb mit SSeetljoöen in ftetem SSerfetjr geftanben; bei (£t)erubini ging er al§ £)an§freunb ein unb au3, bafelbft mir benn öerfdjiebene SJtot gufammentrafen unb un§ fammt unb fonberS in 5\ütf= erinnernngen an 3ßien, befonberS an Sßeetljoüen, ergingen. 2)ie ©elegenljeit, bie (Srtebniffe unb Urteile gmeier fo gebiegener gadjmänner mit unb über $8eett>oüen au§taufdjen 511 frören, bation ber eine nur geringe, ber anbere aber ljotje 51d)tung für ilnt im §er^en getragen, mufete barum nod) für mid) üon äBtdjtigfeit fet)n, meit btö ©an^e auf einen fern gurücftiegenben 3eitraum Segug nafjm, barüber bie Slusfagen Ruberer au§= einanber liefen unb 2ötberfpred)enbeor meiner jroeiten 9Jeife nad) $ari3, ausgegeben worben, batjer (£ramer*§ unb ber .Sufammcnfünfte mit it)m bei ßfjerubini nicfjt ermähnet ferjrt fann. — 157 — muficatifdjen Xfjetl fctacirt fetjn. Sn bem focialen $J3uncte trat gramer auf «Seite ber 9J?abame (Sljerubini, moburd) bie Debatte neue§ Sntereffe gewonnen. Leiber 21u3fagen ftanben in gutem ©inflange, bafj nämtid) unfer Stonbicfyter in gemifdjten Greifen ein eben fo gurüdljaltenbeg, oftmals fteifeS, fünftlerftoljes 93e= nehmen ju beobachten pflegte, als er hneberum im öertraulidjen Sßerfefjr brollig, aufgetoedt, gumetlen fogar fd)tt>a|f)aft gemefen unb e3 liebte, aüe Sänfte be§ Sßitjeä unb ber ©arfaSmen fpieten gu (äffen, babei er jebod) ntctjt immer Mugfjeit öerrattjen, in§* befonbere in politifdjen fingen unb focialen Söorurtfjeilen. liefern mußten 93eibe noct) mandjeS ü6er feine Ungefcfn'cflidjfeit im Slnfaffen öon ©egenftänben, al§ ©läfer, Siaffeegefdjtrr, u. bergt, ^injujufügen, mo^u 9tteifter CEt)erubtni mit bem Refrain: „Toujours brusqueu ben Kommentar lieferte. @§ marb burd) biefe 21u3fagen beftätigt, tt>a§ idj über baä feciale SBerljalten 23eett)oöen'3 im allgemeinen öon feinen älteren $reunben öernommen fjatte. 3ur 3e^ unferS SSerle()r§ in ^ßari§ toaren Soljn (Sramer bie auffatlenben Steuerungen öon $er= binanb 3tie3 über biefen Sßunct bereite befannt. ®r befämöfte fie mit allem Sftadjbrude unb ftimmte bei, biefelben öon mir als baS ©rgebnifj eineS für ridjtigeö SßerftänbniB au^ergemöl)nlid)er ßljaraftere unreifen Jünglings erllärt $u fetjen, ber fid) lebigtid) an s21eufeerlid)feiten, im Unmutige, lüot){ aud) im 3om, unb 5U- meilen im ÜJ?utf,mi(len ausgeflogene SBorte gehalten, unb barauS btö (S^arafterraefen feines SefyrerS formirt f)at. ©0 nur lonnte e3 iljm öaffiren, baffelbe fo fdjroff barjufteHen. S)te betreffenben ©teilen in feinen biograöfyifdjen ^coti^en gleichen bemnad) Rieden auf fauberem ©runbe unb fotlen £)ter meiter feinen SRaum finben. 316er nod) ein (Srgebnifs au§ bem Sßarifer Umgang fdjeint mittljeilenStüertf), meil e3 einen befonbern Streit be§ focialen SSerfetjrS betrifft, über meldjen §u urteilen öor^ugSmeife ©amen für comöetent gehalten merben. 31u§ ben (Erinnerungen ber üüfabame ßljerubini an bie at)ren ber repubticanifctjen ©leicfjrjeit be= obad)tet rjatte. <£% fott nic£)t bie Siebe ferjn, baft etma über letztere mit ben in 2)eutfd)(anb alfenttjalben beftanbenen S3e= griffen SSergfeidje angeftetlt raerben, benn mir fjaben ja nod) in jüngfter ßeit Seroeife gehabt, mie fo fdjroer e§ t)od)abe(id)en ®amen roirb, nur ein flehtet Stt)ei(d)en öon trjren trabitionetlen Sßorurtrjeilen aufzugeben, unb fid) menigftenä im ©otteStjaufe ben anbern (Haffen gletdföufteßen: mie modjte e§ bollenb§ im erften ^ar^eljenb unferS 8af)rf)unbert3 in ben köpfen unb ^er^en ber öftreicfjifdjen gürftinnen unb (Gräfinnen auSgefeljen fjaben? S§ fotlen einfad) bie Beobachtungen einer f'larferjenben Spariferin über SJteifter Subroigö SScrtjatten gegen biefen %f)eit ber ©efedfcfjaft gur Diebe fommeu. ®a§ 3leufeertid)e baüon ift genugfam mit ben SSorten be^etdjnet : „@t Oer(ad)te ifjre t)oc^= fai)renben 2}orurtt)ei(e fammt unb fonberl unb madjte fid) au§ einer gürftin fo menig mie au$ einer 23ürger§frau; mit einer übüdjen §öf(id)teit§p^rafe mar gemörjntid) alleä bei if)tn a6= gemadjt." 2)a§ 9?id)täuBerüd)e aber liegt anberämo. ,,2)emutr) be§ SDrenfdjen gegen ben äftenfdjen — fte fdjmerät mid)" u. f. m.95) fdjreibt SSeettjonen an feine geliebte ©iulietta. 5(u§ biefen menigen SSorten ertjetlt toorjt flar bie cfjarafteriftifcfje ©runbanfdjauung Sßeetfjooen'S in ^nnficfjt auf ba3 gefammte fociale Seben. 9Kabame Gtjerubini mod)te mätjrenb itjreä neun Monate langen 21ufentt)atte3 in 2öien red)t oft 5U beobadjten Gelegenheit gefjabt fjaben, ba$ SSeetfjoöen'ö 23enefjmen gegen bie gürftin fid) menig ober gar nid)t üon bem gegen ©amen au3 anbern Stänben unterfdjieben l)abe. 3lllein nocfj anbereä tjat fie beobadjtet, mag feineu Umgang mit bem fcfjönen, aber auct) §ätjen, med üorurttjeÜgootlften ^tjetle ber ©efeltfdjaft immerhin fet)r erfdjmert unb fociale $erfjältniffe fortan gteidjfam in ber 95) Siehe B. S. Br. No. 45 (I. Band). A. d. H. — 159 — ©djroebe gehalten rjaben mufete, bie öon conträren SSinben leidjt Serftobert Serben tonnten: feine fjorjen 2Inforberungen nämtid) an ßopf unb ^erg ber tarnen, hierauf beäüglid) f)at bie Sßariferin bem SSiener Xonbidjter rücf^altloS nadjgefagt, bafj er ju toeit gegangen unb barum fo roenig 23efriebigung gefunben; baijer fjabe er fid) in ©pott unb Sronie Suft gemalt. 3)iefe3 ©eetrjoüen'fdje SBertjalten fcfjeint bod) too^l au3 ben ©runzligen feines SrjaracterS, feiner Sßeltanfdjauung unb aud) qu§ feinem ^ünfttermefen 31t refultiren. ©in Äünftter, ber in feinen ©t^eugniffen bem ^Begriffsvermögen feiner geitgenoffen fo njcit boreilt, als mir e3 bei unferm SJieifter fet)en, foll aller* bingS nid)t gu ftrenge mit ifjnen in'S ©eridjt gefeit, menn er nid)t nad)tt)eiltge ßonflicte rjerborrufen raill. 2lu3 ben WiU Rettungen ber geehrten ^arifer Same, bie §ur ©tunbe, at§ id) bie§ nieberfctjreibe, nodj am ßeben, läfjt fid) roieberum ent= nehmen, ba^ fo mandjer Sfaftofe im Seben unferS 9fleifter3 in feiner geringen 9?ad)fid)t gegen menfdjlicrje ©d)roäd)en unb fociale ©ebreetjen feinen ©runb finbet; lag e§ bod) überhaupt in feiner SBeife: an allgemeiner Silbung immer metjr $u f orbern, als bem Snbtoibuum gu erreidjen oftmals möglid) gemefen. ©leid)e£ Ratten mir ja bereits bei feinem Sßerferjre mit ben Sßiener 9Jtttfifern anpfürjren. 9M) 9Jiittrjeilung biefer offenen unb unftreitig anerfennenS» merken Sßarifer Urteile fctjrette id) nun gur ©cfjitberung ber Vorgänge mit jenem SSerre unferS SDfeifterS, baS auf ber ©tufen= leiter feiner ©d)öpfungen eine ber oberften ©teilen behauptet, ba§, mie rein anbereS, fein Enfant de predilection gemefen, nid)t barum, als tjabe er bemfelben einen t)öt)eren Äunftmertt) beigelegt, fonbern roeit beffen ©^eugen unb SnSlebenfücjren il)m mie fein anbereS, unfäglidje 50tüt)e tierurfad)t, aber aud), mie lein anbereS, gute @rfarjrungen nebft üiel SSerbrujj eingebrad)t, unb bennoct) unoerbiente 3uru^felut19 uno ©ct)idfale mancher Strt erlebt t»at. @3 fott üon ber Dper gibelio bie fRebe fein. $u biefem ©efdjäfte liegen gegenmärtig merttpotle Sefjelfe — 160 — üor. (Sin SDfarnt, ber mit Seettjouen längere geit in naljer 23e= giet)uncj geftanben, ber bei Stusbilbung biefe§ mufifatifdj — braraatifdjen ©d)mer5enreid) ttjeitroeife perfön(id) mitgeroirft, tjat auf roenig Seiten bie (£ntftet)ung3gefd)idjte biefer Oper nebft einigen iljrer erftertebten ofbütjnen, tettftid) Deconom am fatf. 2htrgtt)eater in SSien. ©ein 9(uffa|, „^-ibetio" übertrieben, roarb niebergelegt im „Drp{jeu3. 9ftufifatifd)e§ £afd)enbud) für btö Safjr 1841/' ben Sfuguft @cr)mibt in SSien herausgegeben. @r fott un§ t)ier nur mit feinem roefenttidjen Sntjatte btentid) fetjn, um gegen ben aufgehellten ©runbfafc: mögtidjft gebrängte ^ürje in 2)arftettung afler £t)atfad)en nirgenbä §u berftofjen. 2)er 2(ugen= unb D^ren^euge fdjreibt: „@3 roar (£nbe 1804, als $rei§err üon ©raun, ber neue (Sigenttjümer be3 t t priü. XljeaterS an ber SSien, bem, thtw in Dotier ^ugenbfraft fterjenben Subroig öan Seetjjouen antrug, eine Dper für jene 53üt)ne §u fdjreiben. 3)urd) ba% Oratorium: „(StjriftuS am Detberge" tjegte man ben ©tauben, ba^ ber äfteijter aud) für barftettenbe Wlu\it, mie feittjer für Snftrumente, ©rofeeS gu teiften im ©tanbe fet). Sturer einem Honorare bot man iljm freie 2öot)nung im £t)eatergebäube. Sofept) «Sonnleitner übernahm bie 23ef orgung be§ £ejte3 unb mät)tte ba§ fran^cfifdje Sud): „L'amour conjugal", obgteid) e§ fdjon mit Sftufif oon ©aoeauj oerfeljen, aud) itatienifcf) at3 „ßeonore" bon ^ßaer componirt90) nad) beiben ^Bearbeitungen aber in ba§ 2)eutfd)e überfetjt mar. Seettjoüen fürdjtete feine Vorgänger nid)t, unb 96) Von allen Biographen Beethovens, auch von Thayer, wird Schindlers erschöpfende Darstellung über des Meisters „Fidelio" an- erkaunt. Zu bedauern bleibt, daß er über den Schauplatz der Be- gebenheiten und über den ersten Textdichter doch noch manche Lücke gelassen hat. Diese Lücke hat in neuester Zeit nur der emsige Beethovenforscher Dr. Erich Prieger in Bonn ausgefüllt. Ich erinnere — 161 — ging mit ßuft unb Siebe an bie Arbeit, bie SWittc 1805 jiemUdj $um (Snbe gelangte. Snbeffen geigten fict) für bie Siuffürjrung beträcrjtticrje ScrjmierigMten. SRur bie meiblicfjen Collen fonnte man burdj $He. 9JcUber u. SWüttcr genügenb befe£en, bie Männer liefen befio meljr 51t münfcfjen übrig.*) @3 erfdjienen ferner mehrere hänget in ber Einrichtung be§ XejtcS, benen boct) nicfjt ab* geholfen mürbe; — aus ber $eme mutete ftc£> aber ba^ Un= gemitter eine§ Krieges gegen 2Bien unb raubte ben 3uftf)auern bie ^um ©enuffe eine§ ®unftroerfe3 erforbertict)e 9?ut)e. 2)ocf) eben belegen bot man ba<§ 9Jcög(icrjfte auf, bie füarfam be= fugten 9iäume be§ JpaufeS gu beteben. „$ibetio" fottte ba§ Söefte ttjun, unb fo ging bie Ober, unter feineäroegä gtücfücrjer 6onfteIiation**) am 20. Storjember in en=33togcn^ic. U — 162 — Sßercinberungen, 5. 35. bie, bah ba§> Sßorbjanbene in ^Wei, ftott in brei 9(uf§üge getrjeüt war, fonnten bie beftefjenbe ungünftige Meinung tttcfjt oerlitgen*). 9?ocfj einma(, am 10. 2Ipri(, würbe e§ gegeben unb bann bem ©taube ber Sweater = 33ibliotf)ef überantwortet. ©inige gleichzeitige ^erfucrje bamit auf ^rooin^ büfynen Ratten feinen beffern @rfo(g." §ier wirb eine Berichtigung notbjWenbig, weit bem acfjtung§= wertrjen ©ewärjr§mann baö ©ebäditnifj etma§ untreu geworben. SSenn £reitfd)fe jagt: „einige muftfaltfdjc 33eränberungen" u.f.w., fo fdjeint benn bod) bie ßufammen^iefjung e^ne§ breiactigen Dpernwerfeg in jwei 3(cte an ficf) fdjon nictjt§ unwefent(icfje§. 3u ben anberen für SSiebereinfürjrung biefer Oper vorgenommenen Sßeränberungen gehören aber nodj: eine neue 5(rie für ^arro mit (Sljor, weit ber Sänger biefeS ^art§ fidj entfcfjieben ge= Weigert fjatte, bie beftetjenbe in B dur mit 6f)or wieber 5U fingen, ferner würben befeitigt ein 2)uett in C dur §wifd)en Seonore unb SDcarcettine mit obligater ü8ioün= unb $BiolonceU=Beg(ettung unb nod) ein fomifcfjeS Ser^ett in Es dur jmifcfjen Diocco, SDiarceHine unb Sacquino. üESenn STreitfcfjre meint, baf? biefe beiben 9cummern erft befeitigt würben, at§ er 1814 in @emein= fcfjaft mit bem ßomponiften eine Umgeftattung mit bem Bucfje unb bem ©cenarium üorgenommen, fo ift bie§ ein Srrtfyum. ©eine amtlichen Functionen rjatten irjn niemals mit bem Srjeater an ber ÜKMen in Berührung gebradjt, barum ift irjm fremb ge= blieben, Wa3 bafelbft mit gibetio aufserbjalb ber Büfyne öor* gegangen. (£<§ ift für unfere (Bad)? oon großem Sntereffe, bafj ber ©änger be§ gloreftan De* oer ^Bieberaufnarjme ber Dper 1806, §err Dtödet, nod) in befter ©efunbfjeit unter ben Sebenben wanbett, bor Äußern nod) fid) einige $eit \n 2gie§baben unb SBür^burg aufgehalten, unb nun wieber §u SBatf) in (Sngtanb *) 3)er 23erid)t über biefe Umgefiadung lautet in ber 9lDg. 9Wuf. QtQ. bon 1806, ©. 4ö0, tüörtlitf): „3)a§ 6tüc! t)at gewonnen unb nun autf) beffer gefallen." 3). 23. — 163 — mofynt. 21(8 aKittoirlcnber mufete er ber bei gürft Sid)nom8fb, ftattgeljabten $8eratt)ung ü6er bie borjunetymenben 23eränberungen in ber Dper beitoofjnen unb betoatjrt nod) bett ü)m gugettjeitten ^art in 53eetf)oben'3 eigener §anbfd)rift. ®ie betreffenben $or* gänge maren mir ftets befannt, toett beren in unferm Greife — meift burdj ®raf 8idjnpto8ft) beranlafct — öfters gebadjt morben. £)od) mar mir it)re Stuffrifdjung burd) SRörfet fetjr ttnÜ'fommen. 2Ba8 gerb. 9Ue8, nad) SRötfel'8 äJHttfjeüuttg, über bie gu* fammenfunft bei gürft £id)noto8ft) in feinen biegrapt)ifd)en Sftotigen97) ©. 103 ff. anführt, toirb ba8 Punctum quaestionis ergänzen unb gegen toeitere @infprüct)e fidjer fteüen: @r be= richtet: „@8 beftanb biefe gufammenfunft au8 bem dürften, ber gürftin (bie ba§ ßlabier übernahm unb befannttid» eine au8= gewidmete ©pieterinn toar), bem §ofrat£)e bon (Sollin, bem (Stephan bon 23reuning, toetdje beiben festen ftd) über bie 2lb* lür^ungen fdjon befprodjen fjatten, — bann bem Jpertn Sfteier, erften Söaffiften, §errn $iödä unb SSeettjoben. 9lnfänglid) ber* ttjeibigte biefer jeben £act; at8 man fid) aber allgemein bat)in au8fprad), bafj gange ©tüde ausbleiben müßten unb §err üDMer erftärte, fein ©änger fönne bie 2lrie be§ ^ßigarro mit (Sffect fingen*), tourbe 25eett)oben grob unb aufgebracht, ©nbtid) ber= fprad) er eine neue 3Irie für ben ^igarro §u componiren (e8 toar jene, melcfje jetjt 9?o. 7 in gibetto ftetjt) unb ber gürft bradjte e8 gu(c|t batjin, ba$ er gugab, biefe ©adjen fottten (aber nur berfud)8roeife) bei ber erften 2luffüf)rung megbteiben; man fönne fie, fyiejj e8, ja immer nneber einlegen ober anber8 be- nutzen; fo mie bie @ad>e je£t ftelje, ferj bod) einmal ber (Sffect *) ®en eigentlichen ©runb, bie 23efeitigung biefer Slrie ju Derlangen, toerben wir aläfiaib Demefjmen. @3 ift eine ergötilidje (Spifobe in ber ©e* fdjichte be§ gibelio, ba§ einzig fomifcfte in ben Dielen unangenehmen unb ben Qomponifien bi§ jur Trauer berfümmenben SSorfäüen bei ben erften Aufführungen. 97 j Es ist S. 103 ff.; Neudruck S. 123 ff. A. d. H. 11* — 164 — berfefjtt. üftacfy langem Unterreben gab 23eetf)oben nad), — unb bie geftridjenen ©tücfe ftnb nie lieber aufgeführt morben. — £>iefe ©itmng bauerte bon 7 llfjr 5tbenb§ bi§ 2 Urjr, roo ein frö^lidt)e§ 9J?at)t bie ©acrje befd)tof3." 2öa§ 9?ie3 roeiter — lieber nad) Abdels Stfittrjeilung — über bie crfte ©eftattung bon gtoreftan'S ?lrie §u Anfang be£ gmeiten 91cte3 jagt, bafj fie urfprüngtid) feinen 21tlegro=@atj gehabt unb mit bem Slbagio 3/4 Xact gefcijloffen, ift nid)t 6e= grünbet. griebrid) Sreitfdjte: „Sldjt bolle Satjre fpäter (1814) er* fetten bie Snfpigienten ber f. f. |>of=Dper, ©aal, $oget unb Söeinmülter, eine SSorfteKung gu irjrem SBortrjeile, mobei ifjnen bie 2Öat)t eine§ SBerfeS, orjne Soften, übertaffen blieb. 3)a§ 51uffinben mar fdjtuierig genug, üfteue beutle (Sompofitionen lagen ntdjt borrätig; ältere berfpradjen leinen befonberen ©e= minn. 3)ie legten franaöfifcfjen Dpern Ratten, mie im SSertrje, fo in ber SSeliebttjeit bertoren, unb ben £>ar fiel lern feijlte ber Sftutt), ficfj al§ ©änger allein in bie italienifcfjen SBerfe 51t ftürjen, roa3 bod) einige Satjre barauf felbftmorberifd) gefdjab. inmitten biefer SSertegenrjeiten gebadjte man $ibelio'en feinerfeitS roünfcfyte ben armen $(oreftan burdj eine Strie au^useidmen, ict) aber äußerte mein 23ebenfen, ba$ ein bem ^ungertobe faft Verfallener unmöglich Srauour fingen bürfe.*) SSir richteten 2)iefe3 unb Sene§; gute^t traf id) nadj feiner Meinung ben Sftagel auf ben Äopf. 3dj fcfjrieb SSorte, bie ba§ tetjte Slufffammen be§ Se6en§ oor feinem ©rlöfrfjen fdjilbem. „„Unb fpür' idj ntctjt tinbe, fanft fäufelnbe Suft, Unb ift nicfjt mein ©rab mir errettet? Sdj fefj', roie ein Gsngel, im rofigen ®uft, ©idj tröftenb gur ©eite mir ftetlet. (£in (Snget, Seonoren, ber ©attin fo gteicl)! — £)er füt)rt mirf) jur greijjeü, — itt'3 f)immtifd)e 9teid).M" „2Sa3 icfj nun ergäbe, lebt eroig in meinem ©ebäcfytniffe. 23eetf)ot>en fam 2Ibenb§ gegen fieben Uljr gu mir. 9?ad)bem mir 5lnbere3 bef^roctjen fjatten, ert'unbigte er fiel), roie e§ mit ber Slrie ftefje? ©ie roar eben fertig, icf) reichte fie tym. ®r Ia§, — lief im ßimmer auf unb abr murmelte, brummte, roie *) hierbei fei) ein ftarfeS SBebenfen 3U äußern ertaubt. SBeetfjooen füllte ben ftlorefian burd) eine 33rauour=9lrie, b. Ij. burd) Dioulaben, Sriller unb bergleicben §aben au§äeid)nen tooüen?! — Sa§ ftefjt in ooflem SBiber* fprud) mit ben öorfjanbenen ?lutograp(jen oon biefet Strie cm§ ben Siafjren 1805 unb 1806 unb e§ märe gerabeju bertejjenb für !öeetf)oüen e3 jtt glauben, ©iefe 2(rie befinbet fid) im älteften ©tabier=2lu§äug Don ber Dper (bei 23rettfopf unb föaertel) in iljrer urfpriinglidjen ©efialtung. ©ie befielt au3 bem Otecitatio (®ott! roelcfj ®un!et Ijler!) ferner auö bem 2lbagio 3/4 As dur (3>n be§ 2eben§ grüljüngStagen,) unb au§ bem britten %i)t'ü: Andante un poco agitato (2ld)! e§ waren fd)öne Sage.) ©0 Ijat fie wieber Otto Satjn in bem bon ifjm nad) s-8eett)oüen'§ 2lutograpr)en (mit aßen SSarianten) bearbeiteten neuen Glabier^lu^ug be3 urfprünglidjen gibelio aufgenommen. (Sreitfopf unb §aertel.) 33er mödjte wof)t bei einem bieltfyeiligen SBerfe, wie bie fragliche Oper, baran fo biele§ — unb sroar in swei geiträumen — geänbert tuorben, behaupten, baZ unb ba§ ift urfprünglid), jene§ aber ift 3lbänberung? 23telleid)t ber ©omponift felber nid)t mit ©idjeröeit. g. Sreitfdjfe ermangelte aller mufifalifdjen 23ilbung; banad) wirb feine Sleufjerung begreiflid). — 166 — er getüölmfid), ftatt §u fingen, tfjat — unb rife bag $ortepiano auf. Stteine $rau Jjatte if)n oft öergebtid) ge6eten, ju fpielen; — rjeute legte er ben 2e;rt üor ficrj unb begann rounberbare ^pijantafien, bie, leiber, fein ßaub^niittet feftrjatten fonnte. ?(ug ifjnen fdjien er baö 9J?otio ber 21rie §u befcfnoören. Sie ©tunben fdjnxmben, aber Seetfjooen ptjantaftrte fort. Sag 9tad)teffen, meldjeS er mit un§ ttjeüen mollte, mürbe aufgetragen, aber — er liefe für) nicfjt ftören. Spät erft umarmte er mid), unb auf ba3 Sftarjt üerjidjtenb, eilte er narf) tfdjen bem gatle, fidj bem freien 92acf)benfen ") ober ber ©egeifterung überlaffen ju fönnen.""*) *) lieber ben legten Sag ift in ber (Site bes Schreibens ein Sunfel gefallen, bas alfo jn erretten fein bürfte: lieber ein gang neues SBerf fdjaffen, als über iöerbefferung eines bereits nor Sauren gefd)riebenen nacf}= benfen ju foflen. 98) B. S. Br. No. 375 (IL Band). A. d. H. 99) Vgl. B. S. Br. No. 381 (II. Band). A. d. H. — 167 — „SDfttte 21prit fingen bie groben an, obmot)! nod) 9ttand)eg fehlte, $ür ben 23. Üftai mürbe bie ^Borftetlung angetünbigt; "Xag3 5UU01* mar bie Hauptprobe, a6er bie üerfprod)ene neue Duüertüre (in E dur) befanb ficf) nod) in ber ^eber be§ ©d)öpfer§. 2Jfan beftellte ba§ Drdjefter jur $robe am borgen ber ?Iuf= füfjrung. Seettjoüen fam nicfjt. $lad) langem SBarten fut)r icfj §u it)m, il)n abloten, aber — er tag im SBette, fcft fd)tafenb, neben it)m ftanb ein SBedjer mit SSein unb 3roiebad barin, bie Sogen ber Duüertüre maren über ba§ SBctt unb bie ©rbe jer= ftreut. ©in gang aufgebrannte^ Sicfjt bezeugte, tafo er tief in bie Sftadjt gearbeitet fjatte. Sie llnmögticrjreit ber Söeenbigung mar entfdjieben; man natjm für bie§mat feine Duüertüre au3 „ frontet t)eu<§", unb bei ber 5lnfünbigung: „„megen eingetretener §inberniffe müfee für rjeute bie Duüertüre megbteiben"", erriett) bie aatjtreidje SSerfammtung ofyne 9J?üt)e ben triftigen ©runb." „2öa§ meiter erfolgte, miffet Sljr. Sie Dper mar trefflid) eingeübt, 23eett)oüen birigirte, fein $euer rijj it)tt oft au3 bem ^acte*), aber (Eapettmeifter Umlauf lenfte tjinter feinem 9iüden SÜtteS sunt heften mit Solid unb §anb. Ser 23eifall mar grofc unb ftieg mit jeber SBorftettung. Sie fiebente, am 18. Suli, mürbe 23eett)oüen jum Sßorttjette ftatt eines §onorar§ überlaffen. Sn biefe legte er, p größerer gugtraft, stoei Sftuftfftüde, ein ßieb für Siocco unb eine größere 5trie für Seonore; ba fie aber ben rafdjen ©ang be§ Uebrigen Ijemmteu, blieben fie mieber au<§. Sie (Stnnatjme mar aud) bieSmaf fetjr gut." 2öaS junädjft bie in biefeu Senefi^^orftellung eingelegten „§toei üftufifftücfe" betrifft, fo erfahren mir au3 ber Mg. SRuf. 3*0- ©• 550, baB ba§> eine baS ßieb Sftocco'so gemefen: ,,©olb ift eine fcf)bne ©ac^e", ba3 anbere aber Seonoren'3 grofje *) ®tefem muß nnberfprodjen werben. Sie Sljatfadjen werben un$ Sketfjoöett in ben ga^en 1813 unb 1814 mehrmals an ber 6pi£e großer Drdjefier» unb (£Ijor= 2)2 äffen geigen, bie er, ungeachtet feineä ge= fct)iüäd)ten ©erjörg, mit geftigfeit geleitet, fonft ptte er einen Slnbern an t>a§> SirectionSputt gefteüt. — 168 — 5lrie in E dur mit bett brei obligaten Römern, ©rftereS mag neu getoefen fet)n, (ber ältere (Slaöier^tuSsug enthält eS nidjt) ift jeboct) niemals mieber entfernt morben. 3)ie 3trie a6er ge= f)ört ber erften Bearbeitung ber Partitur an, unb erfdjien am 18. Sluguft 1814 nur in üeränberter ®eftalt, in melctjer fte feitbem ftetS gefungen mirb. Daß ber Referent ber 5(tlg. 2)?uf. 3tg. barüber beffern S3efd)etb mufete, als £reitfcf)fe, biirfen mir auf fein SSort glauben. Sfber £reitfd)fe t)ätte nid)t unterlaffen fotlen, oon ben Seiftungen ber Sänger 5U fpredjen, unb gtoar mit jener ?(n= erfennung, mie fie ifjnen öon 25eetf)oüen felber gu ££)eit ge= morben. $f)nen gunädjft öerbanfte ber 932eifter bie Rettung feineä SBerfeS. ©er 3Sat)rt)eit bie (Sfjre: niemals mieber mirften in biefem SSerfe fo claffifd) gefdjulte Sänger im Vereine, mie in ben Borfteltungen 1814, toeber auf ber SBiener «pofbüfme nod) auf anberen. $)ie gewaltige Silber Hauptmann (Seonore), bamalS im ßenitt) ^reg $Ru{)meS ftetjenb, ift roofjl bem gefammten muficaltfdjen SDeutfctjlanb befannt, außerhalb Sßien aber gar nirfjt befannt finb SJtidjael Böget Oßi^arro) unb SBeinmülter ($occo), ätoei Sünftfer, $u beren Stjarafteriftü, fotnot)! als (Sänger mie als ©arfteller fein anbereS (£pitb,eton, als „üollenbet", gebraust merben barf. Selbft ber Italiener 9?abicd)i, (in ber beutfdjen Oper befdjäftigt, obgfeid) baS SDeutfctje etmaS rabebredjenb) mar für bie Partie beS gloreftan burd) Stimme, 9J?etf)obe unb @eftatt mie gefdjaffen. 9?id)t bloS bem Mangel eines geeigneten SBerfeS §u einer guten Sßenefig^ BorfteHung öerbanft baS beutfdje unb itatienifdje Dpern=9teper= toire gegenmärtig bie (Sjifteng beS $ibetio, aud) nid)t ben burd) Xreitfdjte oorgenommenenSlbänberungen, fonbern fjauptfädjlid) ben genannten bier Äünftlern unb feinem inneren 2£ertt)e.100) Sebod) oljne SmputS ber brei Snfpigienten erjftirte freute fein gibelio. 100) Hierbei sei an meine umfangreiche Studie über Anna Milder- Hauptmann in der „Musik" erinnert (u.a. im I. Beethovenbeft: „ Beet- hovens Frauenkreis"). A. d. H. — 169 — 2)er ©djöpfer tiefet unfterbtidjen äöerfeS fotlte fid) inbefj nicfjt lange ber greube ü6er beffen SSiebergeburt überlaffen bürfen. ^aum fjatte er einen $orgefdjmad öon ©enugtfjuung in golge befferer SBürbigung feiner mütjeboflen Arbeit 5U ge* niesen bekommen, afö bie ©ängerinn 9Jä(ber=£)auptmann einen teben^tängtidjen ©ontract mit ber tönigt Ober in Söertin ab* fdjtofi nnb ben Söienern für immer Stbieu fagte. Sfyre 9?oüe im gibetio ber großen Aufgabe entföredjenb 51t befetjen, blieb fortan eine Unmögtidjfeit. ©0 ruljte benn bie Dper mieber, unb mieber bauerte e§ adjt üode Safjre, bi§ bie 5D?ögUd)fett oorljjanben mar, fte in ©cene 51t bringen. Sn ber brüten $eriobe mirb be§ Weiteren baöon bie Dtebe fetyn. §ier foß nur nod) ber Söorttaut einer eigentjänbigen ^tnmerfung S3eet= fyoben'ö Patj ftnben, bie in einem feiner Xagebüdjer enthalten: „£>ie Oper gibetio 1814 üon StRär§ bi§ 15. 9Kai neu gef einrieben unb berbeffert." — 2)er 9fteifter erflärt fomit biefe Arbeit fetber für eine SSerbefferung — quocl bene notandum. Qua foll un§ nun ba% ©efdjtdjtfidje ber bier 51t gibetio gefcfyriebenen Dubertüren befd)äftigen. Sßier Dubertüren gu einer unb berfelben Ober! 2)a§ fdjeint benn bocfj in ber gefamten Dbern=£iteratur ein 3(u§naf)mefatl 31t febn. „2öa§ mar e§ toofjf, ba§> bem biet6efdjä fügten SJtofter gu biefer ^tn^arjt SSer= antaffuug gege6en?" 9ftöge bie 23eanttuortung biefer im mufi= fatifdjen publicum fo oft au3gefbrod)enen $rage genügenb jur Slufftärung biefeä fpe^ieöen galtet beitragen, auf bafj fernerhin t)infid)ttict) ber 3lufeinanberfotge mie audj ber Unterfdjeibung in biefem bterbtätterigen ®(eebfatte feine Srrung metjr ftatt= finben fönne. £)ie aöererfte 5U $ibetio gefdjriebene Duberture beginnt: Violino 1. Andante con moto. — 170 &aum beenbigt, fjatte ber Gompomft fetber fein red)te3 Vertrauen in biefe Arbeit, ©leidjes meinten feine ^leunbe. 2Ran üeranftattete bemnadj bei $ürft SitfjnoTOsfy eine Sßrobe baüon mit Keinem Crdjefter. £>a warb fie ifjrem ©efammt* infjalte nad) für nid)t entfpred)enb befunben, bem SJÖerfe alö Einleitung uorau^ugefjen. Sbee, Stnl unb Gljarafter wollten bem barüber §u ©eridjt fttjenben Slreopag nietjt gefallen. Sie warb alfo befeitigt. £>ie ^erlagebanblung «Steiner u. Gomp. erwarb alebalb ba% ßigentrjumsredjt. ©rft im Verlauf be3 üierten Sarj^erjenbä ift fie im 2)rud erfdjienen unb figurirt im Katalog als aller let$te§ SSerf unfern 9#eifter3. S)ie nun folgenbe Duüerturc, gleid)fall3 in C dur, mit ber bie Oper 1805 wirflid) in Scene gegangen, beginnt im 2lUegro=Sa|j: Violoncello. S)arin wiberfurjr einem wefentlidjen %t)eil baö Sdjidfal, oon ben §ol5=5ölafeinftrumenten ftetS uerborben §u Werben. 3)ie im ^ioloncetl beginnenbe $igur, üorausgerjenb fdjon üon ben Violinen 511 ©et)ör gebradjt: ^-tj^^^j^l^fj'fe^ abwed)felnb mit biefer: Werben fofort beibe ben Söläfem jugeroiefen unb wecfjfelweife Don ibjnen ausgeführt, wärjrenb bie erfte Violine (Sßiola in ber Cctaue) mit ber fd)on im (ringang bes Satzes üorfommenben ©teigerungsfigur , jur (Seite gebjt. (Sielje Partitur uon Seite 52 bi3 57.) — 171 — SInftatt biefeö §inbernif$ (31 £acte) gu guter SfaSfüfjrung einfad) gu entfernen, fanb Beettjoüen für ratfjfam, eine Um= arbeitung be§ ©angen üorgunerjtnen, U)ar er ja bod) fdjon mit Umarbeiten anberer Stjetfe beS 3Berfe§ beschäftigt. l£r berjctft bie 9)cotit>e foroorjt gur Sntrobuction toie aud) 511m 3tttegro=©afc, läfet letzteres 9)?otiü, größerer Mangfülle roegen, gugtetcf) üom Biofonceü unb ber erften Biotine üortragen, unb fütjrt auf ber ©runblage be3 bereits Bort)anbenen einen Neubau auf — mit @infct)altung mehrerer neuen ©ebanfen. Wxt biefer üeränberten Duüerture ging bie umgeftattete Dper im SD^ärg 1806 wieber in ©cene.*) tiefer Neubau t)atte inbeffen eine fo ungeroörjnticrje 9(u3= betjnung ermatten, bajj bie Arbeit üon ©actjtunbigen al3 (5in= leitung gu einer Dper für gu (ang befunben roorben, unb, nad) öerfdjiebenen 5(ngeid)en gu fcfjtiefeen, üom (Somponifien felber aud). ©agu rjatten fid) nodj bie Reiften unbebingt gu ©unften ber erften Bearbeitung erflärt, al3 bie £>aupt= ibeen in gebrängterer gorm 511 ©erjör bringenb, überhaupt crjarafteriftifcrjer als Dpern=Duüerture, roätjrenb bie gtoette Bearbeitung eine (Soncert=Duu>erture genannt roorben. ©iefeä unb ber ilmftanb, baß nebft ben £)o(g=Blafeinftrumenten aud) bie ©treicfjer, tn^befonbere in ber taufenben ^Saffage beö ©djtuffeS (in ber groeiten Bearbeitung fogar mit ^ß r e f 1 0 über= fcrjrieben) bie ßufriebenrjeit be§ ßomponiften nidjt erringen fonnten, roaren Urfadje, ba^ gur Söiebereinfütjrung ber Dper 1814 eine Die rte Duüerture, bie in E dur, gefd)rieben Sorben: *) ßljerubini, ber ben erftmaügen Süuffüljmngen bei gibelio 1804 unb aud) 1805 beiwohnte, fagte ben ^arifev Rufifern üon biefer £)uoer= ture, bafe er roegen Öunterlei an Regulationen bartn bie£>aupt = tonart niebt ju ernennen r>ermod)t. 2)iefe3 ungeveebte Urt^eil ift il)tn bort niemals toieber oerjieljen roorben. — 172 — bie bem Drdjefter {einerlei Sd)nrierigfeiten mefjr in ben 2öeg ftedte. §inftd)tüd) be§ ßfjarafteriftifcfjen aber entfprid)t biefe Dutierture am allermenigfteu, benn fte trägt nod) ölet meljr ba% ©epräge einer (Soncert=Duüerture. 9Bot)l tonnte man an bem Stteifter irre werben. 2>te Sßeröffentüdjung ber umgearbeiteten Duöerture101) in C dar erfolgte fdjon um 1810 bei SBreitfopf u. .Jgaertet. ©ie ift feitbem ber erflärte Siebling aller Drdjefter gemorben, roeü [ie bei beren Oorgefcfjrittener 2(u§bübung (f)ter unb ba (eiber fcfjon bi§ in'3 Sßirtuofenrjafte!) Oorgug^meife ©elegenljevt gu 5tu^3eid)nung bietet. Sie Partitur ber urfprünglicrjen gibelü>Cut>erture102) (in ber Speisenfolge bie gtoeite) rjat ©eettjoüen furg öor feinem Stbteben fammt allen oorrjanbenen Reiten ber Oper mir über= geben, mit bem auSbrüdlidjen 3Sunfdje, für 2(ufbemarjrung be£ gangen (EonüoIut§ an einem fidjern Ort beforgt §u fedn.*) @£ barf bieö ai§> begeidjneub angefeljen ioerben, ba er fid) meiter um 5Iufbemat)rung feinet anbern ber nod) Oorfjanbenen 9ftanu= *) @3 befinbet fid) feit 1845 in ber ftönigl. §of--33iblion)ef ju Serlin. 101) Es ist die sogenannte Ouvertüre in C No. 3; sie erschien im Juli 1810 bei Br. & H. unter dem Titel: „Ouvertüre ä grande orchestre de l'opera Leonora" (Verlagsnummer 1 603;. A. d. H. 102) Das Ouvertüren-Gewerk zum Fidelio behält trotz Schindlers autoptischer Teilnehmung an Beethovens Leben, trotz Thayer, Deiters, trotz Dr. Priegers Monographie, trotz meiner und anderer Bearbeitungen dieses Themas mancherlei Unklarheiten. Das Schlußwort in der Reihen- und Zeitfolge der vier oder gar der fünf Leonoren- Ouvertüren ist noch immer nicht gesprochen. Wie soll man hier das Wort von der „ursprünglichen Fidelio-Ouvertüre (in der Reihenfolge die zweite)" verstehen? Es hätte nur einen Sinn, zu sagen, daß die ursprüngliche Fidelio-Ouvertüre in der Reihenfolge die erste ist. Dann käme die große Leonoren-Ouvertüre, die feurig-dramatische, als zweite, die in E-dur als dritte, und die beiseite gelegte, in den dreißiger Jahren von Haslinger publizierte, als vierte (erste Leonoren-Ouvertüre). A. d. H — 173 — fcripte bekümmert Ijat. $n tiefer Partitur fanben fid) aber bei näherer Unterfudjung auffaltenbe ^ürjungen unb $eränberungen, fo fjatte 3. 33. bie Sntrobuction einen anberen ©cfjlufj, bie ttneberfeljrenbe £rompeten*$anfare im 9IIIegro=@at5 mar ge= (trieben, be^gleictjen mar bte laufenbe $igur in ben @treid)= Snftrumenten be£ finale geftridjen. Offenbar famen tiefe $ürgungen üon be§ sJ)?eifter§ §anb felber bjer. 2Ba3 itjn Ijiegu üerantafjt rjabett mochte, liefj fid) nid)t erraten. ^ebenfalls füllte man, bafj ein üerftümmetteS SSerf üortiege. — *£)a Oerljatf ein glüdtidjer 3ufaU £>errn Sßrofeffor Otto Safjn bei feinen im Safae 1852 in SBien angeheilten gorfd)ungen gut 2Utf= finbung ber öoßftänbigen Partitur biefer Duoerture in fauberer 5lbfd)rift bei 2trtaria. 9tl§6alb erfctjten biefetbe bei 33reitfopf u. ipaertet im ©ruef. S)er Sßergteid) biefer urfprünglidjen Duoerture mit ber umgearbeiteten mirb bem SD?ufifer eben fo großes Vergnügen geroäl)ren, als iljm auS einem SSergteidje be§ Dctett3 für 23ta3=3nftrumente mit bem barau§ entftanbenen Guintett in Es dur, Op. 4, für <3treid)=3nftrumente, gU Sttjeil mirb. Söeibe Umarbeitungen finb ^um (Stubtum gu empfehlen. SSenn ber feinfühlige 21. 23. Sftarr. in feinem „ßeben unb ©Raffen Q3eerf)ooen'3" fid) für bie erfte Duoerture erftärt, fo rebe id) meiner ©eitö ber jmeiten ba§ SSort. Wlav% fagt, I, 356: „93egeiftert, gan§ erfüllt öon feiner Seonore mar 23eetIjooen, al§ er bie erfte Duoerture fdjuf." 108) — SetjtereS, ba§> ©rfüEtfeOn, bleibe unbeftritten, bie (Sinnigfeit it)reö önf)att§ jeugt bafür; bennod) ift ba§ (Sljaraftergepräge nur in matten Umriffen auggebrücft, 23egeifterung aber, SBeetljoüen'fdje 33e- geifterung, gar menig barin. 2Betd)' ein gemattiges, in fid) ab* gefd)loffene§ ßfyarafterbüb hingegen ift bie jtoeite Duoerture, ein 53ilb üoll erhabener 3u9e' (baoon feiner 3U üiel, rote in 103) Das paßt jedoch beides auf die sogenannte erste, wie auf die sogenannte zweite. Bei beiden hat der Tondichter der ursprüng- lichen Begeisterungsidee nachgesonnen und den Kern der Sache er- schaut. A. d. H. — 174 — ber Umarbeitung rjörbar) bie ber 9tteifter 51t einem burdjgreifenben ^aupteinbrnd p bereinigen roufcre, roie fpäterfjin ©teid)e§ in ben Duüerturen 5U (Sgmont unb §u (Soriotan nod) gefdjerjen! SSor allem muf; bem ©cfjöpfer jener beiben SSerfe ba§> 9?ed)t 31t beren SBeurttjeUung eingeräumt roerben. £>n 33eptg auf bie erfte CuOerture bürfte roofjt bie Stelle au<§ 23eett)ou>en'3 93rief an SOtatttjifon paffen, ber am Sd)luffe ber erften ^eriobe mitgeteilt ift. £>iefe ©teile tautet: „3e größere gortfdrritte in ber Slunft man macfjt, befto weniger befriebigen einem feine älteren SBerfe."104) SSarjr ift e§, bafj unfer 3Kciftcr im ^jSuncte ber ßufriebenfyeit mit fiel) fetber oft bi<§ 511m Uebermafs fdjroierig geroefen, batjer Oerfd)iebenen feiner älteren yBerfe burd) eigene ©eringfd)ä^ung fogar roefje getrjan, fo 5. 53. bem Cuintett für ^ßianoforte unb 93fa3inftrumente, Op. 16. 2>iefer Siigorofität bürfte e§ ^ufdjreiben ferjn, hak er fid) ber (Sjiften^ ber erften £eonoren=Duüerture erft roieber im Safjr 1823 erinnert tjat, roie mir, bort angefommen, be§ üftäfjeren tjören roerben. 9)?an begatte aber rootjl im ©ebädjtnife, bajj e3 bie groeite DuOerture gemefen, bie er, fammt bem ßonoolut aßer Xfyeite ber Dper, mit bem au3brüd(id)en Sßunfcfje mir übergeben, für ir)re 5luf= bematjrung Sorge tragen §u motten. SBenn SQiarj ferner ber Sinroirtung ber greunbe 55eet= rjooen'3 bie 53efeitignng ber erften Duüerture beimißt, als tjätten fie gettenb gemad)t, „bafo man üon ifjm nur ©rofeeS, (SrrjabeneS, @eroaltige§, Unerhörtes erroarte," — menn er nod) beifügt, „bafi bie ^roeite unb britte Duöertüre nict)t metjr Prologe ber £>per, fonbern ft)mpt)onifcf)e £>ict)tungen finb, burd) ben @e= bauten an bie Dper angeregt," fo finb bieS fämmttict) gemagte (Sonjecturen, roie bergleicfyen bem ^orfcfjer öftere entfdjtüpften. (Stimmte 53eetrjooen'S eigene 9(bfid)t ober Neigung $u irgenbeiner Xfjat mit bem SSunfdje feiner $reunbe überein, üielmeljr, mar jene bereite t>on ifym auSgefprodjen, roie bieS ber $aß bei ber 104) Cf. B. S. Br. No. 37 (I. Band). A. d. H. — 175 — erften Duberture geroefen, bann bermodjte eine äußere Anregung üjn rcotjt batb an ben ©djreibtifd) §u bringen. Slußerbem !annte er in folgen Singen feine ©efattigfeit nod) üftacfygiebigf eit ; am menigften mar mit ©rängen bei it)m auszurichten. — Jpätte SKarj bod) nur ad)t Sage toerfönlid) mit ©eetlj oben öerfeljrt, um if)n f eiber reben gu Ijören! Sn einer borauSgetjenben 9?anbnote roarb tterfbrodjen, ben eigentlichen ©runb ber ^Beseitigung ber für ^arro guerft ge= fcfjriebenen 9lrie mit ßfjor anzugeben. @S mag biefer fomifdje Vorfall mit bem Söaffiften 9J?eier*) unb biefer Üfrie bem bereits Siemlid) auSgebefjnten ßabitet über gibelio als 2lnt)ang bienen, meil er benn bod) ein djarafteriftifdjeS 9J?oment bietet, aud) in ber Sebensgefdn'djte 25eetf)ot>en'S nietjt gang ofme Stnalogon ftet)t. ©djon oben erfuhren mir burd) Streitfd)fe, hak t)infid)tlic^ jtoedentfpredjenber 2Sefet$ung ber berfd)iebenen Collen „bie Mnner gu raünfd)en übrigließen." ©er SBafftft SDceier Ijatte inbeffen bon feinen gätyigfetten eine fyöljere Meinung, bietleidjt, meil er ein guter ©araftro geroefen, geroiß aber aud) barum, meit er mit ^ojart berfd)roägert mar. @r pflegte bemnad) bei SJtoäart jit fdjroören unb überhaupt fid) alles zuzutrauen. Sn SJegie^ung nun auf biefeS große Selbftbertrauen faßte SBeetljoben ben SSorfa|i, ü)n bon fotdjer ©d)roäd)e gu furiren. £)urdj meldjeS Mittel foltte bieS rooljl beroerfftefligt merben? Surdj ein ganz einfadjeS, aber fetteneS unb braftifd) roirfenbeS. Sn biefer 5trie nämlid) befinbet fid) folgenbe ©teüe: Allegro con brio. &. 5SJ s^ ~-& E ^i^arro. Contrebass. SSalb mirb fein S51ut üer = rinnen, m>~- TfFF &£ ±£E j^e *) gviebrttf) ©ebafitatt «Meter geb. 1773, f 1835. 176 m^=p e m ^^g balb frümmet ficf) ber SSurm! fcfe« löSa 2öie au§ biefem SBeifpte£e erficfjtüd), betoegt fid) bie ©ing= ftimme ü6er einem Don allen ©treid)=3"ftrumenten aufgeführten DctaOengang, fo jroar, bafe ber ©änger bei jebem gu fingenben Xon einen 23orfd)(ag ber {(einen ©ecunbe öom Drd)efter gu rjören befommt. ©in roirftid) fattelfefter mirb ficfj Don bertei „fpanifcrjen Leitern" nid)t fonber(id) imponiren taffen. 2)er Sßigarro üon 1805 jebod) üermodjte trotj altem Slrümmen unb ©efticuüren bem gefäfjrtidjen §inbernife nictjt au§guroeid)en, gumat bie fd)aben= froren ©pieler ba unten bie 9J?a(ice gehabt, bie ffeine ©ecunbe burcfj einen 2(ccent noct) mefjr fjerüortreten §u machen; fomit mufete ber nmtrjfcfjnaubenbe Spi-jarro bie gange ©teile rjtnburct) am Sogen ber ©pieter fangen bleiben. 2)a£ berurfadjte ©e= tädjter. darüber erfyob aber ber in feiner (Sinbübung oerte^te ©änger ein ©efdjrei unb nmrf mit Ingrimm bem (Somponiften unter anbern aud) bie SBorte an ben Äopf: „©olcfjen Derfl — Unfinn rjätte mein ©d)tt)ager nid)t getrieben!"*) 9?ocf) in fpäteren Sauren !onnte bie Erinnerung an biefe brollige ©pifobe au§ ber feineStoegö ergö#tid)en gibetio= @efd)id)te bon 1805 unfern 9fteifter redjt erweitern, befonbere roemt er biefem feinem ehemaligen grimmigen s,ßi§arro auf ber ©trafce begegnete. Siegt barin nid)t einige 2(efjutid)feit mit bem einftenS gu S3onn öerübten Sugenbftreid) an bem ©änger geller, beffen in ber erften s^eriobe gebaut mirb? ^ebenfalls tjatte ber ernfte ©pafc mit bem ©änger SOtaer ba§> ©ute gut $o(ge, baf$ an ©teile ber im gangen unbebeutenben 9lrie in *) 2>ie ©emaljltn be3 Sänget war bie. älteftc ©ctjtoeftei ber grau aKojait. gür jie mar bie Partie ber Stöniflin ber %Kfjt getrieben. — 177 — B dur eine anbete gekommen, bie ben beften ©lüden in ber Oper ebenbürtig gur ©eite fteljt. 9lad) 9J?ittf)eilung be§ QSorfteljenben über btefeö in unfern Sagen fjodjgeftettte Dpernmerf bleibt nur nocr) übrig, einige Slnmerfungen in birecter Se^iefjung auf ben @efang=Somponiften 95eetf)oüen folgen ^u (äffen, meit fie §ur ©aclje gehören. ?lu3 ben ©ingang§tuorten be§ £reitfd)fe'fd)en 5Tuffa^e§ über gibelio gefjt fjeroor, bafe Seetfjotien fid) burdj bie (Sompofition be§ ©IjrtftuS am Delberg pr ßompofttion einer Oper gut empfohlen Ijabe, b. 1). nidjt nur f)at er bort ©efdjicf §u bramatifdjer äföafif gezeigt, fonbern äugteidj ben SBemeiS ge* liefert, bafe er überhaupt für ©efang $u fdjreiben üerftelje, ober, roa§ er norf) nid)t oollenbS üerftelje, bei im ©rofeen fid) bar* bietenber ®e(egenfyeit erfernen toerbe. ©3 ift betannt, bafe bie gäfjigleit, gut für bie ©ingftimme §u fdjreiben, ben Snftrumental- ISomponiften, öornef)mtid) menn fie (Slaüierfpieler finb, gu aßen geiten abgefprocfjen roorben, unb meift mit üollem Sftedjt. etilen 93eobad)tungen nad) fdjeint e3 biefer (Slaffc üon SD^ufifern am fcfymerften $u merben, fict) mit ber ^fyüfiotogie be§ ©timmorganä unb ben Regeln ber ©efangSfunft fo üertraut 3U madjen, ba$ bie in ber $ocal=ßompofition al§ erfte§ ^ßoftutat entgegen* tretenbe ©infdjränlung fid) mie ein notf)menbige§ 9?aturgefe£ Oon fetbft ergibt unb nidjt erft an ber Partitur fttjenb er= groungen merben mufj. 2Ba3 im letzteren $atte refultirt, baoon liegen un§ au3 unferer (Spodje nicfjt menige SBeifpiele Oor, mit S. 3Jc. oon Sßeber beginnenb. gaft alle beutfdjen Somponiften nad) SSeber Ijaben, balb mefjr, balb meniger, bie ©ingftimme mie ein Snftrument befjanbett. SJuf unfern SSiener SDtofter bamit gurüdblidenb, ift e§ aufjer ßtueifel, bafj er, junädjft burdj natür(id)e 9M)tung feinet ©eniu$ 5ur 3nftrumental=90hifif, als ber ?ß^antafie ben freiften (Spielraum geroäljrenb, t)ingebrängt, aber aucf) nod) üon ben (Sinroirfungen öe3 ^ianoforte fo ftarl befangen mar, bafj iljm jene ©infdjränlung atö bie größte ©djmierigfeit bei ber St. ©djtnMeig SBeetfjoöcn-Wograpljic. 12 — 178 — ßompofition für ©ingftimmen erfd)einen muftte. £)ie ©etuo^rt- fjeit, fid) ben (Eingebungen ber $f)antafie frei §u überlaffen, eingefdjränrt aüein burd) bie ©efetje ber Harmonie, be§ $Hrjt)tt)mu3 unb Slenntnifc ber Statur ber Snftrumente, biefe ©erüot)nr)eit, in SSerbinbung mit nod) einem ß^eiten, oem Un= bermögen, fetber einen guten £on Ijerboräubringen, — ba§ gufammen (äfet erraten, loeldjen $ampf 23eetrjot>en beim 3fu§= arbeiten biefer Dpern=$j3artitur mit fid) felber $u beftetjen gehabt. S3ei 9(nf)örung be§ $ibeüo mottle Gfyerubini 31t bem fidjern (Sdjtuft gelangt fetin, ba^ beffen 5(utor fid) big bat)in nod) t»tet §u toenig mit bem ©tubium ber @efang§funft befaßt fjabe, rooran ©atteri, ber einfüge $üt)rer in biefer Slbttjetlung, nidjt fdjulö gemefen, beim aud) ßtjerubini mitt bon biefem gerjört fyaben, roie e§ itjm mit feinem ©djüfer ergangen. S)er um bolte $fyi Sarjre ältere frattäüfifdje äfteifter ertaubte fid) bemnadj, bem SBiener ba§> ©efangStuefen nad)brüd(id) anzuempfehlen unb tiefj 5U biefem $tt>ede bie ©d)u(e be3 $ßarifer (SonferbatoirS fommen, um fie il)m gu berebjren.*) ^Sefanntftct) finb 9J?efju(, 9lbam, Sabin, ©offef, ßatet, ©obert, @(er unb ߧerubini bie SSerfaffcr. Unterfudjt man inbeffen bie bem fyibetio borau§gegangenen 23ocal=(Sompofitionen (bie (Efjerubini nid)t gerannt t)at), bie 9tbe(aibe, 6()riftu§ am Detberg unb bie @ect)3 Sieber bon ©eitert, fo ift e3 augenfällig, ba$ alle ©titnmen mit befter ßenntni^ it)rer (Eigenheiten bet)anbelt finb. SSie rid)tig 5. SS. ift bie Unterfdjeibung ber SSocate e unb i im ©ebraudje für ©opran ober £enor, mobon (S. ffl. ö. SSeber unb bie ©päte* reu meift Umgang genommen tjaben. SSatjr ift e§, im $ibelio finbet fid) biefe Unterfdjeibung meniger ftrenge beadjtet, aber bodj nod) mit ülftafj. — 2öa§ mar e§ mot)(, ba$ bie ©änger 51t klagen berantafjt unb berbiefjtidje ßonfticte für alle Sltjetfe *) ®iefe§ @jemplar Ijat fid) bi§ in bie legten £eben§tage unferS SD?eifter§ in feiner fleinen 33ibliotfjef erhalten, aber aud) bie. beutfdje lieber^ fe£ung öon biefer ©djule in 6 Slbtfjeilungen (bei Sreitfopf u. §aertel) ftanb baneben. — 179 — fjerbeigefüljrt fjat? 23eetrjoben'§ ^artnädigieit, ba§ ©efcfjriebene für gut unb fingbar ju galten, biefe mar ber ©teilt bei $Tn= ftofjeS, ben meber befcfjeibene Borftettungen nocfj bibfomatifcrje Unterrjanblungen gu befettigen im ©tanbe gemefen.*) Bon ben ©ängem in biefer Oper gu Sßien mar e3 gule^t grau 9)?über=§auötmann, bie bem Berfaffer 1836 in Sffacfjen über jene Vorgänge ÜDftttrjeitungen gemacfjt. @ie fagte unter anberm au§, bafj audj fie, rjaubtfädjtid) megen ber unfcfjönen, unfang6aren, itjrem Organ aucf) noct) miberftrebenben ^ßaffagen im Slbagio ber 5trie in E dur, tjarte kämpfe mit bem SJfteifter gu befielen gehabt, — jebod) üergebtid), bi§ fie 1814 entf Rieben erhärte, mit jener fo gematteten 5trie rtictjt mieber bie Söütjne betreten §u motten. ®a§ mirtte. @in SSergtetct) ber üorliegenben $rie mit ber erften Bearbeitung mirb nicfjt minber §u SDanf gegen biefe ^ünftterin aufforbern, mie in bem bermanbten galle mit bem Baffiften Sfteier. — S£)er Surjalt be§ an Streitfälle gerichteten Brief cfjen§: „£)ie ganje ©arfje mit ber Dper ift bie mürjfamfte üon ber 2Be(t" u. f. m. mirb nun feiner meiteren Auslegung bebürfen unb berftanben merben. S£)ie mancherlei Erfahrungen aber, bie unfer Fjartnäcfiger UReifter, gum Streit miber feinen Sßiflen, burcfj alle biefe Bor- gänge unb Gonflicte machen mufcte, maren aus? jebem ©eftcfjt^ puncte betrachtet äufcerft ermünfcfjt, unb rjätte ftd) (Megentjeü geboten, aUbatb eine §roeite Dper fctjretben gu rönnen, fo mären fie aucrj ^meifetlotjne nu^bringenb gemorben. grägt e§ fict) enbüct) um bie p e c u n i ä r e n Borttjetfe, bie bem ßomponiften nactj aßen biefen 9J(üt)fa(en §u STfjeit gemorben, fo ftnb biefe tioitenb3 i(äg(ict)er 2lrt. Bieüeicfjt mar e£ ber erfte galt in Deftreicfj, ba^ ein Dpem=(5omponift mit ber Stfjeater=S£)irection eine ^Tantieme Don jeber Borftetlung at§ §onorar bebungen rjatte. SSir fjaben aber gehört, mie in *) 28otjl ju werfen, e§ ifi bon ber erften Bearbeitung bie Diebe, nicfjt öon bem fjibelio, wie er gegenroärtig üorttegt. 12* — 180 — $otge ber feinblicfjen SnOafion bie f)öt)ere ©efettfcfjaft bie §aupt* ftabt bertaffen, ber Xrjeaterbefud) überhaupt geftört trat; abbiren mir bert geringen 23eifall f)inp, ben ba§ SSerE in nur brei SSorftetlungen im Sftonat ^ooember 1805, in e6en fo toteren ungefähr im 9ftonat SD?är§ 1806 erhalten, unter benen nur bie je erfte ein gut befetjteS §au§ gefetjen, fo tütrb man faum überrafcrjt fer^n, ju üemerjtnen, bah ficrj SBeetrjooen'ä STantiemen^ntrjeil nid)t auf gmei fjunbert ©ulben erhoben fjat. ©iefer eben abgerjanbette 3eüraum öon funf Sauren, in meinem ber Stünftler unb ber SDcenfd) fo mancfjertei ftfjroere Prüfungen 51t befterjen gehabt, bürfte burd) eine au§ (Stjriftian anb aufgetriebene ©teile, in btrecter ©e^ierjung auf fein reügtöfeS ®emütrj, anfcfjauticf) tfjarafterifirt »erben tonnen. 3)iefe(be lautet: ,,3d) mufe e§ 3Um greife Seiner (Mte befennen, bafs 3)u afle Mittel öerfud)t t)aft, mid) ju 3)ir ju gießen. 93alb gefiel e§ 2)ir, mid) bie fdjroere £anb 2)eine3 3orne3 empfinben §u laffen unb burd) mannigfaltige 3üd)tU gungen mein ftoljeö §erj ju bemüttügen. Äranfbeit unb anbere Unglürf3= fäüe üertjängteft 3)u über micfj, um mid) äum 9?ad)benfen über meine ?lb= meidjungen 3U bringen 9htr ba3 einzige bitte idi £id), mein ©Ott, b,öre nid)t auf an meiner SBefferung 3U arbeiten. 2afj mid) nur, auf roeldje SSeife e3 moüe, an guten 2B;rfen fruchtbar fenn." J S. 197. $iel(eicrjt läfjt ftrf) fdjon in nädjfter getr ein SSenbepunct in $ert)ä(tniffen unb ßuftänben matjrnerjmen. in. 1806. STUeS bie Oper gibetio SBetreffenbe mufete im ßufammen* rjange gegeben roerben. @ö mar fomit unoermeiblid), baf$ nicfjt in ber djronologifdjen 5Xnorbnung ber Gegebenheiten eine 5tö= rung eingetreten märe. £)er erfte Sfyeü btefer Gegebenheiten batirt, roie mir geferjen, au3 ben Sauren 1805 unb 180o; bort fott bemnacfj ber gaben ber 2eben$gefd)id)te be3 XonbidjterS roieber angefnüpft roerben. SBenn itjn bie Vorgänge mit ber Oper etma3 ermübet tjatten, unb er ber örtjolung beburfte, fo — 181 — ttrirb e§ fid) batb geigen, tote roenig $eit J)ie§u öon üftötb,en mar ; ja bie grucfjtbarfeit bei unferm Sfteifter geftattet fid) öon fjier an al§ eine fo retdje, aU märe nod) fein Kröpfen au§ biefem tiefen Söronnen tjerauSgefjott morben. ©rftaunlid) müfete btefe felbft bann nod) erfdjeinen, menn §tt?ifdf)en ber Döer $ibelio unb ben Dielen neuen 2Berfen ein ßeitraum öon einigen Sauren läge; allein e§ gäljlt bie[er faum einige Monate. £>a3 erfte SBerf, ba§> auf bie 2Inftrengungen mit ber Döer gefolgt, mar bie «Sonate in F moll, Op. 57; jene biet be= munberte ©icrjtung, bie f)infid)tticrj djaratteriftifcfjer @int)eit nur Wenige gang ebenbürtige in ber SReitje ber ©onaten für $ßiano= forte allein pr (£eite f)at. £)er 90?eifter fdjrieb fie mätjrenb einer turnen SKaft bei feinem greunbe, bem ©rafen 23run§roid, in einem $uge nieber.*) Safjr 1804 gurüdfatten unb ber (Somöofition ber Döer Seonore^ibeUo unmittelbar öorauägegangen fetju. (Sin gang fixerer ßeitpunct feinet (Sntftetjen^ mar nictjt aufjuftnben.) 2)ie üftadjnnrfungen be§ erften fran^öfifcljen Krieges lafteten ferner auf allen gefeUfcfjafttidjen Sßerljältniffen ber ^aiferftabt, bat)er aud) auf ben fünftlerifdjen. S^tctjt einmal fonnten bie fo beliebten 9J?orgen=6oncerte im 5tugarten gehalten roerben, meil ber 3(bet unb ein großer Xtjeit be§ mufitliebenben SßublifumS *) 3iie3 fagt 6. 99 (Neudruck S. 118/119 Ä. d. H) in feinen 9?otisen, ba& er ba§ finale biefer Sonate ton !öeetf)Oüen felber gehört; mann bie§ gefd)ef)en, erfahren mir öon ifjnt nidjt. (£§ barf batjer angenommen werben, bafc ba§ 28erf bereite im Äopfe aufgearbeitet gemefen, beüor e§ auf bem fianbgute be§ ©rafen in Ungarn ju Rapier tarn. £atte ber Sfteifter boctj über ein »olteS %afyx öorljer mit ber Döer ju fd)affen. — 182 — cwd) nad) bem Sfbgug be§ fran(^öfifd)en £eere§ nod) auf bem Sanbe öerbtieben. 23on $riüat=ßoncerten fonnte ber nirfjt jit erfdjmingenben Soften roegen um fo raeniger bie 9tebe fetin, al§ ber (Soncertgeber mit einem moljtbefetjten Orct)efter oor'3 ^ßubtifum treten mufjte. ©3 tag im ©eifte ber (Spodje, bie tierfdjiebenen SRuftffttjfe ftrenge gefonbert §u Ratten, bemnad) e3 ben ^ünftfern nict)t fo leidjt gemadjt mar, ßoncerte §u geben, mie Ijeut^utage. £)ie gegenmärtig beftefyenbe Unfitte, ein Sieb, ein ßtatiierftüd neben eine ©infonie ju ftetlen unb baS Drdjefter §um müßigen gufdjauer gu machen, mar bamatö unge!annt, unb [priest bieg für ben mafyrtjaft gebitbeten @inn ber 3eit, ber fofdje $ßer- mirrung nidjt gebulbet. ©d)on bem SBinter nafye fammelte fid) bie ($efeUfd)aft mieber. £>a tjatte e§ $ran5 (Element,*) Drdjefter^irector im £f)eater an ber SSien, einer ber geniatften SD?ufifer feiner ßeit, guerft unternommen, mit feinem Drdjefter ein grofte£ (Soncert gu beranftatten. 23eetf)Oüen gab it)m fjiergu ba§ ebm * 3f*an5 Clement (and) Clement gefdjrieben), geb. ju SBten 1784, f bafelbft 1842. — Mad) TOojart woljl ba§ am meifien bewunberte mufifaliftfje SBunberfinb in ber Jpetmatlj, tote in fernen Sönbern. ®a§ SSunberbarfte an itjtn war fein ©ebätfitniB, barin er aHe§ übertroffen, ma§ bie $htnftgefdiid)te über äfynlidje Begabung au^ufagen weife, ©erjfrieb fogt unter Stnbern in Sd)ißtng§ Gncrjclopäbte hierüber: „3f)n unterftüjjte ein ß)ebäd)tniij fonber QMeidjen, wenige groben reidjten I)in, um gange Partituren ootlftänbig, big tn'g fleinfte SDetail ber Snftrumentation, att& wenbig gu behalten, u. f. id." — Sin befannt geworbener Vorfall mit G&erubini im Safjre 1806 mag biefe SSorte befräftigen. 2)er $arifer 9Jcetfier moKte bau über ©. SSernommene fetber prüfen. 3lad) ber 3ten $robe üon feiner Dper ganigfa forberte er ben ßf)ef be3 Drdjefier§ auf, iljm eine beliebige 9cummer au$ biefer Dper auSwenbig am panoforte Dorsufpielen. Slüein nid)t bto§ eine Kummer, fonbern gleidj bie Jpälfte ber Dper rjat iljm S. uorgefpielt. Soffen war ba8 nidt)t aHe§, womit Gfjerubini überrafd)t werben fönte, ©en folgenben Sag braute if)m ß. eine ber fdjtoierigften Hummern au§ ber Dper üollftänbig in Partitur ge* fdjrieben. Sb^erubtni fpracfj üon biefem SBorfatt mit mir, bemerfenb, niemals wieber eine Shtnäfjerung folgen ©ebäd)tniffe§ getroffen ju r)aben. — 183 — beenbigte unb für feine fünftterifdjen ©genljeiten (furger Sogen, nad) ber <2cfjute ber att4ta(ienifcfjen 9fteifter, Martini, Sftarbini; Setjerrfcfjung ber f)ötf)ften 91bbticatur) berühmte (Sondert für bie Biotine in D dur gum Vortrage. @8 t)atte fidj jebodj feiner beifälligen Slufnaljme 51t erfreuen. Qtüav tuar ein im fotgenben Sarjre iuiebert)otter Vortrag bem SSerfe günftiger, bennocf) fanb $eetr;oben für ratrjfam, e§ fogleitf) in ein (Slaoier* (Soncert umäufdjreiben, a(§ folcfjeS e§ aber botttommen ignorirt morben. ©oroorjt $iofin= als aucfj (Sfabierfpiefer berfdjrieen ba$ 323er! als unbanfbar (mit biefer SBeseicrjnung mürben bie meiften (Stabierroerfe S3eetf)ouen'§ bon ben äftufirern bi§ auf unfere Sage abgefertigt), bie $iotinfbieter berffagten eS fogar al§ unausführbar, tt)ei( fie bor ber häufig barin angetoaubten tjorjen Slbbticatur gurücf bebten. @rft ber jüngften $eit ^ar eS borbel)atten, biefem ^errlidjen SSerfe in feiner urfbrüngtidjen ©eftalt gan§ gerecht 5U merben.105) Sßon größeren SBerfen ift in biefem Saf)re aufeer ber üBiotin=(5oncert in D dur, baffetbe aud) ai§> (Efabier=(Soncert arrangirt, mit groei rjunbert ^funb (Sterling §um ®ebit für (£n glaub, ©leid^eitig enthält biefer (Sontract bie $er= pftidjtung für (Elementi: für brei nod) gu componirenbe (Sonaten an Q3eett)oben bie (Summe oon 60 $ßf. (St. gu begasten. SSertrjgefdjenle erhielt unfer sD?eifter fortan, bie aber alle balb roieber berfd)rounben finb. £>ie SJätgtieber feines engeren Greifes mußten au^ufagen, bafc ba§> „böfe ^Srincip" nid)t bto§ üerftanb, freunblid) geftnnte 9ftenfd)en au§ feiner 9Ml)e gu ent= fernen, fonbern auclj ^retiofen. SBenn bann Söeetljoüen gefragt morben, roo jener 9üng, jene llfjr rjingefommen, fotl er nad) einigem Sftadjftnnen getoörjntid) geäußert rjaben: „Sd) toetfj e§ — 186 — nidjt." (Sr toufete aber redjt tootjf, mie fie ifjm entnommen, motlte jebod) feine 93rüber fotdjer Saaten ntrfjt laut anfragen. 3um Jper&fte biefe§ SafyreS f)tn fefjen mir bie in gofge ber 5frieg3ereigniffe gerftreut geroefene ®efeflfd)aft ftdf» lieber §u erneuerter Xfjätigfeit üerfammetn, unb jmar burd) Gonftituirung eines Vereins für grofje Goncerte. Der als fertiger Vio(in= fpieter allen Stftufiffreunben befannte Vanquier gering ftellte fid) ab§ güfyrer an bie ®pit$e eines äafjlreidjen, aus faft lauter Dilettanten beftefjenben DrdjefterS, barunter aud) au§ bem rjöfjeren 2fbeL Der @aat „ßur SDceljlgrube" (gegenmärtig £öte( sJD?untfd)) biente gum VerfammlungS-Socale. Snbefj geigte fid) biefer etroaS befctjränfte $Haum für ben großen 3uoran9 DCrt° nidjt meljr auSreidjenb unb ber herein marb genötigt, biefeS in afuftifcrjer §infid)t günftige Socal mit einem, fotdjen Vebürf= niffe gan§ entgegengesetzten, gu Dertaufdjen. 9J?an oertegte nämüd) biefe (Soncerte in bie 9Iuta ber Uniüerfität. Dodj fdjon nad) wenig 23od)en fat) fid) Vanquier gering in golge ent* ftanbener SKif^eüigfeiten uerantafct, feinen Paij bem routinirten Seiter großer Drd)efter=9J?affen, ^ranj ßtement, su übertaffen, burd) metdjen 2öed)fet bie Dinge roefent(id) gewonnen Ratten. 9htn trat aud) 33eett)otien mit biefer, (Sifer unb Siebe jur &au einer ber December-Verfammtungen birigirte er fetber bie Sinfonia Eroica unb Iief3 barauf jutn erften Wai bie Duüertüre 51t Goriolan Ijören. %n einer fpäteren Verfammtung fotgte gleichfalls unter perfönüdjer Seitung eine Söieberljotung feiner Sinfonie in B dur, bie fid) eines nodj (autern SSeifalleS 311 erfreuen gehabt, als bei ber erften 9luffül)rung. 3m Saljre 1807 mürben bie Sinfonia eroica Op. 55., ferner bie grofje (Sonate in F moll, Op. 57, unb bie fünf unb breifcig Variationen in C moll ber Deffentüdjfeit über= geben. 3Bie eS gekommen, bafj festeres SBerf feine Dpu^atjl ermatten unb mit 9fo. 36 in ben Katalogen figurirt, ift ntcf^t gu fagen. Der ©runb mirb moljl nur bei ber bamalS fdjon — 187 — eingetretenen Unorbnung in ber Sftummerirung ber SSerle, fo in SRüdftcfjt it)re§ (SntftefjenS toie Ujrer 9Seröffenttid)ung, gu fudjen fetjn. — £)ie Jrtttfd^ett ©jpectorattonen ü6er bie beiben erftgenannten SSerfe in ber Mg. 9J2uf. $tg. ftnb lieber abfonber* tiefer 2trt. S3ei aller 9tüdftd)tnal)me anf ben geitgefdnnad nrirb e§ benn bod) etmaä fd)toer, fiel) be§ UnnriHens? über bie Befangenheit eines ÄunftridjterS §u enthalten, ber über eine pfjantafiereicfje Schöpfung ein Urtfjeit au§fprid)t, tote bort, ben erften ©at; ber F moll ©onate betreffenb, gefdjiefyt. @8 mögen gur (5rt)eiterung nur einige ©teilen barauä folgen: „Siebennann t'ennt S3eet^ot>en'ö SSeife, bie große (Sonate §u bearbeiten; unb bei aller — bei ber größten 3J?annigfattigteit im ©in^elnen, bleibt 25eett)oüen biefer feiner SSeife im (Sangen immer ^iemlict) treu. Sn bem erften ©a£e biefer ©onate fyat er einmal ttneber oiele böfe (Seifter Io§ gelaffen, mie man biefe au3 anbern feiner großen ©onaten aud) fd)on lennt: aber maljrfjaftig, e§ ift f)ier aud) ber 9ftüf)e mertt), mit ben argen ©djmierigfeiten nid)t nur, fonbern aud) mit mandjer 5lnmanb- lung be§ UnnnUenS über gefud)te 3Sunberfid)teiten unb Sßigarrerieen, gu fämpfen! @§ ift jeboct) über biefe Eigenheiten ber Saune be§ HJceiftersS fdjon fo oft gefproetjen morben, bafj 9Rec. fein Söort meljr barüber fagen mag." — dagegen fiubet ber ämette @a|, Andante con moto, unb aud) ber britte, Allegro, ma non troppo, ©nabe bei bem geftrengen §errn, ja fogar SBotjlgefalten. Sn biefem britten ©atje ftnbet ber $unftridjter „nidjtS öon bem gerfyadten, $orcirten, ba% mehrere anbere 23eetl)ouen'fd)e finalen Oon fotcfjer Sebenbiglett unb ©tärfe geigen." (!?) IX. @. 433. 2lu3 ber Slritit über bie Eroica folleu aud) nur einige ©teilen beigegeben »erben. $. ^-: „©0 ftdjer ber Sßorrourf aufteilen übertriebener Slünftetei, Sßigarrerie, gefugter ©djmierigleiten ber s2tu§fül)rung 2C. 23eetf)OOen bei kleineren ©lüden trifft, bie entmeber überhaupt nicfjt eben oiel au§fagen, ober bod) nid)t§, raa§ nic£)t auf toeit einfadjere, — 188 — natürlichere, teidjtere SSeife eben fo gut, roo nid)t beffer gefagt roerben f'önnte: (sie) fo gerecht ift e§, roenn er, bei f otcf) einem SSerfe, roo faft überall bie &ad)e felbft bie (Scfjtuierigfeiten für ben ben!enben 3u*)orer ober auMbenben äftufifer herbeiführt, bie Bormürfe abmirft. (Sine Gonüerfation über geroörjnlidje ©egenftänbe fotl nidjt bunfel, fdjroer, lang fenn; roer aber oon ber 5lu3fürjrung rjofjer, abftracter Materien oertangt, fie foH erfdjöpfenb, unb boctj fo leidjt, anmutig, fnrj fein, roie jene (Sonoerfation : ber öerlangt ba3 Umnöglidje, unb roeife gemeinig= lief) felbft nid)t, roa§ er eigenttid) roill. 2)amit fotl jeboct) nidjt gefagt fetyn, ba$ e3 nidjt überall ein ^imium gebe, unb bafe nietjt 33eetf)o0en'3 ©eniu§, aud) in biefem SSerfe feine (Stgenbeit geige, fo gern an biefe§ — roenigften3 §u ftreifen, al§ — ben medjanifdjen unb ted)nifd)en ££)eit betreff enb, bie Unmöglidjfeit ber gehörigen 9fu£füt)rung, roie fie au§ ber üftatur ber Snftrumente ober ber §änbe erroei^lid) mirb; unb, ben artiftifdjen unb aeftt)etifd)en £t)ei( betreff enb, ber ©eniu£ felbft, ber aud) rjier nidjt burd) §erfommlid)e§ befdjräntt, fonbern nur (roa§ t)iermit gefdjerje!) an bie unabänberlidjen ©efetje be§ aeftf)etifd)en 3Sermögen§ be3 9J?enfd)en überhaupt — unb roenn er, ber ©eniu§, gerabe bie ©igenfjeit t)at, biefem gern met)r guäumuttjen, alz fid) mit jenen ©efeljen uerträgt, aud) an biefe (£igent)eit erinnert roerben barf, bamit er fid) felbft ein ©efet; roerbe unb nidjt feine ©qeugniffe in ba§ Blaue rjinauS üerfprenge. — llebrigenä roirb e3 nidjt festen, bafs nidjt eine Sdjaar 5lu^üge unb Bearbeitungen Oon biefem SSerfe, fobalb e3 berannt roirb, gemacht mürben." IX. ©. 331. Ob fid) rootjt Beettjoüen für biefe, roat)rfct)einIid) auf bem 9tebaction§=Bureau, gebredjfelte Snfctjutjnatjme feiner ©igen* Reiten bebanft fjaben mag? Slber mit ber ©djaar üon Slu^ügen unb Bearbeitungen t»at e3 ber ^ritifer erraten. £>er Gatalog meifet beren nietjt weniger beim fünfjefjn oerfdjiebene auf. (Sine anbere, oon roefenttid) üerfdjiebener ©efinnung unb $orm geugenbe ÄritiC über bie Eroica unb gugleid) über bie — 189 — (Sinfonie in B dar, au3 ber geber Don (Sari Sftaria Don SSeber, erlernt unter ben ©rgänjungen. $ür ben aufmerffamen 23eobad)ter be§ (£ntmid{ung§gange3 1808. eine§ mächtigen ©eniuö ift e§ ein angenehmes ®efd)äft, oon (Stufe 5U Stufe ^u folgen unb itjn ber Sßottenbung fidj nctfjem §u fetjen, bi§ biefer an einem ^pöfyepunct angelangt, ben gu über* fdjreiten faum meljr in ber SD?öglid)feit liegt. So ergebt e§ bem SBanberer in Hochgebirgen. $on Stunbe §u Stunbe ftefjt er fid) §öt)epuncten gegenüber, bie bem Stnfdjettte nadj nid)t met)r überragt merben fönnen; aber im Verfolge feiner 9San= berung ftet)t er p(ö^Iid) bor S3ergriefen, bie ba§> freie Wuge ot)ne trigonometrifdje Sfteffuugen für bie I)öd)ften Spieen im meiten Umfange gu ernennen im Staube ift. — öS miß bem SSerfaffer bebünfen, tafo mir im Verlaufe be§ @ntmidetung§gange<§ be§ SBeetfyoüen'fdjen @euiu§ an biefem ^uncte, ben man in ber Sinnenmelt ben ©ipfetpunct §u nennen pflegt, angelangt finb. £)f)ne $aft fe|en mir ifjn bon einem Sßerfe jum anbern eilen, in ben meiften einen f)öt)eren g(ug neljmenb, ba§> mit Sönen unb §armonieen möglich gu Seiftenbe faft erfdjöpfenb; — Ratten mir un3 nur an bie öier Sinfonien, um einen beftimmt abgegrasten ^ori^ont bor fingen §u fiaben, — bennodj finb e3 nur bie $orberge, bie mir angeftaunt. Unbegmeifett fällt in ba% Saf)r 1808 ber |>od)fommer be§ geiftigen ©ntmidetungSbro^eg bei unferm SBeettjoben, bie fyödjfte Steife feiner $ßrobuction§!raft, — bie Sßotlenbung. 9tütjrenb ift e§, au§ bem mefyrgebadjten Se^r= unb @rbauung§bud)e bon (Stjr. Sturm nac^ftetjenbe Stelle in einem feiner Sagebüdjer ausgesogen ju finben: „Salb mirb ber ©erbft meines 2e6en§ ba fetjtt. Unb ba tuünfcrjte id) einem fmdiibaren 93aume gleich ju ferm, meld)er reidje grüdjte in unfern Sd)ooJ3 Ijerabfdjüttelt. 916er im SBinler meinet Se&enS, tuenn id) einmal grau unb lebenSfatt merbe, münfdjte id) mir ba§ ©tücf, bafj meine 9tufi,e fo e§ren= tooü unb fo motift^ätig fettn möge, al§ bie diufy ber9?atur im SSinter ifi."*) *) 9tu§ bem 2Iuffa£e: „9tulje ber 9?atur im Sötnter." I. 49. — 190 — ©oll e§ benrt tiidjt fcfjeinen, bafc Seettjoben biefen feinett §od)fommer nidjt fetter erfannt f>a6e, a(g er ficfj biefe ©teile ttorf) befonber§ bor 21ugen gefegt, nadjbem er fte bodj im S3uct)e angeftridjen fjatte? ®§ bebarf inbeffen mofjt feiner 91nmerfung, bafe bie $eit feiner f)öd)ften geiftigen ^oteng fid) ntctjt auf bas Safyr 1808 befcfjränft, biefmel)r eine SReilje bon Safjreu auf gleicher §öf)e ficf) ermatten tjat. Sßermeifen mir etmaS unter bem Saume, ber ben tarnen unfer3 SDJetfterö trägt, unb befetjen mir um§ bie bon ifjtn in biefem Safjr fjerborgebracfjten grüßte. Sn ben <5ommer=Goncerten (im Sfugarten) fam ba% „Concertino" für ^ianoforte, Biotine unb Siotoncetl §um erften ÜDcaf ^ur 2tuffüt)rung, t)atte ficf> aber gar feines ^Beifalls1 5U erfreuen, meil bie Sßortragenben e§ mit ber ©acfje §u leicht genommen. ©3 blieb barum bi§ ^um Satjr 1830 liegen, mo e§ in ben Concerts spirituels bon ben Slünfttern Soflet, 9Jc a t) f e b e r unb Üfterf mit großem Seifalle borgetragen roorben. ©efdjrieben mar biefe§ SSerf für ben ©r^er^og ^Rubotpt) unb bie tünftler ©eibler (Violine) unb ßrafft (Siolonced). ^Iber erft ber 22. SDecember107) £)at bem publicum Semeife bon ber aufjerorbentlidjen ^rutfjtbarfeit biefes> ^al)re§ gegeben. 2lm genannten Sage fjat ber SWetfter im Sweater an ber 2Bien eine Slfabemie beranftaltet, in melctjer nad)ftef)enbe SSerfe gutn erften SOcal pr 2tuffüt)rung gekommen. ®a bie 2111g. 9J?uf. gtg. ben genauen SSorttaut beg Programms aufbemarjrt, fo lönnen mir un» baran galten. 2)iefe3 lautet: (Srfte Stbtfjeitung. I. $aftorat=©infonie. (9fa. 5.) SCRetjr ?(ugbrucl ber ©m= bfinbung, als SDtaterei. 107) Von dieser großen Musikakademie, in der zum ersten Male die epochemachenden Symphonien in C-moll und F-dur (Pastorale) vorgeführt wurden, sprechen die Beethovenbriefe viel und weiteres über Schindler hinaus. Man vergleiche B. S. Br. No. 163 und 164 besonders usw. (I. Band). A. d. H. — 191 — ßtoeite 2tbtl)eitung. I. (Sinfonie in C moll. (9?r. 6.) II. „heilig," mit lateinifcfyem Stejt, im ftirctjenfttjt gefdjrieben, mit (£t)or unb ©olo'S.*) III. gantafie auf bem (Staüier allein. IV. $antafte auf bem (Staüier, meiere fid) nad) unb nad) mit eintreten be§ DrdjefterS unb gule^t mit einfallen tion (Stören unb finale enbet. (£)er Sefer errätl) tt>ol)t, bafc festeres SSer! bie fogenannte (S6or=$antafie, Op. 80, ift.) S3eim üeberbtid biefeS Programms wirb auffallen, bie $ßaftorat=©infome at§ üftr. 5, bie C moll=©infonie aber als 9fr. 6 angegeben p finben, ba bod) auf ben gebmeften £itet= blättern biefe Hummern umgefetjrt ju tefen. Unbegmeifett ift obige Drbnung mit ©runb erfolgt. 2)a 23eetf)ouen nicfit fetten an gmei, fogar an brei 3Berten, gumeilen berfdjiebener (Gattung, gteid)äeitig 5U arbeiten pflegte, fo fann tooljt angenommen merben, baft baffetbe mit biefen beiben (Sinfonien ebenfalls ftattgefunben. @§ bürfte aber nidjt unroatjrfdjeintid) fetjn, bafj bie C moll = (Sinfonie im ©anjen früher öollenbet geloefen, bemnad) fie bei $eröffentlid)ung ber ^aftorale borangefteEt morben.**) *) (£3 mar ba§ Sanctus mit Benedictes au§ ber 9Jceffe in C dur, int öorauSgegangenen %af)ic bereits gefd)rieben. Qu ben fonberbaren Wafc regeln ber SSiener ©enfur bamaltger $eit gehörte, ba& lateinifct)e SBorte an§ bem föhetjentejt auf ben Slnfdjlagaetteln »erboten waren, int Strjeater aber burfte bie (Jompofition mit bem tateinifdjen Xejt otme Slnftanb ge= jungen werben. %m 3ab,re 1824 werben mir aber bie ©ngber^igfeit ber ßenfur um t>ie(e§ oergröfeert finben, um£ aU inbirecter 93emei§ gelten fann, bafj ba% öftreidjifdje ^olt in biefen 18 Sagten in ber ßultur nicfjt üorwärt§, fonbern rüdioärtS gefcrjritten ift. Söarum fonft eine Gen für? **) 9 num heutigen 2ag gemeint, bie ftcf) in mangelhaften, ja meift fcf)led)ten — 193 — groben befimbet. SBoflte aud) 23eetl)oöen, ber nid)t oon 9Imt2i= wegen über ba3 Ordjefter gu gebieten tjatte, im Sntereffe feines 2öerfeö auf jebeit pecuniären ©etotmt üerjtc^ten unb alles an beffeit beftmöglidjfte 9tt3ffi$nmg menben, er braute e§ mit bem £anbraeri3geifte ber SKuftfer nid)t fertig. 2öar ba<§ correctc Stbfpielen ber 9toten in einer, wenn e3 t)od) ging, in gtuei groben erreicht, bann mufjte ftd) ber Slutor mit biefem 9?efultat begnügen, gfür Segriff tiefer liegenber Intentionen fehlte bem SSiener Ordjefter fomotjl Vermögen mie aud) guter SSitte. SiefeS Gapitet in ben perfünlidjen ©rlebniffen unferS ©rofuneifterS mar eines ber fläglicfjften unb fonnte nid)t üer= festen, üble Dcadmürfungen bei iljm gurüdgutaffen, bie fid) bis an baS (Snbe feiner Xage ermatten. Ueber bie gang üerunglürfte ©Ijor^antafie [n biefer 2lfabemie fpricfjt fid) ber Referent in ber 21% 9Jcuf. 3*9- a^ geraefener 3euge f° aug: »®ie 23(aS=3nftrumente oariiren baS Xtjema, meldjeS Q3eett)ooen Dörfer auf bem ^ianoforte öor= getragen t)atte. Sekt mar bie »teifje an ben Oboen. Sie Klarinetten Oer§ä^(en ftd) unb fallen sugteid) ein. (Sin turiofeS ©emifd) Oon Xönen entfielt; Söeetljoüen fpringt auf, fucfjt bie Klarinetten gum ©djmeigen gu bringen: allein baS gelingt iljm nid)t efjer, 6iS er gang taut unb giemlid) unmutig bem gangen Ordjefter prüft: ©tili, füll, baS get)t ntrfjtl üftodj einmal — nodj einmal! unb baS gepriefene Ordjefter muß fidj bequemen, bie oerunglüdte ^yarttafte nod) einmal bou oorn angu= fangen."*) tiefer ßeugenauSfage foll bie (Sttoäljnung biefeS Vorfalls *) 3- 5- Steidjarbt, §ur fetben <3eit in SSien, äußert fid) in feinen „Dertrauten ^Briefen au§ SBien" faft in gleicher Seife über biefen iBorfaH. 3n bem Don Ibm angeführten Programm biefer $lfabemie am 22. ®ecbr. roirb notf) ber 5Xrie „Ah perfido" erwärmt, gefangen öon gräulein SHlitfdjh), (Wtdjte Oon en gab eine grojje 9lfabemie im -Erjeater an ber Söien, roo feine C moll= unb feine $ßaftoral=8infonie, rote aud) feine $antafte für (Elaoier mit Crcfjefter unb (£f)or gum erften 9J?al aufgeführt mürben. S3ei ber Sedieren machte ber (Ilarinettift, roo ba% letzte freunblidje £fjema öariirt fcfjon ein* getreten ift, burdj SBerfefjen eine Steprife üon adfjt Xacten. ®a nur menige Snftrumente fpielten, fo fiel biefe falfdje ©recution natürlid) um fo fdjreienber in'S ©erjör. 23eetf)Oüen fprang roüttjenb auf, brefjte ficE) um unb fdjimpfte auf bie gröbfte 2lrt über bie Drcrjefter=9Jcitglieber unb ^roar fo taut, ba& ba§ gan^e Slubitortum e§ rjorte. (Snblid) fcfjrie er: „Sßon Anfang!" 2>a§ £t)ema begann mieber, ?(lle fielen ridjtig ein unb ber Crfolg mar glän^enb." Siefe ©egenüberftetlung ^eigt bod) in unerfreulicher SSeife, bafs 9iie<§ in feinen biograprjifdjen ^Jotigen mit grellen färben ju malen liebt, sollte man nicfjt glauben, er fprecfje im Unmutlje unb rn'er im gälte blo3 nad) Sagentjören? allein 9üe3 befanb fid) bei ber Äunftfeier am 22. S)ecember 1808 gleid)fall§ unter ben ßufjörern. §ätte e§ fid) für ben ©d)üler unb greunb $eetl)ooen'£ nicrjt Oielmerjr geziemt, über bie $or= gänge babei umftänblid) ju , berichten, überhaupt in bie neuen üföerfe etroa§ ei^ugetjen, beren (Sinroirfung menigftenS auf bie für ben SOcetfter morjlgefinnten Sftufifer §u notiren, unb bergleidjen? ©tatt allem biefen jene trodene 9coti§ — mit 108) Neudruck S. 100 f. — Man vergl. auch Beethovens Aus- lassungen über Wiener Orchester, besonders B. S. Br. No. 164 an Br. & H. (I. Band). Vieles darüber kann der freundliche Leser auch in des Herausgebers neuestem Buche „Beethoven und Berlin" finden, besonders im Aufsatz „Beethoven und Reichardt", S. 39 ff. — Die Streitigkeiten zwischen Ries und Schindler dürfen dabei weit geringeres Interesse beanspruchen, als die von echtem Heiligenzorn diktierte Darstellung bei Beethoven in den genannten Briefen. A. d. H. — 195 — einer Färbung, all fäme fie au§ ber geber eine! (Gegner!. SßoflenbS erft ba§> baran .^angenbe! SSaljrtid), ba§ barf geregtes Sebenfen erregen. Söi^t)er Ratten mir (Megenljeit, an unferm SEonbidjter C£f)aralter=@igenfd)aften fennen $u lernen, bie batb meljr balb minber auf feinen (Seift unb beffen Äunbgebungen eingemirft fjaben. Sßir t)aben it)n bereits auf retigiöfem unb auf politifdjem ©ebiete beobachtet unb erfannt, baf$ feine @efinnungen biesfaül auf fefter ©runbtage ruhten; mir fennen ebenfalls feine fociaten (£igenfdjaften, bie, menn aud) giemtid) abmeidjenb üon benen anbrer ftlünftter, bennod) ad)tung§mertf) genannt merben muffen, med fie auf fitttidjer SSafil fugten unb mit ber SEotat=©umme feiner (Sl)arafter=(£igenfd)aften nid)t in SBiberfprud) geftanben. Sftun fotlen mir eine neue (Sigenfdjaft an if)m fennen lernen, bie nid)t minber auf fein ®emütt), auf fein ftünfttermefen, unb als beffen 3(ulf(ufe aud) auf feine ^robuctionen ©inffufj gehabt f)at. 2Bir motten nun oon 58eetf)ooen bem D^aturfreunb fpredjen. Sßieberum mirb unl hierbei feine ^aulpoftiüe, ba§ met)r= genannte 23ud) öon St), ©türm, ab§ fieserer Seiter bienen. 9tus§ ber 5(bt)anbtung „£>ie Statur all eine ©djute für ba§> §er5," II, 493, finbet fid) unter ben aufgewogenen ©teilen — aber auc§ angeftridjen im Sßudje — bie nadjftefjenbe: „sUcan fünn bie 9catur mit 5Red)t eine ©cfjule für bas1 §erj nennen, »eil fie un3 auf fet)r einleud)tenbe 5lrt bie $flidjten Iet)rt, weltfje wir fo= woljl in 9Ibfidjt auf ©ott, at§ auf uns" felbft unb unfere 9?ebenmenfd)en auszuüben fdmlbig finb .... 3Sot)lan, itf) miß ein 8d)üler biefer 6tf)ule werben, unb ein lernbegierige» §erj ju ifjrem Unterrichte barbringen. £ier werbe td) Söet§t)ett lernen, bie nie mit (Sfel üerbunben ift. £ier werbe td) ©ott fennen lernen, unb in feiner Gsrienntnifj einen 3Sorgefd)mad be§ £>immel§ finben." SDtan mürbe fetjr irren, mollte man aus 53eetl)oOen'3 orange, fid) öiet in freier üftatur ju bemegen, fdjtiefeen, el fet) bieg btol aul Vorliebe für fdjöne Sanbfdjaften gefdjefjen, ober geboten burd) förperlidjel Sßebürfnifj. Rotten mir feine auberen 13* — 196 — Belege, afö bie ?trt unb äßeife, tüte er bie ©rftärungen ber oielen unb mannigfadjen 9?aturerfdjeinungen im genannten ßefjrfeudje feinem ©tubium unterzogen, eä mürbe genügen, um mit öoller ©idjerrjeit auäfagen gii bürfen, baß er fid) frühzeitig fd)on bie Shmft $u eigen gemad)t, in bem großen S5ud)e ber Statur lefen unb bieje in jeber irjrer ©rfdjeinungen öerftetjen ju föunen .*) 2)er Sßerfaffer biefer ©djrift aber, bem baZ ©lud •$u Xfjeil gemorben, unzählige 5D^?at an ber Seite be§ SfteifterS burd) gelb unb glur, über Serg unb SDjat ju manbern, barf benennen, bafe ©eetljoüen iljm bort oft ein Setjrer mar unb in biefem Unterrichte üon größerer Suft unb SluSbauer unterftütjt gemefen, at§> bei bem muficalifdjen. 3u befferem SSerftänbni^ merbe gefagt, ba$ mir unS in 23eett)oöen einen Sftenfdjen üorzuftetlen tjaben, in melcfjem fid) bie äußere Statur Oöllig perfoniftcirt f)atte. Sfadjt itjre ©efetje, bielmeljr bie elementare 9?aturmad)t tjatte ifm bezaubert, unb ba§ einzige, ma<§ iljn in feinem mirffamen ©enufj ber üftatur befdjäftigte, maren feine (Smpfinbungen. Stuf biefem SBege ift e§ gefommen, ba$ ber ©eift ber üftatur ftc£) in aö feiner Äraft iljm geoffenbart unb jur ©djöpfung eineä SBetfeg befähigt, bem in ber gefammten 9)?ufit'=2iteratur lein är)ntid)e<§ %at ©eite geftellt merben fann, ju einem Stongemälbe, in toeldjem Situationen aus bem gefeitigen Seben in SSerbinbung mit ©cenen au§ ber Statur öor bas> geiftige ?luge be3 3urjörer>§ gebradjt ftnb: bie $ßaftoral=©inf onie. lieber biefeS Söerf fünftterifcfjer 2Sei3t)eit gu fpred)en, ift für midj tiertodenb, meit idj über beffen (Sntftefyung unb.fpezielle Sigentjeiten üon bem 2Iutor felber unterrichtet bin, ja aud) an feiner ©eite bie ©teilen betreten f)abe, mo ber 8mpuf<§ t)iep gegeben morben. (£<§ märe merjr al3 überflüffig, fid) in (£r= tlärungen biefe§ 3Serfe§ ein^ulaffen, ba$ fid) im ©an^en felbft *) gjebft ber KeuÜinger 9lu<§gabe be3 ©turm'fdjen 23ud&e3 (1811) befafe unfcr Reiftet rtocfj eine ältere baüort. SDie gätiätidje ?lbnufturtg be$ 23ud)e3 geigte, wie üiel er fid) bamit nefcfjäf'tigt fjatte. — 197 — erllärt unb tängft (Sügentljutn atter gebttbeten SWufiffreunbe geworben; aber e§ wirb nicfjt übcrffüfftg fetjn, einige Stotijen $u geben, bie geeignet ftnb, bie Intentionen beö (Somponiften bei §Wei feilen in etwas §u üerbeuttidjen, um fo metjr, a(§ barüber nod) nirgenb§ gefproctjen Sorben. Sowohl bie $ßaftorat= tote aud) bie C moll*@infonie ftnb in £>eitigenftabt gefdjrieben, an bem Drte, ber bem Sefer au§ ben Vorgängen be§ SafjreS 1802 bereite begannt tft. ®tefe§ am rechten Ufer ber Stonau gelegene 2)orf war in jenen Sauren ber geroötjnUcfje «Sommeraufentrjatt unfer§ 9fteifter§, itnb erft mehrere Safjre fpäter Wählte er bie Umgebungen ber ^tefibenj* ftabt nacf) ber ©übfeite, afä: §et}enborf, äftöbting ober 23aben, gu feinem Stuöcutum — beibe (entere Drte ber är^ttidjer ©eit§ empfohlenen STijermen Wegen. 3n ber ^weiten Raffte beö Slprit 1823, §ur 3eit me^er ÜJJütjfale unb Söiberwärtigfeiten, fdjlug $8eetf)ouen eine§ %age3 gur ©rljotung einen 9fit§flug nadj ber ^orbfeite oor, baljin iljn fein $uf$ feit einem ©ecennium nidjt metjr geführt t)atte. 3unäd)ft foüte §etfigenftabt unb beffen reigenb fdjöne Umgebung befudjt werben, wo er fo üiete Söert'e 51t Rapier gebracht, aber aud) feine üftaturftubien betrieben fjatte. Sie ©onne fdjien fommertid) unb bie Sanbfdjaft prangte bereits im fdjönften grüjjlingSftetbe. 9?adjbem ba$ 53abeJjau§ §u ^eiligenftabt mit bem anftoJBenben ©arten befefyeu unb mand)' angenehme, aud) auf feine ©djöpfungen ^Be^ug neljmenbe (Erinnerung jum 9(u§~ brud gekommen war, festen wir bie SBanberung nad) bem ^aljlenberg in ber Stiftung über ©riujing fort. S5a§ anmutige SSiefenttjat gwifdjen £eiligenftabt unb legerem £)orfe burd)= fcfjreitenb, ba§ üon einem bom nafyen ©ebirg rafd) baljer eilenben unb fanft murmetnben SBadje burd)§ogen unb ftredenweife mit t)ot)en Utmen befetjt war, blieb Q3eetf)oben Wieberljolt ftefjen unb tiefe feinen 2Mid boll Oon fetigem SSonnegefüfjt in ber tjerrüdjen Sanbfrijaft umtjer fdjweifen. ©idj bann auf ben äßiefenboben fetjenb unb an eine Ulme tetjnenb, frug er mid), ob in ben — 198 — 32Sipfetn biefer Zäunte feine (Mbammer gu fyören fet). @S mar a6er aüeö ftitte. darauf fagte er: „£ner fyaht id) bie ©eene am 33ad) gefdjrieben unb bie ©otbammern ba oben, bie 2öad)te(n, ^adjtigatten unb Sufufe ringsum fjaben mit componirt." Stuf meine $rage, marum er bie (Mbammer nidjt aud) in bie ©cene eingeführt, griff er nacfj bem ©fi^ir= bud) unb fdjrieb: +_ Ö „SaS ift bie (Somponiftin ba oben, äußerte er, t)at fie nid)t eine bebeutenbere 9?oQe auszuführen, als bie anbern? SJcit benen foll eS nur ©d)er§ fein." — 2Saf)rlid), mit Eintritt biefeS SftotiüeS in G dur erfjätt baS Xongemätbe neuen SReig. ©id) meiter über baS ©an^e unb beffen Steile auSlaffenb, äußerte Seetlmöen, bafj bie "Jonmeife biefer 3(bart in ber ©attung ber (Mbammern äiemlid) beutlid] biefe niebergefdjriebene ©cala im 2lnbante=9tt)t)tl)muS unb gteidjer Montage tjören (äffe. 2113 ©runb, marum er biefe 9ftit=Gomponiftin nid)t ebenfalls genannt, gab er an: 2)iefe Nennung t)ätte bie grofje 5ln§at)t böSroittiger Auslegungen biefeS ©a£eS nur bermetjrt, bie bem 3Serfe, nid)t btoS in Sßien, aud) an anbern Orten (Singang unb 3Bürbigung erfdjtuert l)aben. 9?id)t fetten mürbe biefe «Sinfonie megen beS feiten ©a§eS für ©pielerei erftärt. ?ln einigen Drten t)atte fte baS ©djidfal ber Eroica. Sn Seipgig glaubte man fogar, baf} für baS 3Ser! bie Benennung „Sßfjantafiett eines SonlünftterS" anftatt ©infonie, paffenber märe. S)amit füllte bem SBerfe beffer nachgeholfen fetin. Mg. 3Huf. ßtg. XI. 437. Sie anbere Sftotiä betrifft ben britten ©a|: „duftiges 3l,s fammenfetin ber Sanbteute." 2)ie Söiener üftufitfreunbe bamatiger 3^t fjatten ofjne (Sr= ftärung beS (Somponiften bie Intention bei biefem ©a|e fo *) Partitur ©. 75. — 199 — äiemtid) errattyen. ©ie mollten, borneljmlid) in ber ©eftaltung be§ erften £t)ei(e§ im 3/4 %act, eine Nadjbitbung ber öftreidji* fd)en ^on^muftf auf bem Sanbe erfannt fjaben, menn nicfcjt gar eine ^arobie berfetben, roie fie öon einem 23eetljoöen gegeben merben lönne. — Sn jener 3e^ Qa& eg ncunlidj in Deftreid) nodj eine djarafter=eigentt)ümtid)e SSolfömufir^ beren (Gepräge f)infid)tlidj be§ 9^t)t)t^mifd)en, ^armonifdjen, aber aud) ber 2lu§= fütjrung felbft auf ben gebilbeten Sftufifer großen 9?ei§ au3= juüben nidjt oerfeljten tonnte. 2Ba§ fict) in ben @ebirg3gegenben 9?ieber=£)eftreid)§ unb ber ©tet)ermarf feit 8al)rf)unbertert im SBolfe erhalten tjatte, e§ erjftirt nidjt meljr, unb mit biefem Sßerlufte ging audj bie SMföpoefte 5U @runbe, raenngleidj nod) &erfe in ber Sßolföfpradje gemalt tnerben. Sludj bort, mie aüentfialben, l)at gunädjft bie ©reljorget alte§ Ureigene in QMf§mufif untergraben, iljr folgte bie metf)obifd)=inbuftrieHe (EiüUifirung bitrd) 9JMnnergefang==Sßereine, burd) bie öolIenb§ bem eljrroürbig Nationalen ein Snbe gemalt Würben. ^)a§> ©ebräge beä $olfött)ümtict)en aber einmal Oermifdjt Iäfjt fid) fdjmerlidj mefyr burd) irgenbtoetdje ^ngrebiengien auffrifdjen. 2)a§ mirb fid) am meiften bei ber Wu\it beroaljrljeiten, bie im 2)enfen unb gütjfen be§ 5M£e3 i§re Quelle finbet. S25efdc)' particutare<§ Sntereffe bei SBeetljoben öor^ug^meife bie öftreidjifdje Stanjmufif gemann, barüber fpredjen £tjatfad)en. $i§ gu feiner 5(nf'unft in 2Bien (1792) mar ilmt, nad) eigener 2tu§fage, aufjer ben bergifdjen SBotföliebern*) mit iljren eigen= tfyümticfHeltfamen 9?fjt)tt)mett feine anbere $otfömufif befannt gemorben. SSie üiel er fid) fbäterfjin felbft mit Slangmufif be= fdjäftigt, bezeugt ber Statalog feiner Söerfe. ©ogar in öftreidji* fc£)er Xangmufil: Ijatte er fid) öerfud)t; inbefj moEten bie @pie(= leute biefen $erfudjen ba% öftreidjifdje 23ürgerredjt nidjt gu= ernennen. £>er le^te Sßerfud) batirt aus bem Saljre 1819 unb *) ®a3 ^ersoglfjum S3erg unb ©leüe am Wieberrljein. SBerfdjttmnben ift aucf) bafelbft ba% Sieb au§ bem S3olf§(eben unb nur mefyr in Snftrument aufteilen nieberlegen, au ©efdjenf be§ berühmten (Sompontften fid) ent= fernt l)atte, frug 23eetf)oüen, ob id) ntct)t bemerft Ijabe, mie bie 2)orf~3)cufifanten oft fdjlafenb fpieten, jumeilen ba$ Snftrument ftnfen (äffen unb gan§ fdjmeigen, plöijlid) ermaßen, einige f)er§= ijafte Stöfje ober Stridje auf's @eratl)emof)l, bod) meift in ber redjten Xonart, tfjun, um fogleid) mieber in Schlaf §u fallen, — in ber $ßaftora(=Stnfonie fyabe er „biefe armen Seute §u copiren" Oerfud)t. 9cun, £efer, nimm bie Partitur jur ipanb unb befetje bir „bie @inrttf)tung" auf ben Seiten 106, 107, 108 unb 109. Sietje bie ftereottype Q3egtettung3figur ber betben Violinen auf ©. 105 ff., fieije ferner ben fdjlaftrunfenen fetten $agott mit ben miebertjott abgefegten paar Xönen, mäfyrenb ßontrebafe, ißioloncell unb $8tota gan§ fdjmetgen; erft auf Seite 108 fe^en mir bie SStola ermaßen, fte fdjetnt ben Wafybax Sßiotoncell ju raeden, — aud) ba§> ^mette Sgoin mad)t mieber brei Stöfee, rutjt aber gleid) mieber. 3lm legten ermannen fid) §u frtfdjer STt)ätig= — 201 — feit ber ßontrebafc unb bie beiben gagottg. ?(ud) ber ©forinette ift geit u^b SRaum -jur 9iuf)e gelaffen. — 216er aud) ber auf (Seite 110 fiel) anfdjliekenbe 2/4 Saft „?IHegro" beruht in $orm unb Gijarafter auf bem SSefen ber ehemaligen öftreidjifdjen Sanäinufif. ©3 ga6 Sän5e, roorin ber 3/4 Saft ptöfctidj in einen 2/4 Saft umfcfjtug. S^ocfj im Saufe be§ britten ^arjräerjenbä far) id) fefber in ben wenige ) $ßaftorai= ©an^e bringt, fo aud) SBeetrjoöen in biefem Songemätbe. Dxurjig beginnt e§ im SSorbergrunb, bie mannigfaltigen Partien löfen fief» immer fauft ah; beruf)igenb hrieber, nad) gurerjt unb Sangen erregenber (Sdjilberung be§ @ett>itter3 mit (Sturm, fdjtiefjt ber *pintergrunb, unb ba§> in ber gerne öerrjaltenbe SBalbljora miß un3 nod) in ben testen Saften täufdjen, a(§ mären mir in bem großen (£oncert=@aat ber D^atur geiuefen. — $ßreiS bir, erhabener SHeifter! Sm Stange ber finfonifcfjen £>id)tungen unferS 9J?eifter3 ftefjt ber ^ßaftorate bie C moll (Sinfonie btctjt §ur (Seite, ja, al§ freie S)id)tung, bie fiel) an nid)t3 2teu^erlid)e§ anlehnt ober biefem ifjre ©ntfterjung üerbanft, überragt fie jene nod), bilbet überhaupt ben bi§ barjin l)öcrjften Sriumpf) inftrumentaler SHuftf. SSenn unter ben ipunberten Oon 9J?eifterf)anb geferjaffenen Son= *) Wod) wirb auf einen Wange! in ber Partitur rjinäuweifen fetjn. 3m erften ©a^e, ©. 35, finb bie brei Saftpaufen in ber erfien Violine mit ber Sriolenfigur be§ 3ten £a!te§ auszufüllen. ®iefe mu§ üter Saite fjinburd) jit jjören ferjn. SSon ber Violine übernimmt fie bie SSiota unb fe|t fie burtf) 4 Safte fort. — 202 — toerfen feines ben Satj in unbeftreitbarer Steife belDat)rt)eiten füllte, bafj jebeS tuaf)rt)aftc ®unfttt>erf als Bergegemoärtigung beS ©öttltdjen gelte, nnb fein ßttted fei: nur flicke 99efe= ligung beS 90?enfd)en, eben fotuo^I burdj Berflärung beS Srbifdjen nnb Bergeiftigung beS Sinnlichen, a(^ burd) Berfinnlidjung beS beifügen, fo tiermag bteö S5cet= fjoben'S C moll (Sinfonie. SBeld)' ttmnberbare Bereinigung üon >Patt)oS, SBürbe, Sfttjftff nnb @rt)abent)eit in ben trier Sätzen! SSetcf)' ein Seben ootl ^3oefie enüuidelt ficf) öor unfern Sinnen in biefem SSerfe nnb läfet un§ in feine liefen flauen! S)en Scfjtüffet 51t biefen liefen ga6 beffen Sdjöüfer felber, als er eineö XageS mit bem Berfaffer über bie benfelben §unt ©runbe tiegenbe Sbee fpracfi, mit ben SBorten: „(So pod)t baS Sd)id = fat an bie Pforte!"109) inbem er auf ben Anfang beS erften ©atjeS rjimuieS. Sn gergliebenmg unb StuSlegung biefer Sin= fonie ljaben ftd) Äritifer unb Slefttjetiter feit lange erfdjöbft. Sluf baS Borjüglidjjfte, in baS 2Befen ber £)id)tung (Singetjenbfte unb ot)ne überflüfjigeS SBortgepränge ©egebene fotl toenige Seiten tueiter unten tjingetutefen loerben. öS toäre Bermeffen= fjeit, burd) irgeubtoeldje Berfudje bieS überbieten 51t motten. Bon großen im Saufe biefeS 3at)reS im SDrud erfcfjienenen $ßerten finb 51t nennen: a) BterteS ßoncert (G dur) für Sßianoforte mit Drcrjefter, Op. 58; b) Vierte Sinfonie (B dur) Op. 60; c) (Eoncert für bie Biotine, D dur, mit Drdjefter, Op. 61; gleichzeitig erfdjien baSfelbe arrangirt als Goncert für ^ianoforte. S« baS Sat)r 1808 fällt eine für bie bamalige @üod)e intereffante Begebenheit, bie als djaraf'teriftifdje (Spifobe aud) in Beetfjooen'S Seben mit tjineinflingt, unb um fo metjr ©rioätjnung 109) Hier erfahren wir doch wenigstens, zu wem und über welches Werk Beethoven das Wort über die Schicksalssymphonie — also die in C-moll — gesprochen hat. A. d. H. — 203 — nerbient, cit§ iljr 9tact)flang fid) bei unferm SJfeifter nodj nad) Sauren roirffam erhalten unb au§ biefem ©runbe inbirect $er~ anlaffung gur (5ntftef)ung eines feiner bebeutenbften SBerfe für ^ßianoforte gegeben Ijat. £>ie§ madjt bie ©acfje frevelt für uns intereffant. $ür Slufberoafjrung biefer Gegebenheit in großer 2Iu3fül)rlid)feit f)at bie Mg. «föuf. ßtg. geforgt. XI, «Kro. 3. 2tn biefe miH ficf) ber SBerfaffcr nur in fo toeit galten, a(§ e§ für unfern Qmed erforberlid). ©ibt fie boct) Sürgfctjaft für bie ©acrje, inbem fie biefetbe gugtetdE) fritifd) beurteilt. Sßir lefen bort: „(Sine ber erften £>amen SBien'3 tjatte ben @ebanfen, gu einem getttiffen italienifdjen £iebling3liebcfjen, ba$ poetifdj gar nid)t übet unb für au§brud«§t>oIle 9J?ufif fetjr geeignet ift, eine ©oncurrenj oon (Sompofitionen mögttct)[t öieter Siebfjaberinnen unb Siebljaber, unb faft aller je^t beliebten SJJeifter Steutfdj* lanb'S unb 3talien'<§ §u oeranlaffen; biefe (Sompofitionen liefe fie fyernadj) fammeln unb auf iljre Soften ftecfjen, um mit ben (Sjemplaren, aufeer ben £t)eilnet)mern, norf) manchen anbern ^reunben ber Stunft ©efdjenfe §u machen. $)iefe (Sammlung blieb $ßriüat=@igentf)um unb fam nie in§ ^ubüfum." 2)er Stejt §u ben öerfctjiebenen Gomnofitionen ift nacfjfteljenber : In questa tomba oscura lasciami riposar. Quando vivo era, ingrata, dovevi a me pensar. Lascia che l'ombre ignude godansi pace almen, e non bagnar mi ceneri d'inutile velen. 3n beutfct)er Ueberfetmng: Safe' ru^en micfj in ^rieben (£ntroeid)e, baf$ mein (Schatten 3n bunffer @rabe3nacl)t ! ^n ^rieben enbtid) rufjt, 0 f)ätt'ft bu Unbanfbare 9Kdjt roecft bie falte Slfdje £>e£ ßebenben gebaut! £>er gift'gen greinen ^titttj. — 204 — $on ben @tnen mit f)öd)ft einfacher, ebter Declamation (attbeutfd),) üon ben 31nbern in anmutrjiger, mefobifd) att= itatienifdjer üföeife aufgefaßt, Ratten ftcf) Q3erfd)iebene auf jenem 2Bege bis %\x fefjr munbertidjer Äünftefet, gu fdjroerfätliger lieber* tabung, ju abenteuerlichem Scrjroulft oerirrt; auf biefem SBege bi§ -utr gemöf)nticf)en Cpern=9lrie. Dramatifd) betjanbett maren bie meiften. Unter ben Gomponiften unb (Xomponiftinnen befanben ftdj Damen bon rjorjem 9tange, mehrere dürften, ©rafen, Maronen unb anbere Dilettanten. Sßerfcfjiebene Gomponiften Ratten ben ZtXj merjrfad) bearbeitet, §. $. 3^9are^ 1° SKal, in gorm neuefter lian^onetten, ?lrietten unb Dpern=5(rien, ©altert 2 Wai, Sterlet 3 9M, $aer 2 $M. 5(ud) einige Mettanten Ratten ben £ej:t merjrmat componirt. SfnS ber 3af)[ oer Gompontften finb nod) 51t nennen: 21. (Sberf, @. $örfter, 25. $igrjini, & gelter, SS. Somaftfjeri, Dnonis Seber, & Sgernti, gf. SBeigl, enbtid) 33eetf)ot>en, feine Gompofitton tjatte bie letzte Stummer, nämiid) 63. 23is rjierjer alles gut — aber ber 9lnt)ang! „Diefer mar eine anwerft fartftrte s}krobie bes 28er f es, feinet tragifdjen §n= fjatts unb ber baburd) eingeflößten Gmpfinbungen. S(uf einer großen Siupferplatte fanb man eine läd)erüdj=fteife, fjollänbifd)* frangöftfdje ©artenpartte bargeftetlt, roo in einem £rauerrjain uon iöudjsbaum ausgefdjnitten ein äierlidjes 9)?onumeut mit -Tobtenurne unb anwerft gemeinen Gnget=3ungen aufgerichtet ftanb; eine trauernbe ©attin in meitausgreifenbem Dtetfrocf, 5eberfd)mud unb aller geroidjtigen ^arure ber fjodjfeltgen ancienne Cour, fafj man rcorjlgemeffen aufs Ante niebergelaffen bas £rjränentud) r>or bie ©tirn fjalten — roaf)rfd|eintid), um bie ©djminfe nicr)t 51t oerroifd)en — u. f. m. 2lber and) hierbei mar für ÜDtufif geforgt; Safob §edel fjatte ba^u eine fteife, f(^roerfällig=täppifd)e kennet aus H moll componirt." Diefe ^arobie fjatte jämmtlidje ÜZÖiener Somponiften in ^arnifd) gebracht, meil fie barin eine bosrjafte unb gemeine — 205 — ^erfiftage finben roottten. 3ufotge SBmtfdjeS aller marb be= fcf)toffert, einen ^roteft gu Veröffentlichen, ©atieri, Söeettjooen unb SSeigt mürben erfuctjt ba$ SBort 51t führen. üftacr) einer bie§fall3 gepflogenen SSeratfjnng roarb e§ jebod) für ungeeignet befnnben öor bie Deffentlidjfeit gu treten, inbent ba§> betreffenbe Sßerf bem publicum ntctjt befannt fet); nocfj meljr, e§ ftanb im gälte eines öffentlichen $ßrotefte§ 51t befürchten, bafj man ©e= legenljeit nehmen fönne felbft tiefen ju parobiren. S)te (Srfarjrung {jatte ja bi§ barjin genugfam gefetjrt, bafj felbft ba§ (Srfjabenfte ba§ parobiren unb ^erftftiren ftcf) bort gefallen (äffen muffe. %Ran fanb bemnacr) für rattjfam, ficf) auf eine mifjbtlügenbe gufctjrift an bie $erantafferin biefeS (SammelmerfeS 51t be= fcfjränlien, im Uebrigen ben Vorfall auf fiel) berufen gu taffen. — ©iefe§ Vorfalles unb feiner nad)t)attigen (Sinroirfung auf unfern sJfteifter ftdj 5U erinnern, roirb erft in ber brüten ^eriobe (1828) ©runb unb SSerantaffung fetjn. IV. Wü ©rjä^ung ber Gegebenheiten fortfaljrenb, att§ benen 1809. fid) ber roicfjtigere Streit ber ßeben§gefcf)id)te 23eeu)oöen'<§ bitbet, ftofcen mir fogteict) gu Eingang be§ 3af)re§ 1809 auf eine öon foldjer Sefdjaffen^eit. 3)er bisherige Verlauf ber 3)inge in beS ^Ocetfterö Seben tjat gegeigt, baf$ feine fociate (Stellung eine priöate geblieben, nidjt ettna, meil er neben feiner 23efcf)äftigung am ©djrei&tifdj nid)t nocf) eine anberrceitige angeftrebt §abe, bie itjm nebft einer entfprecfjenben Söirtfaml'eit nad) aufceu aucfj einen gefidjerten Sebenäunterfjaft geboten rjätte, fonbern au§ ©rünben, bie tfjetfö in, tt)eit3 aufjer if)m gelegen. Stafc auf eine fotctje (Stellung fdjon öor Satjren tjingegielt morben, bemeifet bie ^laufet in bem öom gürften SidjnoroSt'ö, irjm 1800 anägemorfenen Satjrge^alt öon 600 ©utben, bie er, raie e§ in ber fdjriftlidjen 3nficr;erung rjeifet, fo lange begießen fonute, afö er otjne „paffenbe 2(nftetlung" fet). — 206 — (Somit fe§en mir unfern Xonbicfjter nod) big gum Safjre 1809 (fein 39te§ SebenSjarjr) mit feinen Sebürfniffen tebigtid) auf biefe§ Satyrgerjatt unb auf ba$ (Srträgniü feiner (Sompofitionen angemiefen. S3ei fotdjem ©tanbe ber $erf)ättniffe unb Hoffnungen fragt e3 fid) sunädjft, melier Slrt mof)l eine „paffenbe 51nftetlung" für SBeetljoöen t)ätte ferjn füllen? Äeine anbere, a(§ bie eine§ SBorftanbeS einer großen (Sattelle. 2)a fragt e3 fid) aber mieber: burfte Söeetrjooen bei bem mifjtidjen 3uftan0e feineö ©eljöreg auf bie ©teile eine§ Gapettmeifter3 reflectiren? ©eine bereite erreichte SRangftufe a(3 fdjopferifdjer Äünftter im 2tuge befyattenb fragt e§ fid) meiter nod): tiefte fid) mot)( eine paffenbe 5(nftetlung (im auSgebeljnten Segriffe be§ 9Sorte3) für ifjn anberSmo er= mittetn, al3 an einem großen §ofe? 5tber bie potitifcfjen ©runb= fätje be§ 9ftanne§, ber üut unmiberftetjüd) betjerrfctjenbe ©inn gu uneingefd)ränfter $reif)eit unb ©etbftänbigfeit, geben biefe (£t)aracter=(£igenfd)aften motjt bem ©ebanfen Dfaum, bafj ber 9)?eifter an einem faifertid)en ober föniglidjen §ofe rjatte gefallen tonnen, er, ber pure ©egenfatj öon einem §ofmann, ber lauten £>af3 gegen „(iebebienerifdje, bie §oftuft ergengenbe §öf(inge" im §er§en getragen? — $u oer 3e^ ie°od), bon ber mir eben fprecfjen, ftanb e§ mit feinem ©eljör nod) nicfjt fo fdjlimm, ba3 Uebel geigte fid) nur periobifdj, unb bie anbern in if)m liegenben ©rünbe, betreffe ber ßroeifettjaftigfeit, practifdje Functionen aus- üben 5U tonnen, rannte öeetfyoüen felber am menigften; bemnad) mürbe bie Hoffnung nad) einer ©teile, bie eine gefidjerte 2eben§= ejifteng mit fid) füljrt, feftgetjalten.110) (£3 mürbe aber foeben nod) gefagt, bafj bie bisherige ^ribat* 110) Die Bewegung, die etwa seit 1808—1809 in Beethovens Leben wegen der Kapellmeisterstelle am Hofe des Königs Jerome von Westfalen entstand, schildern besonders originell und anschaulich die Briefe an den Freund J. v. Gleichenstein und an die Verlagshandlung von Br. & H. in Leipzig. Man wolle im I. Bande von B. S. Br. nach- lesen. A. d. H. — 207 — (Stellung 93eettjooen'3 attd) cmS ©rünben fjerrütjrte, bie aufeer it)m lagen. £)ie§ bebarf einer näheren 23efdjauung ber *£)inge um it)n t)erum. @§ bürfte überragen gu oernetjmen, ba^ bie 3at)t aufeerorbentndjer Sßerfe, mit benen ba§ ©entc Seettjoüen'S bie ®ttnftroelt b\§> 5U btefem geitpttncte bereichert t)atte, roeber bie offenbaren nod) bie oerftecften Gegenparteien in SSien — letztere unter ben SKufifern Dort Sßrofeffion — 5U befferen @e* finnungen gegen unfern Hfteifter geführt t)abe. gut letztere Partei inSbefonbere gab fogar bie C moll Sinfonie neue ©c* tegentjeit §u Sfrtgriffett unb Verteuerungen, benn nacl) bem §at)bnTfd)en unb SQ^o^art'frfjen ÄatedjiSmuS fanb fid) für ba§> ©pät)erauge ber atten Sdjulrnaben gar mand)e3 in biefer Sinfonie, ba§>, roeit nod) nid)t bageiuefen, ober oon ber Sd)utreget öerpönt, rtict)t nur gefabelt, aud) nod) (äd)er(id) gemadjt toorben. Set^tere§ roiberfutjr üorjug^rueife bem Dur- formale ber ^ritif unterbieten; ferner tnirb er baZ ^edjnifdje be§ t)armonifd)=rt)t)tl)mifd)en 23aue3 prüfen, ob feine Slbroeidjung ober gar Verftöfce gegen atttjergebracrjte ©efetje barin enthalten, er roirb roeiter ba$ attgeroolmte 9xid)tfd)eit an öerfdjiebene Sätje anlegen unb loirfttd) finben, bafj beren Sängen= *) 3)er Sericfjt in ber SlCtg. SKuf. 3tg. XI. 269, über bie erfie auf* füljrung am 22. ®ec. 1808 fdjliefet mit bem Sa£e: „Uebert)aupt ift e§ befannt, ba% Don 53ien nod) metjr, al§ Don ben meiften anberen ©labten, jener SluSfürudj be§ (£üangelinm3 Dom $ropl)eten in feinem SSatertanbe gilt." — 208 — mafj ba$ Jparjbn'sSDfoaart'fdje überfdjreite; er roirb ftcf) bemnacf) Uo§> mit bem Steufterüdjen be3 Äunfttoerfö befcfjäftigen, roeit gur £mrd)forfd)ung feines; Innern ber erforbertidje @rab fünftterifcfjer Bilbung gebridjt. Stu§ biefem ©runbe mirb er aud) nicfjt %u* gefielen tonnen, baf$ ba§> ©enie in fotdjer Motens, tote e§ 53eett)oOen befafj, ©etbftregel ift, folglid) beanfprudjen bürfe, bafe feine Sßrobucte nur mit bem üon itjm fetber gegebenen Waafc ftabe gemeffen, überhaupt beurtfjeitt merben fotten. Bon allem biefem Ratten bie Sdcuftfer bamatiger $eit fein Berftänbnifj, unb fann biefe £>unfett)eit in ben meiften köpfen bi§ in unfere £age nerfolgt »erben, ©precfjenbe geugniffe für foldje Stnfdjauung^- meife jeber $eit liegen in ben meiften S^ritifen über 93eett}onen'fd)e SBerfe jeber (Gattung in ber Mg. 9#uf. 3t9- üor> ^e/ man oai1 e§ für gemifj annehmen, bei SBeitem nidjt aüe§ fagen, mag bereit Berf affer auf bem ^er^en gehabt. Sßir merben bertei ©pecimina oon Unöerftanb unb Befangenheit in faft uerfteinerten Srabitionen nod) anäitfürjren tjaben unb bei einzelnen üielleicfjt ©ebutb unb Berüdfidjtigung be§ ßeitgefdjmacfeg Vertieren. Snbefj, bie öftreid)ifd)e .'pauptftabt für fid) altein betrachtet, ift es ja notorifd), bafj ber @mpiri3mu3 in ber SEonfunft oon jetjer feinen §auptfit3 bafetbft aufgefdjlagen tjatte. Sie iljrer £)ot)lf)eit unb @d)raäd)e fid) roor){ benutzte empirifdje Slnfdjauung trat ber SBiffenfdjaft allezeit rote eine feftgefdjtoffene ^ßtjalanj gegenüber — (beägteidjen moljt aud) in ben anbern fdjonen fünften). Sn birecter Be5iel)ung auf Beeitjooen motlte biefe ifym gegenüberftetjenbe Söiadjt nod) immer nidjtö auberS in irjm er* rennen, aU einen ^eüotutionär in ber Äunft, ber in eigenem 2)ünfet befangen unb üon ungezügelter £eibenfd)aft angetrieben, nur oon fid) reben machen motte. SBeldjen 5Xntt)etf an fotdjem ©ebaljren in§befpnbere 9?eib, ©djeelfudjt, ober roirttidje ßurüef* fetmng gegen baS ©enie unferS äfteifterS gehabt, täfet fid) er= ratzen. 2)iefe @egenftrebungen mären um fo fütjner fjerbor« getreten, menn Beettjouen SQftene gemadjt Ijätte, am faifertidien §ofe eine Hnfteüung 31t fudjen. ©d)on ber gaü, ba|3 ber @r5= — 209 — tjerjog 9iubo(pt)*) feine mujtfalifdje $ort6Ubung ba% Safjr guüor 33eetrjot>en'§ £)änben anüertrant l)atte, tief} bie ©egner befürchten, „ber Steuerer" — „ber Stepubtifaner", fönne bod) einften§ an ben faiferl". §of fommen.**) 3)a§ 2)tfemma, in roetdjeS fein äuftereS unb inneres Seben burd) biefe SRtBftänbe tierttridett gemefen, lannte 23eetl)Ot>en redjt rool)(, nid)t minber aber cutct) beffen fdjnrierige Söfnng. (£3 roarb barum ber (£ntfd)(nfc gefaxt, uorerft eine größere Steife nad) *) 9htbolpb, ®r5$erjog öon Defterreid), geb. 1788, f 1831 al<§ (£15= bifdjof unb (Sarbinal öon Dtmüfc. **) Sterbet fet) einer faft unglaublichen Slfjatfadje Dtaum gegeben, für beren SSabrfjeit aud) bie Mg. 9)hif. $tg. einfielen wirb. ©iefetbe ntag Sitgleid) bie 9)cad)t be§ 2Utbergebrad)ten, aber nebenbei audj bie geringe Autorität 23eetb>öen'§ bei ben Siener IDcuftfern auf's ßclatantefie bemetfen. Sie Sinfonia eroica mar bei einigen öom föomponiften in ben Sabren 1805 unb 1806 felber geleiteten ?htffübrungen ftet§ — rote ganj in Drbnung — al§ au3 Es dur geljenb auf bem 3lnfct)(agejettet angezeigt. Xie Benennung E8 dur für ein Xonftücf mit 58oräeid)nung be§ britten b mar febod) in jener 3ett ju ?8ien (möglid) aud) an anbern Drten) ungefannt. SDcan nannte biefe Tonart — mie 5U fetten Sübal'8 _ Dis. §118 nun bie Eroica in gebrucften Stimmen ben bortigen 9Jhififern in bie £)änbe gefommen, beeilten fte ftd), bie „Weiterung" 58eetb,otien'3 ju befeitigen unb biefe ©infonte bei aßen 5luffüftrungen auä Dis gefjen 3U laffen. @3 öerftebt fid), bajj biefe ^Benennung bei £at)btt'fd)en unb 90coäart'fd)en Sßerten gleichfalls (Mtung gehabt. Qn ben Renditen au§ SBten in ber 2111g. 9)?uf. $tg. 1°"° ™ebr= maf§ auf biefeS Guriofitm btugeioiejen, 5. 33. „3n ber £fiarrood)e üon 1808 mar im Stjeater an ber SBien grofeeS (£oncert mit SttojarfS Davide penitente unb 33eetfjouen3 Sinfonia eroica, festere (nad) bem 2(nfdjlage= jettel au§ Dis.)"111) ?Mg. 3Ruf. 3tg. X. Seite 540. — ©irigenten biefeS ©oncerts waren: ®er Sapeümeifter 3gnaj 3titter öon ©enfrieb unb ber £)rd)efter;®irector granj ötement. — %od) im britten Safjtjetjenb erjftirte in SSien bie Tonart Dis für Es. Überhaupt mar bie „SBiener Sonfdjute" fortan ein 'iDcijtum^ßompofitum öon unglaublichen ?lbfonberIid)teiten. sJ9can tonnte ftd) barüber ärgern, aber aud) tad)en. 111) Mau denke sich vom modern- theoretischen Standpunkte eine Tonart in Dis -dur, das wäre eine Kreuztonart mit 9 Kreuzen. Hat jemand eine solche Tonart gesehen? Wäre eine solche einem Orchester- spieler wohl spielbar? A. d. H. 9(. 3djinbler3 33ectf)crt)ctt=33io3rapfjic. 14 — 210 — Stauen §u unternehmen, um ben ©egnern für längere $eit au§ ben klugen p gefjen, aber aud) um ftd) ju erboten, benn jarjre* lange 2(nftrengungen, beSgleicfjen bie 9iänte ber karteten, Ratten nict)t üerferjlt, auf Körper unb ©eift nacrjtrjeilig etnjumirfen. S^arf) ber ßiirücffunft aus Stauen füllte über Verlegung feines SSorjufitjeS in eine anbere beutfct)e «Stabt ©ntfdjeibung getroffen werben. ®a erfcfjieu inmitten biefer SDtififtänbe unb ^erftimmungen urpfö^tidt) ein Deus ex machina, um ben fingen nacfj jeber (Seite rjin eine anbere SSenbung &u geben. 93eett)oüen erhielt burcfj ben ©rafen S£rud)feJ3=SBatb6urg, Oberft=®ämmerer beS ftönigS üon SSeftfaten, ben Eintrag, bie ©teile eineS (SapellmeifterS beS Äönig§ 51t übernehmen.112) SBunberftdje Sronie beS (Sd)itf= fals! roirb ber &efer üietfeidjt ausrufen, menn er ftd) bie $ßor= gänge„auS bem Safjr 1804 mit ber Sinfonia eroica üergegen= märtiget unb ben bamalS üon fjeiligem 30rn burcrjglütjten S£onbid)ter nun als ßapeümeifter beS 33ruberS beS frangöfifd^en ÄaiferS ftd) üorftellt; munbertidjer nocfj, menn man baS in 53e= jicfjung auf eine berlei 9(nfteltung oben eingeführte mit bem Ütufe an ben fönigt. £)of 51t Gaffel gufammenftettt. Sebod), biefer 9tuf mar ein factum, baS nidjt üerfel)ten tonnte, in allen Greifen ber Äaiferftabt großes 5fuffetjen gu machen. 2ßie immer, bafc baS publicum ben Söefilj eines StünftlerS erft bann mertrj- gufcrjäfcen meifj, menn eS mit beffen SBerluft bebrorjt mirb, fo aud) im oorliegenben gatle. SSorgugStoeife maren bie Greife feiner ©önner üon biefer Shtnbe betroffen, benn jeber füllte, baf; Seetrjoüen, ben man mit geredjtem ©totg ben «Seinen nannte, im ^auptfitse beutfdjer Sontunft üerroeiten unb otjne frembe ©inflüffe feinen fetbftgebrocrjenen ^Sfab meiter manbeln muffe. Sftacf) ©rmägung biefeS Snciben^uncteS bereinigten ftd) ber ©rg^erjog SRubolpf), ber $ürft Sofept) üon Sobfomifc, ^er^og jju 9iaubnit5, unb gürft gerbinanb ÄinSfn, um 112J Man vergl. den Brief an Br. & H. No. 180 in B. S. Br.^ I. Band, vom April 1809. A. d. H. — 211 — aKein §u ttjun, roa§ bie @§re ber Äaiferftabt ertjeifc^te. (Sie unter^eidineten unterm 1. Wläx% $u (fünften 23eetf)oüen'§ nad)= fterjenbe Urfunbe:113) „£>ie täglichen SSeroeife, roeldje err Subroig oan 53eetrjooen §u einer Slnftellung gelangt, bie irjm ein Slequiüalent für obbenanute (Summe gibt. (Sollte biefe Slnftettung unterbleiben unb §err S. Oan 29eet= fjoöen burd) einen ungtüdtid)en 3ufa^ ooer ^^er oerrjinbert 113) Man sehe den „Entwurf einer musikalischen Convention" an Freund v. Gleichenstein vom I. Quartal 1809 in B. S. Br. No. 167, I. Band. A. d. H. 14* — 212 — fetjn, feine Slunft auszuüben, fo bemiifigen if)tn bie Ferren £ljeUnef)mer biefen ©efjatt auf £eben§(änge. £afür aber oer= bürgt fid) £err £. üan 23eetf)otien, feinen 2(ufentf)att in SSien, too bie Ijoljen gertiger biefer Urfunbe fidj befinben, ober einem anbern, in ben ©rbfänbern ©r. öftreid)ifd)4aifertid)eu SDcajeftät Hegenben ©tabt gu beftimmen, unb biefen 2iufentt)att nur auf griften §u oertaffen, meld)e ©efdjäfte, ober ber Äunft Sßorfdjub leiftenbe Urfadjen oerantaffen fönnten, moüon aber bie Ijotjen Kontribuenten öerftänbigt unb momit fie einüerftanben fetjtt müßten." — 33eett)ooen mar fonad) in eljrenöotffter SSeife an 2Bien, aber aud) an feine ©önner mit 23anben gefeffeft, mie fie nur oon gegenfeitiger 5id)tung unb 2Bertf)fd)ät3ung gefdjlungen mer= ben. 233elcr)e Dliebertage burcf) biefe au§3eid)nenben ©emeife oon Anerkennung feiner ßünftlerbebeutung ber @d)aar feiner bortigen (Regner beigebracht roorben, bebarf mofjl feiner meu> läufigen AuSeinanberfetjung. 3n ber SDxe^r^at)! meniger bö3= artig als oerbtenbet unb in einfeitigen, Oeratteten Äunftan= fdjauungen befangen, fügten fie fidj in ba§> ©efdjefyene. 33on ba an Ijatte unfer Sfteifter geraume 3eit feine Verfolgungen oon ben Wiener SJcufifern §u erfahren, benn fie fanben e§ bei ber SBenbung ber 2)inge geratener, fid) gleidjgültig §u üerljatten, füllten fie bod), bafe fie it)m in materieller ^nnjtdjt nidjt mefjr fdjaben fonnten. 33ieltetd)t mürben fie fid) enblidj nid)t miberfetjt fjaben, menn if)m eine auf ßunft unb Slünftfer einflußreiche Stellung am faiferüdjen §ofe ju XljeU gemovben märe. 2)amit f)atte e3 jebod) feine guten üföege. 31m geeig= neten Orte in ber britten £eben§periobe roirb (Gelegenheit fetjn, bie unüberfteigttdjen §inberniffe oor Slugen ju legen, bie fid) für alle 3*it oor ben $ugängen ^ur ^aiferburg für 3}eetf)ooen aufgetürmt tjatten. Sßorerft glaubt ber Verfaffer aber an= beuten ju folten, bafj Seetfjooen nur fetjr furje ße^ im ^°^= genuffe feiner Safjre^rente Oerbliebeu. 2)enn fd)on im Satyr 1811 trat in Deftreid) ein ©reignif3 ein, ba3 alte öfonomifd)eu — 213 — Berljältniffe tief erfcfjüttert unb aucfj unfern £onbid)ter fdjtuer betroffen tjat. 9tu§ biefen, aber noct) au§ anbern narje oermanbten Ur- fachen, tjaben obige, eine forgenlofe ßufunft in 2tu3fid)t ftetfenben Stipulationen ©djidfale erfahren muffen, öon benen erft weiterhin be£ näheren p fprecfjen fetin roirb. SBir merben fetjen, wie bie üon 2(d)tung unb 2Bertt)frf)ä|ung gefdjtungenen Banbe in ber golge^eit ©runb $u SSiberroärtigfeiten unb $er= ftimmungen gege6en tjaben, bie in ®emeinfct)aft mit anberen fo gearteten notrjtoenbigermeife fogar auf be§ 9fteifter§ $ro= buctionen ©inflüffe 3U üben nid)t tierferjfen fonnten. SBeldjer ©porn aber bem p Staaten brängenben ©eniu ©efdjetjene gegeben toorben, geigt bie (Staunen erregenbe $rud)tbarfeit ber näcfjften Sa^re, roooon ber Sefer atäbatb ben Stugenfdjein ermatten fofl. 28ir ferjen bamit ben fct)on früher angeführten §erjeni§munfd) be§ Üfteifter3 beinahe üollftänbig in Erfüllung gegangen, roeld)er lautet: roenn ber iperbft feine§ Sebenä ba ferj, einem frudjtbaren Baume gu gleichen, roetdjer reidje grüdjte in unfern ©djoofs rjerabfdjüttett SSafyrlid), menn man bie öon nun an bi§ um ba% Satjr 1815 in ununter= brocfjener $olge gu Rapier gebradjten ßompofitionen fomorjt nad) Quantität at3 Dualität in Betrachtung gierjt, fo ergibt fid) biefe§ ©leidjnifj augenfdjeintid), unb tonnte man Oerfudjt roerben gu glauben, biefer Baum t)abe oor bem 3»ar)re 1809 uod) keinerlei grüßte in unfern ©djoofj t)erabgefd)üttett. 3)arum mirb e§ erforberlid), ben Sefer aufmerffam gu madjen, bajj öon biefem 3e^Puncte an b\§> 8U Ausgang ber gmeiten Seben§periobe roenig ertjeblidje Xtjatfadjen, befto metjr oftenfible Xtjaten namhaft gu madjen fetm roerben. 2Sir muffen um§ gemötjnen, ben Sfteifter einige Salire rjiuburcfj faft ununterbrochen an ben 5lrbeit§tifd) gefeffelt gu feijen, gteid)= root)t feine fefjr angegriffene ©efunbljeit eine längere 9kft bringenb beburft tjätte. £>iefer Umftanb mirb gum unab- roei3ltd)en ©runb, baf$ bie Arbeit be3 Biographen bie näcfjften — 214 — Satjre berütyrenb fo §iem(id^ ben ©tjaratter einer (Stjrontf an* nehmen mufe. ®em laufenben Safjre gehört eine faum erroätjnenälüertfye (£üifobe an, bie gerb. 3tte§ aber für tüid)tig gefunben, um fic in bie (Sammlung feiner Zotigen über 23eetl)oüen aufzunehmen. @S fet) barum it)rer furj ermähnt. @S Reifet bort ©. 121 :1M) „Sei ber Jürgen SSefdjiefeung 2Öien§ burd) bie granjofen im Sa|r 1809 mar Veettjoüen fetjr ängftlicfj, er brad)te bie meifte ßeit in einem Heller bei feinem Sruber Gaöüar §u, mo er nod) ben ®oüf mit föiffen bebectte, um ja ntctjt bie Kanonen §u t)ören." 2)iefe Slnfüfjrung be3 <2djüler§, ber nod) tior 3Innaf)erung ber fran§öfifd)en £)eere Sßien üertaffen, um nad) Sonbon §u. reifen, scitjt ben Sefjrer bod) ju offenbar ber gurrfjt, menn nidjt gar ber geigfyeit. 9tieö t)ätte bod) aud) an biefem Orte einen ürüfenbcn S31id auf ba$ üon Slnbern Vernommene toerfen füllen, beöor er e§ ben „ächten Duellen" gu einer üodftänbigen 23iograpf)ie Veetfyooen'ö angereiht; er tjätte, ungeachtet feiner Sugenb sur Qixt beS SBerfc^rä mit bem 9)?eifter, beffen ßfyarat'ter aud) üon ber «Seite be3 perfüntidjen 9Jhttt)e§ unb Unerfd)roden= fjeit fennen lernen tonnen, menn er in feiner 23eurtf)eitung ftet§ unbefangen geblieben märe. £)ätte Veetfjoüen bie mögtidje ©efafjr im gatle einer Belagerung ber a^ bie SBerle für Drcfjefter ber 9?eit)e nad) eine unfreunbtidje 33e= grüfeung oon jenem ftunfttribunale erfahren fjätten, tua§ in biefer ©djrift fdjon mit Söetoeifen bargetegt roorben; allein bie (£laoier=ilhifif, gerabe bie ^errünberin ber tiefoerborgenften — 216 — ©erjeimniffe be§ SSeetrjoDemfdjen ©eniue, bjatte bisher bort ba% Sd)idfal in it)rer (£igentt)ümlid)fett roenig üerftanben 511 roerben unb muffte fid) mit oft unbegreiflicher Unterfcrjätmng begegnen (äffen, baoon ut'8 künftige nur bi3meilen metjr ettuas Dor= fommt. Sin tiefet (Singetjen aber biefer föritif. in ben poetifcrjeii ©efjalt ber finfonifdjen SSerfe mar bisher audj nod) nidjt uor* gefommen, uielmefjr tjatte ber grammaticalifcfje 3°Pf faf* burdjroeg bie Urttjeüe in bie geber bictirt. 2)amit roirb e§ tion nun an beffer. 2;ie ^Beurteilungen ber Sßaftorale unb ber C moll^Sinfonie im groötften v5al)r= gange liefern bie erften ßeugniffe, ba$ bie mit alten Sd)ul= regeln gefcfjroängerten 2Solfen 31t Seipjig fid) 511 jerttjeifen begonnen. 3Bie 33eetrjooen in (Srfafjrung gebradjt, fo floffen jene SBeurtfjeilungen au§ ber geber Don Slmab. Söenbt,115) einem ber erften au§> bem Greife ber bortigen ßunftridjter, ber fid) mit ben mannigfaltigen Äunbgebungen be§ muficalifdjen „teuerere" 5U SBien nict)t nur auSgeföfjnt, aber aucfj balb mit ganzer Seele befreunbet f)atte, roa§ einige Slnfürjrungen bei* geljenb bezeugen merben. 21u3 ben fritifdjen 91brjanb(ungen be§ oortrefflidjen SDfaimeS über biefe beiben genannten Sinfonien füllen äunädjft nur menige Sä§e fjier ^piat$ finben, roeil fte geeignet finb, bem öefer einen belefjrenben Q^lid in biefe SSerfe $u eröffnen. lieber bie ^aftorale, guerft mit 9?o. 6 be^eidjnet, ber anbern aber bennodj üorau^gerjenb: „S)a§ SSerf enthält in Sinfonien=$orm ein ©emälbe be§ Sanblebem5. „„©in ©emälbe? — Soll benn bie SDxufif malen? unb finb mir nidjt fcfjon längft über bie Reiten rjinau*, mo man fid) auf muftcalifdje Malerei etmas ju ©ute tJjat?" " 911ter= 115 Es sind dies die bedeutenden ästhetischen Aufsätze in jeuer Zeitung von Prof. Amadeus Wendt, besonders auch über Fidelio, in denen Beethoven wohl zum ersten Male als der „musikalische Shake- speare" gepriesen wird; cf. Brief No. 454, Erklärungen, in Band II. A. d. H. — 217 — bing§ finb roir je|t fo äiemtid) bamit im deinen, ba^ bie $)ar= ftellung äußerer ©egenftänbe burd) bie SO^ufif fjödjft gefd)madto§, unb oon ber äfttjetifctjen ^Beurteilung beffen, ber fid) folget 9Iftermittel, ©ffect 511 erregen, bebient, toenig 5U galten jeti. Sfttein btefer 5(u3fprud) paßt gar nicfjt auf üortiegenbe3 SBerf, toeld)e3 nicfjt eine ©arftellung räumlicher ©egenftänbe be§ 2anbe§, fonbern üietmefjr eine Starftettung ber (Smpfinbungen ift, meiere tnir bei bern Slnbtide (änblicljer ©egenftänbe fjaben. Stafe ein fotdjeS ©emälbe nicfjt gefcfjmadfoS, unb bem gtoede ber 9ftufif nicfjt entgegen fet), fiefjt jeber ein, ber über biefe Äunft fotoofjt als über bie Statur ber (Smpfinbungen, bie burefj jene au§gebrüdt toerben fotten, nadjgebacfjt t)at." §fa§ ber (Einleitung 51t ber nicfjt weniger benn 20 ©palten einnefjinenben 2(bt)anb(ung über bie C moll=©infonie, 9?o. 5: „33eetfjOüen'§ 9J?uftf beraegt bie §ebet be§ ©d)auer§, ber $urd)t, be§ @ntfet$en3, be§ ©djmer^eä, unb ertoedt jene unenb= tidje ©efjnfucfjt, bie ba iounberoolte ©eifterreidj be§ Unenblidjen." $on Stmab. 2Benbt'§ ©inbringen in ben ©eift ber 93eet= fjoüen'fcfjen Xonbidjtung fotl am ©cfjtuffe biefer ^eriobe, at§ bem fjteju geeigneten Orte, bie üor^üglic^fte 23etoei3ftetIe an= geführt toerben. @§ brängt ben Sßiograpfjen, auf bie allererften grünblictjen unb meift aud) getroffenen, barum feiner 5(nfedjtung aufgefegten (Srfcfjliefmngen ber tiefen gunbgruben unfer§ STon= bidjter§ aufmerffam 5U madjen, bie funfttjiftorifdjeS Sntereffe tjaben, leiber aber im ©taube ber SBibliotrjelen oergraben liegen. 2Bot)t aEe nachgefolgten (Srflärungen (bi§ 5U ben in letzter 3eit tjeroorgetretenen e,rcentrifd)en ÜBerirrungen in Stillegung 53eet= — 218 — rjoüen'fdjer £onbid)tungen öon Chorführern ber „gutunftt* mufif") grünben fidj auf feine Sßorte unb Oer^aften jtdj rcd)t oft §u ifjnen, mie Variationen gu irjrem Sfjema, — fonad) aud) in fotdjer §infid)t intereffant. 1810. Sm Satire 1810 [inb nadjfterjenbe grüdjte öon bem Saume „Veettjoüen" in ben Sdjooft feiner -ja^ttofen SSerefjrer „rjerab= gefdjüttelt" morben: a) 3mei grofte Zx'w'ä (D dur unb Es dur) für Sßianoforte, Violine unb Viotoncell, Op. 70.*) b) ©ejtett (Es dur) für 2 (Starinetten, 2 §örner unb 2 gagottS, Op. 71. — S)ic ©enefiS biefeS $ßerfeä batirt jebod) um mehrere Saljre gurüd. 3um erfteu ^a^ mürbe e§ im Slpril 1805 in einer Quartett*®i|ung §um SBcneficc öon ©djuppansigt) gu ©efjor gebradjt. ©onacf) ergibt ficr) bie beigefe^te Dpu3=3a^ a^ unridjtig.116) c) Ouartett (Es dur) für 2 Violinen, Viola unb Viotonceü, (9Go. 10.) Op. 74. — Sn fpäteren Sauren fjat bie liebe ©infalt biefem SSerfe ben Veinamen „^arfen^duartett" beigelegt. (Sinen fjattbaren ©runb müfete roofjt 9aemanb bafür anzugeben. d) @ed)3 ©efänge üon ©oetfje für eine ©iugftimme. Op. 75. e) Variationen (D dur) für «ßianoforte. Op. 76. 117) f) gantafie (G moll) für «ßianoforte. Op. 77. g) ©onate (Fis dur) für Sßianoforte. Op. 78. *) ©Ute tief eingebenbe unb betcfirenbe Sittif tiefet SSetfeS enthält Wo. 9 ber Mq. SRuf. 8*0- xv-118) 116) Dem widerstreitet nicht G. Nottebohm, Thematisches Ver- zeichnis unter Opus 71. A. d. H. 117) Es sind die dem Freunde Beethovens und Varnhagen v. Enses gewidmeten Klaviervariationen (Oliva). A. d. H. 118) E. Th. A. Hoffmann war also Amad. Wendts genialer Nachfolger in der Ästhetik an der Leipziger musikal. Zeitung (seit 1809), dessen Darstellung über Beethovens C-moll-Symphonie so ge- rechtes Aufsehen erregte. Man vergl. über ihn des Herausgebers Buch „Beethoven und Berlin" S. 242 ff. A. d. H. — 219 — h) ©onatine (G dur) für *ßianoforte. Op. 79. i) gibetio (Seonore). (Srfte unb gleite Bearbeitung (auS ben Sauren 1805 u. 1806). Bottftänbiger ©fauter* ?Iu§äug. Op. 79.119) k) Duöerture gu gibetio in ^roeiter Bearbeitung (auS bem Satjr 1806) für Drdjefter. 1) ©ejtett (Es dur) für 2 Biotinen, Biota, Biotoncetl unb 2 obligate §örner. Op. 81b. m) ©oncertino in C dur für Sßianoforte, Biotine unb Biotoncett. Op. 56. 2)aS Soeben unferS SfteifterS in feiner füllen, bem äußern ©eräufdje entrücften SBerfftätte rourbe im Saufe biefeS SatjreS oon einem groifctjenfall unterbrochen, mit bem bie Seferoett ficfj fdjon feit geraumer ßeit lebhaft befcfjäftigt tjat. 2tudj in ben erften ausgaben biefer ©djrtft mar bemfefben Dtaum gegeben, toeit er im Sßefentlidtjen mit Beetf)oOen'S (St)arafteriftif collibirt. ©r betrifft beS 5£onbict)terS Befanutfdjaft mit Bettina Bren= tano (grau oon ?trnim,) unb bie mancrjertei gefolgten ßon= fequengen. SBelct)' be[onbereS Sntereffe bie fctjriftfteüerifcfje Söelt an teureren genommen, roie oft biefetben in „®oett)e'S Briefe roedjfet mit einem $inbe" befprodjen unb ^erlegt, roie bann meiter ba§> Befannttoerben üon brei Briefen oon Beettjoüen an Bettina (anfangs bei* üiergiger Satire) bie 9JtotiOe gu angüg* ticken, aber artet) biffonirenben Sontrapunctirungen geloorben, bebarf rootjt nur einer fnnbeutung. SBätjrenb bie fct>rift= ftetierifcfrje SBeft bie Sledjtljeit biefer brei Briefe in $rage gefteltt, begnügte icfj mict) meiner ©eitS, bie in jenem Briefroectjfet bem SBiener SJceifter in ben SOcunb getegten Steuerungen gu be= §roetfetn. £>ie (Srfotge roaren jeboct) feine anbere, als roenn fid) bie $ritit tjeutgutage mit fct)loert)örigen Birtuofen, (Sängern unb ©djaufpietern befaßt. 2)abei fott eS inbefj nidjt fein Beroenben 119) Diese Opuszahl ist unrichtig, während das Erscheinungs- jahr stimmt. Die erste und zweite Bearbeitung vom Fidelio (Leonore) hat und behält die Nummer 72 b. A. d. H. — 220 — behalten, Dietmar mufj biefer ©egenftanb Ijier mieberum jur ©prad)e gebracht werben, weil meine perföniid)e Stellung ju bem gragepuncte: äd)t ober nid)t äcfjt? in^wifcrjen eine anbere geworben, bemnad) e§ mir obliegt ben ©egenftanb praecifer auf* 5uf äffen, als oormatS gefcrjerjen.120) 2Sie ber ©orjn bie 9tebe feines VaterS in 50^9e genauerer Vertrautheit mit beffen ©efinnungen, fo aud) mit ber irjm eigenen Stu§bru(f§öjeife in jeglidjer ©eftalt, gefdjrieben ober münbüd) überliefert, mit Sidjerrjeit für auttjenttfct) anerfennen wirb, ober nidjt, fo barf man mofjt ®(eid)e3 oom Jreunbe erwarten, bem fid) bei jahrelangem 53erfet)r jebe ^er^enöfatte bei Q3eet= Rotten, oft in 5°^9e äußern 8lnlaffe§f geöffnet unb jeber Sßort* auSbrud fo befaunt geworben, haft felbft beffen Sdjriftworte wie gefprocfjen an fein Ctjr fdjfagen. 93eibe, Sorjn unb greunb, werben bemnad) in oorfommenben ^fällen unfd)wer unterfdjeiben tonnen, \va$ Oon bem Vorgehaltenen mit beS 9Sater§ ober bes greunbeS ©efinnungen unb Siebeweife übereinftimmt ober nid)t, unb, Wenn nidjt ganj falfd), fo bod) atö gweifettjaft fid) bar* fteflt. 9Jät Sidjerrjeit tonnte id) mid) barjer in ber erften ?tu£= gäbe, ©. 80, folgenbermaßen auStaffen: „9Ser in „®oett)e's Vriefwedjfel", II. 190, bat tieft, tütö bie anfcrjeinenb etwas überfpannte Bettina in bem ^Briefe öom 28. ÜDcai 1810 unfern Veetrjcwen fagen täfet, ber fann nidjt umrjin, fid) in ifjm einen 8d)öngeift unb monftröfen 2Sorti)e(ben §u beuten, — unb fet)r irrig. S)ie Slrt unb SSeife Vectrjoüen'S fid) in 2(flem unb Gebern au^ubrüden, war fein gan^e» Seben fjinburd) bie einfadjfte, für^efte unb bünbigfte, fo in ber Siebe Wie in ber <2d)rift, was burd) bie bieten oon irjm befaunt geworbenen 93riefe bezeugt wirb, %n gezierten ^5t)rafen reben 31t rjören, ober berlei ©efd)riebeneö ^u (efen, war it)in unangenehm, weit überall, einfad), fd)lid)tf of)ne 120) Alles im Zusammenhange und kritisch über Bettina enthält meine Monographie „Beethoven und die Sibylle der romantischen Literatur", in „Beethoven und Berlinu, 1909, S. 67 ff. A. d. H. — 221 — (Spur eines ®epränge§. Stafe öeettjotoen über feine $unft fo bact)te, mie Bettina fdjret&t, bafj er in tt)r eine £)öt)ere Offen* barung erfannte unb fie über alle ^S^iCofopt)te ftellte, ba§ mar ein £t)ema, über btö er ä)o|I öfter fprad), aber e§ ftctS mit Sßenigem abtrat.*) 9Bie mürbe nun Seettjoben über ba§> fdjöne ©erebe erftaunen, ba§> bie angenehm fdjmatjenbe Bettina iljm in ben SD^itnb legt! (Sr mürbe unbe^eifelt fagen: „Steine liebe mortreidje Bettina! <3ie Ratten einen 9iaptu§, al§ fie jene§ an ©oetfje fdjrieben." Settina er^äfjtt nämtid) unter Slnbern in ifjrem Briefe Dom 28. Wai 1810 bem 2Htmeifter §u SSeimar, ba% fie Seetljoüen'3 ^feufjerungen über Stunft u. f. m., bie er XagS oorljer auf einem (Spaziergange mit üjr Ijören ließ, nieberfdjrieb unb itjm ju tefen gab, morauf er fie üermunbert gefragt: „„Unb ba§> atteS fyätte idj gefagt? S)a muB icf) einen 9iaptu§ gehabt tjaben."" — SJcit biefen Sßorten Seettjjoben'S bürfte mofyt bie treffenbfte Ärttif über bie an fid) unftreitig gutgemeinten ©rgiefutngen Settina'3 auSgefprodjen unb jebe meitere Semerfung überftüfjig fein. Sftidjt fo in Sejug auf bie Briefe fetbft, bereu $orm, feineStuegS aber itjre ©jifteng beanftanbet mirb.**)121) Sei meinem giemlid) fangen 9(ufentt)att 1843 $u Sertin marb mir bie (Stjre ber Setanntfdjaft mit grau bon 5(rnim §u i£f)ei(. 8d) Derbanfe it)r mandje intereffante Sftittfjeituug über it)r fdjriftftetterifdje* ©treben, über (Srreid)te§ unb nidjt (SrreidjteS. lieber it)re einftige Stellung aber ju Seetfyoben mar id) nid)t fo glüdlid), aud) nur ein 3Sort au§ itjrem SJfrtnbe ya. bernetjmen, unb bennod) mar it)r meine ©djrift über ben *) iBon Selbftlob, baöon [ein 9J2unb bei Bettina überfdjäuntt, mar nie bie geringfte ©pur an SBeetboüen 5U entbecfen. **) 2)iefe biet 33riefe finb in ben Beilagen mit aufgeführt. 121) All diese Auslassungen Schindlers über Bettina, auch die Briefangelegenheit, sind längst von der Forschung über Bord geworfen. Man lese die neuesten Forschungen; ich habe bereits auf meine kriti- sche Monographie verwiesen ; die Briefe cf. B. S. Br. No. 220, 228 und 300 (I. und II. Band). A. d. H. — 222 — Wann, fofgtid) aud) ba§> fte perföntid) barin Söetreffenbe, befannt. Dirne ben 2Bunfd) offen auSgefprocfjen §u fjaben, (Sin= fitfjt in biefe Briefe mir gu gemäfjren, tiefe icrj e£ bod) nietjt an Slnbeutnngen fehlen, mie toidjtig e§ für mid) märe, bie Originale baüon §u rennen, allein bie gefd)ä|te $)ame blieb feft gefüllt in tiefe§ «Sdjmeigen unb ü6ert)örte atteS. Sßomerjmttd) war unb ift e§ ber Sßortlaut be§ britten SrtefeS „XepH|, Stuguft 1812," ber ftarfe Sebenfen in mir erregt t)at unb immer erregen mirb, fo lange nidjt ba§> gange <5d)riftftüd menigftenö in einem $acfimile üorliegt. ©er ©runb gu folgern Sebenfen finbet fid) in 23eetf)oüen'3 Steuerungen barin ü6er fein $ert)atten (an ©oetf)e'3 Seite) ber faifertidjen $amitie gegenüber. 2)a brängt fid) bie $rage auf: roenn 23eetf)oüen in btefem ungemörjntidjen Momente äunädjft bie 9\ütfftd)t ber Sßorjfanftänbigieit gegen feinen erhabenen ^Begleiter auf bem Spaziergange, ferner gegen bie gefammte Staiferfamitie in ber Oon 23ettina gemelbeten Sßeife außer 9Cct)t getaffen tjaben füllte, mie mar e£ mofjl möglid), fofdjeS fpecietl gegen ben gleichfalls anmefenben ©rgrjergog Ütubolprj, feinen Oon itjm felber allzeit fjodjüereljrten Sdjüter unb ©önner gu begeigen, ber irjm erft i>a§> 3at)r gutior, roie mir aläbalb ba§> 9^ät)ere fjören merben, fo fpredjenbe S3emeife Oon Stjeilnatjme gegeben, in beffen Umgebung ber SDtofter gu jener $e\t f° häufig gu meilen gemorjnt mar? §ätte 23eett)ooen fid) mirttid) fotdjen Mangels an Urbanität fdjulbig gemacht, fo märe ©oettje nidjt gang im Unredjt gemefen, bie (Srinnerung an it)n au§ feinem ©ebädjtniffe gu bermifdjen, aber aud) bie fatf. $amitie tjätte ©runb getjabt foldjer S)emonftration eines ftünftlerS fühlbare ©leicfjgültigfeit entgegengufefjen. 2£enn legiere in ber £t)at fortan beftanben, fo tagen Urfacfjen unb ©rünbe bod) nad) einer gang anbern Seite unb maren gang anberer ÜRatur, ai§> e§ ficrj au§ bem SSorttaute jene§ 53riefe3 bebuciren liefte. $rau oon Strnim roirb fonadj im Sntereffe unferS SKeifterS, aber aud) in 23egug ber 2Bat)rrjaftigfeit ifjrer felbft, nietjt länger fäumen, — 223 — ben SBrtef üom Sluguft 1812 in einem gacfimile 51t beröffent= liefen, um fernerhin jebe Deutung 5U erfttdfert.*) «Sollte biefe§ jeboef) unterbleiben, fo mirb man bemüf$iget ferjn, „ben fcfjranfen* tofen glug iljrer SinbilbungSlraft" aud) in ben brei $eet= fjoüen'fdjen Briefen an fie §u ernennen, moburd) beren Sßebeutung unb SSirtnng für alle ßeit üaratrjfirt fetm bürfte. Sie follen nidjt merjr al§ „felbftauSgeftellte ßeugniffe 31t feiner ©rjaralteriftif" gelten**) 2)a§ folgenbe Saljr 1811 mar ber ©ringer beS für 1811. Deftreid)§ SBölfer untjeilüoUen ginan^atentS, oermöge roeld)e§ ber 9?ominat=28ertf) be§ ©utbenS auf ein fünftel rjerabgefeljt morben. 2öie ferner unfer £onbid)ter baöon betroffen marb, erhellet au§> bem Umftanbe, bafj nidjt minber alle contractticfjen (Stipulationen, in fofern fie ^apiergetb 511m ©egenftanb gehabt, auf ein fünftel ber tautenben Summe t)erabgefe|t roaren. ©emnacfj mar *) Sßäbrenb biefer Sfjeil unter ber treffe gelegen, fjat bie gefcr/äfcte Sdjriftfieümn ba§ geitlicbe gefegnet. ^öffentlich nnrb burd) bie (Srben iljre§ Itterarifc^en 9?ad)laffe3 in unferer ©ache ein genügenber Sluffctjlufj übet bie ÜJlitt^etlung be§ betreffenben Briefes im gacfimile erfolgen.122) **) S« jüngfier $eit »iE Setnanb §u £er>li£ ein ©onett gelefen Ijaben, ba§ 58eett)ODen jur S3ermäf)lung§feier 33ettina'§ t>on Slrniin gebtdEjtet baben foK. 2)ie§ TOäbrcben finbet fid) in ben „Unterhaltungen am rjäuSlidjen §eerb", 9?o. 7, 93b. 4 — 1858. — 33eefbooen, ber große SReifier in ber 9tl)t)tljmif war in ben ©efejjen ber SKetrii ganj uneifafyrcn unb r>at in feinem Sieben feinen orbentlicfjen &er§ gu ©tanb gebracht. (Sjifiirt ein berlei ©onett bon feiner Jpanb nnrflidj, fo ift e§ nur eine Kopie. (£igen= fiänbige Sopien oon üerfctjiebenen ©ebiebten befannter unb unbefannter ^oeten finb nod) ici mir aufbeiuabrt. SSie lange übrigens feine Neigung für 53ettina gebauert, läfjt fid) an§ bem biefent Steile beigegebenen gacfimile Sfto. 2 erfehen. ©d)on ift früher barauf Söejug genommen, unb fomit bie aüfäüige g-rage um bie ®auer ber Neigung für Bettina beantwortet.123) 122) Einer dieser Briefe (der zweite) ist inzwischen im Faksimile veröffentlicht worden; siehe u. a. A. B. Marx' Beethovenbiographie, IV. Aufl., von Prof. Behncke. A. d. H. 123) Auch über Beethoven als Sonettdichter hat sich der Heraus- geber in seiner genannten kritischen Monographie zur Genüge ge- äußert (a. a. 0. S. 85 ff.) A. d. H. — 224 — audj Beett)oüen'>§3at)re3rente oon 4000 (Bulben in ©ancojettefa ber SRebuction oerfatten. (Sie fteftte fid) auf 800 (Bulben Rapier gelb. Sn biefer alle öconomifdjen $erf)ä(tniffe tief erfdjütternben ©atamität ^atte fid) ber (Sr^eräog 9vubotpt) Deeilt, feinem burd) biefen (Schlag gleichfalls niebergebeugten ßefyrer eine Urfrtnbe gu übermitteln, beren S&orttaut pfotge iljm bie feiner <3eit§ ftiputirte (Summe üon 1500 ©ulben in Sanco^etteln üolt in ßintöfungSfdjeinen §ugefid)crt mürbe. (Sin toaljrfjaft faifertid)e§ ©efdjent, ba% nidjt oerfetjten fonnte, ben (Sdjmingen be§ ®eniu3 neue ®raft §u geben, um fid) über bie irbifdjen (Sorgen einft= meilen ju ergeben. (9^actj menig Sauren fdjon mürbe biefe SSeftimmung in eine tebengtänglidje 9lente öon 600 ©utben in (Silber — Oon jeber 93ebingung entbunben — abgeänbert.) Stuf 23eett)ot>en'<§ (Srfuctien miüigte auclj $ürft Sobtomi^ ein, bafj fein 9tntljeit oon 700 ($mlben gleichfalls in @tnlöfmtg§= fcfjeinen auäbeja^tt merben fotte. 9cur in Setreff be§ ?(ntljeits Oon 1800 Bulben ©eiten§ be3 gürften 5tin§fo blieb bie (Sadjc einftmeiten in ber (Sdjmebe. 124) §at ba% $inan§=^atent bem Sfaidje an irbifdjem @ute fo üiete§ entzogen, fo f)at S3eett)oüen feiner ot)eit, bem @r^= rjer^og 9tubo(öt)." @3 mödjte au§ biefer, gegen (Sitte unb Braud) ftattgefunbenen Äunbgebung auf ben inneren £)rang be§ SEonmeifterS §u öffentlicher 2)antfagung an feinen burd)* laucfjtigften ©öntter roorjt mit @runb gu fd)tie^en ferjn. Bei ?(nbtid ber ©ebicationen, metdje biefer erften nachgefolgt finb, mtll e£ fcfjeinen, bafj unfer SD?eifter öon nun an eine 9?eit)e öon Safjren rjinburd) faft au§fd)lief$lid) für feinen ©rgtjergog com= öonirt fyabe, mie biefer mieberum fid) beftrebt rjatte, burd) an* bauernbeS ©tubium ber SEonroiffenfdjaften, aber aud) burd) öffentliches £>eröortreten ai$ ßomöonift 126) ad)tungat)vfid) ein erfjebeubeS ©efüljf f)in5itfügen gu bürfen, hak bie gegenfeittge Stimmung 5tuifd)en Setjrer unb ©crjüler fortan biefelbe geblieben. SBon ©eite be§ (enteren t)atte fie trjatfäct)tid) niemals eine 9lenberung erlitten. £)e§ £erjrer§ SSerftimmungen unb übele Saunen aber fjaben in fpäteren Satiren felbft ben faifertidjen 8ö9^n9 uno oornetjmften feiner ©önner nid)t üer[d)ont, raaS am geeigneten Orte gezeigt merben mirb. 2öie e§ um bie offen tlidje SBürbigung be§ Es dur (£oncert§ bei beffen erfter Sluffiitjrung auSgefefjen, barüber geben menige SSorte beS Referenten für bie Mg. SJhtf. $tg. f)inreid)enbe ?lu3= fünft. @r fagt nid)t metjr, nid)t weniger, afe: „©ie übermäßige Sänge ber Sompofition üerminberte ben £otal=@ffect, ben biefe§ rjerrtid)e ©eifteSprobuct fonft gan^ gemiß rjert>orgebrad)t fjätte." — Sßer finbet roorjl biefeS (Soncert rjeutjutage nod) 5U lang, ober gar übermäßig lang? 2Bieberum geigt biefe fritifdje 53e= merfung, baf3 in ber £)auptfad)e bei ben 23eett)ooen'fd)en £on= bid)tungen in jener, roie in fpäterer ß^it nod), e§ ifjre $orm gemefen, baran gumeift Slnftoß genommen tuorben. ginben ftd) ja bod) in unfern Sagen nocl) gelehrte Seute, bie ftd) mit 9tb= gäljlung ber Sacte einzelner ©ä$e, überhaupt mit 9(u3meffung be<§ ^-läd)enint)alt§ 23eett)oüen'fd)er 353erfe unb SSergteiclutng mit ber SJttnberaatjl SäJcoäart'fdjei ftubdfuße, p beschäftigen SWiifee |aben. SBeil ber (Spocfje außer £>at)bn unb 9}(ogart fein anberer im $ormroefen abmeidjenber (Slaffifer befannt mar, fo erflärt fiel) ba§ fortgefefcte Sträuben gegen 33eetf)ooen'fd)e formen teid)t. 93efanntfd)aft mit ©eb. Q3act)'fd)er Wu\\t t)ätte ba3 Vertraut* merben mit ben (Sigenfjeiten 53eett)ooen'fd)er im allgemeinen früher oermittelt. äftan t)ätte erfahren, baß eS außer ben §at)bn = sDiOäart'fd)eu formen nod) anbere geben fönne unb mirflid) gebe. lieber biefe3 Opus summum in ber (£laüicrmufif ift ferner nod) annullierten, baß e3 mäfjrenb ber Sebensbauer feinet ©d)öpferS nur ein eingigeä SOZat nod) jur 51uefüt)rung gekommen, unb — 227 — groar mieberum burd) (Sart (Sgernt) bei (Megenfjeit eine§ $)ßriüat= Qioncertg be§ tüd)tigen £)orniften .Iprabetjn)127) am 12. 3fprtt 1818. üebertjaupt mufe bemerft werben, bafe ftdj bie SStrtuofen jener ©pod)e ben Seetljoüen'fdjen ßoncerten mit unterbotener ©djeu genähert, gumat aud) ba3 publicum feine ober nur gu geringe ©Ompatljjie bafür 311 ernennen gegeben Jjatte. Da3 C moll- (Soncert unb bie $antafie mit ©fjor aufgenommen, bie im Verlauf oon fünf^elm Sauren oiel(eid)t je 2 Wlai gehört mürben, ift ba3 $iolin*6oncert, Op. 61, mie üorau§ gemetbet, im 3at)re 1806 gum erften 9DM öon ^ranj (Element — ofyne allen 33eifatt — oorgetragen morben. ©in gtoeiter Sßerfud) im fotgenben 3at>r fiatte einen günftigeren ©rfolg, atiein toeit entfernt, um baZ SBorurtbjeit gegen ba$ 3Serf §er[treuen §u tonnen. (Sin am 3. Wäic^ 1816 bei ©efegentjeit eine§ „©efeHfdjaft3=(Soncert8" im großen Steboutenfaat Oon einem Dilettanten gemagter britter SSerfuct) — blo3 mit bem erften ©a§ — fdjeiterte gänjlid), mobnrct) ber ©taube an 9Iu§füt)rbarfett ftd) uollenb^ feftgefteüt tjatte. (£<§ barf fonad) roorjt behauptet merben, bajs biefe§ tn= fyaltreidje 3Serf feit 1807 bt<§ auf unfere ßeit tierfcfjolten ge= mefen. $n ätjntidjer Söeife erging e§ bem $ianoforte=ßoncert in G- dar. @§ blieb an groangig Satire nact) ber erften ?tuf= füf)rung liegen, ba§> S£ripet=@oncert aber nod) länger. Der ^auptgrunb biefer s#uf5erad)t(affung ift nirgenbä anberö gu fudjen, afö in ber üeränberten SKidjtung be§ ßtaoierfpielä burd) §ummel, 9J?ofcf)e(e§, ©art (S^ernö unb Rubere. Die 9ud)tung ftanb ben SBeetfjoüen'jdjen £onbid)tungen fomotjl in §inftd)t auf $orm mie Snfyalt oöüig entgegen. Sfyt Ijeroorftedjenber ßfyarafter, au§ge^eicb,net burd) (Slegang unb Sraoour in fdjöner, abgeglätteter gorm, oermodjte bie Sßeettjooen'fcfje ßoncert= mie (SlamersäRufif im allgemeinen unb 93efonbern, megen it)re§ überroiegenb geiftigen 127) Der Waldhornist Friedrich Hradetzky ist im Januar 1776 zu Swetleu in Böhmen geboren. Er kam frühzeitig nach Wien, wurde später k. k. Hof- und Kammermusikus. Im Jahre 1820 wurde er pensioniert. A. d. H. 15* — 228 — SBefenS, in ben Goncerten meift finfonifclt)er $orm,128) ofyne be* fonbere 9J?üt)e au§> ber Deffentticfjteit gu uerbrängen. Snbeffen i)at bie jüngfte 3eit °*efe§ SSergeljeit einer früheren baburd) gefügt, bah e£ bie bem 23ibttotf)etenftaube überlieferten Söerfe be§ S£onbid)ter3 ttrieber in Ujr fRecrjt eingefetjt unb, ttrie e§ bem ©eifte gegenüber ber £ed)nif gebüfjrt, irjnen ben ^ong nor alten anbern angemiefen tjat. 3u ben rjerüorragenbften (Suriofitäten in ber ^riti! 23ee> fjoüen'fcfjer Söerfe am f)of)en @erid)t§t)ofe ^n Seidig, ber be* ftänbigen 2Setterfar)ne ber 9Inti=23eett)oüenianer, barf bie 33e= urtfjettung über bie erfcfjienene ©onate (Les Adieux etc.) gegärt merben. 3t)v Söorttaut mag mieberum ad oculos bemonftriren, roie leichtfertig man bamat§ mit SSerfen umgegangen, bie nnfere $eit nic£)t mübe mirb §u betuunbern. SMefe fritifdje Suriofität lautet fotgenbermafjen: „(Sin (MegenljeitSftüd, (sie!) aber mie e§ ein geiftreidjer äfleifter macfjt! S)er 21bfd)ieb fängt mit einem 2tbagio an, beffen einfacher ^muptgebante gteidjfam lebe mot)t au3fprid)t, get)t aber batb in ein t)eftigere§ unb au3gefüt)rteä Megro über, ba3 ben ©cfjtnerä ber Trennung 6ejeic£)nen foll; ein einbaute espressivo, üon einiger ©crjroere im ^auptgange, aber unruhiger SöeroegltcrjEeit in 9?eben=$iguren, beutet auf @m= pfinbungen roätjrenb ber Slbmefentjeit (e§ fetjeint auf lange £)auer angelegt, mirb aber balb unb unüermutfyet geftört — ma§ eben= falls redjt artig fiel) beuten läfct;) [!?] unb ein überrafetjenbes, fetjr lebenbigeä unb freubenuotteä Megro, ba$ ^iemtid) breit ausgeführt mirb, be^eietjuet ba§> Söieberfefyen." 2)aa3 Safjr 1813 — 232 — ergibt fid) fonacr), trie faum eines? ber früheren, al3 ein (eiben= öolleg. 3ufo(ge ber bem SSerfaffer geworbenen sD?ittf)eüungen öon 9lnbreas> ©treidjer unb beffen ©ematjtin, bie beibe al§ befonberö trjeilnerjmenbe $reunbe jur 3^it unferm Sfteifter nafye geftanben, befanb fid) nid)t minber fein ©emüttj^uftanb in einer Sßerfaffung, roie feit bem ^rüfungsjarjr 1803 nid)t bemerkt morben. @§ foüte barjer auf äratlidjen 9ktrj im Sommer biefeS 3arjre§ eine $ur in bem natjen ©oben nerfudjt roerben, unb fcrjeint e§ au3 bem Snrjatte bes> t)ier folgenben 23riefe§ oon feinem f'aiferücfjen 3ööüng, (Sr^er^og SRubolpt), tjeroor gu gerjen, ba^ bie§ 33eett)ot>en3 altererfte Äur an biefem Sabeorte gemefen. S)er ©rg^erjog fdjreibt:*) „Sieber 23eett)ooen! Wxt üietem Vergnügen fyabe id) au3 Syrern Briefe Dom 27. be3 oor. 3J?onv ben id) erft üorgeftern 9tbenb§ erfjielt, 3t)re 3lnfunft in meinem lieben 33aben erfahren unb rjoffe ©ie, menn e§ Sfyre 3eü ertaubt, morgen 23ormittag3 bei mir gu fetjen, ba ber Shtfenttjalt Don einigen klagen, ben id) tjier gemacht, fdjon fo oortljeUtjaft auf meine ©efunbtjeit geroirft, bafj icf) ofyne üftad)tt)eU für biefetbe ju befürchten, SDhtftf tjören unb mieber felbft ausführen fann. 2ftod)te 3t)v 2Iufentf)a(t in biefer gefunben unb fcfjönen ©egenb gteidje Sßirfung auf Sfjren ßuftanb rjerborbringen, fo märe mein 3^^ °™ idj burdj Sorge für Sfyre Sßotmung beabfid)tigt, gän^lid) erfüllt. Saben, ben 7. Suni 1813. S^r $reunb 3)iefe 3e^en oeg ©t^tjer^ogö geroäljren einen ftaren 33(id in ba§ freunbfd)afttid)e 95er^ä(tniJ3 gmifdien ©d)ü(er unb SeJjrer. 3)er t'aifertidje ^rinj t)atte fid) in liebebofler £ljeUnaIjme für *) ®a§ Original btefeä 3Brtefe§ Befanb fid) in her 2(uiograpf)en-8amm= lung üon Sranj öiäffer in SBien. — 233 — ben leibenben fieljrer fogar mit 2(uffud)en einer ^affenben SBolmung in feinem „lieben 23aben" befaßt. ®iefe3 35ertjä(tniB erinnert ^u fefjr an Seopotb ©d)efer3 üftoüefle „Sfteifter unb ©dualer", at§ bafj id) e§ mir öerfagen fönnte, eine ber treffenb* ften Stellen barauS t)ier beizufügen SMefe lautet: „Man tritt al§ Sunftjünger mit feinem SCReifter in ein im* 6efd)rei&tid)e3 33erf)ä(rnift. (Sr fütjrt un§ in ein grofee§ emigeS 9?eid) ein, ba§> in ber SBelt boct) ü6er alle SBelt ftetjt (Sr madjt uns> betannt mit Männern, bie längft batjin finb unb bocrj nor un§ manbetn unb teudjten in ben SBerfen, unb malten unb rjerrfdjen. (Sr fcfjenft un§ ben ©eift ber ft'unft burd) feinen ©eift unb fein 3Siffen unb können. SBir fdjauen in feine un3 offene Seele unb burd) unfern Setjrer roirb uns» erft bie ©röfje, bie Sdjönljeit, bie £)otbfetigf:eit ber ganzen SSelt öerftänbtidj, unb burd) iljn aufgefcfjloffen unb burd) bie Vernunft uns nadj= unb üorgefdjaffen , wirb fie zulegt felbft unfer (Sigentljum. Dber magrer un3 au§zubrüden: mir gefangen burd) it)n erft ZU unferö eigenen ©eljaltes? 23efii3 unb tjeben burd) itjn bie Sdjätje unferö @eifte§ unb §er§en§. (Sine $er6inbung gmifc^en sJReifter unb jünger bauert zeitlebens, unb nur ein Sftdjtä* mürbiger legt bie (Stjrfurdjt öor feinem Sfteifter ab, unb menn er itjn ge^nmal Ü6er6öte. (Sin 2>anf6arer 6et)ätt bie freute an feinen SBerfen, feinem Sßirten unb SSorjlergetjen in aller 2Irt, mie e§ einem SJJenfdjen, einem Hünftler nur roofjlergefjen fann." — 2>a3 Ijat ber faiferlidje ^ßrinz bi§ an fein Seben§= enbe Oetljätigt. ßufolge 9)cittt)eitungen tion grau (Streicher, bie im Saufe be§ ©ommer<§ Don 1813 gleichfalls in Sßaben roeitte, befanb fidj unfer SEonbidjter aud) in .£rinficfjt auf föörüerbebürfniffe aller 31rt in bermaf)rlofetem ßuftanbe. (SS fehlte an guter Äleibung, metrc nod) an SBäfdje.130) 3Sem bie erbeifd)affung be* 23enött)igten beforgt. 9lad) beenbigtem 5Iufentt)atte %u SSaoen bejog nnfer neubelebter Weifter mieber bie für ifyn offen getaffene SBofjnung im £>aufe feine§ $reunbe§ 93aron $ßa3quatati auf ber 5D?ö(fer=S3aftet, in meldjer itjrn ber 23erfaffer biefer ©djrift gu ©nbe fflläxfr 1814 gum elften 9D?at gegenüber 51t fteljen bie (£ljre get)a6t. (§§ ttmrb ferner ein ©ebieuter angenommen, ber ein ©djneiber mar unb im SSorjimmer be§ (Somponiften fein ^anbmert ausgeübt f)at. ©erfelbe, im Vereine mit feiner $rau, bie jebod) nidjt im §auf£ morjnte, pflegte ben 9J?eifter mit rüljrenber ©orgfalt 6i§ in ba§> Saljr 1816, — unb biefe geregelte SebenSmeife befam unferm 5l'eunoe fe^r tttot)!. §ätte fie nur menige 3al)re nod) fortbauern tonnen. Sin biefe (Situation fnüpfen fid) Sfterftnate oon Siebe unb ^ereljrung «Seitens be§ dürften Sidjnom^ft), bie mot)t einer näheren Srraäijnung merti) finb. ©er $ürft mar e3 gemobnt, feinen Siebting redjt oft in feiner SBerfftätte 51t befudjen. dlad) beiberfeitiger Uebereinfunft foflte oon feiner 2lnroefenljeit feine üftotij genommen merben, bamit ber SÄeifter nidjt geftört roerbe. ©er $ürft pflegte nad) einem SJtorgengmfe irgenb ein 9Jhtfii= *) Unterm 15. Wai 1813 finbet fid) t>on be§ SKeifierS £anb in feinem Sagebud) folgenbe Stefle üerjeidjnet: „Kine grofje ^anblurig, meldie fetjrt tann, 31t unterlaffen unb fo 51t bleiben — 0 »ueldjer llnterfcfjieb gegen ein unbeflifferteS Seben, meld)e£ fid) in mir fo oft abbilbete — 0 fctjredlidje llmftänbc, bie mein ©efüt)l für §äu§lid)feit nid)t uuterbvüden, aber beren 5lu§übmtg, — 0 ©Ott, ©ott, fief) auf ben unglüdlid)en 33. berab, lafj eg nidjt länger fo bauevn." — 2)iefe 2ln§rufe gelten als Kommentare für bie Situation.131) 131) Nach dem Tagebuche im Fischhoffschen Manuskript Folio 29 a. Siehe auch Nohl, die Beethovenfeier und die Kunst der Gegenwart (Wien 1871), S. 53. A. d. H. — 235 — merf burctjgubfättern, bm arbeitenben Sfteifter eine SBeile gu beobachten unb bann roieber mit einem freunbtidjen „5tbieu" bie Stube gu Oerlaffen. SDemtodj füfjtte fid) 23eetl)ot>en burd) biegen 23efud) geftört unb öerfd)(oJ3 gumeilen bie Sttjür. Un= oerbroffen flieg ber ^ürft roieber 3 ©todroerfe tjinab. 9tl<3 aber ber fcfjneibernbe S3ebiente im Sßorgimmer faJ3, gefeilte fid) bie fürftlictje £)urd)tauct)t gu i§m unb fyarrte fo lange, 6tS fid) bie Sttjür öffnete unb fie ben dürften ber Stonfunft freunblid)ft begrüben tonnte. S)a§ SBebürfnife mar fomit geftitlt. @<§ ift bie£ morjt ein fct)öne§ «Seitenftüd 51t bem, roa<§ mir eben erft öon ben ©efinnungen be<§ ©rgtjergogä SRubotpr) oernommen {jaben. @3 mar jebocfj bem atterueref)rten ^unft^äcen be= fdjieben, nidjt lange merjr feinet £iebling§ unb beffen ©djöpfungen fiel) freuen gu fonnen, benn fcfjcm am 15. ?tprit be3 folgenben SatjreS tjat er ba§ 3e^<^e gefegnet! ®a§ Satjr 1813 roeifj oon neu erfdjienenen SSerfen nur ein einziges gu nennen: S)ie erfte $?effe in C dur, Op. 86. £>ie (Sntftetjung biefe§ ÄirdjenroerfeS getjt jeboct) bi§ in'3 Satjr 1807 gurüd, mie bort bereits? angegeigt mürbe. @§ marb für ben dürften ©fterrjagt) gefdjrieben unb im Saufe beS ©ommer» 1808 gu (Sifenftabt unter Seitung be§ (Eomponiften aufgeführt. $Iu§ Sof. §atjbn'3 £eben3gefd)icrjte ift Die Vorliebe biefe in bert ©emädjem be£ dürften 51t öerfammetn pflegten, um mit üjm ü6er bie auf- geführten SSerfe §u conberfiren. S3eim (Eintritte Söeetrjoben'S menbete fidj ber $ürft mit ber $rage an iljn: „9Iber, Heber QSeetfjoben, tt>a3 rjaben ©ie benn ba mieber gemacht?" £)er (Sinbrucf biefer fonberbaren $rage, ber tnarjrfcrjeinlid) nocfj mehrere fntifdje 9lnmerfungen nachgefolgt finb, mar auf unfern Stonbicrjter ein um fo empftnblid)erer, at3 biefer ben gur (Seite bei dürften fterjenben ßapettmeifter ladjen farj. 'Sieä auf ficfj begierjenb, üermodjte itidjtS merjr irjn an einem Orte §u Ratten, mo man feine Seiftung fo üerfannt unb er überbie3 uocfj eine ©cfjabenfreube an feinem ^unftbruber roafjrnerjmen gu muffen geglaubt. üftocfj am fetben Jag uertiefj er (Sifenftabt. 35on bort batirt bo.3 3erfa^en m^ §umme(, mit bem jebod) ein üertrauüd)e§ 3Sertjältni% nid)t beftanben fjat. Seiber mar e§ niemals gu einer (Srflärung §mifd)en Seiben gekommen, mobei e§ ftcf) öielteidjt rjerauggeftellt tjätte, bafj ba3 fatale Sadjen nicfjt Seetfjoüen gegolten, öietmerjr ber fonberbaren ?(rt, mie §ürft anau inüalib gemorbenen öftreicf)tfc£)en unb batierfdjen Krieger üeranftaltet roorben mar. Heber biefe Gegebenheit liegt bie gang oon $eetljoüen'3 £>anb gefctjriebene Stanffagung^Urlunbe an bie babei mitgeroirft tjabenben ^ünftter üor, meiere gum 23ef)ufe ber $eröffentticf)ung abgefaßt mar. Stirer SJfttttjeitung mögen jebocf) einige Stellen au§ bem Gericht über biefe geier üorangefjen, ber fiel) in ber Mg. 9ttuf. 3tg. XVI, 9b. 4, üorfinbet, meit er a(§ ber AuSbrucf ber öffentlichen Meinung in ber Slaiferftabt betrachtet reterben barf. @3 £>ei^t barin: „ßängft im 8n= unb Auätanbe aU einer ber größten 3nftrumentat=(£omüoniften geehrt, feierte bei biefen Aufführungen §err oan Geettjoüen feinen Sriumüf). ©in gat)t= retcJ)e§ Drcf)efter, burctjau§ mit ben erften unb öorjügticljften — 238 — fyiefigen £onfünfttern befei^t, fjatte firf) roirftid) au§> patriotifcrjem (Sifer unb innigem £)anfgefürjt für ben gesegneten (Srfofg ber allgemeinen Wnftrengungen SteutfdjfcmbS in bem gegenwärtigen Kriege gur SUfttnrirfung ofyne ©ntfd)äbigung öereinigt unb gemäfyrte, unter ber Leitung be3 ßomponiften, burd) fein präcifeS ßufammenfpiet ein allgemeines Vergnügen, baS firf) bis §um (SnttjufiaSmuS fteigerte. $or aüem üerbiente bie neue ©infonie jenen großen SBeifall unb aufeerorbentlid) gute Hufnafjme, bie fte erhielt. 9#an mu§ bieS neuefte 2£erf beS ©enie'S Söeetbooen'S fetbft, unb roofjl and) fo gut ausgeführt rjören, tote eS Ejier ausgeführt mürbe, um gan§ feine ©djönrjeiten mürbigen unb recrjt üoüftänbig genießen $u tonnen .... j£5aS Stnbante*) mufete jebeSmat miebert)ott merben, unb ent^üdte Henner unb Sfticrjtrenner. — 2SaS fobann bie ©djladjt betrifft: mit! man nun einmal fte burd) Xöne ber SJcufif: auSpbrürfen oerfudjen, fo roirb man menigftenS eS eben auf bie §(rt machen muffen, röie eS f)ier gefd)eljen. (Einmal in bie Sbee eingegangen, erftaunt man freubig über ben ^eidjtfjum, unb norf) metjr über bie geniaüfdje $8ermenbung ber Äunftnüttel ju jenem ßmecf. £>er Effect, ja fetbft bie red)t eigenttidje Siäufdjung ift gan^ aufter* orbentlid); unb e§ täfjt firf) roobi otjne alteS 23ebenfen behaupten, eS ejiftire gar nid)tS im ©ebiete ber malenben Xonfunft, baS biefem Sßerfe gteid) fäme." ©in Sßert mie bie ©rf)(ad)t= «Sinfonie mufete rommen, um bie nod) immer auSeinanbergetjenben Urteile 5U oereinigen unb fomit ben ©egnern jeber 21rt plöttfid) ben 9)?unb §u ftopfen. 2)aS ift gelungen; ob aber für immer, foK fid) in ber britten ^eriobe geigen.133) *) \Huf bie urfprüngtidje Benennung be§ §tuetten <5a£e§ biefer Sinfonie mit Slnbante ift befonber3 aufmerffam 51t madien ©rfl in ben gebrucflen Stimmen erfcfoien beffen 23ertaufd)ung mit „91üegvetto," ba§ aüet Drten SDHfjüerftänbniffe jum 9iact}t^eil bee (£t)araftertfttfc^en erzeugt fiat. Qn fpäieren Sa&ien empfahl banun bet Weiftet mieDer bie erftere Benennung. 133) Wie Karl Zelter seine Umwandlung von einein Verächter Beethovens zu einem Bewunderer des Meisters gerade an der Schlacht- — 239 — ®er SBortfaut beö ermähnten £>anffc£)rei6en3 ift folgcnber: „Sri) Ijatte e§ für meine Sßflidjt, allen ben oerefjrten mit* mirrenbcn ©liebem ber am 8. u. 12. See. gegebenen 2tfabemie, gum Sßeften ber in ber ©djfadjt bei §anan inüalib geworbenen fatf. öftr. unb fgt. baner'fcfyen Sieger, für il)ren, bei einem fo erhabenen ßroed bargetegten (Sifer gu banfen. „®§ mar ein feltener herein üorgüglidjer STonfünftter, morin ein jeber einzig burd) ben ©ebanfen begeiftert, mit feiner ®unft anet) etmaä gum 9cutsen be§ SBaterlanbeS beitragen %u fönnen, ofjne alle 9iangorbnung aitc£) auf untergeorbneten ^ßlätjen, gur oortrefflidjen 9lusfüljrung be3 ©angen mitrairfte. „Sßenn £>err ©ctjuppangigt) an ber ©pitje ber erften ^Biotine, nnb bnrd) feinen feurigen, au§brud£üolIen Vortrag ba$ Drc^efter mit fiel) fortriß fo fdjeuete fiel) ein §r. Dber=(Sapetl* meifter. ©atieri nid)t, ben ^act ben trommeln unb (Eanonaben gu geben; §r. ©pofyr unb £>r. Sftatyfeber, jeber burd) feine Su-nft ber oberften Leitung mürbig, mirften an ber gmeiten unb britten ©teile mit, unb £r. ©iboni unb Giuliani ftanben gleichfalls an untergeorbneten ^(ätjen. „Wix fiel nur betrum bie Seitung be§ ©angen gu, roeil bie Sftuftf öon meiner ßompofiiion mar; märe fie üon einem anbern gemefen, fo mürbe id) mict) eben fo gern, mie §r. §ummel, an bie grofee frommet geftellt tjaben, ba un§ 5llle nichts als ba$ reine ©efütjt ber SSaterlanbs liebe unb be§ freubigen Opfert unfrer Gräfte für biejenigen, bie un§ fo triet geopfert tjaben, erfüllte. „3)en öorgüglicfjften ®anf Oerbient inbeffen §r. Waigel, in fofern er als Unternehmer bie erfte Sbee biefer 5llabemie fafete, unb il)m nadjtjer burd) bie nötige Einleitung, 33eforgung unb 5lnorbnung ber müt)famfte £l)eil be§ (Sangen gufiel. Sd) mufe it)m nod) inSbefonbere banlen, meit er mir burd) biefe öer= Symphonie an sich vollzog, ist aus dem Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter von mir illustriert worden; siehe des Herausgebers „Beet- hoven und Berlin", S. 211 ff. A. d. H. — 240 — anftattete 9lfabemie (Gelegenheit gab, burd) bie ßomjmfition, einzig für biefen gemeinnützigen Qmed berfertigt unb itjm unentgettlid) übergeben, ben fdjon lange gehegten feljnlidjen SSunfcfj erfüllt 5U fetjen, unter ben gegenwärtigen ßeitumftänben aud) eine größere Arbeit öon mir auf ben Httar be3 23aterfanbes> nieberlegen §u tonnen. Submig bau SSeetrjoben."134) 1814. (Somit mären mir bei bem Saljre 1814 angelangt, mit meldjem bie §meite ^ßeriobe fcrjlieften foll. (S§ geftattet fid) btefes in ber £eben§gefct)id)te 23eetf)oben'3 unftreitig ai§> ba§ glan3= oottfte, benn mir fetjen ben £onbid)ter fid) auf bie tjödjfte Spitze feinet ^Rutjmeg ergeben; nebftbei ift e§ aber aud) in materieller |)infid)t ba§ tucratiüfte. £mben mir im 33orau§= gegangenen oernommen, bafj e£ 3mifd)enräume üon mehreren Sauren gegeben, mo er nidjt baju fommen tonnte, bie 3Rufif= freunbe mieber einmal gu einer ®unftfeier eingaben, fo merben mir ifyn im Verlaufe biefeä $af)re<3 nidjt meniger benn bicr SM ba§> publicum in großer 9ftaffe um fid) berfammeln fefjen. herbeigeführt mürbe bie§ burd) ben aufeerorbentlidjen Beifall, ben bie A dur (Sinfonie unb bie Sdjfad)t bei SSittoria ertjatten, ferner burd) SBiebereinfürjrung ber Dper $ibelio in üeränberter ©eftatt, aber aud) burd) midjtige ^eiteretgniffe. Sd)on im Saufe be§ Sanitär^ erfolgte bie 2öieberf)otung ber A dur (Sinfonie unb ber geeignete beigaben famen nod) $ur Aufführung: ber feiertidfc)e 9JJarfd) mit ©Ijor unb bie fidj anfcfjliefcenbe 53a^5Irie be§ Ober- üriefter£: „Wlit reger $reube," au§ bem geftfpiete: 2)ie Ruinen üon Atrjen. Am 27. gebruar, roieber in benfelben Räumen, erfct)ten ber 9J?eifter abermale mit jenen 6eiben großen SSerten, a6er aud) nod) mit ber acf)ten Sinfonie in F dur — biefe gnm erften 9)?al. 2)ie Drbnnng be3 $J3rogramme3 mar: a) Sinfonie in A dur; b) 9?eue3 Sterlett für Sopran, Xenor unb S3a^ „Empi, tremate," üorgetragen üon $rau SOHtber=§auptmann nnb ben 9J?eifterfängern Siboni unb Sßeinmülter; c) bie neue Sinfonie in F dur; d) 2)ie ©crjfacrjt bei SSittoria. — ®iefeö Programm ^eigt mieberum, mie Diel unb mie üielerlei ber SJceifter bem Aubitorium §u bieten geroorjnt mar. 3öer fid) eine Gerfammlung üon 5000 3ut)örern mit er= tjobener (Stimmung in $otge furg üorljergegangener metter= fd)ütternber ©reigniffe auf ben Sd)tac£)tfetbern Seipjig'ö unb §anau'3, aber aud) im ®efüf)le be§ rjorjen 2Sertt)e3 ber gebotenen töunftgenüffe, ^u benlen üermag, mirb fid) ungefähr eine $or= fteUung oon ber 33egeifterung biefer großen Sd)aar üon ®unft= freunben madjen fünnen. £>ie 3;ubel=Au§brüd)e märjrenb ber A dur Sinfonie unb ber Sd)tad)t bei Sßittoria, in meld)' letzterer ade ^T^eite in $olge roiebertjolter Aufführungen fdjon präcife in einanber griffen, überftiegen alle§, ma§ man bi3 bat)in im ßoncert- Saale erlebt tjaben mollte. Seuor in 2tuf§afjtung ber benfroürbigen Gegebenheiten biefe§ rutjmreidjeu 3at)re3 meiter gefd)ritten mirb, foll bie @ntftel)ung§= gefd)id)te be§ tjumortftifct)en Altegretto in ber ad) ten Sin- fonie ^latj finben, bie in ber 23eerfjoüen'fd)en Literatur ein particulareS Sntereffe bietet. ül SdjiitMerS 'öect^oueu-33iogva^f)tc. jg — 242 — Sn ber grfi^ttngSjctt be3 SaljreS 1812 fajjen S3eetf)0Den, ber 9Kedjamfer üM^el, ®raf öon SrunSroicf, Stephan Don 23reuning unb Slnbere bei einem 5(b[c£)ieb§mat)te jufammen, erfterer, um atgbalb bie 9Reife gu feinem 53ruber Sodann nad) Sing anzutreten, bort feine adjte ©infonie auszuarbeiten unb. fpäter bie börjmifcfjen 33äber gu befudjen — SM^el aber, um eine Steife nad) (Suglanb gu mad)en unb bafetbft feinen berühmten Trompeter = Automaten gu probuciren. Setjteres SHeifeproject muffte inbefe aufgegeben unb auf unbeftimmte $eit üerfcfjoben roerben. £)ie öon biefem 9fted)anifer erfunbene £act*9J?afd)ine — Metronom — mar gut $eit bereits fo meit gebieten, bafj ©alieri, 25eetf)ooen, 3Beig( unb anbere mufifafifdje 9?otabüitäten eine öffentlidje (Srftärung über bereu ^ütjtidifeit abgegeben fjatten .*) 93eett)ov>en, im oertraulid)en Greife gemörjntid) Reiter, nritjig, fatt)rifd), „aufgeknöpft," mie er e§ nannte, rjat bei biefem 2Ibfd)ieb!§marjle nadjfterjenben ßanon improüifirt, ber fofort non ben SJjeilnetmtern abgefungen morben: M. M. 72 = £ ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta ta, &S -m^L ~m •■! r» — — -b— I— • — • — • — • — • — • — • — •— I tie = ber, (ie * ber 9J?ät = 5e(, ta ta ta ta ta ta ta ta ta, (e = ben 6ie motjt, feljr toofjf, ta ta ta ta ta ta ta ta *) 2lud) bie 2lflg. Wv\. 3tg- errccü)nt biefer (£rflänntg, fo aucf) ber öon ^öljct beabftd)tigten Keife nad) Sonbon. XV, 785. 243 — jr-^r £ * s=£ £ -*==&- -m — s p f ; "BS— BS— t*- 14 1 ta, 23cm=ner ber geit, 23ctn=ner ber 3eit, ta ta ta ta ta SS — *— ^=?==ir-VH1- J-äH— W: « Li j, |jh— -fe M" t ta ta ta ta ta ta ta ta, großer, großer 3fte=iro=nom, * 5 ^~^-t i ~t -*■ großer ^e^tro^nom, ta ta ta ta ta Slu3 biefem (Sanon ift ba§> Megretto Ijerborgegangen: bie erfte ©timme geigt un3 fd)on üftote für üftote ba§ SQfotit) gu biefem ©atje, bie SSorte ben fjumoriftifcfjen (Sfyarafter, ba3 bei* gefegte metronomifdje 3e^en &a^ ^em 5Iüegretto=@a|e ent= ffcrerfjenbe Xempo. Ta ta ta ta finb bie Sßenbelfcfjläge be§ 9ftetronom!o. 3n ben 23eftt3 biefe§ (SanonS bin id) burdj 23eet= fyoöen fetber gekommen, inbem er mir fdjon um 1818 eine Stbfdjrift ju nehmen gemattete. llnb nun meiter in üDZittfjeüung ber ^Begebenheiten au§ biefem Safjrgang. ©d)on am 11. 5Ipri( finben mir unfern 3J?eifter bei einem öon ©djupüansigt) gu einem motjttfyätigen Qvoe&e im ©aale *) ©a§ TOiBüerfiefien, öielmefir, bie 9lbtje£ung be§ SWegretto in ber achten ©infonie, felbft öon Notablen unter ben TOufifbirectoren, gab mir SSeranlaffung biefen ©anon fammt feiner (Sntflebung§gefd)id)te bereite in 3lo. 49, 1854, in ber 92ieberrheinifcben SDcufifsBeitung befannt ju machen. 3(fi glaube ober ntctjt, bafc e§ §u befferer ©rfenntnife üerbolfen bat.135) 135) Die Authentizität selbst dieser Anekdote ist von vielen, so auch von Thayer, angefochten worden, aber jedenfalls ohne zu- reichenden Grund. Sie behält Wahrheit und Wert. Vgl. Brief No. 279 an v. Zmeskall in B. S. Br. (II. Band). A. d. H. 16* — 244 — „3um römifdjen Äaifer" oeranftafteten Goncert mieber perfünlid) mitroirren. Riebet galt e§ ba§ große %x\o (B dur) für Sßiano* forte, Violine unb Sßiotonceü Op. 97 gum erften 3JM rjbren gu laffen. öeetrjooen am Sßianoforte, «Sdjuppangigrj an ber ^Biotine, unb Sinfe am SBiofoncett. 3m fotgenben 9Jconat SDtai toarb ba^felbe 3Berf in einer üon ©djuppangigt) im Krater gegebenen Quartett* Matinee miebertjott. Sftit biefer $ßro= buction im ^rater, roeldjer id), fo mie aud) ber oorau£= gegangenen am 11. 5(pri(, beigeroorjnt, fdjieb 23eett)oüen aU auöübenber (Staöierfpieter für immer au§ ber Qeffent= tid)feit. — 3>n biefer SRatinee gelangte aud) baö neue Quartett in F moll, Op. 95, §ur erften 5Iuffüt)rung, ba$ jebocf) bereite 1811 componirt morben. 2tm 23. 9ftai erfolgte bie SBiebereinfütjrung ber mefent(icf) umgeänberten Dper $ibe(io im faiferlidjen Qpern=^t)eater. 3)ar= über, mie aucfj über bie am 18. Suli barauf gum Senefice be3 Slutorä ftattgefunbene 33orfteHung biefer Oper ift bereite im Verlauf ber ^Begebenheiten in ben Sauren 1805 unb 1806 au§= fübrlid) SD?ittf)eUung gemadjt unb bemnad) barauf gu berroeifen. Snbeffen, alle in SafjreSfrift, unb root)I barf behauptet merben, mätjrenb ber gangen ®ünftler(aufbafjn, unferm 9Heifter miberfarjrenen ©f)ren mürben burd) bie (Srtebniffe am 29. 9?o= bomber beffetben 3at)re<§ überboten. Sie grofjen potitifd)en ©reigniffe, toeldje faft alle europäifcfje 9Jconard)en gu einem (Songreffe in 2öien gufammengefürjrt Ratten, mirlten mefenttid) mit, um biefen 29. 9?obember ju bem Xag be3 t)öd)ften ©langes unb SRurjmeg gu geftatten, ben ein Äünftter mie SBeettjoöen er* (eben tonnte. Sn gotge einer üon tjofjen Äunftfreunben an Seettjooen ergangenen Slufforberung, bie neuen SSerfe roärjrenb be<§ ßon= greffeö nodjmafö gur Stuffüfyrung gu bringen, fafjte ber HJceifter ben ©ntfdjtujs, gur ©rtjöfyung be§ gefcr)tdjt(ic§ * benfroürbtgen Moments, bie üon Dr. 2((ou§ 2Beiffenbad) gebidjtete ©antäte: „3)er glorreiche Stugenblid" in äJcuftf gu fe|en unb felbe in — 245 — SBerbtnbung mit ber A dur Sinfonie unb ber Sdjtadjt bei SSittoria an einem 2lbenb ausführen 51t (äffen. ®er 3nf)a(t ber ©antäte toar: bie §ulbigung ber Stabt SSinbobona ben fremben £Ronard)en bargebradjt. Wlxt rüt)men§tt>ertljer Bereit* ttnöigteit nmrben bem ®ünftfer Seitens be§ Dberft=Slämmerer= amte§ beibe taiferf. 9iebouten=Söle fogar für stoei Slbenbe jur Verfügung übertaffen, inbem man Ijofjen DrtS biefe muftfatifdje geierttdjfieit gleidjfam mie eine §ofsgeftlict)feit betractjtete. 93eet= tjoöen madjte perfön(id) bie ©intabung bei öden ÜKonardjen, bie fämmtücf) bei ber $eter erfdjienen maren. (£)er Berfaffer befanb ftd) unter ben SJfttttrirfenben an ber 2 ten Biotine.) S)ie (Stimmung ber na^e^u au§ 6000 ßuljörem befteljenben Berfammtung, aber aud) bie in ber großen Sdjaar ber im Drdjefter unb ©Ijor Wit- ttnrfenben, (äfet fiel) nict)t betreiben. £>ie etjrfudjtäüolle ßurüd* Haltung öon jebem lauten 93eifall§5eid)en Oertiet) bem ©ansen ben ©tjarafter einer großen ^irdjenfeier. Seber festen gu fügten, ein fotd)er 9J?oment merbe in feinem Seben niemals mieberfeljren. üftur (SinS tjatte ber $eier gefehlt: bie 2Tntt)efenf)eit Sßettington'S, metdjer mit ©emi^eit entgegen gefeljen morben. £)er fiegreidje gelbfyerr tarn erft nad) beenbigter geier in Sföien an.*) Sdjon am 2. ©ecember barauf erfolgte bie Söieberljolung — bei nur mä^ig gefülltem Saale, aber befto größeren Beifalls be^eugungen. 2)ie Solo^Stimmen in ber ©antäte mürben an3gefüt)rt oon grau 90Zilber=§auptmann unb gräulein Bonbra, bann ben sperren SSilb unb gorti. 93e§ügtic£) auf biefe ©antäte fei) ertoäljnt, ba^ Beetfyoüen ben ©ntfci)(uf3, felbe in Sftufit gu fetjen, einen Ijeroifdjen genannt, tveil bie Berftfication fdj(ed)terbing§ einer mufifalifc^en Bearbeitung entgegen mar. 9cad)bem er felber im Vereine *) (Sin s2lnftf)lagsettel biefer s#fabemie liegt ttor. Sarauf if± unter anberu ju lefeu: „SDritienä: ©ine große öottfiiminige SnftrutncntaUßoms pofition, getrieben auf Wellington? Steg in ber ©d)lad)t bei SSittoria." — 246 — mit bem Didjter barem geänbert unb gefeilt, ber teuere aber nur bie $erfe „tierböffert" r)atte, marb ba% ©ebid)t bem Siart 93er narb §u gänslidjer Ueberarbeitung gegeben, moburd) ein großer ßeitoertuft t)erbeigefüf)rt mürbe. Diefe Umftänbe erklären beutlid) marum ber @eniu§ be§ (Somponiften fid) in biefem SBerfe nicfjt gu gemoljnter §öf)e erhoben fyat. 2tud) maren Ujm nur menige £age -mm ÜJäeberfdjreiben tiergönnt. Ueberbie§ nod) mußten bie St)öre, meil üon Dilettanten gefangen, fefjr leid)t betjanbett merben, benn in jenen klagen allgemeiner Stuf* regung fetjtte e§ üor allem an £eit uno SWu&c 3" groben. 5lu§äU5eid)nen bürfte unter allen Hummern mot)l nur bie <2otiran= 5trie mit ßfjor unb obligater Violine feUn. — Die $ertag§* fjanblung §a§linger in 3Bien l)at barum mol)t gettjan, ben 2Beiffenbad)=53ernarb'fd)en £e£t ganz gu befeitigen — abgefefjen baoon, bafe er nur einem beftimmten Momente gemibmet mar — unb ber «Wufif ba§> ©ebid)t oon fr $od)ti§: „$ßret§ ber Xon= fünft" unterzulegen, eine bead)ten3mertf)e Diditung, bie $ftod)(ife bei feiner 2tnmefenf)eit in 2öien 1822 bereits unferm 93eetf)OOen Vorgelegt fjatte.136) Sn 9tüd"erinnerung be§ öor adjt Sauren fdmn gefdjmäcfjten ©efiörjuftanbeä unfer§ Sfteifterä bürfte mof)t gefragt merben, mie e§ it)tn nunmehr bei Leitung fo großer Drdjefter* unb Gt)or=9Jcaffen ergangen? Diefer grageOunct folt nun um fo mef)r zur 33eantmortung fommen, als mir $riebricl) £reitfd)fe bei (Gelegenheit feiner SKittfjeilung über Sßiebereinfütjrung be§ $ibelio im Sal)re 1814 auSfagen geijört: „öeetf)0üen birigirte, fein geuer rifj ttjn oft au§ bem £acte." 2öa§ märe ba§ mofjt für ein Dirigent, ben fein geuer oft au§ bem Xacte rife unb ein tjinter ober neben it)m ©tefyenber ba§ geftörte ©leicrjgetoicfjt mieber tjer^uftellen fyätte? — Die oon SBeetljoOen geleiteten 2luffüt)rungen am 8. unb 12. Dec. 1813 in ber Stula ber 136) Mit diesem Texte erschien die Kantate im Jahre 1836 bei Tob. Haslinger in Wien unter dem Titel „Preis der Tonkunst (Kantate) für 4 Solostimmen, Chor und Orchester". A. d. H. • — 217 — Untüerfität, ferner bie Slttffüfjrimgieit in ben Monaten Januar, gebruar, üftooember unb £)ecember 1814 im großen 9fabouten= @aa(, wo fein DirectionSputt meit oorgefdjoben mar unb üftiemanb it)m au§f)elfenb -\ür Seite geftanben, finb fprectjenbe 33emeife, bafc er im Staube getoefen, Waffen, fo toie itjre einzelnen 53eftanbt(jeite, gut 51t überhören. 2öer öon ben ©djmierigfeiten bei (Sinübung unb Seitung ber Sd)(ad)t=Sinfonie einen Segriff Ijat, mag üie((eid)t an einem präcifen Sneinanbergreifen ber gu= meiten getrennten Waffen jmeifetn; afö SOJitrotrlenber barf id) jebod) oerfidjern, bafs an 'Sßraecifion nidjt§ gefefjtt t)at, unb matjrUd), gegen bie Sdjroierigfeiten in genannter Sinfonie tier* fdjroinben bie bei Seitung be§ ^ibelio. 5tud) bei bem 5tnei= matigen Vortrag be3 B dur %xxo in ben Monaten 9Ipri( unb 9J?ai beffelben £$at)re§ geigte ftd) 23eetf)Ooen§ ©efjör nodj Ooü= fommen bienftbar, minber bie (Stafticität ber Ringer. 2)ie ^otgen aber üon fo großen in einem furgen 3eitt°ume mieberfyolten ?(nftrengungen eines fränfetnben ©etjor^uftanbeS tonnten nid)t anber§ a(§ unfyeitbringenb fetju. SSon biefem .ßeitpuncte t)er batirt namentlich bie gän^lidje Sdjmädjung be§ redeten Dljrea§ 2tmt eine§ 9J?ufifbirector3 forbert unter allen Umftänben unau§gefe|te ^rarjS. lieber ben @et)öräuftanb nrirb fpätert)itt nod) ©runb unb SBerantaffung fet)n ju fpredjen. $ur ©teile ba§ nätjer Siegenbe. 9l(§ oben tion ber 5tuffü§rung ber ^aftorat= unb C moll Sinfonie gerebet morben, warb in ber 9Retf)e Hon §inberniffen — 248 — bei jebem bon unferm 9J?eifter ausgegangenen (£oncert=Unter= nehmen audj ber „enorme $oftenbunct" mit in 23etrad)t gebogen unb, um bem Sefer einen anfdjautidjen begriff baüon $u geben, bie Vorlage einiger aus bem Sarjre 1814 batirenben $Red)nung<3= auSroeife, bie im Original üorrjanben unb mit 9?anbbemerfungen oon SöeettjoOen'S §anb üerferjen ftnb, oerförod)en. Sm ßoncerte am 27. gebruar genannten ^cfyTtä tarnen, roie bereite gemetbet, bie Sinfonien in A dur unb F dur, bann nod) bie ©djladjt bei QSittoria unb baS Sterlett Empi, tremate, §ur ?luffütjrung. Die (Soöiatur=$often oon ber A dur- unb ber ©d)lacfjt=Sinfome roaren bereits bom ©rtrage ber beiben am 8. unb 12. December 1813 ftattgefunbenen stabenden beftritten, tjier im $aü otfo bloS bie ßobiatur für ba$ Sterlett unb bie acfjte ©infonie auf Sftecrjnung 33eett)oüen'S 5U ftetten. Die oorliegenbe ©pecification lautet in ©umma: 452 gefct)riebene Sogen ä 12 ^reujer macfjt = 90 ©utben 24 Streiter. — Der föecificirte Äoftenpunct, baS Crdjefter aüein betreffend ftellte fidj bei biefem (Soncerte auf 344 Bulben. Dennodj finb an ber lften Violine nur 7, an ber 2ten nur 6, mit je 5, trjeilroeifc mit 7 ©ulben, tjonorirte äßufifer nament(id) ange= füljrt, meil an jeber ©timme ^mei Wlal fo öiel Dilettanten mitgeroirft tjatten. 3n bem fbecificirten 5(u3roei3 über (£opiatur ber ©antäte „Der gtorreicfje 2(ugenbüd", jur Sluffürjrung am 29. 9?oo. fteüt ficfj bie Söogenaatjl auf 1468 */, ä 15 ^reu^er, macfjt = 367 ©ulben 7 treuer. Die ©efammtfoften ber ?(uffüt)rung ber $ßaftora(= unb C moll=(Sinfonie, ber $antafie mit ßtjor unb ber Xtjeite aus ber erften 9)?effe in C dur am 22. December 1808 im Xtjeater an ber SSien, fotlen fid) auf 1300 (Bulben erhoben fjaben. Seim ?(nbüd biejer Ziffern löfet eS ficf) roorjl unfdjroer erroägen, auf roie Ijod) ber ^Bruttoertrag eines folgen ©oncertS fic£> freiten muffte, roenn für unfern SWeifter einige tjunbert ©utben erübrigt merben follten. $ornet)mtid) roaren es bie — 249 — (Sopialien, bie einen 5U großen Streit ber (Sinnafjme abforbtrten. 2öie gan5 anberS fteüt fidj biefer Äoftenpunct feit (Sinfürjrung ber Sitrjograprjie. 2)arum f'onnte ber pecuniäre 5lu3fa(I nur bei (Soncerten im großen $Rebouten=<3aal ein günftigerer fetin, falte !ein ©ing-Srjor gebraucht roorben. Mein in biefen Räumen rjaben mir ben 9Mfter öor bem Sarjre 1814 niemals geferjen. SJÖar er fo gtüdüd), burd) bie Unternehmungen im Saufe be§ genannten Safjreg etroas erübrigen 31t tonnen, fo öerbanfte er e§ §unäcr)ft ben politifdjen (Sonftettationen, in $o(ge bereu mir bie §errfd)er ©uropa'ä mit irjrem ^offtaate in biefem $>arjre gu Söien öerfammelt fefjen, bann aber nod) ber aufjerorbent= ticken 2Birfung feiner ©d)(ad)t=@infonie auf bie Waffen. $)ie ©efcrjenfe ber fremben 9J?onard)en gumeift festen SSeeifjoben in ben ©tanb, an üftieberfegung eineä fteineä ©apita(§, au§ einigen öftretcE). 53ank$tctien befterjenb, benfen §u fönnen. I. $ataIogtfd)e§. 93or 2(ufftellung be§ SSer^eidmiffeg ber in bie erfte ^eriobe fotlenben Sßerfe rourbe ber fatatogifdjen Unorbnung erraärjnt, roeldje in Söeetrjoben'S SSerfen befteijt unb gesagt, ba% 5lefcjn= licfjeS rootjt fetten ober niemals bei einem 9futor borgefommen fetjn bürfte. 23eüor nun baZ 55er§eict)ntB ber in bie äroeite ^eriobe faüenben Söerfe aufgeteilt urirb, ift e3 unumgängücf) notfymenbig, biefer Unorbnung nätjer gu treten, meil fie in biefer ^Seriobe fdjon einen fjorjen ©rab erreicht. Sie roörtlidje "tDftttrjeUung eines üorttegenben SriefeS bon bem Verleger Sominif SIrtaria an 23eetf)ot>en wirb biefeu bebaueriicfjen ßuftanb beftenä con* ftatiren. Strtaria fd)reibt: SBien ben 24. £uü 1819. @uer £>od)trjorjtgeboren! Söeüiegenb überfenbe id) bie (Sor* rectur, unb glaube feuerfrei.*) Sn bem Katalog Sfjrer Söerfe fehlen folgenbe 9cummern, roetdje id), orjngeacfjtet aller 9#ürje, nirgenbs fyabe. finben fönnen, at<§: Dpu§ 46. 48. 51. 65. 66. 71. 72. 87. 88. 89. 103. Sagegen rjaben folgenbe SBerf'e gar feine Hummern unb fein Dpu3, al§: ^ibetto; Duberture §u Seonore; (?(. meint unbejmeifelt üfto. 3, bie 1810 bereits üeröffentücfjt morben.) (SdjfuBgefang au§ bem ©ingfpiet: „bie ©rjrenpforte"; ^olonaife für ^ianoforte, bei SOJedjetti; tSdjIußgefang au§ bem Singfpief: Sie gute üftadjridjt; *) (S§ war bie dorrectur ber großen Sonate in B dur; Op. 106. — 251 9fonbo in C ■ bei ?frtaria: ytonoo in G J ©ed)3 Sieber bon ©eifert, 9(rtaria; ?lbe(aibe öon Wattfjifon, Slrtarta; Variations ä 4 mains in C; Grand Trio pour 2 Oboe nnb engtifctj §orn, ^rtarict; Grand Quintetto pour 2 Violons, 2 Violas et Violoncell, Es dur, $rtaria; Prelude pour Pianoforte in F moll, hiebet; 12 9iebout=£)eutfd)e \ 9f . 12 9febout*3Renuet3 J ^rtaua; Quintetto in C, pour 2 Violons, 2 Altos et Violoncello, äRotto; Scena et Aria (Ah perfido), Cetera;137) Variations sur une marche de Dressler, ©teiner; Variations pour Pianoforte sur l'air: La vie est un voyage. $ßarü§, Sauet; Sextetto pour 2 Clarinetts, 2 Cors et 2 Bassons, Sßreitfoüf ; Steber oon ©oetfye unb ätfattljtfon, hiebet; Statienifdje unb beutfdfje ©efänge, 4 £efte, Cetera; unb fotgenbe auf ben Katalogen rüdmärtä nod) betriebene SSerle. belieben @. Qofyto. bafjer 51t beftimmen unb 5U ertauben, roeldje oon biegen SSerfen in bie fetjlenben Hummern ein= gehaltet merben bürften. (Sben fo erfudjen mir foöflicfjft um eine fdjnetfe (Sjüebirung ber (Sorrectur. Sn ©rloartung einer gütigft balbigen Stnttoott üerfiarren mit §ocf)ad}tung ic. Söeetrjouen, 31t fetber $eit in 9ttöbling mit ber Missa in D 137) Es mag auffallen, daß hier bei dem als No. 65 bekannten Werke „Ab. perfido" der Name Peters als Verleger erscheint. Das im Jahre 1805 erschienene Werk kam bei Hofmeister «Sc Kühnel heraus, den früheren Eigentümern des Bureau de Musique. A. d. H. — 252 — befcfjäftigt, ermieberte atebatb: er Ejabe nun feine gett fid) m^ biefer Sßermirrung abjugeben, fet) überhaupt aufjer Stanb, etraaä in btefer Sacfje gu tfjun, bie Ferren Verleger rjätten biefe lln= orbnung fjerbeigefürjrt, fie follen nun feljen, mie fie bamit ;$ured)t fommen; fdjliefeüd) abreffirte er Slrtaria an feinen (Kollegen (Steiner u. (Somö. bef)uf3 ber SJiitmirfung ju einer allenfalls möglidjen (Sntnnrrung. SMeje SSerlaggbjanblung lehnte jebodj bie SUjeitnarjme ab, inbem fie bereite mit 33eett)oüen auf nid)t befonberS freunblicfjem gufje ftanb. ^urj öorbjer Jjatte biefelbe ein abfonberlid)e§ SMfterftücf mit (Sinreifmng groeier fteinen Sieber Don 33eetfjoöen unter bie Dpu^arjlen fertig gebraut, objne ben Stteifter früher befragt §u fjaben; e§ finb bie Siebten: „©er Stfann Don SSort," mit Op. 99, bann „ätferfenftein," mit Op. 100, be^eidjnet, ein jebe§ blofc au§ 5m ei «Seiten beftetjenb. Seetfjouen'g ^roteftation gegen foldje Söiüfür mürbe nid)t be= adjtet. 9Bir erfefjen barau§ ben gort beftanb ber öerlegerifdjen SRücffidjtSl'oftgfeit gegen äJcafjnungen mie aud) gegen Sntereffen ber Tutoren, mie (£ingang§ ber gmeiten ^Sertobe fdjon gezeigt morben. (S. (S^ernt/S 33emerfung auf Seite 60 be§ §meiten ßaüitetS feiner dlaüier = Sdjule über bie Sßermirrung in 23eetfjot>en'3 Katalog öerbient mit angeführt $u merben. Sr bemerft: „Uebrigenä bjerrfcfjt in ber üftummerirung feiner Gomüofitionen eine grofee Unorbnung, morjer e3 aud) tommt, baf; bie (S ^ i f t e n 5 mandjer intereffanten SSerfe faft gang unbefannt blieb.'' 2)ie3 begreift fid) erft, menn man erfährt, ba$ einige Hummern brei, ja fogar öier H)cal norfommen. $ßo tfjunlid), foll nun bei Sluffteflung be§ $er3eid)niffe$ fomorjt ber ber jroeiten, mie aud) ber brüten ^eriobe angefangen SSerte auf öorftefjenben 93rief be3 £>. 5lrtaria fjingemiefen merben. SBieHeidjt gelingt e3 in 3uhmft bocfj eine beffere Drbnung in ben Katalog 5U bringen, maS allein fdjon jur §erfteüung ber djronologifc^en Orbnung fet)r ermünfdjt märe. Snbefe of)ne bie arrangirten SSerfe öon ben Originatien ju trennen unb fie — 253 — in eine abgejonberte Kategorie 5U [teilen, bürfte nidjtä er= fbrie^tid)e§ ju erroecfen fetjn. ©etbftüerftänblicl) fommt ben Arrangements feine anbere Düu^aljt §u, aB bie be§ Originale. S)ie burdj fotcfye Stbfonbemng entftefyenben Süden in ben fort= laufenben Hummern mären für Drientirung meniger anftöjjig, alz baZ befteljenbe ©urdjeinanber. ©ine $erfe|ung ber Hummern bei ben Originalen ift barum faum rätt)licf), meil baä publicum fid) mit ben befteljenben Dpu§§al)len längft tietraut gemalt l)at. — 254 — II. äkrjeidjnif} ber in bie gtöette ^eriobe faüenben $Berfe, nidjt in djrono* togifdjer Drbnung, mie e3 bei ber erften Sßeriobe tfjuntidj mar, bietmefjr au§ eben angeführten fatalogifdjjen ©rünben in@ruppen abgeteilt, xoaä gu leichterer tleberfidjt öerfjelfen mirb. S)er Sßollftänbigfeit megen mufjte bei einigen SSerfen be^ügüd) itjrer erftmaügen ?Iuffütjmng in bie rjorauägegangene ^ertobe, be- gügtict) aber ifjre§ @rfdjjeinen§ im 2)rud in bie fommenbe ge= fefjen merben, tote e§ fidj fdjjon bei ben ©infonien geigt. ©infonien. 9?r. 1. (Sinfonie in C dar, Op. 21, erfte Sfaffüfjrung 1800, erfdjien im ®rud 1801, erfter Verleger ^eterä188) in Seidig. 9?r. 2. ©infonie in D dur, Op. 36, erfte Sluffüfjr. 1804, erfdjien 1804 im Snbuftrie=ßomptoir. 9?r. 3. Sinfonia eroica, Es dur, Op. 55, erfte Sluffüfjrung 1805, erfdjien 1807 im 3nbuftrie=(£omptoir. 9?r. 4. ©infonie in B dur, Op. 60, erfte 3fafffi§r. 1807, erfct)ien 1808 im önbuftrte=(Somptoir. •ftr. 5. ©infonie in C moll, Op. 67, erfte 2faffüfjrung 1808, erfdjien 1809 bei 23reitfopf u. §aerte( in ßeipgig. fftc. 6. ©infonie ^aftorale, F dar, Op. 68, erfte Sluffityr. 1808, erfdjien 1809 bei Sreitfopf u. £aerte(. 9?r. 7. ©infonie in A dur, Op. 92, erfte Sluffüfymng 1813, erfdjien 1816 bei ©teiner u. 6omp. in Sßien. 9?r. 8. ©infonie in F dur, Op. 93, erfte 2(uffüfjrung 1814, erfdjien 1817 bei ©teiner u. (Somp. 2Mington3 ©ieg, ober bie ©djtadjt bei QSittoria, Op. 91, erfte Sluffütjrung 1813, erfdjien 1816 bei ©teiner u. Gomp. (Soncerte für ^ianoforte mit Drdjefter unb bie gantafie mit Gtjor. 91. 2. (Soncert in B dur, Op. 19, erfte Sluffüfjrung 1800, erfdjien 1801 bei £ofmetfter u. Äüljnet in Seipjig. 138) = Hofmeister & Kühnel (Bureau de Musique). A. d. H. — 255 — Ta. 3. (Soncert in C moll, Op. 37, erfte Sfaffüljr. 1804, erfcf)ten 1805 im Snbnftrie-Somptoir. 9^r. 4. (Scmcert in G dur, Op. 58, erfte 5tuffüt)rung ?, erfcrjien 1808 im 3nbuftrie=(5omptoir. SRr. 5. (Soncert in Es dur, Op. 73, erfte Auffuhr. 1812, erfdtjten 1811 bei Sßreittopf u. ^wertet. gantafie mit (Sbjor, C moll, Op. 80, erfte Sfoffüfa 1808, erfcfjien 1811 bei Sörcitfopf u. Jpaertel. (Soncert in D dur, für Violine, Op. 61. @rfte Aufführung 1806, erfcfjien 1808 (§ugleict) mit oem Arrangement at§ ßoncert für Sßianoforte) im Snbuftrie^omptoir. ßoncertino in C dur, für ^3ianoforte, Biotine unb SSioIoncett, Op. 56. (Srftc Aufführung 1808, erfcrjien 1810 im 3nbuftrie*(£omptoir. SBerfe für ®efang unb Drctjefter. A. (StjriftuS am Detberg, Santate, Op. 85, erfte Auffüfj- rung 1803, erfcrjien 1811 bei 23reitfopf u. §aertet. B. gibetio, Oper, Op. 72, erfte Aufführung 1805, erfcrjien tfjeüroeife in öerfcfjiebenen Sauren bei 53reitfopf u. ^wertet, bei Artaria unb audj bei ©imrocf. C. 9J?effe in C dur, Op. 86, erfte Aufführung 1808, erfcfjien 1813 bei Sßreitfopf u. §aertet. D. £)ie Ruinen öon Attjen, Op. 113 u. 114, erfte Auf- führung 1812, erfcrjien tfjeüroeife in öerfcfjiebenen Sauren, erfter Verleger Artaria. E. S)er glorreiche Augenbüd, @etegent)eit§cantate, Op. 136, erfte Aufführung 1814, erfcrjien um 1836 bei §a§linger. Duüerturen für Drcfjefter. A. ßu bem fallet „«ßrometjjeuS", Op. 43, erfte Auf- führung 1801, bie gan^e 9Jcufit 511 $|3rometfjeu3 in öerfcfjiebenen Arrangements erfcfjien 1802 unb 1805 guerft bei £>ofmetfter. — 256 — B. ßu (Soriolan, C moll, Op. 62, erfte Stoffüfjrung 1807, erfdjien im 3nbuftrie*(£omptoir. C. 3u (Sgmont, F moll, Op. 84, erfte Stoff üfjr. 1808, erfdjien 1811 bei 33reitfopf u. Jpaertel. D. ßu gibetio, Op.72, SRo.l, C dur, ersten um 1836 bei £msiinger; 9?o. 2, C dur, erfte Stoff üfjrung gfeidjjeitig mit ber Dper 1805,139) erfd)ieu um 1842 bei Sreitfopf u.£aertet; 9?o. 3, C dur, erfte Stoff ütjmng gleichzeitig mit ber Dper 1806, erfdjien 1810 bei Söreitfopf u. £aerte(; 9?o. 4, E dur, erfte Stoffüfjrung gleichzeitig mit ber Dper 1814, erfdjien bei Sreitfopf u. £mertel. E. 3u $önig ©tepfjan, Es dur, Op. 117,140) erfte 8tof* füfjrung 1812, erfcfjien 1828 bei §a3tinger. ©eptett, Es dur, Op. 20. (Srfte Stoff übjung 1800, erfdjien 1801 bei ßütjnet u. £of= meifter. ©ejrtett, Es dur, Op. 81b. ©rfcfjien 1810 bei ©imrod in 93onn.141) Cuintette. Op. 16, Es dur, für ^ianoforte, Oboe, ©larinette, £>orn unb $agott, erfdjien 1801 bei üDMo. Op. 29, C dur, für 2 Biotinen, 2 SütoS unb SSiolonceü, erfdjien 1803 bei SBreitfopf u. feiertet. 139) Das ist vom Standpunkt der Chronologie noch immer strittig. A. d. H. 140) Das Autograph der Ouvertüre ist überschrieben: „Partitur zu Ungarns Wohlthäter". Die Ouvertüre, im Jahre 1815 dem Verleger übergeben, ward im Jahre 1826 als erschienen angezeigt; sie ist be- titelt: „Große Ouvertüre (in Es) zu König Stephan. Geschrieben zur Eröffnung des Theaters zu Pesth". A. d. H. 141) Nottebohm teilt unter op. 81 b mit: „Eine einzelne ge- schriebene Stimme (Corno lrao), im Besitz von G. Nottebohm, ist von Beethoven überschrieben: „6tett von mir". Gott weiß, wo die andern Stimmen sind. Erschienen im Jahre 1810 bei N. Simrock in Bonn unter dem Titel: „Sextuor pour deux Violons" usw. A. d. H. — 257 — Ouartette. Op. 18, F dur, G dur, D dur, C moll, A dur, B dur*), crfdjien 1802 bei WloUo. Op. 59, F dur, C moll, C dar, erftfjteu 1807 im Snbuftrie* (Somptoir. Op. 74, Es dur, erfdjien 1810 bei Sörettfopf u. §aerte(. ■Jrio'ä für Sßianoforte, Violine unb SStoIoncelX Op. 70, (D dur unb Es dur), erftf)ien 1810 bei Sreitfopf u. §aertet. Op. 97, B dur, erfte Stuffüfjrung 1814, erfdjien 1816 bei ©teiner u. (Somp. (Sonaten für ^ianoforte unb Biotine. Op. 23, A moll, erftfjien 1801 bei 9Mo. Op. 24, F dur, erfdjien 1801 bei 9Mo. *) ®ie brei erften biefer Quartette finb im Sa^re 1801 bei 93JoHo erfdjienen. Sie (Sompofttion bativt bemnad) au§ ben legten Sauren ber erften ^Jeriobe. Stuf bie folgenben brei in C moll, A dur unb ß dur finbet eine ©teile cm£ 23eett)ot>en'§ Sßrief au§ bem ^afyxe 1801 an feinen greunb .tarl Slmenba in Kurlanb 23eäug, ber fidj bereits 1799 ton ibm getrennt t)atte. (©tet)e (Stngang ju biefer ^Sertobe.) SDiefe Stelle lautet: „Sein Quartett gib ja nicbt rueiter, tr>ei( id) e§ fet)r umgeänbert t)abe, inbem id) erft je£t redit Quartette ju fdjreiben weife, roa§ ©u fcrjon feben wirft, roenn ®u fte erhalten wirft." 142) — 2Ba3 motzte wobt aber 23eetboöen befiimmt rjaben, biefe fed)§ Quartette unter einer Dpu&=3ab,l berau35u= geben, ba er bod) nodj bamalä £>err feinet SBiUenS war? ©ola^er Ueber== flufe ftebt bodj root)l im fdjreienbeu ©egenfajje mit ben Kleinigkeiten, benen fpäterbtn, wo fein SBiße nidjt rnebr beamtet worben, (wie wir geferjen) bie ©Ijre wiberfafjren unter bie Qpu&3ai)Un aufgenommen ju roerben, j. 33. Op. 99 unb 100 — jroei winjige Sieber. 143) 142) Den hier von Seh. angezogenen Brief vgl. man B. S. Br. No. 35 (I. Band). A. d. H. 143) Op. 99 ist das Lied „Der Mann von Wort, Gedicht von Kleinschmied", op. 100: „Merkenstein-Lied für zwei Singstimmen mit Klavierbegleitung, Gedicht von Rupprecht". A. d. H. 8t. (Sambiers Seet^oöen«53iogva^ie. 17 — 258 — Op. 30, (A dar, C moll, G dar), ersten 1803 im 5n= buftrie=ßomptoir. Op. 47, A dur, erfdjien 1805 bei ©imrod. Op. 96, G dur, erfdjien 1814 bei ©teiner u. ßomp. ©onate für ^ianoforte unb SHotoncetl.1*4) Op. 69. A dur, erfdjien 1809 bei Sreitfopf it. £aertef. (Sonate für Sßianoforte unb §orn. Op. 17, F dur, erfdjien 1801 bei §ofmeifter u. ÄüJjneL (Sonaten für ^ianoforte allein, (üftebft 1 ©onatine unb 1 ^antafie.) Op. 22, B dur, erfdjien 1801 bei Ä'üfjnel. Op. 26, As dur, mit bem STrauermarfd), erfdjien 1802 bei Sot). (Eappi in SSien. Op. 27, (Es dur, Cis moll), erfdjien 1802 bei Solj. Sappi. Op. 28, D dur, erfdjien 1802 im 3nbuftrie*6omptoir. Op. 31, (G dur, D moll, Es dur), erfdjien 1803 bei üßägeli u. ©imrod. Op. 49, (G moll, G dur), erfdjien 1805 im Snbuftrie- ßomptoir. Op. 53, C dur, erfdjien 1805 im 8nbuftrie=Gomptoir. Op. 54, F dur, erfctjien 1806 im 3nbuftrie=(Somptoir. Op. 57, F moll, erfdjien 1807 im 3nbuftrie=Gomptoir. Op. 77, (ftantafie), G moll, erfdjien 1810 bei SBreitfopf u. ^aerteL Op. 78, Fis dur, erfdjien 1810 bei Sreitfopf u. £>aertel. Op. 79, (©onatine), G dur, erfdjien 1810 bei Sreitfopf u. §aertel. 144) Diese Sonate op. 69, die Gleichenstein- Sonate, ist vom. Sommer 1809; auf das seinem Freunde übergebene Exemplar schrieb der Komponist die wehmütigen Worte auf: „Inter Lacrimas et Luctum": vgl. Thayer II, 83 und B. S. ßr. No. 198 (I. Band). A. d. H. — 259 — Op. 81a, (Les Adieux), Es dur, erfdjien 1811 bei Vreitfopf u. £aertel. Variationen für ^ianoforte allein unb aucfj mit Segleitung. Op. 34, fectjä Variationen ü6er ein Driginal*£fjema, F dur, erfdjien 1803 bei Vreitfopf u. £aertet. Op. 35, fünfaerjn Variationen mit einer $uge, Es dur, er= fcfjien 1803 bei Vreitfopf u. £>aertel. Op. 76, Variationen, D dur, erfdjien 1810 bei Vreittopf n. §aertet. Op. 44, üierserjn Variationen, Es dur, für ^ßianoforte, Violine unb Viotonceß, ersten 1804 bei $ßeter§.146) Op. 66, jttjötf Variationen, F dur, für ^ßianoforte, Vio= line unb Violoncelt, erfdjien 1799 bei 5lrtaria. (2luf beibe teuere SBerfe tneifet Der borfteljenbe Vrief 2Irtaria'3 gleichfalls f)in. 3öie in§befonbere bie „ßwölf Varia= tionen" §ur Dpu^arjl 66 fommen, ift rätljfelf)aft, ba fie gu ben früljeften (Sompofitionen unfer§ WztfttxZ gälten, unb barüber im erften Sarjrgang ber 9lttg. 9ttuf. 3*9- bereite eine fritifdje Slnjeige enthalten ift. — £>a3 SErio für 2 Dboen unb englifdj £>orn, mit Op. 87 be^eicfynet, gehört unftreitig aud) in bie erfte sßeriobe gurücf.)146) 145) Peters = Bureau de Musique = Hofmeister & Kühnel. A. d. H. 146) Das Trio für zwei Oboen und Englisches Hörn, als op. 87 erschienen, stammt aus früher Zeit. In Thayers Chronol. Verz. No. 52, S. 25 ist vermerkt: „Aufgeführt in Wien 23. Dez. 1797". Das Werk hatte ursprünglich die Opuszahl 29. Aloys Fuchs gibt 1794 als Ent- stehungsjahr an. Es ist angezeigt von Artaria & Co. in der Wiener Zeitung vom 12. April 1806 (cf. Thayer 1. c): „Beethoven Grand Trio pour 2 Violons et Viole tire d'un Trio pour 2 Hautbois et Cor Anglais (op. 29)." Nach Nottebohm (unter op. 87) „ist die Übertragung des 1. Satzes für 2 Violinen und Bratsche von Beethoven revidiert". A. d. H. 17* — 260 — Ütomanjen für Biotine mit Begleitung eineä Heinen Drdjefterä. Op. 40, G dur, erftfjien 1803 bei Äitynet u. £ofmeifter. Op. 50, F dar, erfdjien 1805, erfter Berteger? Op. 25, ©erenabe (D dur) für $löte, Biotine u. Bratfdje, erfd)ien 1802 bei (Simrod £)ie in biefe Sßeriobe fallenben Sieber unb ©efänge finb meift fct)on im Sontejtc mit aufgeführt. — 261 — III. SBectyotoen'g mufifalif^cr (Sfiaralter. 2öer möchte ntcijt bei 21nbtict biefeS ^ergeidjniffeg über bie beifpietlofe $rud)tbarfeit be§ 23eett)oüen'fcljen ®eniu§ in aßen ©attungen muftcatifctjer (Sompofition, aber auct) über ben raft* lofen ^lei^, ber im geitraume öon nur t)ierget)n Satiren biefe3 alle§ t)erüorgebract)t, in Gürftaunen geraden? SBäre biefem audj nict)t met)r gefolgt, fo t)ätte fidE) ber 3fteifter burdj ba% $ort)anbene fetjon einen ?ßla§ nnler ben in ber Sfttnft* gefct)icf)te tjeröorragenbften Scannern gefiebert, beim bie SSölfer @urotoa'§ Ratten in it)tn fetjon einen ber oberften Vertreter i£»rer Gtuttur unb tt)re§ 9?ut)me§ in (Sactjen ber STonfunft erfannt unb öeretjrt. SSie roenig bie Shtnftfritif; im (fangen gu biefem Gürgebnifj beigetragen, ift buret) bie angeführten ©teilen barau§ fattfam bargelegt morben. ®arum öerbient aber gerabe ber SKann unter allen feinet ©leiten tjerüorgetjoben gu »erben, ber \\ä) einer ber erften bom (Sf)oru§ getrennt, bie alten Sßor= urteile für §er!ömmlict)e§ unb (SingefebteS mögtictjft abgefdjüttelt unb fid) beftrebt, bem ©eifte ber 23eett)oben'fd)en S£onbid)tung im allgemeinen unb ©pecieüen redjt nat)e $u tommen unb fomit bie $adel gu beffen ©rlenntnifj t)od) aufmridjten. 2Sorau§geIjenb fdjon, aB ber fritiftfjen 33eurttjeilung ber C moll-<5infonie in ber 5tllg. 9)?uf. ßtg. (Srtoätjnung gefd)at), toarb $lmabeu§2öenbt genannt. §ier foll nun bem SSerefjrer S3eett)ot)en'ö ein 9Ucet)rere§ au§ ben ©tubien biefe£ erleuchteten Sßorgängerä üorgelegt unb ba= mit äugleid) ber ®an! gegoltt merben, ben Seber if)m fctjulbet. ®enn i|m gebührt ber 9Rut)m, ben b\§> batn'n öerfannten unb angefeinbeten Sonbidjter in feiner SSef enl)eit ben ßeitgenoff en tennen gelehrt unb ba= mitgteicfjfamein benfnmrbige§$erfö§nung§tt)erf üoEbradjt §u tjaben. 2)er fiebenje^nte Saljrgang (1815) ber 2111g. 9ttuf. 3tg. betoafjrt in 6 Hummern: „©ebanfen über bie neuere £on= fünft, unb öan SBeetfjoöen'ä Sftufif, namentlich beffen gibelio, öon *ßrof. 5lm. Sßenbt."1*7) 147) Die Gerechtigkeit erfordert es, daß neben und vor Wendt — 262 — SfuS biefer umfaffenbcn 2(bt>nb(ung möge tjier nur ein Keiner 93rucf>tt)ei( an'8 £age§Iid)t ge5ogen werben, ber btö SM* gemeine ber SBeetfjoben'fdjen 9Jcufif betrifft. Wadjbem fic£) SSenbt ü6er Stjarafteriftif in Sejug auf Cper einteitenb au§gefprodjen unb Stto^art ben gebüfjrenben (£f)renplat5 angemiefen, get)t er unter ber beförderen Ueberfd)rift: „SBeetfjoöen'ä muficatifdjer ßfjarafter" gu feinem eigent= (idjen ferner über unb fätjrt fort: „Obige ©ebanfen oerantafjte ba§ SBerf eines ÜMfterS, beffen reifer cotoffater ©eift burd) äRojart unb §at)bn mU §ünbet, au§ ber romantifd)en Snftrumentalmufif fid) g(eict)fam einen 2)om big in bie SSolfen erbauet r)at ©djmerlid) ruirb it)n ein nod) (ebenber (Somponift an 9?eid)tf)um großer unb ernfter muficatifetjer Sbeen übertreffen, bie nid)t burd) Seetüre ober 5tnt)örung ber Stonftüde SCnberer, fonbern burd) felbfteigene (Srtjebung in ein nod) nie Betretenes ©cbiet erzeugt gu fetjn fdjeinen; fdjmerlid) einer an ft'üfjnljett ber ^Ijantafie, beren gtug un§ (ruie in ber Sinfonia eroica) balb auf ba$ ©djtadjtgefübe trägt,1*8) roo bie golbenen Hoffnungen ber Golfer unb eine glorreidje ^etben^eit untergetjen, tuäljrenb eine anbere iljren 2luferftet)ung3tag feiert, balb in ben <2d)Oo3 ber Reitern Sftatur unb in bie muntern 9teit)en ber fröljüdjen §irten, mie in ber länb(icr)en ©infonie. 2ßir motten bamit feine§meg3 bie be= fdjreibenbe ober malenbe SO^ufif in (Sdjutj nehmen, gu metdjer $eetf)otien, ttrie fein Seigrer §at;bn, t)injuneigen fd)eint; benn einige (Sinfätte fdjer^after Saune abgeredjnet, bleibt Sßeettjooen, zwei Namen genannt werden, die mit Erkenntnis das Bauner Beet- hovens hoch getragen haben: Bettina von Arnim und E. Th. Amadeus Hoff mann. Deren Bedeutung ist geschildert in des Herausgebers neuestem Buche „Beethoven und Berlin" 1909. A. d. H. 148) Wohl zu beachten ist es, daß Beethoven uns in der Eroica nicht auf ein wirkliches Schlachtfeld führt, sondern „geistige" Schlachten ausführt. Wie Wendt, so huldigt auch noch A. B. Man diesem Irrtum. A. iL li. — 263 — ma§ ber Stfufifer feint fann unb fott, 3Mer be$ ©efürjts, unb tüie baä ©efütjt überhaupt nidjt orjne ©ebanf'en ift, fo derben bie in £önen feftgef)a(tenen (Stimmungen ber $ߣ)antafte be<§ gentaten Xonfünftterg aud) in Silbern gegenftänblid); er fcfyaut bie (Situationen, beren (Stimmung er fcfjilbert, unb bie Sin* fc^aulidjfeit, meldje feine Sonbitbungen in tt)rer Erregung unb ©ntfterjnng für it)n rjaben, fann mofjt oft ben ©rab erreichen, ba^ er btö Sidjtbare unb örtlidj SSeftimmte gefdjUbert ^u fjaben meint. 3n ber S|at aber ift 23eetf)oOen'3 äRufif fo menig @d)il* berung be3 SStrfücfjen unb (begebenen, baf$ fte oietmerjr jebem ©efübjte einen unbefdjreibtidjen, unb ungemölmlidjen ®rab ber 3nnigfeit unb Xiefe erttjeitt, unb ber mufit^funbige er§ fäfjig ift. Sa roenn man SBeetfyooen aud) nur barnad) meffen motlte, fo mürbe er üiefteicfjt t)ierin Oor allen feinen mufteafifdjen 3e^Se"°[fen fjeroorragen. ©eine ©efürj(3= maunigfatttgfett ift unermefe(id), feine £öne üerfünben immer eine nie empfunbene, nie genoffene SBonne, ba§> Ueberirbifdje ober Uuterirbifdje mirb an ben irbtfdjen Sliang get'nüpft, unb ftet§ erfdjeint er neu unb unerfdjöpfiid). £>od) mirb man batb bemerfen, bafj in feinen muficalifdjen 3)arfteflungen ba$ @rof$e unb (Sotoffate öor^errfc^enb ift. 35enn ob mir itjn g(eid) barin ben muficatifdjen Srjafe3peare nennen möchten, bafe e§ if)m eben fo roofjl mögtidj ift, ben tiefften Slbgrunb be§ fämpfenben ^ergenS, mie ben füfjen Siebet Sauber be§ unfdjutbigften ®emütf)e§, ben tjerbften, tiefften ©cfjmera, mie baZ fjimmetf)od) jaudjgenbe (Sntjüden, ba§> (Sr* tjabenfte, mie ba% 2iebtid)fte in £önen ju fd)ilbern unb au§= gufpredjen,*) fo neigt bod) fein ©eift $u ben £)arftelTungen *) SBeldie SSerfc^ieben^eit üon bei- nmnberfüfeen, tieffinnigen Gelobte jit betn ©oeüje'fdjen ,,3d) beult ©ein," ober bon ber tueljmutljSt'OÜ'en Stbelatbe an, bis 31t bem 5litanen!ainpfe in ber genannten Sinfonia eroica, bet tein Mofeer gauftfamöf ift! 8. SB. — 264 — tieffinnigen ®rnfte§, feuriger ©dnoärmerei unb erhabener $rad)t mit öoräügticrjer Siebe Ijin, unb fetjt bie t)öct)ften Effecte in fyarmonifdje 23etuegung. SSir erklärten un§ biefe<§ bafjer, ba^ SBeetljoüen'ä ©eniug bie STonfunft unter §arjbn'nftrumentaf= mufif bebient, ba mirb aud) ba§> Unerhörte in ber üftufif möglid), unb eine überirbifcfje ®raft fommt in ben 9J?enfd)en, fo bajj er fid) in folgen Momenten ber Semotjner einer t)öf)eren Sßett 3U fetjn mäf)nen fann. 9cid)t um bie frafttofe fölage, nidjt um bie fd)tt>äd)tid)e ©mpfinbfamfeit, mit einem 9Infdjein öon Slraft $u übertüncfjen, nid)t (mie ba% Wlotto mehrerer neueren 3>nftrumental= Somponiften fjeifjen fönnte, bie fefbft jur Smpfefjlung eine§ ge= meinen $töten*@oncert3 bie ^eiligen ^ßofaunen unb alle 3n= ftrumente in 33eraegung fe§en), um mit ^Bietern menig $u tt)un, fonbern um bie mannigfaltigen ©einölten ber SOcufit in einem unerhörten, ungeheuren ©inbrud ^u nerbinben, bie $ßer= lieifjungen be§ romantifdjen ©eifteso in ber Sftufif ^u erfüllen, bie uns üorgüglid) 9#0 3art gab, muffen alle Snftrumente ftd) — 265 — bereinigen, ja ber Sfteifter fetbft 6et)errfc^t fte mit berfelben 9J?ad)t, tüte ber Virtuos fein einzelnes Snftrument. Unb in ber STfjat fc^eint audj bie 3nftrumentat=9föuftf: i§ren Ijödjften ©taug erreicht 31t fyaben, mo, mie bei *8eetf)oben, alle Snftrumente feiner £ontt>erte, ja alle Snftrumente be§ gangen Drd)efter§ — g(eid) bem einzelnen SSirtuofen auf feinem Snftrumente gu= fammenfpielen muffen. £>ier ftefjt fein eingetneS für ftd), aüe bilben in unenbfidjer 2tbmedj§Iung unb SSerfnüöfung gteidjfam ein (ebenbige§ S£on=Uniüerfum.*) @o glauben mir 23eerf)oben'3 größte $nftrumentat=@ompo= fitionen gefdjilbert gu t)aben. 2e^tere§ a6er bem 9J?eifter gum 53ormurfe machen, fann nur ber Saie, ober ber 9)?ufifer, ber bie $raft unb 53ebeutung feiner Äunft mifjtierfteljt. £>enn mie überhaupt bie ©djtoiertgfeit nur eine retatibe ift — benn fonft mürbe man ftatt gu ÜDlo$art, §at)bn, dfjerubini fortgu* fdjreiten, bei filier, 23enba, Sßanfjatt u. f. m. ftetjen geblieben fetm: — fo ift ba§> ®efe§ ber $unft: mit menigem SSiel aud) nidjt ba§ t) ö (f) f t e ber Sfrmft — fonft mürben bie leidjteren Gattungen ber SCRufit, 5. $. Sieber gum (Statrier, bie f)öd)ften fetjn, unb bie italienifdje 9)Jufif unbebingt ben 23orgug öer= bienen; — im ©egenttjetf mufj e§ in jeber Äunft eine ©attung geben, me(d)e ber ergebenen .^unftmittet ftd) in iljrem gangen Umfange bebienen unb baburd) bin umfaffenbften (Sinbrud ifjrer Äunft geigen mufc."149) *) SSöre e§ bodö bem trefflid^en üftttgltebe be§ leipziger Äunfitribitnate öergönnt geroefen, aud) bie neunte ©tnfonte pt Ijören! 149) Schindler hat dafür gesorgt, daß das Wort von den Leip- ziger 0 in alle Welt getragen ist und wird. Seh. hat aher zu erklären vergessen, daß den Leipzigern damit schon deshalb unrecht geschieht, daß er, wie Beethoven selbst, sie allein als beschränkte Geister hingestellt hat. Denn jede Großstadt hat ihre 0 Der Tiergarten jeder Kapitale ist — äußerlich wie innerlich — gewaltig groß. So hat Wien, Paris seine 0 , und nun erst Berlin, wo man ja sprichwörtlich sagen darf: 0 Gott, wie groß ist dein Tier- garten! Und darunter muß besonders die Erkenntnis Beethovens leiden. — 266 — Was für Tintenkulis nehmen da die papierne Sella curulis ein? Diese Spezies ist ja die inkarnierte Streberzunft. Von Geist ist bei ihnen kein Hauch zu spüren. Der Gang dieser Tintenkulis ist gewöhnlich folgender. Sie stecken sich hinter einen namhaften Mann, dem gegenüber sie das Speichellecken bis zum Ekel erfüllen. Und so strebert sich das durchaus rückständige Kulivolk von Staffel zu Staffel empor. Von Kunst, zumal von Beethoven, hat das keine blasse Ahnung; dafür sitzen sie auf ihrer papiernen Sella curulis, und verhängen Tod über alles Neue, Bedeutende, denn sie verstehen absolut nichts. Sie be- kommen's sogar fertig, heute über ein und denselbigen Mann Hosianna und morgen über denselbigen aus irgend einem äußeren Grunde das Kreuzige zu rufen. Aber schnell genug ist der Tintenkuli fort- geblasen, und ein anderer ähnlichen Gelichters folgt ihm. Und dann kräht kein Hahn nach einem solchen Nichts. Der Tintenkuli behält den traurigen Ruhm, diesem oder jenem verdienten Geiste die Lebens- tage verbittert zu haben. Aber der Tintenkuli stirbt nicht aus. A. d. H. — 267 — VI. äSormürfe bcr ©djttHeriajfeit unb UntJerftänblidjfeit. „$ßa3 bie muficalifdje ©ctjmierigteit anlangt, fo miffen niete unter un£ fidj nod) ber ßeit jju erinnern, mo in mandjen Drctjeftern bie Klarinette nod) gan^, bie ^ßofaune überall fehlte, unb mo man 3nftrumentat=<3tüde taugfam einftubieren mu&te, bie Ijeut gu £age jebeS flehte Drdjefter oljne 3>?üt)e faft com blatte fpiett, anbere als unausführbar gurüdgelegt würben, an benen man fict) jefct überall ergoßt. Sa, oon 9J?05art'S äftufit ift eS un£ uor^üglid) befannt unb in frifctjem 9tnbenfen, baf$ [ie anfangt öon dielen Drdjeftern unroitlig bei (Seite gelegt mürbe, unb bei benen, roeldje bie itatienifdje SHuftE 2(Hem üor- gietjen, nod) fjeute übet berüdjtigt ift. ©etbft mürbige SDMnner, mie Ritter nad) 2lnt)örung tion Sftogart'S Cosi fan tutte, mußten auf ifjrem befdjränften ©tanbpuncte bamafö fagen, e§ tonne au§ bem Sftanne mofjl nod) etraaS raerben, aber er arbeite §u fctjmütftig. SBtr bürfen fjierin nictjt uergeffen, bafe eS ©eifter gibt, meld)e irjrer $eit mit bem ©eniuSflüget §uüoreilen, unb erft nact) fpäterer 3e^t bietteidjt erft bon ber üftadjmett, ba§> böltige unb tieffte SBerftänbntfc ifyrer Söerfe ermarten. $ant'S S3ei= fpiet in ber pjitofopljie, SHooftorf'ö, ©et) tu er 'S unb ©oetlje'S 25eifbiet in ber ^oefie, beren erfteS 3tuf treten üom publicum fo menig begünftigt mar, baJ3 bie gemeinen SHecen= fenten bamatiger ßeit1B0) biefelben mie ifjreS ©teilen betradjteten unb befjanbetten , fetbft 9tto§art'S angeführtes SBeifptel, beffen £)on Suan u. f. m. tjeut^utage bem muficatifdjen publicum jebeSmat einen muficalifdjen unb tfyeatratifcfjen f^efttag bereitet, ba man früt)ert)in bem untjeimüctjen ©eifte, ber in biefer er= tjabenen Oper maltet, gteicfjfam aus bem 2öege §u gefjen fdjien, jeugt baüon. ßu ben ©eiftern biefer 3lrt gehört auet) Q}eett)oOen. 99?ef)rere 150) Das sind die rückständigen Tintenkulis ihrer Zeit. A. d. H. — 268 — feiner Snftrumentat^ompofitionen (aufeer ben angeführten 5. 35. bie grofee C moll Sinfonie) beftätigen bie§ fcrjon jetjt, unb fein gibelio — mir magen bie3 ju proptjeseifjen, mirb eö autf) fünftig beftätigen, je met)r er in meifter haften Aufführungen, bie er eben fo fetjr tierlangt als öerbient, roirb genoffen unb «ietfeitig betrautet roorben ferjn. ®enn ba§ ift ba$ matyrrjafte tanaetdjen großer Sßerfe, bafj fie mieberljott gen offen, immer meljr befriebigen, unb burct) Betrachtung ber unenbticfjen ©djön* f)eit, metdje ba§> ©an^e umfdjftefet, immer reicheren ©eiiuft gemäßen, fo roie ba3 aufmerffame Auge am unberoötften §immet immer mehrere SBelten finbet unb entbecft." Sn roefcty rjorjem @rabe biefe im Sarjre 1815 au§ge= fprocfjene ^roprjeäeirjung be§ Seidiger Stunftgetetjrten in (£r* fütlung gegangen, meif$ bie ©egenmart au^ufagen. Sn fpe^ietter Be^ierjung auf gibelio ift 2t. SSenbt tmdj reiflicher Prüfung unb Bergteicfjung ber urfprüngtierjen ©eftattung ber Dper mit ber in groei Acte gufammengegogenen ju einem AuSfprud) ge= fommen, ber gteicfjfaflg in (Srinnerung gebracht ju merben öer* bient. (Sr tautet: „2)ie Duüertüre abgerechnet, finb bie Ber= änberungen ber beibehaltenen ©tücfe gan-j unmefenttitf), fofern fie nidjt mit jener llmftettung ber ©cenen in Berbinbung fielen. £>a nun aud) burefj biefe Umftetlung ber ©cenen für ba% £)ramatifd)e ber Dper menig gemonnen, ja ba§> Sftifcoerrjättnifj ber Stete nur Dergröfjert roorben ift, fo mürben mir auefj jeber 3)irection ratzen, biefe Dper im Sßefentticfjen lieber in ber urfprünglicrjen Bearbeitung aufführen gu taffen, unb finb gemifj, bafj bei miebertjottem ©enuffe präeifer unb begeifterter Auf- führungen berfetben, fomotjl üon (Seiten ber «Sänger at£ be3 Drd)efter§, bie matjren ^ftufiffreunbe fie immer allgemeiner an* erfennen, unb ifjren tarnen banftar in ba§> üftationaf^eitig* tf)um eingraben merben, in meinem SöcogartS göttliche Dpern prangen." SDafe jeboef) ber ©djarfblid be§ forfdjenben ©d)riftfteiler§ in biefer Abrjanbtung ein nad) jeber ©eite toöflig unbefangener — 269 — Wäre, ba$ SSenbt nictjt nadj mehreren Segierjungen f)in bennoer) ben 3ögting feiner $eit nnb ifjrer atigemeinen Befangenheit öerrietlje, barf oernünftigerweife laum oorauSgefetjt werben. Offenbare 23eWeife üon 3eit=Srrtpmern liegen in bem 2lb= fctjnitte „23eetf)ooen'3 Lanier" gu Sage, bie gegenwärtig befferen Ueberjengungen meidjen mußten. (Sin SSeifptet öon 3eit=3rrtt)um in anberer S5e^iet)ung mag ßeugnift geben. 2öenbt fagt: „SBiete Sßerfe S3eetf)oüen'§ 5. 23. mehrere feiner (Sinfonien, (Sonaten, tonnen nnr al£ muficatifcfje gantafien gefaxt unb gewürbigt Werben. Sn it)nen Oerliert aud) ber aufmerffame 3u^)örer ben ©runbgebanfen oft gan§ au3 ben 2tugen; er finbet fid) in einem rjerrlictjen Sabrjrintrje, wo auf allen Seiten üppige^ @ebüfd) unb wunberfettene ötumen ben Solid auf fid) gießen, bod) otjne ben gaben in bie ruhige §eimatt) Wieber §u gewinnen; be§ $ünftler§ gantafie fliegt unauftjattfam weiter fort, ^utjepuncte ftnb fetten gewährt, unb ber (Sinbrud, wetcfjen ba3 grütjere rnadjte, Wirb buret) baZ «Spätere nietjt fetten ausgetilgt; ber ©runbgebanfe ift gan§ öerfdjwunben, ober fdjimmert nur auä bunfter gerne in bem gtuffe ber bewegten Harmonie rjerüor." Sängere ßeit nad) bem (5rfd)einen biefer 5lbrjanbtung ergab fid) eine paffenbe Sßerantaffung berfetben in einem @efpräd)e mit S3eett)ooen 51t erwähnen. ®a erwieberte ber SOceifter: „(S§ ift biet 2Bei3t)eit, aber aud) diel Sdjutüerftanb barin. Sie fottten fie balb wieber tefen, unb nad) einigen Satiren wieber." Sßeiter feinertei Stnmertung, fein SSinf. — 33Selc6e§ war Wot)l ber redjte Sinn biefer oratelljaften SBorte? (Sollte mit bem $orberfa£ (2©ei^t)eit) bie ewig un* wanbetbare 2ßat)rtjeit, — aud) in Segug auf feine SSerte — mit bem üftad)fat$e (Scfjulöerftanb) etwa ba3 gemeint fenn, Wa§ eine fpätere $eit mobificiren, reformiren werbe? Sßielleicfjt! a3 oben gefefjene SSergeidjnif; ber Sßerfe au§ ber groeiten ^ßeriobe bemeifet gur ©enüge, mit raetdjer geftigfeit ber ÜDtofter feinen ureigenen 2Seg berfotgte, ofjne fid) burd) ben oft geringen Seifalt feiner ^eitgenoffen beirren gu taffen. 5tud> — 272 — Reiben bie mandjertei SSiberfprüdje in 3öort unb Xfyat bei unferm Weifter nod) nidjt bie ©eftatt angenommen, bafj fte in bie Kategorie be3 StufjergemöijnHdjen, 5(uffaUenben, menn aud) nidjt MtägUdjen, 5U ftellen mären. Snbefj: Tempora mutantur, et nos mutamur in Ulis.151) 2)iefe§, mie aud) be§ obigen <5a£e§ öom SOceifter ©oetfye, merben mir unä im Verlauf biefer Sßertobe öftere gu erinnern ©runb Ijjaben. £)iefe ^ßeriobe mirb 23eetf)oDen in gan§ oerfdjiebenen (Situationen aufftnben (äffen, ^ßroceffe ber mibertidjften ?frt unb bortfjer entftanbene (Sonflicte mit ©erid)t3t)öfen; Attentate auf feine ©eifteäprobucte Don greunbe3f)anb ausgegangen; gamilienungtüd; fctjnöber Unban! unb anbere§ nod) auf feine @emütt)3oerfaffung nadjtfyeüig ©inmirfenbe, — ba§ maren bie ©cfjidungen, bie faft in ununterbrodjener Reihenfolge itjm be= gegnet finb; 5U btefe ber ürfadjen, burd) meldje anbauer nbe $er= ftimmungen herbeigeführt morben. £>ortf)er ergeben fidj aud) für ben 53iograpb,en bie SSemeggrünbe, bei Slufäeidmung ber S3e= gebenfyeiten grofcenttjeUö ein anbereS SBerfaljren einfd)lagen ,^u muffen, inbem bie frau3 burd)einanber (iegenben Singe eine djronotogifdje üftebeneinanberfteüung nidjt burdjmeg gulaffen. 5tu§ biefer (Sjpofition erftefjt man, meld)' unangenehme, aber aud) fdjmierige Aufgabe §u töfen fetin mirb. 2)iefe ber SBatjrtjeit entfpredjenb 31t löfen märe unmögtid), f)ätte nidjt ba§ ©efdjid ben SSerfaffer biefen Singen in unmittelbare 9^är)e ge= bradjt unb märe ii)tn nidjt befdjieben gemefen, in $otge eine§ freunbfdjaftttdjen Sßerfyättniffeä gu bem £onbid)ter bei ben metften 95ortommniffen mit tljätig feUn gu fönnen. SSie biefeS 3}erf)ä(t= nifi entftanben unb mie e§ fid) im £aufe ber Safjre geftaltet Jjat, foll bie^mat im ^ntereffe ber ^u löfenben Aufgabe au3= 151) Das Wort wird in der folgenden Form zitiert: Tempora mutantur, nos et mutamur in Ulis; es wird auf Lothar I. (795 — 855) zurückgeführt, der aus einem Kaiser zum Mönch wurde. Nach dem überliefernden Schriftsteller Borbonus heißt das ursprüngliche Kaiser- wort „Omnia mutantur, nos et mutamur in illis". A. d. H. — 273 — für)rtid)er mit-jutfieUen nidjt unterlaffen toerben, löte in ber erftett Bearbeitung gefct)et)en. Bor ©rgreifung be§ f)iftorifd)en $aben3 nrirb e» x&tfßfy, einen Büd auf Beetljoüen'3 näheren $reunbe3frei§ ^u werfen, um §u feljen, tüetct)e öon ben (£tngang§ ber graeiten s$eriobe ge~ nannten 9Jiitgtiebern tt)rt nod) umgeben, metdje im gortfdjreiten ber $eit abgegangen, unb roetdje biefe letzteren mieber erfettf hatten, überhaupt au§ metdjen Männern biefer ÄreiS bei S5e= ginn unb im Bertaufe ber Sßeriobe beftanben. 2)ie ©egner Beetf)Oüen'cn=8iogra))0ic. jg — 274 — SSSien üerlaffen. Sei feiner 9?üdfefjr au§ SHufetanb, im Spät* fjerbft 1808,162) üermeitte er 6to§ bie erften SSintermonate bafetbft. SlöeS rjienieben ift \a ber Sßeränberung untermorfen, mie rjätte nidjt audj biefer fdjöne $reunbe3frei3 ©leidjeä erfahren füllen! ©d)on 1814 Ijaben mir ben (Senior, ben dürften SidjnotoSft), au§> bem Seben fdjeiben geferjen, nadjbem ifym bie $reube gemorben, feinen Siebling auf bem fjöcrjften ©ipfet be§ 9?urjme3 erbliden %u !önnen. Snt Saljre 1816 berliefj ©d)up= pan^ig^ SBien, um bie Seitung einer Sapelle bei einem 2(be(icrjen in 9?uf$(anb $u übernehmen.153) @r fetjrte erft 1823 mieber in bie £>eimatfy gurüd. Um 1817 üertiefe and) Oliüa bie Slaifer* ftabt für immer, um in ©t. Petersburg eine Sßrofeffur ber ©eutfdjen Siteratur anzutreten. Snt Seilte 1817 erfolgte bie (Snt^meiung mit bem getreuen greunbe S3reuning. 2>ie3 mar, nebft ©djuppanjigr/g Entfernung, ber fjärtefte SBerfuft für 33eet= tjoben. 2Bar ©rfterer ber oftmalige Anreger (aufteilen aud) ©ränger im eigenen Sutereffe) §u (Sompofitionen ober 2Iuf= füfjrungen, fo mar bagegen ber 5Inbre ber ftets befonnene unb uneigennützige äöegmeifer unb Reifer in bebrängten Momenten. S)ie SBieberoereinigung mit biefem alten $reunbe erfolgte erft im Safyre 1826;154) mitttermeile mar man aber beiberfeit§ um 152) Ferd. Ries hatte auf seiner Heise nach Rußland manches Abenteuer zu bestehen. So wurde das Fahrzeug, auf welchem sich Ries in Schweden eingeschifft hatte, unterwegs von den Engländern angehalten. Sämtliche Reisende mußten als Gefangene acht Tage auf einer wüsten Felseninsel zubringen, bis Ries endlich in St. Petersburg anlangte, von wo er in Gemeinschaft mit Bernhard Romberg eine Konzertreise ins Innere Rußlands unternahm. A. d. H. 153) Über Schuppanzighs Rückkehr aus Rußland und Beethovens launige Begrüßung des getreuen Kunstgenossen konnte ich bei Ge- legenheit der Mitteilung des drastischen Kanons von Beethoven: „Falstafferel, Falstafferel usw. laß dich sehen" vieles aus den Kon- versationsheften des Jahres vorführen. Vgl. den Kanon vom 26. April 1823 in B. S. Br. No. 965 (IV. Band) nebst Erklärungen. A. d. H. 154) Die Wiedervereinigung des Meisters mit seinem bewährten Jugendfreunde Stephan von Breuning erfolgte weit früher, als es — 275 — neun Sat)re älter geworben. — $n ben perföntidjen $8ert)ätt= niffen ber anbern greunbe fjatte fid) nad) unb nad) auct) manches öeranbert, ba§ Sßeranlaffung gemefen, fid) gegenfeitig feftener gu fet»en. (So mujjte SSeetljoben be§ Umgangs mit ßmelfatl ent= beeren, roeit biefer eine 9^eif>e üon Sauren burd) ©id)tteiben an'3 ftranfenbett gefeffeCt mar, unb ®anne gog fid) in fpäteren Sauren auS if)n allein betreffenben ©rünben üon aller ©efell* fc£»aft gurüd. £)od) üerbüeb er nod) Äririfer quand meine, aud) Hefj er ftd) nod) gumeiten üon 33eetf)oüen gu £ifd) eintaben. SO^it biefem ©onberting ot)ne ©teilen üerloren fid) bie 8m= üulfe gu oft fyartnädigen, für bie Stnmefenben fet)r intereffanten unb befeljrenben Gontroüerfen groifcfyen beiben Äünftlern, Oon benen ber eine Oormärt§, ber anbere aber rüdroärtä gu flauen liebte,155) bereu funfttfjeoretifdie mie äfttjetifdje 2lnfid)ten nur fetten übereinftimmen rooUten. (er roeltrjiftorifcfje Moment, mit roetd)em biefe SRufjtneSfeier gufammentraf, fonnte ntdjt üerfetjten baZ @r= eignifs §u ben gtan^Ootlften 51t geftatten, meiere bie @efd)idjte ber Xonfunft je ju öerjeidjnen rjaben roirb. SOcan üergebe ba% fdjeinbar Ueberfd)roänglicfje be§ 2lu3brud§, menn hinzugefügt roirb, bafc faft alle am SBtener (Songreffe oerfammetten §errfd)er ©uropa'3 bie 9?ul)me3urr"unbe unfereä Stfeifterä befiegett fjaben. ©erabe in jenen Sagen roarb ber rufftfdje ©efanbte, ©raf $afumoro§ft), oon feinem beim (Songreffe anroefenben ®aifer in ben gürftenftanb erhoben. 2)ie3 gab nebft ben geroörjnticfjen — 280 — „Reunions" im Sßalcifte biefe§ ®unftmäcen3 am £>onaucanat 23eran(affung 51t $eft(td)t>iten auf;erorbentlid)er 2lrt, gu bcnen imfer 23eett)ooen ftetö fjinjuge^ogen morben. ©ort mar ber SÜJMfter ®egenftanb allgemeiner Slufmerffamfeit oon ©eitert aller $remben; benn e§ ift (Sigenfd)aft be3 fctjöpferifctjen, mit einem gemiffen £)eroi3mu3 üerbunbenen @enie§ bie 2tufmerffamfeit aller (Sbten auf fiel) 51t gietjen. Ober, ift e§ nietjt £)eroi§mu£ l\x nennen, ruenn mir ben Stonbtct)ter mit SBorurttjeiten jeglicher 2trt, mit 3tttt)erfömmtid)em in ^infidjt auf feine Äunft, mit üfteib, ©djelfudjt unb S5ö§roitligfeit ber SDcufifer in 9D?affe, über atteS bieg nod) mit bem 5U Ausübung feiner ^unft nadj üer= fd)iebenen Seiten t)in unentbet)rtid)ften ©inn, bem ©et)ör, in ftetem Kampfe getoafyren, unb ben nod) bie erhabene ©tettnng, bie er fidj erftritten? Stein SBunber, bafj ein Seber fid) be= mutete, it)m feine ^ulbigung barjubringen. $on bem dürften 9?afumorü§ft) ttarb er ben anruefenben 9J?onard)en oorgefteltt, bie i£)m in ben fdjmeidjetfyafteften 2(u§brüden iljre 5(d)tung gu erfennen gegeben. £>ie ßaiferin üon Sauf^tanb münfdjte ifjn be= fonber§ gu becomptimentiren. 2)ie s$orftettung fanb in ben ©emädjern be3 (£r§rjer3og^ 9iubotttt) ftatt, in benen er aud) nod) bon anberen Ijotjen $j3erfonen begrübt morben. ©3 fdjeint, at3 fyabe ber (Srgtjergog ben Xriumpt) feinet erhabenen Setjrers ftetS mitfeiern motten, inbem er bie fremben £>errfd)aften §u ßu= fammenfünften mit 93eett)oOen in feiner SÖSotjnung eingetaben tjat. Täfyt ot)ne 9iüt)rung gebadjte ber grofce SJtofter jener Sage in ber faifertidjen 33urg unb im ^Satafte be§ ruffifdjen dürften, unb fagte einftmat§ mit einem gemiffen ©totge, er t)abe fid) oon ben tjotjen ^äuptern bie Gour machen taffen unb fid) babet ftetS borneljm benommen. 3m ?tnbtid'e biefer in einem Äünftterteben fo fettenen Situation redjt lange 31t uermeiten, märe mot)t erfreutief), atiein bie 23egebent)eiten brängen oormärtg. £>arum mufc bie Strennung fdjon jur ©tette erfolgen, mic e§ $)inge unb Llmftänbe er= f)eifd)en. £)iefe t)atten fid) alZbaib berartig geftattet, bafj nid)t — 281 — etma öon einer fucccffitoeit, in ßrcifdjenräumen erfolgten, fonbern üon einer ütötjlidjen Sßeränberung her (Situation gefürodjen merben mu^. £>, roie fur§ mar bie Stauer ber ungetrübten greube an bem frifcfj buftenben, fo fdivoer errungenen orange! 2Md)' rjerbes? @d)idfal für einen in reinfter ^Soefte bafjin tebenben Äünftter urülötjlid) ficfj in einen ®amüf mit gemeinen SBelt* Rubeln üermidelt ^u ferjen, ber nottjmenbigermeife 33erftimmungen be3 ©emüttjä herbeiführen unb aud) nocfj anberroeitige folgen nad) fidj §tet)en mu&te! — Um mit ^lufäeicfjnung ber üon unferm 9)Mfter erbutbeten £anta(u£=£lua(ert 51t beginnen, mirb poörberft ein SHüdbtid auf bie gtorreicfjen Sage be§ 8. unb 12. Secember 1813 nottyroenbig, an benen nebft ber ©infonie in A dur aud) bie ©d)(ad)t bei SSittoria gur erften 3(uffüt)rung gekommen, gerner tjaben mir un§ §u erinnern an 23eetf)oben'3 bei biefer ©etegentjeit üer= öffentlid)te§ £)anf'fd)reiben, in metdjem am ©djluffe au^brüdüd) gefagt ift, bafe ber §of=9)?ed)anifer Wlaelftei biefe 3lfabemien üeranftaltet unb ba$ 33eettjoüen bie 3Ser= füredjen gemacht, ©etjörmafcfjinen für itjn anfertigen 51t moüeu. Um ifjn r)ier§u an^ueifem, comüonirte Söeetrjoüen für bie üon Wadftt neu erfunbene „$JSanf)armonica" ein ©tüd „@d)tad)t= ©infonie." £)er ©ffect biefeö ©tüde§ mar fo unerroartet, bafj ber äftecfjantf'er unfern SBeetrjoüen aufforberte, e§ für Drdjefter §u inftrumentiren. tiefer, längft mit bem $(ane befd)äftigt, eine grofje ©d)(ad)t=©infonie §u fcfjreiben, mitligte in ben $orfd)lag unb fcfjritt fog(eid) jur Ausarbeitung beö ganzen Sßerfeö. Sftacf) unb nad) mürben aud) oier ®er)örmafd)inen fertig, üon benen — 282 — jebod) nur eine braudjbar befunben morben unb gtoar bie fleinfte unb einfad)fte oon allen. 2)er erfte 3ufawmenftof3 ber Beiben greunbe erfolgte fdjon 1813 baburdj, bafi ättael^et, allein mit bem Arrangement ber Afabemie für ben 8. £>ecember befd)äftigt, auf bem Anfd)tag= fettet §u bemerfen fid) erlaubte, biefe <2d)lad)t= fraglidje SBer! für bie gelieferten @efjürmafd)inen, überbieS nod) für eine bebeutenbe ©elbfdjutb in Anfprud) nelnne. — tiefer unerquid= lidje (Streit bilbete ba§> ^orfpiet gu ber beborftetjenben $unft= feter. 2)a3 Söenetjmen be-3 ecember mürbe Söeetbjooen aufmerffam gemadit, bafj ^DZaelsel Gelegenheit fudje fiel) ber Partitur 51t bemäd)tigen. 2)a i|m jebocf bie§ nid)t gelang, fo richtete er feine Solide auf bie Drcfjefter=©timmeu, bie gu bemadjen man bei Qtiten oerfäumt bjatte. $on biefen bradjte er mehrere bei Seite unb ließ fie bann in Partitur f eisen; ba§> Abgängige roarb burd) irgenb einen 9ftiett)<§maun hinzugefügt. Snt 9ftonat April be§ SaljreS 1814 erhielt 93eetf)oüen auS äftündjen $unbe oon ber erfolgten Aufführung ber ©d)lad)t= (Sinfonie bafetbft burd) 9)?ael,3el,*) fo mie äugleid), bafj biefer bort augfage: er muffe fid) mit biefem SSerle für eine ©d)utb= forberung Oon 400 £)ucaten an 23eett)oüen bezahlt madjen. 9cun mar eS an ber 3e^ @ct)ut3 für SSafjrung feineö @igentrjitm$ bei ben ©eridjten 5U fudjen. Sn ber für feinen Aboofaten niebergefdjriebenen Sepofition — bie im Original borliegt unb unter ben Ergänzungen wortgetreu aufgeführt er- *) Sie 5Wg. 9Kuf. Btg. XVI, 291, enthält einen 93erid)t aus Wunden über biefe Muffütyrung. — 283 — fdjeint — erffärt ficfj ©eerrjouen barjin: „W\x famen überein, gum 23eften ber Krieger btefeö SBerl; unb nod) mehrere anbere bon mir in einem (Soncert gu geben. SSärjrenb biefeS gefdjaf), fam id) in bie fdjrecflidjfte (Mbberlegentjeit.*) iBertaffen bon ber gangen 2öe(t rjier in 2Bien, in (Srroartung eine§ SBedjfefö :c, bot mir 9J?ae(get 50 ©ucaten in ®otb an. Set) nafjm fie unb fagte itnn, baf3 id) fie it)m t)ier miebergeben, ober itjm baä SBerf nad) Sonben mitgeben motte, faH§ id) nietjt felbft mit iljm reifte — mo id) it)n im letzteren gälte bei einem engtifdjen Verleger barauf anroeifen merbe, ber it)tn biefe 50 Ducaten be= 5a^en folle."157) gerner ift einer bon S3aron ^agquatati unb bon bem £>of= unb ©erid)t3=2(bbofaten, Dr. oon Slbtergburg anSgefteltten (£r= ftärung, fo mie nod) einer 9tufforberung 93eet§ooen'§ an bie Stontünftter in Sonbon 51t ermähnen. 2lu§ erfterer im Original bortiegenben, 00m 20. Dctober 1814 batirten Urfunbe gefjt Ijerbor, bafe Seettjoüen fid) feinet @tgentrjum<§red)te3 auf baZ fragliche SSert in nichts begeben Ijabe. $n ber 9tufforberung an bie Sonboner STonfünftter geigt SBeetfjoben ba§> 51t 9ftünd)en ©efdjerjene an, unb erttärt meiter: „£)ie 5luffürjrung bieferSöerfe (bie ©iege3=©infonie unb bie ©crjtadjt bei SStttoria) burd) §errn SDcaetget ift ein 23etntg gegen ba§> publicum unb eine 93e= *) tte&ev biefe guftänbe im ^afire 1813 ift toorgefjenb fefion ein grau in grau gemattet SBilb aufgefieüt luorben. 157) Die Briefe in Sachen Mälzeis stehen nach den Originalen aus Schindlers Beethoven-Nachlaß als „Erklärung und Aufforderung an die Toukünstler in London" vom 25. Juli 1814 in B. S. Br. No. 395 (II. Band); dort befindet sich auch die von den Herren v. Pasqualati und Advokat C. Edler von Adlersburg abgegebene Ehrenerklärung (S. 203 des Bandes). Dahin gehört ferner das Schreiben „Für seinen Advocaten Hr. v. Adlersburg" (Juli 1814), worin die ganze Mälzel- Sache vorgeführt wird (B. S. Br. No. 394, II. Band). Dieses Schreiben deckt sich im ganzen mit dem Dokument aus Schindlers Beethoven- Nachlaß Mappe I, No. 10, betitelt: „Depositum" (cf. Nohl, Briefe, No. 113, S. 108f.). A. d. H. — 284 — einträd)tigung gegen mid), inbem er ficf) it)rer auf einem trtber- red)ttid)en SBege bemädjtigt Ijat," unb marnt enblidj gegen biefe r,t>erftümme(ten" SSerfe.*) 358) 2)iefe ?lufforberung f)atte gur ^ofge, ba^ 9J?aetjet eine STuffüfyrung biefer SBerfe in Bonbon gu unternehmen nid)t gemagt tjat. 2)ie gerichtliche ©infdjreitung aber in SBien blieb erfolglos, inbem ber SSerffagte in roeiter $erne getuefen, unb fein Vertreter ben 9fted)t3E)anbet in ungemeffene Sänge IjinauS ju fdjieben üerftanb, moburd) bem Kläger namhafte Soften unb immer neue Sßerbriefjtidjfeiten ermacfjfen ftnb. 2)arum ftanb unfer SDtofter üon weiterer Verfolgung ab, ba mitttermeUe bie Sttjatfadje ftrf) Verbreitet unb ben fd)ted)ten $reunb üon neuen $erfud)en abgefcfjredt tjatte. ©ie ©erid)t§foften mürben „ju gleichen Streiten aufgehoben." SJZaet^et fam niemals meljr nad) SSien gurüd, fud)te aber ben Hintergangenen $reunb fpäterrjin norf) brief(icr) auf, a(3 er beffen @mpfei)lung für fein Metronom 31t bebürfen glaubte, ©iefer Srief Oom 19. Slpril 1818 aus $)3ari§ befinbet fict) tjier. Sarin füiegett er Seetfjoben üor, er §abe eine ©efjörmafdjine behufs be§ £>irigiren§ (!) für it)n in Arbeit, ja, er forbert if)n fogar ju einer mit it)m 5U madjenben Steife nad) Sngtanb auf. ©eine gufriebentjeit mit bem Metronom ttjeitte ber Sfteifter bem 9#ed)anifer mit, oon jener 9#afd)ine aber §at er niemals mieber gehört.159) 2öar biefer Vorfall für unfern SJceifter gleidjfam bie Vor= fd)u(e ju einer großen ©umrne ifjm roeiterfjin nod) beOorftef)en= *) SDiefe tlrfunbe erfdjeint unter ben (Srgänjungen. 158) Cf. B. S. Br. No. 395 (II. Band). A. d. H. 159) Alle Mälzel-Dokumente beweisen nur, daß Schindler diese Angelegenheit sehr richtig dargestellt hat. Die Parteinahme Thayers zugunsten Mälzeis nützte diesem durchaus nichts. Es kam dahin, daß sogar Prof. Behncke in seinen neuen Auflagen der Marxschen Beet- hoven-Biographie sehr stark gegen Thayer zu Felde ziehen mußte. (Cf. Marx-Behncke, Beethoven, V. Aufl., S. 211 ff.) — Beethovens ver- söhnlichem Charakter stellt es jedoch das herrlichste Zeugnis aus, daß er trotz aller stattgehabten Fehden mit Mälzel doch wieder in freund- — 285 — ber Erfahrungen auf einem $elbe, auf meinem 'iftiemanb gerne Erfahrungen §u machen toünfdjt, fo bietet er un§ einen teifen 23orge|d)mad bon bem batb Äommenbeu. Slfö nädjfteS SRefultat au§ biefem Erlebnifj ergab fid) bei Söeetfjoüen ein in toett f)öt)erem ©rabe gefteigerte§ äRifjtrauen gegen öebermann in feiner Umgebung. @§ offenbarte fid) aud) in ber Verfügung, Oon nun an ha** Steifte in feiner SSofynung copiren 5U taffen. 3)a biefe§ jeborf) nidjt immer t[;unlict) gemefen, fo controlirte er feine (Sopiften felber, ober tiefe fie burd) 5(nbere überteueren, gumat bereite gälte oorgetommen, ba}$ felbft biefe Seute, öerfütjrt burd) Verleger, feine 9#anufcripte Oerfauft Ratten. SBie fetjr er fortan oon ber 93eforgnife gequält morben, e§ tonne burd) bie Verleger Unfug mit feinen SRanufcripten gefct)et)e», bezeugt aud) eine ßufdjrift au m^d) oom 1. Suni 1823 au3 £>e£enborf. ®iefe tautet: ,,©inb bie Variationen (Op. 120) fdjon nad) Sonbon abgegangen? NB. errn % bem gürften bie SO^effe umfonft anzutragen, zc. bamit £>r. % — gum brüten s3Me ein SSerf oon mir fteljte; 2Bod)er*) mufj tjierauf aufmertfam ge= madjt loerben." — £>iefe berbädjtigenbe 3tnmerlung ftefjt aber nidjt im Briefe, fonbern oon STufcen, unb ber S^ame be§ bie Stngetegentjeit mit bem dürften beantragenben 9}2ufifoerteger§ ift beuttid) au§gefd)rieben.160) *) Sefretair be§ gürfien (Sfierfiast). liehen Verkehr mit diesem Kunstmechanikus treten konnte. Ein Be- weis ist der auch hier von Schindler erwähnte Brief Mälzeis an den Meister vom Jahre 1818 (April). Dieser Brief soll noch zur Charak- teristik Beethovens in einer voraussichtlichen zweiten Auflage der Briefe vom Jahre 1818 mitgeteilt werden. A. d. H. 160) Siehe den Brief in des Herausgehers „Neue Beethovenbriefe" S. 116. A. d. H. — 286 — ©inen groeiten £rjei( gu biefer $ßorfd)ute 6etrübenber (Sr= fafjrungen unb folgerecht audj erfdjütternber ©emütrjSbemegungen bitbete ein anberer 9?edjt3faII, ber fiel) unmittelbar bem mitge* ifjeitten angeredet rjat. $ürft Sobforoitj, ber grofee $unft=9JMcen, ber feine Kenner üornetjmlid) be§ ©efangSmefenS, rjatte fiefj in feiner Äunfttiebe gu meit üon jener i^inte entfernt, bie ber üorfidjtige §au§rjalter gtoifdjen |mben unb ©oü niemals aus ben klugen üerliert. SSas Stauen immer an ©efang$=$irtuofen befeffen, liefe er fommen; unb in feinem Sßalafte ben SOcuftffreunben rjören. Srjtn üer= banften fie bie £>ocfjgenüffe, meiere burefj bie Vorträge Don GreScentini, ©riggi, ber beiben ©efji, unb nodj burd) eine (ange SReirje anberer itaiienifdjer Äunftgröfeen geboten mürben. 8m Sat)re 1816 marb biefen §errtid)(:eiten burd) ba§> Ableben beS dürften ein $iet gefe|t. $ür unfern Xonmeifter aber rjatte biefer SobeSfatl nocij eine meitere SSebentung; eS mürbe nämtiefj über fämmtüdje @üter be§ dürften bie gericfjtiicrje ©equeftration üertjängt unb bem sDceifter bie fernere STuSbegarjtung beS ?(ntrjeii3 üon 700 ©utben, ben ber üerftorbene $ürft in ber 9fJenten*Ui> fnnbe oom 1. 9D?ärg 1809 an Söeettjoüen gu begasten fiefj üer= pflichtet rjatte, ftreitig gemalt, (£r trat bemnadj gegen ben ©equefter alz Kläger auf. Mein ba§> 9?efu(tat mar ein, üon bem früher bereits ftreitig gemachten 2(ntf)ei( ©eitenS ber fürftttdt) ÄinSfr/fcrjen SSormunbfcfjaft, gang entgegengefefcteS. Sn biefem 9ted)t3ftreit blieb Söeetrjoüen ber untertiegenbe Streit; er rettete nid)tS. 3um erften SM w feinem Seben fjatte er ©e= tegenrjeit gu fetjen, mie ffar abgefaßte SftecrjtSpuncte üon bem einen 9Ric£)ter für raeifj, üon bem anbern für fdjmarg erflärt merben fönnen, unb mie gang unfcfjetnbare ®inge gu einem 9fted)t3fprud)e führen, üermöge meinem ein lange aufrecfjtfterjenbeS 9fod)t plötjlicfj gu einem Unredjt umgemanbett mirb; er (ernte bie roädjferne üftafe beS ©efe£e£ fennen. S)ie bis nun geführten ^roceffe mit ber fürftlid) frinSfr/* fetjen ^Bormunbfdjaft, mit bem §of=9J?ed)anifer Wladtfi unb mit — 287 — bem fürfttidj Sobfomitj'fcrjcn ©üter=Sequefter Ratten unfern 9fteifter mit ben 9ftt)fierien ber Xtjemiä in fo fjotyem ©rabe befannt gemadjt, bafj man annehmen foHte, er merbe au3 9ftüd= fidjt auf feine fünftterifd)e SßirffamMt unb pf)t)fifcrje§ 2Solj)^ beftnben in'3 künftige jeber Sßeranlaffung auömeidjen, biefe Söefanntfdjaft $u erweitern, um feine QSerrjättniffe nacrj jeglidjer Seite tjin nidjt nod) metjr 511 gefät)rben. ®em ft>ar jebocf) nidt)t atfo. 2)a3 ©djidfal t)atte ifym nod) fdjmerere Prüfungen öor= behalten unb felbft über fein beffereg SSotlen beftimmt. Sfje mir un3 aber biefen fingen 5umenben, um ben Sfteifter auf feinen ©ängen in'3 Snnerfte biefer äfttifterien 51t begleiten, motten mir einen 33Iicf auf bie (Sr^eugniffe feiner DJhtfe au§ (etster $eit merfen unb berühren, maS bamit in Sßerbinbung ftetyt. (£3 mirb öon Sntereffe fetyn gu öernefymen, ma3 nad) bem ereignifjreidjen Satyr 1814, überhaupt nad) biefem unru()e= öotten unb fo fefyr aufgeregten geitmoment, 5U ^ßap^r ge= fommen. 3unäd)ft mar e§ bie ©onate in gmet poefiereidje unb im crften unb brüten ©a£e ungemölmlid) ferner barjnftellenbe 2ßerf eingeführt. 2)iefe beiben ©ä£e bezeichnete ber SRetfter mit: „Sträumerifdje Gm= pfinbungen;" it)r Vortrag erforbert freie SBeroegung. £)iefe ©onate trägt bie ©ebication an bie grau Saronin SDorotfjea üon (Srtmann, ein S^ame, bei bem mir etma§ üertoeiten motten, inbem biefe £>ame im mufifalifdjen SBien bamaliger ßeit einen ber erften ^Stä^e at§ ^ünftlerin auf bem $ßianoforte behauptet t)at. grau üon (Srtmann, geb. ©rau= mann au3 granffurt am 9J?ain, mar bie ©emafjtin beä Dberften üom !. t 3nfanterie=9?egiment „§odj= unb 2)eutfd)meifter," ein 9Jcann, ber einerfeitä ein ganzer ©otbat, anbererfeitS mieberum ein ganjer Stünftter gemefen, bem bie Söiener in gotge muftei> Softer SfuSbtfbung feines 9ftufii>(5orp§ üiete Satjre tjinburd) au^ge^eidjnete ©enüffe 51t üerbanfen gehabt*) £)iefe Stünftterin im eigentlidjften SBortfinn ejceltirte ganj befonberS im 9tusbrude be3 2fnmutt)igen, garten un0 9toiyenr aber aud) im liefen unb (Sentimentalen, bemnad) fammtttdje Sßerfe üom ^rin^en Soui§ gerbinanb üon ^ßreujjen unb ein Sttjeit ber 23eetf)Oüen'fd)en it)r Repertoire gebdbet t)abeu. 3Sa§ fie t)ierin geleifiet, mar fd)tect)terbing§ unnad)at)mtid). ©elbft bie üerborgenften Intentionen in S3eett)oüen§ SBerfen erriete) fie mit fotd)er ©idjerljeit, af3 ftänben fetbe gefdjrieben üor iljren SUtgen. 3m ©teidjen tt)at e§ biefe §od)finnige mit ber Sftuancirung bes geitmafeeg, oag befannttidj in üieten gälten fid) mit SSorten nietjt begeidjnen ßifjt. ©ie üerftanb e», bem ©eifte jegtidjer ^Sfjrafe bie angemeffene 93emegung gu geben unb eine mit ber anbern fünftterifd) $u üermittetn, barum altes motiüirt erfdjien. Somit ift e£ itjr oft gelungen, unfern Qbxofc *) $)aß genannte üiegiment $at in Sßien feinen Serb^e^r!. — 289 — meifter 51t tjotjer Semunberung §u bringen.161) 2)er richtige ^Begriff oon Xactfrci^eit im Vortrage fct)ten Ujt angeboren §u fetm. SIber aud) mit ber ßolorirung faltete fic nadj eigenem ©efüfyle nnb umging bi§meilen bie SSorftfjrift. £)er (£e(bftbitf)terin mar bteSfattS manctjeä nad) eigenem (Srmeffen gu tt)un geftattet. ©ie braute in berfdjiebenen üon Slnbern toerfamtten ©ä£en faum geahnte SBirlungen tjeröor; jeber ©aij mürbe 511m Silbe. SSergafc ber 3u*)örer oa§ Seinen beim Vortrage be§ mtjfteriüfen Sargo im £rio D dur, Op. 70, fo berfetjte fic iljn mieber im 2. ©a£ ber «Sonate in E, Op. 90, in Siebe^monne.*) 2)a§ oft mieberfe^renbe «pauptmotiü biefeä ©atjeS nuancirte fie jebeSmat anber§, rooburtf) e§ batb einen fdjmeidjelnben unb liebfofenben, halb mieber einen metandmtifctjen (Sljarafter ertjiett. 3n fotdjer SSeife üermodjte biefe Stünftlerin mit ifjrem Slubitorium 51t fielen. Mein btefe ftunbgebungen feltener ©eniatität maren feine§roeg§ 9Refuttate eigenmilliger ©ubjectioität, fufeten btelmetjr gan§ auf SSeettjoöen'ä 2(rt unb SSeife im ©etbftoortrage feiner SBerfe, überhaupt auf feiner Setjre infyatttjabenbe (Sompofitionen §u bet)anbeln, bie üftiernanb in bamatiger $eit fidj met)r angeeignet tjatte, als biefe 2)ame. Safyre tjinburd) — bi3 Dberft bon ©rtmann 1818 ab§ ©enerat uact) 9)tai(anb öerfet^t roorben — oerfammelte fie entmeber in *) ®er feine Sinn be§ ©rafen 2icbnott)§frj, bem btefe ©onate ge= mibmet ift, liefe ibn Bei näherer 23efanntfd)aft mit bem 28er!e befonbere Intentionen barin öermuttjen. Stuf feine anfrage bie§faC§ erioieberte ber 9Iutor, er ^abe ibm feine Siebesgefcbidjte in 2ßufif fe£en motten unb inünfcfie er Ueberfduüften, fo möge er über ben elften ©a|5 fcbreiben: Samöf ätnifdjen $opf unb §er§, unb über ben ^weiten: ©onöerfation mit ber ©e= liebten. — ©raf Sic^now^fn tjatte fid) nad) bem Sobe feiner erften ©e= mabtin in eine fet)r gefc£)ä£te Dpemfangerin bertiebt, feine Agnaten »roteftirten jebod) gegen eine ebeticbe SBerbinbung. @rft nad) mehrjährigem Kampfe gelang e3 ibm 1816 atte föinberniffe ju befiegen. 161) Eine sehr ausführliche Monographie über diese Künstlerin erschien vom Herausgeber in der Deutschen Musikerzeitung vom 4. Juni 1906 ab bis August des Jahres. A. d. H. 2t. ©d)tnMer§ 23eetfjoucn--93toava|)t)ic. 19 — 290 — iljrer SSoljnung ober an anbern Drten, aud) bei ßart (S^ernt}, einen ®rei§ bon ädjten 9ttufiffreunben um fid), fjatte überhaupt um Spaltung uiib gortbitbung be3 reinften ©efdjmatfeö in ber ©Ute ber ©efettfdjaft grofee SBerbienfte. ©ie aflein mar ein Sonferüatorium. Dtjne grau öon (Srtmann märe 23eett)oüens (Stabiermufif iu Sffiien notf) früher bom Repertoire berfdjtounben, allein bie sug(eid) fd)öne grau ÖOn f)°*)er ©cftalt unb feinen £eben§formen betjerrfdjte in ebetfter Wbfidjt bie ©efinnung ber SBeffern unb ftemmte fid) gegen baZ §eranbrängen ber neuen Ridjtung in (Sompofition unb ©piet burdj §ummet unb feine Epigonen. 33eett)oben f)atte barum boppetten ©runb, fie mie eine Sßriefterin ber Sonfunft ju bereden unb fie feine „3)orot£)ea- Gaecüia" 5U nennen. Sin anberer <2d)(üffet, ba§> fünftterifd)e Vermögen in ber Reprobuction 5U fo fjotjem ©rabe ju fieigern, ftnbet fid) bei grau öon (Srtmann nod) in ber ct)ara!terifttfcr)en ©tgent)ettr atteS, ma§ ifyrer Snbibibualität nict)t entfprad), nid)t auf Ujr *ßutt 5U legen. SBerfe, mie 3. 23. bie Sonate mit Violine iu A moll, Op. 47, ba§ STrio in B, Op. 97, fpiefte fie niemals oor Kennern im großen Räume, benn fie füllte ir)re ptjtjfifdje ®raft für bort nid)t au£reid)enb. Sm Sntereffe foldjer SBerfe f)ieft fie feft an bem @a£e: 2lße§ pafjt nid)t für Sffle. 2)ie SSirtuofeu beibertei ©efd)(ed)tö in unfern Sagen fennen teiber btefen @aU nidjt, pfufdjen barum, mie in allen ©enreS, fo in berfdjiebenen ®unftepoct)en, t)erum. 3>m muftfaüfdjen £f)eü mirb e§ Söeranlaff ung geben, ber tünftlerifdjen ©otbatenfrau im Vereine mit einer anbern Äunftpriefterin aus jenen Sagen mieber gebenden §u muffen. SBetdje (Rettung biefe ftünftlerin bei Sßeetfyoben gehabt, er= gellet nid)t b(o§ au§ ber für fie unb ifyre ^8ortragS=(£igen= tf) um Herleiten gefdjriebenen ©onate, aud) feine an fie gerichtete 3ufd)rift öom 23. gebruar 1816 bei Ueberfenbung be3 ge= brudten ©jemptareä biefeä 22ßerfe§ befagt e3. 2)a§ Driginat baoon befinbet fid) in ber 2lutograpf)en=<2amm(ung it)re§ Reffen, Sllfreb Ritter öon granf, in 2Bien. 2>er 9)töfter fdjreibt: — 291 — äfteine liebe, mertfje £)orotfjea=(Saecilia! Dft fjaben ©ie mid) üerfennen muffen, inbem idj Sfynen gumiber erfctjeinen mufjte, üiele§ lag in ben Unftänben, befonber<§ in ben früheren ßeiten, mo meine 2öeife meniger at3 je£t anerkannt mürbe; ©ie miffen bie Deutungen ber unberufenen 9fyoftel, bie fid) mit gang anbern Mitteln a(3 mit bem @oan= gelium forthelfen, hierunter Ijabe id) nidjt gerechnet motten fetyn. — Empfangen ©ie nun, toa§> Seinen öftere gugebadjt mar, unb ma§ S^nen einen 93emei§ meiner Stntjänglidjleit an Sl)r Slunfttalent, mie an Sfjre $erfon, abgeben möge. 2)afj id) neulicf) ©ie nid)t bei (£5. [©jenilj] fpielen t)ören fonnte, ift meiner ^ränlücljfett äujufdjreiben, bie enbtid) fdjeint cor meiner ©e= funbf)eit§rraft gurücf fliegen gu motten. 3d) fjoffe balb üon Stmen $u Ijören, mie e3 in ©t. gölten mit ben — fteljt, unb ob @ie etmaö galten auf Sljren 2Serel)rer u. greunb & öan 23eetf)Oüen.162) 21tte3 ©djöne Syrern merttjen 9)ta nn unb ©emal Oon mir.*) ®er erfte 5£t)ei£ biefe§ 23riefe3 ift in ^öe^ug auf einzelne s$t)afen ber 2eben§gefd)id)te unfern 9J?eifter§ Oon nid)t geringem Sntereffe. 2Sir üernetjmen fein eigene^ ©eftänbnijj über feine bamalige unb aucfj frühere ($emütl)3üerftimmung, bie Duette anbauernben 9JciJ3mutl)g, unb bürfen au3 ben SBorten, bafj feine SBeife frütjer meniger aU jur $eit anerkannt morben, ben ©djtufe gießen, bafj er bie3fatt§ mit ber ©egenttmrt nidjt *) §err unb grau üon (£rtmann befanben fi in jenen Sogen 511 ©t. gölten, 6—7 ©tunben öon SSien entfernt, Safelbft lag eine 2tbtt)eituttg beS 3Snfanterie=s,Hegnnent§ in ©ornifon, beffen £)berft §err t>. ©rtmonn mar. 162) Siehe den Cäcilienbrief B. S. Br. No. 496 (III. Band). Das Datum wird dort anders als bei Nohl angegeben, die Beweisführung ist in obengenannter Monographie, auch in B. S. Br. enthalten. A. d. H. 19* — 292 — gang unsufrieben geroefen.*) — SDJit ben „Deutungen ber unberufenen Slpoftet" mit! ber Sfteifter ba§> ©ebafjren ber $ort)pf)äen in ber neuen 9M)tung be§ (SlatnerfpielS be§eitf)nen, f)inter meld)er bie Strenge, $unftjünger tüte Dilettanten, eben fo atl)em= unb gebanfen(o§ ein hergelaufen, roie um Wenige Sat)re fpäter tjinter ber italienifdjen Dpernmufif. sparen mir boct) fd)on §omer im erften ©efange feiner Odussee fagen: ®enn ber neu'fte ©efang ert)ält üor aßen ©efäugert 3 mm er öa§ lautefte £ob ber aufmerffamen SBerfammlung.163) 2öorte, bereit tiefer ©inn unferm SDtofter nicl)t entgangen, benn er fjat fie im 23ud)e angeftrid)en unb nod) befonber§ au§gefd)rieben. 2öetd)e 2tnmerfungen mürbe er mol)t über ba% ©uangelium ber „3ufunft3mufif" gemacht fjaben, mit mefdjem fid) in unfern Xagen itjre 91poftel fortgurjetfen bemüht finb?! 2tn bie A dur=©onate reibet fid) unmittelbar bie @nt- fterjung ber beiben ©onaten in C unb D dur, Op. 102. Der 9J?eifter fjat biefe Didjtung feiner f)od)t)erel)rtett $reunbin, ©räfin Sparte (Srböbt), geb. ©räfin üfti^ft), gemibmet, bie er bereite burd) SSibmung ber beiben großen Srio'S Op. 70, auägqeidmet rjatte. 3Sa§ biefe Dame lange Sarjre rjinburd) für Q3eetrjotien gemefen, be^eidinet ein 2$ort, er nannte fie feinen „Q3eid)tüater." Wit bem Slbet ber ©eburt bereinigte fid) bei ifyr 51bet ber ©eftnnung, roeldjer bei ben anbern @ben= bürtigen nidjt immer im gleiten SKajje ^u ftnben mar. (Gräfin (Srböbrj rjatte in il)ren.mal)rt)aft freunbftf)afttid)en (Sefinnungen, nidjt minber aber aud) in ber offen befunbeten ^ietät für ben 9fteifter niemals gemanft, mie bie3 faft alle ttjreö ©leidjen getljan, unb itjn üerlaffen, nadjbem ein neue§ ©eftirn am italienifdjen §immel aufgegangen mar. Um 1820 narjm fie il)ren beftänbigen Sßotjnft^ in 9ftünd)en; ba% 3at)r itjre§ 216= lebend mar nid)t gu ermitteln.164) *) Sßergt. ba3 e. 185 it. ff. SluSgefagte. 163) Odyssee, X. Gesang, Vers 351—352. A. d. H. 164) Beethovens Beichtvater, Gräfin von Erdödy, starb im Jahre — 293 — 2(n genanntes 9£erf fnüofen fid) ©rtebniffe unb Vorgänge ungemürjnttdjer Wrt, bie bafjer gu berühren finb. QSorab fet) bemertt, bafe ber nocfj lebenbe SCRufifoerfeger ©imrocf in Sonn bei feiner ?lnmefenf)eit 1816 in 2Bien ba$ 9ftanufcript au§> ben Rauben be§ ßomponiften übernommen, mie aud), baf$ in einem £agebud)e 33eetrjOüen'3 ba§ Saljr 1815 als bie 3e^ be§ üftieberfdjreibenS nottrt mar. @rfd)ienen ift ba$ 2öerf bei ©imrod 1817. S3i§ nm bie 3eit, in meiere btefe SCufgeicrjnitngen reiben, ift ber üon ben ©rammatifern unb itjrem 2tnrjange aufgeteilte @at$: „53eetf)00en fann feine $nge fdjreiben," mie ein ®ogma feftgefjalten morben. 9(tlerbtng3 tagen feine 23emeife öor, roetdje benfelben t)ätten umftoften ober nur gmeifelrjaft madjen fönnen. Sn ßrjriftuä am Detberg, beSgteidjen in ber sJfteffe in C, mar üon einer $uge nid)t§ §u rjbren, mo [ie bodj am $ßta§e ge= mefen märe, ja, in festerer fjätte fie fdjon barum nidjt festen fotten, meit gürft ©ftertjagt), für ben fie befanntlid) gefdjrieben morben, at§ befonberer ©djütjer biefer oberften Shtnftform be= fannt mar, bie SCRufifroeft aber gerabe in biefem SSerfe einen @egenbemei§ auf obigen ©a§ ermartet fjatte. Sfofje einlaufe barin gu einer $uge fonnten ben ©tauben an entfdjiebenee Unoermögen nur fteigern. S)ie $uge im Ouartett C dur, Op. 59, fonnte at<§ gültiger SSemeiS nidjt aufgeftellt merben. 3)te fugirten ©teilen im Strauermarfd) ber Eroica, fo mie int anbaute ber A dur=©infonie, unb in anbern ÜÖSerfen nod), fteigerten nur bie gegnerifdje SBerjauptung. — S)a erfdjeint Op. 102 unb bringt als ©d)tuf$fat3 in ber (Sonate D ein „Allegro fugato." Somit mar Del in'S geuer gegoffen. 2113= balb fa£) man beinahe ba§> gange §eer ber ^tjilifter mit gäuften auf biefen Sa£ toSfdjtagen, mobei aud) bie anbern %rjeite biefer @onate, Oon benen bornefjmlicfj ba§> Slbagio gu ben gerjatt* 1837 in München. Auch über sie ist eine Monographie vom Heraus- geber erschienen in „Neue Zeitschrift für Musik" (J 890). Vgl. auch B. S. Br. No. 786 (Erklärungen zum Kanon), IV. Band. Ä. d. H. — 294 — oottften unb tiefempfunbenften ber 23eetl)oben'fd)en 9#ufe gu gätjlen, nicfjt berfdjont mürben. SSer eä gemagt tjätte, a(§ Vertfjeibiger be§ Sßerfe3 aufgutreten, märe bon ben erbitterten Gegnern gefteinigt morben. Offenbar fjatte e§ fict) gegeigt, bafe ber §a^ gegen ben großen SJceifter, Don beffen «Scfjöpfungen big bat)in fcfjon fo mancher in SBien (ebenbe ßomponift ber* bunfelt morben, nur gefcfjlummert unb auf Gelegenheit gum £>erausfafjren geroartet tjatte, foltte biefe gleidjmotjl bon ßaune gebrochen »erben, 9ttemal3 mar eine Verfolgung ungerechter, ai§> biefe letzte, ©ie biefe m Fugato gum QSorrourf gemachte lln= ffarrjeit, bon ben Gegnern aber „Vermirrnng" genannt, befdjräntt fiel) ftrenge genommen auf etma 20 Xacte bor bem Dfttfjepuncte auf bem garten ©reiflange bon Fis. Söeniger ftarf gefärbte SRobulationen mären ber Ätartjeit minber gefäfjrtid) gemorben, gumal ba<§ 5£f)ema, roenn and) gleichzeitig in ber Umfefjrung, immer gu Gefjör gebraut mirb. Sie ©djmierigfeit aber in 23emättigung ber Aufgabe mufete als Sßorroanb bienen, ba$ Gange für fcfjlecfjt gu erffären unb meggutoerfen. üftod) bis 511 biefem Sage rufjt ein Vorurttjeil auf bem fjerrlidjen, be3 Samens feinet 5futor» mürbigen 2öerfe, unb gmar auf beibeu Dfrimmern. @3 ift mofjt tjofje ßeit, bem Gangen enblicfj gerecht gu roerben. ©in in beiben Snftrumenten gut accentuirter 23or= trag mirb bie 21nerlennung unfehlbar ergielen. Sn meld)' tjotjem Grabe ba$ frttifct)e Cber^Xribunal gu Üeipgig burd) feine Beurteilung biefe§ 2Serfe3 bie gegnerifdje Behauptung unterftü^t fjat, mirb ftcfj burd) ?lngiefjen einer Stelle au§> ber föritif; über baä GefammtmerÜ erfennen laffen. Diefetbe lautet: „2)iefe beiben Sonaten gehören gang geroife gu bem Ungemötjnlicfjften unb ©onberbarften, ma§ feit langer 3eit, ntdjt nur in biefer $orm, fonbern überhaupt für ba% ^ianoforte gefcfcjriebert morben ift. 51tle§ ift fjier anber§, gang anberS, al§ man e<§ fonft, auefj fogar bon bem SO^eifter felbft, empfangen fjat; möge er un§ aber nicfjt übel beuten, roenn mir öingufefeen: nicfjt 2öenige§ fcfjeint and), mie e3 nun fjier — 295 — ftefjt, unb tüte e§ angeorbnet, üertbeitt ift, atfo geftattet 31t fetjn, bamit e3 gang ungeraöt)nlid), gang fonberbar f)erau3* fomme." XX, 792. — 2)ie ®egner bemühten ftdj, bie 2tu§* brüde in biefer Veurt^eitung nodj ju üerftärfen unb allertet ©(offen bagu 3U madjen. ©ie ftreuten btö ®erüd)t au3: ber Verleger fjabe uom (Somponiften ©d)abenerfa§ beanfprudjt unb 5ur Vefdmüdjtigung {jode t§m biefer bie „3e^lt oariirten SbemaV Op. 107, otjne Honorar gugefteftt. ©ine fcfyon im 3af)re 1818 bei Strtaria erfdjienene 9(u§gabe biefer ©onaten — nidjt mit ©inöerftänbnifc ber Bonner VertagStjanbütng — mürbe tion ben ©egnern für bie Veftätigung be§ Oon ttjnen erfunbenen ®erüd)t§ gehalten unb gu neuen, für S5eetf)oüen oertetjenben Unroabrfjeiten benutzt. $ur Verbreitung berfetben batten fid) aud) gemiffe SBiener Verleger brausen taffen, beren Offerten unfer ÜWetfter roiebertjott jurüdgemiefen t)atte. 2)ie unmittelbare ©inmirhtng biefer Umtriebe auf unfern 9J?etfter tjat bie SDhtfitroett eben tridjt §u beffagen, benn fie führten it)u ber ?(nroenbung ber bisher offenbar nnberüdfidjtigt getaffenen Stunftform, ber $uge, gu. Ab hoste discimus. (£3 tag im (Stjarafter ber ©podje, biefetbe nad) ®ebüt)r £)oc£)5u~ jteflen unb fie bemnad) ffeifjig gu cutttüiren. ®a§ ©remium ber 9Jhififer pflegte batjer nur jenem (Somponiften ben Veften unb auf ifjre ?Id)tung 9(nfprud) §abenben bei5U§ät)fen, ber fid) and) in biefer (Sphäre mit ($5efd)id fjerüorgetljau. Von nun an ftnben fid) atfo mehrere Sßerfe Veetboöen'ö mit fleißig aufgearbeiteten $u9en öerfefjcn; fdjon bie nädjft gekommene grofce ©onate in B dur, Op. 106, imponirt mit einer brei= ftimmigen, bergteidjen in ber (Staüiermuftf nicfjt roieber gu finben. SSenn ber SDtofter hierbei bemerft: „Wxt einigen $rei= heiten," fo miß er bamit nur geigen, bafj ibm bie Regeln, bie er umgangen, redjt rootjt befannt finb. 2Ba§ aud) bie ©djut- roei§f)eit an biefer großen Stjat gu mäteln gemußt unb immer nod) roei|3, fo ift fie benuod) eines Veetboben mürbig unb bei Doöfommener Vemätttgung War unb öerftänbtid), bie at(erbing§ — 296 — einen fjofjen ©rab üon SBirtuofttät nnb sugleicl) Äenntnife biefer Slunftform beim Söortragenben üorau§fe£t. £)ie Traube t)ängt fef>r t)od). — Leiter finben mir fdjon mieber in ber ©onate in As dur, Op. 110, eine breiftimmige $nge, bie meber „2Siberljaarige$" nocf) „einige $reif)eiten" enthält, nidjt fdjmer au^ufüfjren unb odH rei^enber ©djönfjeiten ift. darauf folgen bie gewaltigen $ugen ^m Gloria unb Credo ber Missa soleranis; enbtid) bie gro^e $ugen = Duberture, Op. 124. 2)amit |at ber 9J?eifter feinen ©egnern, fatl§ fie feine f)art~ näcfigen Söadjianer ober SKojartianer finb, für alte Reiten oen Wunb geftopft. 5(u§ bem 3al)re 1815 batiren ferner nodj fotgenbe 2Berfe: „$ceere§ftitte unb ©lüdlidje galjrt" (Don ©oettje) für (Efjor unb Drcljefter, Op. 112; bann bie Duuerture in C dur, Op. 115. 93eibe mürben (nebft ber Santate „(EljnftuS am Detberg") am ßfyrifttag, ben 25. 2>ec. beffelben SaljreS, in einer Slfabemie §um 93ortt)ette be3 93ürgerfpita(§ im großen 9fiebouten=ie Kataloge aber nennen fie balb „gur Staertöfeier," balb „3aa>Duberture." 51m 10. sD?ai 1818 (bereits ©tgentljum ber &erfag§l)anblung ©teiner u. @p.) erfdjien biefe DuDerture in stoeiter ?luffül)rung im (Eoncerte ber Ferren 9ftat)feber,165) aftofdjefeS unb Giuliani mitvbem 53eifatje „ä la Chasse." 23eetf)oOen frug nad) bem @runb foldjer ^Benennung, unb mer fid) bieä erlaubt. (£3 mar jebod) nichts 51t ermitteln, meil ein Streit bie ©djulb auf ben anbern ge= fdjoben. 2)er 23reitlopf u. Jpaertel'fdje Katalog benennt biefe Ouüerture „9ramen3feier," üielleidjt, meil fie am ßljrifttag gur erftmaligen Sfoffüfjrung gekommen. 165) Die einzige Komposition, die Beethoven als „gedichtet" bezeichnete und dem Fürsten v. Radziwill widmete, erschien erst im Jahre 1825 bei Steiner; cf. Nottebohm, Themat. Verzeichnis unter No. 115. A. d. H. — 297 — £)iefe 9lfctbemie am 25. £>ec. t)at ben nädjften 9(nftofj gegeben, bafj ber SBtener Sftagiftrat ben Befcfjfufj gefaxt, unfern ÜDfeifter unter bie (Ehrenbürger aufgunerjmen. 2)er amtüdje S3eric£)t in ber Rettung rnetbet ba§> factum in fotgeuben SSorten: „£)er SJcagiftrat ber f. f. §aupt = unb 9iefibeng = ftabt 2Bien Ijat §errn Subroig tian Beetrjooen nu^ 9tüdfid)t auf bie BereitmiUigfeit, mit meld) er er gu mieber Rotten Sftaten feine (Sompofitionen rootjtt^ättgen groeden roibmete, ba3 Diplom eine§ ©bjrenbürgerä er tt) eilt." — 5Ufo b(o eine ©etegenfjeit mid) mit anfragen bie3fafl§ birefte an £fjompfon nad) (Sbinburg 51t luenben. 9tnftatt aber bie getoünfdjte 2tu$= fünft ju geben, metbete er fein t)of)e§ Slfter unb bie 2(6fid)t, bie ganje Sammlung 51t oerfaufen. $)ie ©oltection au§ 25 üftummern beftetjenb, für eine Singftimme, mit Begleitung be§ ^ßianoforte, Biotine unb Biotoncett, unter Op. 108 bei Scf)te= ftnger in Bertin erfcfyienen, ift ein 2fu§3ug au§ ber engtifdjen ®efammtau§gabe. Ueberfyaupt fdjeint e§, baf0 biefe Ieid)te, abfpannenbe Arbeit unferm 9)cetfter red)t gelegen gekommen, ba fie in bie Qtit *an9e anbauernber ©emütf)§aufregungen fällt, bie §u anftrengenber Befdjäftigung feines>n)eg3 geeignet getoefen. 2)er, bie 8af)re 1816, 1817 unb 1818 umfaffenbe Katalog läßt gteid)falt§ merfen, toie e§ um bie Stimmung be§ ÜMfterä au§gefet)en.*) (53 mag nun eine Spifobe, menngfeid) auf BeettjoOen nur inbirecte Be^ietjung netjmenb, raotjt aber üon funfttjiftorifctjem Sntereffe ben geeigneten Drt finben. Sie betrifft bie im 3atjre 1816 erfolgte (Sntlaffung bes berühmten ^afumomsfn'fcljen Quartette. Bormiegenbe ©rünbe 3m* (Sntlaffung gab e§ 3tt)ei: ba$ fjot)e 5flter be§ dürften, mefyr nod) bie 3erf^rung feine* mit einer $üHe oon föunftfdiätjen au$ allen Bereiten ber ^unft unb SBiffenfdjaft angefüllten ^ßalafteS burd) geuer. 9cid)t§ tonnte gerettet werben. Samit waren bie Oornetjmften (Stemente, bie bem dürften ba$ Seben angenehm gemadjt, ptöttfid) uerfdjwunben ; felbft bie Siebting^werfe ber Xonfunft bermod)ten ben £rübfinn nidjt meljr 31t oerfdjcudjen. 2>ie Ber= *) ©in fiavfeS £eft mit ungefähr 40 foldjer Sieber in fauberer 2to= fd)ri[t unb eigenfjänbigen Correcturen üon Seet^ooen f)at ber SScrfaffer §errn Sßrof. Dtto Safjn tereijrt. Stuf bem erften Statte fiefjt t>on be§ SReifierS £anb beutlicfi, bie ^a^reSja^l 18J0. — 299 — fjeiftungen aber be^ügütf) ber lebenslänglichen ^ßenfionen au bie oerabfdjiebeten Slünftler mürben bucfjftäblid) erfüllt, im ©egenfajje alfo 31t bem mitgeteilten (Srtebniffe gleicher 2trt 6ei $eetl)ot»en. ©djuppanjigl) begab fiel) fogfeid) gur Seitung einer (Sapelle nacrj SRufilanb, (mie bereite im Eingänge 51t biefer ^eriobe angeführt) unb ©ina nafjtn feinen 2lufentf)ült in ^ari§. Sie beiben anbern 9J?itglieber öerbtieben in SBien. (£§ mar aber aud) an ber 3eit, berlei Slunftprobuctionen auf mehrere Safjre ^u fu£penbiren, meit bereu SBürbigung oon Sag 31t Sag metjr 51t fdjminben begann. Sie ^3t)t)fiognomie ber ®aiferftabt tjaite feit ben Sagen be§ ßongreffeä in allen ©djidjten ber ©efeKfcijaft einen 9Iu3brucf angenommen, ber mit bem früheren im auffaÜenben ÜESiberfprudje ftanb. Sa§ ben (Soncert=©aal unb bie Sweater füllenbe publicum tjatte fomof)l bie erforberlidje $uf)e im Äunftgenuffe, mie aud) ben 2lnftanb in ber äußeren Haltung Oerloren. 23erfcfjrouuben mar fogar bciZ (Sfjarafteriftifcrje, ma§ bie SSorte: „Sag gemütf)tid)e 2öien," — jebem auf<§ Slngenetjmfte üerftänblid) gemadjt. 2tn bie ©teile biefer lange bemäljrten (Sigenfdjaften traten 9iot)t)ett unb Safter jegtidjer 2lrt, al§ ©rbfdjaften üom (Songreffe Ijer. (Srft Weiter unten mirb e§ Sßeranlaffung geben biefe $ßt)t)fiognomie gans (^u enthüllen. (Sinftmeilen mögen gur SSefräftigung be§ ©e= fagten nur einige ©ä|e über biefe gängtid) oeränberten ßuftänbe 2Bien§ au§ ber 21% SJhtj. £tg. XIX, 427, $aum finben. Sn bem 53erid)te üom Stfonat 93M 1817 apoftropljirt ber Referent biefetben mit fofgenben Porten: „Uebertjaupt bringt fid) bem unbefangenen 23eobad)ter feit einiger $eit °^e feinet meg3 erfreutidje 23emerfung auf, bafs fid) unfer publicum nad) bem parifer unb lonboner §u bilben beftrebe. Sie Oielbelobte öftretcf)ifc£)e ©utmütln'gfeit unb Urbanität, bie fo gepriefene £oleran§ unb Siberalität fdjeinen roenigftenä au§ bem Xtjeater üerfcfyrounben 51t fetm; an itjrer ©teile finb 9Rol)f)eiten, öortaute Urteile, pfeifen, öerfjöfmenbeS £ad)en, ungeftüme§ ^odjen, unb ätjnlidje 9teufjerungen ber ©ittentofig!eit getreten, bie un§ für — 300 — bie 3ufa»ft twnultuarifd)e Auftritte, wo nid)t gar ärjntid) jenen im ©ermanicug, erroarten (äffen, roesftuegen and) jeber friebüd) ®efinnte bon ganzem fersen toünfdjt, ba^ bodt) eine Ijbtjere 23ef)örbe biefem Unfug nod) 51t rechter $eit fteuern möge." 3)ie Serjbrben aber tjaben alle berfei Sftaljnungen ü6erl)ört, im ©egentfjeit ba§ Hebel burcf) bie lajefte (Senfur ber „SBiener £ocal=$ßoffe" in'3 9J?a^lofe Oergröfjert, roätjrenb bie über bie guten, bübenben ©lüde, fo mie über nnffenfcl)aftlid)e 2öerfe üer* Fjängte in ifjrer (Strenge befanntlid) feine ©renken gefannt. bringt man nod) ba^u bie bekannten Stljatfadjen in (Srmägung, bafe SBien'iS SBeüötferung e£ im firdjticfjen SnbifferentiSmug unb religiöfen Unglauben allen anbern ©rojjftäbten feit lange 3uoor= getfjan, bafc ferner leine ber europäifdjen .Spauptftäbte 311 finbifd)er üftadjäfferei frember ©itten fo geneigt gemefen, a(3 2Bien, fo Ijat man barin bie nidjt megjuläugneuben ©rünbe unb Urf adjen 511 einer ©emoratifation in allen ÜRtdjtungen, bie gtetdjfam metljobifd) grofc gebogen morben. ©ie @efd)id)te be§ 3af)re3 1848 fjat biefe ©emoralifation auf ifjrem (EulminationSpunct gejeigt. ß« fotdjer Steife aber be§ au^geftreuten <2aamen3 maren 3at)i*äel)enbe erforbertid). — Sit roelctjer Se^iefjung biefe £)inge mit bem Reiben biefeö 23ud)e§ fteljen, in miefern fie auf iljn jurüdgemirtt, rairb fid) ergeben. Sftun mären mir am (Singange eines langen unb frummen §of)tmege§ angelangt, ben 51t umgefjen feine Sttögtidjfeit. 3d) labe baf)er ben Sefer freunbtidjft ein mit einiger ©ebulb unb 9iüdftd)tnal)me auf unfern Sftetfter mir §u folgen. (£<§ rjaubeft fid) um Darlegung ber üeranlaffenben ©rünbe 51t einem fjart- nädigen, Oier oolle Safjre fic£> Ijinjieljenben ^rogefis, in metdjen unfer SDcetfter Oermidelt morben, unb gteidjäeitig um bie auf fein ganzes fünftlerifd)e§ ©etjn barau3 entfprungenen folgen. £)ie §ur Sßeröffentlidjung gefommen, bie alle ©djranfen auf gehoben fjat. (£§ ftnb bie ad)t — 301 — unb ätoattätg Briefe üon SJeetfjoüen (au§ ben Sauren 1816 unb 1817) an ©ianatafio bei SRio, nebft betgegebenen ^ottjen über $Beeti)ot>en au§ jenen £agen, beren bereits in ber jweiten Sßeriobe @rwäf)nung gefd)ef)en.107) Sm Sftonat 3tobem&er be§ 3af)re§ 1815 ftarb 23eetf)otien'3 älterer 93ruber tat, ben tüir als (Saffenbeamten an ber öftreidjifdjen 9cationat=$anf fennen gelernt, 9ftit bem £obe bicjeS 9#anneS beginnt im Seben unferS 9fteifter3 ein ?lbfd)nitt üon befonberer Sßidjtigfeit, ein 9lbfd)nitt arm an fünftlerifdjen begangen, reid) aber an erfjebenben Momenten, bie un§ ben ^onbtdjter afö !>D?enfct)en öon ungemein fittlidjer SßSürbe unb Äraft geigen, wie nirfjtö im Sßorljergeljenben e§ in foldjem ©rabe oermodjt t)at. 2)urd) biefen nenen Sonftict mit ^ßerfonen unb Sßerljältniffen tritt unfer SD^eifter gum er[ten Wlal in eine engere SSerbinbung mit bem bürgerlichen Seben. 2öie er bie $robe beftanben, wirb ber Verlauf ber Singe teuren. 3m fünften ^unete feinet SteftamentS üom 14. 9xo= bember 1815 bat tat öan 23eett)oben feinen SBruber um Ueber= nafjme ber SSormuubfdjaft über feinen fjintertaffenen (2ot)n fö'art, bamatö 8—9 3af)re alt. Ser SBortlaut biefeS ^uncteS ift folgenber: „Seftimme id) gum SSormunbe meinen Q3ruber Subwig bau SSeetljoben. 9?ad)bem biefer mein innigft geliebter 93ruber rnid) oft mit wafyrfjaft brüberlidjer Siebe auf bie grofemütjjigfte unb ebelfte Sßeife unterftütjt tjat, fo erwarte id) and) fernerhin mit tioKer 3UDer1^t un0 *m sollen Vertrauen auf fein ebteS §erg, bafe er bie mir fo oft bezeigte Siebe unb greunbfd)aft aud) bei meinem ©olme Slart fjaben unb alles anwenben wirb, maS bemfelben nur immer gur geiftigen 33ilbung meinet SofyneS unb §u feinem ferneren ^ortfommen möglid) ift. Sd) weife, er Wirb mir biefe meine SSitte nidjt abfdjtagen." 3m fedjften Erntete ernennt ber Steftator ben §of= unb ©eridjtSabbofaten Dr. ©djönauer gum Kurator „für bie Sßflegung ber 5tbl)anblung 167) Diese Giaunatasio-Korrespondenz wolle man im III. Bande von B. S. Br. nachlesen. A. d. H. — 302 — foroorjl, a(3 aud) fonften für meinen ©orjn $art mit bem 33ei= fatje: bafj berfelDe bei allen Angelegenheiten, metd)e ba$ SSer= mögen meinet , barin SBeetljotien ben Xob biefe§ ©rubere metbet, entnehmen mir folgenbe ©teile: „Um iljm ba§ Seben leichter ^u madjen, fann id) morjl ba§, ma§ icfj itjm gegeben, auf 10,000 Bulben 83. 333. (Wiener 2Bäf)rung = 10,000 grS.) anfdjtagen." gerner fagt 53eett)ou>en in biefem ©riefe: „@r Ijatte ein fd)(ed)teS 233eib." 16S) Um bie SBitte feines üerftorbenen 33ruber§ im üotlften dJlafc in Erfüllung gerjen 51t machen, t)ie(t ©eetrjoöen gn aller* näcrjft für nottituenbig, feinen Neffen ben fdjlimmen ©inflüffeu feiner sDcutter gn entziehen, ja, er ging in feiner ©orforge für beffen SSofjl roeit über ben SSortlaut ber 93ttte feinet ©ruber» fjinau<§, er faßte näm(id) ben @ntfd)tufc, ifjn 5U aboptiren, ein (Sntfdjtufe, ber fotr-ol)! mit feinen 9Sert)ättniffen mie aud) mit feinem Äünftlermefen in grellem SSiberfprud) geftanben. ©iel= feitige§ Abmarjnen feiner greunbe tiermocfjte nictjt it)n Neroon abzubringen; er ermieberte mit ber Verpflichtung au§ feinem Steffen einen guten Sftenfcfjen unb Staatsbürger erziehen 511 follen. Um aber biefen ©orfatj ofjne Verzug in Ausführung §u bringen unb um bei ber ©ormunbfdjaftsberjörbe fixerer bamit burcrjäubringen, mar aU erfter ©djritt erf orberlid) : fein bi3= t)erigeö SunggefeHen=Seben aufzugeben unb eine eigene §au§= tjaltung einzuridjten, ba$ anberfeit§ foüiel rjeifjen mollte, als bie $unbamente feiner inbimbuellen aber aucfj fünftlerifdjen greiljeit unb llnabl)ängigleit mit eigener §anb gu untergraben, ba§ zu zerftören, ma§ für feinen ©eniuio bie eigentliche ^eimatf) mar, in ber allein er fdjöpferifd) nrirten fonnte. 168; Vgl. B. S. Br. No. 476 (II. Band). A. d. H. — 303 — Sßie ber Meifter bei (Sinridjtung feiner §au3l)attung 31t SBerfe gegangen, bation eine Sßrobe. ©ine Information, unbe* groeifett bei einem erfahrenen §au3nrirtf) eingeholt, liegt in $orm eines $rotocolt§, linfö bie fragen, redjtS bie 21ntmorten, in Original tior. S3eetf)ouen fragt: 1. „SSaS gibt man jmei $)ienftteuten §D?ittag§ unb 21benb§ gu effen, foroot)! in ber Dualität, als in ber Quantität?" 2. „2öie oft gibt man ifjnen traten? ©efdjtd&t bieg mt* tag§ unb SlbenbS ^ug(eicE)?" 3. „£)a3, ma£ ben SDienftboten beftimmt ift, Ijaben fie biefeS gemein mit ben ©Reifen beS §errn, ober mac|en fie ftd) fofctje befonberS, b. t). madjen fie fid) anbere ©peifen, als ber |>err fyat?" 4. „2Bie üiel ^3funb pfeifet) redjnet man für brei ^)Ser= fönen?" u. f. m.169) SSie mag rooijt bem in überirbifdjen Legionen gu (eben gemeinten £onbid)ter bei £>urd)tefung ber in'S detail beant= morteten $üd)en=9?ecepte gemorben fet)n? (Sollte man nidjt er* märten, bafc itjn beim 2tnblid ber ötelen $ol)tarten, gelben unb meifjen Gliben, ©auerfraut unb ©pedfnöbel, Sßödelfteifcf) unb Kartoffeln, ein ©rauen Oor feinem Unternehmen überfdjtidjen unb abgefdjredt fyabe? Siebe unb $Pfüd)tgefü§t Oerfdjeudjten jeboer) alle in 2tu3fid)t geftellten SSibermärtigteiten unb 'jßtatfereien mit Srienftteuten, falls biefe nid)t öon einer §au£frau über* mad)t roerben. ©d)on im $ebruar 1816 entzog SBeettjooen feiner ©cljmägerin ben ©ofyn unb übergab it)n bis auf meitereS bem (Sr3iet)ungS= Snftitute beS oben genannten ©ianatafio bei SRio. @S mar bieS ein ©emattfdjritt. ©ofort trat bie ©djtoägerin riagenb auf. 169J Ein vollständiges Promemoria „Zur Einrichtung einer eigenen Haushaltung" aus Schindlers Beethoven-Nachlaß habe ich in den Beet- hovenbriefen mitgeteilt bei einem an v. Zmeskall gerichteten Bedienten- briefe No. 518 vom Jahre 1816 (III. Band). A. d. H. — 304 — 2)er Sßrocefe tuctrb bei beut Dber;©ericfjt, „ba§ meberöftreidjifdje Sanbredjt" genannt, anhängig gemacht, üor beffen gorum bie 9ted)t§facE)en be3 ?(be(<§ nnb ber ©eiftlidjfeit gehörten; man fjatte nämtid) bt§ baljin unfern 83eetljouen wegen be§ feinem tarnen borgefe$ten u a n für abetid) gehalten. £>em 23erftagten marb gunädjft bte Aufgabe geftettt, §u bemeifen, ba$ feine ©djtoägerin ein fittentofeg Sßeib, barum jur SD^iter§iet)ung irjreS ©ofjneS nidjt geeignet fet), getmjj eine peintidje Aufgabe für einen 9}?ann, ber bie Uebelftänbe in feiner $amtfie bic>t)er ftet§ mit ©d)onung ertragen fjatte. Sßie e§ bei gübjrung tion ^ßroceffen fo oft üorfommt, ba^ burd) bie Vertreter bie Seibenfdjaften ber ftreitenben Parteien nur met)r gegen einanber gereift merben, ©teid)e§ mar tjier ber galt. S)er §of= nnb @erid)t£aboocat Dr. Don 2tbter3burg, eine berbe Statur, fdjeint gunädjft uergeffen p fjaben, metdje 9?üd= fidjten er — bei alter (Stuben^ ber aufgebedteu £t)atfad)en, — ats> Vertreter Seetrjoüen'g gegen biefen fetbft 51t beobachten rjabe. ®er gegenseitige ©adjluatter aber, Dr. (Sdjönauer, ein im 9fufe fterjenber Sntriguant, ging vice versa nocfj Oiet meiter. (£§ taut fonad) in ^o(ge ber aboocatifctjen §e^ereien §u Sjpectorationen, oerftefjt ftd) auf Soften ber Parteien, mie fie in bamaliger $eit bort at§ Stilus curiae übtid) gemefen. @emeine§ ©dampfen unb Wank jeber 5lrt, fomotjt in bieten mie in ©egenmart be§ $id)ter§, gehörten 5U ben SBorredjten ber Stböocaten. ?lber fte oerfefjtten nid)t böfe§ 59(ut §u madjen. ®ennod) ging barauS für unfern Stfeifter ber ©eminn rjeruor, bafj feitewS ber Sebjörbe ber obige ©eroaltfdjritt für gut gereiften unb ber 9?effe bi§ §u 2tus>trag be§ *ßroceffe§ i£)m in proüiforifd)er Dbrntt getaffen mürbe. Unter ben oben ermähnten Scotijen ber Staute ©ianatafio bei 9tio (©rensboten, 2te§ Quartal, 1857, ©eite 29) tautet eine mörttid): „2)ie üon $eett)otien fogenannte Königin in ber Sfadjt, feine§ Neffen Butter, tjatte e§ enbtid) batjin gebracht, ba^ man feinen Stbet al§> oan Söeettjoüen ftreitig machte unb — 305 — feine <&ad)t jum äftagiftrat tarn, roa§ itjn fer)r fränfte, tueit man an erfterer ©teile i§n merjr gu mürbigen üerftanb; auct) !am e§ enblicfj barjin, bafj er ber 9Sormunbfd)aft enthoben unb fein üfteffe jur Sftutter surücffefjrte- 2Seld)er ©c^merj für if)n!" Die »eitere 9tu3füt)rung in biefer beadjten^mertrjen 5Tu§fage, fo gettndjtig in ber ©acfje, tuie ein 9lctenftüd, meil eine aßen Parteien frembe (Stimme fpridjt, foü un§ nun §ut»örberft 6e= fdjäftigen. Denn bie üerlaffenbe Urfadje, marum ber ^ßrocefj öom Obergeridjt an ba§ Untergeridjt üerroiefen roorben, bietet unter mancherlei uorgefommenen ©erei^tfjeiten unb Un$iemticfj= leiten ein d)arafteriftifd)e3 Moment bar. 9cacfjbem bereits über ein t>olle3 Safjr t)in unb rjer öer= §anbelt morben, mürbe — mie e3 tjiejj — in ^olge Denunciation be§ gegenteiligen 5tbbocaten, baä Obergeridjt aufmerffam ge= macrjt, bafj ba§ bem niebertänbifdjen gamitien^amen beigefe^te Dan nid)t ben 9lbet beäeicrjne, 23eetrjot>en fonacfj nidjt abelidjer ^erfunft, biefeö Obergeridjt folgtid) im üorliegenben 9?ed)t3ftreite nidjt bie competente 53et)örbe fetj. (£§ marb bemnad) becretirt, Seetfjoüen folle feinen ?lbel bocumentiren. 3n bem anberaumten Xermin erfdjien er perfönlictj uor ©eridjt unb erffärte: fein 9tbel fet) tjiet unb ba, auf Slopf unb ^erg jeigenb.*) 17°) gür foldjen 9lbel a6er ga6 e§ meber in Deftreid) nod) in anbevn Staaten, 6i3 511m heutigen "Jag eine rtdjtenbe Sßerjörbe. Da§ nieber=öftreid)ifd)e 2anbred)t fonnte mithin nidjt anber§, a(3 biefen ^edjtsftreit ju meiterer ^erljanblung an ben Sftagiftrat ju Derroeifen, bie für bie 3iänfe unb ©dmxinfe be3 gegnerifcben Slbuocaten erroünfdjte ©teile. Dort mar für Seettjoüen nur bann erfprieJ3tid}e3 5U erreichen möglich, menn er feinen $ei> treter t>erabfd)iebet, unb eine ganj anbere ^Serfönlidjfeit bem ©egner gegenüberfteUt. ©eine SBarjt fiel auf Dr. Ssotjann *) 35er 3Jieift« ptte nod) mit ben Gerannten SBorten Napoleon 58oncrparte'§ erroiebern foHen: „%d> ruiö meinen 3lbef nur üon mir batiren." 170) Vgl. B. S. Br. No. 579 (III. Band). A. d. H. 31. SdjmMetä 53cet^otica=S?{ograj)Ijte. 20 — 306 — Öaptift 33 ad), ber ebtn in bie 9}eit)e ber §of= unb ©eridjt^ SIbüocaten getreten nnb a(3 ©egner önn feinen (Sottegen ge= fürchtet mar, ein 9Rann Don oielfeitiger SSifoung, o6enDrein ein fel&ft auSübenber üDcufiffreunb, ber oornetjmlid) im Cluartett aU SSioloncellift mefyr als ^Ditettan tif cfjeö geleistet fjat. 2>ie tjolje 9(d)tung, meld)e Dr. 23ad) genofj, ergibt ftd) aus feiner breimaligen (Srmäljtung jum Secan ber jnriftifd)en gacuttät nn ber SSiener Unioerfität. Sn ^olge ber Sßermeifung be£ SßroceffeS an ben SWagiftrat filmte ftd) 53eetl)oüen tt>ie Dom tjärteften Sdjtage getroffen. Ob- er etmaä barauf gehalten, in ber Meinung be£ Sßotfe3 für einen 9Ibelid)en üon (Geburt 51t gelten, mürbe fdjmer gu behaupten fetjn, mar bod) feine 2(bftammung, mie $amüien=93ert)ä(tniffe,. letztere aud) burd) bie bürgerliche (Stellung feiner trüber, genug= fam befannt. Snbefe ift bod) fooiet geroifj, baf$ er oiet barauf gehalten, feine 9iect)t§fact)e üor ber eyceptioneüen Dberbefyörbe oerljanbeln gu fönnen, tfyetfs barum, metl man ifyn tljatfäcpd} bei biefer Stelle beffer ju mürbigen üerftanb, (toie bie 'Same C^ianatafio gan§ ridjtig bemerit,) tfjeife, weit ber unüortrjettjafte 9tuf bes genannten Untergerid)t§ ifym menig §offnung für einen gemünfdjten (Srfolg eingeflößt fjatte. üftidjt minber barf für gemifj au3gefagt merben, hak meber fein ©enie, nod) feine $unft- merfe i§m bie bi§f)er eingenommene beoorgugte (Stellung in ben abeüdjen Greifen oerfdjafft rjätte, ofjne bie ^räfumption^ er fet) if)re3 ©leidjen. S)ie§ fjot fid) burd) mehrere 23eifpie(e ermiefen, fobatb ber Vorfall am Dbergerid)t im publicum be- fannt gemorben. 9äd)t in ber 9Jcittetftaffe, mo§( aber in ber oberen, Ijat ba§ 2öörtd)en „oan" einen offenbaren ßauber au§= geübt. Stfö ^t)atfacr)e fteljt feft, bafj feit jenem ^öorfaüe am nieber=öftreid)ifd)en Sanbredjt ba$ grofte 2öten unferm geh'ünfteu Sfteifter gu enge gemorben, unb tjätten ifyn nidjt bie au§ bem Sefiamente feinet 93ruber3 übernommenen $f(idjten gehalten, eö märe bie mieber()o(t projectirte Steife nad) (Sngtanb 51t (Staube gef'ommen unb Oietteidjt aud) ein bauernber Stufentbatt bafetbft,. — 307 — Ijiitte er bod) bereits mit beffen Politiken Snftitutioneu am meiften fompatf)ifirt. $ur 93eträftigung> wie biefer Vorfall auf 33eett)Ouen ge= wirft, wirb bie wortgetreue 3Jcittf)eitung eine« ®efpräd)S gtuifctjen it)m unb feinem greunbe $ßeter§ bienen, bie fiel) in einem ber -Tagebücher au§ jener $eit üorfinbet.*) ®af ©efpräd) fanb an einem öffentlichen Orte ©tatt, mufete barum wegen $eetf)oüen'3 ©djWertjörigfeit oon beiben fcfjriftttd) geführt Werben, ®teid) bie erften SBorte beS SfteifterS geigen, welche (Stellung er fid) fetber in ber ©efettfdjaft öinbicirt fjat. üftur entfdjiebene (Gegner werben fie falfd) auflegen. $eter3. ,,©ie finb fjeute fo unjuf rieben, wie id)." Söeetfjouen. „21bgefd)loffen foft ber Bürger t>om f)öt)ern 9}tenfd)en fetjn, unb id) bin unter if)n geraden." **) Meters. „3n brei SBodjen Reiben ©ie mit bem Bürger unb bem SWagiftrat nid)t3 mef)r ju tfmn. äftan wirb ©ie nodj um 3§re Unterftüfcung erfinden unb 31jnen wor ber Appellation bie freunbtidjfte Aufteilung macfjen." Seetfjoöen. „©otlte eS gefcl)el)eu, fo Will id) lieber in einem fotdjen Sanbe nid)t bleiben. @§ wirb Weber SBormünber noefj Dtjeime geben meines ©leiten. — £)ent'fd)rift!" 1T1) :;:) 33iefe§ lagebud) befinbet ftch nebfi üielen anbeut in ber ®gl. -Bibliot^el ju Serltn. **) ©iefer ©a£ roürbe bie rjotfSttjümlicben $efinnungen Sßeetboben'ä »erbädjtigen unb tljn aB Slriftofraten blo§fteflen, wenn man feinen 6'inn iüd)t au§fd)lieBlii^ auf ben SBiener 33ürger unb beffen bamaligen Güütuv= ^ufianb begeben wollte. SDarauf allein befdjränft et fteb. 171) Worte dieses Gespräches aus den Konversationsheften sind nach Schindler unendlich oft wiedergegeben worden. Wiederholte Prüfungen des Originals wollen jedoch wahrnehmen lassen, daß die Worte nicht stimmen wollen. Eine Nachprüfung ist aber bei der Wichtigkeit des Inhalts durchaus nötig. Der Gesprächsinhalt ist dem starken (91 Blatt starken) Heft No. 22 entnommen, das Schindler der ersten Schachtel 1819 zugewiesen hatte. Eine Nachprüfung durch Thayer versetzte das Heft ins Jahr 1820, ob stichhaltig, soll hier 20* — 308 — 3ur ßett, als Dr. Söad) bie Seitung beS ^iroceffe^ in bie £anb genommen, roaren bie Dinge bereite gang öerfafjren, S3eett)0Den oon 5u^runfl ber $ormunbfrf)aft fufpenbirt (auf ben üorgebltcfjen ©runb feiner @ct)tt>err)örigfeit)r unb ein Sn= terimS=93ormunb in ber SJSerfon eines magiftratiftfjen Beamten, beS (Stabt=(Sequefters 9cuf$böci, aufgeteilt; junt lleberflufe t)atte ber 9J?agiftrat in feiner oielbelobten SBeföfjeü bie oon ber .tlägerin beanfprucfjten 9?ec§te t)infitf)tlict) ber Ortung itjreS ©ofyneS, mit gänjücfjer Umgebung be£ obergertcfyttictyen UrtfyetlS, anerfannt unb becretirt, haft if)r ber ftnabe gurücfjugeben feu. Sie bafyin fyatte biefer gemifj beflagenstoert^e ©egenftanb beS Streites ^mei ootle ^af)re fjinburd) — oon gebruar 1816 bis gebruar 1818 — im Snftitute beS ©tanatafio auf Soften feinet Dfjeims eine gute th^ieljung genoffen, bann marb er längere 3e^ in oer 2£oljnung beS DfjeimS unterrichtet, bis er oon biefem mieber einem für ©t)mnafial=(£laffen eingerichteten Snftitute (23töct)(inger) anüertraut morbcn. tiefer ausgezeichneten unb aud) foftfpieligen Slnftalt fottte nun ber fet)r begabte unb feine Se^rer gufriebenftetlenbe Slncbe jufolge magiftrattfcben Urteils entzogen merben, nnbefümmert um feine bereinftige offene Frage bleiben! Genug, in diesem Hefte kann jedermann das denkwürdige Gespräch zwischen Beethoven und dem Lobkowitzschen Rat Peters nachlesen (besonders Seite 48 f.). Unmittelbar vor den von Schindler mitgeteilten Worten schreibt Peters: „Meine Frau (wovon „Beethovens Frauenkreis t: weiteres darbieten wird, ist bei Zizius, die ich noch abholen werde, ist Musik und Ball — wenn noch Zeit übrig bleibt, mach ich auf die Redoute. u Erstaunlicher weise steht der Schind lersche Schlußsatz von einem Vormunde ä la Beethoven gar nicht dort. Meine abermalige Prüfung (Anfang März 1909) ergab dieses. Ich füge noch folgendes daraus hinzu: Bl. 50a Beethovens Worte : „Lassen Sie den Ball absagen1- und Bl. 50 b Peters: „Der Salon, die Bälle der Gesellschaft sind nur für d. Fr. Pepi ebenso in Bezug auf Erziehung verfaßt als es Ihnen der Magistrat wie (Beethoven.) Wer ist dieser Mensch obscurus? — Rechnungsrath bei der Stiftsbuchhandlung in Lerchenfeld. u A. d. H. — 309 — öjiftenj. SDcit ©rnnb ruft bie 2)ame (^ianatafio oben au3: tr33Setct)er 8d)mer5 für Seetfjoüen!" 2)a§ mar in ber Zfyat nacf) fo tneten gebrauten Opfern unb fo uieten erlittenen Mnfungen be§ StfiBgefdjicfS %vl biet. Vergebens rectamirte 23eett)ouen mieberljolt fein alleinige^ SRedjt auf bie Sßormunbfdjaft. 2)ie (etrteingereidjte energifd) abgefaßte 9iedamation mit bem $ßräfentation§*2)atum üom 30. October 1819 liegt in bm @eritf)t<§acten nor, bie nebft anbern Slcten unb £>ocumenten non Dr. VSad) mir §ur Senutmng gugeftfjidt morben. £)er magiftratifcfye söefdjeib Dom 4. ÜRouember beffetben Saljreä, fid) auf frühere Sefctjeibe be§ier)enb, lautet toieberum abroeifenb.172) 9tun erft mürbe ber SSeg beS 9?ecurfe§ an ba§ 2lppeUation3= geriet betreten. SDie erfte Eingabe mit bem $ßräfentation§-'S)atum üom 7. Sanitär 1820 liegt gleichfalls in ben ©eridjtSacten oor. $)a Reifet e§ im s$unct 2 roörttidj: „Stritt mein ^effe in bie 3at)re, in benen er einer tjöfjeren 93ilbung pgefü^rt merben mufe. $ßeber bie Butter, nod) ber bermaüge SSormunb ftnb rjie^u geeignet, ben Knaben auf bie roiffenfct)aft(icr)e S3a§n §u leiten, ©rftere nidE)t, meil fie ein SBeib ift, unb roa§ acten= mä&ig uorliegt, öott ©eite ifyrer ßonbuite, otjne mef)r 51t fagen, feine empfefylenbe ^cugniffc auf^umeifen f)at.*)17:V) SDatjer fie *) S8ietteict)t barf ber öiograpl) über bie donbuite biefer ^rau jur "}te<±)tferttgung 33eetl)oöen'§ mefir fagen: nod) roäfirenb be§ &aufe§ ber ©e= rid)t§c>erbanbhmgen tjatte fie 9?ad)iommenfd)aft erhalten u. f. tu. 172) Die hier erwähnte Eingabe ist nach dem Original in Schindlers Beethoven- Nachlaß (Mappe I, No. 14), in B. S. Br. dargeboten in No. 781 (IV. Band). A. d. H. 173) Auch diese Eingabe an das Ö. Appellationsgericht vom 7. Januar 1820 ist nach Schindlers Beethoven-Nachlaß (Mappe I, 15) in B. S. Br. mitgeteilt und erklärt (No. 801, IV. Band). Danach er- gab sich für den musikalischen Rechtsbeistand Dr. jur. J. B. Bach das berühmte Wort über unsern Meister: „Kein Zug dieser großen Seele darf verloren gehen!'' Der Herausgeber ist stets bemüht, dafür zu sorgen, daß kein Zug dieser großen Seele verloren gehe! — Cf. B. S. Br. IV. Band, S. 76. A. d. H. — 310 — aitdj bie (jofjen Sanbrecfjte gan§ üon ber SBormunbfdjaft ait!c= gefcf/toffeu rjaben. 2öie ber löbfid^e SOcagiftrat fie bemnad) roieber beftetten tonnte, ift nid)t 311 begreifen." 5(ber nod) eine anbere befonben? djarafteriftifdje Stelle möge biefem appetlatorifdtjen ©efucfje entnommen merben. (Sie lautet: „9Jcein SSiüe nnb (Streben getjt nur bafvin, bafj ber ftna&e bie beftmöglicfjfte ©r^ierjung ermatte, ba feine 3(nfagen §u ben frofjeften Hoffnungen berechtigen, nnb baf$ bte (Srroartung in Erfüllung gerjen möge, bte fein Später auf meine 23rubertiebe baute. 9(od) ift ber Stamm biegfam, aber roirb nod) eine 3^it üerfäumt, fo entroädjft er in frummer 9M)tung ber ©ute 31t mürbigen unb ba% gmedmäfjige ju oerfügen; nur bann tjat fte ba§> SSofjt be§ ^upiöen u)rcr eifrigen 9(ufmerffamfeit geroibmet; ba% ©ute aber gu rjinbern, f)at fte ifjre $ßftid)t fogar überfeinen." Offenbar fpridjt £)ier Söeetrjoueu felber, ber feine ©ebanf'en fortan fcfjriftlid^ feinem 2ibuocaten gugefdjidt t)atte. £>arum tonnte Dr. $8ad) in feinem Briefe an micfj bom 9. ^uni 1839 befonberä auf biefe Steife rjinmeifen unb bemerfen: „$ein $ug biefer großen Seele barf oertoren gefjen, toeil e§ bemeifet, bafj mit einem unerfdjöpflidjett ©eiftc jugteid) ein eb(e§ ©emütrj Oerbunben ferju fann." ferner oerbienen nod) §roei Stellen au§ biefem ©efudie angeführt 51t merben, roeil fie 5U um fo ftdjerer Ueberficfjt ber •Sachlage, mie aud) $u ridjtigem ^erftänbniffe ber folgen biefe* ^ßro^effeS für unfern 9Jceifter berfjelfen. Sie eine biefer Stetleu tautet: „Sa, nur ba3 33efte be§ Ä'naben im Stuge bin id) nicfjt entgegen, bafj ber SOrutter fernerhin eine s2lrt $citbormunbfd)aft 5ufommen möge, bie barin beftefjen mag, baß fte ben Änaben befudjen, ferjen, unb bon alten (h^ierjungSbort'erjrungen 3Siffen= — 311 — ftfjaft nehmen möge; allein itjr fernerhin allein bie SBormunbfdjaft 31t überlaffen, otjne ba$ ein luftiger SSormnnb an ifjre ©eite gebellt ift, baZ fliege baä Sßerberben be3 £inbe§ unau§b(etbtid) herbeiführen." S)ie anbere ©teile ift bie nadjfteljenbe : ; „Set) t)abe bei bem lobt. üDcagif träte commissionaliter erfteirt, bau ict) ben Slbgang ber Soften für fein bermaligeä ©rsieljungä* Snftitut an§ Eigenem tragen, unb felbft jur Gattung mehrerer äßeifter ba§> 9<ött)ige fjerbeifdjaffen motte; ict) fyabe, ba ict) etraa§ fcfjmerrjörig bin, ba§> bie äftitttjeilung t)inbert, mir einen 9Jcit= oormunb erbeten, ben idj in ber Sßerfon be§ §errn ^eter§, fürft(ict) ßobtomitVfdjen 3iatl)e3,174) öorgefctjtagen fyate, fo bafe pgletcfj ein Stftann an bie ©pitje ber ©rgiefyttng unb Seitung meines Steffen gefteltt mürbe, ber feiner fantniffe eben fo, als feiner 9tforalitüt megen bte allgemeine 9(d)tung befitjt, unb beffen öinfdjmten mir unb Sebem, bem btö 2öof)t biefe§ Knaben am ^erjen liegt, bie 23erufyigung geraätjrt, bcifo ber Sfrtabe eine feinen gätjigfeiten entfpredjenbe @r§ie^ung unb SMlbung ermatten tonne unb roerbe." tiefer appettatorifdje ,3ug fear für unfern Reiftet- günftig,, inbem alte feine $orfct)läge gutgeheißen unb fomit alte feine 2Sünfct)e bucrjftäblict) in (Erfüllung gegangen. S)aS Appellation^ gerieft tjat bie Wuffaffung be3 DbergeridjtS aboptirt. £)emnact] mürbe bie SSittroe üan Söeetfjoöen üon jeber 9flitroirfung bei ©r^ierjung irjreS ©otmeS, überhaupt öon jeber birecten (£in= mirfung, au§gefcr)loffen unb unferm äfteifter Holte ©emalt über feinen SJcünbel gugefproerjen. — @o enbigte biefer ^roge^, an bem ba§> gange muficatiferje Sffiien ben tebt)afteften Slnttjeil genommen fyatte. — Ungeachtet aller biefer äSecfjfelfätte in (Srgiefwng unb Unterricht entfpradjen bennoct) bie gortfdjritte be§ Neffen im SBiffenfdjaftlicrjen roie 174) Das ist derselbe Rat Peters, von dein die kurz zuvor er- wähnten Worte in Sachen des Beethovenschen Adels im Konversations- hefte 22 herstammen. A. d. H. — 312 — in ber 9)?uftf ben eminenten Einlagen aufs $8efte. Unb fo festen eS, bafj ber eble Sfteifter für bie jahrelang anbauernben Sßladereien unb ®ränfungen, für bie beifpietlofe Siebe, (Sorgfalt unb Aufopferung einftenS ben mofjlüerbienten S)anf ernten unb nichts als $reube an feinem Steffen erleben merbe. 06 eS fo gefommen, 06 feine Hoffnungen in (Erfüllung gegangen, mirb bie golgejeit teuren. £)iefe jjödjft unerquidlidje ®erid)tSftuben=©pifobe fett mit einer 2tnefbote gefdjtoffen, bie als djarafteriftifdjer Seitrag 5ur (Säuberung ber SSiener Untergeridjte bamatiger $eit bienen fann. S)er titellofe 53eetf)oOen figurirte in ben Acten biefeS SjSroceffeS bloS als (Sompoftteur. AIS Dr. 3kd) bie Leitung in bie §anb genommen, erflärte er: fein ßlient muffe üon nun an mit bem Stitel als (Sapellmeifter auftreten, meil bie sperren 9DcagiftratS= rättje jumeift 53öotier fetjen, bafjer ein Sompofiteur ifynen fo oiet als nidjtS gelte; in Deftreicf) muffe überhaupt Seber mit irgenb einem AmtStitet beim Untergerid)t auftreten, tootle er beamtet fetyn, ein 9cad)tmäd)ter fet; bort augefeljener, beim ein (Sompofireur ober ein ^oet; belüge man fief) im gefetligen 58erfel)r gegenfeitig mit AbelStitutatureu, fo muffe eine gemiffe AmtS= mürbe beS Klienten feiner ©adje üor (S^eridt)t um fo mefjr An= fet)en geben. — Vergebens fträubte fiel) $eett)00en gegen An= naljme beS (5apel{meifter=£ttelS, meit er beforgte, man fönne, mie juoor bie Vorlage eines AbetSbiptomS, nun ein AnfteltungS= beeret als AuSmeiS Oerlangen; allein ber, Sanb unb Seilte fennenbe Aboocat faf) über biefen ©crupel Ijinmeg unb ertjob ofyne meiterS ben fo toenig bebeutenben (Sompofiteur $um (SapeÜ= meifter, „in partibus infidelium," mie ber äReifter biefe feine ©rfjebung fpöttifd) befinirt r)at.175) Stuf allen üon Dr. SBact) fignirten Actenftüd'en figurirt 23eetl)ouen als „ßapetlmeifter unb ßompofiteur." Scadj bem ermünfd)ten Ausgange äußerte JBari) f^erjmeife, eS fei) berfelbe nur bie nottjmenbige 2Birfung beS Titels. 175) Soviel wie Titularkapellmeister, ohne Gebalt, ähnlich den Titularbischöfen in der katholischen Kirche. A. d. H. — 313 — 28ie e§ mit bem finanziellen fd)on im gtoeiten Saljre be§ SjßroceffeS auSgefeljen, ba§ erfahren mir bom Reiftet fefber. Unterm 12. 9?o0ember 1817 fdjreibt er an ©ianatafio: „Ver^ änberte Verfyältniffe fonnten toot)! machen, bafj id) ßart nid)t länger als bis zum (Snbe biefeS Vierteljahres bei Sfjnen laffen fann, in fofern bin id) gezwungen, Sfynen für baS fünftige Vierteljahr aufzufagen; fo f)art mir tiefe Sluffünbigung ift, fo leibet bie Vefdjränftfjeit meiner Umftänbe nicfjt, ©ie beffen entheben §u fönnen, roeit id) fonft gern unb als geringen QoH meiner 3)anfbarfeit Sfmen in bem Slugenbtide, mo id) ßart öon öijnen genommen, gern aud) ein ganzes Vierteljahr ©elb mit größtem Vergnügen eingerjänbigt fjätte .... ®enief$e id) immer oollfommener ®efunbf)eit, fo baf3 id) ntieber mefyr öerbienen fann, fo merbe id) Sbjnen nod) aufjerbem meine ©antbarfeit erzeigen .... SJÖirflid) tann id) fagen, ba^ id) hierin mein Un= oermögen in biefem 5tngenbtid befennen mujj." 2öar aber ber ©tanb ber finanziellen Verfjältniffe fdjon gegen (Snbe beS SaljreS 1817 ein mißlicher, fo fteigerte er fid) bi§ in'S 3al)r 1820 unb barüber nocf) in Uiet f)öf)erem ©rabe; unb fefjr begreiftid), ttnr l)aben nur gu ermägen, bafs in biefem für VeetfyoOen'S ©d)üpfungSoermögen nicfjt furzen 3^traum aufjer ben Sonaten, Op. 102 unb Op. 106, ferner ben 3eljn üariirten Sternen, Op. 107, unb ben fdjottifcrjen Siebern fein anbereS 3ßerf gefcfjrieben, fotgtid) fein meitereS Honorar be= Zogen Sorben. SSelcfje SBege unfer Reiftet' eingefdjlagen, um bic täglid) fid) mefjrenben Vebürfniffe für fid) unb feinen Neffen Zu beden, merben nur atSbalb öerneljmen. £)b tirir il)it bieSfatlS beftagen ober gar bemitleiben fotien, fieljt in $rage, benn wir roiffen ja, baf3 in $otge ber ergiebigen (Soncerte im Sat)re 1814 ein namhaftes ©ümmdjen erübrigt unb in Vaiil>21ctien zurüd= gelegt fear. Mein anftatt, nrie gemoljnt, biete üftoten z» fd)reiben, fjat unfer Xonbicfjtcr nxifjrenb biefer 3af)re oiele ^Briefe gefdjrieben, bie tfjeilS feine f)tiuSlid)e Gnnridjtung, tfjeüS ben ^rocejj, tt)eilS — 314 — bie (äräierjungSangetegenrjeiten feine* Steffen jum %nfyait rjaben, unb im allgemeinen 51t ben unerquidlicfjften unb befragend mertljeften 3eu9niffen innerer (ärregtljeit nnb teibenfdjaftlidjen Verfolgen* biefer Singe 5U 5äf)(en finb.*) Sene feiner grennbe unb näheren brannten, bie fid) nad) biefen brei Stiftungen rjin in 9}?ittf)ätigieit gießen tieften, mürben mit gufdjriften unb Aufträgen überhäuft, fo bafj fte bie ©tunbe fegneten, in roeldjer bem ^roceffe ein (Snbe gemadjt morben. könnte bod) ber größte Xbjeit jener Briefe ber ^ernidjtung preisgegeben merben, benn, an unb für fid) ofjne anberroeitigeS Sntereffe a(g bto§ 9luto= gra^e taut einem großen Spanne, finb mandje bamnter geeignet, ein menig vorteil t)afte§ 3eu9lu§ fur ^ren SBerfaffer abzugeben, menn man nidjt beffen augenblidlidje Serftimmnng unb iljre Urfadjen at§ ßntfdjulbigung gelten (äffen mitl, ober OieUeid)t, (gleid) gerb. 9ueS,) an bem fef)r ämeifelljaften @at3e feftf)ä(t, ba^ oon großen Männern atte§ au§gefagt merben bürfe, e§ fcfjabe itjnen ntcr)t. Um ber nad)teitigen Auslegung einer fold)en Srieffteöe norjubeugen, bie meines 2Biffen§ 51t ben am meiften beffagenStoertrjen gehört, möge fie lieber gleid) tjter ben Ort ber ^eröffentlidjnng finben. ?(m 5. SOtärj 1818 fdjreibt Q3eetf)Oüen nnter anbern an gerbinanb 9tieS: „ . . . 3d) münfdje unb tjoffe für <5ie, baft fid) 3f)re ©tüdSnmftänbe tägtid) oerbeffern, feiber fann id) baS nid)t Hon mir fagen; burd) meine nng(üd'tid)e ^erbinbung mit biefent ßi^tjergog bin id) beinahe an ben SBettetftab gebradjt, barben fann id) nid)t febjen, geben mufe id), fo fönneu Sie benfen, mie id) bei biefer Sage nod) merjr teibe — $8enn e§ mir nur möglidj, madje idj mid) nod) früfjer öon l)ier meg, um meinem gänjticrjen 9?uin 31t entgegen, id) treffe at£= *) Söei biefer Gelegenheit läfet fictj auf eine 2(cljnlicrjfeit §tr geringfte ©ewidjt gelegt werben; erftere inSbefonbere waren fein beftänbige^ ^tedenpferb unb letzterer bebientc er fid) nur gar 5U oft al§ Sünbenböde in fetbft angerid)teteu SBirrniffen. 2BU( man offen fei)n, fo barf ba% au$ jenen ßuftänben hervorgegangene SDZaf? auffallenber Sßiberfprüdje jwifdjen SBort unb %§at nidjt un= berührt bleiben, baüou fid) nod) mancherlei Söeifpiele ergeben werben. SSie notljwenbig unfer 90?eifter felber \)a% Steifen, fowoljt %vl görberung Oon $unft5Weden, wie gur 93erbefferung feiner oconomifdjen 33ert)äitniffe, gehalten, bie§ bezeugen feine eigen= rjänbigen 5(uf;*,eid)uungen, 511m XljeU äftafynmorte an fid) fefbft geridjtet, in feinem Stagebudje au§ ben oorau§- gegangenen Sauren. 8n bem oon 1814 finbet ftc£) folgenbe *) ®er flegeniüätttge 23eft$-er btefe§ Briefes ift ber ÜÖhtftfev, §err Shtguft 33 u t) 1 , 31t granffurt am Wiam, ber ifin t>on ber SSttiue 9tie§ iiberfommen fiat. 176) Vgl. den Brief mit eleu bedauerlichen Worten über den Erz- herzog Rudolf in B. S. Br. No. 733 (III. Band). A. d. H. — 316 — ©teile: „£)ie Dfjrenmafcrjinen too mögtictj gur SKeife 6ringen, abobann reifen — biefe§ 6ift bu bir, ben SDZenfctjen unb ibm, bem Sltfmädjtigen fc^utbig, nur fo fannft bu nod) einmal aüe§ entmidetn, ma3 in bir oerfdjloffen bleiben mufe — — — unb ein ffeiner £of eine Keine (Sa^ette öon mir, in if)r ben ©efang gefdjrieben, angeführt, gur (£f|re be3 Stil- mächtigen — be§ (Smigen, Unenblidjen. — So mögen bie legten £age berftiefsen — — unb ber fünftigen 3Jcenfd)f)eit. £aenbet, 5öact), ®tud, 9J?ogart, §at)bn'§ ^ortraite in meinem ßimmer fie tonnen mir auf £>ulbung Sfnfprudj machen Reifen." 177) 3m £agebucfje oon 1816 ftnben fid) groei ©teilen, bie ine= befonbere geigen, mie fet)r er felber 511 einer 9\eife gebrängt f)at. 1) „Stttmö mufe gefdjetjen — entmeber eine Steife unb gu biefer bie nötigen äöerf'e fdjreiben, ober eine Dper — follteft bu ben fünftigen Sommer nod) f)ier bleiben, fo märe bie Dper oorgugtefyen, im gälte nur teibtidjer Sebiugniffe — ift ber Sommeraufentfjatt f)ier, fo mufc jet^t fcfjon befdjloffen merben, mie, mo? — @ott, f)etfe, bu fiefjft mid) oon ber gangen 9Dtenfd)f)eit oerlaffen, beim Unred)te3 mit! id) nichts begeben, erfjore mein gießen bodj für bie 3ufanft nur# mii meinem (Sari gufammen 51t ferjn, ba nirgenb3 jetjt fiel) eine 9#ögticf)feit bagu geigt — 0 f)arte§ @efd)id, 0 graufameS $erf)ängnif3, nein, nein, mein ungtüdtidjer 3uftaK° enoet i"c-" 178) 2) „SDict) gu retten ift fein anbereS Mittel al£ Oon fn'er, nur baburd) fannft bu mieber fo gu ben §öf)eu beiner SPunft entfdjmeben, tto bu fjier in ©emeinfdjaft uerftnfft, nur eine Sinfonie — unb bann fort, fort, fort — bertoeil bie ©ehalte aufgenommen, melcrjeä felbft auf Satire gefdjefjen fann. lieber ben Sommer arbeiten gum Reifen, baburd) nur fannft bu ba» 177) Im Fisch hoff sehen Manuskript Fol. 32 a, wo „den Gesang" statt „der Gesang" steht, letztere Lesart auch bei Nohl in „Die Beethovenfeier und die Kunst der Gegenwart", S. 58. A. d. H. 178) Im Fischhoffschen Manuskript Fol. 39b und 40a. A. d. H. — 317 — grofje 28erf für beuten Neffen uoflfütjren, fpäter Stalten, Stauen burdjroanbern mit einigen Äünfttern — madje ^?(äne unb fei? getroft für S ",79j ߧ ift nun an ber geit, einen 93(icf auf be3 SMeifterS JpauStoefen 31t merfen, um audj barau§ gu entnehmen, in mie= fern e3 geeignet mar, ba§ SBefdjtoerlidje ju befettigen, nun in bereit* oorgerütfterem Filter alle ßebens>bebürfniffe nodj jumeift im ©afttjofe $u befriebigen, ober 06 e§ baä Seben bequemer gemalt unb aud) für feine t'ünftterifdje SBirffamfeit förbernber gemefen. 9Iucrj (euerer Umftanb mar ein SSeftimmungSgrunb metyr, eine §au3f)a(tung ein5urid)ten. 23eetrjoben'3 löbliche ($e= rootmrjeit, Nötigen über ftcfj fetber, fein Renten unb $aibien, nieberäufc£)rei6en, erftrecfte ftdj gleichfalls auf feine £au§ange(egen= Reiten, ^ie^u mürben jumeift bie teeren Slätter im Satenber benutzt, ber in fötaler £nnfid)t als Stagebud) gegolten, Sterlet £agebüdjer fjaben fid) oollftänbig au<§ ben Sauren 1819, 1820 unb 1823 oorgefunben. (Srftere* (1819) enthält bloS nadj= ftetjenbe 21nmerfungen: ?tm 31. Sanuar ber £au§f)ättertn aufgefagt. = 15. gebruar bie Äücrjenmagb eingetreten. 8. STtärg f)at bie Äüdjenmagb mit 14 klagen aufgefagt. * 22. Sftärä ift bie neue £mu3t)ä[terin eingetreten. = 12. Sttai in 9ftöbting eingetroffen. Miser et pauper sum. = 14. ÜDM ift bie ^tufmärterin eingetreten mit monatlid) 6 ©ulbett. - 20. Suli ber ipauSrjätterin aufgefagt.180) 179) Ebendort Fol. 40a. Statt „für deinen Neffen" hat das Manuskript „für deinen armen Neffen". Den Schlußbuchstaben „für LZ will schon Nohl (1. 1. S. 68) als „Cu (= Carl) gelesen wissen. Danach folgen im Manuskript vier Zeilen mit Strichen . A. d. H. 180) Aus den in den Kalendern aufgezeichneten zum Haushalt gehörenden Bemerkungen sind für uns noch wichtig genug, um fest- gehalten zu werden: a) unterm 22. März (1821??): „im März ist K — 318 — £)et Saf)rgang 1820 ift aber fdjon an JjauSgefdjidjttidjeu Zotigen reidjer. 3-33- Stm 17. April bie Äütfjenmagb eingetreten. = 19. April fdjledjter Sag (b. tj. ber SRciftcr bet'am niäjt§ ©eniefebarcS auf ben £ifdj, weil infolge be§ langen errn ober feinen Sienern? Reiben Reiten, jebodj nict)t gu gleicher §ätfte. $lui bie minbere §älfte fällt auf Sßeetrjoöen'g Seite, ßu groj^e 9?ei|barfeit, eben foroot)! ^em|)erament<3fel)ter, atg aud) bnrdj geiftige Stimmungen fortan genärjrt, SDäfjtrauen, tfjeilg in $ofge eigener, tfjeilg frember ©rfaljrungen ermorben, iugbefonbere beäüglid) auf bie bienft= trjuenbe Glaffe, ferner nod) bie Unmoglidjt'eit fid) mittetft ber Sprache mit ben Seilten 311 ücrftänbigen — biefe brei Singe im medifelnben Vereine mußten unaugbleibtict) ben rjäuglidjen ^8erüet)r erfduoeren, ja gefäljrben. üftur et mag ©cfjltff bei ben Sienern, nur et mag Oon jener (Sigenfdjaft biefer (Stoffe in norb= unb meftbeutfdjen Stäbtcn, bie einen gemiffen ©rab öon (Srsierjung üerrätf) unb nicfjt feiten mit feiner ©itte oereint ftcf) offenbart, bieg fjätte nnfefjtbar bie mot)ttf)iienbfte ©in* mirtnng auf unfern äKeifter fjerüorgebradjt unb atteg um itjm f)erum beffer geftaltet. Stfit gutem ©raube tonnte er bie aug- feiner §eimatl) biegfatlg mitgebradjten (Erinnerungen entgegen* ftellen. allein man befaub fiel) eben in Sßien, bem ®ammel= — 320 — pta£e ber craffeften 9tof)t)eit unb Sd)(ed)tigteit ber bienenben Staffe au3 aden 3?ö(ferftämmeu ber 9Jconard)ie, of)ne Unterridrt, ofjne religiöfe begriffe, o§ne fittüdjen £>att. $arf Don großen Stäbten immer gefagt merben, fie fetjen in gemiffen Sejiefjnngen (Spulen für jegtid)e3 Safter, fo gebührte ber öftreidi)ifc&en Siaiferftabt Diesfalls ber ^öorjug! nur äufeerft menige QauZ* Haltungen maren fo gtütftid) ben f)äu3(id)en 5r^eoeu *n 5°ffle Sittentofigfeit if)rer Wiener nidjt geftört ju fe^en. 3?ie(teid)t ift e3 bermal beffer bamit gemorben. 9Jcöge biefe .'pinmeifung auf bie llrfadjcn fo betrübeuber SBirrniBe in 93eetf)otiens £>äue(id)feit einftmeiten genügen, fommen mir bod) meiter unten auf bie ©runbqueüen biefer 3uftänbe in Sejietjung auf bas %{[ gemeine be3 näheren ju fpredjen. (*§ marb fo eben bemertt, bafj bie Srnenuung be3 ©1*5= ^er^ogg 9?ubo(p^ 511m (Sr^bifdjof oon C(müt3 bereite um bie Wüte bes 3af)re3 1818 eine bef'annte J^atfad)e gemefen. Sttöbatb marb aud) ber Jag feiner SnftaHation auf ben 9. Warj bes 3at)re5 1820 feftgefe^t, als ber aüjäfjrlicrj gefeierte ®e* bädjtniBtag ber tjeif. ?(pofte( Gl)ri((us unb 93cetf)oöiu§, 2anbs= patrone oon sJD?ät)ren. Cfjne irgeubmetdje ^lufforberuug faf^te 33eetr)ot>ctt ben Gnir» fd)luf3 ^u biefer Jeierüdjfeit eine Weffe ju fdjreiöen, ftd) fomit nad) langen Sauren mieber bem 3ll)ei9e feiner ftunft jujumenben, ju bem er ftd) — mie er oft geäußert — neben ber Sinfonie am meiften ^inge^ogen füllte, tiefer @nt]d)tu& möchte motjt beut(id) 3eigen, haft er oben angeführte ?(u3fatt gegen „biefen (Sr^fjer^og" nur einer oorüber^ietjenben Spotte Oergleidjbar, müßten mir überbieS nid)t, bafj ber äfteiftet feine (Megenfyeit berfäumt §atte, um feinem burdjtaudjtigften ßbflttnge bie Ooüfte Stnrjängticrjfeit ju bemeifen. 3m Spätfjerbft oon 1818 falj tdj biefe Partitur beginnen, uadjbem fo eben bie 9tiefen= Sonate in B dur, Op. 106, beenbigt mar. £>en Sommer üon 1819 uerlebte unfer SRetftcx mieber in SRebitng. 3)ort — 321 — 6efucf)te id) ifjn fjäufig unb fafj bie SOZeffe fortfcfjretten, aud) fjörte idj ifyn .ßtoeifel äußern an bei* mögtidjen 23e= enbigung be§ 2Berfe§ jum feftgefteüten Termin, toett jeber efen. dagegen gab eS jetodj aus oorbemelbeten ©rünben feine 2(bt)ü(fe. Niemals roof)t bürfte ein fo großes Stunfttoerf unter rotbertuärtigeren 2ebenS= üerfjältniffeit entftanben ferm, als biefe Missa solenmis!181) Safe biefeS cotoffafe SSerf, in roeldjem ber Slutor alt feinen 9xeid)trjum an ßunftrmffenfdjaft 51t ooüfter ©eltung bringt, bemfelben bennod) nur ein üerrjältniBmäßig geringes Honorar, anbererfeitS aber auefj ber Stunfttoelt bisher immer noct) feinen entjprecrjenben ©eroinn eingetragen, überbieS nod) $u meit auS* einanber gerjenben Beurteilungen 5lnlafe gegeben, baS ftnb Jtjatfadjen, über meldje an biefer Stelle beS näheren $u fpredjen nietjt geeignet ift. 5XüeS ber (2pe5ial-@efd)id)te ber Missa 5ln= gehörige unb mit fjinein fölingenbe luirb fid) ben Gegebenheiten bei unb nad) ber burdj ben 5lutor felber oeranftatteten erften Stuffürjrung 1824 groedentfpredienb anreihen laffen. 181) Dazu rechne man die ungeheure Korrespondenz wegen der Messe in den zwanziger Jahren des Jahrhunderts; man befrage den vierten und fünften Band der Briefe. A. d. H. — 323 — SRefumirenb. Dctö Saljr 1820 geigt un§ SBeetljoOen auf bem ©ipfet fetner fo lange belämöften, enbticfj bod) erreichten SBünfctje. „9ftit feinem (Sari äufammenfeton gu fönnen," mie mir iljn oben aufrufen gehört, fonnte nun in (Srfüüung get)en. £)er ©inbrucf fotdjen 2tu3gange§ be§ $ßroceffe3 auf fein ©emütf) mar in jebem 23etrad)te ein übertoältigenber, roeit feiner SeitS immer be^meifett. $or lauter greube unb ©tüdfetigfeit ob be§ er= rungenen Siegel über 93o§t)eit unb 9?änfe, a6er aucf) ob üer= meinttidjer ©rrettung au§ leiblichen unb geiftigen ©efafjren feinet tatentöollen Steffen, toarb bm ganzen Sommer Ijinburct) menig ober faft gar nicl)t<§ gearbeitet, — bielfeid)t nur fdjeinbar, toeit bie Sfi^enbüdjer fortan nur leere Stätter aufliefen. $ttte feit uier Sauren gefdjtagenen SSunben fd)ienen Oergeben unb Oergeffen. Sogar anbermeitige folgen au§ biefer fdjlimmen 3eit, beren nätjere Sejeidjnung oorläufig unterbleiben foll, madjten tljm feine «Sorgen, benn auf @ott unb feinen fctjöpferifdjen ©eniu§ Oertrauenb, f)offte er in fur^em batjin gu gelangen, feine fünftigen Seben§tt>ege öon allen ^emmniffen befreit 51t fetjen. 3tber and) fein Sßiograpt), ben Vorgängen jener £age fo nafie fteljenb unb an greub unb Seib be<§ teuren $reunbe§ unb SetjrerS Streit netjmenb, beftnbet fiel) in biefem 2tugen= blide 00E freubigen @efül)l§, biefe fturmbetoegte 3eit t)inter fid) 5U tjaben unb toieber in ben breiten Strom be§ SebenS unb 2Birfen3 be3 aufserorbentticfjen 3J?anne3 einlenlen j$u fönnen. $on nun an fann alfo eine djronologifd) georbnete $ort= fdjreitung im ©rjä^len ber ^Begebenheiten, einzelne Stüdblide aufgenommen, toieber feft eingehalten tterben. II. Steuer 3m*mlä. Skriüugte traft. @3 liegt in ber @emo£)nl)eit ber 9ftenfd)en nafje $ergfpi£eu 1821. 3U beobachten, um nad) ifjrem Reitern ober umroölften Sluäfetjen 21* — 324 — auf bie beoorftetjenbe SBttterung fditiefeen 3U fönnen; eben fo pflegen fie e§ mit ben ©pitjen in ßunft unb SSiffenfdjaft §u machen. 23ei ben ©inen gefdjieljt e3 au3 btofeer Sfteugierbe, bei ben 9lnbern aber au§ magrem Sntcreffc für bte Sadjje, bie feine anbere, a($ Vereiterung ber Sunft ober SBiffenfdjaft um ein neues ^?robuct. STeffntidjeS ergab fidf) in SBegug auf unfern £onbid)ter. Sn früheren Sauren fyaüt er alle Streite oermöf)nt, inbem 3Ser! auf Sßerf feiner Sftufe in bie Deffentftdjfeit gekommen, tooburd) bie Neugierigen nnauägefettf befdjäftigt, bie ifju ©rfennenben f)in* gegen freubig überrafd)t unb angeregt mürben. 33ereit§ finb ©rünbe mie Urfadjen Ooram§geljenb entmicfett morben, bie t)erbei= geführt, bafj in ben testen fünf Sauren ein (für baä größere publicum) fcfyeinbarer ©titlftanb eingetreten, unb aufjer ben SBerfen für ^ßianoforte, Op. 101, 102 unb 106, nidjts Hon 33e* beutung erfdjienen mar, oon benen ba§ eine menigften3 ber SSiener 9ttufifmett biet 51t reben gegeben, mie mir fürs äuüor gehört, ba$ teuere jebod) nur einem feljr fleinen Greife (burd) Vermittlung oon ©arl G^ernt)) befannt mürbe. Sie ©inmirfungen au' ber betrübenben Vorgänge mätjrenb be§ Vormunbfd)aft§= $roceffe§ fjatte ba§> publicum balb üergeffen, unb meit nid)t§ ®emiffe3 5U erfahren mar, ob ber ütteifter ftd) mit irgenb einem SSerfe Oon Vebeutung befdjäftige, (man muf$ miffen, ba^ e§ Sebem au§ feiner Umgebung gleid)fam gur ?ßfttc£)t gemadjt mar, Oon beut au§ feiner geber ^ommenben nichts Dertauten 5U laffen, beOor e§ nid)t üotlftänbig aufgearbeitet mar) fo mar ein ©runb für biefe§ ©tiUfd)toeigen balb aufgefunben, e3 fjiefj nämtid): „Veetljoüen f)at fidj gang aufgetrieben, er Oermag nid)t3 mefyr." ©efto i)öt)er mar fein 9Ruf aU Sßeiber- feinb geftiegen, ebenfalls üftadmnrfung jene3 ^roceffe§, in metdjem ein anfet)nlid)er £f)eü be§ S)amen=Sorp§ aufsertjatb ber ©erid)t£ftube mitgerebet unb meift für bie ©djmägerin ^artei genommen tjatte. Sene, bie i|n für erfdjöpft mahnten, ftüttfen ftd) neben — 325 — mancherlei eingebübeten ©rünben auf ba§> ©rtebnifc üom 17. $a= nuar 1819. 31m fetbett £age fjatte fic£) 23eetf)ouen bei (Megen- Ijeit etne§ großen Soncertö 5um Sßoxttjeite ber Sßittmen unb SSaifen ber juxtbi[ct)en gacultät §ur Seitung feiner A dur Sinfonie 6eftimmen laffen. §)ie Sluffüfyrung fanb im Unitierfität3=es entbehre, nacrjjubenfen unb geftelje offen, bafj id) bis gur ©tunbe benfetben mafjrrjaft bettage. 2>d) t»er- mocfjte unb bermag nod) immer nicfjt einzufetten, mie bie beiben t)infid)t(icf) bei Gt)arartertftifd)en einanber fdjroff gegenüber ftetjenben @ä|e ein in fid) abgesoffenes, einheitliches ©an^es barftetten fotten, benn bort ber Ausbrud faft ungeftümer Seiben= fdjaft mit nur furzen Unterbrechungen üon einigen liebtict) er- füngenben SDMobien, baneben aber ein faft burdjmeg büfter ge= — 327 — fyatteneS jtongemätbe, ba§> in ber gefammten Siteratur unferS SKeifterS bis bat)in nict)t feines ©teilen finbet.183) @g molTte nnb toitt nodj immer fcfjeinen, ber Sonbicfjter tjabe fiel) in biefem @a|e in Se^ug auf Mannigfaltigkeit im formellen nnb 3In= menbung eines UebermafjeS öon SSiffenfc^aftlicfjfeit über einen fo einfachen (Stoff als bie „Strietta" (baS Stjema §u ben Variationen :c.) fetbft überboten, — ©tmaS, baS unS öon nun an in nacfjfolgenben (Schöpfungen oft entgegentritt. £)ie Seidiger Slriti! macfjte bei biefem «Satje unter anbern aud) nacfjftet)enbe Semerfung: „@S t)at bem ßomüoniften gefallen, fidtj §ur 9luS= füt)rung feines fcfjönen (Stoffes meiftenS nur fotdjer Slunftmtttel gu bebienen, bie mir feinem f)ot)en ©eniuS nict)t recfjt mürbig finben. ©r ätjnelt in biefem Songemätbe einem 9J?aler, ber ben 9Raum für ein 9lttarbfatt einfarbig (monoton) mit bem 9#imatur= ptnfei ausfüllt." XXXIV, 213.*) *) Sen erften Sritifer in ber SBerfinex: 3Kufu*s,3ettung überfiel bei biefem (Safte eine SSifion ber nmnberltdjften 2lrt. (Sr gab iljm bie lieber» fdjrift: „2)er Stob bc§ großen 9Jianne3", — nämlid) 93eett)oüen'§ — unb legte ibn fo aaS: „Scfjroetlen ntcfjt bie Harmonien baZ Sfjema fd)on tüte bie Srauermufit be3 fern fjeranfdjroanfenbett i*eid)enjugeä burd) bie 9Jadjt? Sdjon im jiceiten Xtjeil ©rabgefaute. 9lun ber erfte ütrupp ber Seic^ettJ begleiter in langen Oflöven, bie fanft Ilagenben Steunbe, mefir nnb mebt brängt ficfj'3, bai rott)gelbe gacfellicbt maHt ncüjer, ©rabeSläuten tönt burdj — Erinnerung riicft un§ an ba£ ©djmerseniolager äitrücf, nod) einmal burdj bie fortfnmmenben ©tocfen bore tdj baZ leftte fdjtnere 2lufafr)men be§ (Sterbenben u. f. f. ©er SSerfaffer !ann bezeugen, bajj ber nodj guter ©efunbbeit fidj erfreuenbe Sonbidjter bon biefer unb anbern bergleidjen irrfinnigen 2ht3= legungen feiner Wu\it unangenehm berührt morben. — Sie 2ln§Iegungen bei 33eetbouen'fd)en SBerfe fommen bon ba ab immer mefir unb mefir in bie Ceffentfid)feit unb gleiten balb ben 33ibel=?(u§Iegungen. 183) Die Einheit ist darin zu suchen, daß nach den leidenschaft- lichen Kämpfen, wie sie der erste Satz schildert, endliche Erlösung erklingt und aufs breiteste, reichhaltigste und mannigfaltigste aus- geführt wird. Was sollte auf ein solches transzendentales Ausklingen noch ein neues Lied besagen? A. d. H. — 328 — 3m ©ingange tiefer, über ba§> SBefen ber legten brei Sonaten fid) augfürjrlid) ergetjenben Äritif bebient fid) ber 33erfaffer eine§ finnigen ©teidjniffeä in Se^ug auf 23eetf)oüen'3 9ftufif im 31(1= gemeinen, ba§> Ijier roörtlid) angezogen roerben fotl, gumat e§ bei ^Beurteilung einiger nadjfotgenben SSerfe inSbefonbere gute 2)ienfte §u leiften geeignet ift. ©§ lautet: „@in [o reidje§ St'unftleben barf man rooljt einem Ijerrtidjen ßaubfctjaftSgarten mit trefftid) geführten, oft gar munberbar ber* fcfjtungenen, burd) ©erjage, SSiefen, Sirjäter unb $elfenfditud)ten ftc^ roinbenben Jföegen bergteidjen. (So roie in bergteidjen ©arten meift auf eine überrafdjenbe 2Betfe, ^uncte mit ben ent^üdenbften 21u§fid)ten fid) barbieten, bie freilief) oft nur ba$ beroaffnete Stuge botiftänbig geniest; fo tjeben fidj aud) in einem fo rjerrfidjen muficatifdjen ^unftgarten, luie in bem, ben un§ SBeetljoben fdjuf, geroiffe ent§üd'enbe Partien gan§ ausgezeichnet Ijerbor. §ier audj roie bort menben Mitteilen bie SSege, unb oft gerabe an ben be^aubernbften 9?urjebuncten, fid) fo fctjneCt. nad) einer ent* gegen gefegten Seite, bafj man, in ben erften 3(ugenbtiden roenigftenS meint, man fdjreite 5urüd ober bod), man roeidje ab uon ber 9fJid)tung, auf melier nodj mandjer fd)öne Äunftgenufj 5U erroarten ftanb, beffen ©ntbeljrung man nun beforgt. Su* beffen, bort roie tjier, taffe man fid) nur roitlig unb rjingebenb (eiten bon bem Sdjöbfer be§ Slunftioerfö — roer tonnte auetj ein befferer gürjrer fetjn, als! biefer fetber? — unb man roirb §u feiner $reube finben: nietjt jeber SSenbebunct fet) ein (£ut= minationSbunct." 1822. ®em erften Smbutä gu frifdjem ®eifte*leben folgte ein groeiter auf bem $ufje nad). tiefer foltte ben Sfteifter nad) jahrelanger 3ur"c^9eä°9en^e^ lieber einmal berfönlid) öor baZ publicum bringen. (Sari griebrid) §en§ler, ber burd) bie gau^e beutfetje £Ijeaterroelt beliebte SSotfSbetuftiger burd) feine Stüde: „®er Sitte überall unb nirgenbä, — 2)a3 2)onaumeibd)en, — Diinatbo l^inatbini, — £>er £eufel§mütler, — geige oon Jöomfen," — 329 — u. anb., feit einigen ^aljrcit 2)irector bei* bereinigten 33ütjnen §u ^reSburg unb Jöaben (bei SBien), mar unferm Seettjoüen non feinem häufigen 9tufentf)atte in letzterer ©tabt roof)t befannt, ja, ber Xonbicljter roie aud) ber SSotföbidjter unterließen nidjt, in mannigfacher 2Seife fiel) gegenfeitige 2ld)tung unb 2(ufmer!= famfeit 51t bezeigen. ^Bereits im Saljre 1821 tjatte §en§ler baZ Sßrioilegium beS Sofeptjftäbter £t)eater§ in 2öien fäufücf) an ficfj gebracht. ®3 unterfdjieb fict) biefeS oon ben anberer iöorftabtbürjnen baburci), ba^ e3 auf alte 3tt>eiQe ttjeatralifct)er £>arftettungen fid) auSgebetjnt unb bemnad) ben faifertidien 53ül)nen gleidjgeftellt mar. ©teidjjeitig faßte Renaler ben ©utfdjluß, ein üon ©runb auf neues §au3 aufzuführen, ju beffen (Sröffnung ber QSorabenb be3 üftamenStageS be3 Ä'atferS, ber 3. Dctober be§ folgenben Saf)re§, feftgef teilt morben. 31 13 geeigneten (Stoff gur ©inmeiljungSfeier roätjlte man „2)ie Ruinen tion Sittjen," momit 1812 bie (SinmeifjungSfeier be§ XfjeaterS 51t ^eftt) ftattgefunbeit rjatte. 3)er Stotjebue'fdje Sejt fottte öon bem bekannten $ort'<§= bidjter (Sari SDceifl tljeitmeife umgeftaltet unb bem neuen Snftitute angepaßt werben, äftineroa, au§ gmeitaufenbjäljrigem edjlafe auf ,ßeu§ 5kfel)t jum Seben erroadjt unb Oon Hierfür in bie neu erftanbene £>anbet§ftabt an ber ungarifdjen ©onau geführt, um bafelbft ben SKitfen einen 28ol)nfi£ 5U grünben, meit itjr alteS £>eimatt)lanb in Barbarei Oerfalten, in äöirfftdjfeit nidjt mefyr ejriftirt, foüte nun and) in ber Slaiferftabt, unb gtoar an jener ©teile, mo bie feit lange in tiefen Verfall geratene $unft §ur (Sntfittlidjung be§ SBolfe£ mettjobifd) benutzt morben, ben Stufen eine fidjere ©tätte erridjten. SBeettjooen marb erfud)t, biefen ßraetf baburdj §u unter* ftütjen, ba$ er in feiner ÜDcufif einzelne Slbänberungen treffe unb neue ©tüd'e {jin^ufe^e. £)en ©ommer üon 1822 in S5aben meitenb, mo ber SSerfaffer ficf; gleichfalls befanb, machte er ficf) nad) üöllig beenbigter $eite an ber Missa solemnis im Saufe be§ äftonatS Suli an biefe neue Arbeit, bie jeborf) in $olge ber überaus marmen Temperatur ber SatjreSäeit nidjt fo rafd) üon — 330 — (Statten getjert mollte, tüte aller Seit3 geroünfctjt morben. Unter anbern gab e§ einen Gfjor mit abmecfjfelnben Steinen unb ©ruppirungen 51t componiren, inbem ber neue ©irector aud) ein Potlftänbigeä 23allet=(Sorp§ mit Solo-Sän^en probieren mollte. SDftt biefem SOZufifftücf, auf beffen SBeenbigung am meiften ge= brungen marb, ging e§ gar nidjt Pormärtä, roeit ber ßomponift mit bem Sejrtöerfaffer nicfjt äurecrjtfommen fonnte. 3n§6efonbere brängte fiel) ber SöaHetmeifter, ber, felbft nocf) neu im SImte, ein neu gufammenge[teüte§ Sorp§ einzuüben fjatte. (Snblid) mar aud) biefe Kummer fertig, aber, fielje ba! ber (Somponift Per= meigerte ftanbfjaft bie 9lu3folgung; felbft Sitten unb $orftettungen be§ 3)irector§ oermodjten nid)t§. S)er äfteifter ermieberte: betior nid)t ba§> gange SBerf mieber burd)gefel)en unb bie Steile mit bem ©angen 5itfammengef)atten fepen, folge er feine Sftote au§. SBätjrenb biefer Vorgänge, menig nerfcfjieben Pon benen mit Umarbeitung Pon gibetio 1814, maren Sßermünfdjungen aller Sfyeaterbicfjter, Baltetmeifter unb nodj anbrer 9J?eifter am Stfjeater an ber Xage§orbnung. @ine§ ber (Epigramme auf ben genannten SBotföbidjter liegt nodj in be3 Stonbidjterö ^anbfdjrift Por. S)amit mad)te er feinem ©rotte Suft. ©3 lautet: „3um SOTet^eC ift er gut, aber jum Silbner?!" 184) Sftittleriueile aber mar ber September fjerangefommen. @3 mar batjer an ber 3eit, an Aufarbeitung einer neuen DuPer= ture 51t gelten, benn ber Stteifter fjatte längft bie ben Ruinen Pon 2(tf)en äitgefjörige au§ begreiftidjen ©rauben jut bePor= ftetjenben @roffuung3feier für nicfjt geeignet befunben. (£ine§ SEageS mit it)tn unb feinem Neffen in bem fdjönen £>elenen= tfjale bei Saben un§ ergebene, rjiejä Seetljooen un§ eine Strede öorauö §u njanbern unb it)n an einer beneidenden ©teile §u ermarten. Üfticfyt lange tjatte er m\^ fdjon eingeholt, bemerlenb: er tjabe nun jtuet sD?otiPe §u einer DuPerture notirt. Sofort äußerte er fiel) aud) über ben ^lan ber Bearbeitung batjin, 184) Aufbewahrt in Schindlers Beethoven-Nachlaß. A. d. H. — 331 — bafj baS eine in freiem, baS anbere aber in ftrengem Sttyt, unb groar im ^aenbeffdjen, ausgeführt merben foü*e. Sotriet feine (Stimme oermodjte, fang er beibe Sftotitie unb frug bann, tueldjeS unS moljt am befteit gefalle? @S mag bieS feine momentan rofige (Stimmung Se^eidjnen, in meiere er bnrd) STuffinben ^meier (Sbeffteine werfest morben, nad) benen ei öiefleidjt fdjon (ange gefudjt f)atte. £)er 9?effe entfctjieb fid) für beibe.. meiner SeitS fpradj id) ben Söunfd) auS, baS $ugen= Sftotiü 51t obigem 3med bearbeiten 51t motten, keinesfalls f)at jebodt) 23eett)Oöen bie Duberture „gur Söeit)e beS ipaufeS" auS« gearbeitet, meit id) eS gemünfcfjt, fonbern meit er fid) tängft mit bem ^(ane umgetragen, eine Duüerture im ftrengen, unb gmar auSbrüdtid) im §aenbet'fd)en Strjte 51t fdjreiben. Sn miefern ifjm bieS gelungen, fatm tjier nid)t ©egenftanb ber Unterfudjung merben. 9)?and)e Oerneinenbe Stimme ift bieSfatlS gegen baS Söerf taut gemorben. llnftreitig finb aber biefe ^rititer §u meit gegangen, toenn fte bon unferm SJMfter oer* langten, er fjätte feine Snbiüibuatität babei metjr üerfeugnen f ollen. Sidjertid) lag eS nictjt in feiner Slbfidjt, eine ßofcie nad) |menbet §u madjen unb modjte er nur an eine bem großen Vorgänger üermanbte Strjfmeife gebaut tjaben. $on ber S3e= ftimmung beS anbem Duoerturen^otioS mirb in ber ^otge bie 9M>e fel)n. StBte fdjon fo oft Ijatte fid) baS ßaubew mit Seenbigen eines SBerleS §u bem befttmmten Termin gleidjfattS mit biefer Duoertnre ergeben. Seinatje f)ätte fid) ber $aH aus bem Satjr 1814 mit ber üierten DuOerture in E dar §u $ibe(io erneuert, metdje, mie bereits begannt, jur erften SSorftetlung nidjt fertig gemorben, barum jene ^romettjeuS bie Stelle üertreten mufete. 2)aS neu §ufammengeftettte Drdjefter beS Sofeüljftäbter S^eaterS erhielt bie Duüerture erft am üftadjmittage Oor ber ©röffnung mit ungültigen Sdjreibfeljtern in jeber Stimme. 2BaS für it)re (Sin* Übung bei einem natjegu fdjon gang gefüllten parterre gefdjeben fonnte, genügte faum gur (Sorrectur ber gröbften Sd)reibfel)ler. — 332 — 53eett)ouen tjatte fid) bie Oberleitung bei ber (SröffnungS* feter oorbef)atten. Demnad) nafym er am $iano $ßu% fo gloar, ba^ er ba§> Drcfjefter grö^tenttjeiö im @efid)te, ber 33üf)ne hingegen baä linte, nod) einige Dienfte (eiftenbe Dtjr gugemenbet tjatte. Der (Sapetlmeifter 3ran8 ©läfer (gegemnärtig §of= (SapeUmeifter in (Soppentjagen) ftellte fidj, ba3 ©ange über* madjenb, itjm red)t<§ §ur ©ehe, unb id) führte ba3 Drdjefter an ber (Spitze ber erften Violine, nadjbem id) furg öortjer bie juriftifdje 2tmt§ftube üerlaffen, fonad) au3 bem Dilettanten» Greife gcfdjieben toax, an metdjem 2Jßed)fet unfer Sonbidjter mefenttidjen 5tntf)eit gehabt. Den muficatifdjen Erfolg biefer geier anlangenb, fo tonnte er, uneradjtet aüfeitiger Segeifternng im • ßufammennrirfen, fetbft bnrd) aufmunternbe SBorte be3 SHeifterS angefadjt, im ©an^en fein günftiger genannt tuerben. DeftereS ©dnoanten auf ber 23üt)ne mie aud) im Drdjefter in gotge angeftrengten £aufd)en§ unb 3urüdt)a(ten3 ber Söemeguug oon ©eite ber Oberleitung, aufteilen im balligen ©egenfatse mit beibeu Unterteile™, üerfefcte alles in grofee SSeängftigung. $eerf)oöen fütjlte nidjt, ba^ t)auptfäd)liclj er felber ©djulb bnran trage, ©eine Ermahnungen betreffs „su üieten EilenS" tonnten barum im ©ange nid)t§ änbern, loeil bem nid)t fo mar. Snbeß mürbe bie SBorfteHung otjne merflidjen UnfaE gtüdlidj $u (Snbe gebraut unb ber erhabene 9)?eifter oon bem aufS fjödjfte be= geifterten 5tubitorium mieberfjott auf bie S3ür)ne gerufen. (£r erfd)ien an ber §anb be§ mürbigen Directory £en£ler. Sm Verlaufe ber Hauptprobe 5U biefer geier Ijatte ftct) etmaS begeben, baZ bie nieten Stnmefenben freubig überrafct)te. 3n einem Duett smifdjen ©opran unb Xenor benahm fid) bie nod) jugenblidje ©ängerin äagfjaft unb fdjleppte merfbar. 33eet= tjoüen mert'te e3 gleichfalls, liejj bie ©ängerin §u fid) tjeran* treten, fte auf jene ©teilen aufmertfam madjenb, in benen fie fid) teidjter bemegen fotle, fprad) i£»r fobann 5Dmtf) §u unb empfahl it)r fid) feft an ben gemanbten Stcnor anfdjtieften §u motten. Darauf liefj er bie Sxummer miebert)olen unb äußerte — 333 — am ©cfjluffe feine gufriebenljeit mjt oen Porten: „Sefct roar e§ gut, $räutein jedermann!" £>er SEenorift in biefem 2)uett ttmr ber gegenwärtige SHrector be§ 5Iacfjener ©tabt=£rjeater3, £err 90?id)aet ©reiner, ben unfer SJtofter bereits öom Sabener £t)eater rannte.*) S3ei 53eurtl)ei(ung tiefet Vorfalles t)infid)ttid) beS ©etjörjuj'tanbeS roirb nur §u Bemerfen ferjn, bafy e§ fid) BloS um Uebertjören gtoeicr (Stimmen gerjanbett, nicfjt um eine ©orrectur im ©nfembte. 2öer bie Vorgänge fonft in ber $ßro6e unb in ber ^luffütjrung beobachtet, mufete mit großer SBetrübnift erfennen, bafj ber SMfter fernerhin unter jeber SBebingung aufeer ©taube fei) Waffen gu leiten. SDer im ©anjen erfreuliche SluSfall ber Sofepljftäbter (Sr* öffnung§feier mar für bie 5lbminiftration beS §of=Dperntt)eater§ $erantaffung, ben SU^eifter um bie Seitung bei einer bemnäct)ft in jenen atterjrroürbigen ^unfttjalfen beborftetjenben $eierlict)feit 5U erfucrjen, rüo6ei itjtn nod) größere §ulbigungen Bereitet merben fotlten. %laä) ad)tjät)riger *ßaufe Ratten fid) gut 3Bieber- auffütjrung beS gibetio, mit SBilljelmine ©d)roeber als Seonore, aud) anbere ber großen Aufgabe im allgemeinen genügenbe Gräfte bereinigt öorgefunben. $)ie $orftellung füllte im SDtfonat üftooember jum 33enefice ber ©djroeber ©tatt fjaben. 53eetr)ot»eit macfjte Umfrage in feinem Greife, ob er bie Seitung ber Dper unter Seiftanb beS Oon it)m fet)r gefeilten (EapettmeifterS *) Sßodj mag burd) 9(nfüf)rung einer anbern £l)atfad)e, beren oft= maiiger Satge £>err ©reiner gleiä)faU§ geiuefen, ber ©rab bon S)ienft* fertigfett be§ linfen Dljr§ in jener geit gegeigt werben. %n ber Oteftauration neben bem Sofepbjiäbter Sweater befanb fid) eine bon ben bamalS beliebten Spieluhren, roeldie Duberturen, einzelne Hummern auä guten Dpern u. bergt, pren liefe. Söeetljoben pflegte ftetS in tt)rer Mb,e $la£ §u nehmen unb fid) redjt oft fein 2iebling§ftürf barau3, bie Oubertttre ju Tlebea uon (Sljerubini, bortragen ju laffen. ©ein Serjett in F dur au§ gibelio wollte er beä etroaS ju langfamen Xempo§ wegen nidjt t)ören. ©r üermodjte jebeö ©tücf fogleicfj beim erften Sacte ju ertennen unb ju »erfolgen, babon er un§ SBeioeife gegeben. ®a3 redjteOtjr ober bem SBaljemuerfe jugemenbet, botte fid) atle§ in ein tönenbe§ ©Ijaoä oertoanbelt. — 334 — Umlauf185) gu übernehmen toagen bürfe. 3lTte rieben ah, ja mir baten bringenb bem eigenen Sßunfdje gu raiberftefjen in (5r= innerung be3 fcfyon 1819 im Uniberfität§=©aate, unb neuer* bingö mieber im Sofeptjftäbter Sttjeater, 2Sal)rgenommenen. yiafy bem er mehrere 'Jage in feinem @ntfd)tuffe gefcfjmanft, erklärte er ftcf> gur Seitung bereit, — ein in bielem Söetradjte Ijödjft bebauertidjer ©ntfdjtuß. Stuf fein Verlangen begleitete id) ifjn gur Hauptprobe. Die Duberture in E dur ging bortrefftidj, benn bie tapfere Sßljatanr. bemegte ftd) trotj mandjer unfidjeren Zeitangaben be§ Dirigenten in feftgefcfjtoffenen ©liebern nadj gemotjnter Sßeife. allein fd)on bei ber erften Srummer, im Duett ghrifdjen ÜD?arcetline unb Sacqutno, geigte e§ fid), ba^ 23eett)oben Don bem, roa§ auf ber Söüfjne borget)!, nichts f)öre. ©r fjiett bie Sßemegung angeftrengt gurüd. Da§ Drdjefter ging mit iljm, bie ©ingenben aber brängten bormärtö, unb bei ber ©teile, too ba§> ^3od)en am Sttjore bes @efängni^t)ofeS ber* netjmbar mirb, fiel aHe3 auSeinanber. Umlauf gebot eingul)atten, bem 9#eifter ben ©runb nid)t angebenb. ÜJcacf) einigen §in= unb ^erreben mit ben (Sängern l)ief} e§: Da Capo. Da3 Duett begann, unb tote früher, mar aud) nun bie Uneinigfeit fogleid) mieber bemerkbar, bü ber ^odjfteüe aber alleö auSeinanber. $3ieberum marb ©intjalt geboten. Die Unmöglidjfeit, mit bem ©djöpfer be§ 2Serle§ meiter gu geljen, mar ebibent. SSie, in melier SBeife aber e§ iljm §u erfennen gu geben? SBeber ber 31bminiftrator Duport, nod) Umlauf, mollten ba§ betrübenbe SSort auSfpredjen: ©3 gefjt nid)t, entferne Did), Du unglüd- lidjer Sfftonn! 23eett)oben auf feinem ©ttje bereite unruhig gemorben, menöete ftd) balb nad) rectjtS, balb nad) tinfö, bie ©eftcfjter erforfdjenb, \w§ e3 benn für ein §inbernif3 gebe. Dumpfe§ ©djroeigen überalt. Da rief er nad) mir. Sn feine 185) Das dürfte Michael Umlauf der Sohn sein, der zu Wien 1752 geboren ward und Operndirektor in Wien nach Weigls Rücktritt ward. Sein Vater, Ignaz Umlauf, war bereits 1799 gestorben. Michael Umlauf starb im Jahre 1842. A. d. H. — 335 — üftälje an ba§> Drdjefter. getreten, reichte er mir fein Safcfjenbucfj fjin mit ber SDeutung, aufzutreiben, ma§ e§ gebe. Sdj fdjrieb eiligft ungefähr bie SSorte: „Sei; bitte ntcfjt meiter fortzufahren, §u £>aufe ba$ SBeitere." 3m 9lu förang er in ba$ parterre hinüber unb fagte bto§: „©efdnoinbe Ijinauä." Unaufrjattfam tief er feiner SBofmung gu, $farrgaffe, ^orftabt Seimgrube. Eingetreten, roarf er fid) auf baZ @opf)a, bebedte mit beiben £)änben ba$ ©eficrjt, unb berblieb in biefer Sage, bi§ mir un3 an ben Xifdj fetjten. 51 ber aud) mätjrenb be§ WlafyZ mar fein Saut au3 feinem Sftunbe $u oernerjmen; bie gan^e ©eftatt ba$ 53itb ber tiefften ©dntiermutf) unb 9ftebergefd)(agenljeit. 2tt§ id) mid) nad) Stifd) entfernen toollte, äußerte er ben SSunfd), iljn nid)t ju oerlaffen bi§ gur jfcfjeatergett. Sm 3Iugenblide ber Trennung bat er mid), ifyn am fotgenben S£age 5U Dr. ©metana,186) feinem bamaligen Str-jte, 5U begleiten, ber aud) in Äranfljeiten beö ©ef)ör§ fid) 3Juf erworben. tiefer Sftooember^ag tjatte in ber langen fRettje meiner (Srtebniffe mit bem gewaltigen SRanne nidjt feinet ©teilen. 2ßa§ aud) ungünftige SBerljättmffe unb Umftänbe Unangenehme^, 2Siberroärtige§, ©eift unb ©emütfj @törenbe§ gebracht, id) faf) ben Stteifter bisher nur momentan oerftimmt, mot)( aud) äiüueUen ntebergebeugt. Stl^bafb fonnte man itm mieber ermannt, ben ®oüf ftof^ erhoben, nad) getootjnter SSetfe feft unb ftramm einljerfdjreiten unb in ber SSertftätte feinet ©eniuä rüftig malten feljen, aU wäre nid)t3 öorgefallen. SSon ber ©inrairfung biefeS ©d)tage§ aber t)at er fid) nie meljr gan§ erfrjott. £reffenb fdjeinen bie beiben Don itjm au3 ber Odussee aufgewogenen ©teilen t)ier am ^ßlatje gu ftetjen: „'üDcein §erj im 33u[en ift lärtgft jum Reiben gemattet! SDenn id) babe febon bieleä erlebt, fdpn bieleä erbulbet."187) (©.103.) 186) Dr. Smetana war nicht nur Beethovens Arzt bei seinem Gehörleiden; besonders war er des Meisters Arzt während seiner lang- wierigen Augenkrankheit im Jahre 1823. A. d. H. 187) Homers Odyssee, V. Gesang, V. 223 f. A. d. H. — 33G — §eitig finb ja, aud) felbft unfterblicfien (Göttern, bie SHenfdjen, 2Bel$e non fietben gebrängt um §ülfe flehen!"198) (©. 111.) Dr. ©metana berfc^rteb 9J?ebicamente — §um (Sinneljinen. 3)amit fdjien er $u geigen, bafj er ben um Sinberuug feinet @et)örteiben3 $feljettben nur m^ etroa§ befcfjäftigen tuolfe, ofme f eiber bie geringste Hoffnung für 33efferung be3 SeibenS 51t fjaben. ßubem ttuftte er au§ ©rfafjrung, mie e§ biefer l)öd)ft ungebulbige unb gerftreute Patient mit är§tltd)en SBorfdjriften gu galten pflege. ®a fteftt gefdjrieben: „5(lte ©tunben einen Teelöffel ootl 5U nehmen." (5i, tüa§ öermag ein Teelöffel toll für SSirfung fjeröorpbringen! £)er Patient corrigirt ftug§ ba§ SRecept roie ©d)reibfef)ter in feiner Partitur. @in (Sftlöffet öoü, mujj e§ tjei^en. (£0 mirb bie SDcebicin genommen. SDenft er ja nod) an'3 ©innetjmen, fo ift bie $lafd)e \§on *n ^enig ©tunben geleert, unb bie SKepetition alfogleid) ha. ©0 treibt er e§ einige £age fort, otjne bem Slr^t Ä'unbc $u geben, mie e3 getjt, falls biefer nidjt felbft anfragt. Sn ber SReget gef)t e3 fd)limm, üiel fdjtimmer at§ Oor bem Sftebiciniren, §umal man fid) nid)t enthalten fann, gteid^eitig anfetjntidje Quantitäten SBaffer $u ftdj 51t nehmen unb baburd) bie leifefte Hoffnung auf 2Bat)rfd)eintid)feit einer guten Sßirfung be<§ SRebicamentS 511 parattjfiren. — (Sin foldjer Patient luar unfer 23eetf)onen, roenn er fid) beroegen fonnte; für ben tfjeilnefjmenben SUr^t nidjt ungefäfjrtid), raeil bei fo üor[djrift§nnbrigem ©e&raitdje ber SKebicamente niefit fetten entgegengefetste SBtrfungen erzeugt unb bie folgen itjm gur Saft gelegt mürben. $ei beginn feinet Dt)renübet3 toarb ber ÜDMfter Oon feinem rljetnifdjen Sanb§* manne, bem faiferl. (Stabsärzte üon SSeljring bet)anbeft. tiefer an püncttidje Dbfert>an§ ber $orfd)riften geroöfjnt unb eine getoiffe Autorität über ben Stünftler auSübenb, öerlangte g(eid)e§ 3Serrjatten üon if)tn; allein er fjatte gut Oerlangen, ber Patient tfjat, ttrie e3 if)m bequem luar unb tieft fid) burd) keinerlei 188) Ibidem V, 447 f. A. d. H. — 337 — 33orfdjrift in ber freien Verfügung ü6er bie üftebicin=gtafd)en foluie über feine ^erfon einfdjränfen. 2(bfotute greif)eit189) im Xrjun unb Waffen nacfj jegtidjer (Seite, roenngteidj öon Sammern nnb 2Bef)ftagen begleitet, einzig unb altein eingefdjränft burcfj ba3 ©ittengefetj, barin be= ftanb bie ßebenänorm biefe§ ejceptionelten ßrjarat'terS. $aum rjatte bie (Sur mit Dr. ©metana begonnen, ab§ ber Sföeifter ftcfj aud) fdjon be§ $ater Sßeifc bei @t. ©teprjan erinnerte, ber bem Sefer bereite au§ ben 9Kittrjeitungen ber Anfänge be3 23eetrjoben'fcfjen ©efjörteibenä a(§ getiefter Ofyren» ar5t be!annt ift. Sludj biefer fottte jefjt roieber confuttirt werben. Sn meiner Begleitung roarb er oon bem 9)?eifter aufgefucfjt. SRütjrenb roar bie öon bem mürbigen Spanne irjm beroiefene "Jrjeitnafjme, unb obg(eid) nid)t3 öerfüredjenb, fo fünfte fidj 93eett)oüen bennod) fo roorjttf)uenb baburefj geftärtt, bafj er fetber Hoffnungen auf einigen guten ©rfotg gefegt rjatte, bemnad) 3U erroarten ftanb, er roerbe fiefj enblid) allen SBorfdjrtften pünetlicf) unterbieten unb bem Str^te mit ©ebutb unb 5tulbauer ent= gegenfommen. Sßater SSeifj toenbete äunäcfjft bto§ Deleinfpritmngen an, ma§ ber ^atient roorjtgefäßig aufnahm. ®er beftetjenben SO?ebicinal=@efe^e roegen nmr e§ aber bem geifttietjen §errn nur geftattet, Patienten in feiner SSorjnung §u berjanbetn. Unfer SKeifter mar balJjer eingetaben, feinen freunbtidjen Strjt tägtid) gu befudjen. Snbefj fd)on nad) wenig Stagen blieb er au3. ^5. 233eif3 ermahnte fdjrifttid) bie (Sur nidjt 51t unterbredjen, inbem er einen guten (Srfolg roenigften§ für ba§ tinle Dfjr ftctj oerfprecfje. StUein, gteidjjttne ba§ „übellaunige (Sfetein" einfteuo 5U Sonn ben 2öeg gu ben ©cfjülern nur fdrtr>er gefunben, fo fanb e§ aud) nun ben 2öeg nierjt in'3 „^ßriefterrjauö" bei ©t. ©tepfjan. 2ttlerbing3 gab'3 einen äußern ©runb, ber bem Patienten ben äöeg ettuaä unbequem madjen tonnte, nämtid) 189) Eines der vortrefflichsten Worte aus Schindlers Munde, das dieser aus seiner vieljährigen Erfahrung mit dem Meister schöpfte. A. d. H. St. <3djiitbler§ 2)cetljoDen=!8tograpfjie. 22 — 338 — bie bräugenbe Arbeit 511 §aufe am (gdjreibtifd), üon bereu Art fogleidj baZ üftärjere gef proben merben fott; biefer rjätte ifyn aber feineeroegö an ber ^ortfetuing uerr)inbern fönnen, wenn nidjt ein innerer, meit mächtigerer, gur Unterbrechung unb ftiü= fdjmeigenb jum aufgeben oder SSerfudje uerleitet rjätte; biefer Stoeite ©runb fprad) fid) aus burd) Ungebutb unb 3D?anget allen 9?efpecte für är^ttidje 2}orfdjriften, roenn ber beabfidjtigte (h> folg nidjt fd)on nadj 24 ©tunben fid) funbgegeben fjatte. Sm 33orfter)enben finb bie 3ufmnbe bes ©efjörteiben* im uoltften Umfange gefdjübert. 93?an roirb baraug ernennen, was? ber Seibenbe für Sinberung biefes großen, burd) fein ganzes Seben faft fortgefetjten Ungtüds getfjan, mas nntertaffeu. @3 barf bemnad) biefes (Sapitef mit ber Beifügung gefdjtoffen fehlt, ba$ biefer Stampf in $otge bt§> jüngften Sßorfalleö im Opern* Stjeater ber I e tj t e biefer Art geroefen. £yürberljin a,ar^) Einerlei ^erfud) mefjr angefteftt; nad) bem SSeifpiele mandjes SBeifen ber 58or§eit fjatte fid) ber StRetfter in fein Ijartes ©efdjid gefügt, ot)ne je roieber Älagefaute uernefjmen %xx (äffen. III. 1823. 9D?it bem feinesroegS erfreulidjen ^fan^e ^er öfonomi* fdjen SBerrjcUtniffe ©eetrjotien'ö finb mir bereite befannt. SBir miffen, baf$ fie itjren nüd)ften ©runb in bem hierjätrrigen Sßroceffe um feinen Steffen gehabt. SBir fennen bie uermeljrten Söebürfniffe burd) Aboption btefes Süngtings, audj fennen mir bie geringe An^af)! ber feit bem Saljre 1815 bie 1822 cntftanbenen SBerfe, bafc folglid) bie ©efamtcinfünfte biefer fieben magern Safere, mit @infäjluJ3 ber Saljregrente üoii 900 ©utben C£ouü. 9D?., %nx Seftreitung aller SBebürfniffc bei Weitem nidjt gureidjteit, gumal ifjm bie 2öerfe für Sßtanoforte herfjältmfjmäfjig 51t anbern giemlid) gering fjonorirt mürben. 3)reifjig bis uiergig Sucaten (15 — 20 Ssb'or.) mar bas bodjfte Honorar für eine ©onate, 511 beren Ausarbeitung burd)fd)iutt= — 330 — lief) biet iüionate für je eine 31t rechnen finb. 9iur bei ben {entern brei «Sonaten [teilte fiel) ba§> erhaltene §onorar nn= tjefä^r auf baö doppelte, ba fie in ®eutfd)(anb, ©ngfanb unb ^ranfreict) Verleger gefunben. Wlit ßompofitionen für $ßiano= forte mar b\§> baf)in in gfranfretdj md)t3 31t machen, in ©ngtanb gelang e§ nur mit einjetnen.*) Sei fo lange anbauernber ©bbc in ber ßaffe mufjten anbermeitige Hilfsquellen aufgefutfjt merben. 3lf§ faum 31t entfcfjitlbigenber Sctjritt mufe be§eid)net merben, bah ber bebrängte SKeiftec oorgejogen Saarfummen aufjune^men, anftatt fid) einiger Q3anf = ?lctien 31t entäußern, bie bamatS fd)on einen ijofyen ßur§ gehabt. Heber alle§ muf$ befragt werben, bah fief) unter biefen Sßaarfummen aud) Hnticipationen üon gtueien feiner Verleger befanben, einem SSiener unb einem Steiniger. *T)can rennt bie 9tücfficf)t§tofigt'eiten biefer §erren gegen Sene, bie it)re §ütfe in fold)er SSetfe in 5tnfprud) nehmen. Unfer ätfeifter fjatte genugfam erfahren, wie einjelne biefer sperren feit ben Sagen, mo fein sJxitf)m 3U fteigen begann unb mit feinen ®eifte§probucten fd)on naml)afte§ 31t üerbienen mar, mit iljm umgegangen, er Jjätte fiel) barjer am aöerwenigften irgenbeinem au» biefem ©remium gefangen geben follen, — bemt ber ©efangenfdjaft glief) ba§> Q3ert)ältnif3, in ba$ fid) ber nur $reit)eit unb llnabljängigfeit atfjmenbe ^ünftler frei= willig oerfetjt fjatte. 2)ie 9£ad)meljen biefer unbebadjten Ueberantmortung traten fcl)on im 3al)re 1822 ein, ai$ 53eett)ODen ben 9#utt) gehabt, feine brei legten (Sonaten anbern, beffer Ijonorirenben Verlegern (Scrjtefinger unb ©iabelli) 3um Verlag 31t geben, morauf ber SBiener ©täubiger allein Sinfprud) g« fjaben oermeinte. Söeöor mir jebod) ba$ „$tinbe=$uf)=Spiet" gmifdjen unferm rufjm* tjefrönten Xonbidjter unb feinem SSiener ©laubiger näl)er be= tradjten, mirb eöfen auf (Subfcription im SOcanufcript angubieten unb für jebe3 G^emptar ein Honorar oon fünfzig Sucaten fef aufteilen. 3)ie 23ef orgung biefes mit Dielen Formalitäten unb Untftänben nerfnüpften ®efcfjäftes tjatte er ganj in meine £>änbe gelegt. Sn bem beutfdjen (Sintabungsfcfjreiben bezeichnete er biefeä SSert als fein gelungenftes, in bem aber an ben franjöfifdjen £>of abgegangenen l)ief5 es „l'oeuvre le plus accoinpli," bas oollenbetfte; in fämmtltdjen ftanb bie aii§brüdttct)e Semerfung, bafe bas SBerf audj als Oratorium gebraud)t werben Eönne, bas wollte fjeifjen: im (Soncert=3aal. 9lls Dtefultat biefes Unternehmend ergaben fid) in allem fieben fubferibirte (Srnnplare, fomit ein ^Bruttoertrag oon 350 Sucaten. ©ummtrt mau jebod) bie Gopiatur-Äoften ju je fed)5äig (Bulben, fo bleibt ein unbebeutenber ©ewinn, ber unmöglid) als t)inreid)enbe öntfdjäbigung für gehabte 9)?ürje mit bereu Gorrectur — wobei ber s^erfaffer neun Monate t)tnburct) mit trjätig gewefen — gelten fann.190) 3U oen Subfcribenten ^äfjlten bie atlerfjücrjften §öfe üon 9tufclanb, ^reufjen, Jyranfreid), 190) Die Anzahl der subskribierten Exemplare auf die Missa solemnis in D (op. 123) scheint doch nicht genau angegeben zu sein. In einem Briefe des Meisters an B. Schotts Söhne in Mainz, geschrieben vom Neffen am 25. November 1825 (B. S. Br. No. 1122 im V. Bande) enthält die Pränumerantenliste diese zehn Nummern : Kaiser von Ruß- — 341 — ©acrjfen unb £effen=2)armftabt, ferner nod) ber gürft 9lnton 9?ab$inrin, (Souüerneur non ^iofen, unb ber ©irector be§ @aeci(ien=33erein§, ©djelbte, für biefeg Snftitut ju grantjitrt am dJtam. @in ad)te§ (Sjemptar überfd)idte ber 93?eifter 1823 an ben dürften 9?ifotau§ Q3ori§ ©alitjin nad) (5t. Petersburg. 2)iefe3 (SjempIarS nnb beffen, h>a§ fid) baran fnüpft, mirb meiter unten auSfürjrlid) gü ermähnen ferjn. $ur Stelle ift e§ nur er* forber(id) 51t roiffen, baf3 fid) bie S£otat=©umme für bie fubfcribirte 9J?effe im üOfanufcript auf 400 $)ucaten brutto geftellt Ijatte. 2)em öftreid)ifd)en §ofe marb fein Antrag gemadjt, mo^t a6er bem dürften s$au( (Sftertjaät), (auf befonbern ÜBunfd) öon bem Verleger £). 5(rtaria) ber $ürft f)at ifyn jebod) jutücfgc* miefen. Salb nad) 3ufenbung be§ (£in(abungs>fd)reiben£> an ben fürftlidjen ^unft=9J?aecen fdjrieb mir ^eettjoDen au§> ^e^enborf : ,,©ic rönnen fid) nun gütigft um ben @rfo(g einmal anfragen. 3d) 5loeifte an einem guten, ba icfj mid) feiner guten 2)entung§art üou Unit gegen mid) üerfelje, roenigftenS oon ber früheren 3ett 511 fdjliefeen. 3d) glaube, bafe bergleidjen nur burd) SSeiber bei irjm gelingen."191) — 50?od)te fict) SBeettjoöen anbei nid)t audj land, König von Preußen, König von Frankreich, König von Dänemark, Kurfürst von Sachsen, Großherzog von Darmstadt, Großherzog von Toskana, Fürst Galitzin, Fürst Radziwill und Cäcilienverein von Frank- furt. — Vor längerer Zeit schrieb in höchst liebenswürdiger Weise an den Herausgeber Herr Bureauchef Wilh. Behrend aus Kopenhagen zunächst über die Beethovenbriefe, dann aber insbesondere zur Sub- skriptionsfrage ad Dänemark: „Ich habe, da ich meine große Illustrierte Musikgeschichte ausarbeitete, darüber beim damaligen Reichsarchivar nachgefragt. Es ließ sich aber leider gar nicht feststellen, ob der König von Dänemark wirklich unter den Subskribenten gewesen, eine Korrespondenz war überhaupt nicht zu finden. Der Reichsarchivar bezweifelte die Sache, da der König ohne Mnsikinteresse wäre." Da Herr Bureauchef Behrend in dieser Sache weiter forscht, können wir später vielleicht noch neue Aufklärungen empfangen. A. d. H. 191) Vgl. B. S. Br. No. 936 vom 1. Juli 1823 (IV. Band), siehe die dortigen Erklärungen S. 305. A. d. H. — 342 — ber ffirftttd)en ftritif 1808 gu ©ifenftabi nad) S&iffiUjtung feinet erftert 3Dceffc bafetbft erinnert rjabenV ©ie erfte 2(nmeibung auf ein Subfcriptions^emptar f'am üom preufeifdjen &ofe burd) Vermittlung beö ronigiidjen %t- fanbten in Sßien, prften öon §a$fefl>. ©aron fnüpft fidj nadjftefjenber d)arafteriftifd)e Vorfall. 2>ie fönigtictje (Snt* fd)üeBung warb bem 9fteifter burd) ben Äan^tei^irector bei ®efanbfd)aft, £mfratt) SBerntjarb, überbradjt.102) Cb gürft £a|felb sufofge Auftrages au§ 83er(in, ober au§ eigenem an- triebe gefprodjen, mufj baf)in geftettt bleiben, genug, ber £>of= rattj fteüte im 9camen be§ dürften an ben Stonbidrter bie ,"yrage: ob er nicfjt geneigt märe, einen rönigticfjen Crben ben 50 Sucaten oor^ugietjeny Unbermeiü antmortete Veettjoben: gfünföig 2)ucaten! ©er arme, fd)toer bebrängte ÜWeifter mar be§ baaren ©elbeS )0 fefjr bebürftig, unb man offerirte iljm ein DrbenSbanb auf bm Siotf! Sd) mar ßeuge biefes SJorfattS. Arnim tjatte ber ®anglei= ©irector ba$ gimmer oeriaffen, afö ber aufgeregte Veettjoneu fid) in fart'aftifdjen 93emertungen über bat Sagen nad) Drbens = bänbern tierfdjiebener 3e^9enoffen vMsfy, bie nad) feinem 2>afürrja(ten meiftens auf Soften ber öeiligteit ber ftunft er= obert fernen. SSenn mir aber im ®egenfa§e 51t biefen Porten um brei Satjre fpäter au§ bes 9Jceifter§ ßufdjrift an Sßegeler (7. Dctober 1826) erfahren, ba$ irjm eine ©ecoration „in biefetu Zeitalter nidjt unlieb märe", fo finbet biefe geänberte ?(nfid)t lebiglid) ifjren ®tunb in beftänbiger Slnreigung burd) ftarl §ol§ unb ben bamats in Sßien fid) aufrjaitenben Dr. Spiefer au§ Serlin, metd)e beibe e§ oerftanben, — nad) 3eu9n^B oer (ionuerfation3=§efte — feinen fonft fo feften Sinn gu oerbrerjen. ÜJttt bem (Sinlabung^fdjreiben an ben groBtjer^ogtidjen §of in Weimar tief} Veetrjoben jugleid) einen örief an ©oetrje ah- gerjen, barin ber 9((tmeifter um Vermenbung in biefer Sub= 192) Das Nähere ist dargestellt in des Herausgebers Buche „Beethoven und Berlin", im letzten Autsatze: „Beethoven und der preußische Königshof'S besonders S. 335 ff, A. d. H. — 343 — fcription^Hngetegenfjeit erfudjt toaxb. Mein, roeber biefer §of nod) fein Sftinifter rjaben ben fjctrrenben Stonbidjter mit einer (Srmiberung beetjrt. (Sin ät)nlid)e§ (Schreiben um Sßerroenbung am fönigt. frangöfifdjen §ofe fjatte SBeetrjoüen au (Sfjerubini gerichtet. 5tud) bon biefem öerefjrten Äunftbruber erfolgte feine ©rmibernng. ©er ^ßarifer ÜÄeifter fprad) aber 1841 baZ leb- tjafte iBebauern gegen midj au§, biefe gufcfjrift ntdjt ermatten ju rjaben.*) — ®er (Sintabung an ben fdjroebifcfjen §of legte 53eetf)ooen ein ferjr forgfam abgefaßtes Schreiben an ben ®önig (Sart XIV. Sorjann bei, barin in parier SKeife früherer Stage gebadjt mar. ^ebod) auctj üon bort fam {einerlei ©rroiberung. Snterefjant aber mar bei biefer ©etegenrjeit be3 9J?eifter§ SRütf^ erinnerung an ben perföntidjen SBetfetjr mit bem norbifd)en SJtonardien als einftigen ©efanbten ber fran^öfifdjen ^Republit; in Sßien unb bie uon ibjm — bem ©eneral Söernabotte — jjuerft ausgegangene Sbee: ben größten $etbf)errn ber ^eit unb erften (Eonfut ber fraitäöfifdjen 9Repubüf in einem Xonmerfe 51t feiern. Sortier alfo ber Smüutä gur Sinfonia eroiea.193) Sogar an fetter, ben ©irector ber ^önigt. ©ingafabemte in ^Berlin, fjatte fid) 23eeti)oüen in biefer ©ubfcriptionS=@ad)c briefüd) gemenbet, mal ben S)rang ber $8erf)ättniffe ganj be= fonberS ju be^eieb^nen oermag. 3)enn 3efter gehörte bei unferm gortfdyrittSmann 51t b^n „alten beutfcfjen SReidj^Gomponiften," bie er gar nidjt gu tiebfofen pflegte. Sn ber (Srroiberuug auf ben 43eeü)ooen'fd)en Eintrag 00m 22. ^ebruar 1823 madjt ßelter aufmertfam, baß in bem Oon ifym geleiteten Smftitute nur SBerfe a capella (ofjne Snftmmental=S5egteitung nämtid)) geübt roerben unb münfdjt, baß i>a§> für biefe 51fabemie beftimmte *) ®a3 Sonceöt biefe» 33riefe§ üon Sket§oüen'<§ §anb bewahrt bie fönigl. Sibliotbef. in SBevitu. 9iad) bemfelben mivb e$ mottgetmi in bm ©rgiinjungen mitgeteilt. 193) Beethovens Briefe an die königl. Musikakademie und an den König von Schweden sind seitdem veröffentlicht worden; siehe B. S. Br. No. 877 und 878 nebst Erklärungen (IV. Banrl). A. d. H. — 344 — (Sjemplar gteicf) fo eingerichtet roerbe, inbem Sßeetrjooen bereit» bemerft t)abe, bafj bie Missa beinatje burd) bie ©ingftimmen allein aufgeführt merben fönnte. — Unterm 25. 2)Mr§ fdjreibt ber SSiener an ben berliner roieber: „ 3d) tjabe nod) genau nad)gebad)t über 3t»ren SBorfdjfag für Sfjre ©ingafabemie, follte biefetbe einmal im ©tief) erfdjeinen, [?!] fo fcfjicfe idj 3f)nen ein 6;remplar orjne etroaS bafür 51t nehmen, geroife ift, bafe fie beinahe gang a capella aufgeführt merben fönnte, ba3 ©ange müfete aber bodj rjiergu nod) eine Bearbeitung finben unb oietfeicfjt fyabm ©ie bie ©ebulb fjiegu. — UebrigenS fommt of)nef)in ein ©tüd gang a capella bei biefem SÖerfe öor, unb möcfjte id) gerabe biefen ©tt)l tiorgug§meife ben einzigen roabjren ftircfjenftrjt nennen." — 3>amit roirb mof)f ba% Kyrie gemeint fenn. Ueberfjaupt fegt ber äWeifter in biefen 2Sorten eine ©etbftfritif über fein 323er! ju Sag, bie fjöcrjlid) $u beadjten ift. S)ie§ fäfet bie SSeröffenttidjung biefer Gorrefponbeng at§ uorgugSmeife intereffant erfdjeinen.394) inmitten ber großen ©orgniffe über ben Ausgang biefes Unternehmens erfdnen pföijfid) ein geflügelter 53ote t>om fönig= liefen |>ofe au§ $ari§ unb überbradjte bem befümmerten 9#eifter baS Diefultat feinet ßinlabungsf djreiben» an Submig ben adjt^eljnten. £)er erfte ftämmerer beö Äönig§, £>ergog b'2fcf)ät<§, melbete in ben fd)metct)e(f)afteften Slusbrüden, baj$ ©e. sD?ajeftät bem Slünftter eine golbene SDcebaitle mit ifjrem Öruftbilbe a(§ ©ubferiptionspreis für bie Missa gu öeretyren geruht fjabe. 2)iefe§ Glj)rengefd)enE f)atte ein ©emid)t uon 21 Ssb'or. unb trug auf ber 3foer§=@eite bie önfdjrift: .,Donne par le Koi ä Monsieur Beethoven." ©3 mar bie* eine ^lusgeicfmung, mie bem 93?eifter in feinem gangen Seben feine bebeutungsuotiere 511 Sbeil geworben. ©0 läßt fid) er* ratfjen, beiß fie nid)t üerfeljlen fonnte, in bem föünftler baZ ■ 194) Vgl. diese Briefe in B. S. Br. No. 776, 870, 883 (IV. Band); dazu den Aufsatz ..Beethoven und Zelter" in „Beethoven und Berlin", 1908, S. 226 ff. A. d. H. — 345 — SSemufjtfeon fetner ©röfje ju ermeden unb iljn Ejocf» empor* äuricfjten. 21ber e§ tonnte foldje Slu^eidmung auch, anberer= feit§ nid)t verfehlen, ba£ Sßerljalten be§ SSiener §ofe§ gegen ben 9fteifter mit bem ^Barifer in parallele $u ftellen, unb über* tjaupt ba$ faft gängtidje Sgnoriren aller Sntereffen oon ®unft unb SBiffenfrfjaft fettend beie jene gegen bie jetzigen SSiener — finb nur Gjptofionen ber ^fyantafie unb augenbüdüdjen Aufgeregtheit. Sie merben oljne allen £)od)mutt), otjne altes (Erbitterte ober Gkfyaffige ber ©efiunung — fie tnerben mit teidjtem Sinne, gutem Sttfutlje, in t)umoriftifd)er Saune Ijerausgepottert ; unb bamit ift's au3." — 2)a§ Reifet bod) noüt'ommene Unfertntmf} be§ £errain£ unb ber ^erfon! Unb 9tod)li§ 55eetb,oDeu'ö ÜBiograpt) ? ! liefen üon gremben ausgegangenen Urttjeiten fet) nun ein SSiener jur Seite gefteüt. Set)frieb brüdt fid) über biefen gragepunct in „Seetfyoüens Stubien" alfo am: „SefonberS gern fpradj er im trautid)en 3^r^e^ "6er potitifd)e ©egenftänbc fid) au§>, mit fo(d)' Ijetlem Überbtid, rid)tiger — 349 — Stuffaffung unb tiaxtx Slnfidjt, mie mau e§ bem, nur in unb für feine Äunft (ebenben biplomattfcrjen ^rofelnten nimmer* mefjr zugetraut Ijätte." — 28ofj( gemerft, ba$ biefe£ 3eu9n^ Don fefyr lange prüd batirt, benn feit bem Safjre 1806 (jatte aller perfönüd)e Söerfet)r jroifdjen Seetrjooen unb ©enfrteb auf= gehört. (üftäfjereS barüber in bem (Srgän^ung^auffa^e „Q3eet= rjouen'3 ©tubien.") Leiter über biefen ©egenftaub au^urjolen njirb überfttiffig jetin; barum merbe er nad) beftem SBiffen unb ©eroijfen ofme 9Inroenbung biatectifdier ftunft gu teictjt überfid)ttid)er £)ar* fteüung gebracht. 3)ie Semeggrünbe, me(d)e unfern 33eett)otien beftimmeu tonnten, ein confequenter ©egner ber öftreicfjifcfjen ©taat§tiotitit, ber Regierung, raie aud) bes faifertidjen £mfe3 51t fetin, (äffen fid) in fotgenbe s$uncte ^ufammenfaffen : A. 'Sie 9ied)t§tiflege, tiornefjmtid) bei beu Unter* gerieten, ©eine eigenen ^roceffe boten öietfättigen ©toff 5U Beobachtungen unb ftägtidjen (Srfarjrungen. Sßiüfür unb 93efted)tid)feit, teuere in^befonbere nacfj türtifd)em Stfafse bei ben $atrimoniat=@erid)ten auf bem Sanbe, mo bie Snftig tjäuftg bto£ Oon Deconomie=25eamten o(jne juriftifdje ©tubien ausgeübt morben, maren burd) uralte 93räud)e g(eid)fam fanctionirt. 2)er ungerjeuertidje SSirrfat „®erid)t§orbnung" benannt, t)atte ben 9?id)tern 5U 9ftif$braud} it)rer ?(mtsgema(t, ben Stbüocaten aber ^u jeber Strt gegenfeitiger ^eration auf Soften ber Parteien £{jfir unb £rjor offen getaffen. B. Sie ^5 0 ü 5 e i roegen mafelofer Überfdjreitung iljrer orjnerjtn meitauSgeberjnten Befugniffe. ©ie mar nicfjt bto§ ©idjerrjeitöberjbrbe im allgemeinen QSerftanbe, mie in anberen ©taaten, es maren tfjr aud) nod) bie 9(mt3t)anbtungen ber in anbern Sänbem befteljenben $rieben3gerid)te übermiefen, moburd) beroirft morben, bafj bie Hnmafmngen feitenö biefer Söerjörbe in großen ©täbten feine ©rängen gerannt, ^untat ben Unter* beamten ein meiter 2$irrung§h*ei§ eingeräumt mar, in raeldjent — 350 — fie äBittfürtidjfeiten unb perfönlidjc ©elfifte jeglicher 8Crt uev= üben burften, für bie e§ feinen 92id)ter gegeben, meil Sftiemanb geraagt als Kläger aufzutreten. 9cid)t fetten mußte bie oberitc Suftt5fteKe ber ^oti^ei gauin nnb @ebiß anlegen. C. £)as> in allen ©taatSämtern meift in raupen formen fidj gettenb maetjenbe burcau fra tif die 3Befcn. Sein Gcinffufj mußte allenthalben um fo brüdenber nrirfett, als fä'mmtlidjen ^Beamten ber redjte ^Begriff Don Humanität unb ©taatc-bürgcrtrjum gemangelt unb fie nur getjordjen fotlenbc Untertanen rannten, ©o nutzte e» tommen, baß ein uou Regier ungSbet)örben ausgegangener 9(ct mie ein ©nabenaci erteilt morben, bennod) tjäufig baar be^arjlt merben mußte. I). Sie 2)emoralifatiou in ber 9lriftofra tie. jföeil biefe ,,©elb, \a tuet ©etb unter bie Seute foinmen tief?," bie t)öd)ften £)of= unb ©raatSämter berleibete, mittjin nad) uer= fdjiebenen ©eiten fjin einflußreid), ober be5eid)nenber, mäcfjtig mar, fo burfte fie fid) ungefdjeut ben rofjeften 2tu3fct)meifungen überlaffen. SBarjrfjeitSgetreu barf gefagt merbeu, ha^ feit bem SSiener (Songreffe 3uc§t unb ©Ute au% ben oberften ©täuben in ber ß'aiferftabt oerfdjmunben roaren.*) 333ie e§ gefommen, ba$ biy §u biefem geitpunet in ben oberften 9iangftufen be§ 5lbet3 llnterridjt unb Orgierjuiig, innere unb äußere Söitbung — gegen fünf^etjn ^atjre gurücf, mie gegen ©übe ber erften s^eriobe gezeigt morben — aus bem ©leidjgenridjte geraten, fann für uns nidjt ©egenftanb ber Unterfudjung merben. ©od) bürfte gu einiger ©ntfdjulbigung beS beutfdHftreid)ifd)en Wbdv bie 3.\k-ir)rnef)mung gegrünbet fetin, baf? ber f)ot)e @rab oon @nfc= fittlidjung in biefer Glaffe gumeift bitrd) ben reidjen, menig gebilbeten, in beinahe orientalifdjen ©itten 5U leben gemorsten ?tbel ber öftlidien Sänber ber 9J?onard)ie eingefdjleptit morben. 2)a§ müßige Seben biefer „Gatialiere," 00m 3e^Qeift unb fatfdjer *) Stuf bie emgeriffeue Stttenloftgfeit fjat 6ereit§ ber Siener Referent bev 3lflg. 9)fuf. 3tg. 1817 aufmerffam gemadjt, wie ©. 299 u. ff. angeführt morben. — 351 — Sluffaffung beö 2lbelsbegriff£ faft bebingt, Don ben lodern Sitten aller s$olf3fd)id)ten nod) begünftigt, tonnte im natjen SBerfefjr mit bem beutfdjeu 9lbet3=(£temente nid)t anberS al£ oerberbenb auf baffelbe einroirren, uneradjtet baö SlYiifertjaug felber immerhin baö mufterfjaftefte Seifpiet aud) in äußern Xugenben gegeben &,atte. ÜJftt poli^eilid)en Stfafcregetn maren biefe fjodjftetjenben äkrbredjer au ber öffenttidjen Sittlidjieit ntdjt gu erreichen,*) beim ba fjiefj eö: Dat veniam corvis.197) Seit bem äBiener (Songreffe ftanb Sarj^etjenbe tjinbuid) bie 23?aitreffen=SSirt^fd)aft bort im fdjönften glor, batjer faft 9tiemanb $u einer 23ebienftung bei £>ofe ober in ©taatSämtern gelangen tonnte, ber e3 oerfdjmätjte, fiel) burd) eine lange 9ieilje mad)t= fjaberifcljer Jpetaren ben 2öeg &u ben ©fceEenjen unb SDurcr)* laugten gebatjut gu Ijaben. — 9Jian beule fid) einen fo ftrengen (£ato, mie 53eett)oüen im Sßuncte ber Sittlid)feit fortan geluefen, in ber 9?ätje fo abfdjeutidjer 3uf*aiibe. E. 3)ie öffentlichen 51 ubi engen be3 ftaiferS. 23eett)OOen nannte fie: „öffenttidie £änfd)ungen." 2ln jeber 9J(ittro.od)e b3licf)eö für btn Söittfteller — auö Sttjrol, aus Sööljmen, oielteidjt gar au§ Siebenbürgen batjer gebogen — l)erau§gefommen, begreift fid) leidjt. £)iefe öffenttid)en Slubien^en *) 9?ur einer marb au3 ber SJienge fjerauggegriffen unb üor ©ericfjt gefteüt: Surft fcaunu)=9iittberg. (£r würbe au£ ben öftreietj. Staaten für immer üerbannt. 197) Der Juvenalsche Vers lautet vollständig: „Dat veniam corvis, vexat censura columbas." (Verzeihung erlangeu die Raben, ewige Qual den Tauben.) A. d. H. — 352 — (im 53eifet)n einer ^Ingatjt ©arbiften) batiren aus ber patriae d)atifd)eu 3eit Ceftreidjs, itnb mögen bamals, tno bie 5Ked)ts= öertjättntffe nod) im Sßerben begriffen unb potitifd)e Gefinnuug im SBotfe ein ungenannter £erminus getoefen, roorjlttjätig auf ba$ grofje ©an^e eingemirft rjaben. Stein ©emofrat magte nod) §u rütteln an bem Droit divin bes Äaifers, bas mofyl fein Jürft perföntidjer genommen, als gerabe ^ranj. 2)arum allein fdjou bie bemofratifdje ©eftnnuug, (trenn ber ^olijei berannt,) als poiitifcrjer Ungerjorfam öermerft morben unb ber aüertjötfjften ^erfou nidjt narjen burfte. gür biefe gab es feine ^ubienjen, fonft aber für bie geringfügigen 2)inge unb ?(lmofenöettetei. SÖeettjoüen geriete) in Aufregung, roenn er fid) ben $ad bad)te, als ©uppticant in einer foldjen sXubien^ figuriren 31t muffen, ba \a notorifd), mie fetjr ber Äaifer Genialität nÜBad)te unb nur ben „braud)bareu 9J?anu" beUor^uge. F. £>ie &argt)eit bes faifertidjen £mfes in ilnterftütjiutg oon Äünften unb 333iffenfd)aften, refpectiüe oollftänbige üftid)tbead)tung alles auBertjalb ber Äaiferburg 95eftet)enbeu. Sßas aud) 2lnerfennensmertrjes in ©adjen ber äftuftf — jebocfy lebiglid) jur Unterhaltung bes .«pofes — in früheren Sauren gefd)et)en, mar mit bem Ableben ber feiten ©ematjtin bes ftaifers gfratts, bie mir in ber erfteu ^Seriobe als ©efangs= fünftterin fennen gelernt, erlofdjen. SOiit bem Xobesjalire biefer ftaiferin (1807) tjat bie buret) beinaüje jmei Satyrrjunberte ununterbrodjene 9tot)e benfroürbiger (Sreigniffe im großen ©trjl in Sacfjen ber Stonfunft (unb itjre forgfame Pflege am -throne fetber) am faifertidjen §ofe it)r Gnbe erreidjt. ©eitbem erfdjien $oit)t)t)mnia bort nur als Bettlerin bei Gelegenheit uon (Soncerten. iHufjer bem lärgrjersog SKubolpt) menbeten bie anbern rjotjen ©lieber bes Staifertjaufes ber §et)ren ben Ütüden §u, benn bafe einzelne barunter eine fleiue 2ln$al)t (ioncert=53iüette äu fjonoriren pflegten, aud) ßoncerte befugten, motlte bod) gar gu tuenig bebeuten. 3)er Äaifer fetber cultioirte bas Guartett* ©piel, unb behielt Sinn unb Siebe für Äird)enmufif, für jebe — 353 — anbere mar baö ^ntereffe gefdjmunben. — 5(13 Seljrer ber faiferlidjen $inber fungirte guerft ?lnton 2 an ber,198) fpäter aber Sofeprj @t)6ter.199) Gsrfterer bradjte e§ bis gum §of= (Sompofiteur, ber anbere 6t3 gum ersten §of=®abellmeifter nad) ©atieri'3 2(bteben. 9)cit ?lrgu3augen beroadjte jeber bie Pforten 3um ^ßattafte, bamit ja fein anberer SWufifer irjren faiferlicfjen (Sieben narje fomme, unb e» gtucfte ilmen, fetbe bor fdjäbtidjen (Sinroirfungen ju beroatjren. 23eibe biefe £)of=2ftufifer ftanben fortan in ber SSorberreirje ber 23eett)oben'fc£)en ©egner unb bei erftgenannten berblieb e§ nidjt orjne berletjenbe StuSfäKe gegen ben großen SDtofter am £)ofe. ©in Kammer ^Gombofiteur ftanb Ijod) über einem Seetfjooen unb burfte ungefdjeut nad) befter Saune itjn bort läcfjerüd) mad)en unb anfc^mär^en. §ätte man nur im geringften bon unferm $0?eifter 9^oti§ genommen, er mürbe bielteidjt oon feiner §artnädigfeit ettt>a3 abgelaffen fyabzn unb eine 5Innät)erung märe burd) Vermittlung be§ ©rjfjerjog^ Ühibolbt) mögtid) geworben, ©inen bloßen STitel an§unel)men, mie feine $reunbe in früheren Sauren gemünfdjt, 5. $8. „®aiferl. 5tammer=$irtuofe," für ben fein Pfennig §onorar üerabfolgt wirb, ba§> ertaubte fein üünfilerbemufjtferjn nidjt. Sn biefen Sßuncten ift jebod) 33eetrjOben'3 fdjiefe «Stellung rjofjen unb tjödjften Slutoritäten gegenüber nirfjt erfdjöbft. Sftocrj bleibt ein roefentticrjer $unct ju berühren übrig, ber bie retigiöfe SBolföeräierjung betrifft. @3 mag auffaltenb, faft unglaubtid) erfdjeinen, Oon einem Slcufifer gu rjören, ber fid£) außer feiner fünftlerifdjen ©prjäre nocb um Singe bekümmert, bie roeit barüber rjinroeg liegen, 198) Anton Tayber, geb. zu Wien September 1754, gest. November 1822, war Kammerkomponist des Erzherzogs und der Erzherzogin. A. d. H. 199) Eybler, Joseph von (geb. 1765 zu Schwechat bei Wien), hat sich als Kirchenkomponist einen Namen gemacht; er war mit Haydn und Mozart befreundet. Nach Salieris Tode ward er erster k. k. Hof- kapellmeister. Er starb im Jahre 1846. A. d. H. S. Sdjlnbletä Scet^oöcn-iBtogro^^ie. 23 — 354 — ba 3>nbo(eng befonber§ bei 9)cufi£em in ollem, roaö nid)t irgenbroie mit ber 9?ote gufammentjängt, notorifd) ift. Ü)er Sefer Ijat aber t>on bem ejceptionetfen SBefen be» 9ftufifer§ 23eetl)ot>en bereite fo üiele 23emeife ermatten, ba$ e3 üjm bod) nid)t gar fo abfonbertid) erfdjeinen bürfte, menn berfelbe aud) für bie Ijetfigften Sntereffen be3 3}o(fe§ (Sinn unb §erg geigen follte. Gin ^euergeift mie 93eettjoüen, mit roeitem £>origont im 2Biffen nnb SSerftetjen, fonnte an feinem ©egenftanbe oon 23ebeutung ofme %f)eihtaf)me unb fritifct)e Stnmerfung üorüberge^en. ©ein tjäufiger 58erfet)r mit bem Sanböolfe gur 3eü> roo 110(^ e"T 2tu£taufd) be§ 2öorte3 möglid) mar, bie mancfjertei (Srtebniffe mit feinen eigenen unb ben SHenfdeuten in 6efreunbeten §äufern, Ratten ifyn ja genugfam mit ber faum erhörten 55ermafjrtofung ber unteren 93oti!§fd)id)ten in religiöfer §infid)t befannt gemacht. 2)aS 3tuffaltenbe, ©ettfame liegt aber barin, bafj ein fo melbefd)äftigter 9J?uftfer ftc£> ßeit unb 93?üt)e nimmt, in Sadjen religiöfer SSotfSergiefjung ^ßropaganba gu macfjen, um baZ SSoß gu befferer ©rfenntnifj ©otte<5 unb feiner Sdjöfung gu ergeben. £)iefe§ f)at Seedjoüen roirfüd) getrau unb gmar auf gang gerabem SBege. 9Biebert)ott ift be§ gtoeibänbigen 2Serfe£: „C£tj. (Stjriftian SturmS 93etrad)tungen über bie SSerfe (Lottes im 9?etct)c ber üftatur unb ber $orfef}ung auf atfe £age bes 3>a§re3" gebadet morben. 2)er Snljaft biefes Sudjeg in ftarer SIbfaffung erfdjien bem -Tonmeifter a(3 Inbegriff atteS für baZ Ssolt: 3Biffenö= notljmenbigen. 2)a er bei feinem Sanbaufrjalte aud) mit ©etft* lid)en in S3erü§rung gefommen, fo unterlieft er nid)t, it)re S(uf= merffamfeit auf genannte^ Se§r= unb (Srbauungsbud) gu leiden, ja er empfahl eS fogar gu Vorträgen auf ber fanget, allein er fanb nur taube £)t)ren, unb at3 iljm einftenä ber Pfarrer gu SD^öbting 200) ermiberte: „Unfer SSoÖ braud)t oon ben Cn> fc^einungen am ^irmamente nur gu tuiffen, bafj Sonne, 9)ioub 200) Solche Erlebnisse mit dem Pfarrer zu Mödling mögen die besonders heftige Erbitterung gegen diesen in des Meisters Briefen an Xanette Streicher beeinflußt haben. Siehe z. B. in B. S. Br. den laugen ÖOO unb Sterne auf= unb niebergetjen, i\. f. tu.", ba fyatte fid) ber (Sifer beS s}3ropaganbiften batb geminbert, fo bafj in feinen legten SebenSjafyren aufcer bittern SarfaSmen nad) biefer 9iid)tung fyin fein äBort mefjr über btefc SSoÜ^uftänbe bie Sippen berührt fjat. 9cid)t atfo in ben anbern Spuncten. ©in fo unabtaffiger Verfolger ber 2Settt)önbe(, ein Wann üon £'eine3tt>egS „fdrtoadjcm Untertf)anen=2Serftanbe", nrie unfer Sonbicfjter, muftte aHein fdjon burdj tägüdje Seetüre ber allgemeinen 3e^ung rjinreidjenb Stoff finben, fein SSiffen in politifdjen Singen gu erweitern. Dr. 2S. 6t). äRüUer fagt ganj toaijr, ba$ SBeetfjoüen'S 3beat einer ©taatSüerfaffung bie (Snglifdje getoefen. Um bie ^ßarla- mentS=$Bert)anbhmgen mit Sftufje tefen gu fönnen, liefj er fid) bie allgemeine Bettung noc^) §au^ fontmen. Sorb SörougfyamS hieben ^a6en if)n nietjt fetten in Sßegeifterung üerfettf unb mandje trü6e SSotfe üon feiner Stirne üertrieben. SSeim Stufaeidmen biefer abfonbertidjen Singe fonnte eS mir §ur 23erut)igung bienen, loenigftenS einen ber Scanner nod) unter ben Sebenben ju roiffen, gegen ben fid) ber äfteifter als SDtttteibenben, über alte biefe s^uncte in meinem SBetfeijn au3= gefprodjen fyat, roetdje berfetbe mieber auS eigener, bitterer @r- fafjrung nod) 5U ergänzen üermocfjte. SS ift ber Stdjter beS nerpönten: „Deftreidt), bu ßapua ber ©elfter" — ^ranj ©ritt= parier. (Sin getreues 9I6bitb öon biefen fdjroer brüd'enben ßu= ftänben tjat ©raf 5tuerSperg aufgeteilt, unter bem Xitel: „Spaziergänge eines Sßiener ^oeten", Hamburg, 1831. SDafj unfer Sfteifter biefe öffentliche Slnffagc nid)t mefjr erleben fonnte! — Unter 93eet^oOen'S greunben war eS öornefimlid) ©raf SKoril SidjnotoSh), ber eS fid) angelegen fet)n lieft, ben Brief No. 747 vom 18. Januar 1818, worin das Wort vorkommt: „wo ich dann seiner Hochwürd. ihre Geistlichkeit mit solchen geistigen Prügeln ■ so erbärmlich zurichten werde, daß die ganze Pfarrei davon erbeben soll." (III. Band.) A. d. H. 23* — 356 — Sfteifter bem laiferüdjen §ofe einigermaßen nafje §u bringen, in ber Hoffnung, baß, fei einmal ber erfte ©cfjritt mit einigem ©rfolg gefct)er)en, bie meitere 2lnnäf)erung unb bamit oötlige 51usföf)nung erreicht merben mürbe. S5orftei)er ber faif. ^of* (Saöelte, unter bem üblichen Xitel wJpof*3Hufifgraf, mar bamatS ©raf SRorilj oon 2)ietrid)ftein, gugteid) ©ouberneur be£ jungen §erjogs üon 3teid)ftabt, ein fpe^ieller greunb öom ©rafen ßicfjnomsflj. SÜn biefen fjatte fiel) ber treu anfängliche £icrjnom§ft) fdjon früher in Setreff Ermittlung eine3 geeigneten 9)?obu§ gemanbt, um feinen Sßlan in Sluöfüfjrung gu bringen; allein biefer SftobuS mar roeber fo letcfjt norf) fo gleid) ju er* mittein. £>a erfolgte im 9?oüember 1822 ba$ Slbleben be§ Oor= benannten faif. §of=(£ompofiteur£ 9lnton Stoiber. S)ie§ gab bem (trafen erroünfdjte ©elegentjeit in Seettjotien §u bringen betreffs biefer oacanten ©teile birect an ben ©rafen £>ietrid)ftein gu fcfjreiben unb if)it um Eingabe be§ einjufdjlagenben 2Bege§ an ben Äaifer ju erfudjen. Saß unfer SMfter bie§ mirllid) getrau, barüber merben mir fogleid) ©eroißtjeit erhalten. — 2ll§= balb famen beibe (trafen überein, bem Xonbidjter ben 2}orfd)lag gu madjen, für ben ®aifer eine äfteffe ju componiren, beim, mie oben bemerkt, bes ftaifers Sntereffe für föirdjenmufif mar nod) mad) geblieben. £>er lunftüerftänbige unb mit bem ®e= fcfjmade be§ Merrjücfjften Jperai berannte §of=SD?ufitgraf glaubte jebod) in 9ftüdfid)t auf letztem llmftanb öorab SBinfe geben $u folten, nad) melden ftcf) unfer 9-tteifter bei ©eftaltung biefer (Sompofition etmaS ridjten motte, um fieserer ben beabficfjtigten 3med gu erreidjen. (Sin oon itjm an ben ©rafen £tdmom§ft) biegfalte gerichteter 23rief Oom 23. gebr. 1823 liegt oor unb lautet Ootlftänbig: „Steber greunb! ©djon längft märe e3 meine ^flidjt ge= mefeu, bem guten S3eett)oüen ju antmorten, ber fiefj bertrauenä- tooH an mid) gemanbt t)atte. Stttein, nacfjbem id) mit Sir ge= föroetjen, befdjloß ict), mein ©tittfe^meigen erft gu bredjen, menn ict) beftimmtere 9£ad)rid)ten über ben bemußten ©egenftanb ein= - — 357 — gebogen §aben mürbe. — 9?un fann id) £>ir aber mit ©emifjfjeit jagen, bafj bie ©teile be§ öerftorbenen Satjber — meldjer nid)t $ammer= fonbem £of=(5ompofiteur mar, — nidjt mefyr befe^t merben rotrb.*) 5dj ntag e§ 83eetf)oüen nicht fdjreiben, um nidjt nngünftig auf einen 9J?ann §u mirfen, ben idj fo aufrichtig öer= efjre, unb bitte 2)id) bemnad), e§ itjm ge(egentlid) borpftetfen; mir aber bann §u fdjreiben, mann unb mo id) it)n einmal mürbe fbredjen fönnen, ba id) feine SSofjnung oergeffen fyabe. 5d) fdjide Sir f)ier äugleid) bie Partitur einer äfteffe bon ^Reutter,**) meldje 33eettjot>en §u fetjen roünfdjte. SKatjr ift e8, bafe ©. 9ft. ber Saifer biefen ©tt)t liebt, inbeffen braudjt $eet= fjoben, menn er eine SKcffe fdjreibt, fid) nidjt baran §u Ijatten. (£r möge nur feinem großen ©enie folgen unb btoS berüdfid)tigen, — bafj bie SOceffe nicfjt ju lang, nodj §u fdjmer in ber 2(u§= fütjrung merbe; bafe e3 eine £utti=9)ceffe fet>, unb bei ben oingftimmen nur ffetne <2opran= unb 9ttt=©otog oorfornmen, (mofür id) gmei brabe ©ängert'naben fyabe) — bod) meber Stenor- nod) 23afj= nod) Drge(=of= unb 2>om=SapelI= meifier. 9?acfi, ©afemann'ä Xobe ttmrbe er nntflicfyer §of=(£apeIlmeifier. f 1772. — 358 — bei ätoeten bon Naumann, unb bon §1666 (Stabler eine befonber* fcfjöne SBirfung madjt. 2)ie3 mären in $ür5e meiner (Srfarjrung gemäß bie 5U be= obacrjtenben SWdfidjten unb id) mürbe mir, bem §ofe unb ber $unft ©lud münfdjen, roenn unfer großer 23eetf)oben batb §anb an'3 SSerf legen moüte. <3ei) fo gut nodj, mir einen Meinen (Smbfangfdjein über bie au3 bem §ofmuftf>?lrd)ib er= f)altene Partitur §u fetteten. Sd) roerbe bie erfte freie 3eit be^ nutjen, £)ir münblidj bie SSerfidjerungen meiner alten $reunb= fdjaft »11 erneuern. Qbam _ . - , y ° £>etn $reunb Sftori§ S)ietrid)[tein." 9?od) liegt bor ein SBrief bom ©rafen SDietridjftein au $eetf)Oben de dato 10. ?JMr§ 1823. @r überfdjidt bem äKeifter brei £erte 311 ©rabunlen unb eben fo biete ju Dffertoricn, alle* $um Söelmfe ber ©ombofition für bie faiferl. (Sabelle. Staritt rjeißt eS nod) ausbrüdlid): „Unenbtid) bebaure ict), <3ie berfäumt gu tjaben, al<§ «Sie bie ©üte fjatten mit bem ©rafen SidjnotoSfi) mid) ju befudjen. Sd) roerbe tradjten <3ie fobalb afö moglidj gu treffen. (Smpfangen «Sie bie SSerfidjerung meiner auf* riditigften §od)acrjtmtg." <5otd)' offene^ unb freunbtidjeä ©ntgegenf'ommen eineö am faiferl. §ofe fjod)ftet)enben unb einflußreichen 3Jfamte3 r;arte unfer Sfteifter !aum ermartet, um fo metjr füllte er fid) an* genefjm babon überrafdjt. öebenft man, baß e<§ fid; begügtidj ber beabfidjtigten ßombofitionen für bie §ofburg=(£abefte um ©egenftänbe getjanbelt, bie auf ba3 SReffort be§ §of=9Kufi!grafen gehörten, fofjin bon biefem unmittelbar 2(Iler|öd)ften Orte in @dju§ genommen morben mären, fo roirb man nierjt anberä er* märten, at3 i>a^ SSeettjoben anberloeitige Sßläne fogleid) auf* gegeben fyabe, um unber^üglid) an bie 9Iu3fürjrung aud) be§ eigenen 2öunfcf)e§ 3U fct)retten. S)em mar jebod) leiber nierjt fo. Sn geroorjnter Söeife mürbe feiner ermod)t. ©einer Unabrjängigteit ftanb burdj bie auf jenem SSege allenfalls erreichte 2lnnät)erung an ben ipof {'einerlei Slbbrud) in 2lu§fid)t. Sn ben üftotirungen aus jenen Etagen fanben fid) einige, barüber beutlid) gefd)rieben mar: „3ur 9)?effg in Cis moll.202) £>b biefefben gu jenem 3^^ bienen füllten, ift ©efjeimnife geblieben, ©enug, bes angeregten unb Oiel unb breit befprodjenen planes ift fernerhin mit feiner ©ifbe merji* gebacrjt morben. SSir aber »erben biefer SScetrjoOen'fdjett ©rünbe notrjroenbig nod) gebenfen unb felbe, ben unter a) angeführten ausgenommen, beö näfjeren befpredjen muffen. 2Sorab fet) nur bemerft, baf3 einige biefer Sßnncte fo unerquidlidjer aber aud) oerraidelter 5lrt finb, bafs fie in bem ab^urjanbelnben SebenSbrama einer Shtotenfcrjürgung nicrjt gan5 itnaljnlidt) feljen. lieber ben mit „plausible" bemeidjneten ©runb finbet fidt) in ben 6onüerfation*= Rudolf" usw., Wien 1865, sehr bekannt geworden; man findet viele dieser Briefe bei Thayer, bei Noh], alle auch in B. S. Br., III., IV. und V. Band. A. d. H. 202) Skizzen zur Messe in Cis-moll, dona, sind zu finden in Band 9 (nach der Numerierung des Herausgebers) in den Beethoven- Autographen der Königl. Bibliothek zu Berlin) der Monatshefte für Musikgeschichte 1895, No. 11. In diesem Band 9 im II. Hefte. Dort Blatt 17 b: „Skizzen zur Messe in Cis-moll, dona". A. d. H. — 361 — £eften Dort 1823 üon be3 3)Mfter§ §anb eine beutfidje @r= flärung. gr ^atte näm(itf) in felber geit öud) °ie ©intabung erhalten, für bie $f)iIrjarmonifd}e @efelifd)aft ju Soften in SGorb*9lmertfa ein Oratorium — „für jeben $ßtet8M $u fetyreiben. Stuf eine üon feinem greunbe SMfyter geftetlte anfrage in betreff biefe§ Oratorium^ ermibert Seettjoben: „3d) fdjreibe nur baZ nietjt, tuaS tdj am (iebften möchte, fonbern be§ @eibe§ roegen, ma§ id) braudje. ©§ ift belegen nid)t gefagt, bafj id) bod) bloS umS (Mb f treibe. Sft biefe $eriobe öorbei, fo Ijoffe id) enblid) $u fcrjreiben, ma§ mir unb ber ®unft ba§> §od)fie ift — gauft."*)203) ©iefeö offenherzige ©eftänbniB gibt ben ©djtüffel 31.tr «Situation. SBir motten fogleid) 3med= mäßigen ©ebraud) baüon madjert. Sie SBerlagSrjanbtung £)ia belli u. (Eomp. fyatte in ber SSintergeit üon 1822 auf 23 einer großen %r\^i (Eomponifien ben $[an $ur £erau3gabe eineS Gloltectü>2Serfe3 üon SSariationen für ^Sianoforte öorgetegt. 2)a3 £l)ema im (Sfjarafter eines SSa^erS mar öon £)iabelli erfunbeu. Seber ©omüonift follte nur eine Variation beitragen. 2lud) an 33eett)oOen mar eine (Sinlabung ergangen, ©iefetbe erroedte urptötjtid) bie (Erinnerung in irjm an ba§ (SoIIectiO=@ef anginer! über ben £ejt: In questa tomba oscura etc. im Sarjre 1808,204) barüber in ber gmeiten ^ßeriobe gefprodjen morben. 3u9^e^) ertnadjte mieber in bem Sfteifter aÜ' ber Ingrimm über bie jenem Sßerfe miberfarjrene *) ©er ©ebanfe svtr (Jompofition be§ ©oeibe'fcfien gaufi roarb buref) griebitd) 3vod)ü£ angeregt. SSetterbin werben roir SRocrjlifc felber barüber fpredjen boren. 203) Von Boston und der Idee, Faust zu komponieren, ist im Kon- versationsheft No. 77, Blatt 8a und 9b die Rede. Über die Unterhand- lungen wegen des Oratoriums für Boston sehe man in dem umfangreichen Buche „History of the Haendel and Haydn Society" von Ch. P. Perkius und John Artwight, Boston 1883—1893. Aber als negatives Resultat ist dort zu lesen (I, p. 88): „we must conclude that it was never anything more, than a prqject with Beethoven." A. d. H. 204) Cf. Schindler I, S. 202ff., Neudruck S. 248ff. A. d. H. — :362 — ^ßerfiflage. (Sr erklärte, baft er ben Vorfatj gefaxt, niemals roteber an einem (5otlectio=2Serte ?fntt)eiC ju nehmen, tjabe matt bamate ben fjorjen ©mft bet ©icfjtung %u perfifliren gemagt, fo fet) im oorliegenben $alle fdjon burd) ba$ Sttjema ©elegen- tjeit gegeben, alle Srjeilljaber lädiertict) ju macfjen; ba% %f)ema mit bem „ <2d)ufterf ted" (9fo[atie)*) gefalle i§m nierjt, u. f. tt). Samit mar bie (Sintabung bejeitigt. 9lid)t lange nad) biefer tategorifetjen ©rflärung erfudjte er mid), Siabetli gelegentlich) 311 fragen, ob e§ tfjm genehm märe, menn er ba$ Stjema allein bearbeite, nnb melrfjeö §onorar er trjm morjt bie3fati3 bieten trolle? 2>er freubig überrafcfjte Verleger fprad) augenblitflid) 80 £>ucaten au§ unb notificirte pr ©teile bem äfteifter mittelft einiger 3e^cn btefett ©ntfdjhtfe, nur um 6 bis 7 Variationen bittenb. 33eetl)oüen feiner finb nod) nidjt alle." 2)er Verleger, beforgt megen be* 51t großen Umfangt be§ 9$erfe£, folgtid) ju Kjoljett SabenpreifeS, nmnfdjte ben ©d)IuJ5. 3)er fdjreibluftige (Somponift aber, bei ben 33eluei3 liefern moHte, tua§ fidj alleä au3 einem ätemltct) orbinären SESatger, nod) bap mit einer SRofatie bitben faffc,*) erttriberte: er möge nur nod) etroaö ©ebulb tjaben. So ent= itanben bie „33 Sßeränberungen über einen Söa^er, Op. 120," benen man e§ leidjtticf) anfielt, in toetc^1 roftger (Stimmung fie «iebergefdjrieben loorben. 3)e§ Sftetfterä ©egner tjaben biefeS tum ungett)öljnlid)em £ntmor fprubetnbe SSerf immer ignorirt. Sie Ratten barauS erfefjen tonnen — menn fie gerooltt — in lueldj' Weiterer, oergnüglidjer Stimmung SBeetljoüen aufteilen nod) in feinen legten 2eben$jat)ren getoefen, nict)t aber „immer büfter unb brütenb," ttrie fie tfjn 51t fcfyitbern belieben. 2)ie aufcerorbentfirije 9)cannicl)fattigfeit in SSermenbung be§ %f)ema§ — e§ mufj fid) fogar §ur Umgeftaltung tn ba§> SCRoäart'fdje „kleine Dtulj' bei Sag unb ü)?ad)t," gteicf) nneber 5ur SBitbung einer gugfjetta, enblid) fogar §u einer regelrecht geformten $uge bequemen — gibt ein fpredjenbes .ßeugnif}, m^ toetdjer Suft unb looljl and) Selbftbefriebigung biefeä, nur Sßirtuofen erften 3?ange3 5ugänglid)e 3Berf gefdjaffen toorben. 3Senn ja bie ^erfiftage be§ 6ottectio=2öerfe§ au§ bem öatjre 1808 irgenb (stntoirfung ober 2lnfto)3 51t foldjer @eftattung biefe§ 3Ber!c§ tßegeben tjaben foltte, fo loollen mir ifjr 2)agett>efenfetjn mit *) 3)aS erinnert an eine ©teile üon be§ SDiEeifierS Sjanb in einem Sagebudje au§ bem %at)xe 1815, meldte Reifet: „Sie Sd)ottifd}en Sieber »eigen, nm3 bk unorbentlicfifie SDielobie uermöge, wenn fie mit Harmonie gut befjanbelt mirb."205) 9?oct) fie&t folgenbc ©teile bort: „^d) mujj ben ©nglänbern geigen, wa3 in bem God save the Kiug für ein ©egen ift."206) 205) Siehe die Stelle im Fischhoffschen Manuskript Fol. 31 b, die bei Schindler besser gegeben ist; das Pronomen „was" fehlt dort, wie auch bei Nohl (1. 1. p. 57). A. d. H. 206) Cf. Fischhoffsches Manuskript Fol. 31a. Es war die Zeit der Komposition der Schlachtsymphonie, op. 91. A. d. H. — 364 — 2)an! begrüßen unb bog factum überE)au^t in 33cetrjoüen'§ Sebenägefcfyictjte nicrjt al§> btofje CSpifobe betrachten. SBenben mir un§ nun 51t bem enigften§ einzelner it)rer SBerfe, mefent(id) beigetragen unb bie ßegion itjrer Kommentatoren unb (SonjecturakÄritifer beöeutenb öer= ringert rjaben mürbe, menn fie mit genauer ^enntniß be§ (Sdjulbenftanbeä irjrer Reiben an bie befduuerücije Arbeit Ratten geljen fönnen. Sßorneljinticr) märe bei ©Jjafeäpeare feit beinahe einem üollen Sarjrtjunbcrt fetjon feines 2Borte3 (Sinn metjr ämeifettjaft, menn feine sIu§leger bie SSerrjättniffe 5U feinen ©laubigem. 00m ilrfprung an beffer gelaunt Ratten. 63 fcfjeint aber in jenen ßeitaltern ber ©runbfatj (eitenb gemefen 31t ferm, jebeö ber Sßacfjmelt ju übertiefernbe ©tanbbitb eines? bebeutenben Cannes? fo oiet als? mög(id) aus? einem Sßlocfe tjerau^ubiiben unb es? oon allen S^ebenbingen frei 51t galten, fofern fie nicrjt ©runb^üge bes? ©rjarafters? gemefen, ruelmerjr blos? burd) un= günftige Sebens?oerf)ältniffe fiel) bem Snbiüibuum gieidjfam auf= gebrungen Ratten, — meil 9?ebenbinge jeber 3frt otjne foldje SSaftö einer fpäteren 3eit, bie fidj lebiglid) an bie öorrjanbeneu 233erfc galten miß, fein Sntereffe $u bieten oermögen. @S mar gefehlt, miefj in ben früheren 2tus?gaben biefer Sdjrift ungefähr oon bemfelben ©runbfa^e im Slttgemeineu, fpecielT bei 93efprecfjung bes? ©djutbenpunetes?, leiten gu taffen, unb tiefen fo midjtigen ©egenftanb nicrjt mit gerühmter „beutfcfjer ©rünbtidjfeit" §u erfcfjöpfen. 2lMe mefent(id) Jjätte — 365 — nitfjt eine redjt auSeinanber gebefjnte @d)itberung biefer $ei> Ijattniffe auf eine fixere ©pur be§ poetifdjen Snljaftö ber 9. (Sinfonie üerfjetfen tonnen, metdje inmitten ber ©elbbebräng= niffe unb aud) inmitten ber aufjergeroötjnlidjften 2Birrniffe in be§ 9)ceifter§ §au3fjattung aufgearbeitet morben, ttm§ sunt £ljeit fdmn gezeigt tft. 2Sa§ märe bis gur ©tunbe nod) ber gmeite £fjeit öon gauft für ein unburdjbringüdjeS (Sf)ao3 mtyftifdjen ©unfels, Ratten nidjt particutare Söegietjungen unb $erf)ättniffe be§ 2)id}ter§, Seltomer 9iübd)en unb anbere materielle ©eringfügigfeiten ben ©iüinatoren bie ©djlüffef gu beffen (£r* Öffnung in bie §änbe gefpiett. «Solche gtängenbe ^efuttate foüen mid) gur ^ac^eiferung anfpornen. 33ief(eid)t gelingt e£ fogar burdj offene aber mögtidjft bünbige Darlegung biefeS gragepuucteS SöefentticfyeS jux geftfteltung beS Oon ben mobernen $unftpt)itofopt)en unb $eett)oüen*©rüblern entbedten „groeiten unb brüten offmeifter'fd)en planes liegt in feiner ausführlichen ßufcfyrift an Söeettjoöen, de dato — 360 — 22. Sluguft 1816, t>or. 3ur Örientirung für bert Sejer »erben jofgenbe ©teilen barau3 rjinreidjen: ,,3d) bäcfjte, Sie blieben auf Sljrer fd)on gemachten $orberung ftetjen, nämüd): für bie öffentliche Slutorifation jur .^erauögabe Srjrer ®laüierfad)en, unb ^ngteidt) für bie 9\ebaction bauon 3000 (Bulben (Sonueut. iDcünae, für bie neuen Sonaten, bereu 311 einem jeben £>efte (Sine bajulömtnt, im Surdjfdjnitt für jebe 40 Smcaten." 3)er Stein be£ ^InftofeeS in biefem Sßiam war bio&: bogen* meife SSe^a^Iung. Siabetti bemerft ba^u: „TO: bogentueifer ^egatjümg per Sucaten tft gar nicfjty, unb id) ratlje Sljne« ÖurdjauS bauon ab. ®er Verleger bringt freitid) nad) feiner löeredjnung 4000 ©utben f)erau§, allein uießeidjt in jeljn ober mehreren Sauren .... 3dj ^offe gan$ fieser, ha% ber Serleger S^re gorberungen eingeben toirb, toenn Sie iljm fetbe abl Sfyren legten unb beftimmten SBillen bet'anut machen tuerben."207) Sie Unterfyanbtung mit £>offmeifter mürbe nidjt mit biplo-- matifdjer Sdnueigfamfeit betrieben unb tarn (eiber bei: mit immer gleidjer &iebe unb Selbftaufopferung für bie Sntercffen be§ grofjen sD£eifter§ fid) rjingebenben greunben im ^aternofter= ©äfcdjcn 51t 2öien ju Dfjren. Spekulanten mie ben sperren Steiner u. (£omp. (b. fj. Steiner u. fta^tinger) tonnte e§ nict)t entgegen, bafj fte bei 3uftan0ef°mmeu oe§ Seidiger ^iam mit irjren $8eetljouen'fd)en $ertag3toerr'eu in 9cad)ttjeU gerätselt, tu ber golgc^eit aber gar feine neuen Sföerfe meljr oon itjm gu erhalten ferjn bürften. Sie traten bemnad) mit einem ät)n= Hd)en ^(ane entgegen, münfdjenb, ber 9)?eifter möge ifmen nur 5»ei bi§ brei $arjre $eit gönnen, um ba§ Unternehmen beginnen 3U tonnen. sJ0ät matfyematifdjer ©emi^eit bemiefen fte ü)tn bie größeren 9Sortt)eile fomotjt in Seäug auf §onorar a(§ überhaupt, menn alte arbeiten, (Sorrecturen u. f. ro. unter 207) Auch dieser Brief an Diabelli befindet sich, wie die beiden iö B.S. Br. mitgeteilten Briefe in »Schindlers Beethoven-Nachlaß Mappe I. No. 44a; vgl. B. S. Br. No. 1019 (V. Band). A. d. H. — 367 — feinen 51ugen ftattfiuben mürben. ®iefe djimärifdje Q}orfpiegetung genügte, um ben £>offmeifter'fd)en $lan fogtcid) fallen 511 laffen. (Sinige ßeit nadjljer legte biefe SBiener SSertagStjanblung bem 9fteifter ein SSer^eid)ni^ oon allen 9Jcufttgattungen bor, beginnenb mit ber (Sinfonie unb bem Oratorium bis fjerab jum Siebe, barin jebe ©becieS tariftrt mar. 2>iefeS Sßerseidjnife befinbet fid) in XobiaS VaStinger'S §anbfd)rift t)ier. S)arin ift 5. 93. eine «Sinfonie mit 60 — 80 S)ucaten tarifirt, ein „größeres" Oratorium mit 300 ©ucaten, ein „f feineres " mit 200, ein Requiem mit 120, eine Opera seria mit 300, eine SSonate für ^ianoforte allein mit 30, eine große (Sonate für *ßianoforte allein mit 40 $)ucaten. 2)aS ©anje mar ein fo berfül)rerifd)er $ßtan, mie er bem sD?eifter niemals oorgemalt morben. S)aJ3 er ein geneigtes Ot)r gefunben, begreift fidj leidjt 9?ad)fteljenbe Stnmerfungen üon feiner §anb auf bem Seräeidmifj bezeugen bieS: „Wcan tonnte fid) aud) borbeljalten bie greife manchmal 511 änbern ober anberS §u beftimmen; menn man betrachtet, baf} bergteidjen btoS für Oeftreidj, f)öd)ftenS granfreid) märe, unb mir nodj (Sngtanb baju bliebe, fo lönnte eS angenommen merben. 33ei mehreren behielte man fid) bor, bie greife felbft gu beftimmen. 2BaS bie Verausgabe fämmtlid)er SSerfe betrifft, fo ließe ftd) bielteid)t aud) ©nglaub unb $ranf:reicf) für ben 2lutor abgietjen. Sie §u jaljlcnbe ©umme beS Verlegers märe 10,000 ©tttben (Sonb. SD?. 25a fie fid) aud) eintaffen motten auf bie Verausgabe fämmtlidjer Söerfe, fo mürbe meines SradjtenS ein foldjer (Sontract baS Söefte fetm. — SMetleidjt für Sonbon unb ^ariS aushalten, beSmegen an «Sdjtefinger einen Srief fdjreiben." liefern mit raffinirter ^tugtjeit auSgefonnenen 'plane l)ing jeboct) bie 33ebingung an, baf$ ftd) 23eetf)oben berbftidjten fotle, alles in 3uhtnft ju ©djreibenbe auSfdjtiefclid) biefer SSiener 93erlagSljanbtung gu überlaffen, eine Sebingung, melier er ftd) unterbieten mollte. Mein aud) biefer $ß(an tjatte baS Dbject be3 fcfjulbigen 23etrage3 800 ©utben Wiener Sßätjrung.*) ®@ maren fomit jene Scanner, beren Sftaniöutationen in ben Sntereffen unfern SReifterS mir foeben au3 öorftefjenber S£ijatfad)e fennen gelernt, meiere eine lange 9?eilje öon Sauren mit irjm in ©efdjäftä* *) Sn ber etilen SluSgabe, arum ifyr (Sinbrängen auf it)n, weil fie t'lar gefefyen, wie ein neue§ SSerf um'S anbere anbern Verlegern übertaffen warb. — Sdjon gu lange t)atte bie Slbfyängigfeit beS 9J?eifterS öon biefen sperren gebaueri, benn bereite in bem trübfatOoEen Saf)re 1813 t)atte fie ifjren Anfang genommen. Sie ©rünbe laffen fid) faft erraten. @§ wäre bebenftid), biefer Vorgänge mit fotdjer Offenheit 5U ermähnen, lebte nid)t nodj (Siner, ber biefetben ganj in ber S^äfje mit beobad)tet t)at, auf ben id) mid) berufen barf. (üsS ift ber Verleger ffl. Simrod in SBonn. 3tlS biefer im Satjre 1816 Q3eetl)ooen in SSien befudjte, konnte ifjm beffen abhängiges SBertjältnife §u genannter SßertagSIjanblung nicfyt oerborgen bleiben, ja, ber 90?eifter meiste it)n felber in biefe 9Jft)fterien ein, als er it)n bei @in§änbigung beS 9J?anufcriptS ber beiben (Sonaten, Op. 102, „gebeten, ben §erren (Steiner unb §aSlinger gegenüber nictjtS Oertauten §u taffen, bafc er üjm (Sompofitionen jum Vertag gegeben." 3n fo bebauerlid)er 2tb= fyängigfeit muffen mir ben nad) anberen Seiten f)in fo ftarfen (Sfyarafter erbliden! S)qb {'einerlei SSerfpredjen, meber ein münb= lidjeS, tuet weniger fd)rifttid)eS, üon Seiten 23eettjoüen'S gegeben Worben mar, feine ^unft nur bem Sienfte biefer Verlags* Ijanblung §u mibmen, f)at ficf) batb §um STrofte feiner greunbe mit ©emifsljeit tjerauSgeftellt. Sn ben erften Monaten beS SafjreS 1823 mar biefeS gerwürfnifj bereits fo Weit gebieten, bafj auS bem Jätern ofter= ©äsdjen mit gerid)tlid)er Silage gebrofyt morben. 9?ad)bem beS StteifterS Sruber Sodann ftc| entfdjieben geweigert, für biefe fo geringfügige Sdmtb nur fo lange SSürge fetin 5U wollen, bis einige ber erwarteten §onorare für bie fubferibirten @£em= ptare ber Missa eingegangen fetjn würben, fo bnrfte SBeetfyooen St. SdjinMcr? 93cetf)ot>en=33iograpIjte. 04 — 370 — nicfjt länger metjr fäumen, bie 9Ingetegent)eit ben §änben bei Dr. Vöad) $ur ©djticrjtuug ju übergeben. Snbefj fanb ber 3J?eifter im ©inüerftänbniffe mit feinem Stbüocaten für notfj= roenbig, üorfjer eine ©egenforberung an feine ungeftümen (Gläubiger 5U ftetlen. Seit Sauren befanb fidj nämlid) biefe 9ttufttt)anbtung im 23efit;e ber Sftanufcriüte üon ber erften Duüerture 51t Seonore, bie 1805 nad} einem ^Srobeüerfud) be= feitigt morben mar, mie in ber gmeiten ^ßeriobe beS näheren gemelbet ift; ferner üon ber Gantate: „£)er glorreiche 2tugen= btid," 1814 aufgeführt, bann üon ber fünfftimmigen $uge in D dar, für 2 Biotinen, 2 Violen unb SBtofonceU, bereite im Sarjr 1816 gefc^ rieben; öon bem itatienifdjen ^erjett: „Empi, tremate;" üon ber Duüerture 5U Slönig ©teüfjan; enblid) nod) üon ber Ouüerture in C dar, Op. 115. 3)er 9J?cifter forberte beren unüeräügtidje «perau£gabe, al§> 9?ed)t§grunb anfüfjrenb, ba^ e3 foroorjt im geifttgen mie auct) materiellen Sntereffe be§ 2tutoron if)m ermatten. Sie legten DpuS= 3af)Ien im $ata(og finb SBerlen au8 früherer $eit beigefeijt, bie auS jenem SSertag ^eröorgegangen. @S mar taum gu bejmeifetn, baft bie ©pecutation auf Seetfjorjen'S Ableben gerechnet, um alSbann notf) mit einer Sfvei^e neuer SBerfe öon it)m Ijerüor* treten 5U !önnen. «Somit erfrört fid) bie te^te DpuSgafjt 138 auf ber erften Dutierture gu £eonore=$ibelio.*) Sn purem ©egenfatje ftanb baS S5enet)men beS Seipgiger ©läubigerS, ber bie anbere 5tnticipation geleiftet tjatte. GsS *) ©§ barf fjier nid)t übergangen werben, bafj balb nad) Sserfteigerung Don 23eetfioüen'!§ „$unft=Wad)laf$" im 9?ooemb. 1827 bie ^ad)rid)t burcö, bie Slätter ging : „2obia£ §a§linger babe bei biefer ©elegenfjeit für einen Spottpreis ein ^ätfd&en Sänje unb Sftärfdje erftonben, barin ftdc) aud) bie Partitur nebft ausgesogenen £>rcbefter=8ttmmen einer ganj unbefannten, großen djarafterifiifdjen Ouoerturc oorgefunben, lueldje ber 9JJeifter, wie ficb Sd)uppan3igl) erinnert, root)I toor einigen Sauren probiren liefe, roa§ audj bie eigenpnbig mit 9?otbfiift oerbefferten Scbreibfebler bejeugen." Siebe Hüg. SRuf. 3tg. XXX, S. 111. 3u grünblidjer gerfiörung biefeS n>eitau§gebreiteten £ügengetnebe§ wirb eine öon beS 2)Jeifter§ §anb im 9Jionat Februar 1823 gemalte ÄaIenber=9?oti§ — bie öorliegt — beljülflicf/ fefin. SDiefe bezeugt: „Stein er baben bie Sachen alle öon 1814 unb 1816."209) 208) Siehe diesen Brief an Schindler B. S. Br. No. 897 (IV. Band). A. d. H. 209) Man vergleiche die beiden bei Gelegenheit der Darstellung des Fidelio gemachten Anmerkungen 102 und 103 hier, S. 172 f. A. d. H. 24* — 372 — mar bie Sßertagsfjanblung 6. g. Sßeterä. Obgteid) biefe 9(n= ticipation unter gegenfettiger Uebereinfunft oon $u (iefernben SDJanufcripten erfolgt ift, Teö erfolgte nur eine unb roetdje? meiter unten) fo ijctte ber ef)renmertt)e Verleger bennod) @e= butb mit ber iftüd'erftattung 511 roarten, bi§ biefe unferm üDtofter toefenttid) erleichtert mar. 2>ie Sftttttjeilung nadjftefjenber Quittung, bie im Original uorliegt, mirb ben ©acrjüerrjalt beutlid) aufs Haren, ©ie lautet mörtlid): .'gerrn 2. Oan Seetrjooen in 2Bien erfucfje id) rjiermit, bie im s21uguft 1822 Don mir empfangenen brei fjunbert unb fectjejig ©ulben 6onDentions=@etb, meiere ©ie, ba. feine @efd)äfte ^roifc^en uns gu ©taube gefommen ftnb, jetjt mieber ju meiner 93er= fügung ftelten, an föerrn ©tetner unb G., Stfufürjanbfung in SSien, ^urüdgu^afilen unb gegenmärtiges, als Quittung Don mir, bagegen gu empfangen." Seibgig, am 30. Moocmber 1825. (S. #. Meters, 9#ufifDerteger.21ü) Sie ©mpfangsbeftättgung obiger 360 ©utben (E äJ?„ ober 900 ©ulben SBiener Söäfjrung, de dato 7. Secember 1825, ©ig. : 5. 5t. ©teiner unb (£.., befinbet fid) auf bemfef ben blatte. 2)as im §erbfte 1822 genannter Sftuftfrjanbtung in Seip^ig überfdjidte sDcanufcript mar eines jener 2Berfcfjen, bie man am geeignetften mit ber Benennung „@ebanfenfpäf)ne" bejeidmen tonnte, märe biefe 9iubrit in ber muficatifdjen Siteratur ein- geführt, ©olctjer ©pälme, mitunter mof)l recfjt geiftreid) unb inftruetiü, eriftiren befannttid) Don unferm äfteifter jiemlic^ oiele, unb bürften meift alle mäfyrenb bes (Somponirens großer SBerte abgefallen fetjn. 2)ie in Diebe ftefjenben betitelte er „^Bagatellen", unb t)attc fie in ber t)od)begeifterten 3e^ oeg 210) Dieser Ausgang der Beziehungen zwischen Beethoven und Peters (Musikalienhandlung) ist in B. S. Br. gut zu verfolgen; siehe besonders Brief No. 1121 (V. Band). A. d. H. — 373 — ©ntftet)en3 ber Missa solemnis, gteidjfam um auö^urutjen, ju Rapier gebracht. 3)er ßeipjiger Verleger fdjidte fte jebod) fofort fturücf mit ber SBemerfung: er tjatte [ie be§ $ßreife§ (id) glaube 10 £ucaten) für unraertl) unb 23eet£)ooeu fotte e3 unter feiner Söürbe Rotten, bie $e\t m^ foldjen Äteinigfeiten, mie fte Seber machen fönne, §u üerbringen. — SDiefe führte, aber ju guter 3eit fommenbe 33emerfung fanb bei bem SOfeifter eine äufjerft unliebfame 2lufnaf)me. ©egen feine ©eroofjntjeit t)at er hm Sag be» @rt)a(tenS — 19. 9Jcär§ — fogar im Äatenber notirt, ber mir uorliegt. (£§ tjatte ttürflidj ben 2(nfd)ein, als gefiele er ftd) in fo(d) geiftiger s}lbfpannung unb tjabe Suft nod) mehrere bergleid)en ^Bagatellen au§ bem kantet §u fctjütteln. ©päter fyat ba§> befprod)ene 2Berfd)en bie $erlag§t)anblung ©djott in sJQ?ain5 an fid) gebracht unb ü)m bie (£t)re angettjan, e§ unter ber Opu3gai)l 126 erfdjeinen (^u (äffen.*) üftidjt otjne SSiberftreben berühre id) einen britten $aff, ungteid) garterer Statur, aud) üon f)öl)erem Gelange, atö beibe aufge^eidjnete, führte un3 beffen Urfprung nid)t bi§ gii bem trübfalbollen öat)re 1813 gurüd, in meldjem ha§> @d)idfat um ba$ ipaupt unfer<§ gelben einen fo feften knoten gefd)lungen 511 tjaben fdjeint, ben üoüftänbig aufgulöfen it)m niemals? mieber gelungen ift. Slud) mit biefem iefe $ranffurter $amitie nannte ber Sfteifter in einer ßufcfjrift an mid): „feine beften $reunbe in ber 2Mt." — 3n feinem S£agebud)e Don 1814, baüon Hbfdjriften ejiftiren, fteljt bon feiner §anb bie 5Inmertung: „2300 ©ulben bin id) bem g. 31 35 — t — 0 fcfmtbig,211) einmal 1100 8fr. unb 6044= (®ucaten.) " £)iefe öortrefflidjen Sftenfdjen ()aben ben Sfteifter niemals an feine Sßerpflidjtung erinnert, im ©egenttjeU fid) bemüht ifjm biefelbe au§ bem ©hm %\i fdjlagen, bi§ ganj günftige Sage tarnen. „£>en (Sbetmutf) biefer $reunbe aber nicfjt länger prüfen -m muffen", nrie er fiel) in ber ß^rif* an mid) auSbrüdt, entfcfjtofj er fid) eine atoeite 33anl=2lctie gu öerfaufen, roeldje 51ngelegent)eit id) if)tn gleichfalls orbnen fjatf. (£<§ gefcfjal) bie£ unmittelbar nad) bem ermähnten (Sonflict mit ber (gteiner'fdjen 9ftufiff)anbtung im Arg 1823, mie e§ mir feine Äalenber=9?otate tiergegentoärtigen. ©in üierter ©djutbüoften, gleid)tt)ot)l an fid) f)üd)ft im* bebeutenb, betrifft einen eigentrjümlicfjen galt, ift bagu noci) mit ben Sntereffen eines 5Inbern eng öertnüpft. ©3 mirb ratcjfam ferm, beffen 9ftittl)eilung für einen geeigneteren Ort gu öer= froren. SDer freunbltcrje ©enfor in SSien t)atte iön in ber erften Aufgabe befeitigt, unb bennod) ift er protofotlarifd) 211) Siehe das Fischhoffsche Manuskript Fol. 31b. Über Beet- hovens hohe Verehrung der Familie v. Brentano in Frankfurt a. M. geben die zahlreichen Briefe des Meisters einen unsterblichen Beweis. Man lese u. a. B. S. Br. No. 815, 827, 828, 829, 880 usw. (IV. Band). A. d. H. — 375 — öergeicCjitet, folglidj fein @erjeimniJ3. ®te StwSeinanberfetjung mirb nun unertäfetid), ma§ gezeigt »erben foE. Sßenn ©erjfrieb unter ben (Sljaractersügen 23eeu)otien'aijinger (gbreftan), gorti (^ijarro), Seltner (Oiocco), ^eftroty (Son gernanbo), SRaufdjer (Sacqutno) unb Ztjttia Setnmer (Warcettine). — 376 — trag unb roünfdjte untierjügtidj £ejte jur 9lu3roaf)t gu erhalten. £>iefe famen aläbalb in nid)t geringer Stnsal)!, allein alle miß5 fielen.*) SSorab Ijatte er fid) für a(tgried)ifd)e unb rörmfdjje (Stoffe au£gefprod)en, bie man üjm aber al3 öerbraudjt bar* aufteilen fid) bemüht t)atte. 3)ie§ erfd)tuerte bie SÖarjt bermaften, ba$ ber Reiftet* balb fetber nid)t metjr mußte, in tuefd)e ®ate= gorie benn ber gu mätjlenbe ©toff eigenttid) gehören foüe. 'Sa magte e§ — nidjt ofjne 3a9en — 3rail8 ©rülparger irjm fein eben beenbigte§ Dpernbud) „SMufina" gujufdjiden. tiefer Ijodjromanttfdje ©toff, öiete rairffame Situationen bietenb, unter ben tjanbelnben Sßerfonen aud) eine fomifdje jätjtenb (ein ©iener faft in Seporello'3 ©praeter) gefiel 2Seeti)ooen au<§net)menb unb ftimmte it)n l)inftd)tiid) feinet früher geäußerten Sßunfcfjeg üöttig um. ©idjter unb £onfe|er t)ietten mehrere ©onferengen, benen id) ftetS beigerootjnt, tuo in 33eeti)oüen'3 ©inne 9lenberungen, ^ürgungen, überhaupt eine gebrängtcre 2(norbnung im ©cenarium oerabrebet unb Dorn £>id)ter bereitmiltigft 5ugejagt roorben. 2)iefe Sßerantaffung führte beibe ebte ©änger §um erften 5DM §ufammen unb gab ©etegentjeit, in mefjmutt)^ wollen Ätageüebern über bie politifdjen unb focialen 3uf^nbe be§ gemeinfamen $ater(anbe§ gegenfeitig bie ^pergen ju er= öffnen.212) *) 21. $. 9Jtarj fübrt in feinem Seetbot-en, I, 379, an, bafs t>on bortber ber 2lntrag gefommen ju einer breiactigen £>per, welche 33 i ebene felb nad) 6d)ifler3 33iirgfd)aft gearbeitet hatte, bafj 23eetbot>en nicht ab- gelebnt, aber Verlangt habe, ba$ bex 2. 5fct (baZ ^ocbjeitSfcfi) öon 28eigl comöonirt werbe, weil iljrn felber „folcöe feiige §eiterfeit nicht äufage." S)a§ ift (£rbid)tung, fcfjttierlid) aber r>on ^Jarj. 33eetbot>en Eiatte für Sof. SEeigl, feinen alten Shtjfreunb, 3U grofee Sichtung, als bafj er fold)e ^leujjerung getban Ijaben tonnte, ^m ©egenttjeil ergriff er jebe ©elegen= r)eit, bem au3ge,$eicfjneten Dt>ern=2)irector biefe 2ld)tung offen 3U bezeugen. l£r betrachtete ilm als bie einjig lebenbe üErabition in Wlo^axt'^ Sftufif. „SBetgl b.at'S gefagt? SDann glaubt c3 nur." 212) Die mannigfachen Beziehungen Grillparzers zur Musik im allgemeinen und zu Beethoven im besondern mit besonderer Aus- — 377 — gaft gleidjjeitig mit bem antrage feiten^ ber 5lbminiftration beö Dpern=£tjeater§ fam ein äfjnlidjer au$ 93erttn üon bem 3n= tenbanten ber königlichen Sweater, (trafen 93 r ü f| t , bem gufolge unferm Üötetfter ba§> Honorar felbft ju beftimmen übertaffen mar. Otjne Semonbem ein ßeidjen ju geben, überfdjidte er bem ©rafen bie ©riflparäer'fdje Sftelufina ^itr (Einfictjt, unb jmar mit beifälligen 9leuf3erungen barüber, toaä ficfj au§> bem 9lntioort= fdjreiben be<§ Sntenbanten ergeben, baS SeettjoDen §u üerbergen oergeffen. ©raf 25rüfjt fpenbete ber £>id)tung nidjt minber feinen Seifall, bemerfte aber beigetjenb, ba^ auf ber ^önigl. Dpern* bütjne ein 93allet „Unbine" in ©cene ferj, beffen Sntjatt einige 2lefjnlicfjfeit mit bem ber SMufina Ijabe. tiefer unbebeutenbe Umftanb nebft ben alten unerfreulichen (Erinnerungen an bie Vorgänge mit feinem gibelio raaren ©runb, bafj er feine 916= ficfjt, eine beutfdje Oper ju f djreiben, ptö^lid) fallen liefe, uad)= bem er manct) fjarteö SBort über beutfdje Dpernfänger aug= geftofeen tjatte. 3n feiner (Erinnerung fctjienen nur bie $or* gänge oom Satjre 1805 im Slrjeater an ber 26ien tjaften ge= blieben 51t fet)n, leiber nictjt ba§ gefällige (Sntgegentommen fämmtlid)er §of=£)pernfänger unb bereit auSgejeidjnete Seiftungen au§> bem Satjre 1814, benen ja unbeftritten ein guter Sttjeil be§ (Erfolget ^ugefdjrieben loerben tonnte. Sftidjt minber tjat er über bie 9tuffüfjrungen feiner Dper im ©pätfjerbfte 1822 all* feitig nur mit 21nerfennung fpredjen gebort. *£)a3 alles öer= modjte aber feine Meinung bau beutfdjen ©ängern im 5111= gemeinen feineSmegö 31t änbern. SBietfadjer Umgang in früheren Satjren mit italienifcrjen Sängern tjat ben burctj unb burd) beutfdjen ßomponiften unb beutfdjen ättann für beutfdje ©änger nidjt günftig geftimmt. (£r oermifjte bei ifjnen bie bei Italienern allgeit wahrgenommene Segeifterung für bie Shtnft unb (Eifer im ©tubium, er befctjulbigte ferner bie beutfdjen ©änger ber ©elbft= nutzung der dahingehörigen Konversationshefte sind behandelt in des Herausgebers Monographie .,Grillparzer und Beethoven" in „Nord und Süd'' 1891. A. d. H. — 378 — genügfamfeit auf mittelmäßiger »Stufe ber 9lu3bi(bung.*) 3lt ungüuftigeu 23erg(eid)en ga6 bie bamatige 9(nmefenf)eit ber erften @efang§gröf$en Statten^ in ber Staiferftabt, al§: Sabladje, Sfiubini, 2)on5eüi, 5lmbrogt, 3)at>ib u. ct., bann ber ©amen: gobor= SJcainüitle, 9Jceric=2a(anbe, £>arbanefli, ©derlin u. a., bie ben @ntt)ufia§mu§ be3 2tubitorium§ in jeber SBorftellung auf£ §ötf)fte ju erregen tierftanben, täglidj ©etegentjeit. Sa, unfer Sfteifter, ber öon biefer ©djaar auSerforner .tünftter 9ftofftni'§ „93arbi6re" aufführen gefefyen, (nadjbem er üorfyer (Sinfidjt in bie Partitur genommen) fjatte in ber S£t)at für biefetbe fo ent= fdjieben $euer gefangen, baf3 er ftdj auf Anregung ber funft= begeisterten Caroline Unger (nun bereljeiidjte grau Ungtjer* ©abatier) teidjtlidj gu bem (Sntfd)tuffe bringen ließ, eine Düer für biefe italienifdje ©änger^ljalanr. ju fdjreiben. Cfjne meitere 5Iufforberung r)atte er btefen ^ünftlern ba£ $erfpred)en gegeben, fd)on im folgenben Saljre mit biefer Arbeit beginnen 31t roollen. S5atb raerben mir bie ©rünbe üernetjmen, roeldje aud) biefen fdjönen Sßorfat; 5U nidjte gemadjt.213) *) 23elcf)e§ Urteil würbe tuob4 ber frrenge SDietfter über ben all; gemeinen 33ilbung3ju[tanb ber heutigen Sänger, fomorjl bent|d)en »nie ttaltenifcfjen, fällen, roenn er bamalS fdmn fo fdjarf biftinguirt Ijat?! 213) In Seite 49 des II. Bandes. Es ist schade, daß Schindler, da er von Beethovens Enthusiasmus für die italienische Oper spricht, unterlassen hat, einen Brief des Administrators des Kaiserlichen Hof- operntheaters, Duport, an Beethoven mitzuteilen, der sich im Beet- hoven-Nachlaß befindet. Das sei hiermit nachgeholt (Mappe I, No. 47) : „Monsieur! Je m'empresse de vous communiquer la reponse de Mr. Barbaja que je viens de recevoir de Naples il me charge de vous assurer qu'il se trouve bien Hatte de recevoir un nouvel opera compose par vous et qu'il attend seulement pour vous donner une reponse definitive par rapport au prix et au temps, s'il conservera le bail (= Pachtkontrakt) du th^ätre imp. et de op. d'aupres la poste d'Italie au delä du 1er döcembre 1824. Je saisis cette — 379 — Sn bie gxüJ)ttng§5eit biefeS SafjreS fallt eine (Spifobe, bie, weit nicrjt of)ne djarafteriftifdjen Beigefd)macf, toofyt ber ©r* rocUjnung wertt) ift. ©djon int üorauSgefjenben Sarjre erhielt ber Sfteifter öon ber fönigt. fcrjtüebifcfjen 5tfabemie ber fünfte nnb Sßiffenfctjaften ba$ in fet)r fd)metct)elr)aften SluSbrüclen ab= gefaxte 3)iptom eines (StjrenmitgtiebS. SSorfctjriftSmäBig würben bie nötigen «Schritte bei ber nieberöftreidjifcfyen Stegiernng um (5int)otung ber Qnrtaubnifc gu beffen Sfnnatnne gettjan. üftact) fefjr langem §arren tarn biefe enbticfj, nacfjbem Beettjotien bereits mit Bearbeitung bes 2)iabetli'fd)en Söat^er^^ema'S pt §e£en* borf befd)äftigt getoefen. S3et)ufö (Sinrüctung biefer 2tu§3eicf)nung aus f)ot)em Sorben in ben Deftretcfjifcrjen Beobachter unb bie SBiener ßeitfctjrift überfeinste er mir für ben SRebacteur be£ erfteren (§errn öon $ßitat) unb für ß. Vernarb betreffs beS anbern BtatteS §roei Briefe in taunigfter 9tbfaffung unb burd)= einauber geworfenen Sätjen.214) $n einem brüten, mir 5U- occasion pour vous remettre ci -Joint le livre que vous m'avez fait la grace de me preter. j'ai l'honneur d'etre Monsieur Votve tres humble et tres oböissant Serviteur L. Dnport p. p. Barbaja Vienne le 20 avril 824." Wie bedauerlich, daß mau keine italienische Oper von Beethoven erhalten hat. Aber jetzt war der Meister zu voll von seiner großen Akademie mit der Neunten und mit der Missa solemnis, als daß eine Oper selbst mit den ersten italienischen Gesangesgrößen noch Keiz für ihn haben könnte! A. d. H. 214) Der Brief an Pilat, Redakteur des „Österreichischen Be- obachter", ist nach dem Originalmanuskript in Schindlers Beethoven- Nachlaß, Mappe I, No. 30, in B. S. Br. No. 944 (IV. Band) veröffentlicht. Der Brief an den Redakteur Carl Bernard ist nach dem Faksimile in der Halbmonatsschrift „Der Erdgeist" ebenfalls in B. S. Br. No. 945 (IV. Band) veröffentlicht. A. d. H. — 380 — gehörigen, fpiegette firf) bie gorm ber anbern beftenä ab. tiefer Brief Tautet: ,,©et)r Befter 2 — t— Don (Spiruö nidit meniger öoit Brunbuftum! ©ebt ben Brief bem Beobachter, @3 mufe aber fein üftame öon (Sud) brauf gefegt merben ... 3d) tjabe ge= fdjrieben „511m ©rjrenmitgüeb", id) roeijj aber nid)t, ob e£ fo fjeijjen foü, ob nidjt üielfeidjt bto3 „jum au§roärtigen 9J?it- glieb", uniuiffenb unb nie beadjtenb bergleidjen. fragen Sie bei beiben pl)tfofopt)ifd)en 3eitung3fd)reibern, ob bie§ eine @t)ren= ober eine ©d)anbmitglieb§=@rnennung ferj." u. f. ro.*)''15) £)iefe ©cfjrtftftücfe, nebft anbern berartigen ©rgüffen nod), lieferten ben fpred)enbfien Bemeiö öon ben uergnügten ©tunben, bie ber 9J?eifter mit Bariirung be3 SKal^erö „mit bem 3d)ufter= fted" öerbrad)t Ijat. 2>er Sntjatt aber ber beiben anbern Briefe bemegte fid) in meift beif3enben (Sarta^men begügtid) auf ba% 9iebaction<§=(#efd)äft, auf bie rjorje Regierung unb bie grofce Befcfjmernifj, meldje itjr biefe, nid)t meniger benn fieben bi§ adjt Monate Qät erforbertidje Stnnaljme-Befdjliefjung oerurfacfjt bjaben muffe. 3>m Saufe be§ 9}conat§ Suni mar biefe Bariationen^trbeit beenbigt unb ofjne übüdje ,ßeitanmeubung jur legten ^eite fofort bem Berleger Siabeüi übergeben. Unb nun ging e£ unüermeitt mit öollen ©egetn auf bie neunte Sinfonie tol>, für bie bereite einige üKotate ftcfjtbar gemefen. Urptö^tid) mar aber aller Junior uerfcrjmunben, ber irjn biegfam unb in jeber §in= fid)t gugängtid) gemadjt rjatte. Me Bejucrje mürben abgemiefen, *) Sejjterer SerminuS möge nicfjt firenge tritifirt roerben. Sie t fd^jneb. Slfabemic Ijatte bi§ gum Sarjr 1823, üorneljmlicf) in Sonfunfi, faum nocb inerüicfje ©puren tljreö Sa[erjn!§ gegeben, unb felbfi gegenwärtig fcrjeinen biefe Singe nocb immer in einem primitiöen guftanbe äu &er= fjarren. Saß bie Dp er nictjt bamit gemeint ift, üerfterjt fid) »oorjl Don felbft 215) Dieser Brief an Schindler ist vom Herausgeber mehrfach publiziert, u. a. in dessen „Neuen Beethovenbriefeu", zuletzt in B. S. Br. No. 943 (IV. Band). A. d. H. — 381 — felbft meine, bie iljm biz bafyin nid)t oft genug fommen tonnten, roünfctjte er üon nun an feltener. ©r fctjrieb mir bafyer: „©amottjraäier!*) 23emüf)t eud) nid)t f}ierf)er, bis etrca ein ^pati=©t)erif erfctjeint, bie golbne ©dmur tjabt St)r unterbeffen ntcrjt oerbient — 9}?eine fdjnettfegelnbe Fregatte, bie morjtebel* geborne grau ©cfjnapS, wirb fid) meiftenS aüe 2 unb 3 Xäge nad) Syrern 2öof)l'befinben erfunbigen. Sebt mof)(, bringt autf) Sßiemanben, lebt mofuV'216) $a§ unorbentlidjfte Seben in ber §aust)a(tung, in ben legten 28od)en etroas beffer gemorbeu, begann roieber Don oorn. SSienenartig burdjftrid) er mit bem ©r'i-föenbud) in ber §anb gelber unb gturen, ofyne an bie feftgefegte ©tunbe ber 9JMgeit gu beuten. 2Bas früher im fjödjften ©tabium geiftiger (Sjaltation nie Dorgefommen, gefcfjaf) bermal, ba$ er roieberrjolt ofjne £mt gurüdgef'efjrt tft. Sie um bie SRitte Sluguft fatj man bereite ftarfe t)eroifd)en geil, 2000 t>. (££).) bie jutn Sfieil auf 9Jiuft! gegrünbet waren. (£§ foß bamit bie 9Kitroiffenfdjaft ber 93eeU)oöen'fd)en SKöfterien angebeutet fettn. 216) Siehe dieses Billett nebst Erklärungen in ß. S. Br. No. 937 (IV. Band). A. d. H. — 382 — s.ßfarrgaffe, 55orftabt Seimgrube mit mir geseilt Ijatte) unb braute bie Botfdjaft: ber Sfteifter füljle ftdt) aufjer ©tanb in §e|enborf roeiter §u arbeiten, muffe bafjer öon bort fort; er ermarte mid) beS anbern £ageS um 5 U^r 9J?orgenS bei fid), bamit id) ifym bei Sluffudjung einer Söoljnung in 23aben be~ f)ülftid) fet). 911S Beglaubigung famen nadjfieljenbe Qtiten öon feiner §anb mit: „©amot^ra^ifdier S — t — SJcadjt, baS SSettcr ift gerabe redjt. (SS ift aber beffer früher als fpäter, presto prestissimo, man fät)rt öon f)ier."217) £)iefe gatjrt öon £e£enborf nad) Baben unb baS bortige ®efd)äft gehören 51t meinen fcoffirlidjften (Srfebniffen mit bem großen ©onberting. 2llSbatb fing er an bie lange SReifye bort bereits gehabter Söoljnungen unb if)r UnangenefjmeS unb Un= bequemes in ber (Srinnerung gu muftern. 35on allen blieb nur eine einzige übrig, bie fo befdjaffen fet), mie er fie je£t bebürfe; „allein bie Seute tjaben im Oorigen 8af)re erftärt, midj nid)t mieber aufnehmen gu rooHen." ©oldje ©rftärungen maren aber in anbern §äufern bort bereits metjrfad) erfolgt. Sn Baben angefommen erfud)te er mid), als Parlamentär in bie gemünfd)te Söoljnung mid) §u berfügen, unb in feinem tarnen baS Berfpredjen befferer Drbnung unb 9?üdfid)t auf bie fremben SJcitbemoljner (ein §auptan!lagepunct) ju geben. SDiefeS Berfpred}en fanb aber feine Beachtung; id) marb ab- gemiefen. £>er tjarrenbe $reunb mar barob tief betrübt, üftodj einmal marb ber Parlamentär in bie gefte beS ©d)foffer= meifterS mit neuen Betreuerungen beS 2Bof)tOert)attenS abgefanbt. diesmal fanb er miHigereS ©etjör. @S mürbe jeboti» auS= brüdlid) bie gorberung geftellt, Beetljoüen folle roieberum im ßimmer nad) ber ©trafje mie im Oorigen Safjre genfterläben anbringen laffen. Bergeblid) maren mir bemüht, ben ©runb biefer fonberbaren gorberung ju erraten. Snbefj, ba bie §erbeifd)affung biefeS 9iequifitS gur 2Ibf)altung beS grellen 217) Gedruckt u. a. in B. S. Br. No. 956 (IV. Band). A. d. H. — 383 — Sonnenlichtes für bie teibenben 2fugen be§ 2onbid)ter§ als bringenb notl)toenbig fid) ertt)ie3, fo mürbe biefe gorberung gerne sugeftanben. ©d)on nad) menigen Sagen erfolgte bie Ueberftebetung. Unb meiere SÖetoanbtntfe ^attc c§ motjt mit eben ermähnter gorberung, bafj fie fogar als 53ebingung gur SBieberaufnafyme uorangeftetlt morben? ©infadj biefe: Sßeettjoüen, bamatS frfjon redjt oft Oon einem gemiffen £>ämon angetrieben, beffen nähere SBefanntfdjaft mir erft meiter unten madjen merben, pflegte fid) bei feinem üorjäfjrigen 2tufentt)alte in jenem §aufe gu* meilen an einen ober ben anbern ber bloS behobelten $enfter~ laben gu ftellen unb nad) feiner 3Seife ellenlange 9fad)nungen, 3. 23. 50, 100, ober mot)t gar 200 3)ucaten, mie biete ©ulben ftnb bieS? mitunter muftcatifdje Einfälle, überhaupt ein ®e= banfen=93untertei mit ©leiftift aufguäeidmen, fo atoar, ba^ btefe bünnen Sinbenliol^tafeln eine 5lrt oon SEagebud) bilbeten. Sm (Sommer bon 1822 moljnte eine ^amilie auS jftorbbeutfd)* lanb gegenüber, bie it)n bei biefer 23efd)äftigung beobachtet unb nad) feinem Slbguge einen biefer Säben, tüat)rfct)einltcr) curiositatis causa, bem ©djloffermeifter für ein ©tüd ©elb abgefauft Ejatte. (Sinmal ben 2öertl) etneS fo bemalten $enfter= labenS lernten gelernt, t)iett eS gar nid)t fdjtoer, alle bier ©tficE an ßurgäfte $u berfaufen. S3ei ber oon bem Slpotfyefer %. in 33aben fpäter erhaltenen $unbe oon biefem getoif$ feltfamen «a§> (£nt= ftetjen, ©ebenen, überhaupt ^ßor^anbenfe^n mandjer guten, bietleid)t aud) großen Stjat gumeilen ber 9ftittoirlung red)t ge= ringfügiger üftebenumftänbe bebarf. 2)ieS tet)rt aud) bie @r= faljrung. £)er Sferger über bie Komplimente be§ SöaronS ju £>e£enborf mar ©runb, bafj bie Quelle ber (Srftnbung nidjt fo — 384 — reidjlid) fliegen ruollte, mie bei* Xonbtdjter e* geumnfdjt. Starum ber 3)rang nad) Entfernung unb groar in jene Sanbfdjaft, in roefdjer, nebft ber Don üftöbting unb £>eitigen= ftabt, ber @emu§ am frudjtbrtngenbften ficfj erroiefen. (Sä fcfjeint nid)t roeit fjergerjolt ju ferjn, bafe roir öieltetdjt ber WiU lütrfnng be§ eigennützigen ^Bürgers Oon SSaben ba§ 53orrjanbeu= fetm ber neunten (Sinfonie 311 nerbanfen tjaben; benn fanb 93eet= Ipöen burd) ba3 Sttebium ber genftertäben nirf)t nrieber sXuf= nafjme in bem ifjm ferjr bequem gelegenen £aufe, fo ftanb e3 feljr im ßroetfet, ob ber unruhige, bie fturgäfte ftörenbe 9J?eifter irgenb anbereroo ©inlaf? unb fomit aud) SERufte ju feinen (Stubien gefunben fyaben roürbe. Unb baz $8erfd)ieben irgenb einer anftrengenben Arbeit auf fernere -läge toar bei irjm eine gefät)rtidt}e <&a§e, befonberö in feinen testen Sebensjaljren. Sßir roerben barüber batb 51t fpredjen ljaben. Vorläufig fet) eine ©teile au§ bem Briefe oon £$riebrttfj 3?od)ti§, de dato Vbabcn ben 9. Suft 1822, angeführt, bie aud) letzteren ^unct berührt. 9iod)Ht3 fjatte bem SOtetfter im auftrage Don |>aertel in Seidig bie Sbee mitgetrjeilt, 311 ®oetf)e'3 gauft eine 9#uft£ gu fdjreibeu, ungefähr in ber 2Seife, roie bie ^um ßgmont. 9fod)litj beridjtet 23eetl)oüen'3 eigene SBorte an §aertel; unter anberen: „. . . . 5d) trage mid) fd)on eine &\t *)er m^ ore* anbern großen SBerfen. SBtel baju ift fdjon auSgerjedt; im ftoöfe nämtid). Siefe mufj id) erft 00m §atfe fjaben: gtoei grofee ©infonien, unb jebe anber§, at§ meine übrigen; unb ein Oratorium. Unb bamit roirb'3 lange bauern; benn, fefjen <2ie, feit einiger $eit bring' id) mid) nietet met)r leidjt gum ©djreiben. 3d) fi£e unb finne unb finne; idj fyab'Z lange, aber eS roül nidjt auf'3 Rapier. @£ grauet mir oor'm Slnfang fo großer Söerfe. 35in id) bann brin, ba geht's roorjt."*) (Srft mit ben legten itjrem SSinteraufentljalte guffiegenben *) „Sür greunbe ber Sonlunft" üon griebrtcf) 9iod)ü&. IV.218) 218) Die außerordentlichen Schilderungen von Friedr. von Rochlitz über Beethoven stehen im IV. Bande „Für Freunde der Tonkunst", -:> -^ — , -v\ S o» f- P • » * :/- Cj "-^ — 385 — guguögeln fam unfer gfleifter bieSmal mieber nact) SBten junid; c§ mar bereite (Snbe Dctober§. @r be§og bie§mat eine SSorjnung in ber llngergaffe (SSorftabt Sanbftrafje), nafye bem ©tabtttjore. SDie neue (Sinfonie mar b\§> auf ben öierten @a| fertig, b. fj. im Äoöfe, bie §auötgebanfen aber feftgetjalten in ben ©fi^en« ^peften. ©egen feine ©eworjnljeit liefe er mandje§ über biefe neue ©djööfung fallen, fo aud), bafj er mit bem öierten @at>e nod) nicrjt einig mit fictj fetber feto, junädjft t)infid)ttid) ber gu mäfoknben ©tropfen am (Scrjiüer'S Dbe „An bie $reube." Sftit aufjerorbenttidjem ^teifte f)iett er fid) an ber Aufarbeitung ber erften ©ätje in Partitur, bie motjl unter alten feinen anbern Partituren al§ Sftufter öon ©auberfeit, ;£>eutlid)feit gelten fann; itict)t minber geidmet fie ficf) au§ burd) eine äufeerft geringe SCngatjt öon Gorrecturen. An bie Aufarbeitung be§ öierten ©a^e§ gekommen, begann ein fetten bemerfter ®ampf. (££ tjanbette fid) um Auffinbung eines gefdjidten 9ftobu§ §u @in= füljrung ber ©tf)iHer'fd)en Dbe. ($ine§ £age§ in'S gimmer tretenb rief er mir entgegen: ,,8d) f)ab't>te. 95 — 386 — äflit biefer Slbänberung ift ber ©ingang $u biefem @a^e ein böHig anberer geworben, at§ urfprünglidj im ^ßlane gelegen. 'Sie befeitigten 931ätter ber Sßartitur geigten e§. ©cfjabe, bafe e3 un§ an @inftd)t gefehlt, felbe auf5ubemaf)ren, fie fönnten je|t fo gute Singe leiften, mie bie üerfdn'ebenen ^Bearbeitungen einzelner Hummern au3 gibelio. Seim aufarbeiten öon (5(at>ier= (Sompofitionen pflegte ber SReifter fiäuftg an'§ Snftrument §u treten, um einzelne ©teilen, oorneljmlid) ^Saffagen (mof)l nur ber ©pietbarfeit megen) gu berfudjen. Sei foldjen Serfudjen ignorierte er ben ober bie 5tnmefenben gang, tiefem Umftanbe üerbanfe id) unter anbern bie Selanntfdjaft mit ben ©onaten Op. 106, 109 unb 110 in allen Reiten, meniger mar tum ber letjten ©onate, Op. 111, §u frören. Sei Aufarbeitung aber Oon Partituren berührte er fein Snftrument, unb, meil er e§ übel oermerfte, SSerfe in ber (Sntftefwng üor feinen Slugen bur^ublättern, fo blieb felbft ben §au3genoffen beren Snfjalt unbefannt, bi§ e§ ju ben groben fam. 2lu§ ben befeitigten Slättern mie aud) au§ ben jufammengenäljeten ^artitur=§eften mar erfidjttid), ba^ t>a$ Sftecitatiü für bie ßontrabäffe aud) erft fpäter t)in5ugelommen ift. £)ie 9Mobie §ur erften ©tropfe betreffenb, fanb fid) in ben ©fi^en eine oiermalige Abänberung, unb barüber fein gemöf)nlid)ea$ Vergnügen, hm 9J?eifter ein geuerwerf Oon fprüt)enben unb praffelnben 9ßtf5= funfen unb Verein fct)reiten werben. Wlit ber ©idjtung oollfommen aufrieben, freute er fidj felber auf biefe Arbeit. Veiben, bem 3)ict)ter wie bem SOfufiloerein§=Vorftanbe würbe üietleidjt gum gwangigfien 9J?ale ba% Verfprectjen erneuert, bafj e§ ifjm mit bem Oratorium ootler (Srnft fet) unb er in ben nädjften üftonaten fidler an bie 2lr6eit getjen wolle.220) Snbefe: Accidit in puncto, quod non speratur — in annis.221) Unoertjofft trat ein (Sreignijj ein, ba§ ben gefaxten ©ntfctjliefjungen Veetf)oüen'3 eine anbere SSenbung gegeben, nadjgerabe warb e§ birecte Veranlaffung, bafj alle bie frönen Vorfälle unb *ßlane ^u neuen, großen @d)ö^fungen einer nadj bem anbern ad calendas 220) Über Bernard und seine Textdichtung „Der Sieg des Kreuzes" sehe man Beethovens denkwürdigen Brief vom Jahre 1824 in B. S. Br. No. 982 (V. Band) an die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ; be- sonders die Erklärungen daselbst. A. d. H. 221) Über die Quelle dieses Zitats läßt sich selbst Büchmann nicht vernehmen. A. d. H. 25* — 388 — graecas üerfdjoben unb anbere arbeiten „einftroeilen" öor= genommen mürben. 93efefyen mir un§ bie 35inge fammt ifyren Urfadjen unb nachgefolgten SSirfungen in ber 9?äf)e. 1£)ie italienifdje Dper unter ßettung 'Somenico 58ar= baja'3, refp. feineö SteüOertreter§ unb Verbünbeten ßoui§ ©uport'S, fjatte am 13. Slprit 1822 mit föoffini'3 neuefter, für SBien getriebener Oper „gehnira" °^e VorfteÖungen be- gonnen. $orau3gefjenb fdjon finb bie S'ünftter genannt, metdje bie Gruppe gebilbet. @s bleibt nur nod) %vl ergänzen, bafe SRoffini perföntid) pgegen gemefen unb feine ©emat)(in (Sot- bran in biefer erften ©aifon bie s$rima £)onna oorgefteüt §at. ©leid)mof)t biefe ben ©rmartungen beS s}3ublicum3 nict)t gan^ entfprod)en, fo maren bocfj bie anbem fämmt(id) fo auf$er= orbenttidjer 9lrt, baf$ eS einem fo leidet erregbaren unb für alleö $rembe eingenommenen Stubitorium, mie ba§ SSieuer, mot)t ju üer^edien mar, ftdj oon ben ©efammtteiftungen biefer Gruppe f)inreifjen 3U taffen. ©in meniger finnUcfj=erregbare§ mürbe 5meifet§o^ne rtadj ber erften Ueberrafdjung 5U einer gemeffeneren Gattung jurücfgetommen feint, fonadj mürbe aud) bas dietjörte gu ernfterer, bem ^origont ber Äunftanfdjauungen ermeiternben Sitbung beigetragen Ijaben. 3n SKien mar bem nirfjt fo, oiet= mefjr fteigerte fid) oon Vorfiellung §u Sßorfteüung ber unge= jügette (SnttmftasmuS, bi£ er in einen entfdjiebenen (Sinnentaumel ausgeartet ift, ber feinen @tad>et (ebigtid) in ber Virtuofität ber ©änger gefunben; SBertf) ober Unmertf) be£ vorgetragenen ^unftmerfeS lamen nid)t in $etrad)t. 3m Monat ^uti fanb ber ©cfjlufe biefer <2aifon mit $offini'3 „Corradino" ftatt. 2)er Referent ber Mg. 9Ruf. ^tg. fcfyitbert bie Vorgänge bei biefer 2Ibfcfjieb§üorfteflung f otgenbermafjen : ff2)a ging e§ benn in bet- rat ooll unb totl genug gu; at§ ob bie ganje $erfamm(ung Oon ber Tarantel geftodjen märe, gtid) bie gan^e SSorftettung einer Vergötterung; baZ Carmen, Rubeln, Sandten, viva= unb fora=23rüüen nafym gar fein @nbe." 35ie bisherige $erma(tung biefe§ ftriferl. IljeaterS, an beren — 389 — <5pi£e Der §ofratrj üon güljob*), ber §of=©ecretair Sgnaä üon Sftofet, unb, als dritter im 9ktf)e, ber (Sapettmeifter Sofepf) SBeigt, geftanben, Ijatte bie 3eit unb ifyre 2lnforbe= rungen, nicfjt minber bie äöünfdje be§ ^ßublicumS burdjauS unbeadjtet getaffen. üftacfjbem teureres fdjon 1816 burd) einige Vorftettungen ausgezeichneter itatifdjer $ünftter, (barunter bie (Sontra^lltiftin «Signora Sorgonbio, ber erfte Xancreb in 3)eutfd)(anb, unb ber ausgezeichnete Xenor £acd)inarbi) SSorgefctjmad üon SRoffini'S Dpernmufif unb italienifdjer ©efangS= Virtuosität ermatten, meiere Vorftellungen fid) um zraei Sarjre fpäter auf berfetben §ofbürjne mieberrjott Ratten; nactjbem ferner unter @raf gerbinanb ^ßalfi'S ^irection im Sweater an ber 2Bien alle big barjin erfctjienenen 9ftoffini'fd)en Dpern üon beut= fcfjen ©ängern mit großem Sßeifaüe aufgeführt unb bie Stenge angezogen rjatten, mar eS üon bem genannten ^riumüirat faft trjöricfjt, fid) fortan nod) gegen Slufnarjme ber SKoffini'fdjen Dpern ju ftemmen, gumat ein feljr adjtungSroertrjer $ünft(erüerein bort gemirft, melcrjem ber auf ber benachbarten $orftabtbüt)ne in jebem 58etrad)te nadjgeftanben. ©djetfucfjt aber unb SgoiSmuS, trjeitS bie eigenen, trjeüS bie üon ber franjöfifdjen SSüfme über* fommenen Dpem, nierjt üerbrängt zu ferjen, maren bie ®rünbe folctjen (SntgegenftemmenS. £)ie leibigen g°*9en seigten fid) mehrere Sarjre rjtnburd) in einem enormen deficit, ganz geeignet, um bie feit langen Safjren ferjon beroiefene ®(eid)gü(tigfeit beS ÄaiferS für feine Dpernbürme nod) zu ert)öt)en. 2)arum maren bereite tauge oor bem ©rfdjeinen Söarbaja'S $)rof)ungen tjörbar, ber $aifer motte baS gu foftfpielige 5Mrntnert()or=£rjeater einem s,ßad)ter übertaffen. SSon einem in fo tjorjem ©rabe funft,äftt)etifdt) üer!ommenen publicum, roie baS SSiener jur 3e^ gercefen, mar faum ein anftänbigereS Sßerrjatten gegen beutfdje Sftufif unb ^Jcuftfer überhaupt ju ermarten, a(S fid) nad) Stb^ug ber itatienifdjen *) 3« 3Sien ntd^t anbevS al§ „^teljub" genannt. — 390 — Gruppe im Suli 1822 ergeben; über bie ganse etd)em bie nun gu öerfianbelnben Dinge einklagen, mußte boraus= gefcfjidt merben, um ben richtigen (Stanbpunct 51t beren Sßer* ftänbnifj 5U geminnen. @£ begreift fidj, bafj unfer erhabener 9fteifter üon biefen 3uf^noen ouf3 ^ärteftc getroffen mürbe. Die Missa solemnis lag feit jmei Sauren ooltenbet ba, unb bie neunte (Sinfonie mar bi§ 51t Anlegung ber legten $eite — 391 — fertig ; ttrie nun eine 9luffü!jrung beiber SföerÜe mit 9fu§fidjt auf fünftferifcrjen raie pecuniären (£rfotg (legerer mit Serücffidjtigung be3 ®oftenpuncte3) gu bemerfftettigen bei Sortjanbenfebn fo att» gemeiner £>epraüation ? ©arum fjatte Seettjoöen ben 95rief= medjfet mit bem ©rafen Srüt)t benu^t unb bei bemfetben an= gefragt, ob er moljl unter feinen Slufpicien eine 5tuffüf)rung biefer beiben SSerfe in Sertin bemirfen fönne unb motte, ©raf 33rüt)( ermutigte ben Sfteifter gur 2Iu§füt)rung biefer Sbee unb üerfpradj guten Gsrfolg. 3)a§ ^unbmerben aber in 5ßien fpornte eine fteine 3a^ gebiegener unb befonnen gebliebener Äünftler unb Äunftfreunbe gu einer Bereinigung an, um bie ber $aifer= ftabt brotjenbe ©tfjtnad) abgumenben. <53 mürbe tion biefer (Süte eine 5lbreffe an ben 9)ceifter rebigirt unb bemfelben burd) eine Deputation au§ tljrer SJZitte überreicht. §ier folgt biefe§ ©djriftftücf mortgetreu:222) „9In ben §errn Submig oan Seetljotieu. w5lu§ bem meiten Greife, ber fidj um Sfyren ®eniu§ in feiner jmeiten Saterftabt in berounbernber 2Seref)rung fctjüe^t, tritt tjeute eine Keine Qafyl üon Äunftjüngern unb ^unftfreun* ben üor ©te t)tn, um tängftgefüljlte SKünfdje au^ufpredien, lange gurücfgetjattenen Sitten ein befdjeiben freiem SSort §u geben. w3)ocf), mie bie Stnjatjt ber SBortfüfyrer nur ein geringe^ 95ert)ä(tni^ au§brücft §ur sJttenge berer, bie S^ren SBertE), unb ma§ ©ie ber ©egenmart unb einer fommenben 3e^ gemorben ftnb, freubig erfennen; fo befdjränfen autf) jene SSünfcfje unb Sitten fttf) feine3meg§ auf bie Qaty ber ©pretfjer für fo Oiete ©teidjgefinnte, unb e§ bürfen biefe tarnen 5ltte, benen Äunft unb SSermirltidjung ifyrer Sbeate metjr ai§> Wxtttl unb ©egen= ftanb be§ 3eitt,ertretöe3 ftnb, behaupten, bajj, ma§ fie roünftfjen, Don Unseligen gemünfd)t, ma§ fie bitten, Oon Sebem, beffen 222) Diese historische Adresse au den Tonmeister liegt im Original in Schindlers Beethoven-Nachlaß. A. d. H. — 392 — Stuft ein ©efüfjt be§ ©öttlicfjen in ber SDcufif belebt, taut unb im ©tiÜen mieberfyott roirb. „Sßoraügticrj finb e§ bie Sßünfdje üaterlänbifdjer ftunft= üerefjrer, bie mir Ijier üortragen, benn 06 audj 23eetrjotien'§ üftame unb feine ©djöpfungen ber gefammten ÜUiittoelt unb jebetn Sanbe angehören, tno ber Shinft ein füt)(enbe£ ©emütf) fid) öffnet, barf Oeftretdt) ifjn bod) §unäc^ft ben ©einigen nennen. 9?ocfj tft in feinen Setoorjnern ber ©inn nicfjt erftor6en für bog, ma§ im ©cfjoofie ifjrer §eimatt) SO^art unb £>at)bn ©rofje§ unb Unfterbücr)e§ für alle ^olgejeit gefdjaffen, unb mit freubigem ©tot^e finb fie fid) behmfet, ba$ bie rjeüige £ria£, in ber jene tarnen unb ber Steige aU ©innbitb be3 §öd)ften im ©eifter* reirf) ber Xöne f trafen, fid) au§ ber ÜDfttte be3 uaterlänbifcrjen 23oben§ erhoben fjat. „Um fo frf)mer3Üct)er aber muffen Sie e§ fügten, bafe in biefe ®önig§burg ber (Sbetften frembe ©ettmlt fid) eingebrängt, ba^ ü6er ben §ügetn ber Serblidjenen unb um bie Sßotjnftätte be§ @in5igen, ber au§ jenem 53unbe un§ nodj erübrigt, @r= fdjeinungen ben SReirjen führen, toetdje fid) feiner Serttxtnbtfcrjaft mit ben fürfttidjen ©eiftern be§ §aufe§ rühmen tonnen; bafj ^lacrjrjcit tarnen unb 3e^en oer Äunft mifjbraucfjt, unb im unmürbigen ©piel mit bem ^eiligen, ber ©inn für SReineS unb einig ©djöneä fid) üerbüftert unb fdmnnbet. „9J?et)r unb tebenbiger al§ je juöor fügten fie batjer, t>a§ gerabe in biefem 2(ugenblid ein neuer Wuffdntmng burd) fräftige §anb, ein neues (Srfdjeinen be3 ^)errfd)er3 auf feinem ©ebiete, ba$ (Sine fet), ma<§ 9^otf) tt)itt. £)iefe§ Sebürfnifj ift e£, roa§ fie tjeute ju Srjnen fütjrt, unb $otgenbe§ finb bie Sitten, bie fie für Sllle, benen biefe SBünfdje treuer finb, unb im üftamen naterlänbifcfjer ®unft an ©ie richten. „©nt^ietjett ©ie bem öffentlichen ©enuffe, entjiefjen ©ie bem bebrängten ©inne für ©rojjeä unb 3Menbete§ nid)t länger bie 5luffüt)rung ber jüngften Sfteiftertoerfe Sfyrer §anb. 3Bir miffen, bafj eine grofje firdjtidje ßompofition fid) an jene erfte — 393 — angefdjloffen fyat, in ber Sie bie (Smpfinbungen einer, üon ber Äraft be§ ©laubenS unb oom Sichte be§ Ueberirbifdjen bnrdj= brungenen unb üerllärten ©eele oerenrigt fjaben. — 2Bir hriffen, i>a$ in bem ^ran^e Sljrer fjerrlidjen nocl) unerreichten ©infonien eine neue 53lume glänzt, ©eit Sauren fct)on, feit bie Bonner be§ @iege§ oon Sßittoria üertjallten, Darren nur unb Ijoffen, ©ie ttneber einmal im Greife ber Sljrigen neue ©aben au§ ber $ülle S^reö 9?eicf)tf)um§ fpenben gu fefyen. 2äufd)en ©ie nidjt länger bie allgemeine (Srmartung! ©rljötjen ©ie ben (Sinbrucf Slirer neueften ©djöpfungen burcf) bie $reube, guerft burcl) ©ie felbft mit S^nen 6efannt 5U merben! ©eben ©ie eö nict)t p, bafj biefe 3f)re jüngften $inber an ifjrem ©eburtäorte einft öietleictjt at3 $rembtinge, uielteicf)t üon foldjen, benen aud) ©ie unb Sfjr ©eift fremb finb, eingeführt merben! (Srfdjeinen ©ie balbigft unter Sfyren $reunben, S^ren Verehrern unb SBemunberern ! — 2)ie§ ift unfere nädjfte unb erfte 53itte. „?lber audj anbere 9Tnfprücf)e an Sfjren ©eniu§ finb laut gemorben. — 25ie 2Bünfct)e unb (Sr&ietungen, bie bor länger al§ einem Satyre oon ber Seitung unferer Hof-Dpernbüfme, bann öon bem Vereine öftreid)ifct)er SJcufiffreunbe an ©ie ge- langten, roaren §u lange ber fülle SSunfcf) alter Sßerefjrer ber ®unft unb 31jre3 üftamenä, erregten ber Hoffnungen unb @r- Wartungen gu tiiete, aU baf; fie nidjt nafje unb ferne bie fdjnetlfte Verbreitung gefunben, nicf)t bie allgemeinfte £f)ei(nal)me ermecft tjätten. — 2)ie ^Soefie fjat ba§ $f)re getrau, fo fcf)öne Hoffnungen unb äßünfdje 5U unterftü^en. (Sin mürbiger ©toff, üon gefetzter 2)id)terf)anb, gemärtiget, bafc $f)re ^3r)antafie if)n in'§ Seben saubere. Waffen ©ie jene innigen 5lufforberungen ju fo eblem 3iele nictjt oerloren fetjn! ©äumen ©ie nicf)t länger, uns bie entfdjrounbeneu Sage äurüd^ufüliren, mo ^lot)^mnien§ ©efang bie ©emeitjten ber ®unft, mie bie Herren ber Sftenge gleidj mädjtig ergriff unb ent^üdte! „©ollen mir $>l)nen fagen, mit mie tiefem ©ebauern S^re 3urüdge£ogenf)eit längft gefüllt roorben? 93ebarf e§ ber 3Ser= 394 ftdjerung, ba$, toie olle Surfe ftdj fjoffenb nad) Sfmen manbten, 2ttte trauernb gemaljrten, haft ber Mann, ben mir in feinem (Gebiete bor Sitten a(3 ben §ödjften unter ben Sebenben nennen muffen, e§ fdjmeigenb anfaf), mie fremblänbiftfie $unft ficf) auf beutfrfjem Soben, auf ben (Styrenftk ber beutfcfyen SERufe lagert, beutfrf)e SSerfe nur im 9eadj£)att frember £iebting§meifen gefallen, unb mo bie £refflitf)ften gelebt unb gemirft, eine gmeite $inbf)ett be§ ©efdjmacfeä bem golbenen 3eita(ter ber Sunft ju folgen brofjet? „©ie allein uermögen ben Semüljungen ber SBeften unter un§ einen entfdjeibenbcn ©ieg gu fiebern. SBon^fjnen ermarten ber uaterlänbifdje Stunftoerein unb bie beutfd)e Oper neue Stützen, Verjüngtes Seben, unb eine neue £eiTftf)aft be§ SBatjren unb ©djönen über bie ©ematt, meiern ber 9)?obegeift be§ Xage§ autf) bie emigen ®efe£e ber ßunft untermerfen mitl. ©eben ©ie un§ Hoffnung, bie Söünfrfje 2111er, ju benen je bie SHänge 3§rer Harmonien gebrungen finb, balbigft erfüllt 51t fefjen! £>ie<5 ift unfere angetegenttidjfte gmeite Sitte. — 9D?öge ba$ 3at)r, ba» mir begonnen, nirfjt enbtgeu, otjne un§ mit btn grürfjten unferer Sitten 5U erfreuen, unb ber fommenbe $rül)ting, menn er ber erfefynten @aben eine ftrf) entfalten fiefjt, für un§ unb bie ge= fammte $unftroelt gur gmiefatfien SötütJjengeit merben." SBien, im gebruar 1824. prft G. Sttfjnomäh).2" 2lrtaria unb Gomp. ö. .£>aufcf>fa. 3R. 3- ßetbe&borf. g. (§. toon SBoöna. 2lnbrea§ (Streiter. Slnton §alm. Slbbe Stabler. öon gelSburg, ©ofi'efr. gerb, ©raf öon Stocf= Jammer. Slnton SMabeOX © e § e i d) n e t : gerb, ©raf ti. Sßalft). ob. grf). O. Sdjroeiger. ©raf Gäermn, Dberft- Sämmerer. 93Jori£ ©raf b. grie§. 3. 5. (Softem. $rof. 5)etnb>rbtfiein. Gr). Suff n er. 3r. 9t- 9Mjamnter, ftänb. Secretär. Steiner non geläburg, 93anf-2tquibator. S)JZ. ©r. ö. ®ietrid)ftetn. 3g. (Sbier öon SHofel, f. f. §ofratl). tarl Gsernt). 90?. ©r. t>. JJtdjnowSfu. ti. gmegfatt. §ofraU) SHefetuetter. 2. Sonnleitner, Dr. Steiner unb Comp. Seberer. 3. 9?. 93tf)Ier. 22*) — 395 — Sftan tjatte erwartet, Seetöoüen werbe oon bem Söortlaute biefer 5tbreffe in ©egenwart ber beiben mitunterjeidjneten $)e* putirten, ^offecretair bon getäburg unb 3. 9?. Siljter, Äenntnift nehmen unb bamit ©etegenfjeit geben, oerfd)iebene anbete ^uncte nod) $u berühren, fo wie if)n gu einer beftimmten ßufage gu öermögcn. @8 warb bafyer gur @int)änbigung ber irector biefeS StjeaterS, (trafen gerbinanb ^atfl), ben mir unter ben Unter* jeicfjnern obiger Slbreffe fel)en. ©raf $ßatft) geigte firf) fofort bereit in bie SBünfdje öeetfyooen'S eingugeljen unb fpradrj aud) ofjne langes 33ebenfen eine gorberung Don ^mölf tjunbert (Bulben Wiener Söäljrung für tlebertaffung beS ganzen §aufeS au§, fämmtlidje Gräfte ber Oper unb beS CrcfjefterS jur £)iS= pofition ftetlenb. Sciemanb meljr als 33eett)oöen felber mar öon fotcr/ mäßiger gorberung ü6errafdjt, benn er marb §err beS £mufeS, fonnte bie (SintrtttSpreife mäßig erf)öf)en, unb eine $8rutto=@innaf)me öon minbeftenS 3500 ©utben erliefen. SS ftanb fomit 31t ermarten, bafj baS Unternehmen otjne meitere ertjeblidje Umftänbe nocf) bei günftiger ^arjre^§eit jur 21uS= füf)rung gebracht roerben mürbe, bieS um fo getoiffer, als ©eetljoben nur bie Sßenutmng ber Cpernfräfte unb beS DrcfjefterS §u fo Dielen groben, als er nötljig erachten roerbe, geforbert Ijatte. £>afj er aud) in biefer für feine Sntereffen fiel) fo günftig ftellenben 9tngetegent)eit mit unerwarteten ^üntergebanfen fjer= oortreten merbe, moburdj mef)r als ein (Stein in'S S3rett ge= morfen unb baS Spiel gänglid) geftört merben mürbe, mar nidjt oorauS §u fetjen, obgleid) fcfjon bagemefen. 2ftan r)öre. 25eeu)oöen — 397 — Verlangte nichts toeniger af§ ba£ gurüdtreten ber beiben an biefem Sweater functionirenben SDZufitbirigenten, 3g nag üon ©etjfrieb unb 3ranS Clement, beren ©teile ber (Eapeümeifter Umlauf aus bem |>of=D})erntIjeater unb Sgna§ ©ctjUppanaigt) einnehmen foHten. ©raf ^atfo mar nid)t abgeneigt feinen (SapeÜmeifter jurücftreten gu taffen, beffen gefoannteä $erf)ä(t= nifj gu 23eetf)ooen er gefannt, teineirector, beffen fünftlerifdje 93ebeutung mir bereits in ber jmeiten ^ßeriobe rennen gelernt unb bort auctj erfahren tjaben, meldje 2)ienfte er unferm 9tfeifter fomorjt a(3 ©olift mie aud) in Segug auf Vereinte Seitung feiner SBerfe, (5. 93. $ßaftorat= unb C moll= Drdjefter^ü^rer öor= aufteilen, um bie in 1?lu§fid)t ftetjenbe $acatur ber ifd)enfalte3 feitenS ber Umgebung 23eetf)Oüen; Xerrain im ®ärntneru)or=£l)eater fonbirt, 06 ba§> Verfangen 33eeu)oben'§ t)infict)tlicf) ©djuppanaigtj'S bort mof)l auf .frinberniffe ftofcen mürbe. SSiber Vermuten fanb e§ feinerfei SBebenfen, bemnaelj nur bie materiellen *ßuncte jur Vereinbarung §u gelangen brauchten. 9H3 nun alle§ (SrnfteS bie Unterfjanblung bort angefnüpft merben mufcte, fteüten fiel) bie $orberungen ber SIbminiftration auf ben erften 33ticf als eigennützig unb bon ber Sage 23eetf)oben'§ profitiren mollenb bar. tiefer erfannte balb btö Dilemma, in meldje§ er buref) eigene ©ctjulb geratf)en, allein e§ mar in bem großen SBien feine britte Pforte §um 2lnf(opfen meljr borfyanben. £)emnact) in nid^t geringe S3eängftigung berfetjt med)fe(te er metyr al§ gemöljnlicf) 2öünfef)e unb ^orberungen in allen £)etai{*$ßuncten be§ 5lrrange= ment3; geftern 3. 23. tjatte er bie üftief)tauff)ebung be3 9lbonnemeut3 ber Sogen unb (Sperrte jugeftanben, f)eute aber miberrufen, — geftern mar if)m ber 23aritonift $orti (ber atiein bie S3afe=^Sartie im 4. ©a|e ber «Sinfonie fo 3U fingen im ©tanbe gemefen, mie fie getrieben ftef)t,) ber recfjte 9ftann, f)eute aber münfdjte er ben tiefen Saft ^Sreifinger für biefe Partie, beffen ©timmtage ba§> eingetriebene d nidjt überfliegen, bem alfo e unb fis gur Söfung feiner Aufgabe gefehlt, u. f. f. 2lnbererfeit3 fjatte ber 9lbminiftrator auct) feine ©rillen, bie fiel) aufjer bem SDfateriellen 5unäd)ft auf bie möglidjft geringe 5tn§at)I oon Vorproben besagen. 3J?an benfe fiel) einen S^eater^fjor, ber feit gmei Sauren au§~ fdjtiejjlict) nur SRofftni'fefje Dpern=9ftufif gefungen, gegenüber ber enormen @ct)mierigfeiten in ber Missa solemnis, — unb fofcfje Slufgabe genügenb gu löfen, glaubte ber ehemalige berühmte Sänger 2)uport, feben 5 — 6 Vorübungen au3reicl)enb. Vegüg* — 399 — lid) auf bie £)rd)efters*)3roben Ijatte er oon üornfjer nur ^mei in 2lu§fidjt gefteüt, babei e§ t^atfäd)(id^ fein Verbleiben gehabt Um unfern fcfjnjanfenben Sfteifter bei feiner 2BiÜen§meinung feftjufjalten, mufjte eine Heine Sntrigue jum Qtved üerljelfen. 3d) erfuctjte nämtid) ben ©rafen Sicfjnorogfy unb (Sdjuppanäigf), ftdj mit mir in einer unb berfetben ©tunbe bei Veetfjoüen, fdjeinbar sufällig, einfinben gu mollen, bamit er feine 5lbftd)t merfe. Sei biefer ©elegenfyeit foHte ber 9#eifter oerantafjt foerben, ftcf» über bie fraglichen Sßuncte entf Rieben au3äufprecrjert; biefeS foflte üon einem au§ unferm Greife fogteid) nieberge- fdjrieben unb ber SReifter bann tjalb im ©djerg, tja(6 im Srnft angehalten merben, ba$ Statt §u unterzeichnen. S)er Sßlan gelang nadj SBunfd); ma§ erfolgte aber atSbalb? 2Iu3 bem Vorgang unfere 5lbfid)t erratfjenb, unb barau§ ttrie gemöljntid) nur galfcfjfjeit unb Verratlj mitternb, ertiefj ber SKeifter nod) am felben Sage nad)ftet)enbe fuftanifdje §atti'@d)erife an un§: „Sin ben ©rafen 9ttorifc 2id)nom!%225) $alfd)f)eiten ueracfjte id). Vefudjen @ie micf) nidjt mef)r. Stfabemie t)at nict)t (Statt. Veetbooen." „2ln §errn ©crjuppanäigf). Vefudje er midj nictjt metjr. Set) gebe feine Slfabcmic. Veetfjoüen." „5tn §errn «Sdjinbler. Vefudjen ©ie mid) nidjt mefjr, bis id) Sie rufen taffe- $etne 5lfabemie. ca u ^ „ Veetfjotoen." 3)ie feibene Schnur fjatte jebod) ber ergrimmte SD?etfter oergeffen mitäuferjiden, mithin gefetjat) un§ roeiter nid)t§ §u Seibe; mir entzogen it)m nur am fotgenben S£ag \>a$ Vergnügen, 225) Diese geharnischten Billetts an die genannten Adressaten, die übrigens nicht abgesandt wurden, sind nach den Original- manuskripten im Beethoven-Nachlaß Schindlers in B. S. Br. abgedruckt, als No. 988, 989 und 990 (V. Band). A. d. H. — 400 — feinen ©rimm an einem oon uns auälaffen ju tonnen, nnb bamit fjatte er $e\t UDer feinen öoreitigen 55erbncr)t Don ^alf^= Ijeit nnb SSerratf) nad^itbenfen. 3)er Monat 9Iprit a&er, in meiern bie llnterfjanblung mit 3)uport ftattgefunben, liebte eä bamate in fettener SSeife übler Saune ju feton, ma§ Sßunber, ba^ beren Sinroirfung ftd) aud) bei unferen Kontrahenten funb= gegeben? SBäre and) ein notarieller 2(ct aufgenommen morben, fo f)ätte man fid) beiberfeit§ bennod) Hbroeidjungen erlaubt, tpetl ba$ gegenfeitige 3Jtif$trauen bereite einen ju Ijofyen ©rab erreicht fyatte. (Snblid) ersten nod) bie ^inberniffe feiten^ ber ßenfur megen be§ Xitelö „Missa" nnb be§ lateinifdjen ^ejte§ bie $er= mirrung um ein anfetjnlict)e§. ®enn biefe ©teile, in befannter ©ngtjer^igfeit unb 9xüdfid)tnat)me auf bie nod) engherzigeren 9tnfid)ten ber geiftlidjen 53et)örbe, im abfingen bee ftirdjenteyteä auf bem Sweater eine Sßrofanirung finben raollenb, legte otme meiterö Verbot auf bie 5(uffüt)rung ber Missa.*) 9cur ein fdjteuniger 9?ecur§ in ber legten ©tunbe an ben $ßoÜ5ei= ^jSräfibenten ©rafen ©ebtni§ft), roetdje 51ngelegent)eit ©raf Sidjnom^ft) in bie £anb genommen, ermögtidjte bie 5iuffüt)rung be§ SBcrleS. ?lm befielt roirb biefe Situation mit nadjftefjenber ©teile au§ einer guftfpft oeg SHetfterS an midj gefenn^eic^net: „3$ bin nad) bem fed)3U)öd)entlid)en §in= unb £erreben fd)on gefönt, gefotten unb gebraten. 2öas foll enbtid) merbeu au§ bem Oiet= befprodjenen (Soncert, rcenn bie greife nidjt erf)öf)t roerben? 2öa3 foll mir bleiben nad) fo Oiel Unfoften, ba bie ßopiatur allein fd»on fo oiel foftet?" u. f. m.22eti gatfeä im %at)t 1808 fjaben toit üernommen, bajj bamal§ ber SSortrog Don Sirc&enmufif mit lateinifdjera Xeyte im Xbeater nid)t beanfianbet mar, nur roaren bie lateinifdjen S8e* nennungen auf bem 9lnfdjlagjettet »erboten. 226) Auch dieses Brieffragment an Schindler steht in B. S. Br. No. 991 (V. Band). A. d. H. — 401 — toenigftenS feine gehabten Auslagen lieber erftattet fefyen, fo muftte er ftd) nott)gebrungen ben gorberungen Duport'3 fügen, metdje folgenbermafeen präcifirt maren: „Da§ ßoncert finbet bei ben getr-öfjnlidien greifen im Abonnement ftatt, unb bie Abminiftration erhält uon Seetfyooen für Ab* iaffung be§ Xfyeaterä fammt ©fyor unb Drdjefter bie Summe öon (Sin taufenb ©utben Söiener Söäijrung." Damit mar ba$ Urzeit über ben (Srfolg beä Unternehmend in materieller £>infid)t im OorauS gefprodjen. Der 7. Wlai mar ber £ag ber Aufführung. — @in öor= liegenber Anfdjlag-^ettet befagt: „©rofee muficatifdje Afabemie oon §errn Subtuig öan 93eetf)Oüen." „Die babei Oorfommenben 9Jiufifftüde ftnb bie neueften 3Ber!e be§ §errn Subroig Dan 23eetf)ooen." „(Srftend. ©rofee Dutierture." (@8 mar bie „$ur Söei^e be§ §aufe§" üom Safjre 1822, Op. 124.) „ßmeitenö. Drei grofje §timnen, mit Soto= unb (£t)or= Stimmen." (Kyrie, Credo, Agnus Dei unb Dona au3 ber Missa solemnis. 3n S3eriidfid)tigung ber ßeitbauer beS ©angen fjatte S5eetl)ooen öon oornJjer bciZ Gloria aufgegeben; bei näherem Setradjte mufcte er au§ bemfelben ©runbe mit großem ^ßebauern nod) Sanctus unb Benedictus befeitigen, baoon bereite bie Sßorproben ftattgefunben.) „Drittens, ©rofce Sinfonie, mit im finale eintretenben So(o= unb ßfjor=Stimmen, auf SdjiHer'ä Sieb, an bie greube." „Die Solostimmen merben bie Dlte3. So n tag unb Unger, unb bie Ferren §aiginger unb Seipett öortragen. §err Sd)uppan§igt) tjat bie Direction be§ Drd)efter§, §err (Sapeflmeifter Umlauf bie Seitung be§ ©angen, unb ber 2Jfufi£= herein bie ^erftärhtng beS (Stjorä unb DrdjefterS aus ©efättigfeit übernommen." „§err Subroig oan Seetfjooen felbft mirb an ber Seitung be£ ©an^en Anttjeit nehmen." (@r ftanb bem Seiter be3 ©an^en 9t SdjinblevS 83eciijoueit-.S8tograpf)te. 26 — 402 — gttl regten (Seite unb firirte bie SSetuegung bei Beginn jebev Sa§e3.) w£)ie (Sintritt§preife ftnb tote gemörjnlicfj.'' 2)a§ §au§ geigte fid) in allen Räumen überfüllt, nur eine üoge blieb unbefetit: bie faifertidje, obgleich ber SDtofter in meiner Begleitung perfönlid) bie ©intabung bei allen anroefenben ©liebern ber $aiferfamitie gemacfjt unb einige üerfprod)en rjatten 31t fommen. Äatfer unb S'aijerin waren nicfjt in ber Siefiben^ anmefenb; ber (Sr^ergog 9?ubolpt) §ur Qtit nod) in Dlmüt3. ®ie Bruttoeinnahme betrug 2220 ©ulben Sßiener SSäfyrung. 2)aöon !amen in Stbjug: 1000 ©ulben an bie ^bminiftration unb 800 ©ulben für bie (Sopiatur, — öerblieb für Beetrjooen bie Summe oon 420 ©utben, bauon jebod) noct) oerfdjiebene flehte Soften gu beftreiten maren. £>iefe£ 9xefultat fonnte unter ben befannten Borbebingungen 9Jiemanben überrafdjen, a(3 ben fc£)(erf)ten 9iecf)enmeifter S3eetr)ot>en allein. 2)ie (5in= mirfung auf ifjn mar im Moment be§ Bernefjmenä eine nieber= fcfjlagenbe. 2)er in SBien nod) lebeube Staatsbeamte, Sofepb, ^üttenbrenner, mar mir beim 9?ad)f)aufebringen be3 er- fcfjüpften 9Jtofter3 befyütflid). 3d) überreichte ifjm ben (Soffen* Rapport. Bei beffen 3(nblid brad) er in fid) gufammen. SBir rafften if)n auf unb legten irjn auf ba$ Sopfja. Bi3 fpät in bie Dlacfjt fjinein Oerroeilten mir an feiner Seite; fein Verlangen naefj Speife ober anbereö, fein lautet SSort mar meb,r tjürbar. ©nblicfj, nadjbem mir merften, batf 90corpt)eu§ irjm fanft bie Slugen jugebrüdt, fjaben mir un§ entfernt, Scrjlaf enb nod) in ber Soncert^oitette fanben it)n am anbern 9Jcorgen auf ber* felben Stelle feine 3)ienftleute. 2öa§ ben fünftlerifdjen örfolg biefeS benfmürbigen Slbenb* betrifft, fo fonnte er morjl mit jebem bi§ barjin in biefen alt- erjrmürbigen 9\äumen erlebten einen Bergleid) aushalten. Seiber, ba^ ber allöereljrte SOJann, bem er gegolten, nid)t§ baöon gehört t)atte. ©r jeigte bte3, inbem er bei beffen 51u3brud) am Scfjluffe ber ?luffüf)rung ber begeifterten Bcrjammtung ben Sauden jju* — 403 — fetjrte. 2)a fjatte (5a roiine Unger ben guten ©ebanfen, beri Htteifter nad) bem ^ßrofcenium umguroenben unb it)n auf bie VeifaöSrufe be§ §üte unb £üdjer fdjmenfenben 9lubitorium§ aufmerffam gu madjen. ^urdj eine Verbeugung gab er feinen $)anf gu erteunen. £>ieon feineren hinten unb nuancirtem Vortrag eigentlich) bie SRebe fetin tonnte. Unb bennod) mar ber (Sinbrud unbefdjreibtict) grofj unb f)err(id), ber Subetruf enttjufiaftifd), roeldjer bem erhabenen SOtfeifter au§ boller Vruft gegollt mürbe, beffen imerfct)öpfHcr)eö @enie un§ eine neue 2ße(t erfdjtofc, nie ge= tjörte, nie gealjnbete SBunbergefjeimniffe ber tjeüigeu ^unft entfdjteierte! " — |)ören mir biefe SBiener Stimme nod) fpegiell über ben $inal=iefe tautet: „(Sinem nieberfdjmetternben 2)onner- ftreict) üerg(eid)bar fünbet fid) ba$ $inate (D moll) mit ber grell burd)fd)neibenben fteinen ÜRone über ben S)ominant=3lccorb an; *ßotpourri=arttg raerben in rurgen Sßerioben alle biäfjer *) @§ fanben, tote fdjon fcemertt, nur ätnei ©efammtproben fiatt — roeit baS Drdjefter eine SSaflet^ufi! einzuüben I)atte. 26* — 404 — gehörten ^muöttfjemata, tote au<§ einem ©piegel reftectirt, un£ nod) einmal in bunter ^Reihenfolge üorgefüfjrt; ba brummen bie (Sontrebäffe ein SRecitatio, baS gleidjnifstoeife toie bie $rage flingt: „SSa3 foll nun gefeiten?" unb beantworten fid) fetbft mit einem leife toogenben 9J?oiio in ber $)ur=S£onart, toorauä burcf) ben aflmäligen Seitritt fämmtlidjer Snftrumente in hmnberljerrlidjen Söinbungen, ot)ne SRoffini'fdje Srillenbäffe227) unb ^er^engänge, in gemeffenen SIbftufungen ein allgetoaltigeä Crescendo fid) enttoidelt; at3 aber enblid), nadj einer 5luf= forberung be3 eit! ber göttlichen £on= fünft! £ob! SßretS unb 2)anf beinern mürbigften tjotjeu ^riefter! — Referent fitjt nun abgefüllt am <2d)reiboutte, bod) unoer* gefettd) mirb if)m btefer Moment bleiben; $unft unb 2Bat)rr)eit feiern tjter iljren glänjenbften Xriumpt), unb mit $ug unb 3?ed)t fönnte man fagen: non plus ultra! — 2öem möchte es> toorjl gelingen, biefe unnennbare (Stelle nod) §u überbieten? $)al)er liegt e3 im 23ereid) be§ Unmöglichen, baf$ bie übrigen ©tropfen be§ ©ebid)te3 tfjeitS für ©olo= tfyeilS für £l)or= Partien in abmedjfelnbem 3e^mafeef ^on= un& ^actarten ge= fetjt, fo auSgeäeidmet aud) bie einzelnen Streife bebjanbeft unb, eine äfjnlid)e SÖirhtng Ijerüorgubringen fäf)ig feun follten; ja, bie glütjenbften $erel)rer unb feurigften 23emunberer be§ Xonfe§erö finb feft überzeugt, ba$ biefeS toaljr* tjaft einzige finale in einer concentrirteren ©eftalt nod) ungleich metjr imponiren müfjte, unb ber ©om= 227) Brillenbässe (occhiali) ist der Spottname der ganzen und halben Noten, ferner der gebrochenen, in der Notenschrift brillen- ähnliche Figuren bildenden Trommelbässe -J- die von den modernen italienischen Komponisten ä la Rossini häufig angewendet werden. A. d. H. — 405 — ponift fel6ft biefe 5tnfid)t treuen mürbe, menn bo§ graufame ©efd)id iljm nidjt ba§ SSermögen, feine eigenen @d)öpfungen gu Ijören, geraubt tjätte." — SDiefer gläu^enbe @rfo(g, unb mofyt aud) baö (autgemorbene Verlangen im publicum, bemog ben geminnfücfytigen 2tbmini= ftrator, unferm 9D?eifter eine 2öieber£)oIung ber Xonfeier t)or= §ufct)tagert, mit SInerbtetuitg einer (Garantie öon 500 ©ulben 6on. Wl. = 1200 ©utben SBiener 2Sä£)rung. ®r münzte ben SöegfaH aüer Sljeile auö ber Missa, (Srfatj bafür bnrdj anbere ©efang'-ßompofittonen t>on 23eetf)oöen unb ^nngufügnng nodj ^meier @ofo= Vorträge frember ©ompofitionen burdj italienifdje ©änger. ©ämmtlidje Soften füllten au§ ber 2lb= miniftration§=ßaffe beftritten, ba3 ©uperplu§ ber ©innafjme hingegen in biefelbe gurücffliejsen. SBeettjooen fträubte ftcf) gegen eine 2Bieberf)otung, auf ©runb be3 fo geringen @rtrage<§ be§ erften 2lbenb§. ©nbtid) fangen i£)n bie Umftänbe pr 5ln= natjme be§ SBorfdjfageS, barin nur einiges abgeänbert mürbe. ?tm 23. 9J?ai um bie 9DZittag§ftunbe fanb bie SBieberfyotung im großen 9M>outen = feit 1814 nid)t miebergetjörte Xerjett „Empi, tremate", gefungen üon ©langfternen ber italienifcfyen Oper, ber $rau Siarbanetü unb ben Sängern ©onjetti unb ©oticeüi, unb bie neunte (Sinfonie, mit Sefetjung ber @oto=©timmen mie bei ber erften ^luffü^rung. Henriette tx SttofeftaB su geregter unb Billiger 93eifaÜ?fjjenbe war üerforen. SeetfjoDen pflegte barum bie bortigen Sunftfreunbe gemeinhin Äunftfeinbe ju nennen. — — 407 — anbereg bon djarat'teriftifdjer 23ebeutung pr Sßeruottftänbigung be§ 33itbe§ öon unferm rurjmgefrönten 9D?arfcf)alt auf bem $etbe ber Sonfunft bienen roirb. (Sin Sßorfatt mit (Sari Sern arb mag bie 9^etJ)e beginnen, batirt berfelbe bocf) au3 ben Sagen üor ber erften ?lfabemie. Sic Slbfaffung ber Slngeige für bie öffentlichen 93(ätter fyattt 33eett)ouen biefem greunbe übertragen, ber gur Qät ^i*5 arbeiter an ber gefegten nnb fange Safyre beftanbenen „Wiener 3eitfdjrift" mar. Sernarb mar ber Meinung, bafj bei @r= mangelung oon Drben unb Sitein, fogar be§ @rabu§ eine§ S)octor3 ber $ßt)ilofopt)ie, ober menigftenS ber potitifdjen 2öiffen= frfjaften, bie bem Xonbitfjter §u Streit gemorbenen 2tu§5eid)nungen in biefer Hngeigc angeführt merben foüen. @§ ftanb bemnad) §u lefen: „Submig öan 23eetrjooen, (Stjrenmitgtieb ber fönigt. Slfabemie ber fünfte unb SBiffenfcfjaften gu (Stocftjolm unb 5Imfterbam, aud) (£t)rcnbürger ber t t QaupU unb 9?eftbenäftabt 3Bien, mirb" u. f. m. Äaum tjatte ber 9Jieifter bieg gelefen, at§ fofort ein £)atti=Sct)erif in fultanifd)en taftau§brüden an S3ernarb ertaffen mürbe. £>erfetbe marb ermahnt, „fotd)' einfältiges, irjn läd;erttct) madjenbeä Spielzeug" in<§ künftige bei «Seite §u taffen; bamit bergleicrjen nidjt gar in bie 9Infd)fag$ettet gefegt merbe, mufjte it)m ein fotctjer üor ber S)rud(egung §ur Gsinfictjt ge= bracht merben. (£in anberer ctjarafterifirenber Beitrag betrifft bie $or= gänge beim ©inüben ber Soto=ttmme unbequemen Quoten mot)t in bequemer tiegenbe merben umgefe|t merben tonnen. ®ie ^orproben mürben in SBeetrjoüen'ö ©erjaufung abgehalten unb biefer führte bie «Stimmen am — 408 — $lügel. 2)er SBunfd) ber Henriette ©ontag: für'S (Srfte mit iljrem getoofjnten Mezza voce fingen gu bürfen, roarb gu= geftanben, gteic^tüoijf bieg fjinbernb für bie Slltiftin unb an= ftrengenb für baZ fd)mad)e Dt)r 53eetl)ODen'3 geroefen. 9113 e3 aber nadjgerabe mit ber ©arfje ernfter unb ernfter genommen roorben unb ber SMfter bie öolle Q3ruftftimme gu fjören öer- langte, al§ ba§> Christe im Kyrie ber Missa in feinem breiten 9if)t)tf)mu§ mit Sßfunbnoten intonirt merben follte, ba erlahmten beibe „fd)öne §ejen" unb begannen mit bem ernften äfteifter gunäcfjft um ba<3 £empo tiefet ©atje§ gu unterfjanbetn, eS be= megter münfcßenb. 2lbgefd)(agen, mie begreiflich, unb gmar in ^eiterfter Saune. — 2113 e§ mit bem ©infonie-©at$ Srnft ge= roorben unb ber äfteifter in gar feine ber gebetenen Slbänberungen roilligen rootlte, ba trübte firf) ber §origont unb Caroline llnger fjatte ben 9ftutrj, ben obftinaten SOteifter gevabe^u einen abrannen aller ©ingorgane gu nennen. Söeetrjoüen erroiberte lädjelnb, fie ferjen beibe burd) bie italienifdje Wu\it oerroörjnt, barum itjnen foldje fdjroer falle. „?lber biefe §örje fjier" replicirte bie ©ontag, auf bie ©teile: „Äüffe gab fie un§ unb Sieben" geigenb, „läftt fie ftd) nid)t abänbern?" — „„Unb biefe ©teile"", bie Unger nad)folgenb, „„liegt für bie meiften 5llt=©timmen gu rjocfj; läftt fie fid) ntctjt abänbern?"" — 9?ein! unb immer üftein! — ,,©o quälen mir un§ benn in ©otteS tarnen weiter", enbigte bie ©untag. ©leidje klagen mürben laut au§ ben groben mit ben (£fjor=©ängern be§ SrjeaterS. ©er ©l)or=£>irector bat um einige (Srleicrjterungen, bornefjmtid) für ben ©opran. 9lbgefd)(agen. (Snblid) befdjränfte er feine Sitten nur auf SIbänberung ber Dier b m ber groeigeftridjenen Cctabe, mit roeldjen ber ©oüran ba§> gugen^otiö im Credo gu intoniren f)at (fiel) ^artttur, ©eite 167) als ©runb angebenb, bafs feine feiner ©ängerinnen ba$ fjofje b gur ©iSüofition rjabe. (SapeUmeifter Umlauf interöenirte gleichfalls. 5lüe§ jebod) öergebticfj, ber SDceifter roiüigte in feine Slbänberung. — ®ie S0^ biefer ©törrigfeit 409 mar, bafj ©0(0= unb (Sf)or=@änger fid) felbft @rleicf)ternngen gemacht, bafj befonber§ ledere ööüig gefdjttnegen, trenn bie öor= getriebene Ij)of)e Tonlage nid)t gu erreidjen mar; fjörte bodj ber in bitten ber Waffen ftefyenbe ßomponift nid)t§ üon allem. Sftiemanb fonnte fid) fotdjen SSefenS bei it)m aus früherer geit erinnern. Sgnag tion ©etjfrieb fagt in ben ßfjaracterjügen unb 5tnecboten in „33eetf)otien'3 ©tubien" bie»fafl£: „Unfer S3eet= fjoöen gehörte fdjtedjterbingd nidjtgu ben eigenfinnigen (Somponiften, beut fein Drdjefter etmaö gu £>anf machen fann" u. f. m. 333ie öertjalten fid) aber bagegen bie (Srtebniffe tiom Satyre 1824, nod) bagu mit ©ingfiimmen? Sßenn jebotf) ein ßomponift gegen fein beffereö SSiffen nnb Sßerftefjen bie menfdjüdje ©timme roie ein Snftrnment betjanbett, bann fann er folgerecht ntcr)t^ flügere§ tfjun, als foldje 2öiHfür ftörrifd) tierttjeibigen. ütfur eine einzige unb gtoar bem Safftften ^Sreifinger gemadjte 3tb= änberung im 9?ecitatit> be3 4. ©atjeg ift Xfjatfadje unb fann gu üftutj unb frommen aller tiefen Söffe, bie mit biefem SRecitatiü in ßoEifion fommen, f)ier öergeidjnet roerben. Sn ber Partitur fjeifet e§ (Seite 112: unb freu ad lib. girimr^^E^EE?_EE9 ben= öol=le = re. S)ie gemalte @rleid)terung ift nadjftetjenbe: "1*^ jg £: Ö ben= üol * te » re. — 410 — 2>iefe 5lbänbcrung mar jebotf) nidjt genügenb, genannten Sänger öor (Erlahmung feines DrganS gu fd)ütjen. %ladi fort- gefe|ten groben erfolgte biefe toirflid), unb ber ftarf näfetnbe SSafftft ©eipett üom ^fjeater an ber 2öien mar fo gefällig mit einer einigen Sßrobe bie 2lu3füf)rung ber BafcSotoftimme $u übernehmen. Unb nun bie Missa solemnis BetreffenbeS. ?H§ borcm§get)enb ba§ ©efd)id)tlid)e öon ber (Sntftef)ung biefeS cotoffalen SßerfeS befprodjen morben, marb (8. 322 ff.) bemerft, bafe ber 2Iutoi all feinen 9teid)tt)um an Äunftmiffen^ fdjafi barin ju oollfter ©eltung gebracht, roie eS itjm aber bennod) nur ein öertjältnifjmäBig geringes Honorar eingetragen fjabe. Sie ßiffer ra^r0 netter unten angegeben werben. Slber audj ber Ä'unftroett t)at biefeS 2öerf bt§t)er nod) feinen ent^ fpredjenben ©eminn gebradjt; über aüe§ bie§ bleibt nod) 51t beflagen, bafj eS gu meit auSeinanbergeljenben Beurteilungen 9Mafj gegeben. Siefe beiben letzteren ^uncte ftnb einer näheren Betrachtung mertfj, bafür t)ier ber geeignete Ort gu fetyn fdjeint. 2öitl man unbefangen über ha§> Sßerf urttjeiten, fo lüirb gugeftanben merben muffen, bafj Beetfyooen in 9ttd)tbead)tung ürdjltctjer ^rincipien nod) weiter gegangen a(3 ©t)erubini Iur§ borfyer in feiner feiten ÜReffc in D, mefdje in §infid)t auf 3eitbauer baö 2Serf be3 beutfd)en 80?eifter3 um ein bebeutenbeS nod) überfd)reitet. Sine ftrenge Prüfung wirb um fo unöer* fäng(ict)er fetjn, aU Beettjoüen fetber in bem ©atje feinet Briefe^ an fetter: „UebrigenS tommt ot)net)in ein ©tüd gang a capella bei biefem 2Berfe öor, unb mödjte gerabe biefen ^fgl borgugömeife ben wahren £irdjen = @tt)l nennen", — (©. 344) ba§> §aupt^riterium jur £anb gibt. Bornetjmtirf) bürfen in ber Missa bie <2ät}e Agnus unb Dona ber ©egenftanb faum 5U fdjlidjtenben (Streitet uerbteiben, med burd) fetbft au<§= gefprod)ene Intention be3 SlutorS bargelegt ift, bajj er ftdj hierbei auf einen ©tanbpunct geftettt, wofjin fein frommes ©emüttj fo leicht ju folgen üermag. Sie beim Beginn beS — 411 — Dona gegebene Stnbeutung: „Öitte um inneren unb äußeren ^rieben" tjätte hm (Somüoniften fetne^roegS öerteiten f ollen, biefen Streit bem Sereid) ber ®ird)enmufii; ganz ju ent^ie^en, inbem er ilm mit Srompeten^cmfaren, SKecitatiüen, obenbrein nod) mit einem antjangenben auf bie fjöd)fte Spi|e getrieben, üielmerjr ganj umgeflogen, mofür bie t'unftreicfje Slrbeit nid)t ^u entfd)äbigen oermag. (Sben fo menig üermag be§ 2lutor§ SBeifung üerföfjnenb gu ftimmen, ber sufofge ba§> SBert aud) üU Oratorium gebraust merben lönne, benn aud) im Soncert= ©aal mirb ein gebitbeter §örerf'reiö an richtiger Sluffaffung unb SBerjanbtung be§ ®ird)ente£te§ fe[tt)atten mollen. £)eä 2lutor3 SBorte in feiner Subfcription§=(£inlabung, roetdje biefe§ Söerl fein gelungenfteä, oollenbetfteä nennen, bürfen un3 bei beffen 25eurtf)eitung nid)t beirren, üietmerjr barf man barin einen offenen 2öiberfprnd) mit fetner Sefbfttrittt' erfennen, bie er in bem eben citirten ©a£e an Qdtcx UDer f«n 3Ber! augfpridjt. Um biefen bei jebeSmaligcr 2luffüt)rung ber Missa neu ertoedten 'Streit ju befeitigen, märe rattjfam, nad) Sinologie bei bramatifdjen SBerf'en ber größten (Somponiften, felbft bei ^aenbel'3 Oratorien, bie mit ©runb anftöfjige bramatifdje ©pifobe au§ bem Dona 51t ftreidjen unb fomit bem ©an^en $u nützen. $ällt e3 aud) nidjt teicfjt in biefem breiten, unb bennod) gettjeüten Strome eine paffenbe gufjrt zum liebergang anfäufinben, fo täfjt fiel) bie3 mit aufgeben einiger fdjönen 'Stellen bod) beroerlfteÜigen: menn man nad) bem 2ten Stade auf ^5ag. 252 ber Partitur $u bem erften Stact auf $ßag. 289 übergebt, mo ber ootle ßf)or unb bau Drdjeftcr im fjerrfdjenben D dar eintreten unb ber Sa£ «$u (Snbe geführt mirb. $ür bie eretuftoen S3eett)oüenianer ift biefer 9tatf) nict)t gegeben, meil fie nid)t öon bem Srrtrjum be§ großen ßomponiften, atfo aud) nid)t öon ber 9?ott)roenbtgtot ifjn ju befeitigen, 31t überzeugen finb. — 412 — 2ßie e§ um bie Seurtrjeitung gerabe biefeö <3at$e3 nacf) mehrmaligem Stnrjören 1824 bei allen llrtt)eit§fät)tgen in 28ien ftanb, fjat ber 23erid)terftatter ber Mg. 9J?uf. 3*9- getreuüdj au3gefprod)en: @r fagt: „S)er (Srjarafter be§ Agnus Dei (H moll) ift 6ange ©djbermutfj unb tiefe Trauer; bie frembariige 5ln= roenbung ber mer SBalbtjörner bringt r)ier eine gang eigentrjümüd)e Sßirfung fjeruor. Sftit bem Dona fällt ein gemütt)üd)e§ Allegretto, D dur 6/8, ein, roe(d)e3 mit fd)önen üftacfjarjmungen fortgefoonnen mirb, bi§ plöttfid) ber <2at3 fid) nad) B dur roenbet, bie ^au!e, gleid) einem fernen Bonner, auf ber Dominante §u roirbeln anfängt, ber 3o(o=2Ut, ofyne binbenben 9t£)tjtt)mu3, recitatioartig uod)mats>: Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, intonirt, roe(d)en 5tu<§ruf bie trompeten mit einer leifen antrabe in B beantworten, bi£ enb(id) ber tiolle (Stjor in ba3 furchtbar gräfelidje: Miserere nobis loSbricfjt. 2$a§ ber Sonfetjer mit biefer $ßi)rafe eigentlich beabfidjtigt fyabe, möchte fcrjroer gu entziffern fenn!*) ^hm fo roenig burfte ein 5ureid)enber ©runb aufgefunben roerbcn, roogu ber föäter fotgenbe Snftrumentatfa|, ein fugirteä ^refto im 2/4, roorjl t)ier eingefdjattet roirb, bei roeldjetn alle ©ingftimmen fdjtueigen, unb erft mit ber 9?ecapitu(ation be§ Dona, at§ ©d)(uBftein be§ (Sangen, mieber in Söirffamfeit treten. Me§ etroaö gebrängter unb roeniger gerftürft, ift ein frommer 2öunfd>" XXVI, 439. 2"J8) (Sin anberer nidjt minber errjeblidjer (Streitpunct betrifft bie SBetjanbtung ber ©ingftimmen, foroot)! in 23egug auf übermäßige HuSbefjnung it)re§ natürlidjen 23ereid)e3, roie aud) *) S5em Slubitortiim war bie Ueberfcövift beim Dona: „93itte um inneren unb äufeeren ^rieben" unbefannt geblieben, nue ©leidieS bei 91ufs fübrungen aller Dtten ber gaü ift. 228) Hierbei muß an die glänzende Darstellung von H. Deiters erinnert werden, die er in Thayer- Beethoven gerade von diesen Teilen der Missa solemnis dargeboten hat (Thayer, IV. Band, S. 349 ff.). Auch an die Monographie über die Missa von Heimsoeth, Bonn, sei hiermit dankbar erinnert. A. d. H. — 413 — auf bereit tunftgemäjje Sßermenbung. Sterin liegt moljl ber £>auptgrunb, warum baä SSerf ber Sftufifmett nic£)t bie ermünfcljten 93ortl)eite bringen fann, ba ju beffen 2Iu3fül)rung Strafte er- forbert roerben, bie ungeadjtet türfjtiger 5tu3bi(bung im 6tjcn> ©efang nur an roenig Orten auf^ufinben finb. SDarum i[t c§ nacfj brei&igjätjrigem 5Seftet)en in mehreren großen ©täbten noctj immer ein grembling geblieben, 3)en Urfadjen biefer auffaflenben Stjatfadje nacl^ufpüren ift morjt eine<§ furzen 5Sermeiten3 roertfj. 2)ie ber Missa oorau3gegangenen ©efang=ßompofitionen be5eugen alle, bafj unferm Weifter ber richtige ©ebraud) ber ©timme beftenS befannt mar. Sie üerfdjiebenen über ©efang ijanbelnben SBerfe in feiner §anb=53ibüot^ef trugen alle Stferrmale an fid), bie feine fleißige 23efd)äftigung bamit öerrietrjen. 9tuct) rjatte fiel) bie ßritif über bie 33ef)anblung ber (Stimmen meift nur lobenb auSgefprodjen. (££ fet) geftattet au£ ber Beurteilung über ba% ber Missa menige Safjre üorawSgegangene ©efangmerf : „$ln bie entfernte ©eliebte", — gefcfjrieben 1816 unb erfcrjienen 1817 — nur bie Scrjtujjftelle §u citiren: . . . „Unb foll nur nod) erinnert ferjn, hak ber SCReifter rjier überall öollfommen bargetljan tjat, er oermöge, menn er moHe, nicfjt nur, mie irgenb (Siner, für ben ©efang $u fdjreiben, — moran ot)nel)in morjt SRiemanb sroeifeln mirb — fonbern aud) für'S ©in gen: 2)enn fliefcenber unb aud) ben Organen gemäßer fann man, faum einige ©teilen abgeregnet, gar nidjt fcfjreiben." 91Hg. SCtfuf. 3tg. XIX, 73. SBenn aber bie ©rünbe 51t fo unfanglidjer Setjanbtung ber ©timmen in ber Missa nid)t in Unlenntnifj ber Regeln, aud) nid)t ber Organe 311 fudjen finb, mo benn? 9Kan £)at fte in ber ^ur $eit ber nod) nid)t gefdjroädjten SReceptibitität feinet Of)re§ rool)t um einen fealbton tiefer (gegen je^t) geftanbenen Drd)efter=©timmung finben mollen, bie fidj bem ganjen 2Befen be§ SReifterS feft eingeprägt fyabe. 9J?an bebenfe aber bie mancherlei Vorfälle bei ben groben 1824, gur 3e^ ™° 0*e SBiener (Stimmung unbe^meifelt nod) um feinen SBiertelton t)öt)er — 414 — geftanben gegen 20 Seigre jurücf, unb bod) bie gegrünbeten klagen fdjon bamaiZr) Unb motten mir un§ aud) bie Dtdjefiet* Stimmung um einen föatbton tiefer benfen, als fie bermat ftefjt, merben mir mot)l fetbft in fotetjem gälte für feict)t ausführbar galten, ma§ ben ©ingftimmen im ßrebo gugemutfjet ift? 2öie läfjt fid) in biefem Satje, ungeachtet unerhörter Scrjmierigfeiten in §infid)t auf £ont)öt)e unb güfjnmg ber Stimmen, o6enbrein nod) bie Unjafyt Sforzato=©crj(äge in ben ©ing- unb gugteiefi in faft aüen Crrijefter=®timmen erfrören, meiere öon Stn= forberungen geigen, bie im fcfjreienbften 2öiberfpruct)e mit ben Regeln ber ©efangfunft fielen, üom (£t)or auszuführen fd)led)ter= bingS unmögüd)? gerner nod) ba% fo tjäuftge fprungroeife 3?ortfdjretten ber Snteroatle in atfen (Stimmen, mie fofl biec> .^inbernife 31t teidjter Stusfütjrung bei einem gefangSfunbigen (Jomponiften ju erfrören fevjn ? £)ie unbebingten S3eret)rev 23eett)Oüen'£> motten über biefe Uebetftänbe fjinmegfeljen, meif mehrere in ber gufammentuirfung menig ober faum bemerfbar merben, berüdficfjtigen aber nid)t bie fd)ümmen folgen ber über= mäßigen 9(nftrengung ber Organe bei gegenmärtiger enormer §öf)e ber Drcfjefter. 2)iefe factifcfjen Uebetftänbe unparteilich in (Srmägung ge= ^ogen, mirb ber SSeurttjeiter nidjt gu ftrenge fetin, für beren Duelle einjig unb allein bie Söiüfür anpnetjmen.229) S5et fpäteren ^ßrobueten bes SO^eifterö aber mirb fotdje 51nnat)me faum ausreichen. 2)ort liegen bie ©rünbe auf anbern Seiten nod). SDcit bem fronten @et)ör (mie man faft atlfeitig annimmt) tjaben fie nidjtS 5U fcfjaffen, benn ber 9fteifter brauchte ba? *) %m brüten Safirgang (1855) ber 9?teberrt)eintfcf)en 50?unf=3e^ung, 9?ro. 8 unb 9, bat ber 35erfa)fer baZ ©efcrjicfjtlicrie über bie im Sabje 1816 begonnenen unb balb barauf foitgefctjten Ueberfcfjreitungen ber bis babra iu 28ien be[tanbenen £)rd)efter=(5timnuing mitgeteilt. 229) Man hat nachgerade gelernt, hierfür nimmermehr Willkür des Tondichters anzusehen, sondern ganz allein die Macht der künst- lerischen Idee, der sich jetzt gern alles beugt. A. d. H. — 415 — üftiebergefdjriebene fo raenig mit bem äußern Dljr 51t prüfen, ttrie irgenbeiner ben eben gefdiriebenen ©rief fid) laut üor^utefen. ©er ©Ott, ber in bem Äünftler fdjöpferifdj mattete, chatte üjn in feiner fpäteren 3e^r sumeiten bertaffen, unb ber 9J?enfdj, mit mancherlei ©djroädjen unb ©ebredjen behaftet, blieb gurüd. 2öie t)ätte nicüjt biefen ba$ 9ttenfd)lid)e in mannigfacher SSeife be= rühren fallen? dagegen bie klugen ^u öerfcfyHefjen, fann nur §u gefäfyrlidjen ber ftunft unmittelbar 9?ad)tf)eit bringenben ^rrtpmern führen. 9?od) aber mufc bie 9^eit)e ber ?lnmerfungen über biefe$ Opus summum viri summi eine ^ortfeljung ertjatten. 3n ber üom 3tutor bem Verleger überfd)idten 9?einfd)rift non ber ^artitur mar bie Eingabe beö Sempo beim Benedictus öergeffen morben. ©er 9tteifter beeilte fid), felbeS brieflid) nacfj* gufenben, al3 e§ bereits $u fpät unb ba§ SSerf im ©rüde gu roeit t>orgefd)ritten mar. Slber aud) bie $ertag§r)anbtung bjat itjrerfeitä üergeffen, biefe Sinnige nact)träglic£) ju öeröffentlidjen. Wafy fo mandjen, ben (praeter biefcä Sat>e§ uoüftänbig öer* nicfcjtenben Srrtt)ümern bei ftattgeljabten 21uffüf)rungen, med bie Dirigenten ba§ bem üorauggerjenbeu ^raelubium beigefetjte Tempo sostenuto aud) bem Benedictus jugeljörig tiermeinten, fjaben mir erft 1853 nad) ©tnftcfjt ber SBeetfjoüen'fdjen Briefe an ben Verleger burcl) Dtto 3at)n erfahren, bafj ber SOteifter baö £empo bei biefem ©atie mit Andante molto cantabile e non troppo mosso be^eidjnet Ijat. ©er SSerfaffer fäumte nid)t, biefe irjtn mitgeteilte ©ntbedung alöbalb burcl) bie 9lieber= rfjeinifctje 9Jiufi!=3e^unÖ 5ur Senntntfe gu bringen unb fott biefelbe aud) in biefer <2d)rift ?ßla§ finben. ©ei (Gelegenheit ber SSerfammlung beutfd)er Sftaturforfdjer unb Sterbe im September 1857 gu SSonn marb ©eitenS bei- gabt eine muficatifetje gefttidjfeit unter bem Sitel: „Seetrjoüen* (Soncert" üeranftattet, mobei aud) bie Sfä|e Kyrie, Sanctus unb Benedictus au3 ber Missa gur Stuffütjrung famen. 3n bem Iritifcljen Seridjte barüber fteHte ber SHebacteur — 416 — ber SNteberrfjeinifdjen 3ftuft!*8eitmtg, Submig 93if c^of f , bie $rage: „§at Söeetljoüen bie groei ©ätje Pleni sunt coeli unb Osanna mirftidj für üier ©oloftimmen bei fo furchtbarem Drdjefter=£ärm getrieben? 2Bir meinen irgenbmo gelefen §u Jjabeit, bafc er fte für (Sljor beftimmt Ijabe. $8iel(eid)t fann 31. ©djinbter 2lu§funft geben, ber hiermit barum freunblid)ft erfudjt mirb. 2öir unferi3tt)ei(§ mürben e£ un3 nict)t al§ 93er= bredjeu anrechnen, biefe ©ä£e üom Gljor fingen ju (äffen." (9cro. 39.) SDie 9h". 41 berfelben 2ftufif=3eitun9 bradjte meine Q3e= antmortung, bie in ber §auptfad)e alfo tautet: „®ie 2lu§ftmft, bie id) über biefe ©ät$e gu geben üermag, befdjränft fid) — üom trabitioneflen ©tanbüuncte befet)en — auf ein fefyr Steines .... 2Ba§ bei ber Sorrectur ber für bie ©ubfcribenten abgefd)riebenen Partituren gnnfdjen 93eettmüen unb mir, biefe ©äße betreffend üorgefommen, ift golgenbeS: id) madjte bie Sleufjerung, mie e3 mir fd)iene, bajj biefe beiben ©ä£e oom üotlen (Sljor gefungen größere Sföirlung erzeugen mürben, aU üon üier ©oloftimmen. 3d) ftü^te mid) nod) auf bie geringe Öefdjäftigung beö 6t)or§ im Sanctus unb Benedictus, unb be- bauerte, bafj biefer anbei bloS ßu^rer felut foHe. Sßeetfjoüen reülicirte meit unb breit. S)a§ gacit lautete: „(£3 muffen ©oloftimmen feü,u." 93eett)oüen, biefer oftmals emüfyatifdje Sobrebner früherer 3eiten befonber3 in muficatifdjen Singen, liebte eö, an bie ©efang£gröf$en feiner 3eit äu benfett. 2Benn er beim 9cieber= fcfyreiben biefer beiben ©ä£e — ja bei ber Missa überhaupt — eine Xomeoni, eine 23ud)miefer, ober gar eine SDcitber (feine Seonore in gibelio nod) 1814), eine ßamüi, Slnna SBranitjfti, unb nod) anbere üon gleicher Qualität, im ©inne gehabt, fo rechtfertigt bie§ feine Intention — 2lusbrud t)öctjfter 53e- geifterung — faü3 er ben ©äugern ein fleineä Drdjefter gegen überfteöt, mie e§ in ber ftirdje aHentljalben beftefjt. S)a jeboct; unfere ISpodje berlei ©röfjen faum met)r aufeutoeifen t)at — 417 — unb iüatjrljaft fürdjtertidje Drd)efier=9ft äffen einer fd) machen ©timme im @oncert=©aat gegenüber fielen, fo forbert fotd)e§ 9tfif5üerf)ältniB toot)! 23erüdftd)tigung. ©djon ein Heiner &f)or bürfte erliegen, ha jebe ber üier «Stimmen üon einigen 3n= ftrumenten int $orte unb gortiffimo begleitet, ja, in ber X&at mit fortgeriffen mirb. DieS roirb al3 ein innerer SSiberfprud) gelten bürfen. ©inen äufeeren finbe iclj in ber £empo=33eäeid)= nung Beim Pleni. ©in leicht befdjroingter 9ftjt)tljmu3 ftefyt in ben Koloraturen aller Stimmen oor Slugen, unb babei Reifet e3: „Allegro pesante." ©in 23leigeraid)t an ben ©Urningen. 2Ba§ fotl biefeS im SSer^eidjniffe ber üblichen 2empo=23enennungen faum gekannte Sßort pesante (fdjroerfällig, audj gewichtig) fyier am Ort? Äein SBunber, menn bie Dirigenten baburd) irre* geleitet bie SluSfüljrung ber uier ©oloftimmen nod) erfdnueren. ©in gemäßigtes Megro, nad) SSerftänbnife ber ßlaffifeu, nrirb unter allen Umftänben bie richtige Bewegung biefe3 ©at$e§ be= 5eid)nen. Sollte biefem rtefigcn SSerfe einften§ ein beutfdjer £e;rt unterlegt werben, wie ber Missa in C roiberfarjren, fo wirb ber allenfalls funbige Bearbeiter bie barin erfcfjeinenben Srrtrjümer mit £eid)tigfett befeitigen. Dann wirb aucfj bem im Dona ent= tjalienen ©infonie=©at3e (Partitur, ©. 276) bie entfpredjenbe Begrünbung feines DafetinS 51t jtrjeit Werben, weldje irjm in einem $ird)enmerfe, wie foIcfjeS bie Missa §u aHernäd)ft bod) ferjn will, offenbar mangelt." Sftögen barjer alte Sebenfen fallen unb bie ©äj3e Pleni unb Osanna — wenigftenS im ©oncert=©aaI — allzeit öom Ooöen ßtwr aufgeführt Werben. Die SSBirtung, gewiß im ©eifte beS (fangen, wirb eine aujjerorbentlicrje fet)n.230) Ruberer im Saufe ber Sahre an ben Berfaffer gekommenen 5lufforberungen um 3luftlärung trjeitS über ba3 gan^e 2ßerr", 23Ü) Bei Beethovens entschiedenem Willen, es hier bei Solo- stimmen bewenden zulassen, dürfte es docb höchst gewagt und un- künstlerisch erscheinen, Chorstimmen eintreten zu lassen. A. d. H. 31. ©djinblcrS Seetfjo»en=ä3iogra})f)ic. 27 — 418 — t^eilä über (Sin^elneS barauS, nocfj $u erroätjnen, märe ^u tr»eit= läufig, nicfjt aber ofjne Sntereffe, meit faft in ollen unoerljefjlte $urd)t au^gefprodien mar, ben Äampf mit bemfelben auf= äunetjmen. ©ine ftatiftifdje Ueberficfjt jebod) ber feit bem Sefte^en be§ 2öerfe3 in ber £)effentlid)feit (1827) big nun in 2)eutfd)lanb ftattgefjabten oottftänbigen Aufführungen fott gegeben merben, med ftc fjiftorifdjeS Sntereffe bietet. £>ie erfte Aufführung mar jene bei ber Snauguration3= feier öon SeetljoOen'ä «StanbbUb 1845 51t Söonn unter ßeitung oon Submig «Spoljr. Wt biefer Aufführung mar am muficatifdjen üftieberrfjein, unb motjl aud) für fernere muftcaüfdje Greife, bie bide Siörinbe gebrochen. 2>a3 SSerbienft nid)t b(o3 um bie ättögtidjfeit einer Aufführung, fonbern, mag nod) meit mefyr, um eine in jeber SSegietjurtg vollen bete, gebürt in ber .^auptfadje bem Röntgt. SKuftfbirector ^ranj SBeber in (Solu. Wlit uncrmübtidjem ©ifer tjat berfetbe ade an ber geier tfjeil= neljmenben ©efangOereine ber SRtjeinproöinä an djren refpectiöen Drten monatelang vorbereitet, unb fo eine ©idjertjeit unb ©inigfeit erhielt, bie in ben Oielen ^aufenben ber ßutjörer au§ allen Staaten @uropa'§ gerechte SSemunberung erzeugen mufete. SBotte §etjn Safjre fpäter erfolgte bie §meite ootlftänbige 2(uffüfjrung am sßalmjountag ben 1. April 1855 burd) bie ßoncert=®efellfd)aft 511 (Söln unter Seitung Oon ^erbinanb Ritter, üermittelft gufammenmirfen a^er muficatifdjen $er= eine ber ©tabt — jum Söeften ber Ueberfdjmemmten am üftieberrtjein. Sm ©pätjafjr oon 1855 t)atte ber SDhtfifbirector Rüljl £u granffurt am 9Ö?ain mit feinem faum in'3 Seben getretenen ©efangüerein gewagt, ba§ Sßerf mit ßujietjung be§ Xtjeater^ Drdjefterö äur Aufführung 5U bringen. £>ie Seiftung mar burcu,= meg t)öd)ft lobenswert!). 3n ber Reihenfolge mar biefe Auf= füfjrung bie britte. Sm Sftonat SDMrg 1856 fanb bie üierte Aufführung burd) ben ©tern'fc^en ©efangöerein in SSerlin ftatt, unb am — 419 — 1. üßoüember beffetben Safjreä erfolgte bie fünfte im Dbeon gu 9J?ünd)en burd) $ranj Sadjner. 3Biebert)oIte Aufführungen §u (Söln, granffurt am 9Jcain, Berlin unb 9Jcünd)en folgten batb ber erften unb borttegenbe Sericfjte fcrjitbem bie Sßürbigung beS SBerfeS bei ber fflltyx%afy. ber 3ur)örer als eine entfdjiebene. 9^oct) aber ift eine öoüftänbige Aufführung gu öergeidwen, welche am 4. Auguft 1857 im 2)om §u $reiburg in S3aben bei (Gelegenheit ber <3äcutar=$eier ber bortigen Uniöerfität ftattgefunben. ®iefe bef erliefet bie Reihenfolge a(§ fedjäte, at§ Aufführung aber beim ^odjamte ift fie bie — erfte. Aüe§ üftacrjforfcfjen in muftcalifdjen ßeitbtättern nadj weiteren ootlftänbigen Aufführungen blieb erfolglos. ®te Reue 3eit= fdjrift für äftuftf ermähnt im 11. 25anbe, ©. 36, einer Auf= füfjrung 1830 ^u 2Bärm§borf bei Rumburg in SBörjmen, ob aber OoUftänbig ober nur ttjeiltoeife, ift nicfjt gu entnehmen. Srjeitmetfe ift ba$ SSer? 1838 im 2)om §u (Solu beim §od)= amte jur Aufführung gefommen, unb jroar in ben «Sä^en Kyrie, Gloria unb Credo; bie anbern ©ätje mürben ber erften Missa in C entfernt. Aud) ^u S3re§tau unb öom (Säciüen= herein §u granffurt am 9ftain mürben im Saufe ber Safjre nur einselne £tjeite barauS gu ©erjör gebraut. 3Jät bem Credo l)at e§ festerer ©efangöerein nidjt einmal üerfuc£j§Weife nodj aufgenommen. Um ba§ %afyx 1840 rjatte eine Aufführung bei einem SDfrufiffefte in ber Saufi| ftatt, aber e§ bleibt 5WeifeI= fjaft ob oottftänbig ober gteid)faE§ nur in einzelnen ©ätjen. Au§ bem mufifreidjen öftreicfjifdjen Äatferftaate ift bis jettf, ungeadjtet 5 6t§ 6 beftetjenber (Sonferöatorien, Oon SSerfuctjen mit bem SSerfe nid)t§ begannt, jenen in Sörjmen aufgenommen. Au§ biefer ftatiftifcfjen Ueberfidjt ergibt ftdj bie geringe (Summe ©ewinneä, welche bie Missa solemnis nad) metjr benn breifjigjäf)rigem SBefteljen ber ®unftmett gebrad)t tjat. hoffen mir, ba§ nad) abermat breifeig Satiren ba§> Refultat ein er* freutid)ere3 feü,n werbe. 27* — 420 — 3)iefe fritifrfjen Slnmerlungen, bie, menn aud) nidjt in bei ©egenmart, fo erft in fpäterer $eit oer Stufmerffamfcit mertl) erad)tet Serben bürften, tjaben in 2(nfüt)rung ber an bie benf* mürbigen £age bes 7. unb 23. 9flai 1824 ftct) fnüpfenben Gegebenheiten einen Stillftanb bewirft. Beeilen mir un3 bereit Reihenfolge mit bem testen Vorfalle ju fdjließen, ber in mein Berfjältnif; $u bem Sfteifter nad) meljr benn ad)tjä(jrigem. ununterbrochenen SSerferjr bie erfte empfinbtidje Störung ge= bracht, aber aud) fonft nod) in bem fteinen Greife treuer fyreunbe unb $tnt)änger eine grelle ©iffonang erzeugt r)at. Beettjoüen glaubte, Umtauf, Scfjuppangigt) unb mir für bie gehabten SJiütjen einigen 3)anf fd)u(big §u fetin. @r beftellte bafjer menige 'Sage nad) ber ^meiten Sttabemie ein S!Jiat)l beim „milben 9Jfamt" im Krater. ÜÄit einer Don büftern SSolten umtjangenben Stirne erfdjten er in Begleitung feincä Steffen unter uns, benahm ficf) fair, biffig unb frittlid) in alten feinen SSorten. ©ine ©jptofion mar ju gemärtigen. Slaum tjatten mir an ber £afel ^tat3 genommen, als er aud) fdjon bas @e= fpräct) auf ben pecuntären Grfotg ber erften 3Iuffüt)rung im Stjeater fenfte, ofjne Umfdjtueife rjerausfaljrenb, ba$ er tjierbei Dorn 5lbminiftrator 2)uport in ©emeinfctjaft mit mir betrogen morben feti. Umtauf unb Scrmppanäigfj bemühten fiel) it)m bie Unmögticfjfeit irgenb eines Betrugs bamit §u beroeifen, bajj jebes (Mbftüd buret) bie £>änbe ber betben Stt)eater*(5affirer gegangen, bie Rapporte genau übereinftimmten, überbies nod) fein Reffe gufotge Auftrags bes Gruben 5lpott)efers ben (Saffirern gegen alle Sitte als ßontroleur §ur Seite bleiben mufjte. Beett)oüen öerbtieb jeboef) bei feiner Befdjulbigung mit bem 3u= fa|e, er fet) Oon bem ftattgefunbenen Betrug üon juüerläfftger Seite benachrichtigt. Run mar e§ $eit, für biefe Slränfung fid) ®enugtt)uung gu geben. (Siltgft entfernte icfj mid) mit Umlauf, Sdmppanäigr) aber, nadjbem er aud) einige Salden auf feine umfangreiche ^Serfon ausgemalten, folgte batb nad). $m ©aftfyaufe gum golbenen Saturn in ber Seopolbftabt fanben mir uns gu — 421 — ungestörter gortfe^ung be§ unterbrochenen yjlafyhZ jufammen. 35er furiofe 9)?eifter aber !onnte feinen 3orn an oen ÄcHncrn unb Säumen austoben, §ur ©träfe nocfj btö opulente 9J?arjt mit bem Steffen allein oerjetjren.231) 3n biefem Vorfalle mag ba§ ^ßertjalten 33eetboüen'3 gegen feine greunbe refumirenb bargetegt feton, um e3 nie hrieber berühren §u muffen, lieber bie erften ^unbgebungen im 55e= ginne feiner ^meiten SebenSperiobe gibt $erbinanb 3vie§ 3cu9en:: fdjaft. Se mef)r ftct) aber äußere ©rängniffe unb innere 35er= ftimmungen im Verlaufe ber britten ^ßeriobe gehäuft, befto größere 9tücfftcrjt3lofigfeiten tjatten bie erprobteren $reunbe, fein ©rätjergog nictjt aufgenommen, mie oorau§ angeführt, üon ifcjm gu befahren. Unb immer maren e§ ©fjrenfränfungen, bie feine greunbe au§ feiner SRätje entfernt rjaben. Seidjtgtäubig, un= erfahren, mifjtrauifcr), mie er mar, tjatten etenbe Sftenfdjen immer teicrjteS @pie(, jeben au3 feinem Greife an^uf (^morgen; unb foldje (Sreaturen maren außer feinen Srübern fortan um ifm gefctjäftig. Sfynen öerbanfte er eine anferjnlicrje Summe bitterer Erfahrungen. 2luf feinem legten tanfenlager legte er üor Söreuning unb mir eine ©enerat=23eid)te über biefe begangenen ©ünben ab mit üftamrjaftmatfwng üerfctjiebener fpegieUer $ätte. Oft bemirfte aber autf) bie 2trt unb SSeife feiner SBieberannärjerung, 231) Höchst bedauerlich bleibt es freilich, daß der arme Schindler, der wahrhaft unsterbliche Verdienste um das endliche Zustandekommen der welthistorischen Akademien im Mai 1824 besitzt, derartig schwere Kränkungen von seinem angebeteten Meister erdulden mußte. Es hatte sich in Beethoven gerade in dieser Zeit gar zu viel Stoff gegen Schindler angesammelt, der einen Ausbruch der elementaren Natur des Meisters gegen Schindlers im Vergleich mit Beethoven inferiore Natur erwarten lassen mußte. Der Brief an Schindler: „Ich beschuldige Sie nichts Schlechtem", B. S. Br. No. 1050 (V. Band), spricht bereits von diesem Gewitter. Ein Trost bleibt es, daß auch diese Trübungen bald vorüber gingen und dass das alte Einvernehmen zwischen dem Meister und seinem getreuen Pylades herrschte und so bis ans Ende Beethovens verblieb. A. d. H. — 422 — fo fjerätid) unb guüorfommenb, ben $et)ler offen eingefteljenö, bafj man bie ^ränfung fogteid) oergeffen tjatte. 3n folget 2Beife näherte er ftrf) mir nneber natf) fetner 3uriic^^unft au^ Söaben im Scoüember biefe§ Safyreä, unb atle§ Sßorgefattene mar gur ©tunbe im Settje berfenft. — 9Bo biet £id)t, ift audj biet 'Statten, unb @oetf)e'§ SSorte: „@3 ift gonj einerlei, borneljm ober gering fetm, ba§> 9Dcenfdj)lict)e mufj man immer au§baben," finben in metjr al3 einer Schiebung iijre Slntoenbung aud) auf 23eett)oben. SSor roeiterem $ortfd)reiten im Slufgeidjnen ber fjiftorifdjen 2)inge tootlen mir beigetjenb oon abermaligen 9xeifebrojecten nacf) Sonbon fpredjen. ©erabe in ben Stagen ber oben er= ^äbüen SSirren mit ben Slfabemieen tarn Oon bem Sonboner £onfünftler (Et)arteS Sfteate, ber in früheren Satjren fidj längere $eit in SSien aufgehalten, bie (Sinlabung gu einer Sfieife nad) (Snglanb. 2Itfogteid) tuarb ber (Sntfd)fuB gefaxt biefelbe im nädjften ^erbft anäutreten unb ber SSerfaffer biefer ©cfjrift follte ber Segleiter fetjn. 3)ie immer bienftfertige ^fjantafie fyalf gur ©teile ben Sieifeblan entwerfen, bem jufolge aud) «Stationen bei feinen alten greunben im §eimatt)(anbc, bei SBegeler in (Sobtenä, bei QSater Dtie§ unb SDcuftfoerfeger ©imrod282) in S5onn, bie fid) in langen 3ttJi[or. Sarin Ijeifjt e§ unter anbera: „Sie pf)i(= rjarmonifcfje ©efeflfdjaft ift gefonnen, S^nen für S^ren S9efudtj 300 ©uineen §u geben, unb erroartet bagegen, i)a$ «Sie bie Sluf^ die Herren Joachim und Brahms, beigestimmt." „Es ist beachtens- wert", so fährt Nohl fort, „was für eine Anschauung diese Herren von der Aufgabe des Biographen, und vor allem von der Kunst und dem Künstler selbst haben. Ich hoffe, mau wird von dieser Biographie Beethovens erkennen, daß der , große Einsame' solche völlig unberufene Schützer seiner Ehre und seines Ruhmes in keiner Weise braucht. " Daß der Herausgeber von Schindlers Beethovenbiographie diese Anschauung teilt, ist wohl jedem ohne weiteres deutlich, der seine Beethovenbriefe ge- lesen hat, namentlich im IV. Bande, worin Briefe Simrocks und Brentanos zur Genüge behandelt sind. A priori konnte ich dartun, daß auf Beet- hoven auch in dieser Affäre kein Makel haftet; die Briefe an Simrock werden nichts dem Meister Nachteiliges an den Tag bringen können. Vgl. B. S. Br. No. 815 an F. Brentano, Erklärung S. 109 im IV. Bande, No. 827 an Brentano, S. 122 (IV. Band), an denselben No. 829 (IV. Band), S. 125. Vgl. auch an Brentano den Brief No. 835, Erklärungen S. 135 (IV. Band). Für diejenigen, die sich im Falle Beethoven-Simrock ein sicheres Urteil bilden wollen, bleibt es unerläßlich, all diese genannten Briefe au Simrock und Brentano zu prüfen. Ferner an Brentanos von Beethoven und von Simrock selbst No. 880, S. 205—207 im IV. Bande. Als wichtigstes Wort habe ich das an Peters in Leipzig von Seiten des Meisters festnageln müssen, nämlich Brief No. 928 (IV. Band, S. 288): „. . . sejn sie versichert ich habe sie moralisch oder vielmehr Merkantilisch erkannt denn ich bin Mann in vollem Verstände, ich brauche nicht Ehren hintzuzusetzen. Beethoven." — In den Erklärungen ist weiteres über die Simrocksche Handlung von mir er- klärt. Auch nach der jetzigen Publikation der betr. Briefe durch Dr. Leop. Schmidt ist nichts davon zu tun und nichts hinzuzufügen. Die Sache bleibt so, wie ich es a priori erklärt habe. Wäre ein wirkliches Ärgernis dabei gewesen, dann würde Schindler irgend etwas davon erwähnt haben. A. d. H. — 424 — fürjrung Styrer eigenen SSerfe leiten, rooöon 6ei jebem (Soncert roenigftenS eines gemalt roerben trirb. Studj erroartet fie, bafj ©ie eine (Sinfonie unb ein (Soncert fdjreiben, roetcfje roärjrenb SfyreS Aufenthalts bei unS aufgeführt roerben, bann aber als %\)v (Sigentfjum 5U betrachten ftnb . . . ©ie !önnten eine Afabemie geben, roobei ©ie roenigftenS 500 ^3f. gewinnen mürben; über* fjauöt finb ferjr üiele 2Bege, üon Syrern Talent unb 9?uf)m Üftutjen gu gietjen. SBenn ©ie bie Duartetten mitbringen, fo gibt baS roieber 100 Sßf., fo bajs ©ie üerftcfjert feun fönnen, eine grofje ©umtne ©elbeS mit ficf) 3U nehmen, unb idj fefje feinen ©runb, marum ©ie nicfjt genug mit ficf) nehmen foflten, um $f)r fünftigeS Seben roeit angenefjmer ju machen. — 3dj rjoffe, ©ie roerben ofjne Verzug fd)reiben, unb fagen, baß ©ie bie SBorfcfjtäge annehmen, ßugteicfj benutse icfj bie (Megenfjeit, 3f)nen 31t fagen, bajj icf) %fyv aufrichtiger $reunb bin, unb ba^ ©ie ficf) öon Sielen umringt fetjen roerben, bie jebe (Megenrjeit erfjafcfjen roerben, $f)nen if)re Acfjtung unb Verehrung gu be- 3eigen, bem großen Seetfjooen, beffen SRufjm jetjt fjöfjer als je juöor in biefem Sanbe ftrarjlt." 233) SKaS roar eS roorjl, roarum 23eetrjoüen biefe fo günftigen Vorfcfjtäge, eben fo 5U befferer ©jiften^ als aucfj 5U erfjörjeterem SRufjme, uneracfjtet eigenen Verlangens nacf) bem Sanbe ber „©olbfücfjfe," nicfjt feftgefjalten unb ^ur Ausführung gebracht? Ausartungen feines überaus geliebten Steffen unb Aboötiufof)neS, fcfjon äiemlicf) laut geroorben, fie gaben ©runb gur Sefeitigung aller Üieifeölane. ©ie mancherlei f)öcl)ft betrübten Vorgänge mit biefem Jüngling roerben unS roeiterfjin auSfürjrlid) befcfjäftigen. ÜJZun, nacfjbem bie ^lacfereien bei Aufführung ber Missa unb ber 9. ©infonie überftanben unb bie unerfreulichen @r= gebniffe anbei ad Acta gelegt roaren; — nun, nacfjbem ftdj 233) Aus diesem Einladungsschreiben durch Ch. Neates Ver- mittlung ist das Wichtigste in B. S. Br. No. 1052 (V. Band) enthalten. Man vergl. auch die mitgeteilte Tagebuchuotiz No. 1037 mit Er- klärungen, V. Band, S. 68 und öfter. A. d. H. — 425 — SBeetrjoben roieber an bem Don ifjm beborjugten 2(ufentrjaftöorte 23aben befunben, brängt fidj natürtid)ertr>eife bie $rage auf, roeldjeS bon ben langprojectirten Sßerfen, bie 10. ©infonie, ober ba% Oratorium „£)er ©ieg be§ ®reuge§" für ben 9Jhififoerein, fjat er bjotjl 3imädjft in Singriff genommen? 2)enn, mir rjörten ii)n ja fctjon 1822 auf gfodjtifc'S Antrag, 3J?ufil au ©oetlje'3 gauft ju fcfjreiben, eruribern, bafe er borfjer 5tuei grofje ©infonien, unb jebe anberS at§ feine übrigen, unb ein Oratorium bom ^patfe fjaben muffe. 2)ie eine biefer (Sinfonien t)atte er nun bom §atfe: er mirb alfo morjt gu aflernädjft, fomofyt au§ innerem orange mie audj um be§ fo oft gegebenen $erfpred)en§ mitten, ficrj gu bem Oratorium roenben unb fomit aucfj bem £)id)ter geregt roerben, bem er bei 3ured)t(egung be<§ StegteS für feine 5lbfid)ten fo biet ju fdjaffen gemacht? — 2>af$ biefe§ Oratorium in ber SSeetfjoben'fdjen Sitcratur nidtjt ejiftirt, unb eben fo menig getrieben roorben, mie eine §et)nte Sinfonie, ift Seber- mann befannt. £>iefe negatibe ^atfadje für bofitib genommen, fönnte ja ftiüfdjmeigenb barüber rjinmeggegangen merben. ®af$ bie§ in ber erften Bearbeitung biefer ©djrift ber galt, baran ift mein freunbücfjer (Eenfor fd)utb. Dr. 93act) gab ©rünbe für ben SBegfalt biefer giemlid) mrjfteriöfen ©inge an, bie mir felber gur ,ßeit blaufible gefdjienen. üftun aber madjen e3 bon SSien ausgegangene unb 93er= breitung gefunbene 5tu3fagen: SeetEmben feb, ber „©efeflfdjaft ber Sftufiffreunbe beS öfterreidjifctjen Slaiferftaateä" eine nam= fjafte Summe ©elbe§ fdjutbig geblieben, — -;ur ^flicfjt, ber betreff enben ©acrjc 31t ermähnen, mobei „beutfdje ®rünblidjfeit" nicfjt gu !urj fommen foll.234) ©d)on marb ©eite 374 bemerk bafj biefer gragebunct brotocollarifcfj bergeidjnet fteljt, unb gmar im Journal ber gebauten ©efeüfcfjaft. bereit Sßorftanb fjatte nad) ben beiben ftattgefunbenen ?lfabemien feine &\t berftreidjen 234) Das umfangreiche Schreiben Beethovens an die Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien nebst eingehenden Er- klärungen steht B. S. Br. No. 982, V. Band. A. d. H. — 426 — unb auf oerfdjiebenen Söegen bem SReifter fein oft gegebene* SBerfpredjen 31t ©emütt) führen faffen, nun 51t atternädjft bie Aufarbeitung be§ Oratoriums oornefjmen ju moflen. 2)iefe ©oßiciationen Ratten fdjriftlidje (Srmiberungen §ur gotge, roelcrje in getreuen Slbfdjrtften üortiegen. 9ftöge e§ gelingen, burd) Söiitttjeitung be§ betreffenben ^rotocoÖS'StuSjugeg biefe An- gelegenfyeit fo 51t erörtern, mie e§ 5ur Rechtfertigung ber baran beseitigten gemünfdjt derben mujj. „^luSgug au§ bem ^rotocott ber ®efeüfd)aft ber 9Jcufü= freunbe be§ öfterreidjifdjen ®aiferftaate§ gu SBien: über bie ^Beftettung ber (Sompofition eine<§ Oratorium^ bei §rn. 2. tian Seetljooen. 1. „Sub No. 112 b. 3. 1815 mirb £err oon ßmegfaü er- juct)t — 23eett)oOen 5U Oermögen — biefen SSunfd) ber ©efettfc^aft gu erfüllen, üftad) längerer Sßaufe antwortet 33eett)ooen bem gmeäfall briefüd): ba^ er bereit fei) biefem efyrenüotten Auftrag nacfjäufommen unb fragt an: ob bie ©efeüfctjaft ifjm ein Honorar Oon 400 ©tücf 3)ucaten in ©olb bewillige. 2. „§ierauf mürbe im Saf)re 1818 sub ^rotocollnummer 191 §err Tineen 5 £mufd)fa bon ber ©efellfdjaft beauftragt mit Seerfjooen gu untertjanbeln: bafj berfetbe ein Oratorium f)eroifd)er Gattung für ben auSfctjliefclicfjen ©ebraud) ber ©efeüfdjaft auf ein 3af)r, üom Sage ber erften Auf- führung an gerechnet, gegen Se^atjlung oon 200 ©ucaten in ©otb fdjreibe. 3. „55eetf)oben antmortete hierauf burd) ein eigent)änbige6 (Schreiben au§ 9#öbling 00m 15. Suni 1819 — protocotlirt sub No. 254, ba$ er ^eräu t>öüig geneigt fei), unb be- tätigte ^ugtetet) ben Empfang beS bemilligten SSorfd)uffe§ oon 400 ©utben Wiener SSäfjrung auf biefeä 51t compo- nirenbe Oratorium. 4. „3m Satjre 1820, sub $rotoc. 9?o. 303, mürbe ber Sinter — 427 — 33er narb*) burd) 3ufdjrif* ber ©efellfdjaft bom 21. ©ecemb. 1820 er[itd)t, fid) gu äußern: big mann er ben £ejt biefeS Oratoriums für 23eetl)oüen abliefern lönne. 5. „darauf ermiberte SSemarb, ^ßrotoc. üfto. 384 öom Sal)re 1823, bajj er bereite öor gtuei Satiren bie erfte 2tbtf)eilung biefeS StejteS nebft einem auäfüt)rlictjen (Sntmurf beS ©ankert an 23eett)oben abgeliefert fjabe unb bafj biefer nun bie ©idjtung OoEftänbig befi^e. (22. Octob. 1823.) 6. „3m Satire 1825, ben 15. gebruar, ^rotoc. 9?o. 393, rcirb §err §aufct)fa üon ber ©efeÜfctjaft beauftragt Jgrn. 23ernarb bie le^te $Kate beS Honorars für baS Oratorium auszubeuten." üftod) mögen ^mei Briefe üon 33eett)oüen in biefer %n- gefegenljeit an ben Sttanbatar ber 9Jhifif=©efettfct)aft, §errn SiedjnungSratt) Sßinc. ^aufdjfa, folgen. a. „Sieber, mertt)er $reunb!**) Snbem id) SDir fdjreibe, bafj id), fobatb idj in bie ©tabt gelangt bin, baS $Bernarb'fd)e Oratorium fdjreiben merbe, bitte id) 2)ict) ebenfalls §errn Sernarb baS Honorar erfolgen gu laffen. lieber baS Söeitere, roaS mir brauchen unb nötljig tjaben, bereben mir un§ in ber ©tabt, inbem id) 2)id) als grofjmädjtigften Sntenbanten aller @ing= unb $r um m= Vereine, als t f. ©eneral^iolon^edo, als 1 f. Snfpicient aller t f. Sagben, mie ©iaconuS meines gnäbigften §errn ot)ne ©omicil, ol)ne SDad) unb ^atf), mie audj ol)ne Sßräbenbe (mie auct) id)) meines gnäbigften §errn treueften Wiener, münfd) id) @ud) biefeS unb SeneS, morauS Stjr baS 23efte netjmen tonnt.***) ©amit lein Srrttjum ftattfinbet, melbe id) (Sud): bajj mir baS 23ernarb'fd)e Oratorium ,,„£)er @ieg beS *) 6. Sernarb ift aud) ber Siebter ju ©öof)r'3 „gauft." **) ®a§ Original biefeS 93riefe§ Befanb fid) im Söefi^e Dort SUoüS gvtdjS, beSglei^en ba§ be§ folgenben 93riefe§. ***) ©erfahrnen auf ben, fielen unb t)öct)ften §of6eamtcn fiet3 er« gebenften SDiener, SStncenj öaufdjra. — 428 — 5?reu§e§"M gang geroife in SCRuf i£ fetten unb batbigft beenbigen merben, laut unferer Unterfd)rift unb unferm Sieget. Saben, ben 23. (September 1824. 2. öan Söeettjoben."235) „SBefteä, erfteS Sßereinsmitgtieb, wie aud) ©ro^freuä be3 SSiolon — fctjetl — Drben§! $ein anbereS aiZ geift= tidjeä ©ujet tjabc icfj, %§x rooltt aber ein f)eroifd)e£! äfttr ift'3 aud) redjt — nur glaube, aud) Dom ©eiftlid)en hinein $u mifcfjen, mürbe für fo eine 9J?affe gang am $ta£e ferjn. — §err 33ernarb märe mir gang red)t, nur begatjtt itjn aber aud); Oon mir rebe id) nid)t; — Sa 3t)r (Suct) fctjon SJtufdfreunbe nennt, fo ift'3 natürttd), bafc Stjr ÜD?and)e3 auf biefe sJ;ed)nung gebjen (äffen mottt! . . . 2Ba§ mid) angerjt, fo manble id) fjier mit einem (Stüd üftoten= papier in Sergen — Klüften unb Jätern umtjer unb fdjmiere Sftandjeä um be<§ 23robe§ unb Öetbe» mitten, benn auf biefe §öt)e tjabe id) eä in biefem attgemattigen, fd)mät)= ticken gaijafen=Sanbe gebradjt, bafj, um einige $eit für ein grofjeg SÖSerf gu geminnen, id) immer üortjer fefjr tuet furnieren mufj, um be§ ©elbeä mitten, bajj id) e§ au§= fjatte bei einem großen Söerfe.*) UebrigenS ift meine ©e= funbtjeit feljr gebeffert, unb menn e§ Site t)at, fo fann idj eud) fdjon bienen. Sn (Site Sein greunb S3eetf)oüen."23c) *) S3eei&ot>en bürfte mit bem SBorte „fcömieren" bte (Sompofition bet <5ed)3 öartirten Sternen, Op. 105, ferner ber 3efin normten Sternen, Op. 107, »ieUetcfct aud} nod) bev fdjottiftfjen Sieber, Op. 108, bereit (£nt* ftetjung in biefe geil fäflt, be^eictjnet fiaben rooüen. 235) Vervollständigt ist dieser Brief in B. S. Br. No. 1030 (V. Band) zn finden. A. d. H. 236) Dieses derb humoristische Schreiben steht ebenso vollständig, als auch genau nach dem Manuskript mit allen Notenbeispielen, die bei Schindler gänzlich fehlen, in B. S. Br. No. 738 (III. Band). A. d. H. — 429 — ©iefer SSrief trägt fein Saturn, fdjeint jebod) urt6e§tt>eifett in baZ Safjr 1818 gu fallen unb bie ©rwiberung auf $. §aufd)fa'£ Eintrag gu feDn: für ben 9)?uftfoerein ein fyeroifdjeS Oratorium gu fdjreiben. SDaS „SBanbetn in Sergen, Sltüften unb Sjjäfern" geigt gang befonberS auf biefeS 3at)r t)in (beffen mancherlei Vorgänge unS bereits belannt) wo ber SDfeifter bie Sommergeit in Sftöbling Deriebt f)at. 2lbbe ©table r'S fjeroifdjeS Oratorium wS)ie ^Befreiung Don Sierufatem", frirg guDor burd) ben SJfctfif» Derein mit außerorbentlidjem Sßeifall lr>tebert)olt gur Sluffütjruug gebracht, bürfte im Sdiooße ber ©efcßfdjaft ben SBunfd) nad) einem gteidjen auö Seetfyooen'S geber angefadjt tjaben. — SlngügtidjeS Sntereffe für unS fjaben aber im Dorfteljenben Briefe bie ben üfteifter betreffenben Sleußerungen, Weil fte feine mißlichen ginangoertjältniffe giemlid) flar buccfjbliden taffen. Sluf ben 9tuSfafl gegen Defterreict) barf nid)t3 gegeben werben. »Seine über biefeS „gaijafen=£anb" fo oft geäußerten Etagen, in birecter 33egiet)ung auf feine Subfiftengmittet, waren grunb= loS. Seweife bafür finb nid)t wenige ba. (Sin neuer liegt in bem antrage beS SDJufiföereinä oor. $wei fyunbert 2)ucaten Honorar üon biefer ©efellfctjaft, brei fjunbert S)ucaten (für ein großes Oratorium) oon ber 9J?ufitt)anbtung Steiner unb ßomp. — aber aud) Don jeber anbern — trt $luSfid)t, biefe fünffjunbert £)ucaten konnte ber SOZeifter nact) Verlauf eineS SafjreS in feiner ©d)atulle fetjen. gerner bie bereite 1818 projectirte SReife nad) Sonbon; ber Antrag 1823 für ben Äaifer eine 9J?effe nebft einigen Heineren ®ird)enwerfen gu f ct)retben ; bie gleichzeitigen Einträge auS SBien unb Berlin gur (Sompofition einer Oper; bie gur felben 3e^ beabfid)tigte Verausgabe feiner fämmtlid)en SBerfe gewiß unter feljr oortf)eit= haften Sebingungen; ber Eintrag ©iabefli'S 1824 — ber in feiner §anbfd)rift üorliegt — gur (Sompofition einer Diertjänbigen @onate mit bem Singebote Don adjtgig Sucaten, ber an^ genommen Würbe, enblid) bie glängenbe Offerte im felben Satire feitenS ber pljiltjarmontfc^en ©efeüfdjaft gu Sonbon, — baS — 430 — QÜe§ finb füredjenbe S3elt>eife, bafj unferm 3J?eifter nidjt menig Sftittel unb SSege geboten maren, feine SebenSüerljältniffe um* 3ugeftaften unb ganj ficf;er gu üerbeffern, nid)t gu geben!en ber iljm burd) biefe Einträge geworbenen ©elegenfyeit feinen eigenen 2Bünfd)en entgegen gu fommen: nur grofje SBerfe fdjreiben ju fönnen, nid)t „furnieren" §u muffen, unb fomit ber fo inbrünftig geliebten Äunft größere 2)ienfte ju leiften, al<§ er bie§ atöbalb mit einer ^ettje öon 2öerfen für ftammer=9#ufif üollfütjrt f>at.237) 2)iefer @tanb ber S)inge bei unferm £onbid)ter forbert tt>ol)l auf, be§ SBortourfä 31t gebenfen, ber bem gefammten beutfdjen Sßatertanb fo oft gemadjt morben, al§ (äffe e§ feine großen ÜJtänner barben ober gar oerfyungem, nad) 23eetf)oüen'3 Sobc in alle SSelt f)inau§öofaunt, jüngft naef) Sort§ing'3 unb (Sonrabin Äreutjer'S 9lbleben mieberum in übertriebener Söeife mieberfjolt. ®ie böfen Saunen, ßaoricen unb oft mit 93emuf$tfet)n begangenen $et)ler ber ®ünftfer, Siebter unb (Mehrten gegen it)re materiellen Sntereffen merben öon ben meift gebungenen ©freiem abfidjtlid) ignorirt unb bereu mißlidje 9Sert)äftniffe etn§tg unb allein 3)eutfd)lanb als ©djulb aufgebürbet. 2Bie in bem eingeführten in Sejug auf $eetl)oüen mot)l jur ©üibeng gezeigt ift, bafj it)n allein bie ©djulb an feinen bürftigen Sebenööerljältniffen trifft, in gleicher SBeife öermödjte tdj bieg in Segug auf (ionrabin Äreut^er 511 geigen, unb burd) Vorlegung tf)eil3 fetner eigenen 3u)"djriften an midj, tfoeitS üon ber §anb feiner ©emaljlin (aber aud) be§ in feiner 9Mf)e öerföntid) Erlebten) bi§ gur (Söibeng gu bemeifen, baß aud) feine böfen Saunen, oorgugSmeife fein §od)tnutf) unb 3ntriguen=$eift in ben klagen großen, unüerbienten ©lüde3, — öon 1823 bi§ 1830 — meldjeä i^n fogar auf S3eetl)oöen mit oftenfibfer ©eringfdjätjung Ijerabfef)en madjte, if)n in bie trübfelige Sage öerfetste, in meldjer er, fern öon fjeimifdjer 237) Wenn Schindler die letzten großen Quatuors von op. 127 im Sinn hat, dann hat er diese sublimen Tonschöpfungen wohl gar zu gering eingeschätzt. A. d. H. — 431 — Erbe, feine irbifdje Saufbarjn geenbigt §at. Er oerftanb es ber ©d)mieb feines ©tüdeS 5U fetjn, aber nidjt, firfj bort oben $u ermatten. ©inlenfenb roieber in bie 93at)n muß junädjft auf $eet= rjooen'S ferneres SSertjatten gegen bcn 2ßiener äftufitüerein, beSgteicfjen gegen ben ®icr)ter SSernarb, feinen jahrelang bienft= fertigen greunb, ein prüfenber S3tic! geworfen toerben. ©rfterem Ijat er auf beffen fernere gufdjrift öoni Dctober 1824, barin baS frühere Verlangen nad) einem rjeroifdjen Oratorium faden gelaffen mar, feine Hntmort gegeben, überhaupt eS beim ©tili* fcfjroeigen über ben fo oiet befprod)enen ©egenftanb beroenben laffen; an ber £)id)tung Skrnarb'S aber motlte er oon nun an md)tS merjr gut finben, baS (Sine tro§ feiner blieflidjen ßu= fidjerung mit Unterfdjrift unb ©iegel, baS Stnbere tro| feiner oietfadjen ^Betreuerung öoflfommner 3ufl^eoert^e^f ia» °^e ^er= letjung beS bemärjrten greunbeS unb beffen Entfernung aus feiner üftälje fd)ien irjtt menig 511 berühren. ®er Sßorftanb beS SSereinS rjat feiner ©eitS biefe für irjn unbe^meifett üerbrießlicfje Slngelegenrjeit gleichfalls auf ftdj berufen (äffen unb §ur 9?üd= erftattung beS 1819 gemachten 23orfd)itffeS Don 400 (Stalten niemals einen ©djritt geujan. — gür ben SBiograptjen, ber biefen Vorgängen fo nalje geftanben, finb biefe Eröffnungen 1'eineSroegS angenehm, allein auS ©rünben ber SBat)rr)eit bürfen fte nict)t Oert)eimiid)t merben. 2Sie biefetben protocollarifd) unb briefüd) ber SSeurtljeilung oorliegen, fo gebührt bem 2Siener SRufifoereine roegen feines offenen unb reblidjen 23enerjtnenS nur Sob, SBeetrjoüen bagegen trifft gerechter ^abel,*88) unb mag eS einigermaßen tröftenb ferjn beizufügen, baß im Verlaufe feines gangen SebenS fein jmeiter ärjnlid)er Srjaracterjug aufeu* 238) Schindler ist hier sehr fix fertig mit der Verurteilung seines Herrn und Meisters. So urteilte die Gesellschaft der Musikfreunde nicht. Das Nötige darüber ist in den Erklärungen zum Briefe Beet- hovens an die Gesellschaft der Musikfreunde vorgeführt worden in No. 982 vom 23. Januar 1824, Band V, S. 6—7 namentlich. A. d. H. — 432 — ftnben ift. Sennod) ift fotdie Sßanbtung in ben bi^ßer in ©e^ie^ung auf äußern Sßerfetjr feftgemafjrten ©runbfätjen eine pftid)o(ogifd) auffattenbe (Srfdjeinung unb oerbient Seadjiung. SßetcfjeS maren roorjf aber bie ©rünbe, bie ben S0?ei[ter ju fotdjer ?lbtueid)ung beftimmen fonnten? ^ofitiö laffen fid) btefetben in sroei ^mieten jufammenfaffen, baöon einer in bem Uebermafj Don Siebe 311 feinem Steffen, ber anbere aber in einem Anträge §u duartett=6ompofitionen öon bem rufftfdjen dürften Sftifolaus SBoriS ©atifcin gu fud)en ift; erfterer geigt fid) Don nun an mel)r benn jemals beftimmenb auf Sfjun unb Saffen bei unferm SJieifter. S^tcEjt unroaljrfdjeintid) finbet fid) nod) ein britter ©runb in 33eetrjoDen'§ fünftterifdjer Snbioi= buaütät, bie anbere als burd) mufteatiferje ©efe£e gebotene ©in- fdjränfung nid)t feietjt ertragen fjat.239) Unb fotd)e ftanb bei (Sompofition be§ Oratoriums in Au*ftd)t. Sie Diefen Sefdjroerben ©eiten§ ber Sänger unb ©efangSfunbigen ü6er bie Abnormitäten in ber Missa unb 9. Sinfonie fonnten nidjt ofyne ©inbrud auf it)n geblieben fet)n, loenn er g(eid)roorjl nichts baoon merfen laffen. 33ei ber Snftrumentalmufif mar feine bid)terifd)e SubjectiDität feiner anberen @infd)ränfung untermorfen, aU ber Don ben fjarmonifdjen ©efeften auSgetjenben, unb biefe maren längft mit feiner Snbioibualität (SinS gemorben. Sa rjinberten ben Ausfluß feiner reidjen *pt)anrafte meber rjarte SBerfe, nodj St)nta£, nod) unjäfjtidje anbere SRücffidjten. Sort allein befanb fid) 23eetf)ODen in feinem ureigenen (Elemente, unb biefem geft= galten an bem Angebornen öerbanfen mir feine tiefen, unt>er= gänglicrjen Sichtungen. Um jebod) ben d)rono(ogifdjen ®ang im Vortrage mögtidjft einzuhalten, fotl bie Duartetten=Angetegenljeit erft im fotgenben Abfdjnitte an bie 9}ei£)e fommen, ba fte einen mefentüc^en 239) Hier sieht man doch, daß auch in Schindler die bessere Einsicht in bezug auf das Oratorium „Der Sieg des Kreuzes" auf- leuchtet und warum es nicht zur Komposition dieser Auch-Dichtung kommen konnte. A. d. H. — 433 — Beftanbtrjeit baüon au§mad)t. £)er gtütfc^en genanntem gürften unb bem SSerfaffer 1852 unb 1853 besfaflS geführte ©treit, an ttjeldjein bie Sefemett fo lebhaftes Sntereffe, jum größten Streit aud) Sßartei für ben gürften genommen, beoor bie SRepli! erfd)ieuen, folt pr Bermeibung t>on SBettfdjmetfigleit im (Sontejte nur berührt, mof)t aber unter ben Ergänzungen §u ftarer lleberficfjt vorgelegt merben, mie e§ Beettjooen'3 ©acrje erforbert. Set) oerbanfe biefem ©treite bie Sftöglicfjreit, untnefent* Iid)e ^unete nun berichtigen, aber gugteid) bie @enugtrjuung, alleS «pauptfädjlidje, in ber erften Bearbeitung biefer ©crjrift über biefe Slngelegenfjeit fcgefagte, aufrecht fjalten gu tonnen. Sd) fcfjeue mid) nid)t tiorab baä ©eftänbnifj abzulegen, mie ber nun abzurjanbetnbe 2(bfd)nitt nad) üerfdüebenen Beziehungen f)in fid) at3 ber atterunangenefymfte für mid) geftaltet, barum in ber erften Bearbeitung übergangen morben mar. Snbeffen aud) hierbei mirb e§ jum ©ebot, Sfjatfadjen ju beteuerten, bie meift bor meinen Stugen fid) ergeben unb meift in ©cripttS borüegen. ®arau§ refuttirt eine faum glaubliche Ummanblung in Hcarjmen unb ©runbfätsen bei unferm 9fteifter, bie ben $ßfnd)ologen zur ©rgrünbitng be3 (SaufalneruS auf^uf orbern ge* eignet märe. 3)a§ Snbioibuum tjattc fid) offenbar in gmei mefenttid) tion einanber gefonberte §älften geiftigen 2eben§ Zerttjeüt, bie fid) jebod) in einem gemiffen ^ßunete mieber be= rühren unb nad) Umftänben ergänzen. %lad) ber 9. ©infonie, biefem aüert)öd)ften £riumpt)e ber Snftrumentatmufif öielleidjt für ade 3eiten/ erfd)eint bie ©pontanäität be§ ©cfjaffenS im ©djroinben begriffen, gernertjin mirb ber SReflerjon ein grojge§ Terrain eingeräumt, ja biefe bet)errfd)t in 2öarjrt)eit ben biStjer immer frei au£ bem ©eifte fyerau«^ bid)tenben $ünft(er faft gänztid). 9lnbererfeit§ tjatte bie Stritt)* metif fief) in fo auffattenber SBeife be§ 50ceifter§ beinädjtigr, ba$ ber 9?aum, ben fünft(erifd)e föeftejion freigetaffen, oon ber mercantitiferjen ©pecutation auögefüttt morben. gür ein SritteS mar faft nichts mefyr übrig geblieben, menn nid)t 81. ©djinMer§ 93eett}oöen=;8io8rapfiie. 28 — 434 — ßeitungSlectüre unb Spolitif in 2lnfd)(ag gebracht roerben foltten. 2)iefer in feinem ©runbroefen fettfame Söenbepunct ift im Verlauf bes SarjreS 1824 üöHig in bie ©rfdjeinung getreten, nadjbem ftd) in groei üorfjergegangenen Sauren fdjon manche Vorbereitung ba^tt, audj in feinen fünftterifdjen ^robuctionen (man fetje bcn smeiten ©at3 ber ©onate Op. 111) gezeigt tjatte240). ©inen materiellen 23eroei§ bafür geben and) bie be= .Offerten $enftertäben im ©cfjtofferfjaufe §u Sßaben, au^erbem nod) üorbjanbene, in gleicher Söeife bezifferte Rapiere in grofe= $otio. Sebe rjatbmegS geeignete gtädje roarb mit langen ^eitjen uon ^afyten öebecft. üftur ein im Saljre 1826 eingetretenes gamüienungtüd mar im ©tanbe, bem in ©peculatton ber= funfenen SDfeifter im fategorifdjen Smperatiü „fealt ein!" $u= gurufen. @r überhörte biefen guruf nidjt unb erljob ftd) mieber gu ber angebotenen, feiner $üitftterbebeutung entfpredjenben ®e= ftnnung in SSort unb £rjat; allein für älcandjeS fam biefeä SBieberermadjen leiber 5U fpät. 240) Schindler beweist hiermit, daß er für den Transzendentalis- nius in Beethovens Musik, wie ihn namentlich der zweite Satz der C-moll-Sonate (op. 111) ausspricht, nicht das erforderliche Organ be- sessen hat. — Bei solchen abfälligen Beurteilungen, die sich dem letzten Stadium Beethovenscher Tonsprache gegenüber breit machen, muß man wieder den genialen Bobert Schumann entgegenstellen, wie man denn bei allen Beethovenfragen auf diesen Geniemann zurückgehen muß, der das Tiefste und Wahrste in Beethoven erkannt und ausgesprochen hat. Dieser Geist verkündet in seinen Schriften über Musik (Zitat nach der eisten Ausgabe, I. Band, S. 34): „Es ist albern zusagen: Beethoven begreife man in der letzten Periode nicht. Warum? Ist's harmonisch so schwer? Ist's im Bau so wunderlich? Sind die Gedanken zu kontrastierend? Nun, etwas muß es immer sein, denn in der Musik ist überhaupt ein Unsinn gar nicht möglich. Der Wahnsinnige selbst kann die harmonischen Gesetze nicht unter- drücken." A. d. H. — 435 — IV. $apitd ber äötbertyrüdje uttb ©egenfri^c. 2)er 3eitabfdjnitt ber mercantilifdjen ©pecutation, in roeldjem 1824 bie Sßoefie im ©ienfte SfterfurS geftanben, beginnt mit au3- unb fdjKejjftc^er £mtfeteiftung be§ 53ruber§=„^[eubo" Sodann Dan 1825# Veetfjoüen, be§ tieffinnigen nnb bielerfaljrenen SÜ^eifter^ in biefem ^unfaroeige, fct)on in ben erfien Neonaten be§ 8af)re§ 1824, unb gmar inmitten ber Vorbereitungen gur Sluffüfyrung ber Missa solemnis unb ber neunten ©infonie. ©egen f onftigen Vraud), ^ßtane jeber 5lrt im engeren greunbe£= freife gur (Sprache gu bringen, tiertautete nunmehr fein 2$ort über 31bfid)t ober Vorhaben; (Sorrefponben^en aber unb (Son= oerfation^efte lagen mie immer gerftreut umfyer, beren @in= fetjen für ben tägtid) Slnroefenben ein leid)te3 mar. S)a3 näcfjfte 3iel ber ©peculation mar: einen Verleger aufäuftnben, ber bie Missa, bie 9. ©infonie, bie Duüerture in C dur, Op. 124, ein ©treidjquartett, ba$ er[t in ber Intention erjftirte, nebft einigen SMeinigfeiten nodj, äufammen laufen moHe. S)e§t)atb roarb an bie Vertag§t)anb{ungen S)iabeIIi in 3Sien, Sßrobft in Seip^ig, ©djott in SJJaing unb ©djtefinger in Verlin gefdjrieben; ob audj noefj an anbere, blieb unbelannt.241) — 2)ie betreffenbe ©orrefponbeng öon ^Srobft liegt in brei SfJüdantmorten bor, bereu erftc oom 22. SJcäxg 1824 batirt ift; jene oon ©djott in fünf, (alle an ben §errn £)of=(Eapeflmeifter Veetfyooen abreffirt) beren erfte Oom 24. Wläx^ 1824 batirt. Von ©djteftnger §at ficf> nidjts öorgefunben.242) ®iabeüi fjatte ftet) bloi gunt SInfaufe ber Missa bereit erflärt. 241) Cf. hierzu B. S. Br. No. 1019, 1020 und 1031 (V. Band); ad Probst: No. 993, 1015, besonders No. 1023, 1043 und 1143 (V.Band). Die Briefe an Schott in Mainz sind alle nach den Originalen abgedruckt. A. d. H. 242) Ad Schlesinger cf. die Briefe No. 1096, 1108, 1115, 1194 (V. Band). A. d. H. 28* — 436 — $)er Seidiger Verleger erbittet ficf) bie Cuöertnre nebft brei Siebern unb fedj§ ^Bagatellen, für bie Missa nnb (Sinfonie banft er. 2lu§ feinem brüten Briefe r>om 16. Stuguft be§f. 3at)re3, afö ©rmiberung auf einen au§ 2öien öom 28. Sali mag eine öofftrlid)e ©teile fjier Kaum finben, bie mörttid} lautet: „(Sern f)ätte id) Sljre 9. (Sinfonie üerlegt, bod) rjoffe id) mid) in ber $otge in Syrern Vertrauen unb $reunbfd)aft ftdjer gu befeftigen. Seiber tjinbert ber überall unb befonberä in Deftreid) ftattftnbenbe Dtodjbrud ben beutfdjen Verleger oft ein Sßerl nad) SSürben §u rjonoriren, unb id) felje fd)on in SSien, toie auf bie je|t eben Don 3f)nen gu begietjenben neuen 2Berte bie 9taubfd)üt5en lauern, um mid) unter bem 8d)u^e ber ©efe^e §u beftefjlen; allein ba bürfte man gar md)t§ @ute§ tjerausgeben, um biefem 5U entgelten, unb, um bie SBett mit (Sd)(ed)tem 5U bereichern, mürbe id) mat)rlict) lein 9#uftfDerleger." 3)iefe ©teile belehrt un§, haft ba§ greibeuterroefen unter ben beutfdjen Verlegern im 2>at)re 1824 — §ur Scfjmact) für alle Regierungen unb sunt 9tac^tt)eit für alle Tutoren — nod) immer une gu Anfang be§ SafyrljunbertS in $8tütt)e geftanben. Wa§ moljl nur einer erifttrt fjaben, ber fid) nicfjt (Singriffe in ba§ (Sigentfjum eines (Sollegen erlaubt f)ätte? Sie $erlag<§t)anb(ung Sdjott in SLtfaing erbittet fict) im erften ^Briefe nur baö intentionirte Quartett, mofür 50 ©ucaten fofort in SESien beöonirt merben follen bi§ jur %b- lieferung be§ 9Jcanufcripts. 3>n betreff ber Missa unb ber (Sinfonie madjt fie ben $orfd)lag, ba§ öertangte §onorar in öier Terminen üon fedjö 5U fed)§ ÜWonaten gatjten §u motlen, unb fät)rt fort: „Unter biefen SSertjättniffen magen mir ben Sßerlag biefer fet)r großen unb fet)r mistigen 2öerfe, unb mürben mit Stol^ ben Verlag berfelben mit aller nur möglidjen Scfjön* t)eit au^ftatten unb $ur augenblidlidjen Sluffüfyrung in Stimmen nebft Partitur ftec^en laffen." — Sn einem föäteren Briefe öom 27. Slorit 1824 biefer $erlag§t)anblung tieft man: „2luf unfere beiben ©riefe öom 24. Wäx^ unb 10. 5löril münfdjen — 437 — mir ferjnlidjft eine ^üdantmort;" barin mirb nod) ber SSunfdj auSgefprocrjen, 23eett)ooen möge felber bie ^erminja^tungen be* ftimmen. (Sin $rief öon 93. ©ctjott'3 ©ölmen, de dato 2Mn5 ben 19. $uft 1824, befunbet ben Slbföfofe be§ ®efd)äfte§ in nad)= fterjenben Söorten: „Sero öereljrte 3uftf)rift yom 3. °- 3U er* mibern, motten mir nun nidjt länger Oerfäumen, ba mir mit bortigem §anbet3l)au<§ §errn $rie<§ u. ©omü. bie @inrid)tung getroffen, bafe biefelben bie 3a^ungen nac^) oen öon Sljuen beftimmten Terminen auf unfere aufgehellten Sßecrjfet leiften, meldje biefelben Stjnen aufteilen merben, mogegen ©ie bie @üte fjaben motten, bie beiben üDcanufcripte, nämtid) bie grofje SOZeffe unb bie neue grofee ©infonie, an ^perrn $rie§ u. (Somü. git übergeben." ®ie gnrifdjen bem Äünftler unb biefer $ertag§f)anbtung getroffene Uebereinfunft beftimmt für bie Missa 1000 ©ulben in Gonü. Wl. (128 9?at>b'or.), für bie Sinfonie 600 ©utben in Gono. 99?. S)ie ben dürften ^kotauS SöoriS ©atitjin fd)on in ber erften Ausgabe biefer ©crjrift betreffenbe ©teile, bafe er an 23eett)oüen bie ©umme öon 125 $)ucaten für bie sufotge feiner 3tufforberung für ir)n gefdjriebenen brei Quartette fdjutbig ge= blieben, t)at biefen gürften eift im $af)re 1852 mit einer „au §errn 23renbel, Dtebacteur ber 9?euen 3eüftf)rift fur 3Ku[if/ geridjteten ©rflärung" tjeroortreten gemacht, roeldje in %lx. 6, üom 6. 5tuguft beffelben Saf)re3, abgebrudt erfdjien. Sebodj fcrjon im Sarjre 1832 fjatte ©erjf rieb ©eite 12 ber (Stjaracter* 5üge unb Slnefboten in „25eett)ooen'3 ©tubien" auf biefen „betrag öon 125 3)ucaten, roelcfje SBeetfjoöen für gelieferte ßomüofitionen an einen au§tänbifct)en gürftennodj §u forbern tjat" fiingemicfen. 2lu3 jener „©rtlärung" erfuhren mir, bafj 93eett)Oüen ben $ßrei§ eineä jeben Quartette auf 50 ©ucaten feftgeftellt unb $ürft (Mitün ben $ßrei§ für baZ erfte berfelben nod) im Saljre 1822 ein* — 438 — gefanbt, refp. in bem SknfljjauS £>enidftein u. (Somp. angennefen Ijat, um bei Ablieferung be§ 9ftanufcript§ erhoben merben gu !önnen. Sn berfelben (Srftärung be§ dürften finbet firf) aucr) nad)ftet)enber $affu§, ber in Ijofjem ©rabe ftutjen machen fann: „©3 ttjut mir leib, Sfynen e§ jagen §u muffen, aber in meinem 35erfet)r mit S3eett)oöen tjabe id) bie ©eiri^r)eit baüon erlangt, bafj feine Micateffe nidjt auf gleicher £)öf)e mit feinem ®enie fianb." 248) ©er $ürft motiüirt fpäterfjtn biefen ehrenrührigen 5Tu§faß gegen ben Sfteifter bamit, meit bie $ertag§fjanblung ©cfjott 31t 9J?ain§ ba§> erfte Duartett biet früher erhalten fyabt, a{% er felber, „ber gang bei «Seite gefdjoben mürbe, mie er fidj au3= brüdt, unb ba§ SBerE erft im Wäx-^ 1825 ermatten tjaben rottt." @r fe|t nod) ^in^u: „58ei bem beften SGßiöen roirb man ein fotd)e§ $erfat)ren nirf)t a(§ ben 2öpu§ eine§ beücaten 23enelj)men§ anfefjen tonnen." (9ceue 3eitfd)rift für SKufit 9?ro. 2, 1853.) darauf ift einfad) $u ermibern, ba& ba§> fragliche Quartett in Es dur, Op. 127, in ben erften 2öod)en beö 3at>re§ 1825 tioflenbet mar unb erft im Wlävö beffetben 3af)re3 jum erften 9JM üon ©cfjuppanäigf) öffent(id) üorgetragen morben. (35ergl. Mg. SKuf. 3tg. 27. Safjrgang, (Seite 246.) (Srft nad) biefer Sßrobuction ift ba$ 9Jcanufcript nad) SD^aing abgegangen. £>a= burd) bertiert ber SSorrourf be§ dürften feinen 93oben. 3u fct)arfer (St)aratterifirung be3 mercantilifdjen $(bfdinitt§ mirb öorerft ein ©djritt in ba$ Satjr 1822 gurüd §u tljun fetjn, um eüt>a3 in jebem 23etrad)te HbfonbertidjeS gu enthüllen, baZ unbe^meifelt at§ $o(ge ber Stufforberung be§ dürften ©ati^in gu Quartett; (Sompofttionen betrachtet merben tann unb ungtaub- (id) fcfyeinen müfjte, läge ntctjt ber auttjentifdje $ett>ei§ öor. tiefer beftetjt in bem SBorttaute eine§ in frangöfifdjer «Sprache abgefaßten Briefes öon (Stjarteö 9ceate, de dato „Londres le 243) In Sachen des Fürsten v. Galitzin ist der Streit zwischen Schindler und Galitzin zur Genüge in B. S. Br. No. 1094 (V. Band) er- örtert worden, besonders S. 162 f. A. d. H. — 439 — 2. Septembre 1822" an 33eetf}Oüen. @r bringt bie Hntroort auf ein an it)n gefommene<§ 2(nfucf>en be§ SSJceifterg, bie 9ftanu= fcripte öon brei neuen Quartetten in Sonbon gu berfaufen.*) (£t). 9?eate roarb glauben gemacht, ba$ biefe 2Ber!e bereite fertig boriiegen. ®a jeboct) im ©ommer Don 1822, nact) bem 3eu9= niffe Don griebrid) 9Rocf)li|, bie 9lbfic&t laut auSgefbrocfjen mar, groei neue Sinfonieen unb ein Oratorium gu fdjreiben, fo möchte au3 bem ©dritte in Sonbon faft gu entnehmen fetyn, bafj biefe brei Quartette ben genannten großen SSerfen Ratten borau§= geben folten; benn bie $rüd)te auf bem gelbe §um $aufe an* bieten, mo§u bej ©aamen erft nact) Verlauf bon §mei ober brei Sahren in bie (Srbe geftreut roerben folT, erfcheint bocl) roorjt gar §u roiberfinnig. Sefehen mir un§ nun ben §aubtpttnct in bem 53riefe bon üfteate. tiefer tautet: „. . . C'est une täche bien ingrate pour moi, que de vous annoncer ce que j'ai ä vous dire. Mon intention etait de prier quelques amis musicales de s'unir ä moi pour l'achat du manuscrit de vos trois Quatuors, n'etant pas assez riche moi meme pour m'en charger seul, tont dispose que je suis ä souscrire pour ma portion de la somme. Je ne prevoyais aucune difficulte ä faire cet arrange- ment, mais je suis fache de dire que j'y en ai trouve plus que je ne m'y attendais. Les uns disent qu'il faudrait etre parfaitement sür de l'arrivee du manuscrit ; les autres preten- dent qu'ils ne veulent pas en priver le public etc. Cependant il me semble enfin que je suis venu ä bout de vous en *) (£3 mag üieltetd)t auffallen, warum Seetfjoöen fid) in fo belicater Slngelegenfjeit an einen gremben, nid)t einzig unb allein an gerbinanb 9?ie3 gewanbt, bev bod) bis bafyin mit 33eforgung be3 ^ercantilifdjen in Sonbon beauftragt gewefen. 2)er SOceifter näljrte jebod) ftfjon feit längerer 3eit einen ©roll gegen feinen ©djüler unb greunb, unb t)atte 511 Diele 9tücffid)ten auf feine eigenen ^ntereffen, um fid) offen aussprechen. 3)ie§ Ijätte nid)t wenige Steine jwifdjen Reiben au§ bem 3Bege geräumt, unb bie «Spannung oielleidjt gauj aufgehoben. @§ wirb paffenb fenn, biefe 3)inge im 5!Jcuficalifd)en Xtjeil biefer ©djrtft näfjer ju beleud)ten. — 440 — procurer la somme de 100 L. Sterling; mais je suis fäcb.6 d'ajouter que cette somme ne pourra pas etre payee, avant que le manuscrit ne soit arrive ici; parce qu'il faut que j'en recueille les fonds, et je suis certain que les amis auxquels je me suis adresse s'empresseront de satisfaire ä leur engage- ment, aussitöt que le manuscrit sera ici. II y a encore une autre difficulte, c'est qu'on craint que les Quatuors ne soint copies ä Vienne; je me fie que vous aurez soin de l'empecher."*)244) 2)er le£te ©cfc befagt beutlidjer nod) als bie oorftef)enben, bafj e§ bei biefem ©efdjäfte auf feinen Verleger, fonbent auf einen $ßriüaten, ober mehrere uereint, abgefetjen tuar, bem ober benen biefe Duartette für einige geit, meUeicfjt für ben Umfang eines Safyreä — inte e§ aud) bei bem ©t. Petersburger 5tunft= freunbe ber gatt fetjn fottte — junt alleinigen ©ebrauc£)e Ratten überlaffen tuerben follen. 9fteine3 Zfytxtä uermag id) am biefer *) Ueberfetjt: „tibi tft eine fefjr unangenehme Aufgabe für mid), Sbnen golgenbeS melben ju muffen. ÜJJeine Slbfidjt mar, einige muficalifdje freunbe jit bitten, fid) jum Anlauf be§ TOanufcriptS Sfcer brei Quartette mit mir ju vereinigen, inbem id) felber nidjt fo nermögenb bin, e3 altem unternehmen ju fönnen, gleidjwofjl id) bereit bin meinen STtjeil beizutragen. Ü3ei biefem Arrangement blatte id) feine Sdjmierigfeiten üorauggefefjen, allein id) bebaure fagen ju muffen, bafj fid) beren meljr uorgefunben, af3 id) erwartet. ®ie ©inen fagen, man muffe ber Anfunft be3 9#anufcript3 ganj fid)er ferjn, bie Anbern wieber, baß man biefe SBerfe bem publicum nid)t entjieljen foüe, u. f. m. Sennod) fdjeint eg, ba'ß id) bal)in gelangt bin, Seinen bie Summe uon 100 s^f. (Sterling uerfdjaffen §u tonnen; e§ tljut mir aber leib Ijinäufügen ju muffen, bafj biefe Summe erft nad) eintreffen be§ 9)2anufcript§ gejault werben fann, erft bann fann bie ©infammlung beginnen, unb id) bin gewijj, bafs fid) i>k unteijeidineten greunbe beeilen werben, tbjer Verpflichtung nad)äufommen. (53 gibt aber nod) eine Sd)Wterig= feit babei; man fürd)tet nämlid), baJ3 biefe Quartette in SSien copirt werben lönnten. 3d) erwarte jebod), bafj Sie Sorge tragen werben, bieg ju Der* Ijinbern." 244) Vgl. B. S. Br. No. 876 (IV. Band), ferner No. 1152 (V. Band) nebst Anmerkungen. A. d. H. — 441 — feltfamen, fdjmer ju begreifenben ©pecutation in Sonbon nur bie (Eingebung beS $ßfeubo=5kuberS $u erblichen, in beffen Sopfe allein berlei ben SEonbicfjter Ijerabraürbigenbe ^(ane ausgebrütet »erben fonnten. 28ie berletjenb für Ujn erfdjeint fdjon baS in biefem Sonboner Briefe offen auSgefprodjene Sftifetrauen in feine SBorte! 33ei Eingabe ber fubfcribirten (Exemplare bon ber Missa solemnis ift beigetjenb bemerft, bafj Sßeetfjoben aud) bem dürften ©atitjin ein (Sjemptar jugefdjidt unb bafür bie für baS erfte ber beftettten Quartette in 3Sten beponirten 50 S)ucaten in (Smpfang genommen fyabz. @§ läfet ftd) feineSfaÜS präfumiren, ba^ bie^ otjne ißormiffen unb guftimmung beS gürften ge= fdjeljen ift. 2IuS ber $polemi! beS dürften mit bem SSerfaffer fjat ftd) baS factum ber lleberfenbung beS (Exemplars unb ber (Empfangnahme ber genannten Summe bafür mit ©enriBfyeit IjerauSgeftellt, mie aucfj, ba^ biefe entnommene ©umme atSbalb burct) ein gleidieS S)epofitum auS (St. Petersburg erfetjt morben. lieber ben (Smpfang beS (SjemplarS liegt bie Ueberfetmng eines bom 29. üftooember 1823 bon bem dürften an 53eett)Oben ge= richteten 23riefeS bor, ber atfo beginnt: „9ftit unauSfpred)lid)er $reube, mein §err, ertjielt id) bie SKeffe, bie ©ie bor Äußern componirt tjaben, unb ba id) felbe bis je§t nur burd) bie Partitur beurteilen tonnte, fo fanb icfj jene (Erhabenheit barin, bie allen 3t)ren (Sompofttionen eigen ift, unb bie Sfyre 2Berle unnad)= atjmlicfj macfjt. $d) befdjäftige midj biefeS fcfjöne SSerf auf eine 2lrt aufführen ^u laffen, raeldje mürbig feines SßerfafferS unb berjenigen ift, meiere ftd) ein gcft barauS madjen, felbeS gu t)ören." u. f. m. 3n einem anbern bortiegenben ^Briefe bom 11. dJläx^ 1824 matjnt ber gürft an baS $Berfpred)en mit ben Quartetten. Sarin Ijeifct eS auSbrüdtid): ,,3d) bitte ©ie, mir gefälligft miffen 31t laffen, um rceldje $eit id) bie Quartette i)offen fann, metdje id) mit fo biet Ungebulb erwarte, unb toenn ©ie ©elb brauchen füllten, fo begierjen ©ie gefälligft bie Summe, tneldje ©ie ber= — 442 — langen, Oon ben sperren ©tiegüt; u. (Somp. in @t. Petersburg, ttjetdje auf S^en SSunfdj bebten derben." — 2)iefe SSeifung trägt unftrcitig ba§ Slnjeidjen eine§ fürftticfjen (StjarafterS unb mag für ben £onbid)ter, merjr nocfj für beffen $ßfeubo=33ruber, ein mächtiger ©porn gemefen feon, einen fo gro&mütrjig ftdj geigenben Äunftfreunb ab§ ©önner ftcf) 511 erhalten. Sn einem britten öorüegenben Briefe t>om 8. 5fprit 1824 ergebt ftdj ber $ürft in entrjufiaftifdjen SobeSerrjebungen über bie Missa, melcfje £ag3 Dörfer in (2t. Petersburg mit großen Gräften 3ur Huffüfjjrung gebracht morben mar. GS fjeiBt barin: „Wan fann fagen, haft 8(jr ©cmuS Safyrijjunberten oorauSgeeitt ift nnb bafj eS bielteicfjt jetjt feinen 3u^)örer gibt, ber genug erleuchtet märe, um bie gan^e ©djöntjeit biefer SO^uftf gu ge= niesen. 5lber bie ÜJiadjfommen merben Sfjnen tjutbigen unb Sfyr 9lnbenfen merjr fegnen, a(3 eS bie geitgenoffen öermögen." ©er 23rieffteHer fcfjliefjt mit .bem ©a£e: „SSer^eitjen ©ie, bafe itf) 3fynen burd) meine S3riefe fo oft Sangeroette öerurfacfje, aber e§ ift ber aufrichtige Tribut eines %fyxex größten 23emunberer." £>iefe 3)aten genügen, um unS in bem ruffifdjen dürften einen ebehnütfyigen Äunftförberer ^u bergegenmärtigen, eine (£r= fdjetnung, bie auf unfern Sfteifter einen tiefen Ginbrud ju mad)en nidjt öerferjten tonnte, benn biefer 9iuffe rangirte in einiger SSe^ierjung mit ben in ber Erinnerung (ebenben 3>eutfd)en unb $ßolen, ai§>: SidmomSfy, 2obfonri§, HinSfO, ©c^toargenberg, feinen SanbSmann Siafumorasft) nid)t 5U üergeffen, unb anbern nod), bie in befferen Sagen in erfter 9\ett)e ber ^lunftförberer in ber öftreid)ifd)en £)auptftabt geftanben. £)ätte nur biefer 9xuffe bie fo fd)ön begonnene Sfolte in gteidjem (Etjaracter fortgefpielt, bamit bem 93iograpt)en bie Sßflidjt geworben märe, feiner ^nftigation 3U neuen ©djüpfungen bei unferm iUteifter unb feines SßerfyaftenS gegen itjn im ^puncte ber gemachten ßuftdjerungen für feine arbeiten nidjt anberS als tobenb ermähnen %u muffen. Seiber, bafj eS in teuerer §infid)t anberS gekommen: ber $ürft ift in einen bebauerlidjen 3Biberfprud) Oerfaüen, ber eS nad) SeetfjoOen'S — 443 — 2Ibteben guerft ben SSormunb oon bcffen Steffen, biet fpöter crft feinem 33iograpt)en %ax ^ßfücfjt gemadjt, in Magen gegen irjtt laut ju »erben. SSertaffen mir jebocfc) einftmeilen biefeS Ouartett^rjema, 6i§ ber redjte SJcoment fommt um meiter barin oorfdjreiten gu fönnen. SSenben mir un§ auct) ah öom ?tnbticl ber 23eett)oüen'fd)en Siedjenftube, nadjbem Uorcjer nod) berührt merben mufc, ba^ bie 3eit ber SSorftubien gitm SBefjufe ber 9(uffüt)rung be§ erften biefer Quartette unferm üKeifter einen neuen greunb jngefütjrt, mie er einen foldjen fdjmerüd) gehabt nnb mie er ifjn nunmehr bei feiner ©eifte3rid)tung bebnrft, einen $reunb, ber fogar ben cafeutirenben ©ruber überftüfftg gemacht t)at. @§ mar ®art ^0(5. S)urd) ba§ ^nficrßictjen biefeä jungen 2ftanne3,*) me(d)er Beamter in einer .^anjtei unb gugleictj ©ecunbariuS be§ •Sd)u|)pan^igt)'fd)en Quartetts gemefen, t)at 23eetl)ou>en ba§> äftafr ber aBiberfprücfje in SBort unb Stljat öotl gemadjt. ;£)aburd) fyat er fitf) in eine ^ßofition oerfetjt, bie uon ben ättern grennben tief betlagt merben nutzte, raeStjatb fie fid) auetj fo üiet mögltd) t>on i§m entfernt gehalten tjaben. Start §0(5 mar ein acfjtung«?- mertrjer 9J?ann, ber ctaffifdje ©djutftnbien gemadjt unb gute mnficatifdje Slenntniffe befeffen, metd)' teueres ber eingenommene ^(at> in bem funftgefdjidjtttdjen Quartett=$Berein bezeugt. 2lnberer= feitö aber mar an Start §0(3 jeber 3°ß e™ SBiener „$aiate" fon erfter Qualität, gegen metct)e unfer 25eett)oüen immer eine tief gemurmelte Stntipattjie offenbart rjatte;**) feine ©efinnung *) ftarl §ola, geb. 1798. **) Sm fünften ©efange ber Odussee wirb bev „(jervlirfje ©ulber" mit •[einem ©cfnffe oon einem ©türm an bie Stuften eine§ unbefannten üanbe§ geworfen. (SS ift ba§ Sanb ber g-atafen, jüelctjeä §omer im fiebenten ©e- fange fdntbert, alfo beginnenb:245) Slflba fafjen ftet§ ber g-aiaten f)orje 33et)errfd)er geftlid) bei ©peif nnb Sranf, unb fcrjmauf'teu Don Soge ju Sage. ÜKan erfennt barau§ bie 2ütfpietung auf t>a$ SSiener Seben in 33eet= booen'3 SBriefe an £>aufd)fa «Seite 428. 245) Homers Odyssee, VII. Gesang-, V. 98 f. A. d. H. _ 444 — fonnte natürlidjerroetfe nid)t barü6er ergaben fetjn. Mein bie[er junge 9I?ann mar ein gang öor^ügüdjer ^ledjenmeifter, unb biefe (Sigenfdjaft mar e3 gang allein, bie ben gaiafen, mie ben SJcufifer, in ben Stugen 23eett)oüen'§ gan§ überfein machte; benn folget (Sapacität beburfte er bei feinem ©eifte^miefpalt eben fo not^- loenbig, mie Söaßenftein be§ Stftrologen alte3 nictjt ber* fe()tt Ijat Slufjejjen ju madjen. & §0(3 fdjien bamit geigen gu motten, baß er über ben fonft fo gurüdge^ogenen Stteifter unb über beffen ©inn affe§ oermöge, unb ma&rtid) er ber* mochte ba§> Unglaubliche. SM man einen nod) ftärferen 33e= mei§ baoon al% ben, baf$ Q3eetljoOen in alt' bem Speculation^ taumcf, in metdjem er ftd) eben befanb, ^Sattje be§ erftgeborenen Sot)ne§ biefeö neuen greunbeö geroorben?!24*) Saburd) offen- barte fid) ber ©trnt unferö äMftcr§ in einer SOcetamorpfjofe, bie Oerbtüffen tonnte. Saft unter foldjer Seitung bem 2Bein= gotte aufteilen Opfer — bor fremben Stugen — gebraut morben, ift teiber roabjr, unb bat gerabe biefeä ba§ 33ebauern alter treuen ^reunbe unb Slntjcutger nod) fteigern muffen. Dr. äöamrudj'ä anfdjulbigeube SSorte: „sedebät et bibebat," finb nur auf jene ©emeinfd)aft ju besiegen.*) ©er geitraum, in roefdjen biefe Ueberfcfjreitungen fallen, erftredt ftd) gottlob nur üom §erbft 1825 bi§ gur Sommerzeit 1826. SBetdje Sßerfe bemfelben ir)re (Snftefyung oerbanfen, roerben mir uernelmten. *) Stet) bie Grgänjung: 33eetljoben unb fein legtet 8lr§t Dr. SBaiurucf]. 247) Weder Stephan von Breuning, noch dessen Sohn Gerhard, noch Dr. Bach, noch irgend ein anderer haben an diesen Dingen etwas auszusetzen gehabt, gewiß freuten sich alle, daß Beethoven noch so für den Lebensgenuß empfänglich war. A. d. H. 248) Das beweist nur, daß Beethoven herzlichen Anteil an deu Lebensschicksalen seines jungen Freundes Holz nahm. A. d. H. — 447 — SBenben mir wt§ nun mit biefen feine3fall§ erfreulichen STnbeutungen gu ben legten ©djöpfungen be§ großen SDTcifterg, 5U ben fünf legten Quartetten, mo^u, mic roir bereite roiffen, $ürft ©atitjin ben SmpulS gegeben, 51t jenen 2Berfen atfo, bie in ber ©efamtliteratur 35eetrjot>en'3 bie 5at)tretd)ftett 2Biberfprüct)e unb ßontroüerfen hervorgerufen unb fdjroerlicrj jemals eine Uebereinftimmung in ber 93eurtbeitung, über eine §uftimmenbe Ütedjtfertigung, erleben merben, in bem ©inne nämtid), mie biefelbe anbere au§ früherer 3eit er*eDt Ijaben. (53 ift £t)atfad)e, ba^ in 9xücferinnerung an fotcfje SBerfe baä Urttjeit ber geitgenoffen über biefe Quartette im ©anjen ein Oorfid)tige§, referüirte3 gemefen. Mein fdjon bamatö fyat e§ an unbefangenen Äunftfennern nicfjt gefehlt, bie nad) jahrelangem ©tubium biefeS SBermäcfjtniffeS gur Ueber^eugung gelangt, bafj bie auf bem Söege ber 9iefterjou gefud)te Kombination in einigen Reiten (nict)t in allen, mie beren Sefämpfer behaupten) auf bie fjöcfjfte ©pi£e getrieben erfcfjeint, mobei gu aüernädjft bie logifcfje 9?otrjmenbigfeit in ber Sbeenüerbinbung gefäfjrbet roerben mu^te.249) $)af3 £)ait^tfäcl)licf) (euerer Umftanb ein nitf)t ju befeitigenber ©tein be§ StnftofeeS 3U fidjerem SBerftänbnif; ber bid)terifd)en Intentionen bleiben, nur §um zufälligen (£r= rattjen ober gar deuteln bienen roirb, roirb roorjl Oon Sebem, aufgenommen üon unbebingten ©laubigen, zugegeben roerben. 2)er $erfaffer fottte einige ber mit biefen SBerf'en perfönlid) erlebten Vorgänge mit einflief3en laffen, allein e3 mürbe im 3Sefentlid)en nidjt3 in ber ©ad)c änbern. (Siner ber erleucfjtetften Kenner öeetrjoüen'fd)er S0?ufi£ mar fein greunb ©raf $ranS Oon ©runSmid in ^ßeftt); burfte er ftcCj bodj mit üottem 9ied)te feinen 3°3^nÖ nennen. Unfer gemeinfameS ©tubium biefer Quartette mit feinen au^gejeidjneten (Eomititonen burd) groei öolle SBinter Ijiuburd) tjatte un» motjl bie tjarmonifdjen, über- 249) All dieses wird durch die erliebende Tatsache widerlegt, daß gerade die letzten Quartette des Meisters im Laufe der Jahre immer mehr zum Gemeingut der Gebildeten geworden sind. A. d. H. — 448 — fjaupt tedmifcrjen ©djönljeüen erfcfjfoffen, in Se^ug aber auf (Srfennen ber logtfdjen Sftotfjtuenbigreit in ber Sbeenüerbinbung blieb ba$ 9vefuttat tjier unb bort ein fd)tr>anfenbe§. ©raf SBrunSttncf glaubte aufteilen mit feinem fdjarfen "Jete^cop ba$ ©efucrjte aufgefunben p tjaben, aber al^batb oerlor fid) ba§ ©cfunbene im ^ebet unb er fdjnft fid) abermals einen ,,©d)tuac£)= fopf". %lad) Sauren metbete er mir, bah ba$ ©unfet in triefen (Stellen nod) immer baSfelbe geblieben, rcie bei unferer Trennung im grüfjting 1829. ©eetfjouen begann mit ber (Sonception be§ erften biefer Quartette im ©ommer 1824 ju 33aben, im Qctober jurücf= gekommen fefcte er fiel) fog(eid) an bie Aufarbeitung. (Sr begog bie§mat nad) langer $eit mieber eine ©tabtmotjnung, bamit fein Sfaffe, ber oon nun an ftetS bei it)m mo{)nen unb im näd)ften ©emefter bie ftörfäte ber pf)itofopf)ifd)en gacultät befudjen follte, bem ©it?e ber 3ßiffenfd)aften nafye fett. üftodj rjatte bie Partitur bie le£te geile nicfjt erhalten, at$ ber $?eifter in eine fernere, Diele 2Bod)en anbauernbe Sfranftjeit Herfiel, melcfje iljren ©runb in bem faft beftänbig leibenben Unterleib gehabt, ©eit bem 3ermürfnif5 mit Dr. SQJalf attt (1815) mar ber gleicfjberütjmte SÜr^t Dr. ©taubenljeim fein DrbinariuS. S)a biefer auf 23e= folgung feiner 23orfd)riften ftrengftenS gehalten unb be3faö§ mit feinem unfotgfamen Patienten ein ernfteS SBort 31t reben fid) erlaubte, fo fanb fid) biefer üerantafjt, nun ben ^Srof. Dr. S3raun = fyofer an fein Krankenbett gu rufen. Mein biefer gab feinem Vorgänger in ber 3M)anblung be§ eigenmilligen Seetljoüen nichts nad), oietmeljr brad)te er einen ©rab tion mienerifdjer £>erbt)eit mit, bie bem Traufen imponirte unb in Q3e3ug auf ©enefung gute folgen gehabt. Snbefj roiet) ba§> Uebet erft ooUftänbig mäljrenb feines ©ommeraufenttjattö in 53aben. Sie erfte ^?robuction be§ erften biefer Quartette in Es dur, burd) ©d)uppan^igt) unb ©enoffen, t)atte, mie üorfyer bemertt, im Sftonat sItfärg 1825 ftatt, mifcglütfte aber faft üotl= ftänbig, fo baft baZ mit tjotjer ©pannung gekommene 31ubitorium — 449 — giemlicf) öerbnjt ben *&aai Oertiefc. Wem frug ftd) gegenseitig, raa§ man beittt eigentlich) gehört fyabt. 2htd) ber Referent ber Mg. SDcuf. ßtg. fagt ©. 246, bafs ba§ SBerf üon ben SBentgften berftanben unb ganj erfaf3t morben. @r geftetjt üon fidj: „9?ef. raill ftd) fet&ft nidjt ausnehmen." £>ie Urf adje be§ SJiijjtingenS wollte man allein in ©d)uppan5igfj finben, ben man 5U correcter SluSfüfjrung, mie auef) gu geiftiger SCuffaffltitg ber fdjmierigen Aufgabe nidjt metjr für fätjig erftärt fjatte. (£3 !am barum gtuifc^en it)m unb bem (Somponiften $u bitteren (Sjpectorationen. 2)iefer rcottte e§ aber bei folgern 9lu§gange nidjt betoenben laffen unb ttwnfdjte eine Stjrenrettung feinet SßerfeS. @r erfudjte bemnad) ben Sßrofeffor am (Eonfertiatorium, Sofepf) S3öf)tn, biefelbe an <2d)uppanäigf)'3 ©teile fyerbei gu führen. % 23ötjm, met)r ßoncert* at§ Ouartett=(3pieter, fonad) in Ueberminbung ted)nifd)er ©djmierigfeiten 33irtuo3, erreichte mit bem SBerfe atterbing§ einen befferen ©rfotg; beffen un= midjtet moüte fidt) ba§ tiefe ©unfet in einigen ©ätjen nid)t er- hellen, ©er (Somponift aber mürbe teiber üon einem oollftänbigen (Siege benadjridjtigt, al§ fei) baä SBerl; nun Sitten fo ftar er* fdjtenen, mie jebe§ ber älteren tiefer (Gattung. $or ber erften ^?robuction biefe* Quartette tjatte ber SOZeifter nadjftefjenben (Srtafj260) an bie 9lu3füt)renben gerichtet, ber im Original üortiegt: „Söefte! @3 nrirb Gebern tjiemit ba$ ©einige gegeben, unb roirb hiermit in Sßflidjt genommen, unb gtuar fo, bafj man fief» an* fyeifdjig madje, bei (Sfyre fidj auf ba§ S3efte ju üertjatten, au& äitjeic^nen unb gegenfeitig guoor ju tt)un. £iefe£ Statt tjat Seber 5U unterfdjreiben, ber bei ber be=» mußten 'Badjt mit^umirfen fjat." SSeettjoüen. 250) Dieser Erlaß ist genau nach dem Originalinanuskript publi- ziert in B. S. Br. No. 1059 (März 1825, V. Band). A. d. H. 81. on $. §ol§ üor= getragen rcorben. ©er 9J?eifter faf* ben Spiefern gur Seite. Scfjtefinger ermarb fofort ba§> (£igentt)um gum Vertag für $xax\U reict» unb ©eutfdjtanb unb nafun ba§> SManufcript mit nad) Sßartö. 1826. ©a£ 3unäd)ft entftanbene Ouartett mar ba§ in B dur mit fed)§ Saiden, — mit ©runb: ba$ SDJonftrum aller duartett^äJcufil benannt, ©effen erfte ^3robuction bilbete ben Scrjlufe ber s2lbonnement=Guartette im 9)Mr§ 1826. MeS, ma§ SBien an Ouartett^TJhiftt^reunben befeffen, fjatte ftd) öerfammelt, um $euge oer erften Sluffüljrung biefer neueften ©djöpfung 311 ferjn, über bie bereits 2&unberlid)e§ auSgefagt morben. lieber ben erfolg foE ber Referent ber Mg. 2Ruf. £tg. (Seite 310) gerjbrt merben. @r berietet: „©er erfte, britte unb fünfte Sat> finb ernft, büfter, mtjftifd), mofjl aucfj mitunter bigarr, fdjroff, unb capriciöS; ber gmeite unb Oierte üoll 9J?utt)miflen, grotjfmn unb Sd)alft)afttgfeit; babei Ijat ftd) ber £onfe§er, ber befonberS — 451 — in ben jüngften arbeiten feiten üDJafj unb Qui 5« finben muffte, ungemöfynlid) tuv^ unb bünbig au3gefprod)en. äftit ftürmifcfjem SßeifaE mürbe bie Sßieberljotung beiber ©ä£e »erlangt. 5tber ben ©inn be3 fugirten finale magt Referent nid)t gu beuten: für itjn mar e3 unöerftänblid), djinefifd). 2Benn bie Snftrumente in ben Legionen be3 ©üb* unb 9?orb= pol<§ mit ungeheueren ©djmierigfeiten $u fämpfen fyaben, menn jebeS berfelben anberä figurirt unb fie ftdj per transitum irregulärem unter einer Ungatjt üon SDiffonan^en burcfjtreu^en, menn bie «Spieler, gegen ficfc) felbft mifjtrauifd), mot)l aud) nid)t ganj rein greifen, freilid), bann ift bie babt)tonifd)e ©ermirrung fertig; bann gibt e3 ein (Soncert, moran fid) allenfalls bie 9}?aroffaner ergoßen fönnen. 9SieIteid6)t märe fo mandjeS nid)t l)ingefd)rieben morben, tonnte ber Sfteifter feine eigenen ©d)öp= fungen aud) (jören. ©od) motten mir bamit nid)t üoreilig ab* fpredjen: üietleid)t fommt nod) bie 3eit, mo ba§>, ma3 un£ beim erften 33üd trüb unb oerroorren erfcfjeint, flar unb in mot)l= gefälligen formen erfannt mirb."261) S)ie «Stimmung, in meldjer bie Slumefenben fid) entfernt fjatten, läfet fid) nad) bin Sßorten biefeä in ber SRegel getreuen ©djilbererä be£ allgemeinen (£inbrud§ ermeffen, benn niemalö roof)t finb in einem Snftrumentalmerfe fo fdjroff contraftirenbe ©egenjäfce neben einanber geftellt erfcfjienen, als in biefem Quartette; bemnad) ber 3u^)örer nad) bem freubigften ©ntjüden über ben Haren §immel über iljm fid) fogleid) mieber, menn nid)t in ein mnftifdjeS 2)untet eingefüllt, fo bod) in tiefen (Srnft üerfetjt fütjtt, al§ tjabe ber ßomponift mit feinen ©efütjten ein ©piet ju treiben beabfidjtigt. $ottenb£ bie guge ai$ $inat= 251) Nun, diese Zeit ist längst erschienen. — Über die Neben- umstände und Beethovens joviale Teilnahme an den Freudentagen bei der Anwesenheit Schlesingers und Kuhlaus in Wien hat der Heraus- geber eingehend geschrieben; cf. „Beethoven und Berlin", 1909, im Aufsatz „Beethoven und der preußische Königshof unter Friedrich Wilhelm III.«, S. 327 ff. A. d. H. 29* — 452 — ©a§. SMefe Sompofition fdjeint ein S(nad)roni3mu3 flu fcrjn. ©ie fotlte jener grauen Sßor^ett angeboren, in metctjer bie Xon= öerrjältniffe nodj üermittetft mattjematifdjer 33ered)nung beftimmt mürben. Unbebenfüct) barf fotcfye Kombination als bie tiödjfte ^erirrung beS fpecutatioen SSerftanbeS betrachtet toerben, bereit (Sinbrucf tüotjt in aüe ßeiten e^ier babt)(onifd)en ^ermtrrung gleichen mirb. hierbei fann nid)t mefjr bon S)unfe( im ©egen* fa$e jur Ätartjeit bie 9tebe ferjn. lieber bcu Grfotg ber erften Sßrobuctton btefeö oielgebeuteten unb nod) immer oietbeutigen SSerf'eS marb ber 5lutor mit meljr ?(ufrid)tig!eit benadjridjtigt, atS bieS mit bem erften Quartett ber $att gewefen. 2)ieSma( mar cS ber Verleger SDiatijiaS ?trtaria, ber at§ Käufer beS SftanufcriptS bie Snitiatioe er- griffen. (5r erftärte fid) bereit, biefe guge ot§ fetbftftänöigeS Söerf ^u fjonoriren, menn 23eetIjoüen fid) entfdjtieften motte, einen anbern ginat*unfel neben tageSljetter fötarfjeit in biefen testen SBerten $u treffen? ©Ü)toertoanbteS finben fid) nur in ben 4 ©ä|en beS Quartetts in F, Op. 135. 9lm 22. ?(prit 1827, nad)bem ber 5lutor rttcrjt meljr unter un§ gemanbelt, mürbe baS Quartett in B mit bem neuen 252) Über Beethovens letzte Komposition vgl. man auch B. S. Br. Xo. 1031 an Diabelli (Band V, S. 60—61). A. u. IL — 453 — ginat*©a£ burdj ©djuppanäigf) §ur feiten Sluffüljrung gebraut. Wlit Vergnügen gemann baS 9fubitorium bie Ueber^eugung, baft ba3 ©an^e nun bem Sßerftänbnifj näfyer gerüdt erfdjeint ünb bci$ 2)unfet ftdj nur mefjr auf ben 1. unb 3. ©a£ befdbränft. 2öot)t fonberöar, baf$ e§ ftdj um bie Sßertrauttjeit mit biefem gewaltigen SBerfe big §ur ©tunbe in felber SSeife nod) oertjätt, roie 1827, toeit fämmttid)e Duartett=$ereine, fogar ber ^Sarifer ber sperren Sftorin unb (SfyeüiUarb nid)t aufgenommen, gerabe oor biefem SDJonftrum immer am meiften ©djeu ge= füt)tt fjabcn. 3U3 ergänsenb mag nod) bemerft fetjn, bafj ber 4. ©a^: Alla danza tedesca, nun in 6 diu* fteljenb, urfprüngtid) in A dar gefdjrieben ift, unb im Original üorliegt. 2)em %\\- fdjeine nad) fottte er afö integrirenber Xljeü einem anberu Quartett angehören, nid)t unmatjrfdjeinüclj bem in A moll, bem Vorgänger be§ in 3^ebe fteljenben. £>ie ©enefiä be§ öierten Quartette in Cis moll, gteid)= fall§ mit fectjö ©ätjen, fällt in bie erfte §ätfte, ^umeift in bie ©ommergeit, be§ 3at)re§ 1826. Sine 5fuffüt)rung baoon burd) ©djuppangigt) fyat niemals ftattgeljabt, med bie menig erfreulichen ©rfolge mit ben brei früheren ieine3meg§ ermunternb gemefen. ©agegen Jjat e§ ©djuppanäigt) mit bem fünften in F dur üerfucfjt, meld)e3, bereits gebrudt, im %ttäx% 1828 nicrjt oljne SeifaE getjört morben, med ba§ SSerf meber in ftt)tiftifd)er, nod) in rjarmonifd)=ted)mfdjer §infic^t Slbfonbertidjeö aufroeifet. 2Senn 83eetf)oöen'3 ©egner in feinen legten ©djöpfungen, oornetjmlid) in biefen fünf Quartetten, nur Srrttjum unb 3S3iber= fprud) erfennen motten, fo mufe üjnen ermibert merben, baf$ fetbft ber Srtttjum eljrroürbig erfdjeint, roenn er auf grofje unb tbk Intentionen gebaut unb bon reinen SDfttteln getragen ift. ©3 mirb ficf> aber unferm äfteifter nid)t nadjmeifen laffen, baf$ feine Intentionen unb Mittel anberer 2lrt finb. Unb bie3 oermag oerfötjnenb unb gugteid) ermutfjigenb §u mirfen, nun in bereit ©tubium ntcfjt gu ermüben. — 454 — S)te mehrmaligen SSerfucfye, meldjje ber SReifter mit bem 9J?otiü gum 4. <5a£ be§ Quartetts in Cis moll angeftettt, roie ftcf) biefelben in ben ©ftggen oorfinben unb unter ben ©rgängungen mitgeteilt finb, geigen augenfdjeintid), mie ffrupuloS berfetbe mit ©eftattung ber erfunbeuen ÜUcotiüe Oerfafjren, 6i§ fie gur Aufarbeitung, refp. ®urd)füt)rung, guredjtgelegeu. Ueberall geigte fid) hierin eine fo ftrenge äftufterung fjinfidjttid) ber 23raud)barfeit, mie bei ber Sßaljt eines? ^ugen^otiöS. Qbige§ Sftotiö au§ bem Cis mollsQuartett mufjte bie SDcufterung fogar nod) in oerfdjiebenen Xactarten paffiren. ßuerft finbet e§ fid) fjingemorfen in 6lst fogteidj tueiter ausgeführt in 4/4, aisbann mieber gtueimat in 6/8 (ba§> gtoeite 3J?a( mit „Meilleur" be= geidmet); mieberum erfd)eint e§ in 2/4, gum fed)3ten Mai in i/il enblid) gum legten Wal in i/i Xact mit Sßarianten. 3m S)rude aber tritt e§ bod) nod) öeränbert auf. 35ie (Srftärung ber Auffdjrift „25er fdjroer gefaxte @nt= fdjluf}" bei bem öierten <5a§e be3 legten Quartette in F mirb fid) in bem biefer ^ßeriobe antyängenben S5ergeid^niffe üorftnben. 5ll§ notljmenbige Anmeldung folge nod) ein £)intt>eifen auf bie Unrichtigkeit in Angabe ber Qpu§gat)len bei biefen Quartetten. £)ie Reihenfolge iljrer (Sntfteljung erforbert bodj mofyt bie ifjr entfpredjenbe QpuSgaf)!. SSieberum aber geigt e§ fid), ba% bie brei Verleger, bie fid) in biefe SSerfe geseilt, oljne (£in= tierftänbnif} Riebet tierfafjren finb. ®iefe 3a^en fofften geftetlt fetyn, mie folgt: Quartett in Es dur, Op. 127. Quartett in A moll, Op. 130 anftatt 132. Quartett in B dur, Op. 131 „ 130. Quartett in Cis moll, Op. 132 „ 131. Quartett in F dur, Op. 133 „ 135. £He Dom (Somponiften afö fetbftftänbige3 2Serf i)ingefteHte guge in B dur follte orbnungS^alber n a d) ben fünf Quartetten eine ©teile einnehmen, unb at3 Op. 134 aufgeführt erfdjeinen. ®em Arrangement für ba$ ^Sianoforte gebütjrt !eine befonbere — 455 — Dpu§=3a^> toie feinem arrangirten SBerfe. 2)a§ in Dtebe ftefjenbe rüt)rt nid)t einmal öom (Somponiften tjer, roie ber Katalog befagt, fonbern üon 2tnton §alm; bod) Ijat e§ ber sD?eifter einer 9iemfion unterzogen. $n ad ber $ät, in roeldjer biefe fünf Quartette entftanben, l)at fid) 93eerf)ot>en mit ntd£)t^ anberm befdjäftigt; bennod) fdjieben bie Kataloge groei Äteinig- feiten au§ gan§ früher 3e^ mit Dpu3=3°^en e^n: „2)er ^ufj", Triette, al§ Op. 128, unb Rondo a Capriccio, für ^ianoforte als Op. 129. Ghtblid) märe nod) (Sinfpradje ju ergeben gegen ben 53eifa§ „21u§ bem Sftadjtaffe," ber fiel) auf ben SEitelblättern ber Quartette in A moll unb F dur uorfinbet. 9#an l)at gehört, bajj 3#- ©d)lefinger erftereS fd)on im Sluguft 1825 au§ be§ SHeifterä £*mnben empfangen; a6er auef) ba§ anbere ift iljm fdjon in ber ^erbft^eit üon 1826 gugefdjidt roorben. Sludj biefer an fiel) roenig bebeutenbe galt beroeift, roa§ bie Ferren Verleger fidj aüe§ mit ben SSerten SeetljoOen'ö erlaubt Ijaben. — Ueberfjaupt, roenn e<§ ja einerfeitS Srjatfacfje ift, bafj bie Stteratur unfer§ 9fteifter§ in allen iljren 9l6tl)eilungen, bei allen gebilbeten Böllern, fid) einer Verbreitung erfreut, roie feine irgenb eine§ Glafftlerfä, fo ift e§ anbrerfeitS nicf)t minber %))aU fad)e, hak leine anbere bie 3e^1e|nngen unb llmgeftaltungen, roelctje fid) eben biefe Siteratur gefallen laffen mufcte, — freilief) im alleinigen Sntereffe be3 ^ßublicumS, roie 3erfe£er unb Verleger behaupten — §u leiben getjabt t)at. ©a§ „trjematifelje Verseidjni^' bei Sreitfopf u. §aertel liefert bie augenfcfjeinlidjen Seroeife. Sycadjbem nun in betreff beS ®efdjicl)tlid)en ber legten ©cfjöpfungen £)offentüd) nichts llngenügenbeä mitgeteilt ift, roirb eS Stufgabe, fid) au3fct)lief}lid) mit beS 3)?eifter3 ferneren Seben§= oert)ältniffen unb ben auf biefelben, aber auet) auf feine ©e* mütpftimmungen einroirfenben Familien guftänben ju be= — 45G — fdjäftigen. Severe üornefjmtid) finb eS, bei benen mir $unäd)ft öertueiten muffen. (Sine öon bem 9fteifter au3 ber Odussee ausgesogene ©teile roirb als (Einleitung bienen unb bie Stuf* merffamfeit be§ SeferS auf biefen gurtet fjintenfen. ®iefe ©teile tautet: „3Semge .fttnber nur finb gteicf> ben Tätern an 2atgenb, (3ct)terf)ter als fie bte metfien, unb nur fef>r roenige beffer." (S. 37.)?63) föur^ guvior Ijaben mir oernommen, baf$ S9eett)ot>en'ö 9ceffe im £>erbfte 1824 bie Uniberfität belogen unb bei feinem Slbobtib- SSater SSotjnung genommen tjatte. £>ie miffenfdjjaftlidje 9tid)tung mar auf baZ ©tubium ber $t)i(o(ogie abgefetjen. 23efanntlid) mürbe aber in biefem gadje an ben öftreid)ifd)en Uniberfttäten Damaliger ßeit, unb aud) biet fpäter nodj, ntdjtä geteiftet, inbem ber ©taat nur gute Beamte brauchte. s-föäre ber junge, grabe für biefeS $ad) 6ega6te unb fdjon tüdjtig borbereitete 23eetb,oben gut redjten duelle an eine auStänbifdje Setjranftalt gebrad)t morben, fetjr roafyrfdjeinlid) fjütten eminente 9caturantagen unb bereite (SrreidjteS beftenS mitgeroirft, um auS irjm einen b,erbor= ragenben SßiffenfdjaftSmann gu madjen, mürbig feinet berühmten 9lamen§. Sei bem öftreid)ifd)en ©tubien^Sbftem, beffen fdjtaffer 9J?ed)ani3mu§ f'eineSmegs Goncentrirung ber ©eifteSfräfte, motjt aber beren ßerttjeitung, richtiger gerfplitterung, besmedte, fonnte fetbft ber ©trebfamfte 51t nidjtS, at§ ju mefjr ober meniger Q3eamtenberftanbe gefangen, bie Functionen auf bem 5tatt)eber faum ausgenommen. ®ie borgefdjriebenen ©emeftrat=^3rüfungen mürben gmar 51t Dftern 1825 bon unferm ©tubenten abgelegt, allein fcfjon mit ämeifelrjaftem (Erfolge, ja, ber bebeutungSbolle bauten „23eett)Oben", b. tj. bie 9iürffid)t auf feinen Drjeim, mufjte fdjon (Einfluß üben, um ba$ Sluffdjreiten in btö jmeite ©emefter 51t ermögtidjen. SSäfyrenb beö SfteifterS ©ommer^ aufentrjattS gu 33aben marb ber ©tubent einem berfäJ3tid)eu SCRaune in Soft unb SSofjnung gegeben; berfelbe mar jebodj 253) Homers Odyssee, II. Gesang-, V. 276 f. A. d. H. — 457 — aufcer ©tanb, auf be§ SüngtingS ^ätigfeit unb redjtfdjaffene güfjrung burdj Ermahnungen einjumirfen. Sftifebraud) Der §rett)eit in gröblicher SBetfe, £ang gutn ©piet, tjäufiger 9Ser!el)r mit feiner ungtüdtid)en SDMter, beren moratifdje $ßerfunfenf)eit ben f)öd)ften ©rab erreicht Ijatte, waren Urfacfje, ba^ am ©djtufc be§ gmeiten ©emefter3 gar feine Prüfungen gemacht roorbeu. ©omit mar bie beabftcfjtigte roiffenfd)aft(id)e Saufbarjn mit einem* mal gerftört. S)a§ ^ergeteib unferS 9J?eifter§ in fold)' peintidjer Sage treffenb gu fdjitbern, öermag am beften ber öon it)m au£ ber Odussee aufgewogene Klageruf, metdjer tautet: „®ennt ibr einen, ber end» ber Unglütffeltgfte aller ©terblidjen [cfjeint; idj bin ifim gleich ju achten an ©lenb! (S. 135)254) 3)at5 e§ $eetf)oüen gteid) bei beginn ber 2tu3fd)reitungen feine§ Neffen an eben fo ernften at§ Oätertidjen 9ftai)nmorten nict)t fehlen gelaffen, bafür liegen f)anbfd)rifttid)e Semeife bor, bie gugteid) aU ©ocumente feiner ebten, t)od)t}er§igen ^enlungS* art gelten tonnen. 3U3 foldjeS bieten fte fjiftorifdjeS Sntereffe. ©ie befielen auö neun unb groangig Briefen, meiere ber SQtofter im Saufe be§ ©ommerS 1825 au§ 23aben an biefen Steffen gefdjrieben, bie aber in $otge einer m^ Dem Jull3en tarnte im 31uguft 1826 üorgefallenen $ataftropf)e, Don roeldjcr mir 9^ärjere§ oernebmen merben, mieber in feinen 23efii3 gurüd= gekommen finb. 33eetf)oüen glaubte in it)rem Sutjalt bie befte 3ied)tfertigung feiner .^anblungsmeife gegen feinen 5(boptiri=©ot)n gu finben, gu meldjem Snbgroed er fie furg öor feinem ©d)etben au§ bem Seben bem Stephan bon S3reuning unb bem Sßerfaffer gur $Darnacl)ad)tung empfohlen fjat.255) Sd) entfpredje fonad) bem 254) Odyssee, VII. Gesang, V. 210 ff. A. d. H. 255) Diese wundervollen Briefe, es sind 30, sind alle genau nach den Originalmanuskripten auf der Königl. Bibliothek zu Berlin vom Herausgeber in B. S. Br., Band V, von No. 1067 ab publiziert und er- klärt worden. A. d. H. — 458 — Verlangen unfer<§ greunbes, totxm ^ biefetben, menngleidj nur au§§ügUd), ber Beurteilung tiiermit unterbreite. (©iefe ©riefe ttterben in ber Äöniglicrjen Söibliotrjei; §u Serltn aufbetualjrt.) ,,3d) freue mid), mein lieber ©ofjn, oafj ©u ©ir in biefer (Sphäre gefäUft, unb ha biefeS ift, aud) alle§ üftöttjige ba£u eifrigft angreifft. ©eine ©djrift tjabe id) nidjt erfannt. $\vax frage id) nur nad) bem ©inne unb ber Söebeutung, ha ©u nun bod) aud) ha$ fd)öne Sleufeere tjierin erreichen mußt. — SBenn e§ ©ir gar §u fd)roer mirb t)iet)er 51t fommen, fo unter= laffc e3. ®annft S5u aber nur möglicher SBeife, nun bann freue id) mid) in meinem (Srd ein ättenfdjenljerä um mid) 5U ^a6en' Sd) umarme ©id) t-e^üd). ©ein treuer Sßater." 2. 21m 18. 9DM. .... „(Sinem nun balb 19järjrigen Jüngling fann e§ nidjt anberö at§ root)l anfielen, mit feinen ^3ftid)ten für feine Söübung unb ^ortfommen aud) jene gegen feinen SSotjltrjäter, ©rnäfjrer 5U üerbinben. £)abe id) bod) biefeS aud) bei meinen armen ©Itern üollfüfjrt. Sd) war frolj, roie id) itjnen tjelfen fonnte. SBelcfjer Unterfdjieb in Hnfebjung ©einer gegen mid)! 2eid)tfinniger! Seb' mo£>l." 3. «m 22. SKai. „23i3t)er nur SKutfymajjungen, obfd)on mir öon Semanb Derfidjert luirb, baft toieber geheimer Umgang groifdjett ©ir unb ©einer Butter — ©oll id) nod) einmal ben abfd)eulid)ften Unbanf erleben?! ©oü ha3 S3anb gebrochen merben, fo fetj eS, ©11 mirft üon allen unpartrjeiifdjen sJ0?enfd)en, bie biefen Unbanf — 459 — fyören, getja^t werben, ©ie Steuerung be3 §erm 23ruber§, unb ©eine geftrige Steuerung in 2lnfef)ung be3 Dr. © .... r, ber mir natürlid) gram fetjn muß, ba ba§ ©egentljeit bei ben Sanbredjten gefd^er)en üon bem, ma§ er Verfangt*); in biefe Gemeinheiten follte idj mid) nod) einmal mifdjen? 9?ein, nie meljr. — ©rüdt ©icl) ba§ factum? Sn ®otte<§ tarnen! 3d) überfaffe ©icl) ber göttlichen 2Sorfel)ung, ba§ Steinige fjabe icl) getfjan, unb fann belegen Oor bem §tHerf)öct)ftert aller ^idjter erfdjeinen." 4. .... „Unb hiermit 53afta! — SSermöljnt, mie ©u bift, mürbe t§> nic^t fdjaben, ber Gnnfadjljeit unb 2Bat)rt)eit ©id) enbtid) ju befleißigen, benn mein Jperj fjat 5U öiel bei ©einem liftigen 33etragen gegen midj gelitten, unb ferner ift e§ mir, §u Oergeffen. Unb moÜte icf) in SlKern mie ein Socfjocfjfe ofjne 51t murren §iet)enf fo fann ©ein betragen, menn e§ fo gegen 3lnbere gerietet ift, ©ir niemals SDfenfdjen gubrtngen, bie ©id) lieben merben. ©ort ift mein $euge, *$ träume nur, bon ©ir unb biefem elenben Vorüber unb biefer meiner unroürbigen gamilie gän^licf) entfernt gu ferjn. ©Ott ertjöre meine 2öünfct)e, benn trauen fann icl) ©ir nie met)r. öaben am 31. »i 1825. Seiber ©ein 2Sater, ober beffer: nidjt ©ein Sßater." 51m 18. Suni. (2öegen 9?ecr)nung3ablegen ü6er erhaltene (Selber.) .... „Saß mid) nid)t nod) meiter 3urüdget)en. £eid)t ift biefe§, aber nur frfjmergljaft für mid). 5lm ©nbe t)eifct e§ benn *) 2>iefe ©teile begießt fidj auf ben ^Brojefe mit feiner ©cntoägerin 6etm Dbergeridjte. — 460 — aud) ba: ,,©ie finb bod) ein redjt guter SSormunb" it. f. m. SSäre nur einige Stiefe in ©ir, fo müftteft ©u überhaupt immer anberS getjanbett rjaben." 6. 5Tm 18. Suti „Sieber ©ofjn! 53(eibe nur bei Sftäfjigfeit! ©a§ ©tue! frönt meine 93e= mübjitngen; (äffe ja nid)t ©ein Ungtüd au§> fatfct)en 5£nftct)ten Don ©ir grünben. ©et) roar)rr)aftig unb ja genau in ber An- gabe ©einer Stu^gaben. ©a3 Sttjeater fafc jefct nod) ferjn. — golge ©einem gübjrer unb Sßater, folge irjtn, beffen ©tdjten unb Straften aü^eit für ©ein moralifdjeg SBorjl unb and) nidjt gang ofyne für ba$ gemötjntidje ©aferjn ift. — ©et) mein lieber ©ofjn! SSetdje unerhörte ©iffoncmg märe e<§, menn ©u mir fatfd) märeft, tote e3 boct) 9J?enfd)en behaupten motten!" 7. „Sdj merbe immer magerer, befinbe mid) ef)er übet af§ gut, unb feinen ^trjt, feine trjeituerjtnenbe ÜDfanfdjen! — Sßenn ©u nur immer fannft, fo fomme f)erau§; jebod) mitt id) ©id) üon nidjtS abmatten. SBenn id) nur ficfjer märe, bafj ber ©onn= tag otjne mid) gut gugebradjt mürbe. Sd) muJ3 mid) \a üon 3tüem entmörjnen, — menn mir nur biefe 2Sot)ttt)at mirb, bafr meine fo großen Opfer mürbige grüßte bringen. 2Bo bin id) nid)t oermunbet, §erfdjnitten?! 3n §eimlid)= feit mit bem §errn S3ruber (äffe ©id) nid)t ein. Uebertjaupt fet) inctjt tjeimtid) gegen mid), gegen ©einen treueften 3iater. äöenn ©u mid) aud) ftürmifd) fietjft, fo fdjreibe e» meiner großen ©orge für ©id) äu, inbem ©ir leidjt ©efafjren brofjen. ©etje mid) nid)t in Stngft unb bebenfe mein Seiben! 23on 9M)t<8megen müjjte id) be§roegen gar feine ©eforgniffe fjaben, allein ma§ fjabe id) fcfjon erlebt?!" — 461 — 3 mal 8- (fomm halb) „©et) e<§! — SBorgeftern ber ©ignor gratetlo*) mit feinem ©drtrager; ma§ für ein elenber 9ftenfd)! — SBemt Gato gegen ßäfar aufrief: Diefer unb mir, tuaS foü man gegen einen folgen?! — 2öie immer Sein liebeüotfer für Did) forgenber Leiter." $om September. .... ,,3cf) roünfdje nidjt, ba^ Du ben 14. (September in mir fommeft. (53 ift beffer, baß Du biefe ©tubien enbigft. — ©ott Ijat mid) nie oertaffen. ©§ mirb ftd) fcfyun nod) Semanb finben, ber mir bie Slugen ^ubrüdt. — (£3 fdjeint mir überhaupt ein abgekartete^ SBefen in bem 5tllen, ma§ Vorgegangen, mo ber £>err S5ruber (Sßfeubo) eine 9iofle mitfpiett. — £d) tneifj, ba^ Du fpäter aud) nidjt Suft ijaft bei mir ju fet)n, natürlid), e<§ geljt etmaS jn rein 51t bei mir .... Du braudjft aud) ©onntag nid)t gu tarnen, benn matjre Harmonie unb ©inflang mirb bei Deinem 93enet)men nie entftetjen tonnen. SBo^u bie £)eud)elei? Du mirft bann erft ein befferer Sftenfd); Du braudjft Did) and) nidjt p oerftelten, nidjt $u (ügen, meldjeS für Deinen moralifdjen (Sfyarafter enblid) beffer ift. ©ief)ft Du, fo fpiegelft Du Did) in mir ab\ SSaS fjitft ba§ tiebe= öoUfte 3ured)tmeifen!! ©^boft mirft Du nod) obenbrein. — llebrigenS fet) nidjt bange, für Did) merbe id) immer mie jel3t unauSgefetjt forgen. <2o(dje ©cenen bringft Du in mir fyeroor! .... Seb' mot)(! Derjenige, ber Dir ^mar nidjt ba$ Seben ge= geben, aber gemifj bod) ermatten, unb roa§ metjr a(§ atteS Rubere, für bie Silbung Deines ©eifteS geforgt tjat, oäterüd), ja metjr *) 23eetfjoüen meint feinen Vorüber bamit. — 462 — abä ba$, bittet ©id) innigft, ja auf bem einigen Wahren SSege alles ©uten unb ^edjten ju wanbeln. ©ein treuer, guter SSater." 10. „9J?ein teurer ©of)n! üftur nidjt weiter! — $omm nur in meine 5frme, fein partes SBort wirft ©u rjören! O ©Ott, gebje nid)t in ©ein @(enb! Siebenb wie immer wirft ©u empfangen werben. 3Ba§ 5U überlegen, Wa§ §u tfjun für bie 3utunf*/ t)ie§ werben wir liebeüott befpred)en. 9Mn (£I)renwort, feine Vorwürfe, ba fie jetjt ofjnerjin itict)t metjr frucfjten Würben; nur bie üebeüottfte ©orge unb £)ülfe barfft bu erwarten. Äomm nur! $omm an ba§> treue ^erj Seinem SßaterS SBeetboöen." 31m 5. Dctober. „oben erhalte id) Seinen SBrief, fdwn öoll Slngft unb fdjon fjeute entfd)(offen nad) SSien gu eilen. ©Ott fet) ©anf, e§ tft nidjt nöttjtg! — gol'ge mir nur, unb Siebe wie ©lud' ber (Seele mit irbifdjem ©lud gepaart, wirb un$ ^ux Seite ferjn, unb ©u Wirft ein intenfioeS ©afetjn mit bem 2Ieuf$eren paaren; bod) beffer, ba^ erftereS über festeres oben an= ftetje .... Saufenbmal umarme id) ©id) unb füffe ©idj, nidjt mein Oerlorener, fonbern neugeborener ©otyn. gür ©id) SSiebergefunbenen Wirb ©ein liebeboHer $ater immer forgen." 31m 14. Dctober.266) 12' ,,3d) metbe ©ir eüigft, bafy id), aud) Wenn e3 regnet, ge- ttrifj morgen 9?admiittag fomme, laß mid) ©id) bafjer fict)er finben. — Sdj freue mid) ©id) wieberjufe^en, unb wenn trübe SMfen 256) Dieser letzte Brief an den Neffen, soweit sie Schindler mit- teilt, vom 14. Oktober 1825, ist in B. S. Br. No. 1119 (V. Band), S. 198f. A. d. H. — 463 — für ®tdj) erfcfjeinen, fo fd)rei6e fie nid)t üorfätjlidjer S8o§tjett gu. ©ie roerben üöllig t>erfd)eud)t merben, burd) $)ein mir üerfprod)ene§ beffere§ 9Sirfen für ©ein tuafyreS, reines, auf ^ptigfeit begrünbete§ ©lud .... 28er mirb ftd) oud) nid)t freuen, roenn ber Srrenbe roieber in bie redeten gufeftapfen tritt? Qa, bie§ fjoffe id) ju erleben." 9Sie mir eben gehört, fo §at ber ausgeartete Jyüngting bie Prüfungen au§ bem gtoetten ©emefter an ber tlnitierfität nict)t gemacht, barum ein Huffteigen in ben jroeiten Safyrgang ber üf)itofoptjifd)en $acultät unmögtidj geworben. 2Ba§ foßte nun mit itjm gefct)et)en? ßonfuttatiouen mit Fachmännern unb $reunben abgehalten füllten einen entfpredjenben 2(u§meg ermittetn. Sfyr Stefultat befcfyränfte fid) jebod) 6lo§ barauf: bie Ermittelung bem jungen Spanne fel6er §u überlaffen. tiefer mahlte ben $auf= mannSftanb, mo^u er nidjjt bie geringfte Neigung im (Sinne getragen, Söefud) beö *}3ott)tectmifd)en SnftitutS foltte ilm baju oorbereiten. — SDtefe SSenbung ber ©inge Herantaste unfern SDZeifter feinen Slufenttjalt in 33aben abjufür^en unb nadj SSien ju eilen. @u be^og am ©Iaci§ ber ^orftabt SSätjring im fogenannten ©djroar-^ fpanier=§aufe im feiten ©todroerf eine geräumige SSofjnung — bie letzte irbifdje. 2öeil biefe!6e aber öon bem ^ott)ted)ttifd)en Snftitute meit ablag, fo roarb fein 9?effe in ber SSofynung jeneö SSertrauen§manne§ getaffen, bie ganj natje gelegen. Salb fd)ienen biefe fummeroollen Vorgänge oergeffen, fo ba^ fid) ber 9Mfter roieber feinen ©tubien unb ©peculationen ungeftört übertaffen tonnte. 3EH roefenttidje 33eruf)igung trug bei, bafc auf fein ?lnfud)en ber $ice=3)irector biefeö SnfritutS, $eif$er, bie 9Mit= SSormunbfdjaft übernommen tjatte, unter beffen 5tufftd)t ber sD?eifter feinen „roiebergefunbenen" ©of)n roof)t geborgen roätjnte. ©3 mar leiber nur SBatjn! Ungeachtet aller Siebe unb ©org= falt üon (Seiten be§ Dt)eim§ unb 2Bad)famleit be§ 9ftit=93ormunbe$ betrat ber Säugling nur §u balb roieber bie faum berlaffene — 464 — fd)tüpferige 33af)n unb tarn batjin, ba% nad)bem er bie Prüfungen aus bem ^netten Semefter alle fd)ulbig geblieben, er ^u bem 2{uc-funftsmittel be3 SelbftmorbeS griff. £a jebod) Das Attentat mißlang, fo üerfiel er nadj ben 2anbe3gefe£en ben §änben ber ^ßoti^ei, inbem angenommen mirb, bafe folcfje £t)at nur aus äRanget religiöfer begriffe öerübt merben fönne, menn nidjt ©eifteö* ober ©emüttjöftörung baju gefüfjrt. S)er 9icffc bes 3)?anne§, ben mir einftens für reügiöfe s-Bolföeräiet)ung fo leb* Ijaft unb felbfttljätig fid) intereffircn gefeiert, mürbe bemnad) in fidieren ©eroatjrfam gebrad)t, bamit t>a§> (Srforberlidje für ben Abgang religiöfer 33ilbung gefd)et)en fönne. — Solches Unglüd mußte ber große ftünftter an feinem, feit langen Sauren mit fo biet Stufmanb unb Soften geförberten unb matjrlid) $u fdjönen Hoffnungen beredjtigenben Neffen erleben! SSieberum femtjjeidjnet eine öon itmi ausgesogene ©teile aus ber (Mussee tiefe Situation: „2>enn im Unglücf altem bte atmen (Sterblichen früt)e." 257) SBeroeife tiefen Sdjmerses ob ber feinen -Kamen miber- fatjrenen öffentlichen föränfung maren beullicf) in feiner ge= beugten Haltung ju erbtiefen. Stafjin mar bas immer nodj $efte, Stramme in allen feinen Störperbemegungen, ein ©reis oon natje^u fieberig Sauren ftanb öor uns, raillenlos, fügfam, jebem Suftjuge getjoretjenb. 3)as §er5eleib mürbe nod) öermetjrt, inbem öon tnattdje» «Seiten bem SBormunbe bie Sdjulb beigemeffen morben, ben 9J?ünbel bis gu biefer Äataftroölje gebrängt ju Ijaben. Seben- fatt§ tjei^t bieg üiet ju roeit gegangen; öon einem gemiffen StntljeÜ an biefer Scfjulb bürfte jebod) ber Stfeifter nidjt frei- gefprodjen merben tonnen. Sßormeg mirb man einem Spanne bie erforberlidjen ©igenfdjaften gum @r,$iet)ungsgefc£)äfte nidjt äuerfennen tonnen, (feö er auefj frei öon ptjrjfifcfjen ©ebredjen) ber eben fo öon einem Uebermafj öon Siebe, mie öon §afj 257) Odyssee, XIX. Gesang, Vers 360. A. d. H. — 465 — unb üöftfctrcmen be^errfc^t ttrirb. Ueberbliden toir inbefe bie beftanbenen ^errjättniffe, bie unfern Xonmeifter ^u biefem ©efdjä'fte Qefü^rt, ermägen mir ferner bie obgeroatteten eucfjclei, aber aud) nod) bei fd)timmeren ßrjaracter=(£igen= fdjaften at§: grunblofeS Auflagen, fogar feiner Server, ertappt tjatte; (£igenfd)aften, bie in fpäteren Sauren ficfj bis junt 23er= läumben unb Stnfctjmär^en erprobter greunbe be3 DrjeimS au§= bilbeten. Umftänbc unb SSertjättniffe in unferm gaUe roaren in ber "Jrjat nad) jegtidjer Seite fo ejceptionetter 9trt, bafj mandjer befonnene, nur fdnuer au§ ber rutjigen Raffung gu bringenbe CSr§iet)er ober SSormunb an SSeettjoüen'S ©teile in biefelben geiler üerfallen märe, aufgenommen beS beS lieber* mafeeso üon Siebe §u feinem ßögttng. ®enn ränfeüotte ^nnber* niffe in $örberung einer guten «Sadje üon offenbarer 23ö§= rotUigteit unb ©d)ted)tigfeit in ben 2Beg gefteüt fetjen 5U muffen, roirb roorjl taum üerfet)(en, bem roadjfenben Unmuttje Suft 5U marken, toobei bie ©rängen ber ©djonung nur fcfjtüer einju* galten ferjn roerben.268) Sn ber trofttofen Sage, in metctje unfer SJceifter geraden, erinnerte er fid) eines feiner bemärjrteften Sugenbfreunbe, be§ Cannes nämlid), ber eine lange Sfoirje üon Sauren in feiner 258) Über Beethovens Erziehungsmethode sind die Akten jeden- falls noch nicht als geschlossen zu betrachten. Eine eingehende Ab- handlung unter Berücksichtigung so vieler neuer Dokumente: „Beet- hoven als Erzieher" ist noch eine würdige Aufgabe für einen ernsten Beethoven-Forscher. A. d. H. 21. ©djinbletS 58cetl)oüen=33iograpfjic. 30 — 460 — unmittelbaren Sftätje $euge oe§ M immer metyrenben 9\urnne§ geroefen, befjen ©rfarjrung, $!lugt)eit unb roeifer fKatfj il)m au§ mandjen SJserlcgenljeiten einen gnten 2(n§meg gezeigt, ben er ftd) aber neun 3at)re §urüd in $otge einer föräufung entfrembet tjatte, bei* nunmehr at§ faiferticfjer, roirtüdjer §ofrat() unb birigirenber £E)ef eine<8 großen Departements am §of=ftrieg§ratt) fid) an einer ©teile befanb, an metdjer er bem ge6eugten £on= meifter mef entließe Dienfte §u teiften im ©tanbe mar. ©3 ift ©teü^an t>on Sßreuning, ein Wann öon meiner ©emütljS* art unb feltener ©rjaracter^eftigfeit, bem bie Hftufe ber 2)id)t= fünft, uneradjtet gehäufter 2Imt3gefcfjäfte, bis in füätere Satjre treu geblieben. (£& barf in 28at)rt)eit ein unöer^ei^tidjer ^etjter genannt merben, beffen ftcf) ber heißblütige föünftler fdjulbig ge= maerjt, nid)t öor Sarjren fdjon ben erften ©djritt gut Verformung gettjan §u rjaben.*) Sn biefem $afle — aber noefj ein anberer gleicher 21rt nnrb ju nennen fetyn — tjatten bie eigenfjänbig ausgesogenen Sßorte au§ ber Odussee feine SSirfung §u übm üermodjt, (mie bod) fonft) roetdje lauten: „Unb fiel ein fränfenbeS SSort bier Unter mt§ nor, fo mögen i% fd)neü bie «Stürme nerröeben!" Oßag. 155.)259) ©er nadjftefjenbe SBrief an biefen $reunb, roenngteid) oljne Datum, bod) gan^ fict)er au§ jenen Sagen öon 1826, ^eigt unS Seetrjoüen'S erften ©djritt gur Verfötmung mit feinem getreuen Steffen.**)260) @r fdjreibt: „§inter biefem ©emälbe, mein guter, lieber Steffen, fet) auf eroig üerborgen, ma3 eine Zeitlang jmifdjen *) Skeuning Ijatte nämlid) ber 2lbo|)tion be§ Steffen energifet) iv>iber= ratzen, unb bamit bie öerumnbbarfie «Seite S3eet^oüen'§ getroffen. **) S)a§ Original biefe3 93riefe§ beroafnt bie Familie Don Söreuning in SSien. 259) Odyssee, VIII. Gesang, V. 480 f. A. d. H. 260) Dieser Brief an Stephan v. Breuning ist weit, weit älter, als Schindler Wort haben will. Wie ich zu beweisen versucht habe, gehört er ins Jahr 1804. Siehe B. S. Br. No. 94 (I. Band) die Er- klärungen. A. d. H. — 467 — un§ borgegangen. Sd) mei§ e£, id) fyafc ©ein §erg gerriffen. ©ie 23emegung in mir, bie ©u gemife bemerfen mufjteft, t)atte mict) genug bafür gef traft. 23 o 3 t) et t mar'§ nidjt, ma3 in mir gegen ©ict) borging, nein, id) märe ©einer $reunbfd)aft nie mef)r mürbig; £eibenfd)aft bei Stfr unb bei mir; aber SD?if$= trauen gegen ©id) marb in mir rege; e3 ftetlten ficf) SDfenfdien gmifdjen un£, bie ©einer unb meiner nie mürbig finb. — SJfein Portrait*) mar ©ir fdjon lange beftimmt; ©u meifet e§ ja, bafy id) e§ immer Semanbem beftimmt fjatte. SSem tonnte ict) e§ mot)l fo mit bem märmften ^per-jen geben, als ©ir, treuer, guter, ebler (Steffen! SBergeit) mir, raenn icf) ©ir metje ttjat; ict) litt felbft ntdjt meniger. 2ll§ id) ©id) fo tange nicfjt met)r um mict) faf), embfanb ict) e3 erft rectjt lebhaft, mie treuer ©u meinem ^erjen bift unb emig fet)n mirft. — ©u mirft motjl aucf) mieber in meine Strme fliegen, mie fonft." 93atb nad) 2ßieberbereinigung mit SSreuning fam aud) an ben SSerfaffer üon bem üDtofter ba§> @rfud)en, ben früheren $J3Ia§ in feiner Umgebung mieber einnehmen 5U motten, ma3 unberjüglid) gefdjefyen; benn in ©emeinfdjaft mit S3reuning tiefe fid) erfpriefelidjeS für unfern greunb bemirfen unb nad)gerabe mieber bie 2ttmo§pf)äre in feinem §aufe purtficiren, metdje feit Monaten burd) faialtfdje a,ra:pl)te nad) ©tieler, bie ber Sfteifier etroaS fniEjer fcfyon an Dr. Tegeler getieft tjatte. 30* — 4G8 — begüglidjeS, eingeprägt (jatte, führte er ficf) gum £rofte unb ^ur (Srfjebung uor bie «Seele. 2>er Stoifer unb $eripatt)etifer fjiett un§ fogar juweiten Vorträge über einzelne ber Setjrfätje au§ biefen pf)itofopl)ifd)en Srjftemen. 3n folcrjen Momenten jeigte fein ganzes SBefen eine rüat)rtjaft antue SSürbe. SWittterweife war ber ßeitpunct fyeran gefommen — un= gefäfyr gegen ©nbe Dctoberö — bafo bie t>on StaatSwegen mit bem Steffen oorgenommenen ^eligionSübungen beenbigt werben füllten. 2öät)renb biefer ßeit t)atte ber junge 9J?ann ben Gnt* fd)luf$ gefaxt, fiel) bem SJfilitärftanbe wibmen 511 motten, mo feine (3emeftral=*ßrüfungen §u befielen finb. ©er $ice=2)irector am Sßolrjtecrmicum tjatte [ein ?lmt al§ 9ftit>33ormunb nieber= gelegt unb 33reuning trat an feine ©teile. Sie Uebergabe be§ (befangenen an bie beiben 95ormünber erfolgte Oon Seiten ber Spolijeibeljürbe mit ber au§brüdtid)en SBeifung, ifjn nict)t länger benn einen Xag nur in Söien belaffen §u bürfen. 2)a jebod) Widjtige, geiterforbernbe Sßorbebingungen ^um (Eintritt in ben äftilitärftanb gu erreichen waren, fo bot Sotjann Dan ©eetfjooen bem SReifter Subwig unb bem 51t merbenben Slriegymanne fein Sanbgut ©neijenborf, am linfen ©onauufer unweit ber Stabt St'rem§ gelegen, 511m einftmeiligen ^tufenttjalt an, big e£ bem §ofratl) werbe gelungen fetjn, einen 9iegiment§=3nl)aber au3= finbig 5U macfjen, ber nidjt nur bie ?lufnat)ine be§ äftünbelS al§ Gäbet in fein Regiment bewilligen, aber aud) benfelben ber (Sompagnie eineö Hauptmanns üon meljr als gewbt)nlid)er Offi^ier^bilbung $utf)eilen unb einer befonberen Dbforge an* empfehlen wolle. ©er 5e^0marf^)a^^eutenQnt/ ^rci^err uon ©tuttertjeim, natjm ben jungen 9J?ann au3 9tüdftd)t für beffen beibe SBormünber in fein Infanterieregiment unb Wählte ben 6ompagnie=ßf)ef, Hauptmann üon 9J?ontluifant, jum güfyrer be§ neuen ßabeten. ?lu§ ©anlbarfeit bebicirte öeet^ooen biefem ©eneral baä Ouartett in Cis raoll. 2)ie)e feine (Snt= fdjtiejjung batirt aber erft öom 10. 9JZär§ 1827 an bie $erlag§= Ijanblung ©djott in SD^aing, nadjbem berfelben \>a% 9J?annfcript — 469 — Bereite im Dctober 1826 (taut einer Oortiegenben 51ngeige ü6er beffen (Stfjatt, de dato 2J?aing ben 28. ^ooemb. 1826) gugefdjidt toorben loar.261) lieber be§ SOceifterg ^fufenttjatt in ber Umgebung feiner gamilie gu ©neijenborf, (beftefjenb au§ feinem 93ruber, beffen ©emafytin unb ifjrer [natürlichen] Bereite ertoatfjfenen £od)ter, bann feinem Steffen) enthielten bie Stagebüdjjer nnb enthalten noef) anbere oorliegenbe Rapiere üon ber §anb be§ 23ruber<§ fo üiete ßontroüerfen, fo öiet be§ SSibertüärtigen, baJ3 e§ nidjt geraten fdjeint in3 detail eingugefjen, fonbern bie ®inge mit menig SSorten gu fenngeidjnen: ungtaublidje 9^üdftd)t§(ofigteit auf be3 9fteifter3 empfinbltdje ®örperbefd)affentjeit, fo in 53egug auf SBotjnung mie auf ÜRafyrung; ^auptfädjtict) aber Intimität beö Neffen mit feiner Stante, bie in fittticfyer £nnfid)t giemtid) auf gleicher ©tufe mit feiner 9ftutter geftanben, bemnad) gäng= lidje 9^id)tbead)tung feines bekümmerten 2lboptio=$ater§.2G2) 3U allem biefen nod): befdjränft fetin gu muffen auf bie 2Bot)nftube megen falten, regnerifdjen 9(coüembertt)etter<§. llnb in biefer Situation bidjtete Seetfyoüen fein (Sdjmanenüeb, ben legten ©a§ gum Quartett in B dur, Op. 130, OoE ernfter Suftigt'eit unb £mmor3. Dbgteidj S3reuning'§ ©olliciationen nod) gu feinem ertoünfdjten (Snbe gebieten nxtren, fo fanb fidj unfer 9J?eifter au§ Oorftetjenben ©rünben genötigt, biefen Ort gu oerlaffen unb ben üfteffen mit fic£) nad) SSien gu nehmen, letzteres auf bie ©efaljr t)in, bafetbft mit ber ^otigeibet)örbe in (Sonflict gu gerattjen. gum Ue6erftufj alter SRüdftdjtätoftgfeiten tiertoeigerte ber $ßfeubo=Q3ruber feinen gefd)(offenen -Stabtroagen gur Sfteife bis gu bem natjen Stremä, baf)er biefe in einer offenen $a(efd)e 261) Vgl. den Brief an B. Schotts Söhne in Mainz in B. S. Br. No. 1212 (V. Band). A. d. H. 262) Darüber spricht eingehend der ungedruckte Brief Schindlers an Beethoven, der im Anhang aus Schindlers Beethoven-Nachlaß mit- geteilt wird. A. d. H. — 470 — gemalt merben mußte. Sie $otge mar eine Unter(eib3erfä(tung, bie gleich im beginn mit ^eftigfeit aufgetreten ift.203) ?lm 2. Secember langte ber 9J?eifter mit feinem nid)t§* mürbigen Neffen in SSien an. @rft nad) mehreren Sagen erfüll- tet) feine gurücffunft nnb feinen 3u[tanb. %d) eilte fofort 51t ifjm nnb Oernafym unter anbern aud) bie betrübenben 9J?ittf)eitungen, bafe er feine früheren 5Ier§te 23raunf)ofer unb ©taubentjeim roieberfjott bitten tiefe fid) feiner anjune^men, jebod) t>ergeben§, erfterem fet) ber 2Beg 5U roeit, unb teuerer l)abe öerfprodjen $u fommen, tarn aber nidjt; man Ijabe ifjm einen 9Irgt jugefdntft, er roiffe nidjt mie unb burd) tuen, ber ifm unb feine 9catur gar nidjt fenne. @3 mar Dr. Sßamrud), ^ßrofeffor an ber SHinit. Sie Jjödjft fettfame Sßeife, mie berfetbe an 23eett)ouen'3 tanfenbett gefommen, öernafjm id) au§ feinem eigenen 9)£unbe. Deämtidj: ein auf bie ^tinif gebrachter Siener (^arqueur) au§ einem Äaffeetjaufe ber @tabt fjat ifjm öertraut, bafj S3eetfjoüen'§ 9ceffe, al£ er einige STage guoor bafelbft 23ittarb gefpiett, ifjm ben Auftrag gegeben für feinen fronten Dfjeim einen SCr^t §u fudjen, unb ba er ftdj megen Unmot)tfet)n§ biefeS Auftrages nidjt entlebigen fonnte, fo tjabe berfetbe itjn nun erfudjt 5U 53eetf)otien getjen gu motten. 5(n ba$ tanfenbett gefommen, fet) biefer mirftid) nod) otjne är§tticl)e §ütfe geroefen. Sie 23eurtrjeitung biefeS galtet, mie überhaupt aller öon ber $amiüe be<§ 9D?eifter biefen burdj SSertjättniffe unb gettäuftänbe ftd) auf= bringenben ©eitenbemerfungen betreten mir mieberum ben immer büfterer merbenben ^ßfab ber Gegebenheiten. 2)ie §anblung unferS ©rama ift bis §ur Peripetie borgefdjritten. Sn ber gtueiten §ätfte beS Staats ©ecember tonnte entließ bie Slbreife beS Steffen gu feinem 9?egimente nad) Sgtau in Stfäfjrert erfolgen.*) Sßeber Greuning noct) ber SScrfaffer maren *) 9err)ältmffe in wenig Um= — 472 — Beugen ber Trennung bort feinem SSoJjlttjäter. 2)qb biefelbe auf (Seiten unfer§ SfteifterS mit teidjtem ^erjen ftattgefunben, bezeugte bie ungetböfmtid) ^eitere (Stimmung, in melier mir üjn trafen. ©3 motlte fdjeinen, at§ fei er bom böfen geinbe befreit morben. 2)iefe ©timmung mar fetne§meg§ eine borübergetjenbe, f)ielt bielmefjr gierntict) lange an; üjr mar eö guäufdjreiben, baf3 ber ^atient mit boller guoerfidjt feine balbige SBieberfyerfteflung erhoffte, mancherlei $ßlane entmarf unb über bie §u fommenben ©ompofitionen fid) auslieft, — farj, er füllte fid) mieber im ©eift unb ©emütt) fo frei, fo „gang anfgefnöpft," mie in früheren Sagen: ber Stoiber (jatte nun ßeit unb Stufte ft<±> in feinem Set)rft)ftem nadi $ergen§uift 51t ergeben. ®ie§ atle§ märe ge= eignet gemefen unfern S5erfet)r mit it)m red)t angenehm 511 madjen, tjätten mir nur un§ bie böfen 2U)nungen einer nidjt gu fernen Äataftroptje au§ bem ©inne fd)lagen tonnen. ©tüdlid)er in foldjer §infid)t mar ber eilfjäfjrige Sotjn 23reuning'3, ein munterer unb berftänbiger Slnabe, ber burd) feine Unbefangenheit unb 9?id)tfenntnif3 ber ©efatjr unfern greunb oftmals angenehmer gu unterhalten mufjte, aU mir. ©erwarb bon Sreuning, ber SieblingSgefetlfdjafter unb oortrefflid)e Pfleger be§ franfeu riffen ju Berühren. Sari t>an 23eetboüen, juetft ^fiilotoge, bann Saufmann in spe, balb aber bem SriegShanbtnerfe fid) roibmenb, Devüef} and) biefe Saufbaljn unb naftm eine Stelle al§ Beamter eines ^riöaten ein. ©eine au§ ben früheren ßonflicten mit SebenSDerfiältnifien geretteten guten (Sigenfctjaften maebten fpäter einen adjtbaren gamilienöater au3 ibm, ber fd)tt)er getragen an feinem berühmten tarnen, ©r fd)ieb Don binnen am 13. Slprii 1858.264) 264) So schreibt auch Gerh. v. Breuning: Nachdem sein ihn so nachsichtig behandelnder Oheim gestorben, er auch das Militär ver- lassen hatte, ward er ein ruhiger, ordentlicher Mensch und guter Familienvater. Er starb in Wien am 13. April 1854. Aber Beethovens geradezu blinde Liebe, mit der er doch so gerne die ganze Welt um- schlungen hätte ( — „Seid umschlungen, Millionen, diesen Kuß der ganzen Welt" — ) hatte sich hier zu arg gesteigert. „Aus dem Schwarz- spanierhause." Neudruck S. 104. A. d. H. — 473 — 23eett)oben, nunmefjr toracticirenber Uv^t in SSien, £jatte fid) lauten ®anf öon bem großen SDceifter ermorben, unb mirb öietfeidjt gur ©tunbe nodj, nidjt otjne 9tüf)rung, an jene felbft für finblicbe Segriffe mistigen Xage gurücfbenfen. dufter un3 dreien mollte ber Patient Sftiemanben um fid) bulben; felbft fein 23ruber mar nid)t gerne gefefien — in Erinnerung ber neuerlidjen SSorfätle ju ©neijenborf.265) Sie tonftjeit, an tpetct)er 93eett)ot>en barniebertag, mar anfängtid) eine au3 ber ©rfättung be3 Unterleibes fid) entmidelte £ungenent§ünbung. S)iefe mürbe aber öon Dr. SBahmtdj üiel ju fpät erfannt, unb afö bie richtige ©rlenntnifj ha mar, mar bereits ba§> ©tabium ber 23aud)mafferfud)t eingetreten. 2Sir merbcn in ben Ergänzungen f)ören, in meldjer Söeife biefer Sfr^t ben begangenen geiler in ber S)iagnofe üon fid) ab§tt« menben ftcf) ertaubt l)at. S)ie ©tjmptomc ber Stranfrjeit traten in menig Sagen fo auffaltenb fjerbor, bajj fdjon am 18. ©ecember bie erfte Function üorgenommen merben mufete; am 8. Sanitär barauf bie gmeite unb am 28. beSfefben SKonatS bie britte.266) 265) Als Ergänzungen zu Schindlers Darstellung der letzten Lebenstage des Meisters seien allen ernsten Forschern empfohlen Gerh. v. Breunings Buch „Aus dem Schwarzspanierhause", wovon der Herausgeber einen Neudruck besorgt hat, 1907; dann Thayer- Deiters, Beethoven, V. Band: „Das Jahr 1827", 1908, herausgegeben von H. Riemann S. 437 ff. A. d. H. 266) Trotz Thayers Versuchen, den Arzt Dr. Wawruch heraus- zustreichen, bleibt hier Schindler doch im Recht und wird besonders durch Gerh. v. Breuning unterstützt, der selbst ein angesehener Arzt war. Darum bleibt es auch hier geboten, ein Wort Gerh. v. Breunings aus dessen Schrift „Aus dem Schwarzspanierhause" zu wiederholen. Gerh. v. Breuning schreibt: „Auch Dr. F. G. Wegeler bestätigt in seinen Nachträgen der biographischen Notizen über L. van Beethoven die Berichtigung Schindlers über die Verdächtigung Dr. Wawruchs: Dr. Malfatti habe dem an Wassersucht Leidenden Punsch-Eis ver- ordnet, weil er als langjähriger Freund Beethovens dessen vor- herrschende Neigung für geistige Getränke zu würdigen verstand", indem er Wawruchs Angabe ,als durchaus unbegründet erklärt'". — 474 — 9J2it ben (Srgebniffen bes le^tgenannten Stages maren nnfere fdjmadjen Hoffnungen üernid)tet. 2>ie 2lbnabme ber tofjtyfifdjen unb geiftigen Gräfte erfüllte aud) bie «Seele unferS Äranfen mit trüben Tönungen. 2)aS Vertrauen ju feinem Strjte, tor mehreren Sßodjen fcfjon fdjmanfenb gemorben, inbem er ü)n mit 93cebicamenten in fo großer Stenge überhäuft tjatte, baf? bie Functionen bes of)nef)in gefd>mäd)ten Unterleibes geftört tuerben mußten, mar nun gänjltd) gejdjmunben, fo baf3 es iljm bor feinem ?lnblid graute. — Sn biefer mit ®runb be= ängftigenben Sage erinnerte fid) 23eetf)oüen feines ehemaligen £yreunbeS, beS nun fet)r berühmt gemorbenen Slr^teS, Dr. Wlai- fatti, ben er bereits üor gtoötf Sauren fictj entfrembet unb feit bem mit feinem SSorte mein: gefprodjen Ijatte. ?luf biefen baute er nun bie Hoffnung 51t feiner Rettung. s2lber 9#alfatti mollte bie burd) mid) iljm üorgetragene 93itte bes 9)tafters nid)t Ijören, er mies fie falt ab. 2>d) magte einen §meiten unb fogar einen brüten SSerfud), feine £l)eitnal)me für ben leibenben ;£on= bidjter rege 31t madjen. (Snbtid) gelang eS, ifjn bafyin 5U bringen, ben Patienten menigftens mit einem Söefudje erfreuen gu motten, als träte er an bas Äranfenbett eines itym gan^ gremben. SDiefer 53efud) follte auf fein Serlangen im 23eifet)n beS orbinirenben Sfr^teS ftattfinben. ©ieS mar jebod) 33eetl)oüen'S SSunfd) entgegen, ber feinen ehemaligen greunb allein feljen „Ich (seil. Gerh. v. Br.) kann nur bezeugen, daß Wawruchs Mit- teilungen, der weder ein langjähriger noch Freund Beethovens über- haupt gewesen, so vollkommen aus der Luft gegriffen, als zum Zwecke eigener Beschönigung geschrieben sich darstellen." — Diese Aus- führungen von seiten Gerh. v. Breunings sind von besonderer Wichtig- keit. Denn hier spricht ein Arzt gegen den Arzt Dr. Wawruch, der sich herausgenommen hat, in so übler, man möchte sagen ver- leumderischer Weise über des Tondichters Hang zu Spirituosen zu schreiben. Wawruchs falsches Wort „sedebat et bibebat" hat nicht wenige irregeleitet. Und so mag denn G. v. Breunings Wort zur Reinigung und Klärung dienen (Aus dem Schwarzspanierhause, Neu- druck von Dr. Kalischer S. 130.) A. d. H. — 475 — unb ftdE) mit irjm ausformen rcoHte. (£ine SJcotrjlüge führte gum ßtued. 9)?atfatti erfdjien, fanb aber ben Kollegen nidjt, bafür bie offenen Strme be§ reumüttjtgen um Söerjeüjung ftetjenben grcunbeS.267) Sitte» Vorgefallene mar oergeffen. SBon nun an ersten 3Ka(fatti faft tägtid) sugteict) mit Sßatorudj am Sranfen* betr. 5)a» Regime be§ Sedieren roarb fofort befeitigt unb allein $unfef)ei§ in äiemtidjer Quantität gereicht, rooburd) ber tränte fid) erfrifd)t, bafb aber in fo {Jokern ©rabe ftc£) gekräftigt füllte, bajj er fiel) mit (Sompofitionen beferjäftigen §u tonnen, ja, fid) gerettet, glaubte. @» ioarb jebod) ärjttidjer ©eit§ unterfagt, bagegen eine teidjte Sectüre empfohlen. S)te SB alt er ©cott'fdjen SKomane froren eben im ©erjtnange; ber ^atient tiefe fiel) barjer leid)t bereben, bie Sefanntfdjaft be§ „großen Unbetannten" gu madjen. Mein fcfjon roeitjrenb ber Seetüre ber erften SBänbe öon „®enitroortt)" geriete) er im gorn un0 marf baZ S3uctj $u Söoben, au§rufenb: „Ser $ert fdjreibt bod) 61o§ für'ö @etb!" ßum (£rf atj umgab er fict) mit feinen 267) Über Beethovens letzte Krankheit lassen wir zur Ergänzung der Worte Schindlers noch einmal Gerb. v. Breuning, den Arzt, reden: „Daß die Krankheit, von welcher Beethoven befallen worden, eine Bauchfell- und nicht Lungenentzündung, wie in den Biographien irrtümlich zu lesen (Schindler wird II, S. 434 zitiert), läßt sich ärztlich beweisen, und zwar aus folgenden Gründen: einmal weil nur eine Bauchfell-, nicht aber eine Lungenentzündung eine Bauchwassersucht schaffen kann, und dann, weil er, mag auch im Beginne der Er- krankung immerhin gleichzeitig eine katarrhalische Reizung der Atmungsorgane bestanden haben, während des Verlaufes seiner Krank- heit nicht hustete, die kräftigste Stimme, nie Atmungsbeschwerden hatte, außer insoweit später die übergroßen Wasseransammlungen im Unterleibe beängstigend nach aufwärts drückten, und endlich weil die Lungen schließlich während seines fast dreitägigen Todeskampfes sich so vollkommen gesund und überaus kräftig erwiesen, daß von einer vorhergegangenen Lungenerkrankung keine Rede sein konnte." So Gerh. v. Breuning, dem. für die klare Diagnose der Todeskrankheit Beethovens noch besonderer Dank gebührt (s. Aus dem Schwarz- spanierhause, Neudruck S. 127 f.). A. d. H. — 47G — ätteften $reunben unb £ef)rern qu§ §effa§, mit ^ßtutard), §omer, Sßtato, 9Iriftotete§ unb anbent beriet ©äften. Unb ba üjm öon ^rang <3d)itbert'§ Gompofitionen nur menige befannt tuarert, bie Siebebienerei überhaupt ftetS gefdjäftig mar beffctt Talent gu üerbädjtigen, fo benutze id) ben günftigen Moment, mehrere ber größeren ©efänge, afö: Sie junge 9?onne, bie SBürgfdjaft, ber Sauger, (Sltjfium unb bte Dffianifd)«! ©efänge Oorjutegen, beren S5efanntfctjaft beut Sfteifter grof$e§ Vergnügen gemäfjrt fjaben, fo bafj er fein ilrtfjett barüber mit ben Söorten auSgefprodjen: w2öaf)rtidj, in bem ©dmbert motjnt ber göttlidje gfunfe" u. f. m. 3ur 3eit tvav jebod) erft eine fleine Sln^t öon ©djubert'ä Werfen im Srud erfdjienen. $aft in att' ber 3eit, in metdjer mir bea Sfteifter auf bem ftüranfenlager fernen, marb er bon einem trüben ©ebanfen uer= folgt, ber feine ferneren mit jebem ^age erwartet »erben burfte, benn bie 2lbfenbung btefer bret SSerfe an ben gürften mar bereite in ber SBintergeit üon 1825 auf 26 ge= fcfjetjen. (Srft nacfj geraunter 3e^t nad)bem bau (Srmartete immer nidjt fommen mollte, manbte fid) S3eettjoüen an bat* SSanftjauS ©tieglitj u. (Eontp. in ©t. Petersburg, ba§> nad) bem un§ bekannten Wortlaut beS SBriefeö Oom dürften an SBeetljoöeit, — 477 — r-om 11. äJtörg 1824, auf Verlangen be3 SMfterS für ben dürften 3a^er fetjn merbe. 2)ie SKüdanthmrt biefeS £aufe§ lautete aber, bafj gürft (Mithin sur Strmee nad) ^erfien ab* gegangen fet) unb feinen Auftrag §ur 3Q^unfl au 23eetbouen gegeben habe. SHöbatb nad) 3urüd£unft im tranfen 3uftanbe 2fnfang§ ©ecember fyatte 23eett)onen an ben öftreid)tfd)en ®e* fanbten in <3t. Petersburg gefdjrieben unb um beffen üer= mittelnbey (£infd)reiten in biefer ?lngefegent)eit gebeten, ©ielje ba! Um bie äßitte be§ genannten Sonata fam ein 23rief üon bem gürften de dato (Sfjarfoff 10/22. November 1826 fotgenben Snt)att§: „Mon eher et digne Mr. de Beethoven, Vous devez me croire bien leger et bien inconsequent de Vous laisser sans reponse pendant si longtemps, surtout quand j'ai rec.ii de Vous deux nouveaux chef-d'oeuvres de votre immortel et inepuisable genie. Mais des circonstances malheureuses! .... Maintenant j'habite le fond de la Russie et sous peu de jours je partirai pour la Ferse pour y faire la guerre. Avant cela j'expedierai absolument ä M. M. Stieglitz et Comp, la somme de 125 Ducats et je De puis que vous offrir mes remer- eiments pour vos chef-d'oeuvres et mes excuses d'avoir ete si longtemps sans vous donner signe de vie." ($>n beutfdjer ileberfeijung: ätfein lieber unb mürbiger §err oan öeetbonen, ©ie muffen mid) für febr teichtfinnig unb fehr in* confequent hatten, med id) ©ie fo lange ohne Slntraort laffe, jumal ich bie §roei neuen SBerfe %fyxz§> unfterbtidjen unb un= erfd)öpftid)en ©enie§ ermatten fjabe. Mein ungtüdlid)e Um= ftänbe! ... 3dj mohne nun im §intergrnnbe non SKufctanb unb merbe in menig Sagen nad) ^erfien abgeben, um ben Krieg bort mitsumQd)en. 9Sort)er merbe id) aber gan^ beftimmt an bie §. $. ©tiegtit} u. (Somp. bie ©umme üon 125 Sucateu abfenben unb fann nur für jet}t Sfynen meinen Statt! für Sfyre SO^eiftermerte barbringen, mie auch, meine @ntfd)ulbigung bei= fügen, ©ie fo lange otjne Seben^eidjen getaffen $u tjaben.)*) *) ®en SSefiJ? btefe§ ScfyuIbbrtefeS, ben Sebet au3 SSeetfjoüen'ö Um* — 478 — 9?acf) 5(n fünft biefes Briefes mar ber trübe unb beängftigenbe ©ebanfe in bem Äranfen oerfdntmnben unb bem Eintreffen biefer (Summe mürbe tägtid) entgegen geferjen, benn bie Söebürfniffe für Slusftattung bcs Steffen 5U feinem fünftigen Staube, ats and) bie üermetjrten 2(us(agen für Slranfenpftege tjatten bie SBaarfdjaft bereite fütjtbar oerringert. 2Bod)e um SSocfje öerging jebocl), otjne bafj aus St. Petersburg bas ferjnüd) (Srmartete eintreffen mottte. 2)er Februar fam, aber immer notf) nidjts öon ©ttegltfc u. (Somp. — S)a ermadjte in bem Traufen bie Erinnerung an bas feitens ber ^3rjitrjarmonifcfjen ©efeltfdjaft 51t Sonbon irjm öor Satjren bereits gemachte anerbieten, ein Goncert 31t feinem 23eneftce geben 5U motten. 9?ad) langer (Srmägung biefes ebetmütfjigen Anerbietens unb beffen Q3eratrjung mit SBreuning unb mir, ob biefer 2Öeg eingufdjtagen fet), uerrjerjtten mir unfer SBebenfen nicfjt |tits ftdjtfid) bes übetn Ginbruds, ben biefer Schritt, früher gebung gefannt, ben trf) bei §erüortreten be§ g-ürfien ©ali|in 1852 Der- geblicf) in SSien aufhüben ließ, nerbanfe id) bem befannten 2)?ujifgelebrten, §erm 33. 2>amcfe, ju jener 3e^ *n ©*■ Petersburg, gegenwärtig tat Sjrüjjet roorjnenb. Seine beiben Dorn 7. Januar unb J3. gebruar 1853 auä Petersburg an mid) gerichteten ^Briefe, in ben Grgänjungen ab= gebrueft, öerbreiten über bie Streitfrage mit bem dürften baZ Ijeüjie Siebt. Seetboöen roirb baburd) in mehreren Sßuncten öoDftänbig gerechtfertigt.-05') 268) Berthold Damcke, der vielseitig gebildete Tonkünstler, ist Februar 1812 zu Hannover geboren, ward auf den Rat seines Pianofortelehrers Aloys Schmitt aus einem Studenten der Theologie ein Musiker. 1833 ward er Bratschist in der Hofkapelle zu Hannover, blieb dabei Pianist und Orgelspieler, studierte dann in Frankfurt a/M. unter F. Ries und Schelble; ging dann als Musikdirektor nach Kreuznach. Im Jahre 1837 ward er als Direktor der Philharmonischeu Gesellschaft nach Potsdam berufen, wo er auch die Leitung des Gesangvereins für Opernmusik übernahm. In Berlin trat er 1843 als Pianist auf. 1845 begab er sich nach St. Petersburg, wo er sehr erfolgreich als Pianist, Musiklehrer und Kritiker tätig war. Er reiste viel. 1812 — 70 lebte er in Paris. Er hat auch viel komponiert. Wir nennen nur seine Oratorien „Deborah" und „Die Geburt Jesu". — 479 — ober fpäter $ur Sßubticität gekommen, tjeroorbringen tonne, unb tjatten ben SKutt) unfern tonten an fein Skfitjtljum üon (Staats* papieren gu erinnern, baS nod) geraume $eit jebe frentbe Jpitfe unnöttjig machte. Mein ba mußten wir üernefymen, bafe er biefelben ntct)t mefyr als fein ©gentium, fonbern a(3 ba§> feinem Neffen einfienS §u t)inter(affenbe ©rbgut anfefje. dagegen burfte fein (Sinwanb laut werben unb waren nad) ber Sage ber 'Singe nur bie SKänner 5U Wätjten, benen bie SBeforgung biefer 9ln= getegentjeit in Sonbon in bie ^)anb §u legen ferj. Sßeetfjoüen wählte ©ir ©eorge ©mart unb ben ^arfen^abriranten ©tumüff, unb auf meine (Smüfefjtung nod) §errn 8 g. Sftofdjetes, ba mid) meine füecieüen Regierungen gu letjterm in ©tanb festen, nod) RefonbereS mitteilen gu tonnen.*) 9?ad)= bem mir ber 9)?eifter feine Sßüufdje bie3faH§ angegeben, fafcte id) bie ,ßufd)riften an bie brei sperren ab, bie er bann eigen * fjänbig untergeidjnet tjat.270) ©er wefentlicfye Snljatt fämmt= üdjer mag au§ ber 3ufdjrift an ÜD?ofd)ete3, de dato SSien ben 22. $ebruar 1827, erfefyen werben. @r lautet wörtüd): „Üftein lieber 9ftofd)eie§! Sd) bin überzeugt, bafj ©ie e§ nidjt übd nehmen, bafj id) ©ie ebenfalls Wie ©ir &. ©mart, an ben fjier ein Rrief beiliegt, mit einer Ritte beläftige. 2)ie &ati)t ift in ^ürge biefe: fd)on üor einigen ^aljren fjat mir bie $ßrjitl)armonifd)e @efeüfd)aft in Sonbon bie fdjöne Offerte gemadjt, 5U meinem Reften ein ßoncert §u tieranftatten. damals war id) gottlob! nidjt in ber Sage, üon biefem ebten eintrage ©ebraud) matten ju muffen. ©an§ anberS aber ift e§ jetjt, wo id) fdjon *) SBeetfiotoen felber fianb mit 2)Jofcfjele§ niemals in ber geringfien Sesiefiung.269) 269) Diese Behauptung Schindlers ist sehr irrig. Mein Aufsatz „Beethoven und Moscheies", der auf Grund zahlreicher Gespräche in den Konversationsheften unternommen werden wird, soll das Gegenteil von Schindlers Meinung erhärten. A. d. H. 270) Siehe B. S. Br. No. 1200 (an Stumpft), No. 1202 (Smart), 1203 (Moscheies), 1215 und 1218 (an denselben) V. Band. A. d. H. — 480 — balb üotle brei SSJconate an einer fangroierigen Slranfrjeit barnieber liege. ©S ijt bie SBafferfudjt; Sd)inbfer roirb 3t)nen beiliegenb merjr bation jagen. — Sie fennen feit fange mein Seben, roiffen aud) roie unb oon maS id) lebe. 2In'3 Schreiben ijt jefct lange nid)t ^u benfen, unb fo föunte idj leibet in bie Sage üerfe^t werben, Mangel leiten ja muffen. — ©ie tjaben nid)t nur ausgebreitete 33etanntfd)aften in Sonbon, fonbern aud) bebeutenben ©tnflufj bei ber $)31)i(rjarmonifd)en ©efettfdjaft. Set) bitte -(Sie barjer, biefeS fo oiel als Srjnen mögliefj anproenben, bamit bie ©efcüfd)aft jettf oon Sxeuem biefen Gntfdjlufj faffe unb balb in ?lusfürjrung bringen möge. 2)eS SntjaltS ift aud) ber beiliegenbe Srief an Sir Smart, fo mie id) einen bereits an §errn Stumpff *) abfdjirfte. 3d) bitte Sie, bem Sir Smart ben 33rief ein5ut)änbigen unb fict) gur 53eförberung biefeS groedeS m& ^m un0 Q^en meinen greunben in Sonbon gu oereinigen. St)r ^reunb SSeetrjouen. m. p." Unterm 14. 9J?är3 bictirte mir Seetljotien einen S9rief an 50?ofd)eleS in bie ^eber, ber nadjfteljenbe Stellen enthält: „91m 27. Februar mürbe id) §um Oierten ffllai operirr, unb jetjt ftnb fd)on fidjtbare Spuren ba, baß id) balb bie fünfte Cperation *) 3. 91. Stumpff, ein Seutfdjer au§ Üfyüringen, über 40 %afyre in Sonbon lebenb, reo er e§ ju bebeutenbem S3of)lftanbe gebraut, öon ©oetfje perfönüd) gefannt unb fetjr gefcfjäfct, fam im September 1824 nad) SBien, um 33eelb,oüen pevjönlicf) fennen ju lernen. 3>n 3>ab,r 1826 t)at er fämmt liebe 23er fe Don £>aenbel in 40 golio=23änben unferm sDleifter jum ©eftfjenf gemalt, toobei biefer nur eines ju bebauern gehabt, ba% er au§ Mangel an föenntniß ber englifcfjen Spraye 2ejt unb SKufif ju Dergleichen aufeer Stanb getoefen. 2>ennocfj mar bie greube an tiefem in jeber Schiebung febr roertbooflen öefebenfe eine große. 3" &*r 2?er= fteigerung ber mufica(ifd)en SSerfe au§ 23eetl)ot>en'$ Sftadjlaffe erftanb 2obta§ ^aßlinger bie gange Goüection für ein tjunbert ©ulben in Gönn. SJcünje, bie beim Stnfaufe in (Jnglanb nafje an fieben^ig $f. Sterling gefofiet. StefeS eine 33eifpiel jeigt, um roeldjen $rei§ ©egenftänbe Oon minberm 23ertb,e in jener Skrfteigerung lo3ge|cf)lagen roorben. — 481 — §u ermarten Ijabe. 2Bo foEC ba$ J)in, unb ma§ fot£ aug mir merben, menn eg nod) einige $eit f° fort Q^? SBa^rtid^, €Üt fe6»r partes Soog fjat mid) getroffen! ©od) ergebe id) mid) in bie Fügung beä ©djidfatg, unb 6itte ©Ott ftetg nur, er möge eg in feinem göttlichen 3latf)fdj(uJ3 fo lenfert, bafj id), fo lange id) nod) ijier ben S£ob im Seben erletben muß, öor Mangel aefdjüfct »erbe. S)ie3 mürbe mir fo oiet Äraft geben, mein Soog, fo fyart unb fdjrecfttdj eg immer fetjn möge, mit (Srgebentjeit in ben 2Sitlen beg Sttterfjödjften ju ertragen. — Rummel ift tjier."*) Staunt mar biefeg ©djreiben ber Sßoft übergeben, alg ein 23rief öon SJcofdjeteg u. ©tumpff de dato Sonbon, 1. SOZär^, einlief, ber unferm Äranfen bie 9Jce(bung brachte, me(d) tiefen (Sinbrnd feine ,ßufd)rift öom 22- $eDruar bafetbft erzeugt. (Srfterer metbete nod) ingbefonbere golbenbeS: „£)ie ©efeßfdjaft oefd)(of3 bafyer Sfmen ifyren guten Söttten unb bie rege %\),e Summe bon 1000 ©utben ©. 93c. in ©mpfang §u nehmen, in= bem id) gerabe in ber unangenehmen £age mar, (Mb aufgu* nefjmen . . . 9J?öge ber §tmme( mir nur redjt batb mieber meine ©efunbbjeit fdjenfen, nnb id) merbe ben ebetmütfyigen (Sngtänbern betoeifen, mie fet)r id) it)re Stjetfnarjme an meinem traurigen (£cf)td;fal $u mürbigen meifj. — S>f)r ebte§ Senetjmen mirb mir unöergefjlid) bleiben, fo mie id) nod) insbefonbere Sir Smart unb £>errn Stumpff meinen S)anf näd)ften§ nad)tragen merbe. SDte metronomifdje neunte Sinfonie bitte id) ber pfjilfyarm. ©efeüfcfjaft gu übergeben. §ier liegt bie 53e5eid)nuug bei. St)r Sie fjodj)d)ät}enber greunb Seettjouen m. p. 3tu§ meinem ^Briefe an 2ftofd)ete§, (norftetjenbem beigelegt) beffen ßmeef mar, bie Sonboner greunbe auf bsn natjen -tob be§ 9D?eifter3 üorgubereiten, mögen nur einige (Stellen angeführt merben:*)271) „©er 23rief an Sie üom 18. b. ift mörttid) üon itjm bictirt, unb nmt)( fein letzter. (@r ift e§ in berStjat!) feilte ftüfterte er mir nod) §u: „5üt Smart unb Stumpff fdjreiben." Söirb e§ mögtid), ba|3 er biefe ^Briefe nod) unterzeichnen fann, fo foll e3 morgen gteid) gefdjebjen. ((£3 mar nidjt metjr möglid), batjer folgte id) feinem Sertangen, unb ttjetlte beiben mürbigen Scannern ben Sant Seettjoüen'S fogteid) nad) beffen ^nnfdjeiben mit.) @r füf)tt fein ©nbe, benn geftern fagte er mir unb *) Um ben SSerlauf ber 23egebenb>iten ju bcobadjten, bielt id) für gut, ben 23eett)ot>en'jd)en 5örief Dom 18. Wax^ einige läge fpäter abgeben ju laffen. 271) Der Brief folgt noch im Anhange. A. d. H. — 483 — 25reuning: Plaudite amici, comoedia finita est.272) ®ie legten Sage roaren roieber überaus merfroürbig; mit toatjr^aft fotratifcfjer S93ei§rjeit unb großer ©eetenrurje fie^t er bem Stob entgegen. 3Iud) roaren mir geftern fo gtüdücfj, mit bem Seftamente in Crbnnng §u tommen. 2)rei Sage nacfj ©rtjalt irjreö 23riefe3 mar er anwerft aufgeregt unb moEte mieber bie ©fi^en §ur gefjnten ©infonie rjaben, über bereu Vßlan er mir tiiel fagte. (Sr beftimmt fie feft für bie titjitrjarmonifdje ©efetlfcfjaft. üöie fid) biefe§ SSert je|t in feiner tränten Sßrjantafie geftattet, fo bürfte e§ ein mu[icalifct)e§ Ungeheuer merben." it. f. m.273) @§ mar aucfj am 18. äftärs, al3 SBeetrjotien micrj erfudjte, für SDebtcation feinet legten Duartettä in F dur forgen yd motten unb einen feiner mürbigften greunbe tjierju 51t märjten. 2)a icfj mufjte, mie rjod) er ben SSiener Kaufmann Sofjann SSotfmarjer tiereljrte, unb biefer e§ in merjrfacfjer SSegierjung um itm tierbient rjatte, (er mar einer ber ftiüften aber förbernbften ©önner unfer§ ÜDceifter§) fo geigte id) biefen tarnen halb barauf ber Sßertagäfjanblung an. SSolfmatjer befanb ftd) im SBefitje einer anferjntidjen 3af)I äftanufcritite tion großen SSerfen 53eet= fjotien'3. Sriefe Srjatfadje marb erft um 1850 befannt, a(§ biefe Sftanufcritite, ^ur $eit bereite in ben 93eft§ üon beffen Neffen übergegangen, meiftbietenb in SSien tierlauft unb 5U fefjr geringen greifen fjtntangegeben morben. ^adjbem ber Stteifter am 24. SWärj 9#orgen3 auf fein Verlangen bie rjeitigen ©terbefalramente mit marjrer Grbauung 272) Man sehe „Die letzten Worte des sterbenden Beethoven", die ich mehrfach zusammengestellt habe, u. a. im Neudruck „Aus dem Schwarzspanierhause" S. 155f. — Vgl. den Aufsatz „Die letzten Worte des sterbenden Beethoven" in der Unterhaltungsbeilage des Berliner „Lokalanzeigers" vom 4. Mai 1899. Man sehe auch „Lenz, Beethoven" Neudruck S. 104 f. A. d. H. 273) Soweit die Skizzen zur Zehnten Symphonie durch Hirsch- bach in seinem Eepertorium vorliegen, femer die Skizzen davon durch Schindler, soweit lassen Sie nichts von einem „musikalischen Ungeheuer" verspüren. A. d. H. 31* — 484 — empfangen l)atte, geigten fid) bereits gegen 1 Ut)r SO^tttag^ bie erften Slngeidjen feiner 9(ufiofung. (Sin furdjtbarer Stompf gmifdjen Stob unb Seben begann (motjt in $o(ge feinet ftarfen SleroenftiftemS, lote foldjeS feiten einem 9ftenfd)en gu Xljetf mirb) unb märjrte ol)ne Unterbrechung fort bis jum 26. SRärs ein Giertet oor 6 lltjr $lbenb§, als ber grofte Stonbidjter luäljrenb eines ftarfen, unter gewaltigem £)age(fci)(ag fiel) enttabenben ©emitterS — ben ®eift aufgegeben — 56 $at)re, 3 Monate unb 9 £age alt. ©er ©lücfUcfje, ber unferm greunbe in ber £obe3ftunbe bie 5lugen gubrücfen getonnt, mar ber a(§ (Sompontft gefd)ä£te SUJufiffreunb 2Cnfetm en ju £mttenbrenner unb ben urnftetjenben greunben bie SBorte gefprodjen: „Plaudite amici, coinoedia finita est! |>ab' id)'§ nid)t immer gefügt, bafe e§ fo fommen roirb?" hierauf muß erroibert werben, bafj §err 21. §üttenbrenner für 53cet= tjoüen eine gauj unbefannte $erfon getuefen, unb g-rembe in ben leftten jmei Sodjen ntd)t meljr jugetaffen worben, rua3 Dr. t>. JBrenning bezeugen fann. §err §üttenbrenner begnüge fid) mit bem, moJ ber Unfall §ir>ifd)en itjm unb bem an§ bem Seben fdjeibenben 2onbid)ter — wie eben gemelbet — mirHid) jur 3Sar)rtjeit gemadjt. 53ei feinem i£rfd)einen in SBien unb im ©terbefyaufe jaulten mir unfern greunb fd)on ju ben lobten, batjer ■Ffrembeu ber Eintritt geftattet werben tonnte. — 485 — muficatifdjen £ljett aber beforgte ber 23er(eger S£obia3 §a3tinger. 3Me 23eerbigung fanb am 29. ättär^ be3 9?ad)mittag§ ftatt. £er SBatjre folgten junädjft Sodann üan 35eett)oben nebft feinem ©dimager, einem miener 23ädermeifter; an biefe fdjtoffen ftdj an ber faif. roirftidje ipofratf) öon Söreuning mit feinem ©ofyne, bem nunmehrigen SD?ebi§tner, unb ber SBerfaffer biefe§ S3udje3, al§ „Seibtragenbe". 2)a§ SSa^rtudj trugen sur SRedjten bie (SapeKmeifter: ©tjbler, Rummel, ©etjfrieb unb Hreutjer; gur Sinfen bie ßaüettmeifter SBeigl, ©tyromets, ©ä'nSbadjer unb SSürfel. SBoIjI an gmangigtaufenb SRenfrfjen Ijaben bem ßug öon ber SSoljnung be§ großen lobten bi§ §ur ^ßfarrfirdje in ber Stifter* SBorf tabt, mo bie (Sinfegnung erfolgte, ba§> (Meite gegeben. £>a3 ©rab auf bem SSäfyringer ^riebfyofe begeidjnet ein ©tein in Sßtjramtbenform, morauf bto§ gu tefen: „23eet~ rjoben."274) fcböne SSort, (£§ ftrebt unfterbtidj, wie er fterblid) ftrebte. ©o lebft aud) bu burd) ungemeff'ne Qtit ©eniefee ber Unfterblicbfeit! ©oetfie. 274) Beethovens sterbliche Überreste ruhen nunmehr auf dem Wiener Zentralfried hofe. A. d. H. I. 9(u§ beut D&buctum§*$eritf)t. ?Im 27. SDcärj fjat Dr. Sofjann SBagner bie Cbbuction an ber Seidje 23eett)onen'!§ üorgenommen unb barüber einen 23erid)t beröffentüdjt. Ueber ben 23efunb be§ ©etjürorgan* unb ©d)äbetbaue§ fbrid)t fidj berfelbe mit ben Porten au3: „^ie ©efjörnerüen maren §ufammengefd)rumbft unb marftos; bie läng§ benfelben berlaufenben ©ef)ör=Sd)(agabern maren mie über eine 9xabenfeberfbute au3gebetjnt unb fnorpetidjt. S)er Knie, fiel bünnere §örneröe entfprang mit brei fefjr bünnen, graulichen, ber rechte mit einem ftärteren, kttroeiften Streifen au§ ber in biefem Umfange biet confiftenteren unb blutreidjeren ©ubftang ber inerten ©eljirnfammer. 2)ie 3Sinbungen be§ jonft biet meidjeren unb mafjerljältigen @et)irn2> erfcljienen nod) mal fo tief unb (geräumiger) gafjlreidjer aU getrjötjntict). 2>as 8d)äbet= gemötbe geigte burd)ge£)enb<§ grofte ©idjtljeit unb eine gegen einen fjalben 3°ö betragenbe 2)ide."275) 275) Eingehender über die begleitenden Umstände bei der Obduktion der Leiche Beethovens spricht sich G. v. Breuning aus (1.1. S. 165f.). Da heißt es über das Verfahren Dr. Job. Wagners, des Vorgängers Rokitanskys: „Zur genauen Untersuchung der seit so lange schon verödeten Gehörorgane des Titanen im Reiche der Töne wurden beiderseits die Felsenteile der Schläfenknochen durch- wegs ausgesägt und mitgenommen". Hofrat Hyrtl erzählte an Dr. v. Breuning, „er hätte diese Gehörorgane damals, als er selbst noch Student war, in einem zugebundenen Glase geraume Zeit hin- durch bei dem langjährigen Sektionsdiener Anton Dotter stehen gesehen — später seien sie verschollen", a. a. 0. S. 166. A. d. H. — 487 — II. Seftamentc unb 3>crmögcit§jtcnb. Unfer SDMfter tjat in feinen legten Sagen 510 ei Scfta* mente abgefaBt, feinem jcbod) ba§ Saturn beigefetjt. Sa3 Saturn be3 streiten bürfte ber 20. ober 21. SJMrj fetm;276) biefe§ würbe in 23reuning'§ unb meinem SBeifetjn niebergefcfjrieben unb ^war auf ©runb, weit Kurator unb sDHt=5Sormunb mit bem Sßortfaut be§ um ben 15. ober 16. SKärg abgefaßten nicfjt einöerftanben fel;n fonnten. Sa biefe Angelegenheit nid)t ofyne djarafteriftifdjeä Sntereffe ift, fo fotl fte umftänbtid) miigettjeUt Werben. — Sie Abfaffung be§ erfteren, in Briefform, „%n £>errn Dr. SBadj" gerichtet, tautet wörttidj: „üßereljrter $reunb, 3?d) erftäre cor meinem Stöbe (Sart üan S3eetf)ooen, meinen geliebten üfteffen, al§> meinen einzigen Uniüerfalerben oon meinem feab unb ©ut, worunter Ijauptfädjtid) 7 ©anfactien, unb ma$ fid) an SSaarcm oorfinben wirb. ©oEten bie ©efetje tjier SJfobificationen tiorfcfjreiben, fo fnct)en ©ie fetbe fo fefjr ai§> mögtidj $u feinem SBortfyeite §u öerwenben. — ©ie ernenne idj ftu feinem Surator unb bitte ©ie mit §ofratf) 23reuning, feinem Sßormunbe, SBaterftefle bei ifjm §u Oertreten. — ©Ott ermatte ©ie — taufenb Sanf für S^te mir bewiefene Siebe unb $reunbfdjaft." Submig üan 23eetf)otien. m. p.277) (L. S.) SBeit biefe§ Seftament {"einerlei ©infcfjränt'ung, nodj S5or= fidjtämafsreget, t)infid)t(id) be3 Uniferfalerben enttjätt unb biefer nad) beenbigter SSertaffenfdjaftSabrjanbtung fofort in ben 93efi|3 be§ ©äugen Jjätte gefetjt werben muffen, $8ormunb aber unb (Surator, in S3etracr)t be3 ejemptarifdjen Setd)tfinne§ biefeS @rben, 276) Nach Gerh. v. Breuning „Aus dem Schwarzspanierhause", Neudruck S. 159, ist das letzte Testament Beethovens vom 23. März 1827 datiert. A. d. H. 277) Siehe B. S. Br. No. 1199 (V. Band). A. d. H. — 488 — attd) in beffen ^ntereffe, gercd)ten ©intoanb gegen biefe iefta* mentarifdje SSeftimmung %u ergeben ©runb gehabt, fo matten [ie bem SJfeifter ben SBorfdjIag, biefclbe bat)in abänbern 511 motten, bafc ba§ ©rbgut fibei=commiffarifd) angelegt unb ber 9ceffe ben 3infenÖenui3 b^iet)en fotte, ber nadj beffen 3l6le6en auf feine efjelid)en Sftadjfommen überzugeben tjabe. 2kett)ooen nannte biefe Stbänberung 2tnfang§ Vernünftig, meit begrünbet. ^Höbalb aber fanb er eine foldje (Sinfdjränfung feines im ^er^n immer geliebten Neffen 511 Ijart unb remonftrirte bagegen, ja er mad)te fogar bem Sreuning SBormürfe unb nannte it)n ben ©rfinber biefer l)arten äftafjreget. Gin oon 23reuning'§ iljm nidjt Ieid)t gemorben. fertig bamit äufjerte er: „3)a! nun fd)reibe idj nichts metjr." — 9?id)t ot)ne ©taunen fatjen mir auf bem Statte bie SSorte „et)elid)e 9lad)t ommen" in „natürtidje (Srben" umgeänbert. SBreuning feilte irjm auseinanber, 5U roetdjen (Streitig* feiten biefe SBeftimmung in ber gotge^eit führen tonne; Seettjooeu aber entgegnete: £>a§ eine fet) fo oiel, tote baS anbere, e§ möge nur babei öerbteiben. 2)ieä mar fein allerletzter 3Biber= fprucfj. — 9lad) (Srmägen gmifdjen Gurator unb Sßormunb, meldje oon ben beiben S3eftimmungen oon meniger liebet fet), entfd)ieben fie fid) für bie erfte, metdje bann ^ur ©ettung ge= brad)t morben. ©iefetbe marb mir Oon Dr. 23ad), leiber aber erft nad) (£rfd)eitten ber erften 9tu3gabe biefer ©djrift, mit ber magiftratifdjen ^präfentation unb ^erbefdjeibung, de dato 27. 9Mi"5 1827, §ugefd)idt unb mirb fammt anbern ©eridjtö* acten aufbemaljrt bleiben. Wlit ber £eftament3angelegenfjeit fterjt baZ GrgebniB ber SBertaffenfd)aft3abf)anblung im 3uiamment)ange. — 489 — gufotge 2RitttjetIung be§ ßuratorS betrug ba§ gange 5tctib* Sßermögen an S3aarfd)aftf an ®rtö§ für beräufeerte 9Hobüten unb DJhtficalien, bann an fielen ©tücf Sanfactten, in Slüem unb Sebem 10,232 ®u(ben S. Stf. ®abon mürben bie ^ajfttia an ßrattf* Ijeitä* unb Setdjenfoften, fo tote anbete gerichtliche ©ebütjren ab- gezogen mit 1,213 — fo bajj ein reiner SJcacfjtafe erübrigt mürbe bon 9,019 ©utben & SO?. Dr. S8a<$ begleitete biefe 9ftittf)eilung mit nadjftetjenber 2lnmerfung: „S)afe biefer geringe Sßermögen^lDxadjtafe bem SSerbienfte biefe§ großen 9J?eifter§ nidjt angemeffen mar, ift mot)l richtig, unb mürbe auf feine geitgenoffen ein fd)Hmme§ Sicfjt merfen, menn bie Urfadjen biefeS ßuftanbeä n^ ™ ^er ®«if= unb £)anbtung3meife beffelben gefudjt merben müßten. (£r mar nur SMfter, er fannte nur bie ftunft, bie SBortfjetfe babon tiefe er SInbern übrig." — SBemerft foll aber nod) fetm, ba% im borfteljenben „reinen 9?ad)(afe" baZ ©efdjenf bon 1000 ©utben ©onb. ^ünge au§ Sonbon mit begriffen ift. '£>iefe fanben fid) bei Ableben 23eet= fjoben'3 nod) unberührt bor. S^act) bem SBorttaute be3 üüiofcrjeteg1* fd)en SSriefeS bom 1. 9Mrg 9camen3 ber püjifljarm. ©efeHfd)aft mar biefe berechtigt, genannte (Summe gurücf gu forbern. ©ie tiefe bie§faH3 mirflid) (Schritte tfjun, meit fie biefetbe nidjt in ben §änben ber unmürbigen SSermanbten be§ 9fteifter§ miffen mollte. allein bei ber nad) beffen Stöbe ftattgefunbenen Sn* bentur lam orbnungSgemäfe audj biefe Summe in geridjttidje 23ertt>at)rung, unb fpäterfjin miberfe^te fid) ber Kurator ifyrer 9tüderftattung. 2)a febod) bie Sonboner ©efettfdjaft beSljatb feinen ^ßrogefe beginnen mollte, fo berblieb bie Sftaffe in it)rem ungeftörten S3efi^e — gum SSorttjeite be§ Uniberfaterben. — 490 — III. (Sin Srief tum Stetem oon Söreutüng. ©eftditämaafe von Sanljaufer. (£in befonberS nadjbrüdlid) geäußerter SSunfd) 33eerf)oVen'3 mar, bafj 23reuning in allen nicfjt vormunb)*d)aft(id)en (£ad) fünfsigfte £eben3jarjr !aum überfcfjritten. Dr. 23ad) lief; fid) nun gur SBarjl eineä 23ormunb3 für ben Steffen 23eett)oven'3 au§ Der Sßermanbtfdjaft oon beffen Butter beftimmen, mag rjödjüd) 3U bebauern gemefen. 3)ie£ mar tjinreidjenber ©runb, bafj id) fernerhin ntdjtö merjr mit jenen Angelegenheiten 5U ttjun t)aben fonnte. %lid)t 2Benige§ märe anber§ gekommen, sDcand)e§ gar nid)t, menn Q3reuning nur einige Saljre nod) am Seben geblieben märe. 9)£el)rere3 SBiditige, audi rein SQhtficatifdjeö, follte gefdjerjen, moäu gemein^ — 491 — fdjafttidjeS gufammenmirfen ™ ^krbinbung mit bem ©rafen Sftoriij Sidjnotuioft.) unb (Sari (ü^ernt) erforberüdj getoefen roäre. — $on ben nädjften SBorfommmffen nad) £nnfd)eiben unfcr3 ^reunbeö mag nur baZ erfte angeführt werben, raeit bamit ber oben angebeutete SBunfd) 53eett)oüen'§ feine 23eftätigung erljätt. £ag§ nad) ber erfolgten ^ataftroptje richtete SBreuning nacrjftetjenbe geilen an mid): ,,©ie Slntunbigung ber ©tunbe ber Seidjenfetier unfereö üerfcrjiebenett greunbeä gefdjietjt morgen ober bodj genrifc über= morgen im 83eobad)ter, unb nielleicfjt aud) in ber Söiener Rettung, ftatt jeber anbern ^ßarte. Set) tjabe barüber an §erm ö. 9ku gefcrjrieben unb guftimmenbe Antwort ermatten. borgen früt) njünfdjt ein gewiffer ©antjaufer einen ©t)p3abbrucf oon ber Seidje 511 nehmen; in 5, IjödjftenS 8 SOänuten mit! er bamit fertig fetm. <2d)reiben (Sic mir mit Sa ober 9?ein, ob icr) es» gugeben foH. ©oldje Slbbrüde werben bei berühmten Männern oft jjugefaffen, unb ba§> nidjt gutaffen tonnte nadjljer als eine Seeinträdjtigung be§ SßubticumS an= gefer)en werben. 2Bien, ben 27. äRära 1827. „ . „ 33reuntng." tiefer ©tjpSabbrudE (oon bem fpäter at3 95ilbt)auer be= rütjmt geworbenen 2)ant)aufer)27S) ejiftirt. S)a§ tjier bei* gegebene gaefimite ber Sreuning'fdjen ßufdjrift foll barauf aufmerffam machen, äugteid) bie (Sdjriftjüge be£ bem grofjen ^onbidjter fo lange Satyre treu gur ©eite geftanbenen $reunbe§ neben feinen beroarjren. 278) Zur Persönlichkeit D a n h a u s e r s ist zu vergleichen Th. Frinimels Studie „Josef Danhanser und Beethoven", Wien 1892; ferner Thayer-Deiters „Beethoven", V. Band, S. 494. A. d. H. — 492 — IV. Sßcr^ct^ttiß in biefe Sßeriobe faKenber SBerfe. (Dbgteid) einige ber in biefem SSerjeic^nife angeführten SBerle bereits in bem ber §roeiten Sßeriobe antjängenben er* fdjeinen, fo bürfen biefetben im üorHegenben rndjt fehlen, roeit itjre Veröffentlichung in ber brüten erfolgt ift.) A. (öefangmitlik. Op. 123. Missa solemnis. (Srfte Shiffüljrung 1824, erfdjien 1827 bei ©tfjott.*) Op. 113. 114. Sie Ruinen üon Sitten, @ebid)t bon Süiguft bon ®o|sebue. (Sin $eft= unb Dcadjfpiet mit (Sfjören unb ©efängen; erfte Stuffüfjrung Bei ©röffnung be§ großen £t)eater§ §u $ßeftlj 1812 unb, mie fct)on au§ ber — gemiB feftfamen boppetten Dpu^a^t gu entnehmen, in berfctjiebenen Zeiträumen tljeitmeife erfcfjienen bei Strtaria. Op. 112. SDceereSftiüe unb gtürf(icf)e 5a*)rt- ®e= biegte bon ©oetfje. gür 4 ©ingftimmen mit Begleitung be§ DrdjefterS, aufgeführt jum erften 9)cal 1815, erfct)ien 1822 bei ©teiner u. ßomp.280) Op. 116. £ergett, „Empi, tremate." $ür (Sopran, £enor unb Saft; gefctjrieben unb aufgeführt 1814, erfct)ten 1826 bei §a§tinger. *) ©ie Gorrectur be§ 2)rude3 fotuofjf öon ber Missa wie öon ber 9. Sinfonie bat ber geniale unb gelehrte gerbinanb Seffler ju §ranf= fürt am 9ttain beforgt. f 1856. ©ein SSerbienft um bie beiben SBerfe erbeifdjt gerechte Stnerfennung. Seetljoöen fjat ibn für bie forgfältige Gorrectur ber Sinfonie eigenljänbig belobt.279) 279) Über den Komponisten Ferd. Keßler vgl. den Brief an Brentano vom Jahre 1817 in B. S. Br. No. 627, Erklärungen, III. Bd. A. d. H. 280) Zu den genauen Nummern und Titulaturen von op. 113 und 114 siehe G. Nottebohm, Thematisches Verzeichnis usw. II. Aufl. 1864, unter op. 113 und 114. A. d. H. — 493 — Op. 118. ©tegifdjer @efang. $ür 4 ©ingftimmcn mit Begleitung tion 2 Violinen, Biofa unb BiolonceHe, ober be§ ^ßianoforte, ersten 1827 bei £a§tinger. Op. 108. $ünf unb äroan^ig fdjottifdje Sieber mit beutfdjem unb englifd)em £ert $ür eine Singftimme, begleitet oon ^ianoforte, Biotine unb Biotoncello obligat, erfctjien 1825 bei <2d)tefinger. Op. 121b. Dpf erlieb. ©ebid)t üon 2J?attrjifon. $ür eine «Singftimme mit ©fjor unb Drcfjefter, erfdjien 1826 bei <2rf)ott. Op. 122. BunbeStieb. ©ebidjt Oon ©oetrje. $ür 2 ©ofo= unb 3 ßt)or=er 23eifat3 „9?amen<3feier", mit meinem biefe Duüertüre in ben neueften Katalogen auf= geführt erfd)eint, ift eben fo menig autfjentifct), a(3 ber üor= benannte. S)a§ Söerl ift um 1830 bei £m3iinger erfcfjienen. Op. 117, in Es dur. 3U oem nngarifdjen 9cational= ©cfjaufpiete „König (Stephan, Ungarn^ erfter 2öot)(tt)äter", bei ber (SröffnungSfeier be§ ^eftfjer ^fjeaterä 1812 aufgeführt; erfcfjien um 1828 bei §a3linger. Op. 124 in C dur, mit ber 2)oppelfuge. „gur 2Beit)c beg §aufe3." 53ei Eröffnung be3 neuen Sofepfjftäbter £fjeater§ in Sßien 1822 aufgeführt, erfcfjien 1826 bei (Scfjott. Op. 138, in C dur. $u gibelio 1805 getrieben, jebodj befeitigt. 2)ie erfte Sluffüljrung fanb (Statt in23ernfjarb9tom = berg'ö (Soncert, gebruar 1828, in SSien; fie erfcfjien im SDrud um 1830 bei törner, erfdjien bei 2)iabetli. — b) ©rei 2)uo'3, C dur, F dur, B dur, für Klarinette unb gagott, erfdjienen bei 2(nbre.2S5) 282) Erschien November 1822 (nicht 1823) cf. G. Nottebohm IL Aufl., S. 139. A. d. H. 283) Hier ist wieder Nottebohm zu befolgen. „Die revidierten Orchesterstimmen im Besitz von T. Hasliuger in Wien sind bis auf das Wort Marsch von Beethoven überschrieben „Triumph-Marsch aus dem Trauerspiel Tarpeja. Christoph Kuffners Trauerspiel „Tarpeja" (im 14. Bande seiner Werke gedruckt nebst dem Titel „Hersilia", Schauspiel in vier Akten (wurde zum erstenmal mit dem „neu komponierten" Marsch aufgeführt am 26. März 1813. Der Marsch erschien i. J. 1819, für Pianoforte zu zwei Händeu bearbeitet, in der vom Hoftheatermusikverlag in Wien herausgegebenen Sammlung „Die musikalische Biene-*, Heft 5, No. 9 darauf nach Beethovens Tode für Orchester bei T. Haslinger in Wien. Nottebohm 1. 1. S. 139. A. d. H. 284) Über dieses herrliche Andante favori in F weiß Ferd. Ries sehr interessante Dinge zu erzählen, die man in den Biographischen Notizen nachlesen mag, Neudruck S. 121 f. A. d. H. 285) Erschienen nach Nottebohm spätestens 1815 bei Lefort in Paris und nach lö28 bei Andre in Offenbach. A. d. H. — 497 — $ür *ßianoforte mit Drdjefter: Dfonbo, B dur, erfdjien bei ©iabefli. ©rei Quartette: Es dar, B dur, C dur, für $iano= forte, Violine, $iola unb SSioloncetI, erfdjienen bei 2lrtaria.28,!) £rio: Es dur, für ^ßianoforte, QStoline unb SStolottcett, «rfdjien bei £)unft. kleines Xrio in einem @a£e: B dur, (1812 feiner fteinen $reunbin 9Jc. $8. — 9#arimiliana Brentano — gettribmet) erfriert bei £>unft.287) 9tonbo: G dur, für ^ianoforte unb Biotine ober SSiotoncett, €rfrf)ien bei ©imrocf. S)rei ©onaten für ^ßianoforte allein: Es dur, F moll, D dur, bem ßtjurfürften Tlajc $riebrid) geroibmet, 1781 com= ponirt, erfdjienen in ©petjer bei Statt). Seirfjte ©onate: C dur, für ^ianoforte, ber ©leonore t)on SSreuning in S3onn gennbmet, erfdjien bei S)unft. ^raetubium: F moll, für ^Sianoforte, au§ ber 2. ^ßeriobe, €rfd)ien um 1805 im 3nbuftrie=ßomptoire. üftebft btefen SSerfen roeifen bie Kataloge eine bebeutenbe SCnjat)! SSariationen für ^ianoforte unb %än%e jeber Slrt für Drdjefter unb ^ianoforte auf, mooon bie meiften ber erften ^ßeriobe angehören, dagegen gehören bie bieten Sieber faft fämmttidj bergroeiten unb britten ^ßeriobe an. ^Darunter ragen burd) geniale Stuffaffung be§ SEejteS befonberä tjeröor: 286) Die Vorzeichnungen stimmen hier nicht recht. Es sind die drei Quartette in Es, D und C (Br. & EL- Ausgabe Serie I, No. 2, 3, 4 ; siehe auch Nottebohm 1. 1. S. 143. A. d. H. 287) Der Titel einer alten Abschrift im Besitz von W. Wildfer in Mügertz (Mähren), Sonate von Ludwig van Beethoven mit Violine und Violoncelle „Wien, am 2* Juni 1812. Für seine kleine Freundin Max. Brentano zu ihrer Aufmunterung im Ciavierspielen". Das Original-Manuskript soll sich im Jahre 1830 (vgl. Cacilia, Bd. 13, S. 284) in den Händen der Familie Brentano in Frankfurt a. M. befunden haben. Ähnlich lautet der Titel der im Jahre 1830 erschienenen Ausgabe. Vgl. Nottebohm 1. 1. S. 144. A. d. H. 91. ©djinMerä a3eetfjoöcn='8tograpf)k. 32 — 498 — a) ©ed)3 beutfdje @ebitf)te: au3 Uciffig'S „QMümtfjen ber öinfamfeit", um 1813 ober 1814 compcnirt, erfdjienen bei Sfrtaria.288) b) £)rei öefänge: 2Tn bie (beliebte;289) ba§ ©efjetmniB;290) ©o ober So,'21'1) urjptüngftdj ^Beilagen gur SSieuer 3eitjcl]rift, erfdjienen bei (Simrocf. c) Sieb au§ ber ferner „91(3 mir nodj bie £fjräne ber <2eljnfud)t nict)t flofc", erfdjien bei Sreitfopf u. ^wertet. d) 2lnbenfen (öon SDtottfytfon): „Sdj benle ©ein" erfdjien bei SSreitfopf it. feiertet. e) Gmpfinbungen bei StjbienS Untreue: erjcrjien bei (Simrocf.292) 288) Im Juni 1814 erschien die Sammlung „Sechs deutsche Gedichte", dem Fräulein Caroline von Bernuth hochachtungsvoll gewidmet von C. L. Reißig. Reißigs „Blümchen der Einsamkeit". A. d. H. 289) Komponiert 1811 im Dezember. Erschien Juli 1814 als Beilage zur Zeitschrift „Friedensblätter" (Wien). Bei N. Simrock in Bonn und Köln 1817 erschienen unter dem Titel „An die Geliebte". Gedicht von J. L. Stoll. Dieses auch in der Sammlung „Das singende Deutschland" (Leipzig, Reclam) mit der Bemerkung: „Geschrieben in das Stammbuch der bayrischen Hofsängerin Regina Lang". A. d. H 290) Gedicht von Wessenberg. Komponiert 1815. Erschien nach Nottebohm als Beilage zur „Wiener Modenzeitung" vom 29. Februar 1816, dann (1817) bei Simrock in Bonn. A. d. H. 291) Gedicht von C. Lappe. Komponiert 1817. Erschien nach Nottebohm als Beilage zur „Wiener Moden-Zeitung" vom 15. Februar 1817, dann (um 1819) bei N. Simrock in Köln und Bonn. A. <\. H. 292) Gedicht nach dem Französischen von St. von Breuning. Erschien als Beilage zur Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 22. Novbr. 1819 mit der Überschrift: „Als die Geliebte sich trennen wollte1". Dann als ein vermeintlich ungedrucktes, zum erstenmal bekannt gemachtes Lied als Beilage zu Wegelers „Nachtrag zu den Biogr. Notizen- (Koblenz 1845), Neudruck, IL Aufl., 1906. Der Text ist, nach G. Nottebohms Angabe, nach dem Französischen des Gentil Bernard oder des Hoffmann (Romanze): „Je te perds, fugitive esperance" usw. — 499 — f) gmei Siebet*. 9?efiguation.293) Slbenblieb,'294) erfdjienen bei Äiftner unb £)iabetli. Sßeibe gehören ber britten ^eriobe an unb hrnren 23ei= lagen §ur Söiener ^eitfdjrift. @rftere§, „^efignation" tfvax eineä ber furzten, in §infid)t aber be§ ®el)alteS eine ber fettenften perlen in be3 2J?eifter3 Sieberfammlung. @r felber tjat beffen befonberen SBertf) in einem Briefe an ben Sftebacteur ber genannten 3eitfc^rift (©djtcf) bamit anerfannt, bajj er ben= felben erjudjte, bem 2)ict)ter (trafen |)augn)i|) für ben Smpulö 5U fo „glüdlicljer Snftnration" feinen ®anl mitjutfjeilen. ©otctje @f)re mar früher nur ben S)id)tern ÜDca tttjifon (Slbetaibe) Stiebge (Sin bie Hoffnung) unb Seiteleg (Sieberfreiä) miber= fahren. ®a§ Siebten, Steftgnation, birgt ein großes ©tücf mu[icatijc^er SSeiSfjeit in fiel). aus der um 1797 von Solie komponierten Operette: „Le secret", in Wien unter dem Titel „Das Geheimnis", zum erstenmal aufgeführt am 18. August 1808. Der Librettist heißt Soulie" (cf. Wegelers Notizen, Neudruck, S. 226.) A. d. H. 293) Gedicht von Paul Graf von Haugwitz. Komponiert Ende 1817, nach op. 137, nach der Fuge in D-dur. Erschien als Beilage zu der „Wiener Zeitschrift für Kunst" usw. vom 31. März 1818. 294) Gedicht von Heinrich Goeble. Komp. nach Nottebohms Angaben, 4. März 1820. Erschien ebenfalls als Beilage der „Wiener Zeitschrift für Kunst" am 28. März 1820 und Herrn Dr. Braunhof er gewidmet. Das Lied, das dem bewährten Arzte des Meisters als Anerkennung für geleistete Dienste gewidmet ward, erschien 1821 oder 1822 mit mehreren der genannten Lieder in einem Hefte unter dem Titel: Vier deutsche Gedichte", in Musik gesetzt von Ludwig van Beethoven. Op. 113 (!). Wien, Sauer & Leidesdorf. Bonn, bei N. Simrock. Leipzig bei Peters usw. A. d. H. 32* — 500 — V. „$er fajwer gefaxte @ntfdjtafj" 2tuffdjrift bei bem merten ©atje beS legten Quartetts, F dur, Op. 135, nebft bem grage=9Jcotiö pm ©raoe: „aRufe eS fet)n?" unb bem antroortenben §um 9lllegro: „SS mu| fel)n!" .ßroeierlei fann als 23eroeggrunb angenommen werben. 2ße(d)eS aber baoon bem äfteifter als eigentlicher SmpulS gu bem ernften ©cfjerg unb fdjergljaften (Srnft gebient, bürfte mit S3eftimmtrjeit nidjt §u behaupten fein. 1. 2(ud) in 23eett)oüen'S IwuStjaltung gehörte eS jur Drbnung, ber Haushälterin ein „SBodjengelb" gu berabfotgen. SaS 5U rechter ßeit 3U erhalten l)atte oft ©cfjtt>ierigfeit, meil ber SDceifter am ?IrbeitStifct) nid)t geftört ferm trollte. Sie alte grau ,,(2d)napS" pflegte fid) in Dotier SQcarftrüftung an ben iifcfj §u ftellen unb p märten, bis ein gefälliger ober burdjbotjrenber 23(icf auf iljren ®orb fade. Sann erfcfjolt in mancherlei Nuancen, aufteilen fingenb, bie $rage: äRujj eS ferjn? roorauf bie Sitte mit bem Stopfe niefenb, ober mit bem gufje ftampfenb jur Slnttoort gab: @S mufj fetm! Siefer ©c£)er§ roiebertjotte fid) faft an jebem ©amStag, unb toenn bie Haushälterin mit bem SMenber betoeifen mufjte, ba$ tjeute 3at)ltag, fo mar ber SDceifter eben nur in guter Saune, in roeldje er buref) ben Slnbtid ber fdjlauen, aber bod) treuen Wienerin öerfe^t »erben tonnte. 2. Sn Sßien erjfiirte im §aufe beS Hof41genten üon Sembfdjer eine lange Sfaifje bon Safjren rjinburcfj ein Quartett mit SDcarjfeber an ber 1. Biotine. ?llS jener üDcufiffreunb üon SBotlenbung beS Quartetts in Es dur, Op. 127, ®unbe erhalten, münfd)te er bie (5t)re gu fjaben, eS in feinem £mufe guerft §u @et)ör gu bringen; inbef3 tnar eS bereits als £)aupt= gugmittel gu bem beborftetjenben 93enefice bon ©dmppan^igl) beftimmt. Steffen uneracfjtet tjatte S. 9)?utt), ben (Somponiften um bie ^Sergünftigung ber erften ^robuetion erfudjen gu taffen. Siefer miüigte unter ber S3ebingung ein, bjenn S. an Scljup- — 501 — poit^igf) fünfätg ®u(ben aU Vergütung für abfälligen ©djaben bei feinem SSeneftce fogteidj bejahen motte, ©er Duartett= greunb liefe hierauf ben 9tteifter fragen, ob e3 iljm ©ruft bamit fet). Sie 5lntmort lautete: (£3 mufe feön! 2)iefer peremptorifcfje 2Iu§fprud) foll bem £>of=2tgenten feinen anberen 2tu3meg offen getaffen Ijaben, a(3 bie benannte (Summe an ©djuppanjigf) ju be5at)ten. £>a§ neue Quartett mürbe aber mirf(td) in feinem Greife $u aßererft gefpielt. 2In beiben $erfionen ift nur ba$ Sine fidjere SSafjrtyeit, bafj faft jegtidjeil SSejatitenmüffen eineä benötigten ®egen= ftanbeS bei unferm SDtofter ein ferner gefaxter @ntfcf)tufj mar, bei bem £of=2Tgenten aber mochte bie§ mit bem 93egat)ten= muffen öon 50 ©utben an ©tfjuppanäigf) ber gatt gemefen ferjn. — ®ie frangöfifd^e Ueberfe^ung biefer 5luffcfjrift mit: „Un effort d'inspiration" ift jebenfatt§ eine berfet)tte unb oiel ju tief gefugt.296) 295) Als Ergänzung zu Schindlers Bemerkungen über den letzten Satz im F-dur-Quartett, op. 135, mit der Aufschrift: „Der schwer gefaßte Entschluß". Muß es sein? Es muß sein" verweise ich auf meine mehrfach gemachte Darstellung, zuletzt in meinem Buche „Beethoven und Berlin" im Abschnitt „Beethoven, die Schlesinger- sche Musikalienhandlung und A. B. Marx" (S. 315 ff.). A. d. H. Sfjarafterpge, ©genWten, QSorfäUe unb ©ontfigeS- 1. «Relfourn. ©cueraiöafj. Sleftfjetit SeetrjOüen mar in ber fatfyoUfcfjen Religion erlogen, ©afj er mirf(id) innerlid)=retigiö3 mar, 6e§eugt fein ganger £eben§= manbet unb finb in bem biograpfjifcfjen Xfytii nidjt menig Belege büfür angeführt. 2)afi er niemals über SMigionSgegenftänbe, ober über bie $)ogmen ber Oerfdjiebenen d)rifttict»en SHrdjen ge= fproctjen, um feine $Infid)ten barüber mitäutljeüen, mar eine ber befonberen Eigenheiten. 9ftit §iemlid)er ©eroifjfjeit fann aber gefagt werben, bafj feine religiöfen Slnfdjauungen weniger auf bem ®irdjeng(auben beruhten, at§ öietmetjr im 2)ei§mw3 itjre Queue gefunben rjaben. Dbjne eine gemachte Xfjeorie öor Slugen §u rjaben, erfannte er bod) $u offenbar ©ort in ber Söett, mie aucfj bie SBelt in @ott. £)ie £fjeorie rjie^u bitbete fid) für itjn in ber gefammten Statur unb fdjeint ba§> merjrfad) genannte Sßud): (Sljriftian (Sturm'3 23etract)tungen ber 2öerfe ©otte§ in ber Statur, nebft ben au§ ben prjitofoptjifdjen ©rjftemen ber griedjifctjen SBeifen gefdjöpften ^Belehrungen gumeift fein 3Beg= meifer auf biefer 33at)n gemefen gu feijn. @3 märe fdjmer ba§ ©egenttjeil 3U behaupten, menn man gefefjen, mie er fid) ben betreffenben Sntjatt jener ©djriften §u innerem Seben $u nu^e= gemadjt t)at. Slufeer btefem augenfdjeintic^en 3^ugniffe öon ben religiöfen ©runbfätjen unferö 9fteifter§ ift nod) ein anbereS öor- Ijanben, baZ mit bem oben genannten in Harmonie ftet)t.296) (So befcfjränft fid) bto§ auf nadjfterjenbe ©ätje: ,,3d) bin, ma§ ba ift." „Scfj bin 9(t(e3, roa§ ift, tua3 mar, maS fetjn mirb, 296) Vgl. auch des Herausgebers Aufsatz „Beethoven als religiöser Mensch" in den Sonntagsbeilagen zur Vossischen Zeitung vom Jahre 1883, abgedruckt im Klavierlehrer" 1883 (Juli und August). A. d. H. — 506 — fein fterblid)er 9ttenfd) fjat meinen <2d)(eier aufgehoben." „(Sr ift einjig üon tfjm felbft unb biefem (Sinnigen finb alle Singe ifjr Safetin fdjulbig." — Siefe brei @S$e finb Snfcfjriften im Sempet ber ©öttin 9?eitf) %a (£ai beffen „(Staat" erfetjen. ^Begreiflich genügte ba§> nidjt, e§ biente bielmefyr nur gu größerer 5lnfad)ung ber SSifebegierbe. ^3interic§, ben mir al§ feinen ©efeflfdjafter unb ©ecunbanten in ber (Sonüerfation über ©taatSpotitif fennen gelernt, teiftete it)m aucl) gur ©rroeiterung ber Senntniffe auf biefem bi§ baljin noct) giemlicl) brad) tiegenbem ©ebiete tjüifreid)e §anb.*) 91(3 ^ßtjitotog toax er mit ben üon ben ?Uten in 33egug auf Slefttjetit; gezogenen Sineamenten befteng befannt. @r macrjte bemnact) für Seettjoüen 2tu§güge au§ 2l~rifiotete§,**) Sudan, Quintilian unb SBoet^iuS.***) 2öie anregenb muffte nid)t 2triftote(e§ auf unfern ©riecfjenfreunb mirfen, menn er g. $$. auf fofgenbe ©ätje barin f tiefe : „(58 gibt außer ber Statur nid)t§, morin ßfrn unb ©anft= mute), STapferfeit, ÜÜMfeigung unb alle fitttidjen (£igenfd)aften nebft itjrem (Sntgegengefet^ten ftd) fo beuttid) unb ätjntid) ab' bitbeten, a(§ im 9ttjfit()mu§ unb SKelobie. (£<§ ift gang offenbar, *) Slucfj für gtanj ©Hubert mar ^ßintericS in berfelben SSeife tt)ättg. **) StriftoteteS' „^olitif" !annte 33eetrjotien genau; im ©feidjen c)atte er fid) §oraj' „(Spiftel an bit s$ifonen" auf'§ 23efte 3U eigen gemalt unb t>ermocf)te ganje ©teilen barau£ ju citiren. ***) $ßoetI)tu§ mar römifd)er (Jonful unter £beoborid) bem ©rofjen. 2$on feinen g-einben am £>ofe fntfcf)iicf) angeflagt, mit bem grieefnfeben ^aifer« Ijofe einen öerrätfyerifctjen 23riefmed)fet 31t unterhalten, mürbe er au3 9Jom berbannt unb 524 ober 526 (djriftlidjer geitredmung) hingerietet. Unter feinen ja^lreict) fjinterluffenen ©Triften befinben fict) aud) 5 Söüctjer über bie TOufif ber ©riedjen. 9cacb §amfin§ (®efd)id)te ber 9)iufi!) Ratten bie llniüerfitäten ju Djforb unb (£ambribge ba§ Sefen tiefet 3Berfe3 gebem unterfagt, ber nod) nidjt 93accalaureu§ ber 9J?ufif geroorben mar, raeil I;te3U nidjt allein Setanntfdiaft mit ber Äunfi im Slügemeinen unb Äenntnife ber lateinifcfjen ©pradje, fonbern aud) gute Söortenntniffe Don ber alten grie= ctjif(^ert SJcufif erforberüdj gemefen. — 508 — bafj in ben Xönen unb i^rer Sßerbinbung ein 51u§brud oieter fittlicfjer (Sigenfdjaften liegt" it. f. tr».; menn ber ©riedjenfreunb ferner nod) Sudan ausrufen fjörte: „(53 liegt ein göttlicher Stnrjaucf) in ben Xonarten!" Sudan djarafterifirt mehrere ber= felben; im ©teidjen finben mir ba3 bei 2ttt)enäu§ unb aud) bei StriftibeS Quintilianuö. Sßeiter im Sluffudjen be§ Sßjtjdjifdjen in ben Xonarten ift (Scfjubart gegangen, lag irjm bodj bereits Material in Sftenge ju biefem Stubium öor. ganb unl"er Stifter gteidnoot)! menig 53ef)agen an feinen funftp{)ilofopf)ifcf)en 2tnfid)ten, roeit er nun einmal einen entfdjiebenen ÜBSiberroiHen gegen alle ®unftpt)ilofopt)ie empfanb, fobalb fie fid) in ba3 ©ebiet De§ 9)2etapl)t)fifd)en üer= ftieg unb aufhörte, practifdjen 9?ut3en 5U gemäßen, fo füllte er bem genialen Saline in Sejug auf ba§> über ßrjarafteriftil ber Xonarten Stu^gefagte lauten 23etfalt, roenn er aud) nierjt gu allem feine 3uftimmung geben tuoltte. Stimmte er i£)m bei ben Molltonarten im SSejentlidjen bei, (barin freilief) bie ©rieben fdjon öorgearbeitet Ijaben) fo erlaubte er fid) bie einigen X)m>Xonarten gugefprodjene (Sljarafteriftif ju bezweifeln, ober oietmetjr, er fd)ränfte itjren pft)d)ifd)en 51u§brud je nad) S5e= megung unb SBollftimmigfeit beS Xonftüde3 in ber 33ocat = SDiufif in engere ©rängen ein. Sn Sejug aber auf ha*» Snftrumentale, üornetjmlid) Quartett* unb £)rcfjefter=9#ufif, roollte 33eetf)oüen bie ©dmbart'fdjen ©djilberungen ber £)ur= Xonarten, rjauptfäd)tid) megen Vietbeutigfeit mehrerer buret) ben ©ebrauef), nid)t gelten laffen. dagegen legte er irjnen in ber fölaüter^ufif, aud) im Xrio, einige ©eltung bei. 33orab unterfdjieb er aber jmifdjen finnigem Snljalt unb SntjaltSlofigfeit be$ XonftüdS. %m erfteren gatle rairb fid) ein genriffer (Stjarafter oon felbft ergeben, ber bei $erfe£ung in eine anbere Xonart fein ©pecififdjeä oerliert. SBeetrjooen'g Sichtung oor <2d)ubart'S S3uct) mar beffen ungeadjtet eine fo grofje, baft er e3 in muficalifdjer Sßitbung bereits Vorgerückten §u angelegen^ lidjem ©tubium empfohlen f)at. — 509 — tiefer 3meig oer Äunftmiffenfdjaften mar e§ öor^ugSmeife, ü6er ben fid) Seetrjooen mit ©ebitbeten gerne unterhalten t)at, gab er irjtn bod) ©toff 51t Semunberung beffen, maS feine großen Vorgänger, ©lud, £>arjbn unb Sftojart, im fünfte 2(n= menbung djaracterifirenber £onfarben nermittelS (Singebung ifyreS ©eniuS geteiftet rjaben. ©teilte $eett)ot>en unter anbern SJco^artS 3au^erf^^te auS bem ©runbe am f)öd]ften, toeif barin faft jebe Gattung, nom Siebe bis 311m Choral unb ber $uge, ^um 2lu3brud fommt, fo beftanb ein §raeiter (Sjrunb bafür nod) in ber barin angeroanbten $Pfrjcr)e oerfcr)iebener Tonarten, ©ottte jebod) unfer 90?et[ter in 93efbred)ung biefeS intereffanten ©toffeS roarm merben, foHte man baS Vergnügen tjaben, ben- felben öon ifun mie einen ©taubenSartitet mit 33emeifen Der* tfjeibigen ^u tjören, fo mufete er burd) bie ©feöftS ober burd) offenbaret Säugnen ba(^u rjerauSgeforbert merben. ©feptifer fomorjl mie Sängner biefeS %fyti{§> in ber 5?unftäftrjetif gab e£ aber in früherer Qeit rjiet metjr a(§ gegenmärtig. SSaS follte roorjt baö ba malige Corpus musicum mit ©djnbart'S Sbeen §ur 9teftr)etif beginnen, ba§> aüe§ §eil ber Xonfnnft auSfcrjtiefelid) im ©eneratbafe unb (Sontraüunct gefud)t unb jebe anbere Jpülf§* miffenfdjaft pertjorreScirt tjatte? 3Beil SKo^art fein SBüctjerlefer mar unb beim od) „grofce ©adjen gemad)t tjat," fo ftanb e£ feft, baf$ ba§ Sefen gan^ unb gar nictjt nötrjig ferj — um ein muficalifdjer ^anbmerfer 5U merben. S)iefer ©taube ift jmar nod) bi§ gum heutigen £age unter SDcufifern üort)errfd)enb, unb je|t, mie bamalS, fürcrjten fid) nod) üiete oor bem ©eifte, ber ifjnen an§> einem guten S3ud) ober aus guten ßeitfdjriften malmenb entgegentreten tonne, bcife eS an ber 3e^ fe*)> na(*) anbern Sbeen §u forfdjen, als im £ürf, SllbrecfjtSberger unb Sftarr, 51t ftnben, menn fie ja nod) bort gefud)t merben, ntct)t auSfcrjtiefjiid) in Sftoten. Unfer SOceifter moöte alfo öon irgenbeinem Säugner beS (Sfjarafterifttfdjen in ben Tonarten gu beffen SSertfyeibigung rjerauSgeforbert merben. ©inen foldjen fanb er an feinem — 510 — $reunb $riebricl) 5(uguft ftanne,297) ber bie perfonificirte ©fepfte geraefen. ®anne, überhaupt einer ber munberlidjften ©onöertinge, war ein SDtfami öon uniüerfefler. Silbung, ber, beuor er (Eomponift unb muficalifdjer «Sdjriftftetter geworben, guerft Geologie, bann äftebirin ju Seipgig ftnbirt t>atte. 3U Anfang be§ SafjrfyunbertS nad) 2Bien gefommen, fyat er für bie borttgen SEfyeater an jtoötf Opern unb ©ingfpiefe (and) SRufif 51t Pantomimen) componirt, baruuter DrpijeuS unb (Sapptjo für ba§> $ärntnerrt)or=£ii)cater bie tjeröorragenbften ttjaren. (£r fetber t)atte biefe Serte gebietet. ÜHit 93eetf)oben Ijatte er bie ^artnädigfeit in Slnfidjten unb @runbfä|en ge= mein, baljer ein £>iSput äroifdjen beiben über ©egenftänbe, in bereu ^Beurteilung fte a principio nid)t übereinftimmten, nidjt b(o3 ergöfjlidj, für ben ßufyörer aber aud) belefyrenb gemefen, benn beibe beftrebten fid) tfjr Sidjt leuchten 5U (äffen. SSorfcrjub leiftete ber rüdt)a(t3(ofen Steuerung, ba$ beibe fid) mit bem brüberlidjen ©u angureben pflegten. Äanne ftü|te fein Säugnen in ber §auptfad)e auf ben llnterfdjieb ber Drd)efter=©timmung einer früheren 3eit mit 297) Der talentvolle vielseitige F. A. Kanne, ein „Dichter- komponist" vor R. Wagners Zeiten, ist am 8. Mai 1778 in Delitzsch (Sachsen) geboren, studierte Jura in Leipzig und Wittenberg; Kom- pohitionsstudien betrieb er nachher, wie R. Wagner, beim Kantor Weinlig. Die erste öffentlich mit großem Beifall aufgeführte Kom- position war seine Kantate „An die Tonkunst", von ihm gedichtet, wie auch alle seine Opern (u. a. Orpheus, Fernando und Miranda), in Wien 1807 mit großem Beifall aufgeführt. 1809 ward er Theater- kapellmeister in Preßburg. Er verließ diese Stellung bald wieder, wie zahlreiche andere. Es litt ihn nirgendwo auf die Dauer. Er darf als ein verbummeltes Genie bezeichnet werden. Er starb an Beethovens wahrscheinlichem Geburtstage, 16. Dezember 1833. Kanne, Beethovens Duzbruder, hat noch viele, meist selbst gedichtete Opern, Singspiele, Dramen komponiert, als: Die Elfenkönigin, Die Belagerten, Deutscher Sinn, Sappho, Die eiserne Jungfrau, Lindana, Malwina, Schloß Theben, Der Untergaug des Feenreichs, Die Zauberschminke. Auch schrieb er viel Orchester- und Kammermusik. A. d. H. — 511 — ber ©egen»arr, unb, als leijteg 3£u§fnnft§tmttet, auf bie Strand pofition, er betampfte mithin feinen ©egner in letzter Snftanj mit benfelben 5Baffen, »ie man ©leict)e3 erft jüngft »ieber in bem SBerfe eines natjmrjaften Sßl)t)fifer§ gefeEjen rjat.29S) ®er non Söeettjoüen aufgeftedte ©egenberoei3 fufjte auf bem fictjeren Srfennen jeber Tonart, bie ©timmung möge einen ganzen %on tiefer ober tjöljer ftetjen, al£ ba§> Ol)r getoofjnt ift ^u t)ören, fomit fafie bie @tir|e auf bie 2ran§pofition Ijinmeg, bie barum nod) nidjt in 23etrad)t fommen bürfe, »eil ber üftittetpunct be§ ^onftjftemS feine, »enn aud) nidjt unuerrüdbare (Stelle Ijat. Sie Drdjefter* Stimmung fet) in unmafjrnefjmbarer gort* fdjreitung t)öl)er gcmorben, in gleid)er SBeife unfer ©efüfyl für bie $pft)d)e ber Tonarten, bie juoörberft in ber Scala jeber Tonart ityren Sit; tjabe, »aö fdjon bie 5llten richtig erfonnt. ©ie SranSpofition fet) aber ein ptö£lid)e3 5lbroeid)en um einen Ijalben, »ot)t audj um mehrere Stöne tjöljer ober tiefer, mobei ba<§ ©efüfjl eben fo ptöttfid) in eine anbere Spfäre oerfetjt »erbe, »eil bie $ßft)d)e aitö ber urfprüngtidjen -tonuerbinbung ge»attfam in eine anbere geblängt »orben. 23eett)oüen be= fjauptete, »enn e§ feiner Sd)»ierigleit unterliege, Cis dur öon bem enrjarmonifcfjen Des-dur mit Sid)ert)eit $u unterfdjeiben, fo fet) ba§> Dljr fjiebei in 5»eiter Öinie entfdjeibenb, in erfter aber ba§> ©efüljt für ben fubtilen Unterfdn'eb ^»ifdjen tjart unb meid), barin atfo §unäct)ft ba$ djaracteriftifdje SRerfmal jeber biefer beiben Dur^onarten liege; ber gute, 3»edmäf}ige ®e= braud) mirb ba3 SSeitere bi§ §ur Güoibeng tjerauäfteHen. „®u tjaft unter anbern ben ^arlefin in Des dur langen laffen, idj »erbe it)tn in D dur auffpieten. 2)u tjaft behauptet, e§ feö einerlei, ob ein Sieb in F moll, E moll ober G moll ftetje, id) nenne e§ einen Unfinn, »ie bie $8et)auptung, bafj 2 mal 2 fünf ift. SBenn id) ben ^i^arro bort, »o er feine üerrudjtcn ?(nfd)täge auf gtoreftan bem Äerfermeifter offenbart, in grellen 298) Dieser Physiker mag Chladni oder gar Helmkoltz gewesen sein. A. d. H. — 512 — Tonarten (audj in Gis-dur) fingen (äffe, fo Hegt ber pfndjifdje @5runb in feiner inbioibuetten ßrjarafteriftif, bie ficfj in bem £>uett mit SKocco in notier Sölöfje entfaltet, für meieren ?(uie 3)?ufi! unb bie muficalifdjen Snftrumente" über, refp. gegen bie (Sfyarafteriftü ber Xonarten) rjätte überzeugen laffen, bafe fein gteidimofjt bebingter ©taube baran ein üer* alteter unb irrtf)ümtid)er fet), begmeifle idj ftarf, möchte im ©egenttjeit annehmen, bafs er ben t)oct)geter)rten §erren mit ©rünben entgegengetreten märe, bie ifyren muficatifd)en ©efürjl- Xrjermometer meit überftiegen Ijabeit mürben. Unb mittels biefeS 3nftrnment<§ mufj man btö (St)ara£terifttfcf)e in ben Xonarten gu beftimmen fndjen, nidjt aber au§fct)(ie^(icr) burd) .pl)rjficatifd)e ©rünbe.*) 2. gettgenoffen. -ötetfter unb jünger. SSie e§ um bie gegenfeitige 5Id)tung gmifdjen 23eetrjoöen unb ben SBiener Sftufifern im allgemeinen geftanben, tjaben mir in allen Venoben be§ biograpf)ifd)en XfyeitS fattfam er* fahren. Sßäre Gebern au§ bem Sftufiferfreife fünftlerifdje ®e= finnung, rjerüorgegangen au§ fünftterifdjem Seroufjtfetjn, eigen geroefen, fo märe ber bem Xonbidjter fo ^äufig gemachte SSor* *) $8eatf)ten§toertf) ftnb bte§fafl§ bie 23etnerfungen Don 21. 33. Wlax £ in ber Slbfjanblung „©riedjifdje Tonarten" in ©ä)iüing§ ©ncl)dopäbie, ©. 344 unb ff. 8t. ©djinötcrä 58eet5oöen»58iogrop^ie. 33 — 514 — murf: er fjafce fidj ber ftünftterroelt f cfjrof f gegenübergefteüt, §u feinem ?iad)tf)ei(e begrünbet. 2Öir rjaben aber aud) biefe Seite im 9\cf(ectir= Spiegel mit einer ftarfen 33eimifd]img oon 9J?ufifanten=@efinnung gefefjen, unb miffen folglich barüber 53e= fcfjeib. £ner muf$ tebocr) nottnoenbiger Söeife ber 5(u§narjmen ermähnt merben, roetcrje aud) biefe Siegel gehabt, ma§ oon ben ?Inf(ägern ftet§ ignorirt mürbe. Sn öor§üglid)er 2ld)tung ftanben bei 23eetrjoöen: (Salieri,300) ferner bie brei Gapetlmeifter am $ärntrjnertf)or=£f)eater: 2öeigt, ©tirometj unb Umlauf, bann nod) Siabetli, bie beiben S^ernt), ßarl unb Sofept) (nur namenSöermanbr), (Schott, griebtom§frj, ßlement (letjtere brei au§ bem Seben be§ 9Qieifter3 fdjon befannt), — unb bie 9J(itg(ieber be§ (Sdjuppan^ig^fdjen £luartett§. Siefer fteinen ^Cn^afjt mu§ nadjgefagt roerben, bafj e§ Äünftter in ber engften 53cbeutung be§ 22orte3 gemefen, metdje bie Gtjrfurdjt oor bem großen 9tteifter niemals aufeer 2(djt gelaffen, bagcgen mieber bon irjm mit offenbarem Söorjfmotten unb je nad) @e* tegenfjeit burd) perfönticrje görberung üjrer gxüedz ausgezeichnet mürben. £)ie Stenge ber älteren 9ttufifer, bie bei £)at)bn'S unb äftoäart'3 5D?ufil rjerangemad)fen, pflegte in ber brüten ^eriobe «Snmpatfjie unb 9(ntipatt)ie für unb gegen 53eett)oüen'jd)e SKufif bjäufig nod} nad) bem geringeren ober öermetjrten $opfroadeln be§ alten 21b be ©tabler 31t bemeffen, ber feine 9(ntipatrjie gegen biefetbe in oftenftbter SBeife gu erfennen ge* geben.*) tiefer 9?eftor fjat bei allen ^probuctionen be* ©djuppanäiglj'fdjen DuartettS niemals gefehlt, fiel) jebodi allzeit *) ©ielje I, ©. 80.; fteubruef S. 117. 300) Alles wahr und schön. Unter diesen Künstlern darf über Salieri nicht vergessen werden, daß Salieris Feindseligkeit gesren Mozart dem Meister wohl bekannt war, daß auch über die Legende, Salieri habe sich schließlich den Hal3 abgeschnitten, in den Kon- versationsheften vielfach die Rede ist. Daraus ist das Meiste bereits in meinen „Beziehungen zwischen Mozart und Beethoven" (siehe „Die Musik") mitgeteilt worden. A. d. H. — 515 — oor ^Beginn beg 93eetfjoben'fdjen 2Berleg, bag ftetg nad) einem £at)bn unb einem ätfo^art gegeben roarb, entfernt. Sftarrmitian «Stabler mar 1748 ge6oren, mithin nm adjt Sarjre älter alg Stto^art; er berliefj bie Sßclt 1833. §lu§ biefen 3aljre§äaf}len lä&t fid) ber ©runb beg Sßerfenneng beg neuen ©eftirng er* ratzen. @r üermod)te [einen 35tid big ju il)m nidjt met)r gu ergeben, gut bie 9ftenge ber ©teidjgefinnten genügte eg aber, biefen tebenben 9f?eft aug SKojart'g $eit unb beffen Slreig fid) gum £t)ermometer für Sßeurtrjeilung Söeetrjoüen'fdjer Wu\\t 311 erliefen. Stujjer obigem 33ormurf muffte man a6er nod) tjören, bafj SBeettjooen fid) gegen bie jüngeren Söhififer unfreunblid) be* nommen fjabe, mag fogar 9tieg in feinen biograprjifdjen Zotigen burdjbliden läfjt. tiefer SSorrourf larnt mit nidjt menigen roiberfpredjenben Seifpieten entfräftet, anbrerfeitg, menn ja ber* gleiten oorgefommen, mit inneren unb äußeren ©rünben entfdjulbigt merben. (Srftere lagen in feiner großen Sfteigbarfeit unb in ^u häufigem SSedjfel ber (Stimmungen, beibe Ratten ftu oft itjre Duette in bem ungtüdlicfjen ©erjör^uftanbe, folgerecht in ber Sßefcfjrüerlidjfeit ber (Sonberfation. $om Sarjre 1816 big 1818 bebiente fic£) ber ÜDceifter eineg en'3 2Berfen berufe unb auf meine in SBien verlebten Satire — tion 1808 big 1820 — Ijinmeife, in benen id) feinen perföntidjen Umgang genofe, unter feinen Stugen ben erften &(atiier=2lu§5ug be3 $ibeüo machen burfte, , bie ©ntftefyung feiner 2Berfe, feine eigenen Vorträge bemunberte — unb mo mir ba§> ©tubium aüer biefer ©erjage, bciZ id) äugteid) mit ber ganzen £iebt)aber= unb ^ünftleüoett 2ßien§ unternahm, ein reifer SSorn ber $reube unb be3 9cu§en§ marb." 2tu3 biefem 23orberid)te erfahren mir atfo, baf$ 9J?ofd)e(e§ tion 1808 bi§ 1820 ben tierfönticfjen Umgang mit 93eet= fyotien genoffen.301) ^Darüber tann 9ciemanb merjr erftaunen, al§ ber Sßcrfaffer biefer (Schrift, ber mit SDcofcfjeleä tiom Satjre 1815 big gu feiner Slbreife nad) ©nglanb 1820 in ununterbrodjenem SSerferjr, öon ba an aber in fteter (Sorreftionbenj geftanben, toie bie§ ein borrjanbener fernerer ^ßad Briefe tion SD?ofcrjele£ an mid) §u bezeugen tiermag. ®iefe Briefe enthalten meiftenä 301) Hier scheint Schindler leider ebenso befangen zu sein, wie beim Punkte Carl Holz. Vielmehr ist Moscheies vollkommen im Recht, wie es die zahlreichen Konversationskefte und die vorgeführten Briefe dartun. Im allgemeinen habe ich die Beziehungen zwischen Beethoven und Moscheies bereits beschrieben (Vossische Zeitung, Sonntagsbeilage, April 1893). Erweitert mit Hilfe der Konversationshefte wird diese Arbeit in Buchform erscheinen, und dann wird jeder Einsichtige urteilen könneii, auf wessen Seite die „unerhörte Dreistigkeit" liegt. A. d. H. — 518 — eine ausführliche Sftittrjeitung aller feiner Grlebniffe unb -Ltjaten in Sonbon mie auf feinen Reifen, unb fonnen feinem Siograprjen einften§ treffliche £)ienfte leiften. ©afj §err 90?ofd)ete<§ Seet= fjouen'3 Umgang genoffen, bieg bei meinen öebjeiten aus^ufpreccjen, ift eine fo unerhörte 2)reiftigfeit, bergleicfjen bisher bon feiner Seite bemerkbar gemorben. Wit Sapibarfdjrift muß e§ im Sntereffe ber Seettjoöen'fdjen 9J?ufif gefagt feün, bafj — obige gälte aufgenommen — £>err SDcofdjeteS nur nod) im 9?otiember 1823 bei feinem furgen Sefudje in SBien in bie üftärje 23eet= fjooen'ö gefommen, nacfjbem id) irjn bei bem Sfteifter eingeführt unb mir beibe mit ifjm §u ^ifdje fafeen. 2)iefe ©infütjrung tjatte aber pm ©runb, bafc S^ofdjeleS ben äfteifter perföntitf) um feinen engüfdjen glüget 5um ©erjufe eines» öffentücfjen (SoncerteS (baS im 5tärnttjnerttjor=^t)eater ftattgefunben) erfudjen rooüte, roa§ id) bereit« befürwortet rjatte. Unb fonberbar, ba^ ber ÜKeifter jur ©teile bie 23ermutf)ung auSfpradj, 9J?ofd)ete§ möge rooljl nur eine ©pecutation bamit beabfid)tigen, ba er ben glügel megen feinet befdjränf'ten Cctat>en=Umfang§ bod) nidjt gebraudjen fonne. Snbefe gab er i£)m baZ Snftrument, unb sH?ofdjete3 benu|te e3 b(o3 gu einer Smproüifation, inbem itjm Sonr ab ®raf einen üon feinen glügetn Ijergeridjret fjatte. ©ben fo mufe id) bezeugen, bafj in allen ben Saljren feines Sßiener SlufentfjaltS §err SftofdjeteS auSfcrjIiefslicf) mit feinen unb ifynen üermanbten Gompofitionen befdjäftigt getuefen, unb bafj id) niemals eine 9?ote oon SBeetrjouen'» SKitfil üon itmt gehört, ja, ba)3 er biefer 9J?uftf mit eben fo(d)er Gonfequeng auS bem SSege gegangen, mie aße anberen ^Birtuofen ber neuen 9?id)tung, benen biefe roie jebe anbere ctaffifdje SKufif in ber= fetben SSeife ein „übermunbener ©tanbpunet" gemefen, mie ben heutigen ^u^nftSmufifern alte prüdtiegenbe SDZufif. SSeträftigen mirb biefe 2lu3fage eine ©teile auS bem biograprjifcfjen 5Ibrifj über StfofdjeteS in ©djitting'S ©netictopabie. 2>iefetbe fdjtiefjt fid) an ben bei 2IIbred)tSberger unb ©aüeri genoffenen ©d)ut= unterridjt an unb lautet: „^ngteid) entfaltete fid) feine SSirtuofität — 519 — g(eid)fam üon Sag 51t Sage in einer SBeife, bie ben 23eobad)ter in (Srftaunen fefcte, unb ben Jüngling in bürgern gum 9ttittef= puncte be§ Sßiener (Soncerttebenö unb gu einem Siebting be§ bort fo muftftuftigen unb feit lange an ba§> SSefte getoötjnten *ßubticum§ madjte." SSer erfennt nidjt barau§ ben Slntipoben Seet^ouen'ö, mit beffen 9Jfr;fif: im gleiten Safyrgefyenb fid) 9?iemanb 311m Siebling be3 ^pubttcumS fyinauf gu fdjmingen üermocfjt t)ätte? 216er nod) ein anberer gettnd)tiger Umftanb inufj bei biefer (Megenfjeit pr (Sprache fommen, ber tute eine tl)urml)ot)e ©arre gtt>ifd)en 9J?ofdjete§ unb 23eetf)oben jeben Umgang unmöglich gemadjt: bieg mar 23eetf)oüen'3 Jpajj gegen bie Ä'inber Sfraefö in ber ®unft, benn er fat), mie alle fidj ber neueften 9tid)tung gu= gemenbet unb aföbatb ben tucratioften ©djadjer bamit getrieben t)aben*) SSären feine ^ßropfjegeiungen aufgefdjrieben morben, ber „greigebant" in ber 9?euen ßeitfdjrift für Sftufif 1850 tjätte auefj in biefem ^unete einen Vorgänger gehabt.302) ®ie gegenwärtige ^nfinuation be3 §errn ^rofeffor 9Jfofd)ete3 tjat jebocfj bereite ein ^ßräcebenö oon nod) größerem Umfange unb Sebeutung. ©ämmtlidje bei bem Seetfyooen^efte 1845 gu Sonn an= mefenbe S3erid)terftatter Sonboner ßeitungen, barunter 9ttr. §0* gartt) für Moruing chronicle, 9#r. ©rüneifen für bie Britamria u. f. tu., ber Äunft=23eteran ©ir ©eorge ©mart unb ber berannte SSiolinift sRx. Uri**) — gufammen elf an *) ^euefter $eit baben roobl bie Gbriften ben 3u°en in ©adjeu bec DJufif nid)t§ mebr tior^muerfen. **) Sßerläfeiidien Sftittbeilungen jufotge finb tiefe biet ©enannten nod) unter ben Sebenben. 302) Schindler meint hier Freigedanks, das ist Richard Wagners Aufsatz „Das Judentum in der Musik", das dann als selbständige Schrift 1869 erschien. Es kann nicht meine Absicht sein, über diese Schrift, worüber eine ganze Literatur vorliegt, noch weiteres vorzubringen; darüber ist nicht so leicht entscheidendes zu sagen. Ich lasse das auf sich beruhen. A. d. H. — 520 — 3af)t — Ratten midi) ju einer SBefpredjuug eingetaben, mobei mir folgenbe fragen gejMt mürben: a) „Stanb £err 9Jfof djetee mit 23eett)oöen in Verbinbung? — b) Sft e§ toafyx, bafj §err SQZofcfjefeö bie Srabition bejüglidj aller SSerfe 25eett)oüen'<§ un= mittelbar üon itjm übertommen?" — SefctereS tjatte nämlid) 9J?ofd)ele§ in einer Hauptprobe ber pt)i(t)armonifd)en ©efellfcfjaft im Saufe ber bamatigen Saifon laut berfidiert. Sa ber 9cad)= trag „SBeetfjoüen in ^arid" bei ber feiten Auflage bieder Sdjrift in Sonbon mdjt befannt mar, barin biefeg Punctum saliens bereits abgetjanbelt ift, fo brauchte idj mid) in Veant= mortung obiger fragen blo§ bar auf gu begießen. Sie Ver= fammtung befdjlof}, ba§ Vernommene in Sonbon befannt $u machen. 3>d) mürbe aufgeforbert, biefen Vorfall unb beffen Verantaffung in einer Seutfdjen 3eitung mitzuteilen. Unterm 25. Dctober beffetben SafyreS bot fid) Gelegenheit, ba§ factum, mit anberen bergleidjen, in ber ^Beilage gur Sölnifdjen Leitung gur Deffentlidjfeit gu bringen. Von meldjer SStrfung e3 gemefen, geigt bie neuerlidje £t)atfad)e in Stuttgart. 9?ad) Stuefage ber §erren Reporters gu 23onn marb £>err ÜDtofcfjeteS gu fotdjen Stnmajjtttigeit, refp. Speculationen, in 5D^Öe ber großen Senfation angefpornt, meldje bind) bie beiben 33eet= t)oüen'fd)en Briefe au3 beffen legten SebenStagen, an 9ftofd)ete§ gerichtet, in (Snglanb t)eroorgebrad)t mar. 2Ba3 e§ mit biefen Briefen auf fid) tjat, Ijat ber Sefer gum @d)lufe ber brüten ^periobe erfahren. 23eibe finb oon meiner £>anb gefdjrieben, öon Veettjoüen bto<3 unter§eid)net. ©in Vergleich beiber mirb geigen, bafj e§ öeettjoüen'so Stul nid)t ift. ©leidnootjt ift ber gmeite öom 18. 9JMrg üon it)m in bie geber bictirt, b. l> mie ein ©terbenber gu bictiren öermag. Ser 9J?utt) beS §errn SttofdjeleS, ber Söelt nun glauben gu madjen, bafj er mit alten Glaffirern Sruberfdjaft gefdjloffen, erftredt fid; aud) auf 9ftogart, §at)bn unb (Stementi. Sn einem bie «Stuttgarter 2tu3gabe biefer (Etaffifer empfefjlenben Sluffa^e in ber Seilage gur Sltlgemeinen 3e^un9 ü°m 1& 2>ecember 1858, — 521 — (ber 9?. SKündjener 3tg. entnommen), ber sugteid) bie S3e= t^eifigung üon 9ftofd)e(e3 gu rechtfertigen ben 3»>ecf *)at> Reifet e3: „3Kit (Stementi bertebte SDiofdjeteä biete muficatifctje ©tunben, guerft in 2öien, mo ber männtid) reife (Somponift itjm at3 $orbitb biente, bann in ßonbon, mo ber ©reis, nod) com geuer ber Sugenb befeelt, fid) feine (Sompofitionen bon ü)m borfpieten tiefj." 9?act)ftet)enbe SDaten mögen biefer Seipäiger Snfpiratton aU Kommentar bienen: Stfoftf)ete§ fam 1808 al§> toier^efmjärjriQer $nabe nad) äBien. (Stementi mar aber nid)t in biefem Safjr, fonbern 1807 bafetbft, b(o§ in ber 2lbfid)t, um mit 23eetrjoben einen SßerlagSbertrag absufdjtiefsen, beffen Saturn (im bor* tiegenben Original) ber 20. 5Iprit ift. 3)er bamatS bereite 59 Satjre §ät)(enbe (Elementi tjatte ba§> (Habierfpiet fd)on auf* gegeben. 1820 fam 9ttofd)ete§ nad) ßonbon, aU (Stementi ein bitter Don 78 Setzen erreicht tjatte. Ttan benfe fid) ba§ „$euer ber Sugenb, ba§ ben ©rei§ befeelt t)aben fotl!" 9J?an beute fid) aber aud) ben mobernften ber mobernen (Etabicrfpieler SDtofct)ele§ $ur Qtit nur mit SSermetjrung feinet 9tut)me3 be= fdjäftigt unb — (Hementi'fdje ©onaten bem 9Q?eifter borfpieten, ber bor allen mobernen 35irtuofen eben fo grofce ©djeu gehabt, mie 33eett)ouen. 2)iefe fjaben auf feine ©onaten mit berfelben @eringfd)ä|ung fjerabgefebjen, mie auf 23eett)Oben'§ gefammte ßtaoiermufif. darüber tjat fid) (Etementi bei feiner testen 2tn= töefentjeit in SBien — im ©ommer 1827 — nur 51t beutüd) au§gefprod)en. — @§ mirb ben SSerfaffer nict)t überrafdjen oiet(eid)t batb gu bernefjmen, £err 9ttofd)e(e3 fet) unter bie gat)ne ber 3lIfuttft3muftfer getreten, loeÜ bort nun am meiften 9fJut)m unb aud) (Mb §u ermerben.303) @an§ ermünfd)t ift bie 9?ad)rid)t bon "peinrtd) 9ftarfd) = ner'3 erftem 3ufammeutreffen m^ Seet^oüen, metdje üon ^rofeffor £. Sifcfjoff in einer Seben^ffi^e bon bem 5tönigt. 303) Über all diese Fragen wird der Aufsatz „Beethoven und Moscheies" Antwort geben. A. d. H. — 522 — £annooer'fdicn £)of=Gapeltmeifter in Sftro. 2, 3 unb 4 ber $ftieberrl)einifd)en 9Jcnfif=3e^tunS 1857 mitgeteilt trirb. ©iefeä 3üfammentreffen geigt beutlid), mie eä ßunft^oöi^en mit Söeetfyoüen erging. Bifdioff fügt bort: „«Sein erfteä ßufammen* treffen mit Sßeettjooen fdjilberte 2)farfdjtter fpäterfyin öfter mit £mmor 'unb geretteter Sßürbigung, al§ biejenige mar, mit roetdjer er e§ im ?(ugenbtide felbft auffaßte. 2)er 21 jährige Süngting mod)te freitid) üon bem Dberpriefter ber Sonfunft ein tieferes (Singeljen auf bie mitgebrachten Sftanufcripte er* märtet Ijabcn, unb fetjnte fid) nad) ?(ufjd)lüffen über bie ©e= fjeimnifje ber Siunft, bie er nur f)ier $u finben Jjoffte. allein Söeettjoüen liebte e§ nidjt, oiele SBorte gu madjen. ßr nafjm ben jungen 3Harfd)ner inbefe gan§ gut auf, falj bie Sftanufcrtpte flüchtig burd), gab fte mit einem „ipm!", ba§ meljr 3"fl"ieben- fyeit aU ba$ ©egeniljeil auSbrütfte, gurüd unb fagte: ,,3d) Ijab' nid)t biet $eit — nid)t 5U oft lommen — aber mieber mag mitbringen." ©djlimm ift e§ 1822 gran5 ©djubert bei Ueberreidjung feiner bem äReifter getoibmeten Variationen ju üier i^änben ergangen. S)er fd)üd)terne unb gugteid) mortfarge 9Jcufenfoljn l)at, ungead)tet Siabelli'S Begleitung unb $erbolmetfd)ung feiner ©efüljle für ben Sfteifter bei ber SSorfteüung, eine ü)m felber mifsfäüigc 3iolle gefpielt. £)ie bis an'3 §au§ feftbeiuatjrte (Sourage Ijat itjn im 2lngefid)t ber £ünftter=9}?ajeftät gan^ öer= taffen. Unb aU $eett)oüen ben !föunfd) geäußert, (Schubert möge fetber bie Söeantmortungen feiner 3ra9en nieberfdjreiben, mar bie §anb mie gefeffett. SBeettjouen burdjüef ba$ überreidjte d^emptar unb ftiefj auf eine Ijaimonifdje Unridjtigfeit. SOät fünften Porten madjte er ben jungen 9Jiann barauf aufmerffam, aber fog(eid) beifügenb, ba$ fet) feine £obfünbe; inbejj ift <2d)ubert, oielleidjt grabe in 5°fQe biefer begütigenben 93emerfung, boßcnbS au§ alter Raffung gekommen. (Srft aujjer bem £muje raffte er fid) mieber jufammen unb fcfjatt fid) fetber berbe au§. @r t)atte niemals mieber ben üftutf), fid) bem 9J?eifter Ooräuftelten. — 523 — @iit mit $eetf)otien gu berfeljren berfianb ber gefegte (Staoierfpteler unb ßomponift Slnton §alm, unb SMfter Submig freute fiel) ob beffen frifdjen, fotbatifcfjen SBefenS. §alm mar früher Dffigier in ber Slrmee; Siebe gur Stonlunft unb audj STalent matten am§ if)m balb einen madern Stünftter. 53eetl)oben bertraute ifjm eines ber aUerfdjmierigften SIrrangementS, nämlid) ber $uge auS bem großen Quartett in B dar für Sßianoforte, bie als Op. 133 befielt, unb mar mit Söfung ber Stufgabe gang aufrieben. Gart (S^ernt) I)at bergeblid) feine ©efdjtcflicfyfett baran erproben moHen. £)er SJceifter l)at feine Slrbeit bermorfen. 1824 marb ber jüngft erft auS 9ftünd)en gekommene 3?ranj Sadjner burd) 91nbreaS ©treidjer bei Sßeettjoben ein* geführt. S)ie 2tufnat)me mar eine freunbticr)e, bennodj mirb öadjncr §u jagen mifjen, mie üjm tro| beS fieberen (MeitS= manneS in ber 9cäf)e beS SDteifterS um'S §er§ mar, beim Sadjner gätjlte eben erft 21 Saljre. 2lud) er fam fernerhin niemals mieber mit SSeetijoben in $erül)rung.304) SDiefe £yälle geigen, maS oon ber fo oft gerühmten (2d)üler= fcfjaft 23eett)oben'S gu fjatten. $on benen bieS auSgefagt mirb, t)at bielteidjt feiner jemals mit 53eetf)oben mef)r als ein paar Sßorte gemedjfett. Um etmaS öon if)m §u lernen, mufcte man mit iljm leben unb berfeljren, ba aber nod) bie gün fügen Stimmungen §u foldjem gmede gu erfjafdjen miffen. SSor Mein maren ein gemiffeS männliches Sllter unb männlidje SebenSanfdiauungen erforberlid), um ber ©fjre feines Umganges tfjeilljaftig 51t merben. 3SaS follte ber grofte Süceifter mit 304) Viel später als die III. Auflage des Schindlerschen „Beet- hoven" erschienen ist, hat Franz Lachner selbst seine Erlebnisse mit Beethoven aufgezeichnet und publiziert. Diese „ Erinnerungen" Lachners an Schubert und Beethoven verdienen aufs neue gedruckt zu werden. Die sehr interessanten Erinnerungen stehen in Lewinsky: „Vor den Kulissen. Originalblätter von Zelebritäten des Theaters und der Musik", IL Band. A. d. H. — 524 — jungen Seilten beginnen, bie ben ©djulftaub faum abgefdjüttelt tjatten? sJlod) finb au§> ber Meinen garjt jüngerer Äünftier 3 ofepf) S3ö^m,30B) Sotjann §oräaifa306) unb Seopotbine 93tatjetfa307) §u nennen, bie fid) ber bebten Slufnatjme üon 23eetrjor>en gu erfreuen getjabt. Ueber ©rfteren, ber nod) afö sßrofeffor ber Violine am Söiener (Sonferüatorium308) fungirt, ift bereits bei ©elegentjeit be§ 1825 mit bem neuen Duartett, Op. 127, SSorgefatlenen ein SDcerjrereS auSgefagt. — $on einer Slufnarjme, bie mit bem ©pitrjeton „freunblid)" nicfjt 5U be(^eid)nen, ift bem Sßerfaffer nur eine befannt. <3ie betraf ben Meinen ^rang Sifgt, ber in Begleitung feines SSotcrS üon mir üorgefiellt roorben. £)iefe Unfreunblicfjreit entfprang au§ ber übertriebenen SSergötterung beS jebenfallS Stuffel)en erregenben Patents, in ber §auptfadje aber tjatte fie irjren ©runb in bem an ben 9J?eifter gefteUten 2Infud)en, ben 12järjrigen Knaben 511m 53ef)ufe einer freien s$t)antafie in feinem beüor= ftebjenben ?(bfd)ieb3=Goncerte ein Stjema aufgeben §u rootlen, ein Stnfudjen, ba§> eben fo unbebadjt a(§ unoernünftig geroefen. Snbeft ^eigt ja ber anb gebrüdt imb bamit irjn roürbig geidmete be<§ Samens ^ünftter. Beetrjooen fjat biefem (Eoncerte nidjt beigeroof)nt, mie überhaupt feinem ^ßrioatconcerte feit 1816.309) $on 9tblerjnung eines bem Stteifter gugebadjten Befucfjeg ift nur eine anmerfenSroertrj. 3roei 2>?al rjatte S^offini310) in Begleitung be§ Slunftt)änbler§ S). 2(rtaria oerfudjt bei 23eetl)0üen (Eintritt §u erlangen, nadjbem 9(rtaria bereits ^tnet SOcat an= fragen liefe, ob er mit bem SDtaeftro fommen bürfe, allein 53eet= fjoben rjai fiel) ftet* entfdjulbigen laffen. @§ barf nierjt unerroätjnt bleiben, bafj ba§ Verlangen, bem beutfdjen ütfeifter feine §ulbiguug bar^ubringen, in 3?offini roefentlid) 9?at)rung gefunben Ijaben bürfte, nadjbem er alle Quartette 23eetl)ou>en'3, burdj sD?at)feber norgetragen, gum erften Wal gehört unb baoon begeiftert geroefen fetyn foll. ©enug, ba§ £8ert)atten 33eetf)oüen'3 roarb üietfacfj befprodjen unb commenttrt. 2ßer jebod) mit ben be= 309) Beethoven und der kleine Liszt ist auf Grund der Kon- versationshefte wahrheitsgetreu vom Herausgeber in der „Neuen Zeit- schrift für Musik" im Jahre 1880 dargestellt worden. A. d. H. 310) Längere Abhandlungen hat der Herausgeber über Beethoven mit Rossini auf Grund aller vorhandenen Quellen in der „Neuen Ber- liner Musikzeitung" vom Jahre 1892 veröffentlicht. A. d. H. — 526 — ftetjenben 3ufmn0en *n birecter Q3e^ief)ung auf alle beutfdje äftufif, herbeigeführt burcrj ba3 SDcebtum roffinifctjer ÜJcuftf, rtid)t genug befannt mar, ober e£ bamit letcrjt genommen, unb roer biefe guftänbe in it)ren nadjtjaltigeu SBirfungen nidjt 31t bemeffen oerftanb, fjat unfern SKetfier gefabelt, Dioffini nict)t empfangen 3U tjaben. 33emerfensroertt) ift norf) in§befonbere, baf3 SBeetrjooeit in feinem Greife biefeS SßorfaHä mit feiner <2t)t6e erruäfjnt miffen moltte, mie er felber 51t üftiemanb barüber ge- fprodjen. Sgätte Slrtaria gefdjmiegen, ber fidj öiet(eid)t metjr »erlebt füllte afe SRoffim, ba§ ©efdjefjene märe nicfjt in'§ publicum gefommen. 3. ©eb&djtmfs. ©d)on im erften Stjeit ift bewerft, bafj Seettjoben'S ®e* bädjttttjj für 3UI"ücf'üegenbeö fid) immerhin af§ ferjr fdjroad) er= rötefett tjabe. ©<§ ift nid)t otjne Sntereffe, biefer ©rfdjeinung nätjer gu treten, um 5U fetjen, ob biefetbe bfo§ auf ttjn perfön* tid) 53e^ug §abenbe§, @rtebte§, eingefcirränft bleibe, ober ob bie= fetbe fic| aud) auf ba§> SKuficaitfdje auöbetjne. 9cactj beiben ©eiten t)tn. 2Sar man nicfjt baran gemötjnt, fo mußte e§ auf* fallen, roie bem 9J?eifter fcfjott feine lernte ©ctjöpfung in itjren (Sinäelrjeiten gan^ au§ bem ©ebäctjtniffe entfdmwnben mar, bieö nicrjt etma bei großen Herten in Partitur, fonbern aud) für ^3ianoforte allein, ©afj er mit einer neuen Sompofition be= fetjäftigt, fo lebte fein ganzes Set) augenfällig nur barin, unb eben erft SBoHenbeteS lag il)m fdjon fo meit jurüd, af3 gehörte e§ einer früheren ^eriobe an. derlei SBemeife ergaben fiefj nur §u oft mit Gopiften ober bei ©elegenfjeit üon 2(nf ragen. @r marb unmillig, roenn man nid)t mit ber ©djrift in ber §aub um irgenbmetdje 25e(el)rung erfudjte. 9Jcit fremben SBerfen mar e§ baffelbe; alles nwfcte itjm üor Slugen gelegt teerten, follte e§ in feiner (Srinuerung mieber aufleben. üftur mit JgatybiCä unb SRo^art'ö SBerfen gematjrte man 9(uänatjmen oon ber 9teget. — 527 — £)iefe§ fdjeinbar fdjtoacfje ©ebädjtnif} ftcfjt im SBiberfbrucfje mit bem $ut)a(te ber griedjtfdjen Staffifer. 3Bie erfrört e<§ ftcf) mof)(, bafi er lange Stellen barau§ gu citiren bermod)te? $ra9te e$ ftd) gu toiffen, too öiefe ober jene ©teüe ftetje, fo mar ifjm ba$ Sluffinben ein fo (eid)te§, mie einer ©teüe in einem feiner Söerfe. SSietleicfjt (äf$t eS fid) erftären mit bem in feiner ßeit b,errfd)enben 23raud), alle Stonroerfe in ©egentoart einc3 ßuljörerfreifeS au§ ber ©timme borgutragen, bemnacfj ber 9J?ed)am§tnu§ be§ ®e= bäcfjtniffe§ burcr) 3lu§tt)enbig(ernen uncuttibirt geblieben. Unfere 3eit geigt in biefem ^JSuncte ben ($5egenfa|. ®ie ßuttibirung be§ ©ebädjtniffeS burcr) 2tu§bjenbig(ernen auf Soften be§ geiftigen £)urdjbringen§ ift borfyerrfcfjenb. Sa früherer ©bodje f)at fclbft ber (Sombonift ba§> eigene 333erf niemals au§menbig borgetragen. 2)a§ Äofettiren mit bem äJ?edjam§mit§ fomofjt im Stobf mie in ben ^pänben lag nid)t im (Steifte be3 Qtitaltex§. ^n unfercn £agen hingegen mirb bielfältige (Megentjeit geboten, nid)t btoS über ben 3ftedt)amSmu§ ber §änbe, fonbern and) be§ Sotofe§ erftaunen gu follen. Dftcrjt menige Sßirtuofen bemat) ren in ifyrem ©ebädjtniftfdjrein eine grofee 2frt§a£)t bon SSatgen mit S0?ufif bon bem alten ©carlatti an bi§ auf ben jüngften ber (Sfaffifer, Sotjanneä 23rat)m§, unb laffen felbe nad) belieben taufen. (Stubium ber Snnerlicfjfeit foftet fte meber 5tnftrengung be3 (Steiftet nodt) geitauftoanb, bat)er fie teitfjtlidj Oon einer ßombofition gur anbern übergeben tonnen. 4. ^attbötölionjef. ®er befdjeibenen §anbbib!iott)e! unferS 3Weifter§ ift bor* übergetjenb fdjon gebad)t. ©3 bertotjnt inbeß ber 90?üt)e, fid) ettoaS metjr barin umgufeoen. W&dty bon ben befonber3 tjerborragenbcn gried)ifd)en ©djriftftettern barin ben ©Jjrenplafc behauptet, ift gegen ben ©djlufj feine<3 2eben§ bemerlt. 2tt§ ©rgängung beffen mag btenen, bajs §omer in beiben feiner ewigen @ben barin bertreten mar. 3Inmerfen§toertij ift, bafe in öeettjoben'S SSertb- — 528 — fdjäfoung bie Stiabc ber Dbüfföe311) toeit nad)geftanben. 2>a§ ürerfterei gefdjtlberte ftMegerteben, baSQtennifyt ber $elbfd)tacfjteu, bie s£>eife 511 fämpfen, bie üföaffen» unb SBefeftigungSart, unb ber= gleiten mefyr, fonnte auf unfern 9lmprjion nidjt anjieljenb mirfen; bagegen t)at ba3 au§ ber Dbüff6e entgegentretenbe 93itb beö frieb= lid)en 2ebeit§ nad) allen feinen Schiebungen, bie Sauber unb 2Sölfer= fdjitberung, bie Dielen Stlugt)eit£>= unb ©rfaljrungsfütje, alles im ibeaten ©lan^e ber ©d)önt)eit üorgetragen, iljm fortan neue Steige geboten. SSäre be^üglid) ber inbioibuellen 3Bertt)fd)ä^ung biefer beiben (Spen t>on ©etten unfern sJJ£eifter3 ein iöergleidj mit einer inbiüibuetlen 2ßert^fd)ä|ung ätöeter oon feinen (Sinfonien, Dietleidjt ber in C moll unb ber neunten mit ßfjören, nid)t §u Ijinfenö, fo bürfte bennod) bie 5D(Otioirung fotrfjer Vorliebe fid) nid)t minber au§ ber 'Baö^t felbft, ofyne 9rad)tbeil für ba§> gurüdgefe^te SBerf, erftären taffen. Sn ©fd)enburg'§ Ueberfetjung ftanb ber gange (Sl)afe§= peare ba. S)ie meiften $änbe maren bon fiditbaren ©puren fleißiger Seetüre fo angefüllt, roie e§ bie Dbüffee, ber SBcft* öftttetje £>ioan unb ©turm'ö ^Betrachtungen ber 3Serfe ©otteS aufmeifen. Son ber ©d)teget'fd)en Ueberfetjung be3 großen Griten roollte er burdjauö nid)t§ roiffen. @r erklärte fie für fteif, gelungen unb ftellenmeife 31t abmeidjenb, tua3 er bto§ au§ bem ^ergleidje mit (Sfdjenburg fditiefsen fonnte. SSon ©oetlje mar aufeer bem S)iüatt nur Sföitljelm äftetfter, $auft, unb bie ©ebicfjte ba; oon Sctjüler nur bie ©ebidjte unb einige ©ramen; Oon Xiebge bie Urania, bie ©ebid)te oon Seume, Sftattljif on, unb einige nod) üon gleid^eitigen £)id)tern. 3tt§ ein oon iljm feljr gefd)ät3te§ unb Piel empfohlenem 33ud) barf in ber Samm- lung nod) genannt roerben: „Briefe an Sratalie über ©efang" Pon ÜJHna b'5lubignp=@ngelbrunner.312) 311) Zum Beweise mögen die vielfachen Zitate gerade aus der Odyssee dienen, während die Ilias gar nicht vertreten ist. A. d. H. 312) Die hier genannten Bücher sind zumeist noch im Schindler- schen Beethoven-Nachlaß der kgl. Bibliothek aufbewahrt. Man sehe im dazugehörigen Verzeichnis nach. A. d. H. — 529 — baljin herausgegebenen •$Wei §efte (Stuben öon Sofnt (Er am er. S)iefe Stuben er* tlärte unfer 9)ceifter at§ bie £auptbafi§ gum gebiegenen (Spiel. SSäre e§ je §u 2lu3fü£)rung feiner 2tbfid)t gefommen, felbft eine (Etaüier=(Scf)ule §u fdjreiben, fo tjättert biefe (Stuben ben wicljtigften lljeit ber practifd)en 23eifpiete barin au§gemad)t, benn er betrachtete fte a(§ bie gceignetfte Sßorfdjule gu feinen 2t. @cf)inblcr§ 33cettjoöctt=5ßiogvapI)ic. 34 — 530 — eigenen SSerfen, ob bcr in bieten fyerrfdjenben ^oüjbljonic. Sßie er fie in biefer £ünftd)t berfianben unb in ^tnanjig Hummern gum ©tubium für feinen Steffen bibactifdj borbereitet, überall bie bietfältigen ÜWittel be§ 5tu3brud'y burdj eine uevfd)iebent(id)e, immer unter eine fefte Sieget gebraute 5lccentuation ju @rreid)ung be3 ^aupt^medeS anjeigenb, bie§ ift atö eine ber brätiofeften £)intertaffenfd)aften oorfjanben.813) — S)nB unfer SDceifter mirftid) im ©inne gehabt, eine (Slabier=©d)ide 51t fd)reiben — er gab bie3 guerft um 1818 §u ernennen — um feine 2öerfe bor SSer^unjung ju fdjüjjen, bezeugt nod> Dr. ©erwarb bon SBreuning in 2Begeler'3 9?ad)trag gu ben biograbf)ifd)en Srotiaen. £)ort äußert er ftdj ©eite 23 fofgenber* maßen barüber: ,,5d) t)atte bie pebel'fdje ßtabier=©d)ule; mit biefer, toie mit alten anbern, mar er (Seetfjoben) nidjt 511= f rieben. @t fagte einft 51t mir, als id) an feinem SBcttc fafj: ,,„Sd) tjatte Suft, felbft eine Glabierfdjule $u fdjreiben, bod> fanb ict) nidjt Qdt baju; id) l)ätte aber etroaS ganj 2tbmeid)enbe3 gefdjrieben."" Starauf berfprad) er bem SSater, eine ©djute für midj gu beforgen. (Sinige ßtxt fjernadj fdjitfte er mir bie betriebene, t)ier (in SBien) nid)t p Ijabenbe Gtementi'fdje, unb- ^mar mit fotgenbem Sriefdjen: „„ßieber SBertfjer! ßnblidj rann id) mid) meiner SSinbbeutelei entminten. Spier folgt bie ber* fbrodjene (Etementi'fdje ßlabierfdjule für ©ertjarb. SSenn er fie fo gebraudjt, mie id) iljm fdjon geigen merbe, fo mirb fie gemiß guten (Srfotg teiften.""314) 313) Das Briefchen siehe in Wegelers Nachtrag zu den Bio- graphischen Notizen, Neudruck, II. Aufl., S. 220. Siehe auch G. v. Breuning, „Aus dem Schwarzspanierhause", der das Briefchen ebenfalls darbietet (Neudruck S. 105 f.) A. d. H. 314) Diese Hinterlassenschaft hat endlich einen geschickten Herausgeber gefunden in J. S. Shedlock, dem Übersetzer meiner Beethovenbriefe, die eben in zwei starken Bänden bei Dent & Co. in London erschienen sind. Die Schindlersche Hinterlassenschaft kam unter dem Titel heraus: „The Beethoven Cramer Studies by J. S. Shedlock, 1893, London, Augener & Co. A. d. H. — 531 — 2Sie mandjer f Rüttelt Oielleicfjt ben Äoöf über 33eetrjoöen'g Söertfjfdjätjung ber fteinen, furggefa^ten Sctjule beg „alten" Glementi, befonberg roenn er ba§> §eil in irgenb einem mobernen Folianten gu finben glaubt, ber Oon ben 3ritf>ftittent roie eine 9?anacea angepriefen rairb! 3n unferm gaüe fjanbelt eg fidf» aber gunädjft um ©tementar4Interrid)t. SSenn man jebocfj beg 9Jceifterg entfdnebene 3lbneigung gegen alle tljeoretifcfje 2Seit= fcfjmeifi gleiten fammt iljren nocf) meitfcfjtoeiftgeren practifdjen 5tnt)ängfeln in ©tuben^orm fennt, bie ben ©cfjüler unbermeiblitf) gum Slutomaten machen muffen; wenn man ferner fein $obf= fcfjüttetn über §ummel'g üofuminöfe unb bennocf) fet)r leid)t roiegenbe ßlabier=afetjn unb bie Gin^igfeit feiner SSerfe, bie bem Kenner mie geioad)fen erfdjeinen, fogar factifd) abgetoiefen. üftur ber Kenner affo, ber in einem Sßerfe ber Äunft bie innere Drganifation ajjnet, füljtt, unb in bie Intention be3 ftünftlerS bringt, bie mdjtö umfonft toiH, barf bjier urteilen. Sa, man fann bie Stärle eines aftufiffennerS nid)t beffer prüfen, als roenn man gu erfahren fudjt, mie roeit er in ber Sdjätmng ber Sadj'jdjert Sßerfe gekommen." 3u beiben Seiten biefer «Stelle ftanben große mit ber btdften 9?otenfeber üon 23eetf)oüen'ö §anb gemalte ^rage^eirfjen unb glotjten bie Sentenj beS gelehrten ©efd)id)ifd)reiber3 unb SSorneljmften ber Sadjomanen an. ßetn §ogartf) Ejätte in ein grage,5eid)en einen grimmigeren 231id, überhaupt einen meljr üernidjtenben Stusbrucf legen fönnen. 5. äßanberluft. Ue6er ben miBlidjen StanD ber peeuniären 3serr)ättniffe unferS 9)?eifter§ ift in ber jroeiten unb brüten ^eriobe üielfad), mit Angabe ber ©rünbe, gefprodjen roorben; in ben festen 3ei(en ber brüten $J3eriobe wirb fogar nod) gejagt, ba$ faft jeglidjeS Se^atjtenmüffen eine! benötigten ©egenftanbeS bei iljm ein ferner gefaßter Gntfdjlufj gewefen. 2)ie<3 beutet offenbar auf einen ©egenfa§ f)in. 23efef)en mir un§ benfelben redjt nalje. @§ bürfte aufgefallen feton, jebeS Satyr, üornerjmlid) in ber britten ^?eriobe, üom 93e5iet)en einer anbern SSobjnung fpred)en gehört gu tjaben. ©iefe SSanbcrluft oon einer SSotjnung §ur anbern, mie oon Stabt gu Sanb, entfpridjt bem unfreien unb un^ufriebenen 2Sefen unferö SXeifterS. 23ie rjätte fid) in bem grof3en SBien eine 2Sot)nung aufftnben (äffen füllen, mit ber er ootlfommen gufrieben auf einige Sarjre Miance gefdjloffen, — 533 — ha fid) bod) fein ätfenfdj bort öorgefunben, beffen Umgang iljn auf bie Sauer befriebigt Ijätte, mit bem e£ nidjt, je näf)er man beifammen mar, 5U ©treit unb für^crcm ober längerem $er* mürfntB gefommen märe. 23eifpiete ftnb gegeben. 93erjatten mir a6er biefe ßonfequeng in ber Snconfequenj fcft im $luge. SSenn mir gehört, mie Söeetfyouen im Unnütze fogar berletienbe anfragen gegen feinen ©rä^erjog geführt, menn mir iljn bei (Megenljeit feines «ßrojeffcä mit SOfael^et in ber £)ebofition an feinen Slbüolaten fagen f)ören: „Sßerlaffen bon aller 2öelt f)ier in SSien," nnb menn er ferner nod) bie gamilie 23. 31t granf= fürt am SDfain feine beften greunbe in ber SGßett nennt, — moljl nur, meit bie grofce ©ntfernung bon itjr nähere Berührungen nidjt jufie^, — fo gleicht ber ©inn biefer 9?eben ungefähr bem belannten ©atje: @r fietjt ben SSalb bor (auter Säumen ntdjt; fo biefe SSerefjrer bie Shinftroerle 33eett)oben'S gehabt, fo biete fonnte er aud) feine greunbe nennen. Unfern SDceifter bermod)te aber bis in fein bierunbfünfeigfteS SebenSjafjr nur allein bie Statur gan§ $u befriebigen unb nebft feiner Äunft umfangen $u galten, SÖcenfdjen unb 2ßol)nungen nur fetten, benn baran mar gu biet auszufeilen. $n SSe^ug auf erftere ift genugfam gezeigt morben, mie bie ©rünbe t)iefür §umeift in feiner (Sinbitbung ober in feinem äftifetrauen gelegen, fein BerfötjnungSbrtef mit Breuning auS bem 3af)re 1826 befagt Diesfalls atleS.315) ©ein ßermürfnift mit ben 2Sof)nungen berutjt gleichfalls auf foldjen ©rünben. 3n ber einen ergab eS ftd), bafj bie ©onne meniger ßugang gefunben, als er getüünfdjt, in einer gmeiten besagte itmt baS Brunnenmaffer nid)t, 31t einer brüten fütjrte eine bunfte Srebbe, — lauter gemictjtige ©rünbe um felbe aufeulünbigen unb mäfjrenb beS ©ommeraufenttjattS auf bem Sanbe bloS gur SSermaijrung einiger Raufen SDcuficalien unb ber Heilten 23ibtio* 315) Daß dieser Brief an Stephan v. Breuning aus weit älterer Zeit (1804) stammt, ist wiederholentlich vom Herausgeber nach- zuweisen versucht worden. Siehe B. S. Br. No. 94 (I. Band). A. d. H. — 534 — trjef gu berufen, fotgtid) aud) gu begasten, ©eine 2anbrao!j)nungen Ijaben ifjm cnfeljntidje (Summen gefoftet. Stilein aud) ba J)at er e§ nicf)t immer ben gangen (Sommer in einer aufgehalten. SBetdj' fonberbare, faft fomifdje ©rünbe it)n gum SBanbern üer= antajjt, fjaben mir unter ben äftittljettungen au3 bem Satjre 1823 öernommen. Sie tiefen Gompümente be§ abelidjen §au§eigen- tljümerä gu ipefcenborf, bie fogar bem leisten $(uffe feiner ^fjantafie rjinbertid) gemefen, trieben if)n fort. (£3 tjätte t>ietteid)t feine neunte Sinfonie gegeben, rjütte er bort anchatten muffen. Sdjon im fotgenben Satjre Ratten mir ba3 Vergnügen 2(erjn[icfje§ mieber gu fefyen. @r mietete gu ^enging nädjft Sdjönbrunn in einem ifotirt unb freunbtid) gelegenen £mufe am SSienftufj. Stuf bem btdjt neben biefem §aufe über ben $fuf$ gefegten Steg ertaubten fid) aber bie Sßaffanten au§ Sfaugierbe ober Sutereffe ftetjen gu bleiben unb nad) feinen genftern gu fdjauen. 9(bermat3 ein gemidjtiger ©runb, um biefe fdjöne SSoImung "du üerlaffen unb mieberum mit Sad unb Sfiad, Äüdjengerätlj* fdjaften, äkoabtuoob^lüget unb §üt)nerfteigen gegen 93aben gu gießen. SBiefteidjt tjaben bie neugierigen &eute ben teid)ten gtufj feiner ^5tjantafte bei (Soncitnrung be§ erften ber fünf Quartette gefyinbert. S3eibe biefe Sommerwohnungen gu §e§enborf unb ^enging maren jebe mit 400 ©utben 2S. 2B. begafjtt. 9ied)net man gu biefen 800 ©ulben nur 400 ©utben in biefen bciben Sauren nod) gu Saben fjingu, fo gibt bie Sotatfumme ben ooüen Setrag für bie 9J?iett)e einer red)t anftänbigen 28of)nung für gWei öotle Sa^re in Söien. ©iefe foftfpieüge ^affion beginnt fdjon mit ber gmeiten ^ßeriobe. $erbinanb 9tie§ gibt in feinen Zotigen, Seite 112 u. ff.316) aus bem 3af>re 1805 ein Seifpiet, mo 83eetf)oüen oier 3Bot)nungen gug(eid) gehabt, nämtid) eine im 5£tjeater an ber SSien, eine im rotten §au§ an ber 2üfter= faferne, eine in Sobüng unb enb(id) eine im ^aöquatati'fdjen §aufe auf ber 9Kotfer=Saftei. 2)a£ fjeifit boct) leben mie ein 316) Neudruck S. 133—134. A. d. H. — 535 — grofjer $err, ober roie ein großer ©onberting. ®a§ letztgenannte ipau§ mar faft bie gange groeite ^eriobe rjinburd) ba$ 9tefugium für ben SRetfter, roenn er feine SBotjnung anffinben formte. 9üe3 bemerft: M@r 50g au§ letzterer mehrmals? au§, farn aber immer roieber batjin gurücf, fo bafs, loie id) fbäter Jjörte, ber SBaron ^aSquatati gutmütig genug, roenn 33eett)oOen au§gog, jagte: £)a3 Sogtl roirb ntdjt Oermietfjet; SBeettjoben !ömmt fdjon mieber." Sludj tjierbei befnnbet fiel) bie ßonfequeng in ber Snconfequeng. llnfer SBanberer rootlre nur SBofjnungen mit ber ©übfeite begießen, jene aber auf ber 9J?ötfer=33aftei Ijatte bie üftorbfeite. Sft üon bergteidjen S)ingen bie Diebe, fo gibt e§ aud) ®e= legentjeit gu geigen, roie biet in bem tiefernften unb benfenben 9J?anne nodj immer bon einem $inbe geroefen, ba§> feine Sieb- tjabereien getjabr. £>ie ferneren ürfe, ebenfalls ba$ ganje ©eutfd)(anb betreffenb, fjoffexitticT; au3retd)eub erörtert. 6. Sugenblidjcr Sftntljuriu'e. Soeben marb ein 2$eifpiel anäitfütjren berfprodjen, tote unfer DJtafter troij SCßifjgefcfjid unb SJRifsmutf) ju ^offen unb ©djnaden teidjt 51t ftimmen geroefen. S)ie ©etnafyftn be§ ©eite 523 genannten 5Uat>ierfpteterö unb Gomponiften £)a(m317) münfcfjte eine §aar(od'e üon 23eet= Ijoben^ Raupte. sJRan manbte fid) bie^fattö an 5?art §0(3. Stuf beffen $orfd)lag miHigte ber SCFceifter ein, feiner großen SSeret)rerin ein S3üfd)el §aare au3 bem 25arte eines ßiegenbody 3U fdjiden, beim ha§> graue unb ftarfe en'g fonnte retfjt gut einen folgen $erg(eid) aushalten. Sie Same, fjodj* erfreut über biefe Reliquie itjreö ShtnftfyeUigen, rühmte fief) mit biefem ©efd)en!e; halb aber ertjielt fte Siunbe, ma§ man fidj mit tfjr erlaubt tjatte. £>er ©emaljl, bem ba3 point d'honneur 317) Cf. über Halm u. a. B. S. Br. No. 406 Erklärungen (II. Band). A. d. H. — 537 — eines Offiziers nod) gan^ im Seibe ftedte, melbete in einem empfinblidjen (Schreiben an unfern äfteifter ba§ Vernommene. SMefer, bie zugefügte SMeibigung erfennenb, machte bo§ Vor* gefallene bamit gut, bafe er fetber eine Sode öon feinem §aare abfdjnitt unb biefe in einem 93ület ber Same jufdjicfte, in me(d)em er fte gug(eid) um Vergebung gebeten. — 3)iefer Vor* fall batirt au§ bem Safjre 1826. 7. Sefienäjeupifs. 3ur (Srrjebung feiner Seibrente, meldje tnertetjäljrftdj gefdjat), beburfte e§ eine§ 2eben§5eugniffe3, au3geftetlt com Pfarrer, in beffen Strenget er eben gemeint. Vefanb ftd) ber SMfter auf bem Sanbe, fo marb ber Verfaffer, ober ein anberer er* fudjt, biefe§ ßeben^eugnife ausfertigen gu laffen unb bann ba§ (£rforberlid)e bamit oorjunetjmen. Serlei 5lnfud)en famen feiten ofine beigefügte 3ßitje auf feine @£ifteng unb itjre Vefcfjaffenfjeit; aud) an ©cfmaden liefe er e3 nid)t festen. SSiffenb, baß er üerftanben fetjn merbe, fdjidte er einftmalS einen fettet, darauf gotgenbeä ganj fauber gefdjrieben: Seben^eugnifj. ©er gifd) lebt! Vidi Pfarrer 9f\omualbu§. 8. Sövüberlidjcr ©egettfatj. 2tm 9?eujafjr§tage 1823 fafeen Veetfjoben, beffen SReffc nnb ber Verfaffer eben am 9)ftttag§tifd)e, ai§> bem 9tteifter oon feinem nebenan motjnenben Vruber eine 9?eujarjr3farte über* geben mürbe, morauf ftanb: „Sotjann üan Veetfyoüen — ©ut§* befi^er." ©d)nett fdjrieb ber Hfteifter rüdmärtS auf bie ®arte : „ßubmig öan Veetljoüen — §irnbefi£er" unb fdjidte fte an ben ©ut§befi£er gurüd. — 538 — liefern Vorfalle ging roenige £age t>orau3, ba$ fid) biefer ©ruber gegen ben sDMfter Submig rühmte, er roerbe e§ nirfjt fo weit bringen, a(§ er ber frühere ^Tpottjefer e§ gebradjt ljabe. <£§ lajst fid) beuten, roie fetjr biefe ^rafjlerei ben Jpirnbefitjer betuftigt f)at. Um aber einen ernften 23(id auf bie SS5otj[t)abenr)ett biefe§ SDtonneS 5U rcerfen, mu| auf if)ren Urfürung tjinge^eigt trerben. Sei bem Kriege 1809 tjatte ber Sinjer Stpottjefer Sodann Dan 23eetf)ooen bie Hpprouifionirung fämmtttcfjer (Spitäler ber fran^üftfcljen 3(rmee in Dber=Deftreidj unb Salgburg mit 9Jtebicamenten unternommen. Saran fnüpfen fid) entfetjüdj ta utenbe SSortofirfe, bie ber ftet§ rebtidje unb geroiffen^afte Submig feinem $ßfeubo*93ruber gemadjt, unb bie fiefj auf £§at* fadjen grünben foüen. ®er mit £ieferung§=llnternet)mungen Mannte mirb unfd)roer erraten, ma§ fid) nicfjt auSfagen föfet. 3(n biefer ©teile tä'fet fid) nod) einer l)eruorfted)enben Gigenljeit öeetfjoben'a gebenden, bie jegüdje Slri Oon übtidien ©ratutationen betrifft. Dftemanb burfte il)tn mit einer ©eburt§= tag§= ober SRamen§taa,&=©ratulatton fommen, rooltte er ü)n nid)t gegen alte „fociafe Sdberntjeiten unb gegenfeitigeö ^Belügen" in ^arnifd) bringen. 9. Sn ber Wbcnbbämmeniua,. 33eett)ot>en liebte befonberS in ber 5(benbbämmerung fid) an ben $(üge( 5U fetten unb 5U pljantafiren, öfters aud) Biotin ober &iola 511 fpieten, 51t metdjem ßtuede biefe ^nftrumente fiet§ auf bem glüget tagen. 2öie biefeS ©piel gelungen, ba ber äußere Sinn gar nidjt merjr mitmirten tonnte, ift ü6erf(üffig ju fagen; befonber§ auf ben ©treidjinftrumenten, bie er nid)t gu ftimmen oermodjte, mar e§ für bie SDfttbemoljner eine Df)ren= pein. 2)a3 (Sjtemporiren auf bem ^iü^d roar nur ^umeiten beut(id), bann meift Oon großem 9^ei§e; in ber 9ieget mürbe bie Unbeuttidjfeit burd) bie ©emotjnfjeit ber Unten §anb fjerbei* — 539 — geführt, ftd) mit aller ^Breite auf bie Xaftatur §u legen unb tärmenb ju öerbeden, ma§ bie rechte oft all 51t gart auägefüfjrt Ijat. Sn ber legten ßeit Ijatte itjm ber $J3ianoforte=$abrifant (Sonrab ©raf einen ©djallbedet öerfertigt, ber auf ben ^u9e^ geftettt, bie SDne bem D|re letzter gufütjren fofite. SDftt einjelnen STönen mar ber Qxoed erreicht, allein ein l)armonifd)e3 ©piet fjat ba§> Dl)r öollftänbig überlr-ältigt, meil bie Suftfcfjmingungen auf ben engften Naum befdjränfit betäubenb mirfen mußten. 10. ^cttanuienbung. 4?infidjtlidj ber 3eitantoenbung ift tion unferm sJJ?eifter ju berieten, baß er in jeber 3at)re§3eit mit S£age3anbrud) auf= gufte^en unb fogleid) an ben ©djreibtifd) §u geljen pflegte. @o arbeitete er b\§> 2, 3 Ut)r, bie ©tunbe feinet SüftrtagSttfdjeS. Sn ber ß^if^cnäeit lief er meift ein- ober jtoeunal in'3 $reie, mo er aber ebenfalls — mit ©apljir gu reben — fpagieren arbeitete. @otd)e 9lu§ffüge überfdjritten fetten bie Sauer einer ootlen ©tunbe, unb glidjen ben 5lu§flügen ber Sienen, um §onig gu fammeln, fie blieben fidj aud) in jeber Sat)re§§eit gleidj, unb meber teilte noct) Söärme mürben beadjtet. Sie Nachmittage maren 31t regelmäßigen «Spaziergängen beftimmt; $u fpäterer ©tunbe pflegte man ein beüor^ugteg SöterljauS aufgufndjen, um bie Sagelliteratur ftur §anb 5U netjmen, menn biefe$ Skbürfniß nidjt bereite in einem Kaffee* f)aufe befriebigt morben. ßur Qeit ber engtifdjen ^Parlamenten fitmngen aber marb bie allgemeine ßeitung wegen ber S5er= Ijanbtungen regelmäßig gu £>aufe getefen. Saß ftdj unfer ^olitit'uä mtf bie (Seite ber Dppofition gefteüt, mirb man begreiftid) finben. SDagu beburfte e§ nidjt feiner großen Vorliebe für Sorb 23roug§am, 4?ume unb anbere Dppofition§rebner. Sie SSinterabeube öer= bradjte 23eet£)oüen ftet§ §u §aufe, fie maren ber ernften Seetüre gettiibmet. Nur feiten fafj man it)n 2lbenb3 mit üftotenfdjrift befdjäftigt, meil biefe ju angreifenb für feine 5lugen mar. £n — 540 — früheren Sauren modjte bieö anberä gemefen fetjn; bofe er jebod} bte 2(benbftunben 511 fetner 3eit 5ur ßombofitiou (Srfinbung) bemtfct, ift gemif;. SängftenS 10 Ufjr begab er firf) gut 9tof)e. 11. SWomcnte ticfftcr 9Webitaium. Sßafdjen unb SBaben gehörten 51t 33eeti)oben'<3 unentbetjr* tieften SebenSbebürfniffen. £)ierin war er gan3 Orientale. $ür ifjn tjatte 9ftaf)omeb JeineStoegS 31t biete S£afd)ungen borgefdjrieben. ©ing er toäljrenb ber Arbeit in ben 25ormitiag3= ftunben nidjt aug, um fid) lieber 3U fammetn, fo ftettte er fict), oft im tiefen keglige, an'3 Sßafdjbeifen nnb gofc grofte Slrüge bot! SBafjer auf feine ipänbe, anbei bie ganje (Scata auf* unb abttärtS tjeulenb, ober jur Slbbjedjfetung brummenb; batb burdifdjritt er ttneber mit roüenben ober fiteren Stugen ba$ ßtmmer, notirte einiges, unb fefcte bann baZ 9tufgiefjen nnb §eu(en meiter fort. S)ie§ maren Momente tieffter 9D?e= bitation, babon fein befonbereS 5luff)eben %vl machen märer fjätten fie nictjt nad) ^mei (Seiten tjin unangenehme folgen gehabt. gunädjft beroirften fie oft Sachen bei feinen Sienft* teuten, unb bie§ gematjrenb geriete) ber Stteifter in 3orn, ber ifjn bi§mei(en §u lächerlichen 5(u§brüct)en gebraut. Ober er geriet!) mit ben §au3eigenu)ümern in ßonfttete, menn ba$ SBaffer burdj ben öoben gebrungen, ma§ teiber oft borgefommen ift. S)ie§ mar ein ^auptgrunb, bafj 93eett)oben allenthalben ein unbeliebter (Sintuotjuer gemefen. ©er 53oben feiner SSofjn* ftube tjätte mit ©rbped) belegt fetjn muffen, um ba§ ©urdjbringen be§ bieten SBafferS gu berfjinbern. Unb bon biefem Ueberflufc an Segeifterung unter ben güfjen merfte ber äfteifter nidjtS! 12. dffett unb Srinfeu. 9ßie e§ ber SJJeifter mit offen unb Xrinfen gehalten, bürfte fdjon au§ 9xüdfid)t feiner muubertidjen £au§f)attung bemerfen£= roertf) fetjn. — 541 — 3um grüt)ftiid narjm er Kaffee, ben er fidj meift fefbft in einer ©laSmafdjine bereitet tjat. Kaffee fdjeint fein unentbefjr* ItdjfteS 9carjrung3mittet getoefen 5U ferjn, roomit er benn auct) fo fcruputoö Oerfuljr, mie öon ben Orientalen befannt. Sechzig 93of)nen mürben für eine £affe gerechnet unb oft abgejagt, befonberä roenn ©äfte antoefenb maren. $u feinen ßieblingS* gerieften gehörten Sftacarom mit Sßarmefan=®äfe. Siefe mußten auBerorbentlid) fdjlecfjt geraten fetjn, bi£ er felber fie fd)led)t fanb, unb baß fie bei ber ungeroiffen Stunbe be§ SeruirenS öfter fdjledjt als gut maren, läfjt fid) beuten, dagegen mürben über anbere ©ericfjte bitterböfe Urttjeüe gefällt unb bie £)au§= fjtitterin beS^alb gur SRedjenfdjaft gebogen, menn fie aud) leine Sdjmtb trug, Sie entfctjulbigen, rcarb mie ein SSergetjen gegen gute «Sitte gerügt, „Sie Suppe ift fd)led)t!" bagegen gab e<8 leine Slpellation. darüber anberer Meinung ferjn, rjiefe: feinen ©efdjmacf, !ein Urttjeit f)aben. ©inen Söiberfprudj in foldjen Singen tonnte er nod) meniger bertragen, als in meit mistigeren, ja, er tjatte bie Sd)tüacf)t)eit, feinen Sngrimm barüber nod) nad) Stagen laut merben p laffen, ober gar in einer <3ufd)rift ^ngufc^icfen. (Sine foteeje liegt mir oor. Sarin mirft er mir am Sdjtuffe folgenbe§ an ben Kopf : „Sa§ Urttjett über bie Suppe actjte icl) ntdjt im minbeften, fie ift fd)led)t! "318) 21ucr) in biefer ©eringfügigteit begegnet un3 ber fetjon berannte §lbfoluti§mu§. — ferner gehörten alle gifcfjfpeifen ftu feinen SiebtingSgericrjten. Saljer mürben ©äfte meift am $reitag gelaben, um einen ferneren Sctjill (ein Sonaufifd), bem SdjetU fifet) ärjnlid)) mit Kartoffeln präfentiren gu tonnen. $on einem Souper mar feiten bie 9iebe. (Sin Heller 318) Beethovens Suppentheorie spielt auch in den Konversations- heften keine seltene Rolle. Daraus ist manches Interessante besonders in den „Neuen Beethovenbriefen" in Gesprächen zwischen Onkel und Neffen geboten S. 100 Brief an Schindler; cf. B. S. Br. No. 894 (V. Band). A. d. H. — 542 — ©ubbe unb ttroaZ bon ben heften be§ ÜJcittagS mar aüe§, roa§ er §u nehmen pflegte. ©ein £iebting3getränf mar frifdjeS 35runnenroaffer, ba3 er jur (Sommerzeit faft unmäßig gu fic£> natnn. 93on Söeinforten mar e§ ber Cfener ©ebirgömein, ben er borgegogen. Seiber munbeten irjn am beften bie öerfätfcrjten 2Beine, bie in feinem gefdjmädjten Unterleib biet Unrjeit angerichtet. Sagegen t)atf fein SSarnen. Siefe Sfjatfadje möchte röotjt allein alz ftätffteS SetteiSmittel gelten, baf? 23eetf;oben lein Srinter gemefen, alz roetcfjer er bon feinem testen Ärgte rjingeftellt morben. (©ierje in ben ©rgänjungen.) — 5tud) liebte unfer ÜDceifter ein gutes ©Ia§ SBier be§ 5(benb3 §u nehmen, roobei eine pfeife Zabad unb bie geitungen ©efeflfcfjaft getriftet. ©aftrjöfe unb Äaffeerjäufer befugte 23eetrjoben in ben testen Sauren nod) oft, in festere mufete er aber burcfj eine längft erftärt tyatte, baareä ©elb nictyt annehmen 51t motten, belehrt burcty lange 33eobad)tmtg, bafs biefer S^erb bei itym ber atterembftnblictyfte ferj. ®a eröffnete ftd) gegen (Snbe Sanuar§ eine Sfuäfidjt, feine S5an!6ar!eit auf eine eben fo ungemötyntidje al§ aud) feierliche SBeife betätigen 51t tonnen. Sn bem mit ber ©irection beö Sofebtyftäbter StyeaterS 1822 abgefdjtoffenen ©ontracte mar bem SSerfaffer ata Drdjefter* Sirector jätjrlid) ein §albe§> Senefice burd) ein ßoncert ober eine Dpern=23orfteHung gugefidjert. Sie großen StuSgaben be§ neuen Unternehmens berantaftten jebocty ben ©irector, mid) bei 51b(auf be§ erfien Satyre§ 51t erfuctyen, mein 9?ectyt auf biefeö tyalbe 33eneftce auf baS nädjfte Satyr 5U übertragen, mo mir bann ein ganzes gu Styeit merben fotte. £>a§ gmeite (Sontract= jatyr mar abgelaufen unb mieberum tyiefj e§, bafj feine Sftögtictyr'eit bortyanben, im Sauf ber guten Satyre^eit bie botte ©innatyme eine§ HbenbS ber (Saffe $u ent^ietyen. S)a icty bie angebotene ©ommergeit al§ contractmibrig jurüdmieS, fo marb id) auf ben britten Sßinter bertröftet. 516er aud) bann gab e3 bei ber Sirection ber ^ünberniffe §ur Erfüllung ityrer rüdftänbigen 95er- bfttctytungen nod) fo biete, ba^ ityrerfeit§ eine Sfbfinbung mittelft einer SSaarfumme borgefdjlagen mürbe. Saum mar biefer 3Sor= fd)lag gemactyt, afö ber ©irector bem Snftitute bttrd) einen blö^ltctyen £ob entriffen mürbe, ©eine ©rben, bie fofort bie — 544 — Setümgbeä 5£ljeater§ übernommen, bertoetgerten jebe AuSgteidjung mit mir, inbem fie im oorliegenbeu $atte eine Sßerjärjrung ber ©d)itlb finben moüten. Set) üerliefs batjer ba% Stjeater unb übergab bie Angelegenheit bem Dr. 23ad), um [ie auf ben S^ed)^ roeg $u bringen. 9cact) Sot)r unb Sag rjatte ich bie ©enug= tfyuung, ein magiftratifdjeS Urteil ermirft gii feljen, fraft beffen mir baS Sofep^ftäbter Sljeater mit allem, raa§ brum unb bran l)üngt, für ben 7. April 1827 §ur freien Verfügung geftellt mar. SBiffenb, meld)' innigen Anteil 25eetIjooen an foldjem Au§* gange biefe§ ^roceffeS nehmen roerbe, üerfügte fid) Dr. 33adj mit bem gerid)tlid)en Urteile unoerroeilt ju ifjm. Äaum gelefen erflärte er, an biejem 7. April im 3ofepl)ftäbter Stljeater eine 9totte übernehmen (^u motten. Al3 id) in fpäterer ©tunbe bei it)m eintrat, überreidjte er mir mit fjer^icrjem ©lüdrounfctje ba$ Urtljetf unb äußerte, bafj er gu biefem 95et)ufe bie feit bem Satjre 1822 in petto tragenbe Duüerture, bie jener mit ber ©oppelfuge in C dur meidjen muffte, aufarbeiten unb felber birigiren motte; bieö fei) überhaupt eine erroünfd)te Gelegenheit für üjn, fid) gegen mid) banlbar §u bezeugen. £>ie begonnene ©fi^e §u biefer ©uoerture mürbe foglcid) fjerüorgefudjt. 8m Verlaufe ber näcrjften SSodjen aber, als er §u füllen begann, baft eine 3Bieberrjerftetlung bi3 §um 7. April nid)t er= folgen roerbe, befd)äftigte er fid) mit Auffiubung eine3 9Jiittel3 mir bennoci) nütilid) ^u fetin, menn aud) nid)t mit einer neuen (Eompofition unb perfönlid)er Stfitmirfung. 2Bäl)renb biefe§ Aufjud)en£ brad)ten öffentlid)e S3lätter bie 9radjrtd)t, §ummel roerbe batb in 3Bien eintreffen. 93ei ber Äunbe baoon äußerte 23eetrjooen: „3Benn er mid) nur befud)en mottle, id) mürbe if)n bitten, mid) in bem Goncert am 7. April $u Oertreten." Um 9J?itte be<3 TOr-^monatS traf Rummel in SBien ein. ©d)on am Sage nad) feiner Anfunft erfd)ien er in Segleitung Oon Anbreaö ©treidjer unb feinem ©ctjüter $erbinanb filier an S3eet= rjooen'ö Äranfentager. Seit 1814 Ijatten fid) beibe ^ünftler nid)t mefjr gefetjen. Rummel, entfetjt bei bem Anblid ber £eibeu3= — 545 — geftalt 23eett)oben'3, brad) in tjelle £t)ränen au§, btefer aber fud)te it)n gu befd)mid)tigen, inbem er it)m eine tion SDiabelli §ugefd)ic£te 9?abirung üon £>at)bn'3 ©eburt<§t)au§ 5U 9?ol)rau mit ben SSorten oort)ielt: „<5iet), lieber £mmmet, ba$ @e6nrt§t)au§ tion §at)bn; Ijeute tjabe id) eS ^um ©efdjenf ermatten, e3 macfyt mir grofje $reube; eine fdjtedjte 23auernt)ütte, in ber ein fo großer sJtfann geboren tourbe!" 91l3bafb aber tenfte er ba$ ©e= fpräd) auf ba& geridjttid) becretirte (Eoncert im So[ept)ftäbter 5tf)eater unb bie tiereitette 2(bfid)t babei mitäumirüen, unb fdjlojj mit bem (£rfud)en: „Rummel, id) redjne auf 2)id), öertrete $)« meine ©teile babei, id) merbe e3 £)ir ©anü miffen." §ummet xeidjte it)m bie £>anb unb Seettjoüen mar üon biefer 2Sittfät)rigfeit fidjtbar überrafdjt. Sn ber %fyat mar biefer Moment, in 33e= tradjt ber fonft menig ftimüattjifirenben @efüt)(e gmifctjen beiben fjod)ftef)enben SÜinfttern, ein erl)ebenber, an ftct) fdjon ber Stuf* jeidjnung mertt), mürbe au6) nidjts anbere§ bamit in 23er- binbung fteijen. on 1827 (unter 9tebaction toon 8. 53. Wlavt) berichtete: ,,©as SBatete gab un<§ §ummel im Sojepjjftäbter Sweater bei einem (Soncerte, ti>etd)e£ bem uormaligen Ordjefters©irector (Sctjinbter, laut früherem Sontracte, nadjträgtid) gugeftanben merben mufjte. §err Sdjinbler mar im gangen (Sinne be» 28orte3 unferä üeremigten ©eettjoben getreuer $)3olabe3, ber feit Sauren beffen r)äus>lid)e ©efd)äfte beforgte unb bi3 gum legten Slttjemguge nidjt öon feiner Seite mid). ©er entfdjlafene SJteifter roollte, in Hoffnung ber SSiebergenefung, feine (£rlenntlid)!eit burd) eine neue (Sompofition beroeifen, meiere bei biefem Slnlaffe gum erften SOcale probucirt merben füllte. 2113 er jebod) gu füllen anfing, mie e§ gang anber§ im 18üd)e be3 Sct)idfal3 Bitte verschaffte uns einen genußreichen Abend. Holbeins Lustspiel ,Der Vorsatz' wurde durch die noch wenig bekannte und gehörte Beethoven- sche Ouvertüre in C, 6/g-Takt, eingeleitet (op. 115), die zur Einweihung der Pesther Bühne komponierte Ouvertüre desselben Meisters in Es (op. 117, König Stephan) eröffnete das Konzert selbst, welches Hummel mit einer freien Phantasie auf dem Pianoforte schloß; diese hatte die Form eines Potpourri, was der ungemein zahlreichen und also ge- mischten Versammlung wohl am meisten zusagte und des Künstlers Umsicht bekundete, der genau erwägt, wem er seine Gaben zu reichen hatte. Nach 24 Stunden verließ Meister Hummel unsere Stadt. — " A. d. H. — 547 — befdjloffen ftelje, übertrug er [eine SBerpfticfjtung an fummeln, roelcfjen er nocrj in ben legten Sebenäftunben aufforberte, on feiner Statt gegen ben fiel) grofemütfjig aufoofernben ^reunb ben ßoü ber ©anfbarfeit §u entrichten. Rummel gab mit gebrochenem ^erjen §anb unb SSort, unb üerftfiob feine Stbretfe, um bie geteiftete 3ufa9e Su erfüllen." u. f. ro.320) Sm gleichen ©inne fpricfjt öon biefem factum unb beffen 95eranlaffung bie Seidiger allgemeine äftufif^eitung in ÜRr. 22 öon 1827. 320) Über Schindlers Gedenkfeier, von Beethoven veranlaßt, ent- hält die von A. B. Marx redigierte Berliner Allgemeine Musikalische Zeitung einen enthusiastischen Bericht, dem daneben von Schindler gegebenen Worten noch folgendes hinzuzufügen ist (No. 30 vom 25. Juli 1827): „ Er (Hummel) spielte das von ihm noch nie öffentlich gehörte Quintett in Es-moll nebst — — — und schon der bloße Name war hinreichend, dem Benefizianten ein übervolles Haus zu ver- schaffen, wiewohl ihm die Direktion aus Knickerei den unvorteil- haftesten Abend im ganzen Jahre, am Samstag vor den Osterferien aufgedrungen hatte!" — Es darf bei dieser Gelegenheit nicht un- erwähnt bleiben, daß Schindler von Beethoven an Manuskripten (Noten und Dokumente) so unendlich viel geerbt hatte, daß er all jene Schätze an die preußische Staatsregierung verkaufen konnte, wofür er außer einer stattlichen Barsumme eine Leibrente empfing, die ihn aller Sorgen iür sein weiteres Dasein überhob. — So dankt Beethoven. A. d. H. 35* 9Kufica(ifrf)er Ztyil „Sudjftaß' unb Wotenfdjrtft ftnb tobte Setzen; aber aucf) §erunterfpielen bet 9?oten wie ^erjagen bet ttber= lieferten SBorte, ba$ tft tobte« ©eroerfete, menn ntd^t ber ©eifr, ber ftd) in iljnen Ijat offenbaren motten, öon un3 aufgefaßt unb burd) un§ tnirffam wirb, — ber« felbige ©eift, fein anberer, nid)t unfer eigen =öer= fönlicber, nicf)t ber Sinn allgemeinen Uebereinfommen'S, ober Ijerfömmfidjer a fie ben 9J?ed)am3mu8 nur gar 511 feijr beförbern; menigftenä bie, meldje id) fenne."*) — £)er grofee ^$ropt)et tneiffagte fcfyon bamaU, ba$ ber 9J?ed)ani§mu§ alle 2öat)rf)eit ber @mpfin= bung au§> ber Sftufif üerbannen toerbe. Mein nidjt Uo§> ber ©eift, audj bie [yorm mirb burd) ben übern>ud)ernben 9Jced)ani3mu3 gerftört. 2)iefer moberne £>ämon fet$t fid) über bie bon ben claffifdjen SDteiftern überfommenen Segriffe tion geiftburd)mef)tem Vortrag unb ben Ijiergu geeigneten Mitteln fjinttteg unb folgt tebiglid) bem angemahnten ©ränge: feine (Subjectiüität pr ©eltung ju bringen. Sie fjunbertgüngige Slritif, gum größten £f)ei( gerjanbtjabt üon Scannern, bie in- mitten biefer SBerirrungen aufgelaufen unb itjre 5tnfd)auungen mit benfelben ibentificirt Ijaben, fie beftärft bie 9ftufifer in if)rem SBatjne, aUgeit ba§ $ecf)te gettjan p Ijaben. SSafjrltd), bie auf ÜBölferbeljerrfdjer angettanbten SBorte: Divide et impera, finben nidjt minber paffenbe Stntnenbung auf bie treffe in ^unftfadjen. 2)ie eingeriffene (Spaltung in ben fritifdjen tfe* fdjauungen mufete nott)tuenbigermeife bie nun beftetjenbe 3er= fatjrenljeit unb SSermirrung in allen feftftcljenben Gegriffen herbeiführen. Safe bei foldjen .ßuftänben 5(lle§, fogar ba$ offenbar ©djledite, feine 23ertl)eibiger finbet, überhaupt alle unb jebe beabfidjtigten SSortJjeife barauS gieijt, ift bie notljmenbige golge. (Singelne feile 2ocat=331ätter ^eiligen alle§. ©eljt e§ fo fort, fo merben felbft bie wenigen gebiegenen, bem iföaijren, 9fad)ten unb ©efetjlidjen Imlbigenben $ad)blätter nad) Verlauf einiger Satjre feine £efer finben, tueil ©lauben unb Vertrauen •) SBiograp^ifc^e ^oti^en bon g. 9fte§ 6. 157. 322) 322) Neudruck S. 186. — B. S. Br. No. 930 (IV. Band). A. d. H. — 553 — gur Shmftf'ritif gerabe in ben Greifen frjmVatrjifirenber SOtfufif- freunbe, benen [ie bie ^ögticf/feit iljre3 23eftet)en3 gu allermeift verbanden, faft gang untergraben finb. 2)en aufmerffamen ^Beobachtern be<§ muficalifdjen £5arometer§ fann e§ nicfjt ferner roerben biefen 2lm3gang mit 3uöerf^* Vorau^ufagen. Sft e§ bocr) augenfällig, bajj bie Sftufifer in corpore für Sßofjl unb 2Bef) itjrer $unft feine, ober bod) nur §u geringe Xrjettnarjme fügten unb bemnad) in einem rt)at)rr)aft ftuviben 3nbifferenti3= mu§ verharren, fanget an Pietät unb 53egeifterung für bie $unft nebft geroiffenlofer Verfolgung Verfönlidjen 9^u^en§ finb bie leitenben SftotiVe bei ben meiften, tn<§befonbere bei ber ®ünftler=9lriftofratie, biefem neuen Genus in ber ®unft. Seiber roaren bieg bie djarafteriftifdjen Sfterfmale bei ber äftetjrgarjl §u allen ßeiten. (©iebje Einleitung.) 23ei folgern Sßerfjältnijj ber SDinge gleichen vereinzelte ©timmen ^jirebigern in ber SSüfte. (Sine Segion 2lnber3benfenber gafft fie fragenb an: roej^atb iljr SBarnen ober gar Sßelerjren? Sie bem erften ©rfctjeinen biefer ©cfjrift angefügten 53eifviete, roie S3eett)ooen feine Wn)\t Oorgetragen roiffen roollte, tjaben baöfelbe ©d)idfal erfahren, ©ie mürben wie ein frembartigeg, 5lflen unverfiänblid)e§ ®ing angegafft, für ©rfinbungen be§ SBerfafferä erklärt unb — ignorirt. ©djon bamal£ roaren ber laufenben ©vodje bie funftroiffenfdjaftlicfjen S3ebingungen fremb getnorben, auf roetdjen 5iuffaffung unb S^eprobuction eines gehaltvollen XonroerleS §unäd)ft berufen, tvie follte bie3 gegen- märtig anberä fetjn tonnen? 9ttan fjöre bie mafjtofen, oft in SSilbbjeit ausartenben Uebertreibungen ber Tempi in ber ©in* fonie, im Ouartett, im £rio unb in ber ©onate unb Ijabe Wlutf), ein marnenbeä ober belerjrenbeä 3Bort fallen ju laffen. (£§ roäre bat)er vollfommene Verfennung ber ©egenroart, roollte man äftütje unb 3eit anroenben, fie über itjre SSerirrungen Vom Sßege be§ S'lectjten unb ©cfjönen ju belehren. Sn foldjen 3Sat>n roirb feiner verfallen, ber burd) eigene, Safere lang an= bauernbe SSirffamfeit in ßeitblättern fid) enbtictj Von ber Wuiy — 554 — lofigfeit aHe§ j£t)un§ überzeugt fyar. ^n§befonbere merben beriet 3uftänbe ©runb geben, einen faum ,^u befdjtDtc^tigenben SSibermilien im ^ergen be§ 9ftanne3 gu erzeugen, ber ba§> ©lücf genoffen, ba§ befd)eibene 9J?af$ üon Söiffen unb SSerftet)en in ©adjen, über njeldje er fürid)t, an tnat)rrjaft Ijeiliger Quelle gefcfjöüft gu rjaben. 3)ie3 unb ber Umftanb, ba^ fid) ber Sßer^ faffer au3 bem $reunbe§treife $eett)oüen'3 nunmehr al§ ben Seiten ber Sebenben fieijt, macfjen e§ irjm ^ur unabmeiSticfjen $Pflid)t, biefe 3e^e" nieber^ufdjreiben unb felbe als ein nott)= menbigeS integrum ^u be£ üfteifterS Seben§gefd)id)te §u betrachten. ©§ foll mein Söeftreben fet)n, einem fpäteren, biet* leid)t getftig gefammelteren 3e^ta^er m gebrängter ftür§e bie SSebingungen unb 35orau§fet3ungen üor^utegen, meldje ein großer £I)eit üon Q3eetl)oüen3 Ätaoiermufif ^ur SReürobuction ib,re§ eigentt)ümlicfjen @eifte§ beanfprud)t. 2)iefe3 mirb fid) atSbann auf bie anbern (Gattungen feiner ^onbidjtungen leidjt übertragen laffen. 2Sa§ ber erhabene 9)?eifter üermittefft be§ SBorteS in feiner ©adje felber 31t tun beabfidjtigt, blieb au§ äufjern ©rünben unausgeführt, unb tnaS er burd) üerfönticfjen Unterridjt mirllid) gett)an, um menigftenS ein lebenbeS dufter fjinjuftellen, baS mar nur für feljr turge $eit nad)t)attig. @§ mirb ber Ort fommen, biefeö üon iljm oft §ur ©pradje gebradjten ÄlageüunfteS ausfuhr lid) 511 ermähnen.*) *) ©in Äfagefieb, wie $eetb,ot>en angefiimmt, barf audj ber Sßerfaffer laut werben laufen, (üleic^e £enbenä lag aud) meinen Söeftrebungen mit einem jutn (Srfafjen aller Gigentt)ümltd)feiten in 23eetbot>en'3 tieffier ^oefie begabten Üalenle ju ©runb. $n einem fed)»jäb,rigen ßurfuS rourbe biet gegeben unb ba§ ^JJeifie rid)tig begriffen, fo ba% ber 3ögling un= besmeifelt al§ gutes SOJufter roeiten Greifen rjätte horleudjten tonnen. 3ft ber junge sDJann gteidjroot)! ein aditungSmertber Äünftler geroorben, unb mirb er ätoeifelSorme fortan bem £>öt)eren unb £öd)fien nadjfireben, fo bat er bod) bie SBebingung eine3 müfyeüollen Unterrichts nad) jener <5eite t)in nid)t erfüllt. 23ar e§ Mangel an SRutb, fid) bem SSirtuofen= ©efd)led)te unb einjelnen gerabe in s-8eetbot>en'§ 9)cufit für mufiertjaft au3= gefdjrienen Snbiötbuen entgegen ju ftetten unb trog SSiberfprüdjen, Dietleidjt — 555 — SSeit nun öon eigentjctnbigen 2tuf5eid)nungen be3 90?eifter§ ntd)t§, ober bod) nur roenige3 bortiegt, unb biefeä fidj bto§ auf feine äftettjobe (Stabier gu fpieten besiegt, (bie öon iimt be§eid)nete 9?ut$antt>enbung ber Sotjn ©ramer'fd)en ©tuben) fo bleiben mir nur ber bom 50?eifter unmittelbar erhaltene Unterricht unb bie STrabition überhaupt al§> bittet übrig, bie jenen Abgang erfe^en füllen. 2tber aucf) ©ort (Sgernb, ift ein mistiger 3euge in ©acfjen üon 23eetrjoben'§ (Stabiermufit". 2lud) er rjatte fid) persönlichen Unterrict)t§ öom StReifter gu erfreuen, unb gtoar pm SBefjufe öffentlichen Vortrages, 5. 23. be§ Es dar (SoncertS 1812, ober für ^riüat^reife. ©eine Erfahrungen biedfaltö tjat er in feiner (I(abier=©dju(e niebergetegt, bie bor ungefähr 25 Satjren erfdjienen, feitbem aber burcfj biete anbere berbrängt morben. Äein SJtenfd) nimmt metjr S^otig baüon. 2Iber noct) anbere bon ber ©egenmart meift ignorirte Männer bon tjofjer !ünftlerifd)er Sebeutung foßen angeführt tuerben, beren 2Tu§fagen für 3eugniffe gelten, roie bie gurüdliegenbe Grpocfje, bie „ctaffifdje" genannt, gute £D?uftf überhaupt !unftgemä§ borgetragen. @§ roirb bamit ber inbirecte 53etoei3 geliefert roerben, bafj Seett)oben'§ Tlu\\t im ©an^en roorjl ber allgemeinen 5Sortrag§norm gu unterbieten ift, im ©pecieüen aber mefenttidje Slbroeidjungen bebingt. 2)aJ3 biefeid]ter, Samens Dr. Gart S fem323) ©erfelbe Ijatte eS ftcf) §ur Auf- gabe gemadjt, ju öerfdjiebenen Werfen Sßeetfjoüen'S ©rftärungen, mitunter aud) bilblidje Programme, ab^ufaffen, bie öor Stuf* füijrung beS betreffenben SBerfeS öorgetragen mürben. (5S fdjeint faft fein 3tteife^ oafe oiefem Spanne bie @t)re ^ufornme, ber (Srfte gemefen §u fetyn, ber ben unroiberftet)tid)en ©rang gefüllt, feine burdj Seetfyoüen'S SJcufif ermedten btdjtertfdjen (Smpfinbungen in foldjer SSeife funb ^u geben*). SDfofyrere t>on biefen Ausarbeitungen fcfyidte Dr. SDtütler an unfern Sfteifter nad) SSien, bei bem jebod) üornefymlid) bie Programme eine entgegengefe|te SBirfung gefunben, als feine Verehrer in ber alten §anfeftabt öermeint tjaben, benn fie maren nid)t immer frei öon Plattheiten, minbeftenS bon Ueberfd)mäng(id)feiten, bie ben ernften Sfteifter biSmeüen üerbittern fonnten. üftod) befinben *) SBte Diel anbete finb feitbem in biefen SSeftrebungen bem SBremer 5)id)ter nachgefolgt?! 2Ber öermag fie aufju^len? 323) Die von Dr. Iken an Beethoven eingesandten poetischen Darstellungen über große Tonschöpfungen des Meisters, darunter die Symphonie in A-dur, befindet sich mit in Schindlers Beethoven- Nachlaß, Mappe IV. A. d. H. — 558 — jidj im Gorrefponben-^acfjlaffe be§ greunbe§ öier folget SCuS* arbeitungen in meinem ©eroarjrfam. (5§ fet) geftattet, au§ ber über bie A dur=Sinfonie, roeldje SBeetljoüen in ben erften 2J?o- naten üon 1819 gugefdjirft morben, nur eine ©teile öorjulegen; fie üermag bie ©efüt)(e im §er§en bes 21utor§ über bie feinem SSerfe unberfatjrene 5(ufmerffamfeit erfennen gu laffen. ©er SBremer ?lu§(eger pijantafirt mie folgt: „9Kir fd)ien in ber ftebenten (Sinfonie324) ein §aupt= gebanfe §um ©runbe gu liegen. Sn einem SBotföaufftanbe, roo ßeidjen gum 2Iufruf)r gegeben Serben, mo 2We§ burd)ein= anber läuft unb fcfjreit, roirb ein Unfdjulbiger ober eine ^artei umringt, nad) einem Kampfe gefeffett üor'3 ©eridjt gefd)leppt. Sie Unfdjulb meint, ber 9iid)ter fpridjt ein t)arte§ Urteil. £t)eilnet)menbe Stimmen, SSittroen, Sßatfen mifcfjen ftdj barein. 3m jtoeiten Sfyeile be§ erften ©afceS merben bie Parteien gteidj — ben neuen oerroirrten Tumult oermögen bie 9tid)ter laum gu befd)tüid)tigen. ©er tobenbe Sturm roirb unterbrüdt, aber nictjt beruhigt, ©ingelne regen fidj in Reitern (Srmartungen, bi£ plö^tid) bie allgemeine Stimme be§ Sßolfö entfdjeibet — im t)armonifd)en Vereine . . . SIber nun mifd)t fiel) im legten Sa|e 23ornet)me§ unb @emeine§ in bunter ?lu^gelaffen^eit. ©od) geigt fid) baS &ornef)me in ben 331a§=3nftrumenten immer nod) gefonbert. Seltfam badjantifdje StottJjett in öermanbten Slccorben — balb ba, balb bort feftgeljatten — balb auf einem Reitern £>ügel, balb auf blumiger SSiefe, mo im fröfjtidjen äftai alle jubelnben ftinber ber Statur in greubenllängen roetteifern — fdjmebt ber $ßljantafie borüber."*) *) 2)iefe poetifc^e 2Iu§gelaffenbett erinnert an eine äbnltdie über ben Smeiten <3a£ ber ©Dnate Op. 111, ©.327. 324) Gerade die A-dur-Symphonie hat vieler Federn in Bewegung gesetzt; es sei gestattet, meine eigene besonders ausführliche Dar- legung in Erinnerung zu bringen; siehe des Herausgebers „Macht Beethovens", Berlin 1903, VII. Kapitel, S. 125ff. — In Dr. Ikens Dar- stellung sind doch manche der Wahrheit wohl entsprechende Momente. A. d. H. — 559 — ®S fdjeint, bofe biefe (eijteingefanbte ^Sfjantafterei bie ©ebutb be<§ S£onbid)ter§ erfd)öpft fyatte, beim gur ^erbft^eit beffetben SaljreS bictirte er mir gu SJiöbüng eine an Dr. Füller ge= richtete ©rmiberung beSfaSS in bie $eber. @£ tuar §mar ein freunbfdjaftlidjer, gleidjrooljt energischer ^Sroteft gegen @r= Körungen unb Unteriegnngen bon Silbern feiner unb jegtidjer SJcufif. Seetfyoben nrieä auf bie ^rrtfyümer t)in, bie baburd) unfehlbar erzeugt toerben muffen, ©etjen ©rftärungen notfjmenbig, fo follen fid) biefe tebiglid) auf bie (Sljarafterifttf beö £onftütf§ im ungemeinen be* fc^ raufen, meiere gebitbeten sJRufifern nid)t fdjroer fallen bürfte richtig 5U geben. SBenn aber bie ^antafie beö @rüärer§ eine ferner in ©djranfen 51t tjattenbe, mo finbet fie, fetbft in einer nur aü= gemein gegebenen (Ef)arafter=<3d)ilberung, it)re ©renje? Dbiofe Seifpiele bon 2(u§fd)reitungen in jüngfter ßeit gaben bem SScrfaffer ©runb, ben Seetfyoben'fdjen ^roteft au§ bem Safyre 1819 5U Eingang beä SatyreS 1856 bermittelft ber lieber» rtjeinifctjen 9D^uftf*3ettun9 $fr« 2) Ui Bremen aufäufudjen. §err (Senator § er r mann 21". ©d)umad)er bafelbft beehrte mid) unterm 9. 9Äär$ beffetben öafjrä mit einer umftänbttdjen 5lu§einanberfet$ung über bie Sermenbung be§ titerarifdjen ÜJcad)= laffeS bon Dr. ßt). SOcüüer. 21(3 gmeitnadjgefofgter £eftamentö= (Sjecutor be3 1849 beworbenen $räu(ein3 (Stife Mütter, £od)ter be§ eben genannten, toufete ber §err (Senator gu melben, ba^ fdjon mäfjrenb ber 9lmt3t)anbtung feinet SorgängerS in biefer ©ad)e, be3 Senators Sfen, (Sruber be3 in Tübingen berftorbenen ©id)ter3 Dr. (S. Sfen) über bie „reiche" Gorrefbon- beng bigponirt tborben. £)odj berfprad) er in Setreff ber £3eett)ooen'fd)en ßorrefponbeng — bie fid) nitf)t blo3 auf jenen ^roteft befdjränft — roeitere 9cad)forfd)ungen madjen flu motten, äftöge fid) biefeä ©djriftftüd auffinben laffen, benn e3 ift — mie e§ meiner Erinnerung nod) beuttid) borfdnoebt — an fid) ein preeiöfeä ©ocument, für unfere in Ueberfd)tt>ängtid)teiten — 560 — fo Ijäufig auSartenbe (Spodje aber nod) inSbefonbere tiort 2Sid)tigfeit. @3 tiefee fidj bamit ein t)oc)er Stamm bagegen aufrichten.325) Sn ber britten ^eriobe mürbe bon ber 9Ibfid)t Q3eett)0üen'§ gefprodjen, eine neue §erau3gabe feiner (Elaoiermufif §u ö.er= auftauen, unb ^roar in $otge Anregung be§ SDtfuftfuerlegerä re Negation aud) auf alle Seetbooen'fdje SJJufif au§bebnen unb ifjr poettfdjen ^nfialt abfpredjen. Söoher foDte raofjt bie fo häufig fid) fnnbgegebene Anregung unb Sufi ju btlblidjer (Srflärung, über* haupt ju Stillegung ber 93eetb>üen'fd)en Sinfonien unb Sonaten fommen, menn biefelben ntd)t§ al§ ein blo§ rjarmonifd) unb rbütbrnifd) it>of)lgeorbnete3 Sonfpiet enthielten, roenn ihnen — roenigfien§ einzelnen batunter — feine befonbere ^bee ju ©runbe läge?! 23ei weldiem (Somponiften gewahrt man foldje, na^eju untr>iberfte{jlid)e Suft mieber?326) 325) Bis jetzt hat sich von der Bremer Korrespondenz zwischen Dr. Müller, Vater und Tochter Elise, Dr. Iken und Beethoven noch nichts aufgefunden. A. d H. 326) Dies ist vortrefflich gesagt, Herr A. Seh. A. d. H. — 561 — flauen oorüegt. 2)er 9Jceifter mnfjte eine aa§füt)rlid)e 9Jcetr)obe über bie Söeljanbtung be§ 3nftrumcnt§ oorau§fd)tden, (nur nriffen au§ bem früher mitgeteilten Briefe oon Dr.$ert)arb oon Q3reaning, ba£ bie Stbfaffung einer (£taoier=©d)u(e auef) in feiner SC6fid£)t gelegen, bie oon allen anbern abroeietjenb geroefen wäre,) er mufjte ferner feine ©ranbfätse über bie 33et)anb(ung be3 mannig= fachen ibealen SnljattS im Mgemeinen unb ©peciellen Oor= legen. SSermittetft feineö 8erjrfal3e§ in öe^ug anf ben Vortrag im ungemeinen, ber fiel) in nacfjfterjenber SBetfc formuliren täfjt: „©teidjnrie ber *£)id)ter feinen Monolog ober ©iatog in einem beftimmt fortfdjreitenben S^rjtjttj rrtu§ t)ä(t, ber 'Sedamator aber bennod) ;$u fidjerem SBerftänbnifj be§ ©inneö ©infdjnitte unb 9tut)epuncte fogar an ©teilen machen mu|, wo ber ©icfjter fte buret) feine Snter* Function anzeigen burfte, eben fo ift biefe 2lrt $u beetamiren in ber 9J?ufif antoenbbar unb mobificirt fiel) nur mit ber gafjl ber ein Sßert 2tu§fürjrenben," — mit biefem Setjrfa^e, fage id), orme erläuternbe Öeifpiete ift für bie ©adje fo gut al§ nid)t§ getfyan. £)enn ergebt fid) ba§> Stirifdj* ^ßatt)eti|d)e in 93eetf)oOen'3 (Sonaten ftelfemoeife fogar bi§ ptn 9tt)etorifd)en, fo toirb fid) folgerest aud) ber SluSbrucf über baS 2)eclamatorifd)e ergeben muffen. @S mirb fid) bem= nad) eine SJarftettungSloeife ergeben, oermittelft ttetdjer aud) otjne ba% mitroirfenbc SBort ber (Schein ber Äunftroafjrljett erreicht »erben fann. @3 unterfdjetbet fid) ba§ tRtjetorifdje im muft= catiferjen 2lu3brude oon ber ©eclamation tote bie 9xebner!nnft oon ber SRebefunft. STactf rett)eit mit tiefer (Stnfidjt in ben befonbern ©inn fotdjer ©teilen ift bie erfte Söebingung be§ SSortragg in beiben Kategorien. 3»ei ber prägnanteren 23eifpiele, bie in biefe Kategorie gehören, »erben bem t)öt)er gebUbeten SDcufifer oljne ßtoeifet ben ©djlüffet §um SBerftänbntjj ber &ad)t üor 5tugen legen. S)a§ eine ift ber ©eitenfatj in Es dur au§ bem finale ber C moll= ©onate, Op. 10: St. ©äjtnbterS S3cetfjoüen=93togtaj)ijtc. 3ß 562 — fl i J J IV StRit bem gortiffimo im fünften Xacte tritt mieber ba§ fefte 3eitmaJ3 ein. &er Scitenfat> aber in C dur im groeiten £{jeit beffetben $inate gehört feiner Tonart megen nid)t in biefelbe Kategorie, wirb fofglict) nidjt mit fo Ijodj gefteigertem *ßatt|o§ öoräutragen fetyn, gteicr)ruot)t otjne STactätr-ang. 2)ie fdrttnngt ju jenen 93cad)tfdi(ägen, bie nur bei bebeutenbem 3ur"cf^atten §u ö oller ÜESirfung fommen. S5er= weiten unb ®raft gebütjren am SQtoften bem erften auftreten, gcmilbert mirb ber @ebanfe beim erften Shiffdjritt in bie tjörjere Dctaüe, bie Setoegung mirb gleicher, ungefähr im Wlafo be§ §auötfafceS, bi§ §um ©djlufc in A moll." XLVII.827) ©er mit bem fünft lerifdjen Vortrage bereits Vertraute mirb mit biefer SBeifung an i)a§> ©tubium biefer aller = fdjmierigften (Stelle in ber gangen ©onate gefjen unb bieUeid)t 9M)tige3 erftreben. ©djmanfenb, unruhig ift bie 33eft)egung, im Stuffteigen etmaö präcipitirenb, im ^üdgefjen etina§ ritarbirenb, feineSfaüö fd)(eppenb, im ©anjen leibenfdjafttid) erregt; erft mit 327) Die Stelle ist in Marx-Behnckes Anleitung zum Vortrag Beethovenscher Klavierwerke, IL Aufl., S. 126—127 enthalten. A. d. H. — 563 — bem 15. Sactc wirb bem 9TuSbrude beS Seibenfdjafttidjen ootle greitjeit gegeben, baS SWegro fommt wieber 5ur (Mtung. ©in anberer @runb 51t einer neuen Verausgabe ber (Staöier* mufif roar burcfj bie bis barjin erreichte 2(uSberjnung ber ßtabiatur gegeben, benn fcfjon mar biefe feit bereits ^etju bis gtoölf Sauren bis in bie oiergeftridjene Dctatie erweitert. $8iS einfcfj(ief$(id) ber brei (Sonaten, Op. 31, (beSgteidjen bie um mehrere 3a§re nad) irjrer (Sntfteljung Oeröffenttidjte ©onate, Op. 54,) bewegt fid) bie SSeetrjooen'fcfje ßtaoiermufif in bem engen 9\aum üon nur fünf Dctaoen. 3SMdje §inber= niffe §u beabfidjtigter, aber audj regelrechter ?tuSfüfjrung mancher ©teilen fid) bem (Eomponiften entgegengefteltt, erfietjt man %. 23. in ber ©onate C dur, Op. 2, (bie Sßaffage im erften ©aij mit auffteigenben Cctaüen, £act 4); ferner in ber «Sonate D dur, Op. 10, (ber unterbrochene Dctaoengang am ©djtufj beS erften ©at^eS erften SrjeilS üor bem SInljange, reo bem (Somüoniften fis, gis unb a ber breigeftridjenen Dctatie gefegt; beSgleidjen wieber im ^weiten Xljeü ber unterbrodjene cfjromatifcfje @ang, ber bis gum breigeftricfjenen a aufzeigen foll,) u. f. f. 2Bie nad) ber §örje, fo nad) ber £iefe. Studj in teuerem Sereidje fiubet fief) £nnberni)3 an £)inbermJ3. @S erWeifet fid), ba^ in nieten Kerlen nidjt eine l^adjrjütfe bfoS mit wenigen 9coten SBebürfnifj ift, fonbern gan-je ©teilen umgefdjrieben Werben muffen, ein ©efcfjäft wichtiger nodj bei ben öielftimmigen SSerfen, bei Soncerten unb anbern, als bei ben ©onaten für ^ßianoforte atiein. ©urd) welche Sntriguen biefe beabfidjtigte Verausgabe 1816 hintertrieben Würben, ift am angeführten Drte auSfütjrüd) mit* getrjeüt. Sm Safyre 1823 ift biefeS §erauSgabe=^3roject, baS einige 3eit oorrjer ein gweiteS ©Reitern mit einer SSieuer 23ertagS= Ijanblung erfahren, (biefetbe, bie baS erfte rjerbeigefütjrt) neuer* bingS aufgetaudjt, unb groar gumeift auf Anregung bon 5InbreaS ©treid)er. üftadjbem in ber 3. ^eriobe fowot)I über biefeS 36* — 564 — ©Reitern, tüte audj 'über ba§ Sföieberauftauctjen be§ ^rojectS auSffiljrßdj gefprodjen morben, fo bleibt Ijier nur nod) gu er- gänzen, baf; ftd) ba§ Sßroject nun auf bie ©efammttiteratur be§ Sfteifterä erftreden foUte. 51nbet ift nod) ein befonbere3 9lcciben§ an^ufüfjren, nämtid), bafj 23eetf)oöen bei. biefer neuer* tidjen SSerrjanbtung fidj üernetjmen liefe, toie er nadjgebacfjt f)abe, 06 nid)t §u (Srgtetung größerer (Sinfjeit einige ber öier= fähigen ©onaten att§ früherer ßeit, in roetdjer bie 23ietfä£igteit nur angenommener 33rauct) mar, in breifätüge umgutöanbeln fetjcn. ffllit 23eftimmtl)ett rjatte er ftd) aber nur für (Entfernung be§ ©crjerjo Megro au§ ber t)oct)patc)etr)tf(^en (Sonate C moll mit Biotine, Op. 30, afö mit bem ßfyarafter be§ ©an^en im SBiberfpruct), erflärt. @egen biefen ©at$ mar er ftetS unb rtetf) if)n au§ öorftetjenbem ©runbe meg^utaffen. 9ßäre bie §erau§= ga6e je %u «Staub getommen, fo märe tiie(leid)t eine Heine 2(n§af)t „üerabfdjiebeter" ©djerjo'ä, 3lllegro'§ unb ätfenuett'ä abgefonbert erfdjienen. Snbefj blieb biefe 5lbfid)t in unferm Greife rticfjt o^ne 5Infedjtung, benn Seber Ijatte unter ben ©djeräo'ä u. f. tu. feine Sieblinge, barttm er fte öon ber lange behaupteten ©teile ntct)t entfernt miffen moltte. ©er 3J?eifter bermieS jebod) an bie brcifätjigen ©onaten, Op. 10 C moll, Op. 13, Op. 14, Op. 31, 9?ro. 1 unb 2, Op. 57, unb anbere nod). Sie legten meljrfäfttgen ©onaten, Op. 106 unb 110, ftnb mefenttid) anberS gu beurteilen, al§ bie meiften ber öoraue= gegangenen. ©ollte ettua ber (Sinrourf gemad)t merben: roenn S5eett)oOen einige ©d)er5o'3 unb äftenttett'ö auf ©runb ber 23eeinträd)ttgung ber djarafteriftifdjen Einheit au§ ben ©onaten rjabe entfernen motlett, marutn nicfjt @teid)e3 au§ ben Quartetten, Quintetten, 11. f. f.? ©otdjer (Sinmurf läfjt fiel) beautmorten mit ben in Dielen ©onaten gefdjilberten ©eelen^uftänben; fie allein behaupten ben ©tanbpunet mal)rt)after £)id)tungen, fte allein finb ©eelen* gemälbe in be^ 2Borte§ eigentlidjem ©intte, fofgtid) in entere iKarjmeit eirtjitfctjließen, at3 jebe anbere ©attung, bie in ©efett* — 565 — fdjaft ausgeführt toirb. Sftit ber (Sonate fonbert fid) ber greunb muftcatifdjer $>oefie bon jeber äußern ©intuirlung ober (Störung auf feine ©efütjte ab, unb befinbet fid) gteidifam mit feinem tfjeuerften greunbe (ober greunbin) allein; follte er ba$ SSerf gteid)tt>ot)l mangelhaft bem äußern £)t)r bermittetn, ba§ Df)r ber ©eete t)ört e£ anberS unb bie burdj SEöne unb Harmonien ermecfte ^tjantafie berbeffert ba§> tedjnifdj SBerfefjlte. 2)ie (Sonate bermag Oor alten bie Seele §u magrer 2lnbad)t gu ftimmen unb oft bi§ §um Gebete gu ergeben.*) ©arum fteflen fiel) in if)r bie formellen Stnforberungen anberS, afö in Sßerfen, bie im Greife bon bieten genoffen merben. @§ bebarf feiner $8erftdjerung, ba^ fid) 23eett)oben Oon ber ■Sftotjjroenbigfeit ber Sßerbefferung in fo bieten Sßerfen gern überzeugen liefe, bodj ftellte er mancherlei Söebenfen gegenüber, an beren Sbi|e ber 9?efbect üor bem (Sigentf)um3red)te ber Verleger ftanb. Uebertjaupt liefe e§ feine allzeit bemiefene Un= fd)lüffigfeit328) aud) bei biefer Gelegenheit an faft linbifdjen gtoeifetn über ba§> Gelingen iridjt fetjten, (entere gumeift auf @runb ber faft gänjlidjen Entfernung feiner Glabierroerfe bom üxepertoire. Su biefem llmftanbe finben fiel) bie befonbern Sftotibe beS 3erfQöenö mit feiner geit, baljer aud) be§ 51t geringen SSertrauenS gu berfelben. 2113 nun gar fein 33ruber mit einem neuen ^ßlan bagnrifdjen trat, unb bem 9J?eifter bie @elbft= Verausgabe fämmtlidjer SSerfe mit einem nodj oiel gröfeeren *) %n ber beifptellofen SSerbrettung ber 33eetbotoen'fd)en Sonaten moöon am ©bluffe biefeä %t)tite§ eine Iteberficrjt gegeben roirb, erfebeint boef) rcof)l eine inbtrecte 23efväfttgung, toeldje ®ien(te in obigem Sinne biefelben utetteiebt Saufenben lei[ten. 328) Schindler ist hiermit an einen sehr heiklen Punkt seiner Ästhetik in Beethoven angelangt: die formelle und gedankliche Um- gestaltung Beethovenscher Tonschöpfungen. Danken wir Gott und Beethovens sogenannter „Unschlüssigkeit", daß es zu keiner derartigen Neuherausgabe der Klaviersonaten und anderer Werke gekommen ist ! A. d. H. — 566 — als bem Don ©treicfjer berechneten @eminn in ben ®opf gefegt tjatte, ba ftieg bie $8ermirmng batb aufS £)öd)fte. Äur^, baS lang unb biet besprochene ^ßroject tft an 51t Dielen flippen abermals gefdjeitert unb als unfer SDZeifter mieber befonnenen 91nmerlnngen ©eljör gefcfjenft, mar eS in feinem £opfe fammt allen baran fjängenben STaufenben bon ©ilbermünjen bereits auf fernere Siage berfdjoben, benn fctjon mar bie ©enefiS ber 9. ©infonie an beffen ©teile getreten. (SS fjalf bem greunbe ©treidjer nid)tS, baffelbe 1824 abermals anf'S £apet 31t bringen. 3ur 8e^ Ratten bereits bie fcr)meict)e(= fyaften 5tnerbietungen beS dürften ©atitün feinen ©inn ein* genommen unb fct)on mar er mit Ausarbeitung beS erften für il)n beftimmten Quartetts befdjäftigt. (Srft 1826 fanb er mieber $eit, an biefeS ^Sroject §u benfen unb ber 9ftufif£)anblung iefe Vorgänge geigen augen= fd)einlid) unb gugteid; in betrübenber Sßeife, maS eS bei Söeet* fjoben Ijiefj, einen ©ntfdjtufs faffen unb Ujn ausführen. Sie unauft)örlid)en 53eredjnungen unb barüber gepflogenen 33erf)anb= lungen mit feinen 9ted)enmeiftern, mof)t aud) ber unmiberfteljüdje ©rang 5U neuen ©djöpfungen, ber üjm jeben 9vüdbtid auf bereits S?orf)anbeneS erfct)merte, mürben bielfeidjt nad) abermals ,^et)n Sauren baS §erauSgabe=^3roject ju feinem ermünfc^ten 3iele geförbert fjabcn. SaS eingig $otgemid)tige, maS für uns 329) Cf. B. S. Br. vom September 1826, No. 1186 (V. Band), worin Beethoven seine Verleger B. Schotts Söhne bittet, „die Herausgabe seiner sämtlichen Werke zu beschleunigen". A. d. H. — 567 — ^tjeittjaber ctu§ ben bietfadjen ©rmägungen, (Sinmürfen unb groeifeln biefeä anbern Fabius cunctator330) ermudjfen, beftanb in ben oft intereffanten Steuerungen über einzelne feiner 2£erfe, ober über eingetne ©teilen. 253ot)l barf e§ at§ ein bebeutfame§ 9J?ißgefrf)icf 6e§eict)net toerben, hak mir Uebertebenbe mä) bem £obe be§ 2fteifter§ atSbalb au§einanber geftoben mürben, beoor ein gemeinfct)aftlicr) beabfid)tigte3 Unternehmen im Sntereffe ber (Elaüiermufif: begonnen merben tonnte, mie im Slntjange gur 3. sßeriobe bereite angebeutet morben. Unb ein $euge fyQt menig ober gor feine ©ettung. S)arum ftetjt fic£) biefer gegen* märtig bemüßigt in ber betreffenben ©ac£)e meit au§guf)oten, ba im anbern gatte ba$ @i be§ SotumbuS als OofttiOeä Seifpiet für alle Mitarbeiter gebient fja&en mürbe. IL Sie in jebem öetradjte midjtigfte unb fettenfte (£igenf)eit unfer3 £onbid)ter3 beftanb barin, ftcf) burd) eine Sbee entmeber am§ ber 9?atur ober au§> einem ©ebidjte, fofern biefelbe auf feine ^tjantafie einen tiefen (Siubrud gemacht, gu einer (Som= pofition anregen, ober gang oon itjr leiten gu taffen unb biefe allgeit in fefte, beftimmt ausgeprägte formen gu bringen, bie mit bem tjerfömmticEjen, aber aud) unter einanber, menig gemein f)aben. üßefetjen mir uns ben erften ©a*5 feiner erften ©onate in F moll in feinem gormmefen, mie üerfdjieben ift biefeS öon bem be3 erften ©atje§ ber ©onate in Es dur, Op. 7! Söie üerfdjieben biefe3 mieber bon ben erften ©ä|en ber ©onate in C moll, Op. 10, ber Pathetique, Op. 13, u. f. f. bi§ gu ben munberbaren Snfpirationen in ben ©onaten Op. 57 (F moll), 330) Heil uns, daß wir einen solchen Fabius Cunctator erhalten haben, der seine abgeschlossenen Werke nicht selbst verstümmeln wollte. Am Ende hätten wir gar noch in Beethoven einen Heauton- timorumenon bekommen! Es war der höchst geniale Instinkt, der unsern Meister davor bewahrte. A. d. H. — 568 — Op. 90 (E moll), Op. 101 (A dur) imb fo big gur testen! Ueberatt anber§, unb bod) fütjrt un§ ber 9D?eifter in feinem $ormenau§brutfe einen fo feften, fixeren 2öeg, bafe roenig ^ßfjantafte erforberlid) mirb, falte nur ber Vortrag bem Snljalte angemeffen ift, ben gaben ber ©idjtung feinen 2lugenbfid §u verlieren. SBer im ©taube ift, bem $ormmefen in ben 33eet= ^ooen'fdjen ©onaten big auf ben ©runb nacf^ugeljen, mirb gur Ueber^eugung fommen, baf; in fotdjem 23etrad)te feine anbere SDtufif berfelben ©attung mit jener einen Vergleich, aushalten fann; bort ift ba% Slufjerorbenttidjfte geleiftet unb al§ muftcalifd)e ^Soefie au3gefprod)en. 3®enn batjer Don (Srfd)öpfung ber formen burd) 23eetf)ot>en bie Siebe, fo fann biefe fjauptfädjtid) nur in ben ©onaten it)re 93egrünbung finben. £>a§ lieber» f d) r e i t e n biefeS Nee plus ultra liegt in einigen ©äßen fetner legten Cuartette uor Slugen.331) %n ben be^eidjneten ©onaten, aber aud) in anbern nod), finbet fid) ber muficatifd)e ©f)afe§peare — um 5Imab. 3Benbt'3 S8ergteid) §u gebrauchen — ber gu allermeift f)ierin ben tiefften Slbgrunb be§ fämpfenben ^pergenS, roie ben füfjen SiebeSjauber be3 unfd)utbigften ©e- mütt)e§, ben fjerbften, tiefften ©d)mer§, mie ba§> t)immelf)od) auf» jaud^enbe (Sntjücfen, tteffinnigen ©ruft unb feurige ©djmärmerei, ba§> (Srfjabenfte, mie ba§ Siebtidjfte in £önen gefd)ilbert unb au^gefprodjen t)at. (£<§ bürfte eben fein großes 3Sageftüd ju nennen fet)n, bie ©arfteltung biefer ©onaten, balb in alten, balb nur in einsetnen ©ätjen, mit ber ©d)tt)ierigfeit einjelner in ben ©fjafeSpeare'fdjen ®ramen tjeroortretenben ©tjaractere in parallele 51t fteHen, tuenn unfer 3tugenmerf, mie e§ gefc^efjen fott, auf (Srgrünbung ber Snnerlidjfeit unb itjre fogifcfcridjtige 5lu§einanberfet$ung geridjtet mirb. 2öie bei ©f)afe§peare bie meiften ©cfjaufpieler nur ba$ 28ort, nietjt aber ben ©eift er= faffen, fo begreifen bie ÜJJtuftfer bei 93eetfjoüen'§ ©onaten if)re 331) Das ist bereits rektifiziert worden! Cf. hier die An- merkungen 230, 237 und öfters noch, besonders No. 240 mit Zitaten aus Schumann. A. d. H. — 569 — Aufgabe einzig unb allein oon ber ted) nifdjen (Seite, toeil tueber in itjrem $opfe nod) in it)rem bergen bie Mittel gu finben, fict) ben'SSeg in biefe liefen §u batjnen.*) $erbinanb S^ieS fagt in feinen Zotigen, t „9J?ag fid) SBeetfjouen (ber fo gerne üftaturfeenen fd)i(berte) babei oielleidjt ba§ SBogen be3 9J?eere§ in ftürmifdjer üftacfjt gebadjt tjaben, mätjrenb oon gerne ein ^ütferuf ertönt, immer fann ein foldje§ 23üb bem (Spieler eine angemeffene Sbee pm richtigen Vortrag biefeS großen XongemälbeS geben. @§ ift getorB, baf? 53eett)oOen fid) &u bieten feiner fdjönften SSerte burd) ärjnlidje, au3 ber Seetüre ober au§ ber eigenen regen ^fyantafie gefdjöpfte Sßifionen unb Silber begeifterte, unb ba^ mir ben magren nge be§ 9Karj'fd)en $8ud)e§ ganj befonber§ ju empfehlen. SBirtuofen aber mobernen ©d)lage§ ift barin ein «Spiegel ihjeS £reiben§, roie aud) ib>er Unrotffenfyeit unb Unbilbung toorgetjalten. SSie Wax% ferner im Sapitel: „$er 5lnfprud) auf Sedjnif" bie ©onaten Op. 2 naefj Op. 13, Op. 7 narf) 28, Op. 57 nad) 110, Op. 53 nad) 109, u. f. f. fieHr, jeugt öon feinem au&ergeroöfjn* Iidjen ©tubium aüer biefer ewigen ^oefien. 332) Neudruck S. 92 f. A. d. H. — 570 — unb an bie Harmonie ber ©paaren backte. 3« feiner 7. ©in* fonie in A dur mürbe er burdj bie (Sreigniffe ber Safyre 1813 unb 1814 angeregt (roie §ur ©d)(ad)t Don SSittoria.) 5lber er mußte, ba^ bie SRufil nidjt immer Don bem §örer fo unbefangen gefüllt mirb, ' menn ein beftimmt au£gefprod)ener Qwed Deren (5tnbilbung3fraft fd)on Dorauä feffelt." 9D?it ber Anregung in 93e§ug auf bie genannte ©infonie befinbet fid) (E^ernt) im Srrtfjum, meü ba§> 3Serf bereite Dor beginn ber grofjen (Sreigniffe 1813 faft Dollenbet mar. Sind) finöet ftdj barin nid)t ber teifefte Wnffang Dom Sfyarafter einer friegerifdjen SJhtftL 9ctd)t minber batirt bie $bee §ur ort fagt er: ,,3d) tjatte fdjon Dotier bie Sbee gu einer ©d)fad)t gefaxt" u. f. m. GineS Xage§, aU id) bem Weifter ben tiefen (Sinbrud ge= fd)i(bert, ben bie Sonaten in D moll unb F moll (Op. 31 unb 57) in ber Serfammtung bei S. (^ernt) t)erDorgebrad)t unb er in guter «Stimmung mar, bat id) ifyn, mir ben ©cfjtüffet gu biefen ©onaten 31t geben. (Sr ermiberte: „ßefen ©ie nur ©f)afe*peare'§ ©türm." ©ort atfo fotl er $u finben fetin; aber an meldjer ©teile? ^rager, lefe, ratfye unb erratfje! Gingeljenber miüfafjrte er meiner Sitte in Setreff beS Sargo in ber ©onate D dur, Op. 10. ©r äufserte fid) bat)in, haft bie ßeit, in meldjer er bie meiften ©onaten gefdjrieben, poetifdjer (finniger?) getuefen, alz bie gegenmärtige (1823), baf)er Angaben ber Sbee nid)t rtött)ig maren. Sebermann, fufjr er fort, füllte au§ biefem Sargo ben gefd)itberten ©eelenjuftanb eineö 9JMand)otifd)en f)erau$ mit allen ben Derfd)iebenen Nuancen Don ßtcfjt unb ©djatten im Silbe ber 2)Mand)otie, fo mie ^ebermann in ben gmei ©onaten, Op. 14, ben ©treit 3tüifd)en §toei ^rincipen in biatogifdjer gorm erfannt f)at, oljne 9luf[djrift, u. f. m. (Wav£ unterjieljt ba§> über biefe beiben ©onaten in ben rüderen 2tu§gaben eingeführte einer ®ritif — (I, 157 ff.) — — 571 — unb trifft unbeameifett ba$ 9tid)tige bamit. ©3 ift aber entgegen §u Ratten, tüte menig nod) in jener ©podje bie funftäftf)etifd)en Segriffe feftgeftellt maren, batjer nur gu oft ein quid pro quo gebraucht morben. 3ft bodj bie Sleftfjetif als SBiffenfdjaft nodj gar fefyr jung. So Oerftanb 5. 35. Seetfpben unter „principe" nid)t b 23eett)otien foldje Ueberfdjriften mirftid) fetber ber Oeffent* lidjfeit übergeben fjaben mürbe, tote er fie im $reunbe£freife au§- gefprodjen, ftet)t bat)in, unb bejietjt fid) ber SBerfaffcr bieSfatbo auf ba§ Seite 150 biefeS 93utf)e§ Stngefütjrte. 2Rit ©runb fagt alfo ©sernti, ber langjährige 23eobad)ter be§ großen 9J?eifter3, mie biefer mof)t begriffen, ba^ bie ÜEtfufit nid)t immer üon ben ^örern unbefangen gefügt merbe, menn ein beftimmt au§= gefprod)ener 3med beren ©inbilbungSfraft fd)on tiorauS feffett. ©<3 mürbe barum mofjt fcljmere 93ebenfen bei ber beabfid)tigten Singabc ber #eit=3bee gefoftet Ijaben. Sebod) nidjt unmaljr= fdjeintid), bau biefetben bei einigen Söerfen, ober nur Sätzen, fid) tjätten befiegen laffen. Smmerljin bleibt e3 ju bebauern, ba£ oon bem 33eabfid)tigten nidjtS gur S£f>at geworben. Stuffallen mufj bie Säfu'gfeit ber Sfteifier ber etaffifdjen ©podje in Se^iefjung auf gu gebenbe (Erläuterungen, menn e§ nid)t baS 2ed)nifd)e betroffen. ©0 aud) ©lerne nti mit feiner Sonate „Didone abbandonata, Scena tragica." ©r tjat aber nict)t minber mie 53eett)ouen auf bie Sntelligenä feiner Qdt 9es redjnet, ba£ man folglid) feine Intentionen unfehlbar erraten — 572 — treibe. $n erfreulidjer, aber aud) fet)r beleljrenber SBeife f>at fie griebridj 9^ocf)tiö au§ bem SSerfe fjerauSgelefen unb in feiner fritifd)en 2lbt)anblung auSeinanber gefegt. 9ltlg. Üftuf. 3*9- 1822, ©. 631 ff. ©anj richtig bemerft ber ^ritifer im (Eingange: „(Sine tragifdje Scene ift fte in ber Xljat, unb gtoar eine fo ffar gebaute unb fo beftimmt auSgebrüdte, haft e§ gar nidjt fcrjroer fällt — nict)t ettoa nur bei jebem ^muptfafee, fonbern aud) bei jebem £)aupttf)eile eine§ foldjen — ben Verlauf medjfelnber ©e= füfjle, ber tjier entmitfelt roorben ift, mörttid) nad^umeifen." Unb er meifet ü)n mirflid) nad). — 28er toerftetjt biefe§ muficalifdie ©eelengemälbe ((eiber in ber ftereottjpen ©onatenform ber 2llten gefdjrieben!) fjeutgutage nod) 31t interpretiren? £>öd)ften§ gelangt nod) einer, ber ffücfjtig baran borüber ei(t, gu bem leichtfertigen 2Iu*fprud)e: „2)er poetifd)e Snfjalt biefer ©onate fommt nur im £itel 511m 2Iusbrude." S)iefer 2lu§fprud) gebort einem Beet* f)oöen=gorfd)er an. (Elementi tjat mir im $at)re 1827 §u SBaben bei 2Bien über Snfyalt unb Vortrag biefer £onbid)tung eine au3* füfyrüdje Slmueifung gegeben. Sie Gelegenheit einer neuen Auflage be§ 3Serfe3 in ber Sofjann 2Tnbre'fd)en Offizin ju Cffenbad) 1856 benuftenb, fyabz id) {jiegu ein SSormort mit ben Belehrungen be§ greifen 9J?eifters beigelegt. Slufjer biefem mit Seelenguftänben fid) befdjäftigenben Songemälbe müBte ict) unter bem Sutet „©onate" fein gmeitei fo fdjarf ausgeprägtes §u nennen, ba§ in fotdjer SBegiefyung ben Seetfjioöen'fdjen jur «Seite geftellt merben bürfte.*) Siefe Slnfütjrungen genügen, um geigen gu fönnen, ba^ 33eett)ot)en'3 gefammte ßlaüiermuftf, menige 23erfe aufgenommen, *) Ser SBerefjrer dtementi'fcrjer Sonaten, 23. §. Dtielji, nennt bie Ileber[(Srtften Bei ber 2>ibone „3opf." un° bod) fjat „ber SMfter ber Sonate," (üon 3ttet>l mit allem Diedjte fo begeicijnet,) biefen gopf in ooüfier &ünftler= reife root)[6ebad^t feinem SBerfe angehängt. Sonberbar! 2)iefe Sonate, nebft jroei anbern, in D moll unb A dur, Op. 50 bübenb, ift ?lnfang§ be§ britten SatmtyenM erfcfcjienen, bemnad) faft unmittelbar auf ben Graclus ad Parnassum gefolgt. — 573 — auf SSorauSfetjungen beruf):, bie bei feiner anbern eintreffen, batf fomit itjr Vortrag nictjt minber Don jeher anbern abmeid)t; biefetbe in allgemeiner SBeife 5U fpieten, b. t). baS SBcfonbere biefer SJfufif öom Mgemeinen nid)t gu fd)eiben miffen, ftünbe in parallele mit italientfrfjer Sftufif: in beutfdjer 2ßeife gefungen. (S^ernn, fagt bafjer (Seite 34 a. a. Ö. mit ©runb: „23eett)Oüen'3 (Sompofitionen muffen anber§ gefpielt merben, at£ jene bon Sftogart, ©tementi, §ummet u. f. ro. SSorin biefer Unterfd)ieb beftefjt, ift nid)t Ieid)t burd) SSorte au^ubrüden." — ferner finbet fidj bort auf ©eite 70 fotgenbe bead)ten§mertt)e Stnmerfung: „33eetrjoben lebte unb fct)rie6 atte feine SBerfe in 2öien. (53 ift natürtid), bafj ber ©inn für beren SBerftänbntfj unb richtigen Vortrag fjier bor= jugSroeife — mie burd) Strabition — bemarjrt merben fonnte, unb bie (Srfatjrung t)at bemiefen, ba^ ba§> tüirfüctj ber gatl ift. ®enit mie oft mag in anbern ©egenben, fomorjl ba§ %tmpo, mie ber (Srjarafter biefer (Sompofitionen berfebjtt morben ferm! Unb für bie 3u^unft fröre biefe§ nodj metjr §u beforgen." 2)ie§ fjat (E^ernn, 5U Anfang be3 oierten Satj^erjenbä niebergefcfjrieben, nadjbem fcfjon feit jerju botten Satjren faft fämmtttdje ©tabiermufif $eetl)oben'3 in SBien bom Repertoire berfdjrounben mar, mie borau§ bemerft. §öd)ften3 mar im brüten Sarjrgerjenb noct) bei ©d)uppanjigt)'§ Quartetten unb in ben Concerts spirituels ein ober bas> anbere ber bielftimmigen Söerfe gu t)ören, bie (Sonate, bie Trägerin tieffter ^ßoefie, ejiftirte nidjt met)r. 2ßie modjte ß^ernt) nur nod) lebenbe ©puren oon Srabition in ^ünftterfreifen finben motten, ba er in $o(ge feiner beifpiettofen SSietfcfjreiberei bie Seettjoben'fdje Siteratur feit langen 3at)ren nicbjt metjr cultibirt unb trjatfäd)tid) fei ber bereite barin irre gemorben mar. SSie e§ fdjon um jene $eit um ba§> SBerftänbnijs ber 23eetrjoben'fd)en 9J?ufif in ber ge= fammten ^'unftmett au§gefet)en, barüber legte §ector 93ertio-$, ber atte ©roftftäbte (£uropa'3 fennen gelernt, im Journal des Debats bom 11. 2lug. 1852 geugnijj ab. (£r geftetjt bort, bafj — 574 — er unter ollen üjm oorgefoinmenen SSirtuofen faum fed)3 namhaft gu madjen inüßte, bie 33eetrjooen'3 SDtufif in ifjrem (Steifte gu fpiefen öerftänben. 2Sir roiffen aber au3 feinem 9xeiferoerf, roie fein Sdjarfbüd aud) bie Singe in ber öftreicfjifcfjen §auptftabt gemuftert t)at. §ä(t e3 in ber Ztyat fdjroer, ba$ (Sigentfjümüdje ber 33eet= rjonen'fdjen Giauierroerfe mit SBorten fo §u erklären, baß ein fidjerey SBerftänbnijj alter "Jrjeife bi§ gur ©oibeng ergiett roerben tonnte, fo mufj benn bocf) ein 2ßeg aufgufinben feon, biefen groed roenigftenS annärjernb gu erreichen. 9Jceinerfeit§ glaube icfj biefen 2i>eg in ber Sebje Oom freien Vortrage gu finben, ba gerabe bie Srabition fidi 511 atlernäcrjft an biefe £et)re an» tetjnt. SDcan erinnere fidj nur be3 ü6er bie Vorträge ber grau öon (Srtmann SluSgefagten. SDcit ©runb entgegnet man, bafe ber richtige 53egriff Dom freien Vortrage ber laufenben Spodje gang abtjanben gefommen. sDcan läßt batjer ß^eifet taut roerben, 06 oermittetft 3tnroenbung biefer 23ortragsroeife otjne öorau*= gegangene^ Stubium ber Snnerlidjfeit ber tiefe ©eift, ins* befonbere au§> ben Sonaten, gum $luöbrud gebracht roerben fönne; man rocifet auf ben ooltftänbigen fanget an guten 9)cuftern tjin, bie ernfttid) Strebenben mit practifcfjen Seifpielen ooran geljen foüten, unb bergleidjen geroidjtige ?fnmertungen merjr. Sie aber alle fotlen nicfjt abfd)reden, ba§> 9)?ög(id)e für bie Sadje gu ttjun, gefd)iet)t e3 \a bod) lebigticf) au£ r)iftorifct)en ©rünben. SSie eö um ben Segrieff be3 freien Vortrags in ber früheren (flafftfdjert) Siunftepodje au^gefetjen, bie§ gu geigen f ollen einige 5Xutoritäten eingeführt roerben. Sßorab muß jeboct) be= merft roerben, ba$ ber Spermiums „freier Vortrag" bort in irrtrjümlidjer SSeife mit bem Tempo rubato beä itatienifdjut Sänger§ al3 g(eid)6ebeutenb gehalten roarb. Serjon ber Um* ftanb, bafj letzteres» gumeift nur in ber Opera buffa fein Sfacrjt behauptet, roärjrenb es in ber seria faum gefannt ift, geiget, bafj ein folctjer Segriff minbeftens fdjroanfenb ift. öeetfjooen — 575 — proteftirte gegen Slnroenbung biefeä £erminu§ bei fetner SCftufif, menng(etd) bergeb(id), roeü bie itatienifdien Termini feine ©podje gang unb gar befyerrfcrjt fjatten, mitunter ifyn fetber. S)ot»on fog(eid) ein SBeifpiet. Sgnaj bon ©etyfrieb in bem apocrtjpfyen SBerfe „93cet= f)oben'3 ©tubien" fagt in ber SRubrit „(Stjarafteräüge unb 3tne!boten" ©. 18: „Unfer 53eetf)Oben gehörte fd)(ed)terbingö nid)t §u ben eigenfinnigen (Eomponiften*), bem fein Drcrjefter in ber Sßelt etroa§ ^u 2)anf madjen fann; ja aufteilen mar er gar §u nad)fid)t§üoü unb lieft nid)t einmal ©teilen, bie bei ben SSorproben berungtüdten, roieberf)olen; „ba§ nädjfte mal roirb'§ fdjon getien!" meinte er. — SBejüglid) be§ 5(u§brud'§, ber fteineren Nuancen, ber ebenmäßigen 35erttjei(ung bon Sidit unb ©djatten, fo tote eine§ roirffamen Tempo rubato**), t)ielt er auf grofte ©enauigfeit unb befprad) fiel), ofme Unmiüen 51t ber* rat§en, gern einzeln mit Gebern barüber. 2Benn er nun ge* roafjrte, mie bie Sftuftfer in feine Sbeen eingingen, mit madjfenbem $euer §ufammenfpietten, bon bem magifd)en 3aubeiSiS) feiner £onftf)öpfungen ergriffen, begeiftert mürben, bann berflärte freubig fid) fein 9(ntlit3, au£ allen feinen ßügen ftrat)tte SSer= gnügen unb ßufri^n^^ ein roo§tgefällige3 Sädjeln umfpielte bie Sippen unb ein bonnernbeä „Bravi tutti" belohnte bie ge= tungene ^unftteiftung." — S)er SDfeifter fpenbete atfo aud) fein Sob in itatienifdjer ©pradje. *) SBte e§ um feinen (Sigenfinn ei g entlief) befebaffen getnefen, baS bezeugen bie öielettei Vorgänge mit ©djuppanjigfj'ä Quartett. ©efü§t be£ — 577 — ©djfeppenben §u üerfyittbern. SS gibt fein 5ßrcfto, ba§ nidjt eben fo, im ©egenfatje, ben ruhigen Vortrag mandjer ©teile oerlangr, um nidjt burd) Uebereilen bie SJtittet gum 2luSbrud 51t benehmen .... 2)aS SSormärtSgerjen im Stempo, mie baS 3urüdl)alten, barf nie baS ©efütjl beS 9tüdenben ober ©etoaltfamen erzeugen. @S fann alfo — in mufifatifdjer unb poetifct»er SBebeutung — nur $erioben= unb Sßtjrafen* toeife gejcfjerjen: bebingt burd) bie Seibenfcf)aftlid)feit beS 2luS= brudS .... $ür alles biefeS fjaben mir in ber äftufif feine SBcjetdinuitgSmittel. SHefe liegen allein in ber füllen ben Sftenfcfjenbruft, unb finben fic fiel) ba nicfjt, fo rjilft meber ber grobe SJftfjgriffe tierrjütenbe ÜRetronom, nod) bie fo rjödjfr unüollfommenen Einbeulungen, bie id) in ber Sveictjrjattigfeit beS (Stoffes um öieteS meiter auszuführen tierfudjt ferjtt möd)te, marnten midj ntdjt aufgebrungene Erfahrungen, in beren $otge id) fic jefct fcrjon als überftüffig unb nutjtoS betradjte, unb gemifjbeutet I)offe. 9ftögen fie nun aber bafterjen: einzig öeranlaJ3t burct) freunblidje Stnfrage.*) Slber aud) be^üglidje StuSfürücfje Oon 51 eftf) etilem follen «ßfofc finben. §anb äußert fid): „Sern Vortrag barf bie $reirjeit nidjt fehlen, meiere bie ©djönfjeit überall erfyeifdjt. Stactf rettjett ift nid)t Sacttofigfeit. ©d)ön mirb batjer ber jenige öortragen, melier ben Stact nidjt als angulegenbe ^effel, fonbern frei beljanbelt, oljne jemals auS bem Xact 3U fommen. 3)ieS ber* ftefjen aber biejenigen 9D?ufifer falfct), meiere burd) ein null* *) 35er rrefffidje Reiftet ferjeint aud) triele tuibrige Erfahrungen in biefem gaüe gemalt gu Ijaben. Seljr tüacjrfc^etttltd^ backte er anbei an bie ein= gebilbelen Dirigenten, bie trofc blo&er Routine bennoeb, jebe SBetefjrmig mifsadjten; auä) badjte er toatjrfc&ernlicb an bie grofje 9ftenge üerfnödjerter Glat>ierle&,rer, benen correcteä Stbfpielen ber 9?oten ba$ &öd)fte ift. gür beibe (Slaffen ift freilief) aüeS überftüffig unb nujjloS. 35ennod) magen fie aüe§ ju betatupfen, toa§ itjren befdjränften ^orijont überfteigt. Stucfj ©elebritäten au% ber 23irtuofen=(S(affe finb i^nen anjureifien. 2t. ©djinblerä 83eetfjoticn=Siogra:pfite. 07 — 578 — fürticf)e£> 3^3ern un^ ®^en einen inbiuibuellen StuSbrudE erzielen unb babei oftmals Gljaraiter unb Sinn eine3 2Serfe3 gerftören." ©djitttitg fagt: „Sei jebem Xonftücf muffen bie befonberen inneren unb äußeren Sßcr^ättntffc unb (£igenfd)aften beffetben in forgfältige 33etradjtung gegogen merben, um rjinfidjtlid) ber 9J?obification be3 in fo un&eftimmter Söeife allgemeinem feft= geftellten Xempo'3 grabe ba$ SRedjte, unb groar bei jeber einzelnen ©teile fetbft ba§> 9?edf)te gu treffen." ©. 367. £er in unferer ©adje roader unb mit tiefer ©inficfjt mit* fämpfenoe St. 53. 2Karr. erftärt fid) in feiner allgemeinen 50?u[iftet)re mit fotgenben SBorten: „2Bir überzeugen un§ alfo, baß gmar nädjft ber ted)nifcfjen ®efdjicf[icr)feit eine boEfommene Äenntniß unb SSeadjtung ber ®efe| ber Dbjectioität gteid) ftreng üorgefdjrieben fetjn, aud) fann unb fott bie Dbjectioität bie ©ubjectioität nidjt unterbrücfen, inbem fie bem SSerfe 5(ntt)eit unb Sßärme oerteifjt." £)er SSerf affer muß mit allem 9?ad)brucfe beftä* tigen, baß, roa3 immer er üon 33eett)Oüen oortragen gehört, mit roenig $lu§nafjme gang biefen oorfterjenben Sei)rfä|en entfprocrjen rjat; e3 roar frei alte§ 3toange§ im ßeitmaße, loie e§ eben ber @eift ber Sompofition erforbert fjatte. Sm ungemeinen läßt fic£> üom freien Vortrag ber (Slaüiermuftf; in ber jurücfüegenben (Spodje fagen, bah w ftdj meift nur auf ein üeränberte<§, beruhigtere^ 3e^mafe ™ oen (£antabite=<3telten ber 3HIegro=en3 gu befümmern, um biefe in ifjren (Stgentrjümücrjfeiten, fofern biefe mit SSorten fid) beftimmen taffen, fennen ju lernen. S)ie ©djlufnuorte ber erften Sßeriobe geben ba§> Urtfjeit über Seetrjoüen'ä ©piet au§ ber ßeit, in meld^er ber SSirtuofe ben Gomponiften nod) überragt fjatte, roenigftenS in ber öffent* ticfjert Meinung. 2)iefe3 Urtt)ett ift blo3 mittelft be<§ @pitrjeton§ „©tarffpieler" 51t ergänzen, metdjeS man bamalö fomofjl unferm SOieifter, aU aud) einigen anbern auf jiemlid) gteidjer §öfje ftefjenben Scalen, ai§ Hnton (£bert,335) grau 2Iuer* 335) Anton Eberl, Komponist und hervorragender Klavierspieler, ist im Juni 1766 in Wien geboren, Freund Glucks und Mozarts. Er starb bereits 1807. Er galt als Bivale Beethovens, er komponierte Opern, unendlich viele Werke aber für Instrumentalmusik, von denen — 581 — Jammer336) unb Sofeplj 2öMf(,837) 6etgufe|en pflegte. $)a§ Snftrument mit männlidjer Straft gut bemänteln, blieb bem Sfteifter bi§ an fein £eben§enbe eigen.*) ^oct) im Sa£)re 1822 bemerkt ber Referent ber 5Ittg. 3)?uf. ßtg. ©. 310 mit ©runb: „Unfer 23eett)oüen fdjeint roieber für 9D?uft£ empfänglicher 51t roerben, — (in ber SESirHidjfeit tjatte er ja nidjt aufgehört e3 «$u fetjn) er pljantafirte bereite einige Sftafe in einem gefeüigen (Strfet gang meiftertict) gur atigemeinen greube unb bemieS, bafj er nod) immer fein Snftcument mit föraft, ßuft unb Siebe 5U betjanbetn öerftet)e." @§ gefdjjat) bie3 im £aufe feiner grennbin, ber grau Baronin öon ^ßutfjon.338) *) Sfteubrucf a§ «Spiel mar nur toenig auögebitbet, nid)t feiten ungeftüm, mie er felber, immer jebocl) üoü ©eift." (SIementi t)at nod) im ^aljre 1807 in SSien Seetrjoben ber* fcfjiebene SSerfe vortragen gehört. (Srfreulid) barf e§ genannt merben, baß ber jüngere 9tteifter ben gegebenen SSinfen be§ älteren gefolgt ift. 3n feinen ßeilen an ©teprjan üon 93reuning au§ ben legten SebenStagen, unter- es" bei ben ©^arafter^ügen angeführt, 6emeifet 23eett)oöen ba§> treue gehalten an (SIementi'3 9ftett)obe. §atte it)n ber 3Us ftanb feines @er)ör§ getjinbert, burd) eigene $ßraji§ jene ©runb- fätje 51t bemäfjren, fo üermodjte er bennod) Sernbegierige barauf fjingumeifen. SSon (Sfementi unmittelbar fjatte SSeettjoöen ge= f)ört, mie er nad) langem Umt)erfud)en unb ^orfdjen nacfj poft= tiüen Regeln über Vortrag enblid) in ber ©efangfunft bie bittet fjierju gefunben Ijabe. <2etbft aud) ©änger berfud)te er bie Regeln ber ^ßrofobie bi3 in eiugelne S£ongruppen ber Snftru* mentalmufit' hinüber gu tragen u. f. m. Stuf biefem 3Sege ge- langte er 51t bem fingenben Vortrage, felbft in ^ßaffagen, mo Bürgen unb Sängen in unenblidjer Slbftufung eine midjtige 9?oIIe fielen.*) *) Unter „1" in ben ©fjaraftersügen ttmrbe angeführt, tca§ 23eeU)oben cm§ griedjifdjen nnb latetnifdjen ßlaffifern für feine Shutft abftraf)irt Dat. ©ine ftadjridjt über (Hementi au3 „Sern im Dctober 1784" — in ^Ixo. 36 ber 9?ieberrf>eimfd)en Luftleitung öon 1858 mitgeteilt — ent= fjält unter Dielem Sntereffanten aud} fotgenbe Stelle: „3>n fetner &ompo= fition, abfonberlidj im Sangfamen, geigte er mir, mie bie SDiittelfiimme ben ©efang füfjre; ba% x)abt er bem 9Jameau abgelernt. Sn ben lateinifdjen Tutoren f)abe er gefunben, feiner ©ompofition bie eigene SBenbung §u geben; auö ber ©eometrie bie donfiftenj ber ©ebanfen. Sie Strt, it)re (Spifoben an einem unbiegfamen Orte anäubringen, fet) feljr merfroürbig für einen Gomponifien, unb ber ©prud) besä üuintiliamtS: Si non datur — 584 — SSSemt bort Glementi'3 ßunft im Vortrage bie Sßebe ift, bie unfer 9J?eifter bi§ $u ber ©renglinie abobtirt t)atte, roo feine fünftlerifdje Snbibibualität begonnen, wirb e§ root)l a(§ Sparen- tfiefe geftattet fetjn, auf äftogart'ä Urtljeil über ba§ 8biet be§ itafienifctyengtifdjen 9)?eifter3 äurüd^ubtiden, ba3 ber beutfdje Wmbrjton „gefd)mad= unb embftnbung§to3" genannt. (£3 gibt Gelegenheit ber „Erläuterung" biefe§ Urti)eit§ burd) Stementi'S £t)ema roärjfte, ba<§ roir roedjfetfettig , einanber accombagnirenb, bariiren mußten."" 2luf meine $rage, 06 er bamal§ fd)on in feinem jetzigen ©ttjte (e§ roar im Satire 1806) baZ Snftrument be= tjanbett rjatte, berneinte er bieg, I)in§ufe^enb, bafc er in jener früheren ßeit fid) bor^ugSroeife nod) in großer, britlirenber gertigfeit unb befouber<§ in ben bor irjm nidjt gebräuct)lict) ge= roefenen ©obpetgriff^affagen unb erjemborirten 3tu§füt)rungen gefallen, unb erft fbäter ben gefangbolleren, ebteren ©ttjt im porta, per murum erumpendum.340) ©lententi roar alfo ebenfalls ein gögling ber Sateiner, roie jnm £t)eil unfer Söeetfioben. Sie öon ib,m in ben äroanjig Sluramem ber (Sramer'fdjen ©tuben angezeigten prof obifcfjen Bürgen unb Sängen finb fprecfjenbe 23eroeife oon 2tbüption ber ßlementi'fct)en Sebre nad) biefer ©eite t)in. 340) Diese Quintilianischen Worte haben sich dem Meister also derartig eingeprägt, daß er sie zu Worten für den Marx-Kanon: „Si non per portas per muros" verwendete (seil, erumpendum). Siehe B. S. Br. No. 1115 (V. Band). A. d. H. — 585 — Vortrage burdj aufmerffameg §ören bamatiger berühmter ©änger, bann audj burd) bie aHmäljtige Sßerüoülommnung befonberö ber engüfdjen $(üget = $ortepiano'§, beren frühere mangelhafte ©onftruction ein gefangoottereä, gebunbenere§ ©piet faft gän^lid) auSgeftfjloffen, ficf) angeeignet fjabe." Mg. Stfuf. £tg. 1829, ©. 467. Cs§ tüirb nun nodj einiger SSor^üge im ©piete itnfere§ 9tteifter§ gu ermähnen fet)n, bie im beften ©inHange mit (£ramer'§ and) (S(ementi'3 9Iu§fagen fielen. SDiefe mcren: ruhige Gattung ber igänbe mie be3 OberförperS, ge= bunbener ©tt)t unb überaus merfroürbige 9lccentuation. 8n Sejug auf gebunbenen ©tt)t, moburd) fid) ber ehemalige Drganift 51t ernennen gegeben, fott ber üöceifter in früherer ßeit fogar Rummel übertroffen tjaben, ber tjierin a(§ grofjeg SDJufter, gleich Sofyn $ietb, fic£) auägejeidjnet §at 5lud) barum nodj nafym 23eett)oüen an ber mobernen 5Rid)tung be§ @(amerfpiete§ ein 2IergerniJ3, meil — mit 2Iu3nat)me £mmmet§ — ber gebunbene ©tt)l it)r gang abgegangen. Sebod) — tt>unberlid)e§ ©efdjid! — ber 2lutor fo bieler erhabener Sßerfe in allen ß^eigen ber £on= btctjtung, mit feinem lauten Sßibermitten gegen atMörperminbungen am ^ßianoforte, muffte aufrieben fetin, ba^ bod) nodj ein beriet £ete* grapf) fid) für feine (Stamertuerfe intereffirt unb xt)r Söerfdjminben üom Repertoire um einige Safjre gurüdgefjatten t)at; ba§> mar (Sart 6§ernt), beffen SSerbienft bieäfatbS laut gerühmt merben inujj, ma§ aud) ber grofte SDceifter gegen fein ©(atiierfpiet einjumenben gehabt. 9cid)t minber bleibt e3 Xrjatfacrje, bafj (Sgernt) ber einzige unter ben SSiener 95irtuofen getoefen, ber fid) bemütjt t)atte 23eetf)oöen in feiner guten 3e^ °ft Su ^ören. S)arum oerbient er SBeadjtung bi3 gu bem ^ßuncte, roo er beginnt $eetf)ooen'3 Sompofitionen mit ßuttjaten be§ mobernen SSirtuofcn gu öerbeffern unb bamit fid) baran gu oerfünbigen. £>iefe 3ut§aten beftanben im mafjtofen @ebraud)e be§ $ßebat§, in Verlegung ber ©antitene auS ber ein= unb gtueigeftricljenen Dctaüe in bie brei= unb biergeftricfyene, — man fennt ßjernt)^ Vorliebe — 586 — ' für bie tjödjften Dctaüen auS allen feinen Gompofitionen — in ber 5tnmenbung üon SErittern unb anbern 95er5ierungen, enbticfj in ber Sftetronomtfirung. ©in nad) feinem Slbteben 1857 Veröffentlichter 23rief von 23eetf)oVen an it)n auS bem Satjre 1812 §eugt fdjon von feinen $irtuofeu=(Müften in fo früher geit. 3)er SSorttaut biefeS SriefeS ift: „Sieber (ü^ernt)! §eute fann id) öf)e öon ^mei gufc, u. f. m. Sifot ift nur Sftadja^mer beffen, tuaS er als Sfriabe gmei Safyre t)inburd) als bibactifdjeS dufter Vor fid) gehabt. SBenn 23eett)oVen 1816 feiner bereiten grau Von (Srtmann gefdjrieben, (mir rennen biefen S3rief auS ber brüten ^Seriobe) Äränflidjfeit fei) fctjutb, ba^ er fie neulid) nidjt bei (ü^ernt) fvieten tjören tonnte, fo barf nod) als mat)rfd)ein= 341) Vgl. B. S. Br. No. 506 (III. Band), wo dieser Brief nach anderen Vorlagen dem Jahre 1816 zugeschrieben ist. A. d. H. — 587 — lieberer ©runb fein Söibertoitle gegen ©sernr/ä Unmaniren an= genommen »erben. Siefc er ftd) aber bennod) bemegen, ben $ortragenben unb beffen gufjörer im rjäuäticfjen Greife mit feiner 2tntüefent)eit §u erfreuen, wa§ im SBinter uon 1818 öfters gefdjeljen, fo füllte er fid) burd) anbere ©rünbe baju öerantafct. <&üt iebodj für bie finnigen 3u^örer> oafe fo' an ^5ern^'§ äBeife gemöt)nt, fid) im ©enuffe nid)t ftören tiefen, ©etbft be§ ftrengen 9#eifter3 oft nnebertjotter Säbel: „©äernt) tjat feine SSinbung unb accentuirt falfd)," t)ätte ben (SuftuS nidjt ju ftören öermoerjt, roeit e§ bem gefammten Greife an tiefer (Sinfic^t ge= fet)tt. gür ben SSerfaffer fpecieE maren (S^ernt/S Vorträge eine ermünfdjte ©diute, bes 9fteifter3 tritifdje Stnmerlungen barüber Ilödjft intereffante unb betetjrenbe Erläuterungen unb 2luffd)lüffe ü6er fo manches 2öert, bie olme folcrje t)erau§forbernbe 93er* antaffungen faum erfolgt mären.*) 3ßa§ Seet|otien'S Sigenrjeit in ber Stccentuation betrifft, fo fann ber SBerfaffer anführen, ma§ ftcfj tt)eitö au§ ben trttifdjen 3tnmerlungen ü6er %rnr/3 Vorträge, tt)eit§ au§ ben unmittel- baren Belehrungen am ^ßiano ergeben. SSor^ugSmeife mar e§ ber rt)t)trjmifd)e Stccent, ben er meift fräftig f)er0ort)ob unb rjeroorgerjoben miffen looEte, bagegen befjanbette er ben meto* *) SHefe $robuctionen, auSfcfjliefjiid) 33eetf)ot)en'ä ©laDiermuftf ge= wibmet, gab ©jenü) in ben Wintern öon 1818, 1819 unb 1820 aüfonn* tägtict) öon 11 b:§ 1 Ubr 93ormittag§ in feiner SSo^nung. SSer boren ttiotrte, bem ftanb bie Satire offen. SSon ben bei ber Stenge in bobem Slnfefien ftefienben SSirtuofen bat feiner ben befctjränften 9taum beengt; bagegen baben alle fremben ßünftter biefe benfroürbigen 2Serfammlungen fteifetg befugt, £u mürbigen SDlitge^ülfen in ber ^ianoforte^artie l)atte esernh bie bofte ^riefiertn ber Sonfunft, grau uon ©rtmann, ferner bie Ferren ^faüer unb ©tainer öon gel§burg,342) faiferlicfje Staate beamte. £e£terer ift ber Gonciöient ber 1824 an Seetfioöen gerichteten $enffcbrift. 342) Über Stainer von Felsburg, den Verfasser der berühmten Adresse vom Jahre 1824, vgl. man B. S. Br. No. 1049 an Haslinger (V. Band), besonders die dortigen Erläuterungen S. 89 f. A. d. H. bif cEjen (geroöf)nlitf) ber grammatifdje genannt) meift nad) (Srforbermfc, pftegte nur alle 3Sort)afte, ben ber fleineu ©ecunbe im Gantabile gan§ befonber§, immer mefyr gu Betonen, als man e<§ bon Stnbern getjört. ©aburcf) ertjieft fein Sbiel ein prägnant* G£)arafteriftifd)e§, fern bon bem (blatten, tfladjen, ba§> fid) nie* ma(3 gur Sonfbr adje ergebt. Sei ber (Samitene berroieä er auf bie 9ftetfyobe ge6ilbeter Sänger, bie nitfjt §u biet unb nidjt ju menig ttjun, rietfj ferner biSroetfen baffenbe Sßorte einer ftreitigen ©teile unterzulegen unb fie gu fingen, ober aud) fotdje (Stellen bon einem gebilbeten 33ioliniften ober 53läfer §u fjören. @ro^e§ l)iett er auf ben 2lnfd)tag unb beffen 3)obbelbebeutung: ber bt)t)fifd)e ober materielle unb ber bft)d)ifd)e, barauf Glementi bie 3lufmerffam!eit gelenft. Unter letzterem öerftanb biefer bie im ©efütjle beredmete Tonfülle, bebor nod) ber Ringer bie Xafte Serütjrt. SSem biefeä fremb ift, mirb niemals ein 5lbagio feelenbotl bortragen. Uebertjaubt mar unfer Meifter ein erklärter ©egner ber Miniaturmalerei in aller muficalifcfjen ©arftellung unb forberte bemnatf) überall fräftigen 2tu»brud. 5tuct) bie Vorträge beS Sdjubbanäiglj'fdjen OuartettS gaben baoon geugnifj. 3)te toier ÜDcänner brauten im Forte bie SSirfung eine§ ffeinen Drd)efter§ Ijerbor, im üotlen ©egenfa^e gu bem Matten unb ©üBlidjmanirirten t)otf)berül)mter Quartette unferer Sage. ©in nod) rokfjtigerer £t)eil ber 58eet£)otien'fc^en 9?ebefunft am ^3ianoforte betrifft bie bon Ujm oft gebraudjte Gäfur unb bie rljetorifdje ^aufe, beibeS bon Glementi überfommen. Um biefen Stt)eil aber nidjt §u mifeberftetjen, muffen mir un0 Seettjoben'S oben angeführten Setjrfatj in 33e-$ug auf bie $unft ju bectamiren in3 ©ebädjtnift gurürfrufen. £>ie (Säfur, ein plötjlidjeS Slbbredjen be§ Sfobefluffes, ift in ber Sonfunft bem begriffe nad) mefjr bermanbt mit ber rtjetorifdjen Sßaufe ai$ in ber 2)id)tfunft, mo fie auf einem beftimmten gufje be§ 23erfe3 erfrf)einen mufj, 5. 25. im Pentameter be<§ 2)iftid)on§ immer auf bem britten $u|3e. ®er begriff ber rfjetorifdjen Sßaufe f)at — 589 — nad) Seettjooen nur baZ (SigentljümKdje, als Verlängerung einer getriebenen gu gelten otjne auSbrücflicl) angezeigten $Kut)epunct (§att). Veibe biefe Vortragsmittel, im begriffe nidjt gar §u meit gerieben, t)aben $am Ömtd, bem gotgenben eine ert)öfc)te SBirfung gu geben, ©elbftoerftänbiict) gilt bieg nur bon ge* eigneten trafen (©teilen), unb tjiebei mirb mieber üon meljr ober meniger Vebeutung (©inn) berfelben bie Sßebe ferjrt tonnen. Veifpiele merben beibeS geigen. Sitte ©igen^eiten ber 23eett)oüen'fct)ett ^ebefunft im ©etail laffen fiel) in feinen erften ©onaten auffinben, at§: im erften ©a£ ber erften ©onate in F nioll, in allen bier ©ä^en ber in Es dur; Op. 7, in allen brei ©ätsen ber in C moll, Op. 10, in allen bier ©ä|en ber in D dur beffelben Dpu§, in ber Pathetique unb in beiben ©onaten Op. 14. Sitte ctjarafteriftifdjen Slbftufungen üom Saiden, ©entimentalen, ©ruften unb Reitern bi§ gum 2eibenfct)aftlid)en fommen in biefen genannten ©onaten gum SluSbnuf. ©inige ©liefe in ben erften ©atj ber C moll* ©onate unb in ben erften ber Pathetique merben bie begriffe bon rt)etorifct)er $aufe unb (Säfur üerfirtnlictjen. ®ie ©teilen au§ legerer ©onate finben fidi unter ben ©rgängungen. 2)ie gleich bei beginn ber C moll=©onate fiel) offenbarenbeu @egenfä§e üon ©tärle unb SKilbe, begeidjnenber, üon ßeibenfdjaft unb ©anftmutl)*), finb bie fpredjenben principe, bie im 1. unb 3. ©a§ gum 2lu§brud lommen unb im angemeffenen Sßedjfet be§ 3eitmaBe§ fify neben einanber bemegen. @8 ift einer ber gefäfjrtidiften Sßettfämpfe gtotfetjen ©efüt)t unb Verftanb, ber, roenn er glüdt, bon unbefct)reibUc^ äftt)etifd)er, aber auef) feelen* malerifctjer Söirlung ift. *) ©oute tooljl bei 23eeü)oüen'<§ Sttttfif, fcornefjmütf) bei ben ©onaten unb Xrio'3, bie SJejetdjmmg mit ^attjoä unb (JtfjoS unfiattfjaft er* fcfjeinen? Unftreitig liegt barin eine etf)tfd)e SBebeutung, benn fte fot( ntä)t 6Io§ erweitern, beruhigen, an* unb aufregen, fonbern audj förbern, auf bem SBege neuer, aber bod) funfigemäfeer, fefter formen uortüärtS bvängen unb befreien bon bem meift t>erbraud)ten gormroefen früherer ©podjen. — 590 33om 13. £act an bi§ einfcrjtiejjticl) 21. finben mir bie r^etortfd^e ^ßaufe. §ier bie ©teüe: ^^ — t-*-* -=^-? -T-rN 9 8- -t±i H© S ö 3^i= =t*: KP &«=±^jfct =*=*==* ^^ *=y *=*= ^ F-^^^t ^ElEfeE fei ^& H 35 r_. *r. S^? // ©Ö=E^ 3)te getriebenen 23iertelpaufen in ber Dberftimme finb alle um ungefähr 3m ei ya üermerjren unb bie abgeriffene Sßfjrafe mit llngeftüm ^injumerfen. SBermetjrte Spannung ift ber groecf. Wlit bem 22. £acte tritt bie gortfetumg ber, fieibenfcfjaft atrjtnenben 9?ebe in feftem geitmafje e^n m§ Sur allgemeinen $ßaufe mit bem 30. £acte. SBa§ öon ba ab alleö 6i§ sur ßantilene in Es dur (TOtetfats) im Vortrage ju gefcfjeljen tjat, mufc übergangen roerben, „roeit e§ mit SBorten nic^t leicht au^jubrüden ift," — jagt ©gerat). 2)od) barf auf 5ߧ. S. 2Sacr/3 £ef)rfat$ rjingeroiefen roerben. 591 — £)ie (Sabenj tior bem 2lnf)ange im 1. ££)eU biefeS <2a£e§ fammt bem beginn be§ 9tnrjange3, geigt bie 5Intuenbung be§ Seet^ooen'fdjen 2e£)rfat3e§, nämticfj 9tulj)er>uncte, too fie ber ©omponift nidjt au§brücfttcfj fjingeftellt fjat. ©iefe fjaben ttodj ben groecf, ben 9tnt)ang m er EH er) 5U trennen. ©ie betreff fenbe ©teü'e ift: ¥ i~ i^— - // m^ ±£r^. *=E 3^S: S5S lt=±*: * -*• :|=S=f=p^ -6»— ■z». S^FP*!^ //> ©er ®ang beroegt ftd) mit Ungeftüm nadt) ber £iefe unb ftocft plöfclidj auf bem B. ©er Stnjjaitg befänftigt, fjäft ftefj barum in ruhiger 23etoegung, bem Megro angemeffen. SBet beginn ber ©efangftetle in F moll mit bem 13. £acte im 2. £rjei( ift bie Sßiertelpaufc im 12. £acte mit einem SRujjepuncte gu öerfetjen. S)ic ßäfur ift in biefem Xacte offen» bar. ®a§ ©anfte erforbert bie mert(id)e Trennung t>om Sei* benfd)afttict)en. $on bem 3. ©a|e biefer ©onate bemerft (S^ernt): „©ie* fcS finale ift bereits gan§ in jenem fantaftifefjen Jpitmor ge* fcrjrieben, ber SBeettjoOen fo eigen mar."*) — $antaftifdjer aber form* unb ma£to§ tft. Sn ben SBerfen be§ mat)rt)aften £onbid)ter§ mirb ftcf) überall Starrheit, (£int)eit unb Originalität in rool)tgeorb = neter $orm üorfinben, ob audj) in ben Sßerten bei Träu- mers, beö gantaften, be§ (Mfteöüerrücften? (Jpört SSeimar'fcije 3ufunft3mufif!) 2)er £>umor in ber ^tonfunft roirb fid) mit bem Srnfte, bem «Sentimentalen eben fo mofjl paaren, a(§ mit bem üftaiüen, ^eiteren unb Seibenfdjaftticfjen, niemals aber mit bem $antaftifd)en, ba3 fid) überall oerftattet bie ©efetje ber ©diöntjeit §u üerletjen. Snbeft tjat (S^ernt) mit jenem SterminuS bocf) gegeigt, ba^ ber Vortrag biefeä ©atjeä ein gang ejceptioneller fetjn muffe. S)iefe§ gilt aud) Oom erften. (Eäfuren treten un§ im 1. <3ai3 ber Pathetique §mei öor klugen, eine Oor (Eintritt be§ ©eitenfatjeö in Es moll, bie anbere an beffen ©djtuffe. SSenn man fid) an beiben Orten einen SRutjepunct über ben Sactftrid) benft, fo mirb bie ßäfur merfbar unb bie SBirfung beS 5°^8enoen erf)öt)t. Unter ben Ergänzungen mirb fid) eine 2(nfd)auung biefe<§ ©eitenfat$e§ fammt Angabe ber in allen ©rüden ferjtenben btjnamifdjen Soor* tragSjeidjen oorftnben. ©benfo mirb bort borgelegt merben, mie Söeettjooen bie (SingangStacte (Grave) gum erften ©a|e ber Pathetique öorgetragen rjat. (Eäfuren unb rhetorifcbe Raufen treten unS in SBeetljoüen'S ©onaten l)äufig entgegen, (teurere aber nod) öfter ai$ erftere) unb fjaben meift ba§ 5lu<§einanbert)atten ber ©egenfätje §um ßmed. SSinf ju geben, wie ein folget Gftarafter bnrjnfienen fety. 2(n einer ©teile fagt et rootjl: „®urcrj bie meifiertjafiefte 23eberrfd)ung aller mecrjanifcfjen ©diroierigfeiten." 3)a gäbe eS ja tjeutäutage £mnberte üon ed)ten SBeetfyoöens ©pielern. — 593 — Sftit biefen Stnfübjrungen über Veett)oüen')o eigentrjümiicrje löortragStueife, refö. über bie unerläfjltdjen (Srforbemiffe im Vortrage feiner ß(atiier=9ftuftf überhaupt, finb nur gleicrjfam äußere Umriffe be3 (Sanken gegeben. 2lHe§ auf it)r innere^ SSefen unb beffen Verlebenbigung Ve^ügiicfje fann nur auf münblidjem 2Sege am ^ßianoforte bem gehörig Vorbereiteten unb (£mpfäng(id)en gegeben werben. Snbefj ioirb ber Sefer boct) barauS entnehmen, toa§ unfer 2fteifter in ber gu fdjreiben be= abficfjtigten ßlaüierfdjule „2ibmeicfjenbe3" Don SInbern au§äu= jagen getjabt tjätte, märe bie 2Ibfidjt gur 5lu§füf)rung gefommen. @£ toirb nun am Orte ferjn, VortragSbemerfungen au§ (E3ernr/3 (S(aoier=©d)ute über einige ©äfcje ber Veetf)oöen'fd)en ©onaten einfließen %vl laffen. 3m ©an^en merben biefetben Vorau3gefagte§ bekräftigen unb nod) befonbere SBtnfe geben, aber aud) al§ Velege bienen, mie unbeuttidj unb irrefüt)renb fie im (Sinjeinen finb. Vom erften ©atje ber erften ©onate in F moll fagt (S^ernt): „3)er (Sfjararter ift ernft unb leibenfcrjafttid) aufgeregt, fräftig unb unentfcfjieben, unb otjne alle jene giguren bon ßlaüierbaffagen, metdje fonft gemötjntid) bie Sbeen bon einanber trennen. £>a3 £embo ift ein lebhaftes, bod) ntdjt aHäufdjnetteg alla breve. — Vom 4. Xacte fängt ein Keinem Ritardando unb Crescendo an, (beibe ntdjt borgefdjrieben) toetdjeg big gur Gattung im 8. Xact gunimmt. S)te Xacte 41 big 44 be3 erften %fytil§> finb mit 5unet)tnenbem Ritardando üor^utragen, unb erft in ber §meiten §atftc be3 45. £acte3 tritt ha§> £embo mieber entfcrjieben ein. Vom 20. Xacte be§ feiten %§til§> finb bie nadjfolgenben 22 Sacte mit immer §unel)menber ^raft unb Sebfjaftigteit, fet)r legato, unb babei im Vafs bor^üglid) au3= brudSbotl au35ufüfjren." Vom bierten &a§ biefer ©onate Reifst e§: „©türmifdj aufgeregt, beinahe bramattfdj, nrie bie ©d)i(= berung irgenb eine§ ernften (Sreigniffeä" u. f. \v. SSie man 3L ©djtnblerS Sßcct^oüen^SBiogra^^ie. 3g — 594 — fteljt, finb ber 9tnmerlungen — tüirffic^ im (Sinne $8eetl)0üen'S — nidjt raenige, allein olme fantnif} aller oben entmidetten Setjrfä^e ttrirb ber (Spieler bamit bod) fdjnjerlid) etmaS anbetet als eine SBer^errung p <53et)ör bringen. SSom 9tbagio E dur ber gtoeiten (Sonate in Op. 2 lagt (E§ernt): „Sn biefem 51bagio entroid'elt fiel) bereits bie romantifdje 5Rtct)tungf burd) bie 23eetl)oöen fpäter eine (SompofitionS=©attung fdjuf, in ber bie Snftrumentalmufif ftd) bis pr Sftalerei unb $oefie fteigerte. @S ift nictjt meljr btoS ber WuSbrud oon @efüt)len, maS man Ijört, man fieljt ©emätbe, man t»ört bie ©r^ätjlung öon Gegebenheiten. 9tber babei bleibt baS Stonftüd aud) at§ SCRufif immer fd)ön unb ungezwungen, unb jene SBirfungen luerben immer in ben ©renken ber regelmäßigen $orm unb confequenten £>urd)füt)rung erreidjt." lieber baS Sargo ber D dur (Sonate, Op. 10, baS bie 9Mand)olie in allen ü)ren $ßf)afen fdjtfbert, mie 93eetf)oöen fid) geäußert, madjt ßjernt) ganj befonberS gu empfefytenbe 5ln- merfungen. ©r gibt folgenben 333tn!: „23eim Vortrage Don *£onftüden biefer Slrt genügt eS nidjt fid) in bie geeignete ©timmung gu üerfetjen: aud) bie ginger unb §änbe muffen mit einem anbern, fd)tt>ereren @ett>id)te bie SEaftatur beljanbeln, als bei muntern, ober gctrtitdj gefüf)fooflen Sompofitionen nötljig ift, um jene bebeutenbere 21rt beS SCon'S fjeroorpbringen, bie ben langfameu ®ang eines ernften Stbagio gehörig beleben fann. Sn biefem Sargo muß aud) ein tooljt berechnetes RAtardando unb Accelerando bie SBirfung öergrüßern. (So §. 23. ift bie 2. £älfte [nur?] beS 23. SacteS etmaS fdjneller gu fpielen. (£ben fo bie 2. £älfte beS 27. unb ber 28. £act. ©ben fo Dom 71. £act bis gum 75. ein (Steigern ber £ebl)aftigfeit unb ber ®raft, bis beibeS im 76. Xact mieber gur früheren Dxulje gurücfferjrt." $la&) 23eetl)oüen ift ein nal^u neunmaliger SSecljfel mit ber S3emegung gur £>arftet(ung biefeS intjaltreidjen (SatjeS er* — 595 — forbertid), meift nur bem feinen Df)t merf6ar.343) ©a§ §aupt= 9J?otiü beljätt feine erfte 33eroegung bei ber 2Sieberfet)r, alle anbern unterliegen ber SSerättberung unb finb unter einanber fo öermittett, mie e§ bon beren ©inn geboten roirb. $on (Eart S^ernt), ber fid) befanntticl) bom ©eifrigen ber £onfunft fo lüett entfernt f)at, mirb man barum feine anbere Stuffaffung in alter DJtufil; ermarten bürfen, at3 öom ©tanb= buncte be§ SSirtuofen. ©r mar ja SSirtuofe burd) unb burd), menn audj nid)t in ber heutigen gängtid) berftadjten 9tid)tung. £)a<§fetbe ©djidfat mufete mittjin aud) bie 33eetf)oben'fd)e SD^uftf unter feinen ^änben treffen, obgleid) er ben Sfteifter fetbft oft gehört, met)r nod), obgleid) er in ben Vorträgen ber $rau bon (Srtmann gefd)roetgt unb biefe Äunftpriefterin bei feinen ^robuctionen 1818 §ur SJätgeljütfin getjabt, mie oben bemerft morben. ©3 liegt aber teiber im SSefen ber SSirtuofität, aEe§ biefer müfjfam ermor6enen ©rrungenfdjaft unter^uorbnen unb baZ ©eifrige burd) bie S£ed)nif erfeien ju motten, ©itetfeit, ©treben nad) lautem Seifall öon ber Stenge finb nod) bie be= fonberen Sriebfebern fotctjer 2Iu§fd)reitungen. 2Bir fjaben oben bereits bernommen, roa§ für SSerbefferungen in SSeetboben'S SBerfen fid) ber Jüngling (S^ernt) erlaubt ljat, mir bürfen alfo 343) Das ist das echte goldene Wort Beethovens selbst, wie er den freien Rhythmus denkt und verstanden wissen will. Also ein Tempowechsel in verschiedenen Teilen eines und desselben Satzes. Musterhaft darin ist die Weisung für das dramatische Largo (d-moll) in op. 103. Schindler macht nicht selten eine Karikatur daraus. Aber der Rhythmus ist etwas ehern Festes; man erinnere sich des Wortes von Hans von Bülow: „Im Anfang war der Rhythmus". Ein Beet- hovensches Wort kann diese Weisung unterstützen. „Religion und Generalbaß sind fertige, in sich abgeschlossene Dinge, woran man nicht rütteln soll! Man kann aber an Religion und Generalbaß eher rütteln, als am Rhythmus." Selbst ein Beethoven kann an den rhyth- mischen Maßen nicht rütteln. Auch solch ein Geist kann nicht aus geschriebenen Achteln mit einem Male Sechzehntel oder gar 32tel machen wollen. Solche Schindlerschen Dinge sind albern. A. d. H. 38* — 596 — gefaxt fetjn, fpätert)in nocb, tieferen Eingriffen in biefe SDhtfif gu begegnen. Unb bod) mag er baZ Reifte in gutem ©tauben getfjan fjaben, it)r gu nützen. — SöoUte id) feine Sefyre „über ben richtigen Vortrag ber fämmtticfyen 33eett)ooen'fd)en 9Berfe für ba§ ^ianoforte altein" einer fritifdjen Prüfung unterbieten, fo gäbe bie§ eine lange 3(bt)anbtung. (SS foüen barum nur einige ^>uncte barauS berührt merben. $ür ben gebitbeten. unb unbefangenen SDcufifer unb 9)cufiffreunb mirb bieg genügenb fetm. SBefanntlid) l)at 23eett)oüen bei bem erften ©a$ ber Cis moll ©onate, Op. 27, bie ?tnmer!ung gemacht: „Sempre senza sordiui", — b. f). ba§> gange ©tuet fotl mit gehobenen Kämpfern gefoiett merben, ma3 mit bem ®nie gefdjat). 2)a§ $ebal ejiftirte in jener &\t n0§ nW- ®*e fargtonigen Glaüiere, meldje ba§ gemünfdjte gortftingen ber einfachen (bem §ornttange ätjntid) feljn fotlenben) 9JMobie nidjt gutiefeen, ge= boten biefen feine§meg$ gmedentfüredjenben 9?ott)bef)etf, meit aße angeflogenen £öne gleichmäßig mitgesungen, ©ebitbete ©pieter ernannten bei ber fetjon im feiten Satjrgetjenb er= reiften Xonfütle jene ?lnmerfung für ftörenb, unb gebrausten ba$ bereite oortjanbene ^ebate mit meifer SJMfjigung. Sgerntj aber, ber biefe SBerbeffernng be§ Snftrnmentä alfogleict) in foldjem Uebermafce gebrauchte, loie fpätertjin Chopin in feinen SDtagurfa'ä, fagt bei nod) größerer Xonfülle im öierten Sat)r= §et)enb beim erften ©at>e biefer (Sonate: „3)a3 öorgejeic^nete s£ebat ift bei jeber SBaBnote oon feuern gu nehmen." — gerner begeidmet 93ectt)Oüen biefen ©atj einfad) mit Slbagio, (Sgernt) aber oerbeffert ben Slutor unb letjrt: „23ei bem üorgegeidjneten Alla breve^act ift ba§> gange Xonftüd im mäßigen ?tnbante* Xemüo 51t fpieten." 3Md)er Stbftanb 3mifd)en 9lbagio unb Slnbante. (Sin biefem natje Oertuaubter $aH tritt fdjon ein beim brüten ©at3 ber ©onate in G dur, Op. 31 Rondo. Allegretto. — 597 — ©er 2Sirtuofen*^äbagoge commentirt ben £onbid)ter atfo: „®a ba§> 3IIfegretto alla breve ift, fo mufj baS (tage bebeutenb fdmefl (Allegro molto) oorgetragen derben." 9ftan traut feinen Singen mdjt, tuenn man biefe 5tu3fegung lieft. sparte 23eett)oben roirf(icf) einen fo &efdjränft*fdjufmeifterifdjen begriff öon Alla breve=Xact, um ifyn, ben %ad überhaupt, al§ erfte -Korm bei Stuffaffung eines £onftücfe3 öoranjufteHen, ntct)t üietmef)r beffen ©^aracter=(Sigentt)ümticE)e§?*) @r f eiber fpiette biefe$ 9ionbo, unb wollte e3 gezielt f)aben: „@emütt)ticr) eintjergerjenb." ©er gange ®a£ trägt ungefähr ben (E^aralter einer ruhigen ©r^ä^tung. Sn folctjer SBeife erftärt fiel) ©jernt) über biefe ^eiligen SSerfe, reict) an loaf)r{)after unb tiefer ^ßoefie, ba§> größte Sabfal für jebe§ it)ar)rt)aft poetifdje ©emütt) unter «Spielern unb §örern ! SBergleidjt man aber ben bon if)m jebem ©a|e beigegebenen Metronom mit beffen 6§aracter=(5igentpmticf)feit, fo erfieljt man erft bollenbä, ba^ all' unb jeber ^Begriff öon 5lbagio, SInbante, SIHegro u. f. f. au§> ber claffifeljen (Spoctje über ben *) SDurdj 23etfe£ung be§ Alla breve^acteS wollte 23eeu>Den offenbar bte richtige Bewegung biefe§ Safceä ju erfennen geben. — SSenn man im Megro^Xempo anftatt Xty[\$ unb 2irfi§ öier SactHjeUe martirt, fo geigt ifjr fd)neHe§ 2htfeinanberfolgen ungefähr ein Allegro assai. SJcarfirt man im Kyrie ber Missa solemnis, ba% ftd) jumeift im S3iertelnotenton bewegt, cnfiatt jroei Dt er SEactttjeile, fo gibt e§ fein „assai sostenuto", tt>of)l aber ein Allegro moderato, folglich einen anberen Sbaraüer. %n §at)bn'§ G£)or: „®ie ipimmel ersähen bte ©fjre ©otteö", ben Alla breve al§ normgebenb betrachtet, rotrb ein $iefto ju böten fefin. So bat itjn 9Jienbeilfobn beim Weberrljeinifcben SJcufiffefie 1846 ju Stadien »er* ftanben, unb ben aus 500 Stimmen beftebenben ©efangdjor im Sturmfcrjritt babingejagt, — wie er ©leidjeS fo rjäufig ju tfyun pflegte. 23eld) feine Unterfdjeibung gewahrt man bagegen in ^Beurteilung ber 3eitntafee &ei 8t 93. SDcarrJ ©ans «3^9 bemerft er in feiner ^ritif über 33eetboöen'§ Sonate in As dur, Op. HO, («Berliner 9Dcufif=3eitung 1824), bajj ber erfte Sag mit Slbagto bejeidmet werben muffe. S)er (Somponift febreibt: Moderato cantabile. 3>a§ fann mijjüerftanben werben unb Wirb e8 in ber 9tegel, weit ftdtj bie Spieler lebiglid) an ben bet!ömmlid)en 23egriff be3 SJcoberato rjatten, barunter gemeinhin ein gemäßigtes SlKegro oerfianben rotrb. — 598 — Raufen geroorfen tft. 3)ie betben angeführten ier*9Jhtftf fo großes $erberben ge= floffen ift, weniger jebocfr, oermittetft be3 gefcfjriebenen 2Borte3, al3 üietmeljr be§ inbibibuellen UnterridjtS. (S^ernr/S ÜDZetronomiftrung ber 23eetrjot)en'fcf)en Staötermufif füljrt un£ §u SD^aeljei'g £actmafct)ine gurücf, bei meldjer mir ein fteineä ©tänbdjen macrjen muffen. Sn bem titerarifcfjen !?£ad)faffe oon Sgna§ öon Sftofel in 2Sien f)at ftc£) ein 23rief üon SSeetfjOöen an 9ttofet üor= gefunben, ber in ber $amitie aufbemarjrt roirb. Sine getreue 3lbfd)rift baüon üerbanfe idj bem berftorbenen 2tforj3 $ud)§. Ser Sßorttaut ift nadjfterjenber:344) „(Suer SSofjlgeboren! §er§üct) freut midj biefeI6e Slnfidjt, melcfje ©ie mit mir trjetfen in 2Inferjung ber nodj au§ ber Barbarei ber Sßufif rjerrürjrenben S5e§eidjnungen be3 QtiU mafjeg, benn nur 3. 93. roa§ fann miberfinniger ferjin afe 9IEegro, roeldjeä bodj ein für altemal luftig rjeifet, unb mie meit entfernt finb mir oft öon biefem begriff biefeä 3e^mQfee^ fo hüfa ba3 ©tüd: felbfi ba§ ©egentrjeil ber 93e5eid)nung fyatl*) 2Ba<§ bie öier §auptberaegungen betrifft, bie aber bei SBcitem bie SBaljrljeit ober 9ftcfjtigfeit ber Oier §auptroinbe nicljt f)aben, fo geben mir fte gern t)inban, ein anbereS ift e§ mit ben ben (Srjararter beS ©tücfeä bejeicljnenben Söörtern, fotctje fönneu mir nidjt aufgeben, ba ber £act cigenttid) meljr ber Körper ift, biefe aber fcfjon felbft Se^ug auf ben ©eift be3 ©tücfeö fjaben.**) *) Ser Reiftet meint mit bem „©egentfjeil" (Smft, 23ürbe, ßr = fiabenfieit. **) SSenn ein SSett Don 33eetfiouen 3111 Sluffü^rung gefommen, fo mar feine erfie ^rage au^eit: „2Bie waren bie Sempi?" StüeS Slnbere festen ibm feconbärer 3lrt ju fetjn. 344) Vgl. diesen Brief an v. Mosel nebst Erläuterungen in B. S. Br. No. 663 (III. Band). Andere wichtige Gründe veranlaßten mich, den Brief dem Jahre 1817 zu belassen. Siehe dort. A. d. H. — 599 — — 2Sa3 midj angebt, fo l)abe id) fd)on lange barauf gebaut, biefe miberfinnigen Benennungen: Megro, ?lnbante, 2(bagio, Sßrefto, aufzugeben, äJfaefael'ä Sföetronom gibt un§ fjiegu bie befte (Gelegenheit — ict) gebe Stjnen mein SB ort fjier, ba^ ict) fte in allen meinen ßompofitionen nicfjt met)r gebrauchen merbe. — (Sine anbere $rage ift &, ob mir tjieburct) bie fo nötf)ige 5lllgemeint)eit be3 Sftetronomä begiueden werben, id) glaube faum! SDafj man un3 aber für 3w^n9^erren augö fdjreien mirb, baran ^meifle id) nicfjt, märe nur ber ©ad)e fetbft bamit gebient, fo märe e£ nod) immer beffer, aU un3 be3 $eubaliorffd)ulmeifter ber ©ebraud) be£ 9Jcetrouom3 geförbert merben mujj, büfj DJ^ael^el eine gelniffe 5tn§at)t Metronome mit $rä= numeration fudje anzubringen gu rjoEjeren greifen, unb fobalb biefe 3af)l iljn bed't, fo mirb er im ©tanbe feljtt bie übrigen nötigen SJietronome für ba§ muficalifdje 9cational=BebürfniJ3 fo morjtfeit §u geben, bafe mir fidjer bie größte 2Ittgemeint)eit unb Ber= breitung baoon ermarten fönnen. — @3 oerfteljt fid) öon felbft, bafj fid) einige hierbei an bie ©pitje ftellen muffen, ma§ an mir liegt, fo fonnen ©ie fidjer auf mid) redjnen, unb mit Vergnügen erroarte idj ben Soften, meldten ©ie mir rjierbei anmeifen merben." 2)ie Stbfdjrift biefe§ Briefes trägt bie 3af)re^al)t 1817; offenbar ein Srrtljum burd) frembe §anb entftanben. Belannt= lid) mar eS bei unferm 9fteifter ©erool)nt)eit, feinen Briefen nur feiten bie Sarjre^aljl bei^ufe^en, roaö in §infid)t auf ©id)erl)eit ber £>aten ju bebauern, mie üorfteljenber gaU ^eigt. Unbe^meifelt batirt er um mehrere Safyre gurüd, alö ber SDtafter nod) für WaäftVä Sactmeffer fcfjroärmte unb aud) nod) öolt öftreid)tfd)= patriotifdjer ©efinnungen geioefen. ®er fünfzehnte Saljrgang ber 21Ug. SDhif. ßtg., ©. 785, ermähnt einer öon ©alieri, Beetljoüen, SSeigl, u. 51. ausgegangenen (Srftärung über — 600 — bie Sftütjtidjfeit be§ SOtactgerfc^en 9)?etronom'§, bort aber Chrono* meter genannt. S)ie§ gibt @runb, obigen 93rief au§> bem ^atjre 1813 ju batiren. ©in anberer ©rnnb für btefe ?lnnat)ine finbet fidj in bei* Söefeitigung ber itafienifdjen Xembo=$8e3eid)= nungen in ben nädjftentftanbenen ©onaten Op. 90 unb Op. 101, barin jeber ©afc bie iljtn gu!ommeitbc SBemegung nebft SBinfen über beffen CHjarafteriftif mir mit beutfdjen Porten ertjaltcn fjat. ©o tragen §. 23. bie bier ©ätje ber te|teren ©onate folgenbe lieber jdjriften: 1. „@tma§ lebhaft, unb mit ber innigften ©mbfinbung." 2. „Sebfyaft, marfcfjmäjjig." 3. „Sangfam unb fetjnfudjtöboll." 4. „©efdmn'nb, bodj nid)t §u fet)r unb mit @ntfd)(offent)eit." — S)ie bem 1. unb 3. ©a|e überbieg nod) (im ^frewtbeSfretfe) beigegebene 6f)ara?ter=Se5eid)nung „STräu* merifdje (Smbfinbungen" mirb ber richtigen Huffaffung nod) befonber§ gut gu ©tatten tommen. üftur gu batb mürben (Sinroenbungen gegen btefe Uo§> in beutfdjer ©bradje beigefettfe £embo=33egeidmung bon engtifdjen Verlegern laut. Slber felbft bie beutfdj gegebene erroie§ fict) alSbatb nid)t minber unfidjer unb bage, mie bie italienifdje. 25eett)Oben fat) fid) baljet fdjon in ben beiben ©onaten, Op. 102, gur Beibehaltung „ber nod) au§ ber Barbarei ber 9ftufif f)er* rütjrenben 93egeidutungen be§ .ßeitmakeS" beranket. Sn ipinfid)t auf ba§ ©efdjidjtfidje be§ 9#äfgel'fd)en 9Mro= nom'3 mufj aber in Erinnerung gebradjt merben, bafj e3 5m ei mefenttid) bon einanber abmeidjenbe Sonftructionen gibt. S)ie erfte geigt eine ^3t)ramibe bon §roölf 30II £>öt)e, mit einem auf ber SSorberfeite bon Stufjen ^angenben Sßenbet gur (Srmitt- (ung ber roageredjten ©teflung. 3U fixerer @rreid)ung biefe§ ßmedeS befinbet fid) nod) an einem ber borbern 2)rat)tfüf$e eine ©djraube. ?(uf bem btedjernen ©c^ilbe tieft man bie girma ^Dtaetger ncbft ber Sat)re^at)( 1815. 2)ie ^Senbetfäule geigt nur ßatjlen bon 50 bi§ einfdjtiefjtid) 160.*) — ©e§ tjofjen $oftenbreife§ megen (brei SouiSb'or ber ©tüd) fanb biefe ßonftruction nur fetjr geringe S5ead)tung in £)eutfd)tanb. 2)er — 601 — SBerfertiger fdjeint 23eetljoben'§ patriotifdje ©eftnnung nidjt gehabt ju Ijaben. Sdjon um bie gtoangtger Safjre liefe ber in $ari§ mot)nt)afte SD^aelget bon feinem 33ruber in SSten bie 9J?afdj)ine in berHeinertem 3Kafefta6 — ungefähr actjt 3°ß b,od) — für £)eutfd)(anb anfertigen, mobon ba§> Stüd gu einem Soui§b'or abgegeben mürbe. SDie ^enbetfäufe geigt eine 3a^en= auSbetjnung bon 40 bi§ 208. Slbtoeidjmigen biefer berfteinerten bon ber urfprüngtidjen (Eonftruction Ratten aber bamal§ fdjon SBeranfaffung gu klagen gegeben, meit bie Sempi ftdj nidjt mefyr genau beftimmen liefen oljne Sßeifatj, nadj metdjer ber beiben (Sonftructionen bie 9J?etronomiftrung ftattgefunben. 2tn borftetjenbe Sfjatfadjen foH fidj bie für un3 nict)t minber bebeutfame anfd)tiefeen, ba$ S3eet§oben bie metronomifcfje SSegeidj* nung feiner Sinfonien in allen Sä|en nadj ber erften Son= ftruction ber 9fta[d)ine gemacht fyat £)iefelbe befinbet fid) im neunzehnten Safogange (1817) ber Stffg. ÜKuf. ßtg. Seite 873. SSßeldje ©ettung fte bei (Srfdjeinen ber gtoeiten ßonftruction nod) behalten tonnte, ergibt ficf) bon felbft. 2£u§ biefem ©runbe enthält bie im 3. Satyrgetjenb bei Steiner u. Somp. erfdjienene Partitur bon ber A dur= (Sinfonie meift abmeidjenbe metro* nomifctje £empo=2Seftimmungen — bon be§ 9iutor§ £>anb. Sie finb nad) ber fteinen Sftafcfjine gemalt unb geigen burdnoeg tangfamere Sßemegungen. 2)a§ betoeifet, bajj bie gteidje Qafy auf ben beiben ^enbetfäufen nidjt nur nidjt übereingeftimmt, fonbern bermittetft ber fleinen SJtafdjine meift biet fcrjnettere 25etoegungen angegeben morben. Sollten biefe Umftänbe Ttictjt §ur ^Beantwortung ber fo oft lautgemorbenen $raSe bienen, totäfyaib 23eett)oben ben Metronom unbenutzt getaffen? Sn ber Xtjat finben fid) nur gmei SSerfe bon iljm fetber metronomifirt, *) (Sin mofjIerftalteneS Gfemplat ber erften Gonftructton fanb ber SSerfaffer bei bem £of=£>pernfänger Sromolini in ©armftabt. 345) 345) Über diesen Opernsänger enthüllen die Tagesblätter neuester Zeit (1909) Mitteilungen über seinen interessanten Verkehr mit Beethoven. A. d. H. — 602 — unb ätuar bie große Sonate, Op. 106, auf au§brüdlid)en SSunfrf) oon 9?ie3 für bie Sonboner Sluggabe, bann nod) bie 9. Sinfonie jufolge 3Bunfdje§ ber 23erlag§rjanblung Sdjott in ÜJtoing unb ber *ßtjilt)armonifd)en ©efellfdjaft in Sonbon. Sin letzteres? @e- fdjäft fnüüft ftcf) ein SBorfatf, ber be§ SWeifterä geringe 2Bert§= fdjätjung be£ 9ftetronom§ flar unb beutlidj geigt. (Sr er« fudjte mid), bie einige Sage borget für SJcaing gemadjte ötotirung für Sonbon gu copiren, allein biefe mar üerlegt unb liefe fid) nid)t auffinben. £>ie Slbfenbung brängte, er mußte fid) bemnacfj §u abermaliger üßornarjme biefeS unan= genehmen ©efdjäftö bequemen. Stber fiet)e, !aum mar bie SIrbeit getfjan, als id) bie frühere üftotirung auffanb. @in ^erg(eid) geigte bie SIbroeidjung be£ 3e^maBe^ bei allen ©ätjen. £)a rief ber äßeiftet üoll Unroillen au§: ,,©ar fein Metronom! Söer rid)tige£ ©efüfyl rjat, braudjt it)n nid)t, unb mer ba$ nid)t l)at, bem nü|t er bod) nid)ts, ber lauft bod) mit bem gangen Drdjefter baOon!"*) Sn ben früheren Sluflagen biefer Sdjrift tjat ber SBerfaffcr einen augenfcrjeinlicfjen 33eroei3 Oon SSerroirrung ber begriffe im ^uncte Sluffaffung ber Seetfjoöenfdjen Glaoiec=28erre bamit geliefert, inbem er einige au8 ber Sonboner Slu§gabe mit ätfetronomifirung öon 9)?ofd)ele<§ neben biefelben SBerfe au<§ §a§linger'ö Verlag mit 9J£etronomifirung üon einem lln= genannten geftetlt Ijat. Slber (£. Ggernt) t)at auefj eine 9J?etro= nomifirung aller (Sonaten be£ SO?eifter§ in feiner Glauier=Sdmle gegeben, roeldje im Verlage Oon 2)iabelli erfdjienen ift. ®iefe öffigin liegt auf ber SSeftfeite be§ ©rabenS in SSien, roäfirenb bie §a§linger'fd)e ettoa3 fd)räge gegenüber auf ber Oftfeite fid) befinber. So meit aber Oft unb siÖeft au^einanber liegen, fo rceit geljen bie au3 beiben Offtginen ausgegangenen Sftetro« nomifirungen au3einanber. SSetdje oon beiben ift bie richtige, im roarjrt)aft getreuen Sinne be§ SIutor§? Ggernt; nimmt für *) 6iel)e fcorftefjenb (£. W. Don SSebet'S iöemerfung über ben Metronom. — 603 — bie SBaljrfjaftigfeit feiner Slngabe bie ßuftucfjt gur Srabition, unb barf bie§ afö ßeitgenoffe 23eetrjOüen'j§ unbebenflid) tf)un. Mein feine £empo=sJ(ngaben geigen im $ergteidje mit ben §a§(inger'fd)en t)äufig entfdjiebenen Sßaljnfinn, nnb fielen in meitefter Entfernung öon ber Srabition. Sin fpredjenber 33etuei§, in metcf/ fyoljem ©rabe bie Erinnerung in bem mit adjtrjunbert eigenen SSerfen angefüllten Stopfe bei Gäernrj in Sßerroirrung geraden. — ©eit biefen fignalifirten Saaten gmeier ^orrjprjäen im 9}irtuofen=©efd)ted)te, 9J?ofcrjete3 unb (S^ernt), finb nod) 9ttetronomifirungen ber SSeetrjoöen'fdjen ßlaöiermufif in 9ftenge öeröffenttidjt morben, forootjl in ben öerfdjiebenen 2Tu§gaben ber SBerfe, mie in muficatifdjen $eit= fünften. £>ie bamit befunbete 3Serfcrjiebent)eit ber Slnfcrjauungen läf^t ftcf) in parallele ftellen mit ber SBerfcrjiebenrjeit ber Drd)efter=©timmung, öon roetdjer bie jur geftftellung einer Format =©timmung gu ?ßax\§> niebergefefjte ßommiffion im äßonat $ebruar biefe§ Saljrä ber Sttufifoett faft ungtaub= ticfje SBeifpiele üorgetegt Ijat. ©cfjranfenlofeS üftadjmacfjen be§ SJtaet^et'fctjen 9)2etronom§ ofjne ßontrote in aüen Säubern Ijat bie Unfidjerfjeit ber 9DZafd)ine nod) üermeljrt, bemnad) öoE= fommen nutjtoä gemacht.346) 2)iefe ©aten merben genügen, um bie STopograpljie be§ muficalifdjen Q3abet3 in Söejug auf 23eetfjot>en'6 ©(aöiermerte redjt anfrfjaufict) §u madjen unb bor allen 9#etronomifirungen 5U roarnen. S)iefe ©bifobe fdjlieftenb barf toorjt nod) gefragt merben: ift morjt bie 23eetIjoben'fd)e St'ammer^ufif: überhaupt megen itjrer befonberen Eigentljümtidjfeiten geeignet metronomifirt 5U merben? unb berrätrj nicfjt berjenige, ber gu biefem ©efdjäfte bie §anb bietet, botlftänbige ilnfenntnijs biefer ©igentrjümlid)= feiten, ja, fogar jebe§ fjötjeren ^Begriffes oon muficatifcfjer Erjaratteriftif? — 346) Diese Bemerkungen über die Verschiedenheiten bei metro- nomischen Bestimmungen derselben Werke sind besonders beachtens- wert. A. d. H. — 604 — 35ebor mir ba% mit gemeinfcfjtötidjen Srrtf)ümern tiermifcfjte SBtrfen S^ernr/ö in S3eetf)oöen'§ Gfaöiermuftf: gan§ au3 bem ©eftd)t§freife öertieren, um un3 bem SJBirfen in gleicher ©p^äre öon Sebenben ju^umenben, muffen mir nocf) eine§ <5inne3= unb STfyatöermanbten öon iljm gebenden, ber nid)t minber SSirtuofe tote er, audj nidjt minber in bem ©tauben befangen mar, burd) 3(enberungen biefer 9J?uftf ju nützen. ($>3 ift bie§ fein anberer aU gerbin an b 9ftie§, ber fid> rühmen burfte in ber Äunft be§ $ianoforte=©öiet§ (Schüler öon Söeetfyoüen ju fet)n. ©er Unterfdjieb jtüift^en biefen beiben SSirtuofen (batS SSort im befferen (Sinne) liegt bto§ barin, bafj ©gerat) fein Xljun Satyre tjinburd) unter bun klugen beS Stonbictjterö öractifd), nadj beffen £obe aber tfjeoretifdj oerübt, motjingegen 9fte§ in Sonbon unb anbern Orten fein SSefenntnift in 2kett)oöen'3 9J?ufif mit ber Semerfung abgelegt, feine 5Ienberungen g e f d) ä f) e n im (Sinüerftänbnifj mit bem Sfteifter. Sn einem ^Suncte jebod) befielt bei Seiben eine übereinftimmenbe 2(et)nlid)Mt, unb jmar: je meljr jeber bon itjnen fe(bftfd)öüferifd) glänzen mottle unb, um biefeä im üotten äftafje gu erreichen, fid) ber neuen 9tid)tung anfdjtiefjen mufjte, befto mefjr t)atte er ftd) öon bem ctaffifdjen $orbilbe entfernt. Reiben erging e§ ungefähr mie ber bübenben Shmft in grcmfretd) feit Submig XIV. big um bie SKttte be§ ad)t= getjnten 8aljrf)unbert§: je meiter fid) biefe com ©tubium ber 3lnti!e entfernt unb nur bem äußern Sffect fyutbigte, befto fdjneller ift fie in mibrige Lanier unb ifyeatratifdje tleber= treibung geraden, 6i§ S)aöib fie mieber gur Slntife surüd= geführt t)at. — Söie ftet)t e§ mot)( tjeute fc^on um bie fo ge= nannten Originat=(£omüofitionen üon (S^ernt)347) unb $Rie§!?S4S) 347) Nein! Carl Czerny gilt auch heute noch als einer der ge- suchtesten theoretischen Klavierpädagogen, als Klaviertechniker par excellence. Ohne Czerny auch gegenwärtig kein Klaviermeister. — Hier hat Schindler wieder weit übers Ziel geschossen. A. d. H. 348) Neudruck (Schindler) mit der vermißten Stelle S. 181. A. d. H. — 605 — 3SaS Wirb trtofjt nad) ^erjn Sagten fid) nod) bation am Seben erhalten Ijaben? ÜtieS rjat an 200 folcfjer SBerfe tieröffentlidjt, unb 5toar in allen (Gattungen muficalifcfjer (Somtiofition. Sd)on im Vorwort warb bemerft, bafc jmifdjen 23eetrjotien unb 9fteS im Saufe ber Saljre SSerftimmung unb Spannung auS mancherlei ©rünben eingetreten; eS würbe bort gezeigt, in Welcher 5$eife fid) in letzterem ber ©roll gegen 93eett)ot»en bi§ an fein SebenSenbe erhalten rjatte. 3sn ber 3. ^ßeriobe warb ber (Störung biefeS freunbfct)aftlicr)en 23errjättniffeS bloS tiorübergefjenb erwäfjnt, Weil ber Ort ntctjt ber geeignete fcfjien auf 5tuSeinanberfet3ung ber ©fünbe einjugeljen. Geeigneter Wirb eS nunmeljr ferjn, gumal baS eben gefdjilberte Sötrfen (Säernr/S barauf t)infüt)rt unb baS betreffenbe gum großen Sttjeil muficatifdjer Statur ift. 2)iefe obwaltenben ®inge fjaben neben bem funftrjiftorifdjen noefj ein cutturrjiftorifdjeS ©etmdjt, wenn man in letzterer §infid)t baS tion 3>at)r $u iyafjr im publicum fid) geminberte öntereffe an SSeetrjotien'S tieffter ^ßoefie in (Srwägung jiefjt unb weif3, bafe fdjon gu Stnfang beS 3. Saljr^e^enbS bie (Staüiermuftf faft gänglicl) in bie 9htmtielrammer gelegt mar; Wenn man ferner ben Umftanb nidjt für geringfügig betrachten Will, jWei begabte ^ünfiler tion Sebeutung, bie beibe merjr ober Weniger in unmittelbarer 9cäf)e beS SonbicljterS gelebt, als Sßerbefferer biefer ewigen Monumente auftreten §u febjen, anftatt mit ferutiulofer ©ewiffen* fjaftigfeit an bem Gegebenen feftju^alten unb eS als getreue 21tioftet auf tiractifcfjem 3Bege weiter §u tierbreiten. 3U allem bem nod) finb biefe obwaltenben S)inge in SSeäierjung auf Seetfjotien unb 9tieS tion befonberS djaracterifttfdjem SSeigef cfjmad, auS biefem ©runbe Wirb ein offenes 3)ar= legen beS gactifdjen faft geboten. (SS erforbert aber genaue Socalfenntnifs, gumal SRieS in feinen ü^ot^en biefe £)inge in ber §autitfadje umgebt unb nur erraten läfct, aud) bie bort abgebrudten Briefe tion 23eetf)otien an itjn ben Seurtljeiler irreleiten tonnen. — 606 — @§ ift eben fo natürlich a(3 töblict), tafa 33eetl)oben Bei bem 33eforgnife erregenben 3uftanoe feinet ($et)ör£> bebad)t war, fid) in [einem ©djüter 9fe eine fräftige ©tü£e für bie (Slabier=2öerfe nid)t nur §u bitben, fonbern it)n and) für längere 3e^ Q^> dufter tjierin gu erhalten. 511lein, je mefjr ber ©ctjüler, (ber bom 15. 6iS gum 21. £eben§jafir bei Söeetfjoben geWefen) fid) beftrebt ijatte, fein eigenes compofttorifd)es' £id)t (eud)ten gu laffen unb ber neuen 9\id)tung gu fjulbigen, bie auf geiftigen ©etjatt ber bon ©alomon ©emetbete. (Sin (SteidjeS trjat ber um 1817 nad) 3Sien gekommene Sonboner ^ünftler (Etybrian ^ßotter. (£§ begreift fid), bafe biefe übereinftimmenben üftadjridjten bei 23eetf)oben böfeS SSlut erzeugt tjaben. ©ort aber liegen bie erften llrfadjen, bie fbäterljin gu immer lauter Werbenben Magen über feinen ©djüler unb greunb geführt Ijaben. Sßtdjt gu loben ift 93eetl)oben'§ gängtidjes' 5>erfd)Weigen be§ 35er= nommenen gegen dlk§>, Wol)t aber liefe er feinen Säbel über beffen Slmn in Qu.\$dftm an 3Iubere laut werben, toa$ erfteren beriefen fonnte unb WirtTict) berieft l)at. £)er SBcrfaffcr weife bieS au» 9fe' 9#unbe. — 607 — 2lu§ folgen Anfängen entmidelten fid) roeiterljin ©rünbe §u gegenseitiger Sßerftimmung unb (Spannung, diejenigen ®unftlerjrer, roetdje mit ärjnlidjen Srroartungen ©cfjüler gebilbet, bafj biefe einft bie ©tütje einer großen ©acfje roerben mürben nnb ifjre STäufdjung nod) erlebt rjaben, roerben biefe ©rünbe am beften $u tarjren roiffen. Slud) ben beatmen SBereljrem $eetl)oüen'§ fjat fiel) 9^ic§ burd) fein Sßerfarjren mit beffen 9Jiufif, be 2lngefüt)rte ju erhärten. @3 Reifet bort: „$er Grnft einer 93eett)0Den'fd)en «Sdjufe ift atterbingS ntctjt barin §u üerfennen, aber an Siefe erreichen fie biefelben bei weitem nict)t, wie fie benn aud), tüa§ SInmutb, unb lüJannigfaltigfeit in ber S3ef)anbluna. be<§ SnftrumentS betrifft, felbft nod) hinter ben Werfen eine§ Sufjef äurüdbteiben. 9lud) auf ben ©lanj ber mobernen Spielart eineS Rummel, SKofdjeleS, Salfbrenner fönnen fie nidjt Stnfprud) madjen. ©od) galten fie eine gebiegene 2Jiitte, ftaben ein große§ publicum für ftd) unb eben beSfjalb aui) in ber SSelt unb namentlich in Gnglanb ba£ enorme ©lud gemacht. SRan barf wob,! fagen, bah 9?ie§ bei feinen Gompofitionen biefe Grfolge ftet§ im Stuge ijat. (5r greift nie tiefer, al§ man e3 in ber gemifdjten SSerfammlung be§ großen s$ublicum§ Hebt, unb gibt anjiefienb, wa§ man ofjne Slnftrengung be3 Innern leidjt unb gern auffaßt. 3)a3 bebingt nun aber aud) fdjon, bafj nidjt Sltleö neu unb originell ift, bielmeljr 2ftand)e§ auf ganj befannte SJJotiüe gebaut fdjeint." **) s-8iograpf)ifd)e ^otisen Don SSegeler unb 92ie§ S. 140 ff.349) 349) Neudruck S. 146—147. A. d. H. — 609 — bemerft SBeetfjoöen: „Von Sf)rer «Sinfonie f)abe id) nidjtö er* galten." (£)iefe fdjeint nidjt gebrudt 51t fetjn.) 8n ber ÜKadjfdjrift gu teuerem Briefe fctjreibt Veeirjouen: „9J?acfjen Sie bod), bafj id) Sfyre ©ebication erhalte, bamit id) midj luieber ebenfalls seilen fann, meldje» atfogleid) gefdjetjen foll, nad) Empfang Sljrer." — Sdjon in bem folgenben Vrief (beffen Anfang unb £>atum fetjlen, wie 0tte§ anmerlt,) ftefjt 5U lefen: „2)a «Sie, mie e§ fdjeint [?] eine ®ebication öon mir batb münfdjen, mie gern roillfafjre tdj Seinen, lieber atä bem größten großen §errn entre nous. ©er teufet raeife, mo man nid)t in it)re §änbe geraten fann. Stuf ber neuen Sinfonie (bie 9. mit (Sljören) erhalten Sie bie S)ebication an Sie, — id) tjoffe, enblid) bie Steige an mid) §u erhalten." — lieber ftetjt gu lefen in Veettjoüen'S Vrief öom 16. Sult 1823: „3e£t merben bie Variationen (Op. 120) tootjl ba fetyn.350) — "Sie ©ebication an Sfjre grau tonnte id) nidjt felbft madjen, ba id) ifjren tarnen nidjt meiß. 9J?ad)en Sie atfo felbe im tarnen %fyxt§> unb Stjrer grau greunbeS; überrafdjen Sie bie Sljrige bamit, ba§ fdjöne ©efd)led)t liebt bie§." — ®a§ copirte (Sjemptar biefer Variationen trug bei feiner Stnfunft in Sonbon mirttid) bie 31uffd)rift üon Veetfyoüen'S §anb: „Dediee ä Madame Ries," inbem 3iie§ früher fdjon hm Söunfdj an<3= gefprod)en, bie t>om Sfteifter i£)m gugebad)te ©tjre feiner grau äu Xfjett merben ju laffen. SllS aber 9liey ba§> angelommene ©jemplar bem Verleger Voofet) Uortegtc, ergab e§ fid), bafj biefe Variationen bereite in einer Söiener unb ^parifer 2luf= läge, mit ber £)ebication an Veetfjoöen'S grantfurter greunbin, grau Vrentano=Virfenftod, öerfeljen, in Sonbon auf bem $utte lagen. — lieber ben Snljatt eines fpäteren Vriefeö (ber mir Oor ber Slbfenbung nad) Sonbon üon Veetljoüen mitgeteilt marb) bemerft 9üeö S. 124 feiner Zotigen bto3: „lieber bie boppelte ©ebicatiou entfdjulbigte er fid). §öcf)ft fonberbar 350) Cf. B. S. Br. No. 930 (IV. Band). A. d. H. 21. ©djinblerS 23eetf)ODen--8togval>f)ie. 39 — 610 — madjte er ei fjiebei §u einer ausbrücfHcfjen SSebingung: ,,„id) bürfe nie an ein ©efdjenf ober eine (SrfenntlidjfeU bafür benfen!""351) ©ine auffallenbere SSenbung unb einen grelleren 2Siberfprncf) rjätte man bod) nidjt teidjt finben fönuen!" Unftreitig märe ber Sföiberfprud) ein greller unb in bel- aufe^ (id)en 9?eif)e üon SBiberfprücfjen bei unferm SOZeifter ein befonber£ fjerüortretenber 5U nennen, gäbe es» feine ßrflärung für foldj' rätf)fcl£)afte§ SBeuerjmen in biefer 2)ebtcation§=©efd)id)te. 3)er Sßiberfprud) märe 511m %^\{ befeitigt, ba§ SRätfyfet aber 511m ^erftänbniB 5Xüer gelöf't, f)ätte $ie£ für gut befunben, ben legten nur in bürf tigern 2(u§§uge angeführten Sßrief S9eet= rioüen'S im Ooüftänbigen Söortlaute unb d)rono(ogifd)er 9ieit)enfo(ge 511 üeröffcntUdjen. S33ie biefe Stngelegentjeit üon tf)m üorgefegt erfdjeint, fann fte nicfjt üerfef)(en, einen ftarfen dBdjfagfdjatten auf Seetfjoüen'ö Grjarafter §u merfen. £irfd} = bady§> „93?uficalifd)4'ritifd)e3 9?epertorium" üon 1844 fjat Rög= lidje grüdjte biefer 23erf)eim(id)ung aufäumeifen. @§ gebietet fobjin bem mit biefer rätl)feft)aft fcfjeinenben <&ad)t genau befannten 53iograpf)en bie Sßffidjt, ben ©djlüffel fjiesu gu geben, ba man nid)t miffen fann, mie biefetbe aud) in ber ^ofge^eit nod) commenttrt merben bürfte. 3m Saufe bc§ Satiren 1823 mürben bem SMfter burd) eine üBiener üDiufiffjanblung einige ber neueften (Eompofitionen üon 9f?ie§, barunter ha?- „?(bfdjieb^(Eoncert üon Soubon," ju= gefd)irft- Sdjon feit mehreren Safjren fjatte 53ectf)oüen fein SSerf üü§> ber geber feineö <2d)ü(er<§ unb $reunbe3 5U ®efid)t bekommen, tocil in bem et^muficalifdjen SBien feine einzige biefen Gompofitionen 351) Über diese Differenzen ist bei Gelegenheit des Briefes vom Juli 1823: B. S. Br. No. 930 (IV. Band) unter den Erklärungen über Schindlers Artikel in Hirschbachs Repertorium eingehend gesprochen worden. S. 292 (V. Band). A. d. H. — 611 — fjatte ber sJ)?eifter bie Ueber^eugung gewonnen, bafe 9?ie§ fid) nun gän^lid) ber mobernen 9Rid)titng angefcfjloffen unb in Dber= fläd)tid)feit erxetlirt. £)ie§, unb bie Erinnerung an bie üor Satjren fdjon funbgeroorbene 3(6trünnigfeit in ^ßepg auf feine 2Berte, brauten ben rjeiligen 3orn oeg §°*)en SßnefierS $um öollen 5(uflobern. 53on bem $euer ber Seibenfd)aft liefe er fid) §ur Slbfaffung eine§ ©d)reiben§ an bie 9?ebaction ber 5ltlg. 9D?uf. 3tg- rjirireifeen, barin 9tie§ üerboten mürbe, fid) fernerhin nocfj feinen ©cfjüler gu nennen, ©lüdlicrjer SBeife ift bie $lb= fenbung btefe£ ®cfjreiben§ in tfolge öon $orftet(ungen feiner Umgebung unterblieben, adein bie 9f?üge ift bem Setreffenben brieftief) nad) Sonbon gugefcfjidt roorben. £>aburcfj roar ber Sftife in bem bereits burcfjtöcfjerten greunbfcrjaftioüerfjältmfe noct) üergröjjert. Snbefe narjm 23eetrjor>en boct) SRüdficfjt auf bie immer beroärjrte £)ienftbefliffenrjeit feinet $reunbe3. 9#öge fid) ber Sefer bei 23eurtrjeilung biefer £>inge in Sage unb Stimmung be3 bejügtid) feiner ©(aöier-^ufif öon alten ben ©einen oertaffenen 9J?eifter§ §u berfetjen fudjen. 9ludj (£. (ü^ernt) fjat Dom Safjre 1820 an nid)t§ merjr bafür gettjan. SGSie ftünbe e§ roorjt um btefelbe, fjätte nicfjt bie „Societe des Concerts" im ^ßarifer ßonferüatoire ben @ntrjufta3mu!§ aud) bei biefem Stfjeile ber 23eett)ooen'fd)en Stteratur angefacfjt, in golge beffen ein neue§ Seben für bie gefammte Literatur be§ öon feinen 3eit9enoffen f° übel berjanbelten S£onbid)ter§ ermedt roorben ift? £)ie§ gibt ®runb, bem §iftorifcfjen ber (£in= füfyrung SBeetrjooen'fcfjer 90cufi! in ^ari§ aud) in biefer ?Iuf= läge einen ^ßtatj anäuroeifen, roie e£ bereite im 5lnrjange gur groeiten gefcfjeijen. III. SBenn man in jüngfter ßeit fo tjäuftg Etagen über SSerfaQ ber ©cfjaufüieltunft begegnet unb SSeroeife bafür aufftellen f)ört, bafj man roorjt ntcfjt roenige beadjteinoroertrje ©Regalitäten nad) 39* — 612 — 23irtuofen=2trt fid) auf ber 23üt)ne belegen fetje, ba^ aber bie $unft, grofee, erhabene (Erjaraftere orjne 3ut^aten W*fcä 2Sirtuofen=2Befen§ barpfteflen, unb ber reine ©inn, baZ ©eiftige in ben ©idjtermert'en ungetrübt aufjufaffen, tägtid) fettener »erben : fo mirb biefe ©rfdjeinung unbejmjeifelt auf eine ©runburfadjc fdjtiefcen (äffen, bie entmeber im gänjlictjen SWangel, ober in ju geringer Stn-\Q^t muftergebenber Sßorbitber befielen bürfte. Stuf muficatifcfjem ©ebiete, in^ befonbere in jener Stbtrjeitung, mit ber mir e§ fjier ^uitäcr)ft gu ttjun rjaben, taffen fid) bie flägtid)en 3uftan0e ™ birecter S3e= gieljung auf SKcprobuction beö (beifügen in ben SLonmerfen im allgemeinen unb Speziellen au3 erfterer ©runburfacrje ableiten. 2ßenn bie frühere Äunftepocfje t)infict)ttid) ber 9?eprobuction be3 eigentf)ümtid)en ©eifteä in Seetrjoüen'3 (Slaoiermuftt gumeift nur 3rrtt)ümer auf bie gegenmärtige übertragen, (mie gezeigt morben,) ber <3inn in ben Sebeuben aber burd) practifdje dufter an§ ber ©d)ule be3 SfteifterS für bie liefen feiner ©djöpfungen in feiner Steife erfdjloffen unb gebtlbet morben, moljer foll bei itjnen ba§> richtige SSerftänbntfe kommen? SBärett aud) bie Slnfdjauungen in alter SOcuftt nocfj biefetben, mie einft, fo mürbe fid) biefeS Sßerftänbnifj, menn aud) ben Intentionen beS ÜDteifters bto§ aunärjernb, bod) nur in tuenig Snbiüibuen funbgeben, meit ba§> (Srgrünbeu mit ganj befonberen ©djtüierigteiten unb SorauSfetmngen öer= fnüpft ift. £)ie laufenbe (£pod)e f)at in Sfjatberg, ßtjopin unb Sifjt bead)ten§mertt)e SSirtuofen^^pegiatitäten gefeljen, Don benen bie beiben erfteren nur in bem befdjrciutten Greife itvrer fünfte terifd)en Snbimbuatität Stu^ge^eidjneteö getetftet unb beöt)atb fügtid) ben Stunftegoiften juge^ätjtt merben tonnen, konnte bei Sltjatberg ba$ 9ftarfige be§ £on§ at§ mufterljaft für alte ge= biegene 9#ufit gelten, fo mar um fo metjr gu bebauern, ba^ er biefe fettene (Sigenfdjaft augfdjliefjticrj nur auf feine getjatttofen ^onftüd'e oermenbet unb auf feinen Äunftreifen niemals irgenb* — 613 — ein 9fteiftermerf mit feinen Sonfarben tHuftrirt fyat. — Gfyopin'ä Sbeatität beftmbete fid) befannttid) in ber eigentf)ümtid)ften, fdj(ed)terbing3 unnadjaljmtidjen ®arfteÖung3roeife feiner po(nifd)= nationalen Stonftüdfc, in toatyrljaft d}arafter=eigentpmtid)em Gepräge. Garant tonnte er felbft in feiner Sftufif !ein nadj= pa^menbeS SSoroilb fetjn. SBaS ftdf» bteSfaHS au§ bem Vortrage feiner (Sdjüler funbgibt, nertjält fid) gum Original, mie eine 2itt)ograpt)ie gnm farbenftraljtenben Detbitbe. 23eibe genannte Spezialitäten fyaben bie $unft be§ ß(aüierfpiet3 auf btö M* genteine be^üglic^ nid)t nur nidjt geförbert, fonbern norf) tiefer fjerabgebrürft, toenngleid) unabfirijtttd), beim 9J?and)er märe feinen eigenen 2Beg gegangen unb üietleidjt ju einer ad)tungS= merken ©ntmidhmg auf bemfelben gefommen, mäfyrenb er be3 ©inen ober be§ 3(nbern SKadjafjmer nmrbe, ate foldjer aber atSbatb ber Lanier unb bem §anbmer! oerfallen ift. Sie 3a^ iljrer üftadjafymer mar Segion. 2if§t ift au§ ©3ernt)'§ Schule fertig fjeröorgegangen, menn man bei einem Stlter öon smölf Sauren bie 8d)u(e fd)on für beenbigt galten miü. Sag miü aber tjei^en : bafj bie Segriffe fid) fd)on feftgefteüt unb bie @r!enntni£ be§ Söafyren, ©uten unb ©djönen fid) nid)t bto§ geläutert, fonbern ber ©efüt)(= unb Senfroeife be3 bei einem Sttter öon gmötf Sauren ermarten? 2I(§ ber zehnjährige St'nabe §u Sgernt) in bie ßetjre fam, befunbete er fd)on ben götttidjen Junten, ber in tfjm mattete. @3 mar aber ein grofjeä SJcifjgefdjid, bafc er ber güljmng biefe§ ÜDtanneä anöertraut morben. Sn ber öor* ausgegangenen Säuberung biefeä $irtuofen=2tbrid)ter3 mirb man 2lnt)alt§puncte genug finben, meldje biefen Stu^fprud) red)t* fertigen, ©sernti'ä Unterricht Ijielt ben Knaben §mei Saljre f)inburd) lebigtid) an 2lu3bi(bung ber S5raoour. Siefe §errfd)erin umgab aUe§, ma§ bem ©d)ü(er ^u üben unb öffentüd) $u probuciren auferlegt mar. ©ollen bie erften ©djritte auf bem — 614 - 2Bege §um Sßarnafe atfo befdEjaffen fetm? S)a fid) jebod) in ben SBedjfelfciUen beS ^ßarifer ©olontebenS bie (Sinnrirfung be£ $üt)rer3 batb a6gefd)tt)äd)t tyatte, fo tonnte fid) im Süngting bie fünftlerifdje Snbiuibuaütät freier entmideln. Mein tiefe tjatte fid) bereite im Knaben als eine gur (Srcentricität l)inneigenbe erliefen, raa§ in jeber ber fogenanten freien gantaften über gegebene SErjema'S, in benen ber ®nabe fid) befonberö gefiel mit mogu er fortan anfgeforbert mürbe, offen rjeruorgetreten. $>er Sefjrer farj nidjtS ©efärjrtidjeS babei. £>ie gotgegeit tjat aber getetjrt, bis gu metdjem £)öfjepunct eS ber grofje SStrtuofe in ber feinem ©eifte eigenttjümlicrjen Ridjtung gebracht Ijat. konnte er fofjin ein reines Sftufter in ctafftfdjer SKufif ferjn, fte trage roeldjen tarnen immer, gumat feine ©ortragSmeife im allgemeinen auf feinem feften ©rjfteme beruhte, fonbern meift nur Don «Stimmung, Saune ober 23eifatISfud)t abtjing? Önbeffen, ber SBirtuofe mar nidjt fo einfeitig, roie öorbenannte finalen, er- matte ftcf) ja aud) ber 53eett)otien'fd)en SJfotftf bemädjtigt unb fte bitbete in mehreren feiner (äigentrjümlidjfeit entfpredjenben Hummern einen £)auptbeftanbtt)eil feinet Repertoires ! 'SaS mar ein SRiftgefdjid für biefe HJfufif, jeboct) nid)t baS größte, maS im Saufe ber ßeit it)r miberfatjren, benn Sifgt entbehrte nidjt ber poetifd)en ?lnfd)auung bei biefen SSerfen, bemnad) fanb er oft ein Content fjerauS, baS, menn aud) meit entfernt, um S3eet= bjoüenifd) gu fetjn, fo bod) beS §erren eigener ©eift mar, aber niemals orbinär. Sa, er tjatte gumeiten gemütt)Srut)tge, fogar mei^eüolle ©tunben, in benen er oielleidjt ben großen Stonmeifter fetber gang befriebigt Ijaben mürbe, 5. SB. fein Vortrag beS Es dur=@oncertS 1845 bei ber SnauguratiottS^eier beS SBeet= t)ooen=90?onumentS in Sonn. Seit beiläufig geijn Saijren fjat Sifgt bie SaufbaJjn beS Sßirtuofen mit ber eines 9JtufifbirectorS unb (Somponiftcn oertaufd)t, batjer er unS fjier am Orte nicfyt meiter befdjäftigeu fofl; unb ba er als Sefjrer beS StaöierfpietS ben „überttmnbenen ©tanbpunet" feftrjätt, fo jdjeint aud) bie clafftfdje Gtaoiermufif Oon itjm unb feinen ©djüfern wenig ober — 615 — nid)t§ mefyr gu befürchten §u fjaben. £)anf biefer (3d)idfafö= fügung!362) S)ie nadj Sifet am meiften bettmnberte ©rfcfjeinung auf bem gelbe ber SBirtuofität ift grau ßlara (Schümann, ©eit oieleu Saljren mar biefe ßünftlertn afö ba3 größte dufter in 33eetf)oöen'§ Sftujif üon ber gefammten beutfetjen ^ritit auf bem ©djitbe getragen, roa3 bei ber beftefjenben gerfafyrenjjeit \n liefet Sritil boct) morjl als ein t)oct)roict)tige§ Moment aufgefaßt »erben mufj. ©äbe e§ feine 5Inalogieen für beriet bie ©rengen be3 Vernünftigen toett überfteigenben (£ntfjufia§mu§ in ©acfjen ber Sftufif, bafj auet) fonft befonnene SSeurttjeiler ben feften ©oben unter ben güfjen öerlieren unb mit bem teidjt entgünbbaren unb herleiteten £)ilettanti3muö einfjertaufen fönnen, (man bente nur an bie 9tofftniftf)e DpernmnftE in 2)eutfd)tattb jurüdE,) fo müfcte man am gefunben ©inne felbft be§ 2Betfeften in unferer Äunft oerjrüeifeln. (S§ barf fonaefj nicfjt Söunber nehmen, raenn im Dorigen 3al)r ein Krittler in ber „9J?onatfcfjrift für £rjeater unb Sftuftf" aufrief: „Sie £rjeorie ber SJftiftf ift bie gefinnung§= lofefte, mettertoenbifd)fte 2öiffenfd)aft ber 2öeft, meiere jeber^eit ben SOtantel nad) bem SStnbe fjängt." Sebe Unttjat finbet enbtidj iljren 9tid)ter. 5(ud) in unferm galle bjat ftdj biefer ©pruefj betüat)rt;eitet- ©er eben genannten 9[fconatfd)rift*) gebührt ba§> Sßerbienft, ba$ allgemeine 55or= *) SBefanntlidj trat biefe gebiegene unb tuafjrbaft unabhängige geil* fdjrift erft 1855 in'§ Sieben. Seit bem beginn biefeä galjreS aber erfdjeint fie al§ 2Bodjenfd)rift unter bem Site!: „Diecenfionen unb SJJittfjeihmgen über Sbeater unb Sftufif." 352) Ein für allemal konstatiere ich, daß diese Partien des Schindlerschen Buches, in denen der verdiente Beethovenbiograph sich herausnimmt, über Kunstgenies wie Liszt, Clara Schumann, Mendels- sohn und andere in unqualifizierbarer Weise abzusprechen, daß diese Partien zu den schwächsten des Buches gehören; solche Partien haben es auch zumeist zuwege gebracht, daß er heftige Angriffe erfahren mußte. Ich bemerke nur kurz, daß ich ihm in diesen Dingen absolut nicht beipflichten kann. A. d. H. — 616 — urtfjeU für $rcm ©djumcmn grünbüd) erschüttert unb ben feit metjr benn sroanjtg Sauren üon tiefer Ä'ünftlerin arg mij$s Baubeiten Sßiener £onbid)ter gefütjnt gu fyaben. Saburd) Ijat bie 9#onatfd)rift beriefen, bafj fid) in SBien nod) ein tüchtiger Ueberreft öon SBeetfjotien'fdjer £rabition, gepaart mit genereller SBitbung in aller 9J?ufif, ermatten, metdjer natjegu an brei 3aljr= geljenbe (jinburd) !ein $eid)en beö SebenS in ber Äritif gegeben tjatte. Sie t)oct)gefeierte unb mafclog überfdjäfcte Äünftterin ging 1856, nad) ungefähr 17 bi§ 18 Sauren, gum gmeitenmat in bie Äaiferftabt, üiedeidjt in ber (Srmartung, einen anbern ©rillparger gu finben, ber fie unb it)re ßeiftungen nneberum tüte bamalö befingen raerbe; allein fie ftiefj mit ber feitbem in genannter üHonatfdjrift mieberertoadjten, unabhängigen, mit bem SBolfö* glauben ntdjtS gemein tja&enben ftritif gufammen, bie ifjre ©e= fange nid)t in ber fnappen $orm oeg ©onnet§ ertönen läfct. (£§ gehört aber in ba§> Qkrgeidjnifj ber mibrigen ©d)id= fate, meldje S3eetf)0üen'ö S(aluermufit tiom brüten Saljrgetjenb an bi§ gu biefem Sage in ber Deffentlidjfeit erfahren unb bie mit $rau ©djumann ben ©ipfetpunet erreicht fyaben, baß üon ber Sßiener SBeurttjeilung aud) in biefer ©djrift 5tct genommen merbe. SßorauSgegangeneS foll fid) anreihen, ba3 geigen wirb, bafj bie Stiftungen biefer Äünftterin frütjer unb anberuxirte fdjon competente Stimmen gegen ifjjr $erfat)ren Ijerüorgerufen l)aben — oljne bie geringfte SBirt'ung jebod). Sm $ebruarf)eft öon 1856 mürben bie Vorträge im erften (Soncert ber ^'ünftterin einer eingefyenben Äritif: unter= gogen. S)a3, 23eett)otien'3 (Sonate in D moll, Op. 31, 93etreffenbe fott faft mörtlid) tjier Sßlatj finben. 33on bem gebrodjenen Slccorb, mit bem ber erfte @a| beginnt, mie aud) öon bm SRecitatiüen, tjeifjt eS: „$rau ©dmmann üefs biefe ©teUen fallen, fpielte fie otjne ba§> minbefte 93eftreben, biefem ©ebanfen be£ 9J?eifter3 bie ifyrn gufommenbe — ober nur überhaupt irgenb meldje Sebeutung gu geben. 5It§ in ber Stuffaffung üergriffen muffen mir aud) ba§ Slbagio nennen, ©in Slbagio unb fpegiell — 617 — ba$ in 9ftebe ftefjenbe tierlangt eine 28eit)e, eine geierticrjfeit, eine ©röfje be§ Vortrages, meiere J)ier burd) ba% getollte SCempo öon üornljerein unmöglich gemadjt unb burd) bie aller= bing§ rufyige, gteidjtnäjjige, aber meber burd) ßartfjeit getoinnenbe nod) burdi ®raft imponirenbe — unferer ©möfinbung nadj maljrtjaft eifig falte Betonung nod) Weniger au3geörüdt »erben fonnte. 2Ba§ enblid) ba3 finale anbelangt, fo fann f)ier nidjt metjr öom 21u3brude einer persönlichen 9iid)tbefrie* bigung, fonbern öon ber 9?üge eines unberantmortlidjen fünftlerifdjen 9?ergef)en3 bie 9?ebe ferjn; grau öorgefdjriebene Megretto in ein ^reftiffimo, bafc e§ it)rer ftaunensroerttjen gingerfertigleit unmöglid) ift itjn burd)5ufüt)ren . . . £)a§ Ueberftürjen ber ^Saffagen, mie in jenem 23eett)0üen'fd)en neuerfunbenen Sßreftiffimo unb im Söeber'fdjen 9tonbo au§> ber C dur ©onate ift bto§ bie leibige $otge jener unmiberfierjtidjen ©ud)t ber gefammten jetzigen W\x\'\U mett, jebe§ &empo fdjnetter §u nehmen, at3 ber ©om- ponift unb bie einfadjften @eje|e ber üftatur, ber Shutft, ber gefunben Vernunft e3 geftatten."353) Sm 9)Mr§^ef t er[d)ien bie gmeite mit ber erften überein* ftimmenbe Äritif über baZ gmeite (Soncert ber Äünftterin, in meldjem jie unter anbern $eetf)ot>en'3 Sonaten, Op. 106 unb 81 gunt Vortrag gebracht. 9cur eine ©teüe barau3: „SDie unbe5ming(id)e Suft am fdmetlften £empo, am fogenannten Sagen, geigte ftet) unter anbern in bem ljieburd) unftar gemorbenen Scherzo e Capriccio öon 9ftenbet3fot)n. ©enug färben §u bem fpredjenb ät)nüd)en 33itbe einer ßünftterin, bie tauge 3at)re afö ^ßrototnp für richtiges &er= ftänbnifj alter (Sfafjtfer gegolten. Snbefj erachtet e3 ber 2kr= 353) Mit dem Final - Allegretto der D-moll- Sonate op. 31 ist Schindler neben seinem Gewährsmann wohl im Rechte. Am Finale der D-moll- Sonate versündigt sich heute so ziemlich jeder Pianist. Das Tempo überhastet da ein jeder. Alle möchten ihre Bravour dabei entfalten. A. d. H. — 618 — faffer für Sßffidjt im Sntereffe einer rjodjiuicfjttgen ©adje nod) einige färben §ur SBeröottfiänbigung biefe» 23itbe§ in ben Xoöf §u tfyun — benti mir Ijaben ein ©tüd &unftgefd)id)te auS unfern Stagen bot un§. Sm SftoOember 1854 brachte genannte ftünftlerin an §mei 9tbenben gu granffurt am Sftain folgenbe Sompofitionen ju @e= Ijör: (Soncert in Es dur unb ©onate in C dur, Op. 53, ton Q3eetfjooen, 9fionbo auö ber C ©onate öon (E. 2ft. üon SBeber, Yariations serieuses oon sD?enbefsfof)n, Saltarella ton <3t. fetter unb jtoei ©äfce au3 ber F moll (Sonate Oon Sof). Srafjmö. ©er ©inbrud, oorneljmlidj bei ben Q3eett)ooenTfd)en SBerf'en unb bem Sßeber'frfjen Sßonbo, mar bei allen SBerftänbigen ein petn* lidjer unb nirfjt eine «Stimme magte ein biltigenbeS Urttjeit über fold) unfunftlerijdjeS Serfatjren mit clafftferjer 9Jcufif taut merben gu laffen, ausgenommen bie Sournate, bie überflogen Don obligater Söerounberung. S)er aujjerorbentfidje 9tuf be= redjtigte gur (Srroartung, bafc grau ©d)umann bie in unfern Sagen faft gang Oerloren gegangene Slunft üerftetje, ctaffifcfye Sföerfe da ffifd) auf guf äffen, fie in iljren Xiefen §u ergrünben unb bem gemäfj jur 2)arftellung gu bringen. SSir täufd)ten un§ aber fammt unb fonberS, unb famen gur Ueber^eugung, bafj grau ©djumann in jebem 23etrad)t mit bem großen Raufen ber SSirtuofen getje unb claffifdje äJcufif im bud)ftäbtid)en ©inne be§ SBorteS nur ah^t^t, nidjt barftette. llnferen ©efüfjlen gab id) ?lusbrud in SHro. 45 ber 9cieberrf)einifd)en SDcufif Leitung 1854- Tcad) ben (Srgebniffen jener Slbenbe mufjte man gu bem ©cfjlufj fommen, bafe grau ©dntmann in Segug auf £eid)tfinn in S3e= tjaublung aller guten ÜJcufif, mie nidjt minber auf 33egriffs= lofigfeit aller ßljarafteriftif, ber Stfenge gleid) ftelje, f)inftcf)tlid) beS ©efüfjlS aber für bie ^ft)d)e beS £on£ unb be§ Abganges mufica(ifd)=rt)etorifd)er ©djutbilbung ifjreS ©leidjen faum roieber finbe. Sn Slnbetradjt ber 3uf*änbe in ber ^unftfritit, bie bem unbestritten großen Talente, ungeadjtet fo eclatanter Mängel, — 619 — ju einem ausgebreiteten Stufe berfmtfen, rooHte ber Sßerfaffer ba§> ®et)örte mie ein bebentfameS gefdjidjtftdjeS Moment begriffen unb in befonberer SSeife feftgefteüt fjaben. ©emnad) erbat er fid) öon ^mei 511 granffurt lebenben Shtnft=93eteranen oon an= erfanntem Sßerbienft bie ^Beantwortung nad)ftef)enber fragen, bie ba% 33itb mit einem 9\aljmen umgeben füllten. „©ubjectioität in 9(uffaffung unb 2Iu§füf)rung d)araf= teriftifdjer SDhiftfroerfe big 5U einer gemiffen ©ren^inie 5itge= ftanben, innerhalb metdjer ber ßfjarafter be§ £onftüde3 nod) immer erfennttidj bleibt, roenngteidj ber Intention be3 @ompo= niften in ettnaS entr üdt, fo entfielt bie $rage: mar bie ?lu§füi)rung be§ Es dur (SoncertS unb ber ©onate, Op. 53 oon Seetfjoüen, meldje $rau (Sfara ©dmmann in iljren ^robuctionen im 9coüember tjier in granffurt oorgetragen, nocl) innerhalb ber ©ren5= tinie gelitten, bie ben eigentt)ümtid)en (Stjarafter biefer SSerfe nid)t mefentlid) atterirt, na^eju unfenntlid) ge= mad)t l)at? „Sie Stuffaffung beiber SBerfe Seitens biefer $ünf tierin inSbefonbere betreff enb, fragt e§ fid): gingen mot)t au§ bem Vortrage Dbjectiüität unb 3n= nerlid)feit fyeroor, ober mürbe nidjt oietmef)r, fyaupt- fädjtidj in $otge ber genommenen £empi, baS 6t)a= rafteriftifdje beiber jerftört? ÜQüite fpe^ietl bie ©onate bei fotdjer SBetjanbtung nicfjt ben ßtjarafter ber @aton= m\\it?" Unabhängig oon einanber gaben beibe Äunft=SSeteranen Ujr Urtr)eit in fotgenben ^Beantwortungen ab, bie bisher gurüd* gehalten mürben: A. „©0 menig man aud) baS grofce latent a(3 (Slaoier- fpieterin ber grau ©djumann in Slbrebe ftetten !ann, fo mufj id) bod) bie fragen be§ §errn ©d)inbler bafjin beantmorten, ba§ biefetbe ba$ Seetfjoüen'fdje Es dur ßoncert Oiel 5U fet)r übereilt t)at; eben fo bie ©onate — 620 — in C üon SBeettjotoen, tooburd) aller (Xtjarafter ju ©runbe ging, fobann macfjt biefe Stünftlerin oft einen magren äJftfjörcuufj mit bem tyebai, roeldjeS fie E)äufig an ungeeigneten ©teilen gebraucht unb — üerrairrt. 2)ie3 ift bie bottfte Ueberjeugung be§ Unterzeichneten Dr. 2(fot)§ ©djmitt. B. „üftacrj meiner 91nfid)t tjat $frau ©cfjumann im SBor= trag be§ SBeetljoöen'fdjen (Soncert§ bie ©renglinie ber gröfjtmöglidjen ©djnelligfeit in ber 2lu3füf)rung besfelben, über mclcfje bie Intention be3 (Somponiften üernicrjtet morben märe, nicf)t ü6erfcr)ritten, aber be= rürjrt. SSeniger fdmell märe bocf) beffer geroejen. 2)te ©onate, Op. 53, hat fie hingegen im Allegro con brio unb Rondo, Allegro moderato, üiel 5U fdjneü, ba§> am (Snbe folgenbe Prestissimo öertyältnife* mä^ig gu langfam, öorgetragen, rooburd) iljre Seiftuug allerbing3 in ^Bejierjung auf bie beiben sutetrt genannten ©tüde ba§> SSerf üon 33eett)ot>en 5U einer 2lrt öon ©aton=9)cu[tf ftemüette. ©dmtiber tum Sföartenfee." Ser ©taat t)at bie ©eraalt jebe§ 93ergel)en gegen Crbnung unb @efe§ im Sntereffe be§ politifdjen ©anjen gut S3erant= mortung 3U äierjen unb 511 al)nben. 3Ber aber öermag bie $er= gelungen ber Äünjtler in ©adjen ber Äunft mirffam §ur SSer= antmortung 3U sieben, tuenn biefe unter bem antriebe ober ©djutje einer unzählbaren sDcenge fogenannter Äunftfreunbe, namhafter Slünftter unb obenbrein ber ftunftlriti! ifjre Untaten 5um ©c^aben ber Äunft, ja gut ©djmad) beä auf mufifalifdje SSilbung 5lnfprud) madjenben 3e^alter§ öerüben bürfen? 33e= Dor bie ÜDconatSfdjrift mit ber „Sftüge eines unüerantmortlidjen SBergetjens" ber $rau ©djumann entgegen getreten, t)ätte ba& jelbe fdran Diele 3at)re früher gefdje^en fotlen, benn fcfjon Sarjre öotfjer Ratten Äunftüerftänbige au» ben Vorträgen biefer ßünftlerin errannt, bafc foruoljl irjre erhaltene ©dmtbilbung, mie — 621 — ber geringe ©emütljSfonbS biefelbe nur für moberne SJcufif befähige. Mein grau Schumann liefe ftäj üerteiten, alle Staffüer auf tljr Spult §u legen, um fie alle gu moberni* firen, b. 1). übel 31t befjanbetn. Sn Seettjoüen'S äJfcifif mar fjauptfädjlidj 9JcenbetSfoljn majjgebenb. DaS mar ein entfdjiebeneS UngCüdE für biefe äRujtf. Sie SBunben, roelcfje burdj biefen Irodjftefyenben Slünftter, als (Etaüierfpieter unb Dirigent, ieglidjer SDbtftf gefdjtagen roorben, ber böfe ©amen, ben er auSgeftreut, f)at im Sorben unb ©üben, im Dften unb SSeften beS muftcatifdjen Staates feine grüßte getragen, bie mit nidjtS mef)r ju oertitgen ferjn merben, roie fetjr fid) aud) einige Äunft*Drgane barum bemühen, benn bie ©inmirfungen finb bereite in pfeifet) unb S31ut ber ©eneration eingebrungen. ■fttdjt etma, bafe eS nid)t fdjon oor 9ftenbetSfot)n Dirigenten gegeben, bie, roie er, ßlaüier=SSirtuofen, bemnad} roie er, jebe SUhifif febiglid) üon biefem Stanbpunct aufgefaßt unb felbft grofce Waffen im Sturmfdjritt üor fid) t)ergejagt fjätten, 5. $8. (Sonrabin ^reutjer, allein it»re ©inroirtungen blieben auf einen Ort befdjränft, über roeldjen IjinauS it)re Autorität ntct)t .gereicht. 9)?enbefSfot)n aber trug bereite im jugenblidjen 5tlter jeine fünftterifcfje Slutorität als ädjter ftunftariftofrate öon Sanb ju Sanb, uon einem Üftufiffefte gum anbern, fomit lonnte eS nidjt ausbleiben, bafe er allenthalben als t)öd)fteS Siftufter in jeber ©attuug Sftuftl anerkannt rourbe, §umal feine Seiftungen nod) burd) eminente Sigenfdjaften anberer 31rt unterftü^t roorben. SttS ber SBerfaffer 1836 beranlafet roarb, gegen 3tfen= belSfotm'S 23et)anbtung ber 9. Sinfonie auf bem Düffelborfer DJcufitfefte in ber Sölnifdjen ßeitung aufzutreten, mar feine (Stimme eine oerein^elte, bie gotge batjer Spott unb £)ot)n. Damals mar eS aber noct) 3eit, mit ü er einten Straften ber beginnenben g(utt) einen Damm entgegen §u ftellen unb eine ber §auptquelten unfd)äbtid) 5U machen. Söo roaren jebod) jene §u finben, bie mit befferer (Sinfidjt bem öom gefammten Dilettantismus ber ^robin^ für unfehlbar erflärten $ünftler — 622 — otjne gurdjt unb Sangen entgegen getreten mären? — ©o er= folgte ein ©ergeben im großen ©trjl nacrj bem anbern nnb mit ^mtpfommen anberer gleichfalls ju Halbgöttern erflärten &Iatrier*33irtuofen mar ba$ (Srjaratter^epräge unferer ßeit eine botlenbete 'Jrjatfadje, meiere bie ®unftgefd)id)te einftenS biet be= fdjäftigen mirb. Dtjne 3meifel M 3rau ©djumamt bie 1856 bon ber üftpnatSfcijrift ausgegangenen grünbticfjen 23eurtt)ei{iiugen itjrer Vorträge in gemiffenrjafte (Srmägung gebogen unb fiefj bemüfjt, fo biet nur mbgtid) biefelben %a beachten unb bamit ben 33emeiS (^u tiefem, ba^ fte, mir t tief) bon einem t)öt)eren (SeniuS befeett, ber 53elef)rung ein milligeS Dljr leibje, um in ber (Srfenntnifj beS 2£at)ren unb (Sdjönen ftcf] metjr gu ergeben unb als gutes dufter ber Sugenb borsuteucfjten. 2)er gefcfjätjte ?teftt)etifer Dr. (Sbuarb £ auslief gibt in ber „treffe" bom 11. Januar b. & in feiner ^Beurteilung beS 5toeiten SoncertS ber ftünftterin in SSien bavüber STuSlunft. ßr fagt unter anbern: „25a ber (Sinftufc eines fotdjen SBeifpielS auf junge latente fefjr grofc ift, motten mir auefj auS bem legten ©oncerte ein 53eifpiet anführen. 2ßer bon ben 3Us rjbrern märe im ©taube gemefen, bem erften ©tücfe ber „SlretSleriana" in biefem £empo 3U folgen? (Schumann fcfjreibt „gorte" bor unb begeictjnet überbieS ben 2fnfang jeber Sriole mit einem 2lccent; ein ^ßrefto tote baS ber grau Schumann läfet aber nid)t baS geringfte $ermeilen auf ber Safte 5U, unb mürbe felbft einem 2)ret)fct)od ober Ütubinftein baS gorte unb bie 5lccente unmögtid) madjen." — £>iefe üföorte geigen, bafj grau Sdjumann felbft bie SJhtfii ifjreS berftorbenen ©atten übel berjanbelt. ©djon in feiner ^Beurteilung beS bon ber ftünftterm erftgegebenen (EoncertS fagt ber genannte 5Ü!ritifer: „ . . . gerner fanben mir ibjre Neigung gur 33efd)teunigung ber SEempi alt§ufet)r borge) dj ritten." £)ie „Wecenfionen" erflären fiel) in 9er. 9 bom 2. 9Dcär$ — 623 — b. S. über bie jüngften Vorträge ber grau ©djumann in bcr Äaiferftabt barjin: „ 2Jcöge e§ nur gemattet bleiben, ben @runbfa£ feftgufjatten, bafe bteö feine 9^ict)tung fet>, metd)e angefjenben ßomponiften unb angerjenben Sßianiften $ur 28eiter= Verfolgung empfohlen »erben fann. 2Benn grau Schumann SKo^art ober ÜBeetrjoOen, SSeber ober (Sljopin fpiett, fo füljit man jttar bie ©egenroart einer SDceifterin, allein rcirb un= roitlfürlid) ju mandjertei 5tu§ftetlungen gebrängt. 23atb febjtt bie ©röfje be§ Xon3, rcie fte grauen überhaupt nidjt gegeben, balb fef)ft bie ©ragie, balb bie §er§ttd)fett, balb bie griffe, balb tft an ber Stuffaffung etwa3 au§gu[e£ett." — Unb mit biefen Mängeln behaftet fonnte biefe ^ianiftin für ba§ größte SWufter in 23eetrjoOen'<§ 9Jtuftf procfamirt roerben! SlHeS biefe§ ^eigt aber gur ©enüge, bafj grau ©crjumann fjeute nod) biefetbe, bie fte oor 4 Sauren geroefen, \a, ba^ fte nad) §an§Iirf'§ SBefunb in irjrem ba<§ SSafjre unb (Sdjöne ttjatfädjftdj öerrjöt)itenben treiben nod) Oorgefdjritten ift. Samit befunbet fid) ber ©etft ber mobemen Shmft41riftofratie. Sn ber ©emif^eit be§ Söeifallö fetteng ber in befferer ©rtenntnifj gän^iid) Oerfommenen Stenge unb ber Q3eförberung ifjrer s$riüat=3roede oon ber geftunung3lofen t)unbert5üngigen Stxiüt oerfcrjliefet biefe oornefjme (Slaffe oon SDfrtfifern bie Ofjren jeber üom ©itje ber SBiffenfcfjaft auSgerjenben SBelefjrung unb gibt tebigtid) itjrer ©ubjectiüität ben fdjranfenlofeften «Spielraum, ©otdje 23eifpiele muffen nnoermeibtid) auf bem fürgeften Söege baf)in führen, bie auf 2Siffenfd)aftlid)feit berutjenbe StunftfritiE fetjr balb ooflftänbig in ben §intergrunb gu brängen, mie im (Eingang biefeS XtjeilS fdjon berührt morben. Sftögen fid) fämmtlidje gad)blätter gut Sefämpfung biefe3 Sä'monS bie "Deüife mät)len : Viribus unitis, tuenn itjre ©rtfiettg nad) raenig Satjren nod) eine 9Jcögtid)feit feün folt. Söolten mir bie (Stjararteriftif alter oon einem Soncert* ©aal §um anbern getjenben SBirtuofen mit einem Solide über= flauen, fo rjat uttö bie 9)couat3fd)rift im Slprilfjeft oon 1857 — (324 — (ßonceri=23erid)t) eine getreue 3eid)nung geliefert. 2)ort tefen mir unter Slnbern: „ . . . @S gehört 31t ben oetrübenbften Erfahrungen fleifjiger (Soncert^efudjcr, immer unb immer roarjrnerjmen 311 muffen, roie fet)r bie Sfaibtlbung be» 51uffaffung3oermögen£ unb ber f^egiell muficatifdjen f^ätjigfeitert über jener einer blo3 äufjerürfjen, oft gerabe§u anti = muficatifd)en Xedjnif üernadjtäjfigt roirb. S)ie auffallenbften ©eifpiete bafür liefern bie concertirenben ^ianiften. ®a ift 3. 93. gräulein £. (Sie befitjt einen äiemtid) t)übfd)en $Infd)tag, Unabrjängigfeit ber §änbe unb überhaupt genügenbe ^ingerfertigreit. Unb roa§ roeiter? — Sßjjrjfijcije Äraft ift nid)t Gebern gegeben. %Ran fann im Reitern, grajiöfen ©enre SBorttefftidjeS leiften — bann ober üertege man fiefj aud) mit ganger Seele bar auf unb getg'e audt) hierin nebft ben ted)nifd)en ©igenfdjaften @eift unb ©emütf). 2Ba3 Reifet aber fo ein auf Glafftcität 5(nfprud) macfjenbe» Programm, roie e§ jetjt üblid) ift: §eroifd)e (Sonaten tion 23eet£)ooen, Skd/fdje $ugen, SOZenbelöfuljn'fctje 9}onbo' mürbe man üon fämmtlid)en un§ betannten männlidjen unb roeiblidjcn Goncertanten üergebtid) ermarten*), unb nun gar bie £empo*$rage, ba§> ridjtige ©efüt)t be<§ £empo, mie e3 bie 23e3eidjnung felbft, ber ©tjarafter be§ Sonftüd^, bie gefunbe SSeruuuft angibt! — Sft *) ©iefer 2tu3fprud) fteljt im beften (Smflange mit bem oben bon £>ector 33erli£»ü angeführten. — 625 — ba§ ein Sagen, ein drängen, ein Rubeln! afö ob eine SBette beftünbe, mer früher bamit fertig nrirb, at§ 06 e§ ein SSerbienft märe, aus Vierteln Sichtet, au§ Stdjtetn Secf^efintet gu machen, als ob 5. 53. Söeetfjoüen ber heutigen ^ianiften* Generation mit bem testen Satje ber F moll * «Sonate eine 93raOour=@tube jum $ßriöatgebraucf)e übermalt fjätte!" 3ur SSerüottftänbigung biefes geitbilbeS foll ber SSiener ©fijje eine ßeipgiger gur Seite geftettt werben. 2)ie <$rengboten üon 1854 brauten in 9£r. 19 einen frttifdjen S3erid)t über „Sie Seipgiger 2lbonnement=(5oncerte im SBinter 1853—54" aus ber geber üon Otto gajjtt, barin folgenbe «Stelle erfct)eint: „@in ®ruttbfdjaben für alle Seiftungen beS Drct)efter§ ift baZ Ueber^e^en ber meiften Xempo'S, tuefcf)e§ — teiber nact) 9ftenbe(3fof)n'3 Vorgang — f)ier immer meljr um fiel) gegriffen Ijat, unb mofür e§ einen fcrjfecfjten ©rfafc gemährt, ba$ gelegentlich aud) btö £empo entfefcttdj oerfcfjteppt mirb. ®afe ein fotcfjeS fjaftigeS abjagen, ma§ bod) niemanb mit geuer unb Seibenfdjaft üerroetfjfetn motte, meiftenS fcfjon an fief) einen fanget an richtiger Stuffaffung betunbet unb ben ß^aratter unb bie Söebeutung ber (Sompofition gar nicfjt 5ur ©rfcfjeinung tommen Iäfet, berfteljt ftetj eben fo fefyr, aU bafe ber %on unb SHang, roefenttict) beeinträchtigt, nie $u feinem föedjte fommt. 3ft biefe 9kpibität menigftenS eine Sßirtuofttät beS DrdjefterS, fo mag man barüber ftaunen. allein bei unS fteljjt bie Sadje gang anberS. £)a£ Drcfjefter ift nicfjt im Stanbe, fdjttrierige Sachen in ber Scfjnettigfeit uotttommen fjerauSgubringen, fte fommen nur J)alb §um SSorfdjein, baZ detail mirb öernad)= läfftgt, unb biefe $rt gu mifdjen unb gu fd)(ottern, e§ nirgenbS gang genau gu nehmen, reifet überhaupt ein, eine feine Sftuancirung unb Scfjattirung finbet niii|t mef)r ftatt unb fann burdj berbe, grobe Sdjtageffecte nidjt erfei$t werben. 2)iefe §aft unb (Site üerbreitet ftcf) bann über bie gange 9luffaffung unb 5lu§füf)rung, liebeootte Sorgfalt unb einfttf)tige3 (Stngefyen oermifjt man überall, K. ©cfjtnblcrä SBeet^oeen.58tograp^ie. 4Q — 626 — eben fo feljr in ber fcrjarfen Beobachtung ber rrjtitljmifcfjer! ©tieberung afö in ber Sict)t= unb Scfjattenüertrjeilung bei polrjpfjonen ©eftaftungen, morauf beren Berftänbnifc bor allem beruht. 2Bo fo bie Srfenntnijj ber untergeorbneten S^erc)ättniffe ferjtt, ift ein ©rfaffen unb 3)arftellen be§ tieferen ©el)alte3 nodj) roeniger gu erroarten." (Sn berfefben SSeife beurteilte ber SBerfaffcr ba$ Seipgiger Drcfjefter neun Saf)re früher nad) 2lnf)örung groeier ©emanb= fjau^Goncerte unter gerbinanb £nller3 Seitung. 9J?enbet§fof)n mar fo eben in feine neue Stellung nacfj Berlin abgegangen.) (So fterjt e3 um bie ©egenroart! 2Bat)rttcfj, roenn unfere Slaffifer mit leiblichen ©innen in biefeS friüote ©etreibe treten fönnten, fie mürben bie meiften irjrer SBerfe nirfit mieber er= fennen. SSenn nicfjt bie großen muftcatifcfjen S'örperfdjaften, namentlich) bie gemifdjten ©efangöereine, als unerfdjüttertidje ©runbfeften ba§ ©egengemicfjt Rieften unb bie eigentlichen (Sonferoatorien (@r§altung§*8nftitiite be§ ©uten unb 2Sal)ren) repräfentirten; menn nid]t ferner ein anfetjnlidjer 23rud)trjei( be§ geniefjenben ^jSublicumS öon bem ©ebafjren jener ©(äffe oon 9J?ufifern ermübet fidj bem Befferen guroenbete, ba$ fommenbe Sarjrfmnbert Ejätte nur meljr Ruinen auf bem ©e-= biete ber claffifcrjen £onfunft anäufdjauen. Sftöge jebod) biefer Xrjeit mit freunbticfjer ffingenben 5fccorben bem 9(bfd)(uffe nafje geführt merben, al§ bie nädjft= öorftetjenben geflungen. Um biefe3 *u erreichen ferj juuörberft ein S^üdbtid in bie fiebenstage unfern erhabenen £onbid)ter§ geftattet. Seiner ßlaüiermufif (bie ©oncerte aufgenommen) mar ba§> feltfame £oo3 befdjieben, lebiglid) in §mei tarnen bie mafjrften, in ifyren ©eift am tiefften eingebrungenen Vertreterinnen §u befi^en, bie mit reinfter unb aufrichtiger ^Sietät fid) ben bjoljen ©ebitben genähert unb felbe burcfj feinerlei Birtuofen = guttaten SW oerbeffern gemagt fyaben, inbem fie Birtuofinnen in be§ SSorteg moberner Bebeutung nicfjt ge* mefen, folgtid) aud) ben biefer Glaffe antlebenben (belüften — 627 — unb SSerfutfjungen nicrjt unterworfen nmren. ©ine biefer Samen mar bie Freifrau 3)orotf)ea öon (Srtmann in SSien, bie anbere bie ©räfin ©ibonie oon 23run§tt)icf354) in ^Sefttj. £>ie SSirffamfeit ber erfteren — nnter Anleitung $eetf)oüen'3 — fällt in ba§ erfte unb gtoeite Sarjräerjenb, bie ber anbern S)ame in ba% britte unb üierte. lieber $rau üon Srtmann t)at ficfj ber Sßerfaffer bereite in ber britten Sßeriobe augfü^rlict) au^ gefprocfjen. 3>ort ift unter anbern gefagt, bafc biefe £>itf)terin im 5lusbrucE be§ Slnmutljigen unb üftatoen, aber auf im liefen unb «Sentimentalen ejceßirte, ferner, ba$ fie bie ©renken biefe§ it)re§ befcfjränften @ebiete§ üor Kennern im großen ^aum nie= mal§ Übertritten, bafj fie überhaupt an bem @a^e: „?ttle§ pafet nicfjt für Sitte", unberrücft feftgefyalten \) be= fonbereä d)arafteriftifc(je§ 9J?er!maI barf ber SJcutf) biefer ©otbatenfrau gerühmt roerben, mit metcrjem fie ben QSirtuofen gegenüber getreten, Don benen fie ficfj, tro§ be§ SSotföjubete, nicfjt im geringften imponiren tiefj.*) — 2tnber§ ftanb e3 um bie grofce üüfteifterin in ^ßeftrj. SSenn in folgern $atte ein §8ergleicf) mit @enre= unb .£nftorien=SDMerei paffenb märe, fo bürften bie intenfiben mie ejtenfiüen ©igenfdjaften beiber Äünftterinnen anfcrjautirf) neben einanber geftellt fetjn. Sm ©egenfatie §u ber SSiener £)ame mar nur ba% ©rofje unb Stiefernfte ©egenftanb ber Snfpiration unb poetifcfjen 3ßieber= gäbe bei ber ©räfin 23run3n)icf. S§re Seiftungen tjierin glichen großen SBanbgemätben unb mirften oft fcfjtagenb. 3n S3eet= *) SSeldjen Spielraum SBeetfjotien biefer Sünfilerm ju ©eltenbmadjung tbrer ©ubjectitoität am pano gelaffen, unb unter tuetdjen S3ebingungen ober 23orau§fe£ungen bieg gefdjefyen, ifi ©. 288 u. ff. bemerft. 3b4) Über Dorothea-Cäcilia ist bereits eine ausführliche Mono- graphie in der „Deutschen Musikerzeitung" vom Herausgeber erschienen, über die Gräfin Sidonie von Brunswick wird „Beethovens Frauenkreis" eingehend zu reden haben. Über die dritte große Beethoven-Priesterin Marie Pachler-Koschack wird ebenfalls noch genau zu sprechen sein. Ä. d. H. 40* — 628 — §oben's SWuftf mar fie burcfj iljren ®emal)t eingeführt morben, beffen eigentliche ©djjüterin fie gemefen. 3n mefentlidjen ^uncten trafen jebotf) beibe Samen §ufammen: in getreuer üftadjempfinbung bes Xonbitfjters, unb richtiger Sr= fenntniB i^rer ©tärfe unb (Sctjmädje. STuS erfterem ©runbe marb in bas reprobucirte 2Berf nichts hinein, aber autf) mdjtä ljeraus gef)eimni^t, ma§ nicfjt barinnen lag — mie ber* gleichen bem (Sin gemeinten mit allen Singen 511 ergeben pflegt, '■ — aus" bem anbern ©runbe blieb man mit fcrupulofer ©eroiffen- fjaftigfeit bem fünftlerifctjcn Vermögen getreu, ©räfin ©ibonie mar granbios in 33eetf)oben's B dur=2rio, in ber F moll= (Sonate, in <2pot)r'§ Ouintett C moll, be§g(eicf)en in einigen Söerfen oon Dnstom, abftecfjenb bagegen in anbern, bie ät)nlid)es ©epräge nidjt getragen, ober benen burctj bie gemaltige föraft tt)rer £)änbe ein etmas uneigentljümlicrjer (Efjarafter gegeben morben. %m teueren $alte übte fie felber ftrenge Äritif itjrer Seiftung, bie meift nur au§ ©efäßigfeit für ^Cnmefenbe ftatt= gefunben. ©räfin Sibonie erfreut firf) noctj be3 Seben§ im Greife ber itjren, itjre |)arfe jeboct) ift mit bem 1847 erfolgten £obe it)reö ($emat)ls auf immer oerftummt. öeibe Ijaben bie großen llmroanblungen auf bem ©ebiete ber (Joncert* unb Äammermufif mit 511 beobachten bie unerfreuliche Gelegenheit gehabt.*) *) 2)a§ §au? be§ Ghafen ^ranj öon Srunäraicf gtid) einem Gonferöatorium im fleinen ^Nafeftabe für einen au§erroäf)lten ßretS nadj ^öljerem firebenber Sftuufer unb ötufiffceitnbe. (Sin fieljenbeä Quartett in mufterb,after 2Ut3bilbung mit 2abor§fn (au§ bem ^rager Gonferöatorium) an ber erften Statine, ber ©raf felber am JBioIonceQ, bie ©räfin ba§ ^iano- forte rjanbfja&enb — biefeS fünftlerifdje -Trifolium im 25erein leistete, roa§ man in SSien jur 3eü öergeblicb, gefudjt traben mürbe. SSeldj' ein Setjrer unb Serbreiter be3 guten ©efd)macfe3 öraf SrunSroicf im großen s3ftafe= ftab geiuefen, nürb 9?ad)ftel)enbe§ geigen. 1819 übernahm er bie Seitung be§ ^eftfyer Stabttrjeaterö in ber löblichen ?lbficf|t, bem tief gefunfenen Qu- ftanbe toieber aufzuhelfen. 3m erften %>at)xe ging aüe§ gut öon Statten, bie 2)inge waren merfltcb, öorgerücft. %m jroeiten Sa^re aber »erlangte — 629 — Sßenben mir unä mit bicfen gemife aud) für ^ünftter Don Getier nacrjat)mung3tt)ertf)en Seifpieten §u ben ®ornpljäen ber neuen 9Rid)tung in jener 3e^^ toetdje im Saufe mehrerer Sa^erjenbe forooEjt in ber öftreid)ifd)en tftabt ttrie aflent* falben bie daoierfpietenbe Sßelt allein be^errfd)t fjatten, al§: Rummel, attofdjeleS, $ßiji§ u. a. $urd) irjre $ro= buctionen tjaben biefelben bemiefen, baft fie ifyrem ©enre — ber 23rillance burd) 23raoour — getreu geblieben unb feinen anbern in it)r Söereid) gebogen rjaben. £)arum teifteten fie $oHfommene<§. 2Iud) fie gelten ben „übernmnbenen @tanb= punct" feft, mie bie ,3itfunft8mufifer öon *)eute> benn aud) fie mochten geglaubt fjaben, nne bie ©egenttmrt, fo gehöre iljnen aud) bie £utunft. 2)a& fie SSeetrjoöen'3 Söerte unbeachtet liefen, foü nict)t al3 ftrenger Xabel gelten, benn biefe übten auf ein gemifcfjteä ßoncert=$ßublitum ntrfjt ben minbeften Steig mefyr, ftanben überhaupt mit ben eigenen (Sompofitionen biefer Äünftter im ©egenfatje. 2öiÜ man ftd) öon bem ©efagten überzeugen, fo üerfotge man bie (5oncert=$rogramme ber ge= fammten Stünftter in ber 3lttgemeinen Sftuficatifdjen geitung, e£ bürfte barin nidjt ein einziges festen. S)er ftd) bortfjer aufbrängenbe SSergleid) mit bem ©tanbe ber £>inge in unferer ber silbel mefjr italienifctje Opern, ber anbere SDjett be§ ^ßublicuma metjr SBiener Sofien. S5aS fjiefe auf ben alten ^lecf jurücfgetjen. SDie Don ber SDirection gemalten (Sonceffionen genügten ben 23egeljrevn, oornefjmlicfj bem älbet, nidjt, unb ba ©raf SbrunSroicf bei feinen gefaxten ©runbfä^en be* fmrrte, fo fam e§ alSbalb batjin, baf$ fämmtlidje iiogen leer ftanben. ®a§ t)tnbette iftn feboct) feineSroegS, bie beften ©änger unb ©djaufpieler fommen ju laffen unb fict) mit einer fleinen Slnjatjl ©ingelabener gefie in Oper unb ©ctjaufpiel ju bereiten. Sßacft, 9?ieberlegung ber 2)irection 1822 mar eine enorme Summe Derloren, aber bie ©fjre nidjt, aud) ttictjt ba% Seroufet* ferjn, baä !öefte gerooüt unb e3 in einem fleinen Steile beä Sßublifum3 erreidjt ju fjß&en. @r Derbüeb immer ber reichbegüterte Magnat be§ ÄönigreidieS. 2lu3 jenen Sauren batirten einige intereffante abriefe Don iöeettyooen an feinen greunb in s#efilj, in benen biefer ermutigt roorben, auf ber eingefdjlagenen Söafjn fortjumirfen. ©efegnet ferj fein Slnbenfen! — 630 — 3ett, (tüte itjn bie üEonatSfdjrift üor 5(ugen legt) ba$ Ch> gebnife, ba^ ba§> in jenen £agen oben Stefjenbe (ängft üer= Rungen, bagegen bie äurücfgefettfe SD^uftf unferS 3fteifter§ tote ein ^Ijönir au3 feiner ?{fcfje roieber erftanben unb eine ©(orte erlebt fjat, roie niemals 5U erwarten ftanb; ferner bie %fyaU fatfje, bafj genannte Äünftler in fpäterer 3eit, afö üjt Stern im Untergeben toar, ftd) mit 2lrrangiren üerfrfjiebener Sßerfe be§ etnft unbeachteten 9fteifter§ befcfjäftigten (Rummel bie ©infonien), enblicfj gar an neuen §erau§ga6en biefer iSBerfe ficf) beseitigten unb tfjren tarnen barauf festen (ÜKofrf)ele§); ba§ finb ©rfdjeinungen, bie in alter SD?ufi!=Siteratur feine Sßarattete finben bürften. üftadjfterjenbe Heberf tc^t ber üerfcfjiebenen ausgaben üon Seetfjoüen'fcrjen 28er fen roirb ein fpred)enbe§ 3eu9n^B üon ber beifpiettofen Verbreitung berfelben tiefern. 2>ie Originalausgaben ber (Haüier-SBerfe üer= trjeiten fidj unter bie bermat befterjenben SBertagSrjanb* hingen üon: £a§linger in 2Bien, (im SSefttje beä gefammten Vertagt be§ ehemaligen 3nbuftrie=(£omptoir§), Spina in SSien, üomtal§ ®iabeüi u. (Somp., (im 33efi^e be<§ Vertagt üon S£rjab. 2öetgt, iüftattb,. Slrtaria, ^Sennauer unb Seibesborf), 2ßi|enborf in 2Bien, (im SBeftfce öe§ Vertaget bon Sappi u. Sofepf) Saernti, £rentfdjen8ft) u. SSieroeg unb (£b. 9JMo), ©cfjfefinger in 23ertin, SIrtaria u. Gomp. in SBien, ©imrod in Sonn, $ßeter3 in Seipjig, SSreitfopf u. §aertel in Seip^ig unb ^offmeifter in ßeipgig. 23emerfen3iüerrf) ift, ba% faft alle biefe §anbtungen fidj gegenfeitig an btefem irjrent ©igentrjum »ergriffen unb melfadj nadjgebrudt t)aben. — 631 — 2Iu§gaben oon alten Sonaten (mit 5lu§na£)me öon Op. 106, 109, 110 unb 111) Ijaben batb narf) S8eet^ot)en'§ £obe üeranftaltet: §a§linger in SBien, 3ot). 3(nbre in Dffenbadj, Simrocf in 93onn, Sote u. SBocf in ©erlitt, ßranä in Hamburg. ©ine meljr ober mettiger grofje 3Cn§at)( ber Sonaten ift gebrucft bei: Sreitfopf u. £>aertet in Seidig, üftagel in §annoüer, $ßeter§ in Seidig, Schlesinger in Berlin, Spina in 2Sien, Spefyr in 23raunfd)toeig, 33ot)me in Hamburg, Sßi^enborf in SBien, 5lrtaria u. (£omp. in SSien, Scfjubertf) u. (Somp. in Hamburg, 2Seinf)o(t3 in Söraunfdjmeig, 23atf)mann in ^annober, ©{jallier in Berlin, Scfjott in SJcainj, @cf u. ßomp. in Sötn, Söfjr in granffurt am Sftain, ©unft in granffurt am 9)tain, üftägeti in 3ur^- Seibe te^genannten 2tu3gaben ftnb faft gän^icr) Vergriffen. Sn ber üon S)unft befanben fid) gugteicf) alle S£rio'3, Duartette, £luintette unb alle ©oncerte, btefe meift and) in Partitur. — £)e3g(ekrjen alle Sieber unb ©efänge. §oüe in SBolfenbüttet läfct eine Stereott)p=2Tu§gabe fämmttidjer SSerfe „unter Oteöifion oon Dr. gran§ Sifet" — 632 — erfreuten. ^Bereits finb eine ^Inja^I Sonaten unb einige «Sin- fonien, arrangirt oon $. SB. äftarfull für ^ßianoforte gu 2 unb 4 ^pänben, im publicum. ^atlberger in Stuttgart fjat begonnen, fämmttidje Sonaten „unter 9M>action bon SttofcrjeleS" fjerauSäugeben. £>ecfel in 2J?annt)eim §at afle (Haöier^rio'S unb bie Partituren fämmttidjer Quartette IjerauSgegeben, bie aufjerbem aucfj bie Verleger ber Originalausgaben öeröffentlidjt Reiben. Sn ^ßariS ejiftiren an -$et)n metjr ober toeniger oott= ftänbige ausgaben aller 6(a0ier=2Berfe. 3Me Partituren alter (Sinfonien finb bafe(bft in gnjei Offizinen gebrueft; bie Partituren oon alten Goncerten I)at fRicfjauIt ijer* ausgegeben. Sn (Snglanb erjftiren fecfjS bis aetjt üoltftänbige 2(uS= gaben alter 6(aoier=2öerfe; in Belgien unb §oltanb fünf bis fedjS; in üftorbamerüa oier bis fed)S; in SRuftlanb enblid) ^mei bis brei. Sm ©anjen ergebt jidj bie 3af)t oer ausgaben Oon ber (£taoier=2ftufif über oterjin,. Sebe 511 taufenb ©jemplaren angenommen, mirb tooljt nicfjt übertrieben fetin. (Sn jüngfier &it ift in ber 3lnbre'fd)en $er(agSt)anb(ung ein Unternehmen mit 33eet§oüen'S Sonaten gu £ag getreten, baS §u ben fettfamften unb beflagenStuerttjeften unferer främeriftf)en ©tiotfje in Sachen beS 9#ufifoer(agS ge^ä^tt merben mujj unb fjier nidjt unbemerft bleiben barf. 2)iefe SkrtagSfjanbtung I)at nämlitf) begonnen Sonaten auf 4 §änbe auS5uftrecfen. S3eteitS finb bie Pathötique, bann bie in Cis moll unb D moll in foletjer ßerfe^ung erfcfjienen. 5ttS Sßotlbringer biefer ^fjaten nennt firf) auf bem Titelblatt SuliuS Stnbre. 5ltS üor ungefähr fünfeeljn Sauren bie SSertagStjanbtung Schott eine buret) SSertini bemirfte 3e^fe^u»9 öon ©eb. S3ad)'S mofyttemtierirtem ißlatiier auf 4 §änbe erfdjeinen liefc, t)örte man alle 9J?ufifer oon fünftleriftfjer ©efinnung einen Schrei — 633 — beS Unwillen^ auSftoften über folgen nie bageroefenen freuet an einem {^eiligen Sfrinftroerfe. §ätte eS §nr Qe\t nur ein ein* gigeS unabhängige^ Organ in ©adjen tnuficaltfcfjer Kritif in 2)eutfd)lanb gegeben, biefeS ©acritegium märe nad) Sßerbienft gebranbmarft anftatt angepriefen morben. — 9ftit bem Attentat auf 23eetl)oöen'S ©onaten tl)ue id) hiermit, maS meines SlmteS ifi Srgenbmelcfje biefer in fid> abgefditoffenen £onbidjtungen auf 4 §änbe ausreden, fjeifjt nid)t meljr in bem ©inne arran* giren, um ein urfprünglid) für Drdjefter ober Quartett ge= fdjriebeneS 2öer! ben 9J?ufiffreunben näf)er gu legen, bamit eS bem SSerftänbniB leictjter äugänglid) merbe, — eS Reifet öielmefjr ein Stongemätbe in ber 5Irt gerftören, als roenn ber (Sopift eineS garbengemälbeS gelb ober rott) gebraust, mo beffen ©djopfer blau angemanbt, unb mit fotdjer $ermed)felung ber garben über alle Xrjeite feiner ßopie fortfährt. 3Bett bie Sö'ne jeber Cctaüe itjre eigenttjümlidje Klangfarbe |aben, fo mirb natürtidjerroeife eine Sftelobie auS ber ein* in bie äroei= ober gar breigeftridjene (ober aud) in eine tiefere) Dctaöe oerfettf, ben öom (Somponiften gegebenen (Stjarafter eben fo gemifj einbüßen, als burd) $ermed)fetung ber garben auS bem ©emätbe etmaS ganj anbereS gemacht mirb, als baS Dri= ginal aufroeifet Kann bemnad) baS gerfelen eines bem $ßub= licum in feiner urfprünglid)en ©eftattung leidjt jugänglidjen KunftmerlS, morin jeber £on an bem öom Autor angemiefenen ^la^e ju tjören, nur bie geringfte Berechtigung für fein S3e= fielen beanfprudjen? £>iefe genannten (Sonaten finb bem Um* fange öon fünf Dctaoen auf's genaufte angepaßt, barum an feiner ©teile ein Bebürfnifj nad) 3luSmeitung. Sttan felje jeboct) in ben Anbre'fdjen „Arrangements" bie unääljligen SSerboppelungen, ja, SSerbreifadjungen öon SMobien gartefter 9?atur; man fet)e ferner bie Sßerboppetungen fogar bon 93egleitungSfiguren für 2 £)änbe bei eben foldjen 9Jcelobien. 2)ie 3erfefeun9^ ndjtigw $erfetjung, im 3. ©a|e ber Cis moll=©onate finbet mol)t iljreS ©leidjen nidjt mieber. Unb gu fold/ ftrafmürbiger §in= — 634 — rid)tung Seetfjooen'fdjer ^ßoefien tonnten fidj giuei Söljne be3 gelehrten unb mit SNedjt fmd)gead)teten 3Jcufifer3 unb Sßecteger^ 5(nton 5(nbre oerbünben! 5Iud) ba§ ift ein 3e^en unferer pietätäfofen, befto meljr egoiftifdfjen üühtfifepodje.) ©djon oft mürbe oon Shinftfreunben an ben SBerfajfer bie $rage geftellt, ob 23eett)ooen raobi jemals bie Hoffnung taut »erben tief;, ba^ feinen Sßerfen einftenS bie oerbiente SSürbigung 3U Zi)di merben mürbe? SMefe Sra9e konnte mit öoüer ©emifc tjeit mit DciemaU beantmortet merben. £ie muficaüfdjen 3uftänbe ber testen geljn Safjre feinet SebenS im Mgemeinen mußten jeben ©ebanfen an eine 3ufunft feiner SSerfe tierjdjeudjen, tjatte er bod) big auf bie (Sinfonien unb Cuartette faft aüe übrigen <2d)öpfungen bereits fo gut mie tobt gefefjen. @§ (ebt htbefj eine leife ÜBermuttmng in mir, er fbnne bennod) auf ein SSiebererftetjen fämmtfidjer üfikrfe, menn and) in fernerer 3eü» gehofft Ijaben, unb §roar fnüpft fidj biefe SBermut§ung an sJiad)= ftet)enbe§: ©oett)e in ber Sinteitung ju bem Gapitet im 2öeft=ö filieren 25iöan, ba§ bie Ueberfdjrift „Sefferem 23erftänbnif3" trägt unb ftcf) mit ber Sidjtfunft ber alten Hebräer, Araber, ^ßerfer, unb mit ben £)id)tern be§ teueren 23o(fe3 befdjäftigt, füt)rt an: „Sd) tjabe bie ©djriften meiner erften Satjre olme Sßormort in bie 23ett gefanbt, oljne aud) nur im minbeften an§ubeutcn, mie eö bamit gemeint fett; bie3 gefdjaf) im ©tauben an bie üftation, baft fte früher ober fpäter ba§ Vorgelegte benutzen merbe. Unb fo gelang mehreren meiner arbeiten augenbtidüdje Sßirfung, anbere, nid)t eben fo faßüd] unb einbringend beburften, um anerkannt gu merben, mehrere Satire. Snbeffen gingen aud) biefe oorüber unb ein äroeiteS, britte§ nad)road)fenbe§ ©efdjtedjt entfd)äbigt mid) boppelt unb breifadj für bie Unbitben, bie id) oon meinen früheren 3e^9ertofleu 5U erbutben fyatte." 35er tetste ©atj biefes Gitateä finbet fid) in bem Dortjanbenen (Sj-emplar be£ ©oettje'fdjen Sudjeö oon Seettjooen'ä §anb jur — 635 — Seite angeftridjen, aber nod) befonberS in einem ber STagebüdjer ü6gefd)rie6en. 9D2an erinnere fid) be§ in ber Einleitung ®efagten, lüie 23eetrjoüen (^u lefen pflegte unb roelcfje SSebeutung beriet 21bfcfjriften fjaben. ©ottte bemnad) biefer ©atj nid)t einen £roftgrunb $u eigener SSerurjigung über bie fetbft aud) erlebten Unbilben feiner ßeitgenoffen enthalten? ®afür fetjft aüerbingä (Serotfjfjeit, aber ^u ^roeifetn ift erlaubt. Sftod) Slnbereä foll mit SSorftetjenbem in $erbinbung gebraut roerben. Sei bem 51nbrängen ber italienifdjen Stonfluttjen 5U Anfang be§ 3. Sarj^erjenb'sS unb in einem ©efprädie mit unferm SD?etfter im greunbegfreife über biefe faft troftlofen ©rfdjeinungen £)örten mir 23eetrjoüen mit ©mpfjafe ermibern: „üftun, ben Sßlatj in ber $unftgefd)id)te fönnen fie mir bod) nid)t nehmen !" — Dieö fd)ien alfo ber einzige en", fottten für fein gangeS Seben eine 2öaf)rf)eit bleiben. <£rgän$ungen. A. SBeetfurten'ä SBilbniffe. ©oll ba§ Portrait fdjon an unb für fid) ßfjarafterbitb fetyn, rcenn e§ nid)t au§ ber 9fteif)e äftljetifdjer *J3robuctionen auggefcfjtoffen fetjn totff, fo rairb bieg bei ^iftortfcEjen $er= fönen um fo ftrenger genommen roerben muffen, gumal menn bie 2tbbitbungen bon ifjnen berbielfättigt unb §um ftefjenben ipanbelSarttfel geworben. £er bljjbfiognomifdje 9lu3brud be§ $ortrait§, befonberg be§ gemalten, foü nidjt bto3 bte 51eljn{icrj= feit getreu miebergeben, aud) bie Sebeutung ber ^?erfon foü er burd) ba$ ©eiftige ben Sefdjauer leidjt erratfjen taffen. £>iefe 3Inforberungen machen e§ ben Herausgebern jur ^ftid)t, nur fotdje in bie Deffenttidjfeit gelangen gu taffen, toetdje in jebem S3etract)te entfbredjen, nidjt bietmefyr im augenfdjeintidjen Sßiber* fbrudje mit ber ftct) offenbarenben üftatur ftetjen, fo bajj erft ber betgefe|te tarnen be3 3tbgebilbeten §um ©rfennen berfjilft. Sftit biefen unbeftreitbaren ©ätjen an bie SBeurtljeUung ber anfet)nlid)en ßatjt bon abmeid)enben ©arftetlungen üon 53eet= fyoben gegangen, wirb fidj ber Sßiograbf) ungefähr in berfelben Sage befinben, a(3 Ijanbelte e§ fid) um 53eantmortung ber $rage: meldje unter ben bieten 2tu3gaben bon be§ 9fteifter§ (Etabier = mufft in 2)eutfd)(anb mot)( bie correctefte fet). 9ftit befter Ueberjeugung mürbe er bie§fafl§ auf bie £a§finger'fd)e t)in= roeifen, meit biefe fid) am genaueften an bie Driginat=©rude gehalten, — matjrfdjeinlid) aud) moljt an bie berühmte ^aüi-- grabljie fätnmttidjer SSerfe 23eetljoben'3, metdje burd) SBermädjt* nift be§ ©rgtiergogS 9f}ubo(bf) in ben 33efi£ be§ 9Jcufit'berein§ in SSien gefommen, — fomit atfo ba§ Portrait g(eid)fam nad) ber bom Sfteifter fetber corrigirten geidjnung gegeben Ijat, menn e§ aud) nidjt an bem ift, bafj Sßeetljoben jene 3MIigrabt)ie befonber§ — 640 — ttodj einer SReütfton unterzogen fyatte, toogu ein öoöe§ 3aljr auofdjtiefettdjer Arbeit erforber(id) getoefen märe. 2Sir !ennen feinen ©rang $u neuen (Schöpfungen. 3)ie SBilbmffe t>on S3eett)oüen merben in ^tnei Kategorien abzuleiten fetjn, uub jtoar: in nad} ber Statur gematte ober blo£ gezeichnete unb bann in Kupfer geftodjene ober titljo* grapfyirte; ferner in btofte Sßfjantafteftücfe, ober nad) einem au§ beiben Kategorien nad)gebilbete, mobei einzelnes abfid)t(id) Der- änbert morben, um nidjt al3 getreue (Sopie fid) zu präfentiren unb bem §erau§geber Unannet)m(id)feiten zuzuziehen. SSenng(eid) jeber Xag an bem ßufäüigen ber menfdjüdjen <$eftalt änbert, ber Künftler bemnad) bfo§ bie bteibenben §aupt= güge auffaffen fott, fo behält bod) mancfjer Kopf fo biet eigen* tt)ümlid)e§ ©epräge, nxi§ nur «Stümper ober in ber Arbeit nid)t begünftigte Künftter serftören tonnen. Unter allen bekannten muficalifdjen Kunftgröfeen t)at öietteidjt 33eetf)oüeu3 Kopf bie eigentf)ümtid)ften 9)?erfma(e, bie mit bem üppigen §aarboben beginnenb fidf) über Stirne, 9(ugen, 9J?unb unb Kinn üerbreiten unb im t)armonifd)en SBerfjättniffe ftetjen, mobei nur bie etmas breite üftafe eine teife tjeröortretenbe ©iffonanz bitbet. 2fn fotd)' djaratteriftifdjem ©epräge mirb e§ ferner 28efentltd)e§ gu ber- berben, ober gar eine (Saricatur barauS ju machen, ©er 2(ugen« fdjein getgt beibe§ als üorfyanben. 23i3 zu üottenbetem fünfzigften Sebensjafjr mar ber ©efammtauSbrud oon 23eett)oüen'3 ©eftatt ba3 erfreutidjfte 23itb förperlirfjen 2öot)tbefinben3 unb ^öctjfter ©eifteSfraft; ein Jupiter fat) zuteilen au§ biefem Kopf §erau§. Sm ein unb fünfzigften SebenSjafjr begann in £yotge anbauernben llnterteib§(eiben§ bie 5(bna§me, bod) gab e3 bi3 um bie SDZitte be§ fed)§ unb fünfzigften ber Snteroatle nod) biete, mefdje an bie ßeit oor ber eingetretenen £ec(ination erinnert Ijaben. 2öir merben barüber aud) einen anbern Beugen bernefymen. Semerfensmertf) ift, baf$ nur brei Sßitbniffe, nad) ber üftatur in De( gematt, bon 33eetf)ooen eyiftiren. 2)a3 erfte ift ein Knie= ftüd, ber Sfleifter, ungefähr im 30. SebenSjaljre, fi^enb a&~ — 641 — {jebitbet; eS befinbet fiel) in fetner gamilie unb roarb toegen Unbebeutenbfjeit nidjt öerötctfättigt. 2)aS gtoeite ift btö 35ru[t= bilb uon ©djtmon aus ber ^erbftgeit tion 1819, ber SDtofter eben öofle 49 Safjre gäfjfenb. SaS leiber ftarf nadjgebunt'ette Original, früher mein ©gentium, befinbet [idj nun in ber ^öniglitfjen 23ibtiotbef gu Berlin, eine mefenttid) berbefferte (Sopie, bom Sßrofeffor ©cfjmib in 51adjen angefertigt, berblieb in meinem 83efi|e. 2)aS britte 33itbnifj batirt aus bem Saljrc 1822, unb marb bon ©tiefer auS 9Jcünd)en gemalt. 23eetl)ooen in feinem grauen §auSrod'e ift in einer Sßeintaube ftetjenb ab* gebübet mit einem Rapier in ber Sinfen, barauf „Missa solemnis" 5U tefen, unb einen ©riffeC in ber SRedjten fjaltenb. ©er @runb auffaüenber ÜBerfdjiebenjjeit gtDtfdjen bem ©d)imon'fcl)en unb ©tieler'fdjen ©emätbe erflärt ficf) burd) borauSgegangeneS längere^ Seiben. üftur borüberget)enb mag auf einen Äupferfttdj bon ©d)ef f ner aufmerlfam gemacht merben, melier bem fechten Satjrgang (1804) ber 2IHg. 9J?uf. 3^9- beigegeben ift. ©oll bie oftmals gefteltte $rage gu beantworten fetyn, raetdjeS öon ben berfcljiebenen SSUbmffen auS fpäterer ßeit al§ muftergiltig für bie 2Saf)rt)eit beS ©tjarafteriftifctjen an* gufefyen, fo mufj unbebenfltct) bem ^upferftid) öon £)öfel, nadj ber geidjnung bon Set rönne auS bem Saljre 1814 (bei SIrtaria u. (Somp.) ber 5Sor3itg gegeben merben. 2)iefe 316* bitbung jeigt unS ben SRetfter eben auf ber t)öct)ften ©pitje feines SRuljmeg angelangt, (tute im biograpfjifdjen Sljeit auS* geführt ift,) mit leudjtenben, fdjarf Ijerbortretenben 3lugen, üotlen Söaden, überhaupt ftrotjenb öon ©efunbljeit. %laä) biefem SBilbntffe ift baS Xitelfupfer beim neunzehnten Safjrgang (1817) ber 2111g. 9Jcuf. 3*0- genommen, jebod) in etmaS üergrö&ertem 9J?afeftabe, tooburdj ber SG5at)rtjeit beS SluSbrudS (Sintrag ge* fdjeljen. £>iefe (Sopie erfd)ten aud) bei ©reitfopf u. ^aertel im ^panbel. ©er $eit nad) reibet fiel) an ben §öfeffd)en Shtpferftid) St. ben groben 3ügen e*ne @put öon geizigem Statte. £>a§ ift ba£ SCntti| eine§ ejjrudjen 23ierbrauer§, aber feinet ÄfinftlerS, foHte e§ aud) eben fein Seetfjoben fetjn. Unter ben fd)ted)ten Slbbilbungen bon unferm SDJeifter mujs tiefe al3 bie gern ein fte be^eidjnet werben. Sm nörbficfjen, toof)! aud) meftlidjen Seutfcfjtanb ift biefe bie berbreitetfte.355) 2)arauf folgt ©d)imon'3 Oelgemälbe. @§ ift be3 9xaumeS roertf) mit^uttjeilen, unter toeldjert Sebingungen biefe§ 23ilb gu ©taube gefommen. Stuf meine gürfbradje erhielt ber nocl) fet)r junge äftater bie ©rlanbniB, feine (Staffelei neben bei Sfteifierä 2lr6ett3gimmer aufftellen gu bürfen unb ba nadj Setieben gu fcfjalten. (Sine <2it$ung t)atte Seetijoben ftanbfjaft bertoeigert, benn eben im boftften 3uQe ™ü oer Missa solemnis erklärte er feine ©tunbe 3eit entbehren §n fönnen. ©d)imon aber mar if)m bereite auf 233eg unb (Steg nadjgefdjtidjert unb fjatte fdjott 355) Im allgemeinen hat Schindler natürlich auch über die Bild- nisse Beethovens das Beste und Anschaulichste dargeboten. Über Klöber ist sein Urteil zu verwerfen. Hierbei ist an des Herausgebers Abhandlung in „Beethoven und Berlin", S. 179 ff., ebendort auch über Schimon und Stielers Bildnisse, S. 193 ff. zu erinnern. Anschauliche Er- weiterungen in Sachen der Beethovenbildnisse bietet Gerh. v. Breuning in seiner Schrift „Aus dem Schwarzspanierhause", Neudruck S. 108 f. Auch die Thayersche Beethovenbiographie beschert viele neue Beiträge zur Geschichte der Bildnisse in allen Bänden. Erweiterung des Stoffes, aber ohne jede Spur von Geist in der Auffassung, kann man in Th. Frimmels „Beethoveniana" 1888, finden. Viel gute Porträts enthält endlich auch Shedlocks englische Ausgabe meiner Beethoven-Briefe, sowie die Beethovenhefte der „Musik". A. d. H. — 643 — mehrere ©tubtert sunt 33elmfe feiner Arbeit in ber 3Ro$)e, mar barjer mit ber fo lautenben ©rtaubnift gang aufrieben. 2lt§ ba§ S3ilb bi3 auf ein SBefenttid)e3, ben Sttcf be§ Slugeg, fertig roar, fc^ien guter 9iatt) treuer, roie biefeS 5XHerfd)roierigfte gu erreichen; benn ba3 Slugenfpiel in biefem ftoüfe roar öon rounberbarer ?frt unb offenbarte eine ©cata Dom roüben, trotzigen bi§ ^unt fünften, Hebeootlften 5Iu§brude, gteidj ber ©cata feiner ©emütp= ftimmungen; für ben SJcater atfo bie gefät)rtid)(te fötiböe. £>a tarn ber SDfaifter felber entgegen. £)a3 berbe, naturroüdjfige SBefen be<3 jungen 9l!abemi£er§, fein ungeniertes 23enerjmen roie auf feinem 2f teuer, fein kommen otjne „guten Xag" unb ©etjen otme „Sibieu" gu fagen, Ratten 25eetrjoben'3 9hifmerf famfett mebjr rege gemacht, a(§ ba§> auf ber ©taffeiet ©terjenbe; furj, ber junge Biaxin fing an irjn gu intereffiren : er lub itjn 511m Kaffee ein. 2)iefe ©itjung am S'affeetifdj benutze ©djimon jur 3lu§* arbeitung be§ 5(uge3. 5öei roieberfjolter (Sinlabung 5U einer £affe Kaffee 51t 60 23ob,nen roar bem äftaler ©efegentjett gegeben, feine Arbeit gu boKenben, mit roeldjer 33eettjoben gang gttfrieben geroefen. 2lu3 fünft(erifd)em ©eftd)t<§buncte betrachtet ift ©d)imon'ftaturroaf)rere§ geleiftet; nalje SSerroanbtfdjaft mit bem ®ubfer= ftid) an§ bem Safjre 1814 ift int (Sanken unberfennbar. S^act) biefem Detgemätbe ift ba§> SEitetfubfer su biefem 23udje angefertigt [bem 9?eubrucf nid)t beigefügt]. 9?üt)mtid)ft befannte ®ubferfted)er gu $ranffurt am 9ftain fjaben bie Arbeit itjreö bertiner $ad)genoffen bem ©emälbe gegenüber einer Prüfung unterzogen unb berfetben aHe§ Sob gefbenbet, aber aud) erfannt, bafj, ma§ in biefem fö'obfe (nad) ©d)tmon'iefer Sünftlet öerftanb e§ ben Iau= nigen Sfteifter in fettener Söeife 511 feinem groeefe üerfügbar ju maeljen. ©itjung auf ©i£ung marb bemiüigt unb nidjt eine Äfage über 3eitüertuft laut. 2(t§ ^unftmerf ift ba§> ©tie(er'fd)e Portrait bebeutfam, gleidjmot)! ba§> äufjertidj ©tängenbe, ober mobern Gonoentionetle, mie gur ßtit f^on üblidt), nod) menig SSirtuofität be^oedt; ba$ ©anje erfetjeint im einfachen ©ttyle ausgeführt. $n betreff be§ djaratteriftifdjen ?lu3brud3 ift ber Moment gut miebergegeben unb fanb 3ufümmung. hingegen ftiefj bie bom ^ünftter beliebte 3(uffaffung be§ Titanen, am meiften bie Neigung be<§ ®opfe§, auf Söiberfprud), meil ber SDceifter ben Sttittebenben nidjt anberS begannt mar, al§ feinen S^opf ftolj aufrecht tragenb, felbft in Momenten förperlidjen Seiben3. (Sin mit feinem SBefen bekannter 9Mer mürbe it)tn biefe (Stellung nid)t gegeben §aben. ®er erfte litt)ograpt)ifd)e Abbrud banaef) bei 9)?attf). Artaria mar gut, ber nunmehrige bei ©pina ift gang matt, batjer ber Slbgebitbete nod) fränf(id)er ausfielt, ab! ba§ Detgemätbe geigt. 2)a§ nädjftfolgenbe Portrait in €)d ift ein Skuftbilb oon SBalbmütler. Heber ben Unmertt) biefe§ @emätbc§ unb bie feltene Art be3 3uftaKbefommem3 fjatte id) SSeranlaffung be= reitS in 9cro. 8 ber AITg. 9^uf. 3tg. oon 1835 51t fpred)en, fann midj alfo barauf begießen. — 3U Anfang be§ $af)re§ 1823 münfdjte bie SBreitfopf u. §aertel'fd)e SßertagSljanblung ein Sßitbnifj Oon unferm SJccifter ju befitien unb SSatbmüller, ^rofeffor an ber Afabemie, marb gu beffen Anfertigung ge= mätjlt. ilngünftige SBorbebeutungen gu feinem gwedz maren: bringenbe Arbeiten unb anf)altenbe§ Augenleiben, baljer fortan übte Saune, dlaü) langem £)int)alten mürbe enbtid) bie erfte ©itjung beftimmt. SSalömüller benahm fid) anbei ehrerbietig unb atlgu fd)üd)tern, ein SSertjatten, ba§ in ben meiften gälten — 645 — mit $8eetl)0üen gu feinen ermünfcfjten (Srfotg führte. Sßir fjaben ja eben bernommen, auf meld)' entgegengefetjtem Sßege bie beiben oorau>3genannten Wakv gum gtütd gelangt, ©o feljr fiel) and) SßatbmüHer mit ben Umriffen be§ ®opfe§ unb bem Untermalen beeilte, fo mürbe bem gebanfenüoüen SMfter bennod) bie ßeit §u lang, er üerliefj batjer alle 91ugenblide ben ©it$ unb ging oerbrüfjtid) im ßimmer auf unb ab, aud) tn'§ Nebenzimmer an ben ©djreibtifd). 9?od) mar bag Untermalen ntdjt beenbigt, als SBeetfjoüen 31t beutltdje 3e^en 9a^ oaB er ^ ni^t länger aushalten fönne. &I3 ber garbenlünftler fiel) entfernt fjatte, ba bracfj ber .ßorn oe3 9J?eiftcr§ lo§ unb SMbmüller mürbe ber fd)ted)tefte 9J?aler genannt — med er if)n mit bem ©efidjte gegen ba§> $enfter fi^en liefj. §artnädig roie§ er jebe $er= ti)eibigung gurücf. @§ fam 51t feiner ©itmng mein*. ®er äMer arbeitete bemnad) ba£ Portrait au§ ber Sßfjantaftc fertig, meil er — mie er auf meine ©egenüorftettungen repticirte — ba% accorbirte ^onorar üon 20 ®ucaten nid)t miffen fönne. Ob bie3 fünftlerifd)=reblid) geljanbelt mar, foCC baljin geftellt bleiben, ^urj, bie 9ßatbmüller'fd)e ©arfteltung ift — mo mög= lief) — nod) meiter öon ber SSafyrfjeit entfernt, mie irgenb eine; ba§> ift ba§> konterfei eines efjrtnürbigen Pfarrers, in beffen $opfe eben eine £)omitie gur (Srbauung feiner ßu^örer georbnet mirb, mit bem £onbid)ter S3eetf)0üen, au§ beffen Stopfe §ur Qtit ber 9tn3arbeitung biefeö 53itbe3 bereit» bie 9. (Sinfonie f)erOor= gugefjen begann, tjat e§ fogar in ben äußern Umriffen niefjtS gemein unb mufj e§ moljl SBerftmnberung erregen, mie bie SBreitfopf u. £)aertet'fd)e SSertagSfjanbtung erft in jüngfter $eit einen Shtpferftid) banacf) ben ^unftfreunben bortegen fonnte. SBar ber SBerfaffer bebadjt für bie meiften roidjtigeren 2tn* füfjrungen ^Belege ober ßeugenberoeife beizubringen, ober nad) Umftänben blo§ barauf f)in;*,umeifen, — mie e§ bie ©efdjicb> fd)reibung überhaupt erforbert — mar t§> if)m atö langjährigem Begleiter be<§ großen $ünfiter3 ein leicf)te§, unter ben 3eu9= niffen au^eit bie mit ber 28af)rf)eit übereinftimmenben mahlen — 646 — 3it fönnen, fo ift ®teid)e3 in ber Sßortraitsgrctge ber galt. Sine längft in $ergeffent)eit geratene $ßerfon3befd)reibung Don einem unüerfäng(ic£)en geugen f0^ angeführt merben, tttelcfje ben 23er= etjrern 23eett)oüen'3 al§ fid^erfte 9?idjtfdjnur bei ber SBafjl eine3 $ßortrait§ üon it)m bienlicr) fetjn möge. £)iefe getreue ©d)ilberung üerbanfen mir griebrid) 9tod)tit3, ber biefelbe nad) mieber- tjolten ßufammenfünften mit 33eett)oüen im ©ommer öon 1822 gu Saben bei ÜEßien an feinen $reunb ^aertet nad) Seipgig gefenbet, fpäter aber im 4. Söanbe feinet 28er fe3 „%üx greunbe ber £onfunft" (©. 350 ff.) aufgenommen f)at. §ören mir ifjn; er fdjreibt: „ . . . . SÖäre id) nict)t üorbereitet geraefen, fein 3üiblicf ftmrbe aud) mid) geftört tjaben. üftidjt ba$ üernad)(äf$igte, faft üertoilberte Sleufeere, nid)t ba§ bicfe, fd)ttar5e §aar, ba3 ftruppig um feinen $opf fjing, unb bergt., fonbern baZ ©an^e feiner ©rfdjeinung. Stenfe S)ir einen 9D?ann öon ettta 50 Sauren*), metjr nod) Heiner, aber fefyr fräftiger, ftämmiger (Statur, ge- brängt, befonberö üon ftartem Slnodjenbau — ungefähr nrie gidjte'S, nur fleifctjiger unb befonber§ üon üotlerem, runberm ©eftd)t; rottje, gefunbe garbe; unruhige, (eudjtenbe, \a bei firktem Süd faft ftedjenbe Stugert; feine ober Saftige S8e= megungen; im Stuäbrud be3 Slntü^e^ befonberä be§ geift* unb lebengooEen 2luge3, eine Sftifdjung ober ein, guroeiten äugen* btidtidjer 2Bed)fel Don f)er§lid)fter ©utmütb,igfeit unb üon ©djeu; in ber gat^en Gattung jene (Spannung, jene§ unruhige, be= forgte £aufd)en be§ Rauben, ber fetjr lebb/tft empfinbet; jetjt ein frof) unb frei tjingetoorfeneS SBort: fogteid) nneber ein $er= finfen in büftereä ©djtueigen**); unb 51t alte bem, tt>a$ ber SSetradjtenbe fjin^ubringt unb toa§ immertt>äb,renb mit I)inein= *) Söeetfjoüen jaulte ju jener 3"' bereits narje an 52 ^aljre. **) 6§ fd)etnt moijl faft ü6erflüffig 31t bemerfen, bau ber SDceifier im öertraulidjen Greife ein ganj abtueicfjenbeä SBerfjalten beobadjtet fjat. Sa toar er „aufgetnöpft," bem gremben gegenüber jebod) meift „jugefnöpft," barum oft iuortfarg. — 647 — ftingt: SDaä tft ber 9#ann, ber Solutionen nur greube bringt — reine, geiftige $reube." $ergleid)t man biefe Sefdjreibung mit ben Stbbitbungen n bürfen. 3u boüftänbiger ©rgänjung ber ^ortrait=$rage foü nod) eine ©teile au§ 9f?od)(it5' ©rief Sßfofc finben. fRod£)ti^ Berichtet, roie SBeetfjoöen feinen SBorfdjtag in betreff einer Sftufif ju $auft aufgenommen unb brüdt ftd) a(fo au3: „(£r (Seettjoben) la§. £>a! rief er aus, unb marf bie §anb f)od) empor. 2)a§ mär' ein ©tue! Strbeit! ®a fönnt' e<§ mag geben! Sn biefer $rt fufjr er eine Söeile fort, matte ben ©ebanfen ftdj fogleid) unb gar nidjt übel au§, nnb faf) babei, gurüd gebeugten Raupte 3, ftarr an bie £>ede." 2et$tere3 gehört gu bem borbemelbeten 2fugenfpiei in 2ket- fjoben'3 Stopf. §äufig trat ba% fouft Hein fdjeinenbe ?luge grofe f)erbor unb ber 2Mid, nad) oben geridjtet, blieb an ber 2)ede ober am blauen SIetrjer lange geljeftet, bie§ entmeber in ber Sftebitation, ober menn ifjn im ©efprädj etma3 befonberö afficirt rjatte. ©d)imon allein fjat einen foldjen Moment bortrefftidj ausgeführt, ©tieter iljn bto§ angebeutet. £)ie gu Stnfang 1825 überftanbene föranfrjeit f)atte aud) ben ©tanj be§ 9Iuge§ ber= nidjtet, fo baf$, mie in biefer $eit fo mancfjeg im Snnern unb tafjern fidj ju ntetamorpfjofiren begonnen, oon bem feltfamen Slugenfpiel fernerhin nid)t§ mefyr 5U gemäßen mar. 9ftit biefer SSeränberung im Steuern ftimmt ©tiefer'S ©emälbe trefflidf» überein. SSatb nad) 33eetfjoben'3 §eimgang begann bie Snbuftrie ber $ünftter unb Verleger ftd) auf SSerbielfättigung feiner 93iib= niffe 5U raerfen, bie bann in großer Sln^l)! unb 8d)led)tigfeit feilgeboten morben. 2llS ^rototbp für mehrere galt bie Sitfjo* — 648 — graprjie bon ©teinmüiler bei 5Trtaria u. (Somb. 2>er fifjreienbe (Sontraft giuifrfjen biefem ^ßhantafieftüd unb ber £itrjograbt)ie nad) ©tiefer bei ÜDcattfjiaS 9(rtaria bermag aHein fdjon beffen SBertt) gu beftimmen. 2)en 9Jceifter boHenbS mit furägefcfjnittenen paaren abbitten, tjeijst ben Sötten mit abgefctmittener 9JMt)ne barftellett. Sludj ftetlt biefeS 25ilbni% SBeetfjotoen biet §u alt bar unb im djaracteriftifdjen SfuSbrude tjat eS mit einem Scfjöpfer großer $unftroerfe nid)tS gemein. Sine 9cad)abmung tjat ^rierjuber, ber SKeifter im Sonoentionellen unb ber Sd)meid)etei, bei §aStinger erfdjeinen laffen. Stuf biefer Sitbograprjie präfentirt ficf) eine fdjroar^e ^palSbinbe. @S roarb fein 33ebenfen getragen biefeS SlteibungSftüd nacf) ber neueften äftobe anzufertigen. 3)ie toeifje §alSbinbe, ruorjt ein Sarjrtjunbert fjinburd) in Sftobe, in metdjer man benn aud) unfern SBeetrjoben ftetS geferjen, fdjeint bem Sitt)ograpt)en ein 35erfto^ gegen foSmetifdje 9nd)tigteit in ber @eroanbung geroefen ju fet)n. — (Sine fernere üftadjbUbung nacf) 6teinmü(ter'S Sitrjograpfjie ift bie bei 2>ot). 2tnbre in Dffenbacfj. — ©cfjott in SDZaing muffte aud) ein eigenes Portrait tion 33eetrjoben jum SBerfaufe aufbieten tonnen, ©er unfertiger biefer Sitrjograpfjie ftanb eine SSeife bor ©dnmon'S Cetbübe in meiner Söofjnung unb t)at gegeigt, bajj er bie (Sontur beS ÄopfeS fo giemtid) im ©ebäcfjtnift behalten. 2WeS Stnbere aber ift ent= fdjUiunben. — Saruette in 2(ad)en rjat ebenfalls eine SittjCM graprjie herausgegeben, bie nidjt 51t ben bermerftidjen gefjört. 2)arin liegt einige Sßertoanbtfcfjaft mit ber 9(et)ntid)feit, nict)t aber mit bem geiftigen SluSbrude — bis um baS 45. SebenSjarjr. Sßieberrjolt berfünbigt fjat fid) bie ©cfjtefinger'fcfje 9J?ufif- fyanbtung mit 2(bbitbungen bon unferm SDceifter. 2)ie guerft fjerauSgegebene, mit groei äJcufiifätsen in Sßerbinbung, bon benen einer fogar bie Ueberfdväft trägt: „Derniere pensee musicale de Louis van Beethoven," ift eine (Earicatur, baS (konterfei eines SBörfenjuben, ber mit grämlidjem ©eficfjte feinen Söerluft 5U berechnen fdjeint. £>ie anbere, eine Siujograpfjie bon Sftittag, ftreitet um ben Vorrang an ©djtecrjtigfeit, aber aud) §ä^lid)teit. — 649 — SSarjrlict), SBerttn Ijjat rjinfid)t(id) ber Sßitbniffe üon 23eett)oüen ba§> meifte ilngtüd. 93eibe biefe genannten fowofjt, tote aud) t>a§> üon Ätoeber, foHten au£ Sßietät für ben £onmeifter gu aflernädjft au§ bem Jpanbet entfernt werben, wenn bie Heraus- geber nur etwaS üon ber 2Serüfücfjtung in fidj üerfpüren würben, üon Jjiftortfdjen Sßerfonen mögttdjft 28aljrJjeit3getreue§, felbft in iljren 33übniffen, gu üeröffentlidjen. Sie SJäfjgunft aber, bie tjeutgutage mit jcfjledjter SSaare anerfannt guter Soncurreng gu machen Wagt, gäljlt gu ben Wibrigen Sfterfmaten im ^anbet mit Äunftürobucten. £>ie üorrjanbenen S3üften üon Seettjoüen Würben audj gumeift bie Prüfung nidjt befielen, gaft alle finb ülumüe äßaffen. Süngft ift üon bem jungen SUbrjauer ®. (Sediert) of§ gu granffurt am Wlain eine SBüfte nadj einer Stelle angefertigt morben, bie fidj öorttjeittjaft üon anbern unterfdjeibet unb 23e= acljtung üerbient. ®er St'ünftter arbeitet nun biefelbe in fdjönem Sftarmor. Sei ber 2öac)l ber Xoitetten=©egenftänbe im Portrait einer Ijiftorifdjen Sßerfon bürften boerj Wot)l mancherlei 9tüdfid)ten gu beobachten fetin, wobei aud) gwifdjen Wodjen= unb fefttäglicfjer Reibung, fogar gwifdjen guter unb fdjledjter Sa^reS^eit gu unterfcfjeiben fetin wirb. (Sinem S3eett)oüen, ber fidj auf ber ©trafee wie im (Salon ftetä anftänbig gu Reiben üerftanb, wirb nod) inSbefonbere Hufmerffamfeit gu Wibmen fetin. Sn foldjer SBegieljung mufs üon bem 9tteifter gefagt werben, ba^ er eS bis in feine legten ßebenötage liebte, nad) llmftänben forgfältige Toilette gu macfjen, in welcher ftetS tjarmonifdje Ueberein= ftimmung gu ftnben gewefen. @in $rad üon feinem blauen Sucfje (bie beüorgugte garbe in jener ßeit) mit metallenen Änöüfen fteibete itjn üortreffüdj. (Sin foldjer, nebft einem anbern üon bunfetgrünem £ud)e, fetjtte in feinem ©djranfe niemals. 3ur ©ommergeit falj man iljn bei guter Witterung ftet§ mit Weisen SßantatonS, ©djuljen unb weisen ©trumpfen (3)?obe ber 3eit). SBefte unb §al§binbe Waren in jeber Sa^reSgeit weife — 650 — unb aetdjneten fid) bei ifym fetbft an SBodjentagen burd) mufter= (jafte 9?eintid)feit au<§. 3U °iefer Sefteibung f)at man fid) einen leidjten ©ang unb gerabe Haltung, überhaupt teidjte Störper= bemegungen 51t benfen, mie biefe unferm Sfteifter allzeit eigen gäoefen, unb man tjat Seetrjooen'3 Sßevfönlidjfeit oor klugen. SDZit biefem Segriffe roirb man fid) jebod) Ritten muffen oor ba$ ©tanbbüb gu Sonn — nad) §ärjnef§ 9JcobetI — 5U treten, benn baran ift nid)t§ übereinftimmenbeg §u entbeden. B. Scetljoucn unb fein le^ter Strjt Dr. äBatoruä).356) Sei Stufgeidjnung ber Segebenljeiten an Seetrjooen'ä ßranfen* lager gefdjat) uorübergerjenb (Srroäljnung eine§ ?fuffatje§ mit ber Heberfdjrift: „2ter§tüd)er 9?üdblid auf 8. Dan Seetljooen'3 letzte 2eben§tage," au3 ber $eber beS genannten Str^teS, barin unfer äfteifter gum Slrunfenbotb gemadjt roirb. £)ie erfte Seröffenttidjung biefeS 5(nffa|e§ fanb unterm 30. Sfyril 1842 in ber „SSiener 3e^f^rift" ftatt un0 9™9 atebafb in ba§ granffurter ßonöerfationSMatt unb in anbere beutfctje Stätter, fogar in parifer, über. S)ie Seröffenttid)ung in 2Sien erfolgte jebod) nidjt burd) ben Serf affer, fonbern burd) SHorjä gud)3, unb ghjar, nad) feinem erft unterm 10. $ebmar 1852 mir gemadjten ©eftänbniB, in nadjftetjenber SBeifc. Mafy 5(b= (eben be§ Dr. SSarorud) mar 9tf. $üd)§> beftrebt, etroa§ aus beffen muficatifdjem üßadjlaffe gu ermerben. „Sei biefer ®e* legentjeit — fo lautet feine (Srflärung — geigte mir bie SSittroe aucfj ba§ SJtanufcript it)re§ 2ftanne§ über ben fragüdjen ©egen= 356) Über den Arzt Dr. Wawruch, der zu Beethoven in seiner Todeskrankheit berufen ward, und der nachher den ärztlichen Rück- blick auf Beethovens letzte Lebenstage in die Welt sandte, ist bereits mehreres hier veröffentlicht worden. All das dient zur Rechtfertigung Schindlers und Gerhard v. Breunings. Vgl. den Brief No. 915 an Schindler (IV. Band) nebst Erklärungen ebenfalls Brief No. 1207 an Schindler (V. Band). Cf. besonders Wegeier und Ries, Notizen, Neudruck Anra. 266, S. 475 f. A. d. H. — 651 — ftctnb unb bat mid), iljr bef)ütf(id) 51t fetytt, ba^ e§ gebrudt roerbe unb fie bafür bodj (Straa3 befomme. 3»d) geigte e§ meinem ^reunbe Sßittfjauer unb bexfelbe brudte e§ in feiner geitfdjrift q6 unb gab mir einen mäßigen ^Betrag für bie Sßittme, mofür fie mir feljr ban!te. Sdj tjatte bei biefer ©ac^e nur ben Qtüed bor 9lugen, einer mit gatjtretc^er $ami(ie hinter- (offenen SSittme eine Heine Unterftütmng gugumenben." — ©a§ STnbenfen an einen großen Wann unbeftedt gu magren, ba3 tjat ber mnficatifd)e Antiquar, ber fidj mit 33eetf)Oüen fo üiel 3U befdjäftigen pflegte, nid)t cor 2tugen gehabt! ©ie *ßflidjt gebot mir, gegen bie eben fo untreren alz öerle|enben Steigerungen SBamrud/3 unüermeitt einguf freiten. £)a jebod) bie Entgegnung üon ber SKebaction ber SSiener Qz\t= fdjrift ofyne jebe Slnmerfung gurüdgefdjidt morben, — fo tief? id) fie im $rantfurter (EontierfationSblatt abbruden, 14. Suti 1842. Wxt 9Rec£)t bürfen bie $eret)rer be§ 9J?eifter3 forbern, baf$ biefem ttnct)tigen ^ßunete and) in biefer ©djrift S^aum ge- geben merbe. (§5teicf) im (Eingänge feines S(uffa^e§ fagt Dr. SBamrud): „«Seltene latente feiner (23eett)oöen'3) 2lrt finb gemeinigtid) bi§ gum §infd)eiben an intereff cuiten Momenten reid), bie üftiemanb beffer aU ber befreunbete 2(rgt gu fammetn bermag." 3ur SBürbigung biefeg ©atjeg fjaben mir un§ au§ ber mitgeteilten ^ranftjeitslgefctjidjte be3 9J?eifter3 gu erinnern, mie Dr. SBamrudj) an beffen ®ranfenbett gefommen. £>ie bort angeführte Steuerung $eetf)ot>en'§: man fjabe ifjm einen Slrgt in'ö §au§ gefdjidt, er miffe nietjt mie unb burdj men, ber if)n unb feine üftatur gar ntd)t fenne, — beletjrt un3 gur ©enüge, bafc SBamrud) nid)t§ meniger al§> mit Seetljoben befreunbet gemefen. ferner miffen mir au§ ber ®ranft)eit!§= gefd)id)te, hak be§ 9J?eifter3 ehemaliger $reunb Dr. 9Jcalfatti, nadjbem er enbtidj) feinen Sitten ©efjör gegeben unb fid) im Vereine mit SSamrudj feiner Pflege angenommen, ^unfd;ei§ Oerorbnet fyatte, um bem fetjr oerftimmten Drgani3mu3 einen — 652 — be(e6enben 2on gu geben. SBattirud) tragt bie§ mit fotgenbem ©at^e 5U motioiren: „2Ü3 langjähriger greunb Der* ftanb 9ftalfatti Seetfyoöen'S Oortjerrfdjenbe Neigung für geiftige ©etränfe §u toürbigen." — Söeiter erlaubt fid) biefer SIrjt ^in^ugufügen: „sedebat et bibebat" unb nod) anbere beriet er)renrütjrige Steuerungen, bie fämmt= lid) 311m ©runbe fjaben, feine oerfeEjrte 53et)anb(ung3toeife unb itjren fd)(immen Srfotg gu befdjönigen unb glauben §u madjen, bie SSafferfudjt, an tt>e(d)er 33eettjoüen üerftorben, fen bie nct£)= ttenbige $o(ge feinet unmäßigen ©enuffeS öon Spirituofen. SSie unfer iDceifter aber e£ mit teueren gehalten, ift Ijier bereits auSgefagt. 2)er Umftanb allein, ba$ er gugericfjtete, refp. t)erfälfd)te SSeine liebte, tt)enn er aud) §umei(en bagegen eiferte, mag geigen, bafj er fein SSeinfenner geloefen. 2)aJ3 er jeboct) ftetS 9)to|3 §u Ratten mufjte, toirb Seber beftätigen muffen, ber ifm lange bor 1826 näfyer gefannt. 3n biefem Satyr finb allerbingS einzelne 2lu§naf)m3fäUe burd) frembe SSerantaffung uorgefommen — raie im legten SIbfdjnitte be£ biograpt)ifd)en 2t)ei(3 ertoätynt — bie aber in 3^Qe ber batb eingetretenen (Sreigniffe aud) balb roieber ein Snbe gefunben. Ueber biefen $ragepunct follte fid) Dr. ©ertyarb öon S3reuning oernefymen laffen, ba er unbe^roeifett aud) üon feinem Später ©ültigeS barüber gehört fjaben bürfte; aud) maren bie mancherlei Sßorfommniffe am ^ranfenbette unferS greunbeS, ttne nid)t minber jene au§> ber testen ^ßeriobe über= tjaupt, oft ©egenftanb unferer 23efpred)ungen im Greife feiner gamilie. sD2et)r a(§ meine SSorte bermbgen, mirb eine £t)atfad)e geigen, ob SBeetfyoüen eine öortjerrfdjenbe Neigung für geiftige ©etränfe gehabt. %m Suni 1823 überfdjidte ein ÜDcufiffreunb unferm SJceifter 6 gtafdjen ädjten Sofatier, mit bem SSunfdje, fetben jur ©tärfung feines Unterleibs 5U gebrauchen. Mein mid) in ber SSotynung befinbenb melbete id) S5eett)oüen nadj §et$enborf, toetd)' foftbareS ©efd)enf für ifjn angekommen. — 653 — Einige Sage barauf fdjrieb er mir unb legte ein ^ßoftfcriptum folgenben 3nf)att§ bei: „®en Sofatier betreff enb ift berfelbe nidjt für ben ©omni er, fonbern für ben £>erbft, unb $mar für einen Siebter, toetcEjer biefeS eb(e $euer §u ermibern im ©tanbe ift, unb ben $uJ3 in Ungemittern tjatten fann."357) S)ie überbringenbe Haushälterin tjatte ben 5tuftrag bei^u* fügen, id) möge mit bem Sofatier tfjnn, ma3 mir beliebe. 2)emnad) fdjidte fie i|m eine $tafd)e bacon, unb berfügte über bie anbern. (Sin ^aefimde biefe§ Sßoftfcriötg lag ber (Sntgeg* nung im (Sont>erfation3b(atte bei. £>a§ Original ift öorfyanben. ©efyr befrembenb mar e§, in ^Sari§ fo oft bie $rage an miefj gefreut fjören §u muffen, ob e§ mafjr felj, bafj 93eetb,ooen unb 3frang ©djubert bem %xunk ergeben gemefen unb fid) im ftarfen SBeine ifyre S3egeifterung geholt tjätten ? (£3 jeigt bie3, baf3 fcfjon Oor 3öamrucf/3 2Iuffat> biefe§ böfe ©erüd)t Verbreitet mar. Söetdje Sefräftigung mu§ nicfjt aber fotd)' fatfdjer ©taube burd) ?Iu§fage eines Strgteö ermatten, ber obenbrein nod) üor= gibt, er fet) mit bem sD?eifter befreunbet gemefen! C. JBeet^ücn unb ftürft 9luotou§ 23ori§ ©al^in.358) S3ei nodjmatigem 2)urd)(efen be3 in ber 3. Sßeriobe über ba$ 2Serf)ältniJ3 gnnfdjen Sketijoben unb bem dürften @aü§in 3(u§gefagten fd)eint gu Sßermeibung aller 2Seitfd)roeiftgfeiten nid)t§ met)r erforbertid), at§ bie Vorlage bort fcfjon ermätjnter 357) Cf. B. S. Br. No. 915 (V. Band) nebst Erklärungen. A. d. H 358) Auch die Differenzen zwischen Schindler und dem Fürsten von Galitzin sind mannigfach vom Herausgeber behandelt worden. Vgl. besonders B. S. Br. No. 1094 nebst Erklärungen, S. 156 ff. (V. Band). A. d. H. — 654 — «Briefe tom bem SRuftf gelehrten 93. ©amcfe an ben SSerfaffer gerietet. 2)er crfte brachte ben Don mir in SSien bergeblitf) gefügten ©cfjutbbrief be§ dürften an 93eetf)oüen auS bem Sftonat iftooember 1826, mefjr nod), er gab $unbe, baß ba3 (Streit* object, 125 £)ucaten nämlict), an btw Steffen be§ großen 9Jteifter§ gegafjtt roorben, tt>ogu jebocfj nid)t roeniger benn 25 Safyre er* forberltcf) gewesen, ©er gürft tjatte ftd£) §rn. Damcfe in ^eter§* bürg jurn SBert^eibiger feiner @arf)e gegen 23eetrjot>en unb beffen SSiograpIjen geroäbtt, baijer bemfetben bie ßorrefponbens mit 33eett)oben unb beffen Steffen unb ©rben eingerjänbigt. Sn ben Briefen be§ (enteren an ben dürften fanb ftcf) ber gefugte ©djutbbrief fammt ber Stecfamation öon 125 ©ucaten cor.*) Saburrf) gemann £r. Samcfe bie Uebergeugung, ba% be§ gürften ©acfje eine faule fet> unb gab feine roeitere SSertfjeibigung auf. Um jebocf) 33eett)oöen'§ ©fjre gu magren, fjat er mir unter frembem -Kamen bie §auptbata übermittelt, bei feiner 5tnroefen= fjeit 1854 5U $ranffurt am Wlain aber ftct) bor 3eu9en a^ ber Sßerfaffer ber beiben Briefe genannt unb nod) oerfcfjiebene biefen ©treitöunct betreffenbe 2)etai(3 mitgeteilt, roie er fte au§ ben ifjm uorgelegenen papieren gefcrjöpft tjatte. §ier folgen *) 2)er Sefer wirb fidi erinnern, baf$ Bereite bei 9tnfüt)xicng biefe§ galleS, S. 437, bemerft rcorben, wie fcfjon ©erjfrieb in ben 1832 fjerau§= gegebenen „53eett)ot>en'3 Stubien" (btograöl)ifd)e Zotigen S. 12) biefeä ScfmlbpuncteS ermähnt. Ski Angabe ber au3 ber föinterlaffenfcrjaft S3eet= rjoöen'g erhielten iotalfumme fagt er in einer Stanbnote auäbrücftid) : „9cid)t eingeregnet einen Setrag üon 125 6t. ©ucaten, roelcfje ber SSer= ftorbene für gelieferte Eompofitionen an einen auSlänbifdjen dürften nodj §u forbern fjat" — 2)iefen fürftlicfjen Sctjutbner mit öoflem tarnen ju nennen, trar für Senfrteb nictjt nöttjig, benn er fdjrieb nur Scotijen, leine SMograp&ie, in roeld)er bie fcfcjlimmen folgen beg fürftlicfjen 2Bortbrud)ö mit allem, rua§ brum unb bran rjängt, gegeigt werben müfjen. Df)ne biefen SSortbrudj !ein ©abritt bei ber pfjüljarmonifcben ©e = fcllfdtjaft in SJonbon um llnterftüfcung unb feine üblen 9?aaV reben, bie unfern SJieifter getroffen. Sediere rjauptfäctjltct) bilben ben lief) fetin roirb. ©alifcin grünbet feine ©erttjeibigung gegen bie in Syrern Sudje auSgefprodjene Slnftage auf bie ©efyauptung, er fjabe bie beiben legten Quartette erft bei feiner ^üdferjr au§ ^erfien bor= gefunben, fte alfo bei Sehweiten 23eett)ooen'ö nicfjt galten fönnen. @r märe entfdjutbigt, roenn biefe ©eljauptung roatjr märe; benn bitligermeife fann man nidjt Verlangen, bafj Semanb gable, bebor er ba§> §u 3a^enbe empfangen rjat. 2)ie ©eljauptung ©atitjin'3 ift aber untuatjr, mie fo mand)e§ Rubere in feinen $lu§fagen. — (Sari ©eetfjoben, ber mirftid) in SBien, Sofephjtabt 221, mofynt, befitjt an ätoangig ©riefe, bie ©atitjin eigenfjänbig an SSeet^oben gefdjrieben Ijat. Unter biefen befinbet fid) einer, meld)er golgenbeS enthält: Charkoff 10/22. Novembre 1821. Mon eher et digne Mr. de Beethoven, Vous devez me croire bien leger et bien inconsequent de Vous laisser sans röponse pendant si longtemps, surtont quand j'ai reeju de Vous deux nouveaux chef-d'oeuvres de votre immortel et inepuisable genie. Mais des circonstances malheureuses! . . . Maintenant j'habite le fond de la Russie et sous peu de jours je partirai — 656 — pour la Perse pour y faire la guerre. Avant cela j'expß- dierai absolument ä M. M. Stieglitz et Comp, la somme de 125 ^j: et je ne puis que vous offrir raes remerciments pour vos chef-d'oeuvres et mes excuses d'avoir ete si longtemps sans vous donner signe de vie."*) 2>ie beiben legten Guar* tette waren atfo bem dürften bor feiner 91breife zugegangen, 33eetl)oüen fjatte ba§ au§brüdlid)e 2>erfpred)en, bie 125 ^ füllten ifym absolument (fofort) Übermacht raerben, er raar alfo böllig berechtigt, ben befannten ©rief bom 21. 3Wärj 1827 an ©tieglitj fdjreiben gu (äffen. Slmen mar raofjf nur 23eetf)ooen's letzter S3rief befannt; ©ie irrten, inbem otfdjeraar, fiel) be§f)alb an bie ©efanbtfdjaft gemanbt fjat, unb ber @raf üfteffetrobe ü)n ba^u zwingt. 2)as 3llle§ ift nnreblid) unb betrügerifdj. ?lfler= bing§ fjat ßarl 53eet^ooen borigen Sommer aud) bie übrigen 75^ erhalten, ba§> beraeift aber nur, bafj ©alitjin ben Grben für fid) geraumen raollte, um ungefjinbert feine unraafjre @r= gäljlung bebitiren 5U fönnen. — (Sr raar aber Q3eetf)oben aufjer ben 125 # nod) bie §onorare für mehrere anbere (Sombofitionen fdjulbig, bie ifjm auf feinen au^brüdlidjen SSunfd) überfanbt raorben raaren. 9J?and)e berfelben finb oeröffentlidjt raorben, anbere blieben Gigentfjum ©a(i§in'£. 95on lederen ift mir ein Quintett für ©trcicfjinftrumente befannt, eine fd)raadje Arbeit, raafjrfdjeinlid) au§ ber früheren Qtit oe§ ätfeifterS. ©aligin *) 2)iefer ÜBrief erfcfjetnt mttgeÜjeUt fonJD^I im CriginaUSejte wie in ber Heberiefiung ©. 477. **) Siefet s.Hu§brucf ift üon bem ^erfafjer nirgenbs gebraust luorben. — 657 — rüfymt fid) be§ Sßefitjeä beffefben, be^tt fjat er e§ aber nidjt. (Sari SBeetrjOüen ift im ©tanbe, 3lHe§ btefeS au3 ben Briefen be§ dürften §u betoeifen. (Sie roünfcfjen nun natürlich) su erfahren, morauf ba§, roa§ idj Seinen mitgettjetlt fya6e, begrünbet ferj. 2)a§ roitt idj Sfjnen jagen, ©allein rjatte alte auf fein Sßerrjältnifj gu Söeetrjoöen be^üglicEjen Rapiere, barunter aitct) bie SSriefe (Sart 93eetrjoüen'3, bei einem ntefigen äftuftrer beponirt, ben er bei feinem literarifcrjen ©treite ju benutzen fjoffte, ber fid) aber feitbem öon irjm loSgefagt rjat. SDort tjafie id) alle Rapiere unebertjott ge= febjen unb ait§ einem (Schreiben (Sari SBeetrjoüen'3, batirt: Sßien, ben 29. äftärg 1852, ben eben mitgeteilten Srief (ben (Sari gitirt, um bem dürften gu betoeifen, er fet) öerpflicfjtet, nocfj 75 ^ SU sat)len) copiren tonnen. 2lud) ba3, toaä icfj öon ben SSerfen, bie ©alitjin aufcer ben Quartetten nocfj öon SSeet- fjooen empfing unb nid)t bejahrte, fagte, ift au§ ben Briefen (Sart§ entnommen, ber überall al§ Setoeife bie in §änben be= finbltctjen Briefe be<§ dürften anführt. 2)er oben copirte ©rief be§ dürften fdjeint mir befonberg mistig, inbem er bie jetzige SluSfage be§ dürften miberlegt unb flar betoeift, bafj ©ie Dfacfjt fjatten, menn «Sie fagten: 23eetl)oüen ift um 125 ^ betrogen morben. SJBeber ©alitjin nod) (Sari Seetfjoöen werben im ©tanbe fetjn, ben Sßrief Oom 10/22- ^oü- 1826 hu ^überlegen, menn ©ie ifjn oeröffentlidjen." ®enerjtnigen ©ie, u. f. m. 2. ©t. Petersburg, 13. gebr. 1853. „®eefjrter §err! ©ie bürfen unb merben baZ unroürbige ©djreiben ©alitjin'S in 9?ro. 3 ber ^Sarifer muficalifdjen Leitung nidjt unbeantwortet taffen; benn märe ba$ barin SBefjauptete mafjr, roa3 follte man benn oon bem fterbenben 23eett)oüen benfen, ber eine ßafylung üerlangte, bie ü)m nid)t guftanb? 3dj fjabe S§nen bereite in meinem öorigen ©cfjreiben ben 93rief SL ©djtnölerä SBcet^oücn=53iograpf)ic. 42 — 658 — ©alitjin's an 23eetf)oüen mitgeteilt, roelctjer bartljut, bafj ber $ürft bie brei Quartette bor feiner $breife in Rauben fyatte, unb fid) berpflidjtet, feine ©djulb öon 125 44: fofort gu galjlen, mas er aber, betrügerifdjer Sßeife, nictjt ttjat. ©iefes Schreiben tirirft feinen ganzen, falfd)en SBertfjeibigungsplan über ben Raufen. Slber aud) aufeerbem enttjätt feine Sßertljeibigung 2Biberfbrücfje, bie genügenb ben unhaltbaren ©runb geigen, auf bem er fufjt. @r fyat 50^4= borausbegatjlt; Seettjoben fenbet ilmt barauf bie äfteffe, mit ber Sitte, fetbige für bie gegaste ©umme augu* nehmen, mas er annimmt, ©emungeadjtet möchte er je£t bie beiben erften Quartette als begabt, bie 99?effe aber als mc£)t begabt f)infte(Ien. $n ber STtjat t)at er nur bie Sfteffe unb bas erfte Quartett begatjtt, mie aud) ^olg ausfagt, unb ift, mie ©ie gang richtig behaupten, 1254t fdjulbig geblieben, um bie er, tro| feines förmlichen SSerfbredjens, ben armen 23eett)oben fdjä'nb* lief) betrogen tjat. SSas feine Seljauptung betrifft, er fyabe nie fo fleinticfj gebadjt, bie ©ebicace ber Quartette für fid) gu ber= langen, fo fragen ©ie itjrt bod), ob er nictjt öon Petersburg aus am 5. ffllai 1823 an Seerljoben getrieben l)abe: Je ne demande pour moi que la dedicace et un exemplaire manu- scrit des que vous aurez fini. — 5tud) ben Srief (Sari $eet= tjoben's, ber bie legten feiner „pieces justificatives" bilbet, t)at er gu feinem ßmede gugeftutjt. Garl 53eetl)oben berlangt (Mb, ift aber bagegen $u Willem erbötig, mas man nur milt. ©0 erbietet er fid) aflerbings ben dürften burd) eine 3eitungs= erftärung gu rechtfertigen, fügt aber tjingu: „fobatb Votre Altesse mir bas (Selb gegaljlt Ijaben mirb," ^ptjrafe, bie ber noble gürft bjof)(meislid) meggelaffen t)at. 5Iud) fpäter fjat er bem dürften angetragen, ben SBanquiers ^enidftein u. ßomp., bie nichts mit biefer <3atf)e gu tlmn fjaben mollen, einige Setoeisftüde gu über« geben, bie er behauptet, mieber aufgefunben gu tjaben, bamit bie Sanquiers biefe, bielleid)t unäcfjten, Schreiben ben üftadjfragenben bortegen foüen. ^ebenfalls f)aben ©ie, mertfjer §err, gegen fid) felbft, tote — 659 — gegen 23eetf)oöen'3 Anbeuten, bie $ßftid)t, tiefe eifelt nid)t im ©eringften an ber SSafjrrjeit Srjrer 5tu§fage. £ann icfj Srjnen in irgenb etroa§ burcfj 3(u§fnnft bienen, fo bin id) gern ba§u bereit. SD^it üorgügtidjer §od)ad)tung" u. f. ro. Unbegroeifett roirb fid) ber Sefer über bie §anbtung§roeife eines? fo rjodjgefteHten Cannes? in einer (Sfjrenfacfje, roie bie borliegenbe, f)öd)üd) öerrounbern. <3o niebrig aber and) biefetbe an fid) ift, fo unttug unb gemein bie in ber Sßotemif mit bem Sßerfaffer eingefd)tagenen 28ege ju bereu 23efd)önigung roaren, fo übertreffen bod) bie barin gegen unfern Sfteifter gefcfjteuberten Slnfdjulbigungen aße3, roa3 fic£> in ben öorfterjenben Briefen £>amde'3 berührt öorftnbet. Unb biefe3 ftempett bie £)anb(ung3= roeife be3 ruffifdjen dürften 5U einer fo au§ge3eid)net ptebeifdjen, roie bergleidjen fid) roorjt niemals üon folcfjer §öt)e rjerabgelaffen |aben bürfte. Safe baZ gefammte tefenbe publicum gteid) bei bem erften §eroortreten be§ dürften gegen feinen „Pamphletaire" Partei für it)n genommen, ift fdjon im biograprjifdjen £ijeii ermähnt. 3)er ^orje ^ame unb ber um jebeS §aupt eineä Slbligen fcfjimmernbe üftimbuS, ber ba§ %$ott in aßen ©(äffen fjeute nod) fo blenbet, roie üor 50 Sarjren, erftären fotcfje btinbe Parteinahme. ®afj aber aud) bie üarifer Gazette Musicale ben dürften in ©cfjutj genommen unb feinen ©iatriben unbebingten ©tauben beigemeffen, uneracfjtet meiner ©egenberoeife, bafj fie 42* — 660 — fogar bie üftiebrigfeit begangen, meine ^tueite Dtepttf 5U üer* ftümmeln, nadjbem fie überbies nod) ben roörttid) angeführten ©djutbbrief be§ dürften oottftänbig gu unterbrüden gemagt, barf ^ier nid)t oerfcbmiegen roerben, benn baburd) I)at biefetbe alle Snüectioen be3 dürften gegen 23eett)oöen für begrünbet an= erfannt, bie fo gefteftt maren, bafj ber Sefer irregeführt morben unb glauben muftie, ber gürft fet) ber betrogene unb Steetljoöen ber Betrüger. ©inen grellen 9c ad) Hang mibmete biefer unfürfttidrjen ©efd)id)te ein ÜDtann, ber fid) feit einigen Satjren als 3ketIjoüen= $orfd)er unb 2Iu£>feger bem frangöfifdj unb beutfcf) lefenben DJtufilpubticum befannt gemalt fjat. 2Sa§ £>err 2)amde, ber §annoöeraner, nad) Prüfung aller einfdjtägigen Rapiere gu unter* nehmen unter feiner Sßürbe gehalten, f)at ein £>a(bbeutfdjer unb Öatbruffe of)ne fotd)e Prüfung gemagt. £iefer Ijatte ben SJcutJ), ungeachtet be<8 il)m in meiner 9ieptif burd) bie ©patien ber „9?euen 3e^tfc^)r^ft fur SOJufif" befannt geworbenen ©djutbbriefes be3 dürften für benfelben eine Sänge einlegen. Sßütjetm non Seng,359) ber Siülänber, ber groBe Sßirtuofe in ber Gonjectural=$riti£, er ift ber füöne bitter. Seiner $ertljeibigung be§ dürften, enthalten im 1. Xfjeile feinet 2hidje3 „23eett)oben. (Sine föunftftubte", f ollen nur einige @ä§e entnommen merben, bie oon ber Gljaracteriftif: be§ 9Kanne§ Ijinreidjenb 3eu9™B geben. Sr fagt bort ©. 275 u. ff. unter anbern: „$üf)tte bie beutfdje treffe fid) berufen, nad)trägtid) für einen ©eift in'§ gelb §u treten, an ben bei feinen Sebgeiten fo toenig gebaut mürbe, fo lag SSien ü)r näljer, beffen £unftmärttirer 23eet§oüen 359) Man lese die übrigens befangene Darstellung von W. von Lenz in seinem Beetboven, Neudruck S. 327 ff. Besonders der Satz: „Der Fürst Galitzin wäre kaum einem Angriff ausgesetzt gewesen, wenn dieser nicbt von einem Literaten ausgegangen wäre, der sein Mütcben an einem böber Gestellten küblte." Das mußte sich Schindler, der ganz von Lenz ausgeschrieben war, stark verbitten! A. d. H. — 661 — 35 Safjre lang ttmr. 2Bien Iäf$t fid) bom Seben, bon einer Beurteilung 93eetr)ooen'§ nict)t trennen — toa§> tuen: für eine fotdje ©rfenntnifj babon §u gewinnen, bo^ ein Elusotänber mit Seibenfdjaft befd)ulbigt Wirb, 23eett)oben ttmtö fdjutbig geblieben in fetm? — §eut gu £age, too man otjnefyin alle möglicCje 9J?üf)e t)at fid) boräitftetten, baß 23eetI)oben ein Sftenfd) toie Slnbere ge= mefen! — S)ie ftrenge ©crjeibnng ber ©tänbe, bie au§ biefem i8err)ältniffe f)erborgef)enben 5Inimofitäten finb eine burcfjget)enbe ©rfdjeinung beutferjen 2eben<§. (!) 2)er gürft ©atitjin märe faum einem Angriff ausgefegt getuefen, toenn biefer nid)t bon einem Siteraten ausgegangen ttiäre, ber fein ,,„9ftütt)d)en"" an einem r)öt)er ©efteüten fünfte. 2)er gürft t)ätte fetnerfeitö beffer ben £>anbfd)un, gar nidjt aufgehoben unb bamit eine getjäffige Sourna(bo(emif bermieben, melcfje ettoaS 33effere3 51t berfotgen fjatte, at3 ba$ mifroSfobifcfye ©treitobjeet." u. f. to. 2)iefe§ tjatte f>err bon Senj bie ©tirn nieber^ufd^reiben im 3afyre 1855, gur 3ett, ftÖ er n"t bem gemeinten „Siteraten" in faft ununterbrochener Gorrefbonben^ geftanben, (bafür geugen gman^ig Briefe bon feiner £>anb an mid), meift eine 9?eif)e bon fragen über SSeettjoben'fdje SSerfe gum 55et)ufe feiner literarifdjen arbeiten enttjattenb); ber ©djriftftelter ferner fyatte bie ©tirn ba§> bruden gu taffen, ber mie fein anberer mein Sud) über SBeettjoben auSgefdjrieben. ©ielje ba§> im SSottoort barüber eingeführte. @3 ift fdjmerjtid) alz ©erränfter fid) fetber (Senugtljuung berfdjaffen 511 muffen. §err bon Sen^ f)ätte e3 anberö tjaben lönnen, menn er meiner Slufforberung jufotge unb feinem met)r= maligen $erfbred)en gemäjj fie gegeben fjätte. @3 lag bei ifmt, biefer Sfränfung jebeS geeignet fdjeinenbe äftotib unterstellen. (£r r}at eS bennod) untertaffen, aber feine Eintragungen fort* gefegt, um bon bereu Beantwortung öfters einen anbern @e= braudj 5U madjen, als if)tn bon mir geftattet toar unb er ber* fjeifjen tjatte. ^Sollen bie§ bie Sefer feines „fritifdjen StatatogeS fämmtlidjer SSerfe SBeetljoben'S" gefätligft beachten. 662 ■ftadjtrag. (Um ein bolle§ 3af)r fpäter, al§ 93orftel)enbe3 §u Rapier gefommen.) Selber fief)t fid) ber SBerfaffer in bie üftotfjbjenbigfeit ber= fe£t, nad)träg(id) anmerfen ju muffen, bafc $ürft ©alitjin tro£ alles? SßorauSgegangenen fid) nod) immer nicfjt ru£)ig uerfjalten miü. ®er Snfjalt eine§ an mid) gerichteten Briefes? de dato 7. ©ecember 1858 bezeugt e£. 9?ad)bem er barin ben ©treit= punct in einer langen £)iatribe neuerbing§ a6fpu(t; nad)bem er angeführt, bafj fein ©ofyn bie SSerteumber feines? Katers bei ben ©ericfjten berfotgen toerbe, unb baf$ berfefbe bie gu bem (Snbe beponirten 125 £>ucaten git einer bollftänbigen Verausgabe aller SGßerfe ^Beetfjobeus opfern toiU; ttadjbem er roetter behauptet, ba^, SBeettjoben i§m bie unnütje ( ! ) Partitur bon ber Missa solemnis of)ne fein Söortmjfen sugefcfjidt, bie er einige Monate fpäter nm 5 &f)lr. gebrucft faufen fonnte;*) (ber Sefer erinnert fid) bjofjt ber entfjufiaftifcfjen 2obe3erI)ebungen au3 be§ gürften Briefe an Seet^oben nad) ber STuffü^rung biefeä Sßerfeä in ©t. Petersburg, ©. 441) unb nadjbem er nod) gefagt, bafj id) feine ©enerofttät unb feine üftobleffe rjätte rühmen folten, nidjt aber tfjn berleumben, fommt er junt ©d)luf$ toie folgt: „®ur§, bjenn @ie tttollen, ba^ id) meinen ©ofjn bon feinem SBorfjaben abgalten fotl, fo überfdjiden ©ie unS auf§ fdjneüfte 31)ren SStberruf, benn nur unter biefer Sebingung laffe id) biefe 2tnge(egenrjeit fallen. (£<§ toirb bie3 nod) ein 9(ct meiner ©enerofität febn." üDtan traut feinen Singen nic£)t beim Sefen fotöjer (Sjpectorationen unb finbet einzig unb allein einen Slnljatt^ *) ®ie[e ©teile be§ fürfttidjen SriefesS öerbient roöttlicfj angezogen 311 werben. Sie lautet: „Reflechissez un peu; qui a agi plus noblement, Beethoven ou moi? 11 m'envoie sans m'en prevenir, une partition inutile, que je ne lui ai pas demandee, et la taxe oO^p, tandis que quelques mois plus tard j'aurais pu l'acheter imprime'e pour 5 thalers.' — 663 — punct bafür in bem Umftanbe, ba$ ber Srieffteöer ein ruf fifdjer gürft ift, getoörjnt immer 9Rec£)t 5U behalten. @8 üerftefjt fic£), bafj ber SSerfaffer auf biefen jüngften $Bemei§ fürftüdjer (Senerofität unb Sftobteffe nid)t§ erttribert rjat, tjter gur ©teile aber irjn mit ©tiüfcfjroeigen übergeben, fjiefje eineö UnrecfjtS an 35eetl)Oüen'§ ©ac^e fid) fdjutbig matten. D. „23eetl)0ben'3 (Stubien im ©eneraloafj, ßontratmnct unb in ber (Somjjofttion", ober Sflnaj bitter tum «Schrieb unb $oMa§ &a§Unger. 2Boljl fetten, ober niemals nod), bürfte bie Sftufirroett mit einem bem (Gebiete ber ^unftliteratur angerjörigen SSerfe fo in bie Srre geführt morben ferjn, aU mit bem, beffen Xitd oben genannt ift. ©eit einigen Sauren ift mancfjeä barüber getrieben morben. 2)ie Snitiatiüe fyat ber Sßerfaffer bereite 1835 begonnen. @r fjatte e§ unternommen, burd) §erau3;$ierjen eineö ©teineä ben toorjlbefeftigten 55au ettt>a§ in'S SBanlen gu bringen, jebodj ofyne (Srfofg. Sn fpäteren Satjren ift eä aber einem Slnbern geglüdt, benfelben boüftänbig über ben Raufen p merfen unb ben augenfcfjeinticfjen 23eroei§ §u liefern, bafj „95eetrjoöen'io ©tubien" ein untergefdjobeneS SBerf fet). 2öem ba§> $erbienft folcfjer ©nt^üüung §u!ommt, foll in biefer ©rgän^ung geäeigt toerben. Sßorauägerjenb ift jebocfj bie Vorlage be§ gefd)icfjtlid)en §ergange§ biefer 5tn= getegenrjeit, fo roie noefj Neffen erforbertid), ma§ bamit in 93er= binbung ftefjt. (53 foll bie§ in einer gebrängten 3ufammen= fteöung ber betreffenben 2)aten gefcrjeijen. Sm üftoüember be§ Satjreä 1827 fjat bie Sicitation be§ „muficalifcrjen !ftad)taffe3" bon Seetrjoüen ftattgefunben. 2)er 23erid)terftatter ber SfUg. äRuf. £tg. metbet baöon: „$). Slrtaria unb £obia§ £m§linger fjaben babei einen orbentüd)en 28ett= famof mitfammen gefämüft. Seibe teilten fiel) fo ju fagen burd) namhafte äfteiftgebote faft gang au^fcfjtiejjtid) in ben — 664 — unfaßbaren üftadjlafc, inbem jeber wo nid)t bie §ätfte, bod) minbeften§ ein SDrtttfjeit beffetben erftanb. Sa nun bielteicfyt gegen öt ergig unbefannte SBerfe, rooljt gröfetenttjetfö im blüfjenben Sugenbalter erfdjaffen, barin begriffen ftnb, fo bürfen ftd) bie Seretjrer be§ t)errlid)en 9Jteifter§ allerbingg nod) erfreuliche ©enüffe berfbredjen. Sftur ftetjt ju be= fürdjten, baiß bei einer foldjen ©etegent)eit nur gar §u Ieid)t mercantitifdjer a3linger ein §eft bon frember §anb gefdjriebener contrabunetifdjer 5lu3arbeitungen für einige ^reuger erftanben. Salb barauf frug mid) ber Verleger Siabetli, ber gleichfalls bem ^icitation§=5Icte beigemoljnt, ob id) moljl ein §eft, fo unb fo auSfetjenb, bei Seetfjoben je bemerft t)abe. ®er ßufaü fyatte e§ erft in ben legten Sagen bon 23eett)oben'£ Seben herbeigeführt, bafc mir biefeö £eft in bie £mnbe gefommen; auf bie grage nad) bem llrfbrung be§ 3nf)alt3 anttoortete ber äfteifter: „(£§ finb Setfbiele bon 2(tbrec^t§berger für feine ©d)üler aufgearbeitet." (£r behielt bann ba§ §eft mehrere Sage in feiner üftälje unb mandje SKüderinnerung an feine ©tubienjatjre toarb baburd) madt) gerufen. Seim näheren Verfolgen biefes> ©egenftanbeS mit Siabeüi maren mir beibe gemifs, bafj biefeS §eft mirftid) ba% Punctum quaestionis fetj. ©egen @nbe 1831 bernatjm Siabelli, bafy ©etjfrieb fidt) mit Bearbeitung bon in ber Sicitation be§ Beett)oben'fd)en 3tad)laffe§ gefauften Sßabieren befdjäftige, bie bei §aslinger in einem Sanb erfdjeinen merben. Unfere Sermuttjung fiel — auf ba§> ermähnte £)eft. Sm Safyre 1832 erfdjien benn ba§ längft ange!ünbigte SSerf mit einer borgebrudten üftamenlifte bon 1293 @ub= feribenten unb bem Beifüge auf bem Sitelblatte: „%u$ beffen (Seetfjoben'S) t)anbfd)rift(id)em 9^ad)(affe gefammett unb t)erau§* gegeben bon Sgnag bitter bon <2et)frieb." — @d)on bei — 665 — flüchtigem durchblättern erfannte icf> einige bon ben brei= ftimmigen $u9en m^ en pflegte bie TOufittjanblung im ^aternofter-öäfedjen 311= tueüen einen gudiäbau ju nennen. — 667 — üerbädjtigten, ben SSerfaffer aber nur fur^tr-eg „Q3eetf)otien'£ ßammerbiener" nannten. $)®ti foldtje Briefe finb mir öon ben (Smpfängern mitgeteilt morben. fraget nidjt nad) ber ÜESirfung biefer Sntrigue, §a§linger ftanb mit aüen Sortimente Sftufifljanbtungen in gan§ S>eutfd)tanb in Sßerbinbung unb faft alle (Somponiften unb Sßirtuofen gehörten §u feiner ßtientet; befonberS biet gu ©efaüen traten itjm bie reifenben 23irtuofen, mo feine Briefe nidjt fyinreidjten. Snbefc gingen S3ud) unb Verfaffer iljre 2Bege meiter unb legerer ift im ©tanbe, in bief er- neuen Auflage bie 9lbredjnung über biefe fämmtlidjen 23e- mütjungen Dor^utegen. 1851 fünbigtc bie 9ftuftftjanbtung ©djubertlj u. (Somp. in Hamburg eine gtoette Auflage öon S3eet£)oöen'§ (Stubien an. 3m Sntereffe be3 SßublicumS unb ber ©adje f)ielt id) und) für öerpflidjtet, in 9?ro. 16 ber leiten $eitfd)rift für SJcitfif beöfetben 3aE)re§ auf biefeS gewagte Unternehmen aufmerffam gu madjen, unb ba% betreffenbe 233er! offen für eine Sfttjftification, ober ma§ baSfetbe, für ein untergefd)obene§ $a ertlären, mit gleidj= zeitiger Anfügung einiger ber Ijier angeführten £)aten. Snbefe, bie unternetjmenbe 9J?ufiff)anb(ung Ijat ftdj baburd) nidjt ftören laffen, oielleicfjt grabe beSljalb redjt gute ©efdjäfte gemadjt; bie Glorie um ben tarnen SSeetljotien üerbunfett ja alles um fid) Ijerum. SDicfc ©lorie Ijat bem äftufililjänbter 3)?ori^ ©cfjlefinger in $jßari<§ mit einer fratijöfifdjen Ueberfetmng ber ©tubien, nad) eigener Sßerfidjerung, an 30,000 grc3. eingebracht. 99cein §er= üortreten r)atte jebodj eine anbere SBirfung. @in gebiegener 3J?ufifer in $ö(n raarb baburd) angeregt ber 9D?t)fttficatiort auf ben ©runb §u fommen. 2)a3 ©rgebnifc feiner $orfd)itng |at er in 9?ro. 72 ber 9RE)eintfcrjen äRuftf Rettung*) üon 1852 niebergelegt. SDiefeä nod) fet)r junge SKufiforgan t)atte aber gur Qtit n0(f) 3U wenig Verbreitung gefunben, batjer bie Ijödjft midjtigen (ümtljütlungen $ran3 2)erdum;3 faft ber gefammten *) SSorgftngerin ber mit Anfang 3uli 1853 begonnenen lieber* rfjetmfcijen Wu\it .-Leitung, 6eibe unter 3tebaction üon $rof. SubnngSötfdjoff. — 6(38 — ?J?ufiftuett unbelannt geblieben, felbft «Solchen, bie fid) um muficalifdje Sttcratur bekümmern. £öd)fid) 311 bebauern ift e§ aber, bajj fogar 5T. 23. Waxjc feine ^enntnife bon aßen tiefen Vorgängen au§> öerfdjjiebenen Zeiträumen erhalten Ejat, mag au3 feinem SBerfe: „Subroig öan Skettjouen — Seben unb ©djaffen" flar erhellet. (3ournatiften= Slrbeit äquale £>anaiben=2trbeit !) £)er mit fo fdjarfen ©innen begabte ©etetjrte f)at in ber beffen tt>efenttid)er Snfyaft befielt; er t)at ber unlauteren Quelle Glauben unb Vertrauen gefdjenft unb ba= burdj ben ßrebit be§ apocrtjüljen 2Berfe§ nur nod) mef)r befeftigt, ma§ furj bortjer Utibifcljeff gteidjfallg getfjan. SBie leicht es nun ber ©beculation gemad)t ift, ben SSetrug mit bem 23ud)e gum b ritten Wal §11 unternehmen, liegt auf ber offentlitf» toirb aber mit ^adjftetjenbem ein fefter SDamm er* ridjtet unb bie böfe !>ftad)n)irfung bon foldjem $ihtöal;)rf)aften nalnnljafter mnficatifdjer Autoritäten für alle $eit parafyfirt ferjn. /pier folgen bie (Sntfyültungen. „SSeetfjoben'S (Stubien ein ermiefen untergefdjobeneö Sßert360 (Sinige Safjre nad) 23eetl)oben'3 £obe erfd)ien in SBien bei £a3linger ein SBer! unter bem Stitel: „2. Dan 33eetl)oben'3 ©tubien im ©eneralbaffe, ©ontr abmiete unb in ber Somüofttion§= leljre. 2tu§ beffen Ijanbfctjriftlidjem 9cad)taffe gefammelt unb f)erau<§gegeben üon S. Sxitter bon ©etyfrieb." ©egen bie 360) Daß Schindler auch v. Seyfrieds apokryphes Buch „Beethovens Studien im Generalbaß" unter seine besondere Lupe nehmen mußte und. nahm, war ebenso selbstverständlich als anerkennenswert. Er war aber einer solchen Aufgabe, die sehr viel Musikwissenschaft als auch Ästhetik erforderte, nicht gewachsen. Ein nach ihm gekommener Beethovenforscher, Dr. Gustav Nottebohm, hat diese mühevolle Arbeit mit Erfolg getan. Hierbei ist auf dieses grundgelehrten Autors Abhandlungen: „Generalbaßlehre und Konipositionslehre betreffende Handschriften Beethovens" und J. B. v. Seyfrieds Buch: „Ludwig — 669 — 9Ied)tt)eit biefeä 9Jcad)merfe3 erfjob fidj fdmn im Safjre 1835 51. ©djinbler, aber bie (Stimme be§ £üter§ mürbe trjeit§ über* f)ört, tljeilS burd) bie bei ber ©ad)e beteiligten unterbrüdt: ba§ muftcatifdje publicum ift roie bie SBelt, t>on ber baä ©pridj* mort jagt: mundus vult deeipi; e§ faufte ba§> SBerf unb fein (Mb flofe in bie £afd)en ber ©peculanten, meiere auf bie un= mürbigfte SSeife ben rjeitigen tarnen SBeettjOöen'S gemiBbraucfjt |aben. „Sßie? mit fotdjer SBeftimmtfjeit fpredjen ©ie ba§> au§? fann ©djinbler fid) nid)t geirrt fjaben? bemeift nidjt bie SSer= fidjerung eines rjödjft adjtbaren Cannes auf bem £itet be§ 29nd)e§, baf$ biefe ©tnbien au3 $eetrjot>en'§ t)anbfd)rift(id)em 9^act)tajfe gefammett finb? Sefen anb, finbe bie alte ©efannte glüdlid) mieber, unb je meljr id) blättere, je meljr contrannnctifdje Scifpiefe id) lefe, je beutfid)er entmidelt ftd) bei mir bie Erinnerung, bafj id) mid) in biefer 9tococco= gefetffdjaft bei irgenb einem großen §errn ber 23orgeit fdjon einmal befunben l)aben muffe. S)a berganäeSSertl) be§ fraglidjen S3ud)e§ auf ber Annahme beruht, baß bie SSeiftoiele unb Aufarbeitungen mirfliclj oon 23eetl)ooen finb,*) ba^ mir tjter bie intereffanten 35erfucfc)e eines jugenb* lidjen ©euie'3 öor un§ f)abeu, fiel) bie 9iegeln feinet SefyrerS anzueignen unb bie gefteüten Aufgaben $u löfeu, fo ließ mir ber einmal angeregte gmeifel feine 9tul), unb mätjrenb id) üor meinen 23 üdjergef teilen finnenb auf= unb abgetje, mar e£ mir, al3 gtotjten mid) auf einmal au§ bem Stitet eineg alten Ouart- banbe§ ein Sßaar große, mot)lbefannte Augen an. „Gradus ad Parnassum" la§ icf) barauf, unb in bemfelben Augenblid fdjoß *) 2)iefe§ befeuern ©etjfrieb'S feigen in ber Seipj. 9lllg. 2Ku[. 3*9- — 671 — e§ mir audj burd) ben Slobf: gefunben! Set) greife gu unb Ijofe mir be§ ölten ^peroen Sodann Sofebt) $ur. Gradus ad Parnassum sive Manuductio ad CompositioDem regulärem ober Slnfüljrung §ur regelmäßigen (Sombofition — au§ bem Sateinifdjen in'S SDeutfdje überfetjt Don Sorenj SD? intern; Seipjig 1797 bei $. ©• §einfiu3 — herunter, labe ben e^r= mürbigen (SapeÜmeifter Sfyrer faifertidjen äftajeftäten £eopolb'3 I., Sofepfy'S I., unb &art'§ IV. gu einem freunbtidjen ©efprädje ein unb lege ifjm bie 93eifpiete ou§ Söeettjoben'S ©tubien §ur Stnfidjt bor. SSer fdjitbert mein (Srftaunen, ai% er mit tjotjfer ©eifterftimme erioibert: „?Iüe3 fdjon bagetuefen — ift Me§ oon mir — fjabe e§ mit meines $aifer§ ©nabe fd)on 2lnno 1725 burd) ben ©rud an'S Sidjt gebracht." — 3Ba 3 ift bas? rufe id) au§: tüäre ba§> mögtid)? — SSatjrfcfjeinticr) Jjatte StlbredjtS* 6 er g er, ber in ben brei Sänben ber (Sebfrieb'fdjen SluSgabe neben $ur, auf bem ©eftette ftanb, unfer ©efpräet) bernommen: er ftedte ben $opf über meine ©dmltern toeg in bie 23eett)oben'* fdjen ©tubien unb flüfterte: „£>m! t)tn!- mir gang rootjl befannt — fdjon bagetoefen — ba§>, unb ba§>, unb ba$ ift oon mir — in meinem brüten S3anb Dom bitter ©etjfrieb, meinem lieben <3d)üler, fdjon Oor üielen Sauren in ®rud t)erau§gegeben." 2)a fprang id) entrüftet auf, fd)lug mit ber gauft auf ben £ifd), baß bie beiben ©eifier berfd)tt)anben, unb gelobte mir bie gürnenben Stauen SSeetfyoben'S pt berfötjnen burd) öffentliche Stnflage Sener, bie unS ben 51bfaU bon ben geraden ber ge= nannten obtt)of)t fefyr efyemuertfyen alten §erren für bie gunlen feines teimenben ©eniuS oerlauft tjaben! 3>d) getje beSljatb nun gur gerid)tlid)en ©egeneinanber- fteHung ber ©dmlbigen mit gur, unb SltbredjtSberger über, unb laffe bie actenmäfjige 5Bebjei3füf)rung folgen. Sd) benutze bon gu£ bie oben angeführte StuSgabe unb bon SllbredjtS* berger beffen fämmtlidje ©driften über ©eneralbaß, mag ftdj nod) mefyr finben laffen, a6er id) bin be§ unerquidtidjen 9?ac^= fd)Iagen§ mübe. Stafj aud) nur ba§> SSenige, ba§ nad) biefem ©ünbenregifter nod) übrig bleibt, lüirfüct) oon 23eett)Oöen f)er= rüfjre, ift burdjauä unttiafjrfdjeintid). ©laubloürbiger ift bie SJcittfjeitung ©d)inbler'3, bafc baZ ©an§e ein §eft 5llbred)t^ berger'3, öietleidjt nur eineä ©d)üler§ beSfelben, fetyn mag. ®iefer t)at ba3 2öer! oon $uj benutzt, au§ meinem aud) aufjer ben Sfotenbeifpielen nod) folgenbe bemerfenStoertlje ©teile ab= gefdjrieben ift. $U£en*3 Sud) ift nämlid) in bialogifdjer $orm »erfaßt, unb fo ermahnt benn an ber betreffenben ©teile ber Setjrer feinen ©ctjüler atfo: „£)u l)aft beine ©adjen gang gut gemacht, ©o fann man burd) 9lad)ben!en unb arbeiten Diel erlangen. S)u mufet biet) be3 ©prüdjleinö erinnern : ber Kröpfen SBaffer burdjlöcfjert enblid) einen ©rein, nidjt mit (bemalt, fonbern inbem er oft barauf faßt. njetdje bie Begleitung angeben, fyeifsen Signaturen." Bei Stürf ©. 23: „£)ie $iffern unö 3e^enr ttetdje fid) auf ba$ ©enerat= bafefpieten begießen, pflegt man in*gefammt Signaturen gu nennen." Stuf biefe SBeife getjt e3 fort: bie Iftotenbeifptele finb meiftenS gang fo mieber abgebrudt, mie fie in %üxt fielen. SDtan bergteidje fotgenbe Stellen: Stubien: ©. 5 unten, bei £ürf ritte§ (Sapttet: ©. 21, bei ZM ©. 57. 22, — — 61, 62, 63, 65. 23, — — 65, 102, 103. 24, — — 104. darauf folgen 10 glätter, beren Duelle noct) im £)unfet liegt: bann Ijttft aber für ©. 55 ZM mit ©. 322 u. 323, für @. 58 berfetbe mit ©. 128, §. 88, 89 au§. SBom fechten Kapitel an get)t bie ©actje in'S ©rofce. £)iefe§ ift gan§ ba§ 6. Kapitel iürf'3, nur in üerfrüppetter ©eftalt. freilief) bebarf e3 eine§ geübten 9$licfö, um beftänbig auf ber gätjrte gu bleiben; ict) gebe einige Slnbeutungen, roonact) Seber, ben e§ intereffirt, bie anbern Kapitel burc£)get)en unb öergleictjen lann. Wlan netjme 5. 93. bie erften 9?oten5eilen auf ©. 59 ber ©tubien. £)er erfte Zact berfelben fietjt bei Xürf ©eite 264 bei c. d. — ber 2. £act ©eite 265 e. — ber 3. 265 f. — ber 4. 465 g. unb ber 5. bei h. Mitunter gel)t e§ ettt>a§ lrau§ burdjeinanber, aber e§ ift 2Me§ ba. ©oroie baZ 6. Kap. ber ©tubien au§ bem 6. bon Züxt gemacht ift, fo ift ba^felbe ber galt mit bem 7., 8. u. 9. Kapitel, tueldje in benfelben Kapiteln bei Züxt if)re Quelle tjaben. 3um 10. Kapitel üergteidje man Stürl ©eite 139 unb folg. Knblid) t)at bie 21bt)anb(ung „s£om fR ecitatiöw in ben ©tubien (©. 338—348) ü)re Quelle in 3. ©. ©uljer'g £t)eorie 43* — 676 — ber frönen fünfte, Strittet „föecitatiü" %% IV. ©. 4 ber 2. Huflage, Seip^ig 1799. Siefer Strittet tjat 17 (Seiten unb 6 üftotentafetn: bie Plagiate ber ©tubien lann Seber teidjt barin finben. S)ocf) lange genug Ijabe idj bie Spuren ber gennffentofen Schmuggler burdj ietteid)t finben SInbere bei fortgefe^tem Stuf graben aller 9iöf)ren nod) meljr. (betrieben \)dt mid) ba^u ba§ empörte ©efüljl über bie boppelte Scfjutb ber Sßerfünbigung an Seetjjoüen unb an ber muficatifdjen £efe= ftielt. SSte mandjer Äunftjünger mag e§ fid) üietteidjt an feinem 9Jcunbe abgefpart tjaben, um ben ^reis> für eine Reliquie Q3eet= tjooen'ö §u erfdjnnngen! Unb ma§ befitjt ber arme nun, ba mir feinen ©tauben rütffidjt§lo§ zertrümmern mußten? — Sdj enthalte mid) meiterer 23etrad)tungen, bie fid) in gütte barbieten; benn mie ein S)idjter ber Sttten fagt: Si natura negat, fecit indignatio versum — fo müßte and) tjier ein Zeitiger gorn uüer oen untoeranttoort* tid)en greüet an einem grof3en Dramen bie $eber führen. $ö(n. g. $erdum, Seljrer an ber rf)eiiü|'cf)en Sftufiffdjule." S)ie (SingangS üernommene 23efürd)tung be3 SSiener 35e= ridjterftatterö in Setreff mercantitifdjen (Specutation§= Unfugs? ift atfo nad) üortiegenbem (SrmeiS in cotoffatem SDfafje luirfüd) auggefütjrt morben. (53 bleibt nun nod) ein anberer gragepunet §u erörtern übrig. SBiebertjolt nennt en auf ©eofrieb einen §afj geworfen unb irjn jeber 5tcfjtung unroürbig erflärt. ©er §auptgrunb lag im fittticrjen SBanbel be§ (SapeEmeifterS, in feinen efjelicfjen SSerrjättniffen, roomit er aU SSorgefetiter ein fd)lecfjte3 Sßeifpiei gege6en .*) Söenn in bem fittentajen £)onau= babet üftiemanb baran 2iergernif3 genommen, fo mar e§ bocfj nnfer geftrenger ßato. 2öie fjätte 23eetrjooen ben rünft(erifcrj= acfjtbaren Sapettmeifter 1824 bom ®irection§=$utte gleid)fam im 5tngeficfjte be3 s$ublicum§ anSfcrjUeften fönnen — mie in ber 3. ^ßeriobe gezeigt ift — menn er nur einige 9lcfjtung für irjn gefügt rjätte? £>iefe SebenSöerfjäitniffe berf eisten ben 9ftann nacfj feiner 23erabfctjiebung im £tjeater an ber SSien (1825) in eine bebrängte Sage, roetcrje irjn genötigt, ©tunben gu geben unb arbeiten für SSerteger^mecte gu unternehmen, bie mit ber SBürbe eines rjocfjfterjenben 2öiffenfcfjaft§manne3, ber ©erjfrieb roar, im Sßiberfprttcf) ftanben. £)iefe ßuftänbe führten irjn enbücfj bi3 §u ber %$at, beren 33eurtfjeitung fo eben bem Sefer unterbreitet morben. @3 barf für geroife angenommen merben, ba^ feit ben im Sarjr 1806 im SHjeater an ber SSien üon bem abgeänberten $ibelio ftattgerjabten groben unb Sluffüfjrungen 23eetrjoDen unb ©erjfrieb fein 2öort metjr mit einanber geroecrjfeit rjaben. SSill man baran äroeifeln, fo befrage man ben gegenwärtigen ©irector be§ ^(acfjener ©tabt^fjeaterS, SJHcfjaet ©reiner, ber in ben Sauren 1822 unb 1823 nur gu oft ©elegenrjeit ge= rjabt, beibe biefe SDMnner §n gleicher ©tunbe in berfelben Sveftanration neben bem ^ofeprjftäbter £rjeater gu beobachten. 3u borbenanntem ©runbe tiefgerourgetter Üücifsacfjtung gefeilte fict) aber nocfj einer: Söeetrjooen rjiett ben (Sapellmeifter ©erjfrieb für ben ©elbft^ecenfenten atler feiner SJMobramen in ber 5t (fg. 9Jhtf. 3tg., baüon jebe $ritif auf 5 bi§ 6 (Spalten au§* *) ©e^ftieb lebte lange Safjre in tuttber (Slje, unb probuctite bie iljrem redjtmäfjig angetrauten SOfanne entlaufene ftxau an alten öffentlichen Drten. — 678 — gebetjnt erfcfjeint, mit bereit 2lnalt)fe förmlid) Schule gehalten toirb. 1822 bemühte fidj g. SRodjtifc in SSaben perfönlidj ifjm btefett (Glauben ju benehmen, ofjne ben eigentlichen Urheber jener auffallenben Sobfjubeleien namhaft ju madjen. öeetrjoüen repticirte: „©agen Sie, roa§ ©ie wollen, er i|t e§ bennodj!" 3)er SBerfaffer roar $euge De* 0^eier Bw^mtbüing. gatte ©erjfrieb fonacfj in Se^ug auf 33eetljot>eit'§ SebenS* üerfjättniffe, fein Xfyvm unb Saffen, meift nad) Sagenden gef einrieben, fo roar bieg nidjt gleidjer gall in S5e§ug auf be§ äftetfterS Sßerfe, beren Sluffütjrung er mit eigenen Dtrren gehört rjat. £arum üerbienen feine Urteile alle Seacrjtung, 5itmal fie nid)t üon einem voreingenommenen Äünftter au3; gegangen, aud) nicfjt üerein^ett baftetjen. SSaS aber bie unferm 9Mfter in ben 9)tunb gelegten Urtfjeite über §aenbel, ätto^art, (Stjerubini unb SBeber betrifft, fo rjat fie ©erjfrieb ttjeife auf* gerafft, tqeilä felbft erfunben. — 2£at)r ift e3, baf$ Seetfyooen §aenbel für ben „unerreichten SOceifter aller SJceifter" erllärt tjatte; unter ben 5llten roar er itjm ber befanntefte. 2Sie fo gar roenigeS er toon @eb. SBctdj gefannt, roarb fdjort am anbern Orte nacfjgeroiefeu. Ser ©runb ift in ben ßeitäuftänben gu fucfjen, aber aud) barin, baß man in SJBien Don „tutrjerifcfjer 23hifif" nicfjtS roiffen mochte, ©ben fo ift e§ roatjr, bafs 93eet= tjoüen bie $aub er flöte für baä allergrößte beutfdje Cpern* roerf erfrört rjatte; er ftü§te fein Urteil aber tjauptfäcfjüct) barauf, roeit in biefer Dper alle ©enre§, Dom Siebe bis jur guge, in Jjödjfter Sßollenbung ausgeprägt erfdjeinen, roie bereite «Seite 509 ermähnt roorben. äßenn ©etjfrieb Seetrjoüen oom 2)on Suan fagen läßt: „Ueberbie» fotlte bie tjeilige Äunft nie gur gotie eineä fo fcanbalöfen ©ujetS ftd) erniebrigen laffen" — fo bürfte ba3 ©ange auf 23eett)ouen'3 oft getraue Steuerung gu rebuciren ferjn, „bafj er biefeä (Sujet nidjt fjätte componiren fönnen." — 2>aB Q3eett)oüen auS (£t)erubini'3 Requiem fid) „9J?anc^e§ ad notam netjmen mollte, menn er fetber eineä fdjreiben roerbe," ift Setifrieb'sS (Srfinbung. Gin öeet^ooen — 679 — ttrirb fid) ein frembeS SCßufter ju irgenbeinem SSerfe nehmen! SBeetljoöen fannte Gtjerubini'g Requiem ntdjt; oon ®ircl)enmufif be§ großen ßeitgenoffen mar ü)m blo§ bie ütfeffe in D begannt. (§r tonnte fid) bafjer in feinem Söriefe an (Sljerubini 1823 — mooon ba§> etgenljänbige (Eoncept in ber llönigt. 33ibtiotJ)ef 51t ^Berlin aufbematjrt ift — matyrtjeit^getreu nidjt anber§ au§brüden, als er getljan: „ inbem icf) Sfyre 2Berre über alle anbere tl)eatralifd)e fd)ät$e" u. f. m. SSon 5Urd)enmufif gefct)ie^t feine (Srmäbnung. — 2Ba3 23eetl)Oüen üollenbä über ß. 9ft. üon SJÖeber gejagt fjaben fotl, ift abfurb unb ttrieber ©etyfrieb'3 (Srfinbung. „SSeber fjabe ^u fpät angefangen 3U lernen, barum tonnte fid) bie Äunft nimmer redjt natürlich entfalten, unb fein fid)tlid)e§, einiges (Streben fet) baljtn gegangen, für genial gu gelten." — Sßeettjooen mufcte redjt toofyt, ba$ Sßeber fdjon mit 20 Saljren fid) in ber Dper üerfudjt Jjatte. — $>ie§ ^ufammen mirb nmt)! genügen, um ?lnfud)en bei, Sreuning möge ben 6. §o(§ um 3uru^9a^e frefer ©djrtft angeben, mag biefer jebod) ent= fdn'eben abgelehnt. SBeiterfjiit tuarb biefer Angelegenheit erft mieber gebadjt, at§> mäfyrenb be§ 9fteifter§ ftranftjeit mit Sreuning unb bem SBerfaffer im Setreff einer Siograbtjie berljanbett tuorben, roie bieg bie ©intabung 6efagt. Sa !am Seetfjoben mieber auf biefe Sdjrift gu fbredjen unb tiefe 3toeife( ^au* merben, ob biefelbe, toeil btoä mit Sleiftift bon Jpofä'3 £anb gefcfyrieben, ©ültigfeit tjaben fönne. @r fjatte feinen 9J?utf), irgenbeinen geeigneten ©cfyritt felber §u ü)un, um §0(5 um 3urüdgabe ber Urfunbe 31t erfudjen. 3eit unb llmftänbe Ijaben inbeffen bewirft, bafe biefe Ur= !unbe bem Serfaffer gu ©eftdjt gekommen, unb stoar auf folgenbem SBege. Sie (Sommermonate oon 1850 in §eibelberg berbringenb, erhielt tdj bafetbft ben Sefud) beS grofetjer^ogtidjen £of=9ttufif=Sirector§ Dr. ©afjner au§ ^artöruije, beffen per* fönlidje Sefanntfdjaft id) bereite bei bem 95eet^oüen*gefte 1845 3u Sonn gemadjt tjatte. Slu§ ben 3e^unÖen tüar m^x befannt gemorben, ba^ ©afener beabftdjtige, eine Siograbfyie oon S3eet= fjoben abjufaffen. ©ein Sefud) betraf biefen ©egenftanb. @r ttjeitte mir mit, ba^ er in SBien Materialien 31t biefem Setjufe gefammett unb jugteid) bie im Sefttje Oon (L §0(3 befinblidjen Rapiere nebft Seettjoüen'ö Slutorifation Oon biefem ertoorben fjabe, ungeadjtet beffen aber grofee ©djmierigfeiten finbe, med bie aufgefunbenen Materialien nur einzelne Momente au£ ber 2eben3gefd)id)te be§ großen SßeifterS beträfen unb jur Ausfüllung bieler Süden ifmi nod) alle Säten fehlen, fcnad) er bezweifle, bajj e§ je §ur Ausführung feinet 33ort)aben§ fommen merbe. Sie Autorifation Seetfjoben'S an 6. §0(3, auf einem (Stempel* — 681 — bogen öon fedjä ®reugern, legte mir ©afener im Original cor, gugleid) bie (5effton341rfunbe öon (S. £)ot§ an u)n, bie auf ber brüten ©eite beffetben 23ogen§ getrieben ftetjt. £>er Sigen= u)ümer gemattete mir oon jeber eine 9lbfd)rift §u nehmen. S3e= fannttid) ift biefer adjtungStoertfje Huftier unb ©djriftfteller fctjon im Satjre 1851 öerftorben, nadjbem für feine Arbeit faum bie erften Sinien gegogen maren. 2UIe Rapiere ^ie^u fammt jenen Urlauben oerblieben im Sefitje feiner gamitie. ©ine 5U foldjem ßmde Don 23eetf)oöen aufgeteilte @rllä= rung Ijat gu öiel 23ebeutung, al§> ba^ fie ad acta gelegt unb ignorirt toerben bürfte. £>ie $eit ^rer SfuSfteHung, nämtict) bie am ©djlnffe ber britten Sßeriobe gefcljitberte ftataftropt)e mit feinem Neffen, meldte in biefelben Xage fällt, au§ benen biefe (£r!lärnng batirt unb in ber £fjat alle Sßerljättniffe um ben Stfeifter in SSermirrung, biefen felber auf'3 SEieffte erfdjüt* tert unb niebergebeugt tjatte, biefe ©cfjmergenggeit be<§ 2)atum§ biefer llrfnnbe ift mefenttict) in'S 5tuge §u faffen. Sllle biefe Umftänbe machen es? bem SSerfaffer §ur ?ßfficf)t, biefe§ bebeut= fame ©djriftftücf mortgetreu mitguttjeilen, ba man aufserbem nidjt miffen fann, gu melden 21u3tegungen ba^felbe einftenS 5tnlaJ3 geben fönnte. ©eggteidjen mag bie ßeffion an Dr. ©afmer tjier $j3ta|3 finben, iljre rjerauSforbernbe 23enrtt)eitung jebocl) bem Sefer anfjeim gefteüt bleiben. üftur gm ei er Um- ftänbe tuolle man fiel) babei erinnern: SBeetijoben'3 oft mieber= ijotter Silage, in SBien feinen greunb 3U befifeen, ferner nocl), ba% feine nätjre SBefanntfdjaft mit (S. §otg erft au§ bem Safjre 1825 batire, ma§ burdj) bie in ber berliner §of= bibtiotfjef aufbewahrten (Sonöerfationö^efte gegeigt mirb. — Unb nun biefe Urlunben. „9Jät Vergnügen gebe id) meinem greunbe (£arl ^polg bie gemünfcfjte (Srflärung, bafj icfj itjn §ur bereinftigen £>erau<§- gäbe meiner 93iograpt)ie für berufen Ijalte, menn id) überhaupt annehmen fann, ba% man fie münfetjen folle, unb id) fdjenfe U)m ba§> üotte SSertrauen, bajs er baä, ma§ id) il)m §u biefem — 682 — 3*üecfe mitgettjeitt tjabe, nidjt entftetft ber S^adjtrett über* liefern roirb. Söien, am 30. Stuguft 1826." Submig öan 93eett)oüen. 3)a3 gang üon ber £anb bon ©. §otg guerft mit SBteiftift gefdjriebene Original362) ift mit Stinte überfahren, bie Unter* fdjrift $8eett)ot>en'3 unbegroeifelt autt)entifct). Sn meldjer 28eife §ol5 beftrebt mar, ba§> Ueber!ommene im Sntereffe ber 2Bat)r= tjeit 5U oermerttjen unb fein Serufenfetjn gur Verausgabe einer SSiograprjie gu bocumentiren, geigt ber Söortlaut ber nad)ftet)enben, rticrjt weniger kenn fiebengetjn 3at)re fpäter batirenben (Seffton: „Snbem ict) bie in üorüegenber (Srflarung mir gugeftan* benen 9?ed)te meinem greunbe Dr. ©afjner in (Sart3rut)e über* trage, unb überzeugt bin, bafc bei feinem raor)tgeorbneten SBorratlje Hon Materialien enblid) einmal eine autf)entifd)e unb beftenS bocumentirte 23iograpt)ie SBeettjoüen'ä ber jätjrlict) tvady fenben gafyi üon Staljrem be3 grofjen SCReifterS gugefidjert »erben fann, madje id) mid) üerbinbtid), nid)t nur alle meine gemiJ3 nidtjt unbeträd)tlid)en Beiträge bem §erra Dr. ©ajjner gum S3er)uf ber öon ir)m beabfidjtigten ©bition abzutreten, fonbern and) burd) meinen (Sinflufj auf jene t)ier nod) tebenben greunbe 33eett)ooen'3, bie mit it)m in ttrie immer geartete nähere 23erüt)rung gefommen finb, bat)in gu mirfen, bajj nur neue bi£t)er nod) nirfjt berannte Driginalbaten au3 ben (auterften Quellen gugefütjrt, unb bie in ben bi§t)er erfctjienenen mangels t)aften S3iograpt)ieen öerbreiteten Srrtfjümer berichtigt rcerben. £)iefe meine eifrige Unterftütjung fage id) um fo miliiger gu, ai§> §err Dr. ©aftner fid) bereit erHärt t)at, fein Sftanufcriöt 362) Was auch Schindler gegen Holz anführt, dies unantastbare Dokument des Meisters sagt fest, daß Holz von Beethoven als sein vertrauensvoller Biograph angesehen wurde. Cf. B. S. Br. No. 1170 nebst Erklärungen (V. Band, S. 255 f.). A. d. H. — 683 — fpäteftenä mit ®nbe Stuguft 1844 jjum £>rud übergeben p fönnen, ma§ idj fdjon barum für leitet ausführbar {»alte, raeit er burtf) gmeimatige ?Inmefenf)eit in SSien bie meiften 51t feinem groed bientid)en perfönücfjen Söelanntfcfjaften anlnüpfte. SSBten, ben 4. ftooember 1843." ßarl ipolj, 2)irector ber Concerts spirituels. SSelc^e 2(nmerfungen mürben roofjf bie alten $reunbe be3 9[Reifter§, ©tepfjan oon Sreuning, Dr. 23acfj, ©djuppanaigf), u. a., 5U bem SBorttaute feiner (Srftärung gemacht t)aben, unter melden Umftänben biefetbe aud) entftanben, ob burdj Uebereitung ober Ueberrafcfjung, mie 33eett)oüen tiorgab! — £ätt man fte mit ber Stjatfadje äufammen, ba$ Der fdjeibenbe 9Weifter fämmtlidje £)ocumente unb gamitienpaptere ben §änben 93reuning'3, fämmtlidje fid) üorfinblidie ßorrefponben§ aber mir anüertraut, (morüber in ber (Einleitung gefprodien marb); bringt man ferner baS in beiben obigen Urlunben 5lu3gefagte mit ber oorbemerften Steuerung ©afmer'3 in Sergteid); fo erfdjeint btö ©an^e eben fo rätt)fett)aft, mie anbereä au§ bem Safjre 1826 im biograpt)ifd)en SJjeit SBerüfjrte, menn nidjt ber 23eetrjot>en'fd)e s^ofitiouö „mitgeteilt l)abe" aU Anticipatio facti angenommen werben fotlte.363) SKidjt minber rätl)fetf)aft erfd)eint aber nod) ein StnbereS. Söefanntlid) mar (Sart §ola TOglieb be§ ©d)uppanäigf)'fd)en Öuartettg mäijrenb beffen gmeiter s^eriobe, bie nad) ©djuppan* ^igp ßurüdfunft au3 SRufjlanb mit ber erften @i£ung am 12. Suni 1823 begonnen unb mit feinem £obe im 9D?är§ 1830 itjr (Snbe erreicht rjat. ©iefer ßeitraum tion fieben Sauren mar genügenb, um 6. §o(§ in ben SBefifc ber Ambitionen 5U bringen, bie in biefem Ouartett=33erein foroot)! in $eett)oüen'§, mie audj in §atobn'3 SBerfen auf'8 Areufte bemalt mürben; nm§ beibe 363) Immerhin behält die Affäre Holz-Gaßner noch viel Dunkles, Rätselhaftes. A. d. H. — 684 — 5D?etfter fetber für itjre ©adje anbei gettjan, roarb fdjon im biograprjifdjen %fytit ausgeführt. Unter ben ©d)uppan§ig£) Überlebenben Sftitgtiebern roar §ot^ ber einzig SBermögenbe, biefe £rabitionen — in Sejug auf STempo überhaupt, £empo= 2£ed)fe( bei einzelnen ©teilen ober ganjett Sßerioben, befoubere Betonung, u. f. tu. — gu Rapier §u bringen unb fetbe, roenn aud) nur im 2Befentfid)ften, bor bem Untergange gu retten. ®ie fctjon bei SSeginn beS liierten SafjrjeljenbS fid) funbgegebene, alle§ bernünftige 9Jca^ überfdjreitenbe, ben geiftigen (Erjarafter in jeglicher Äammermuftf §u SEobe fjetienbe 2M)anb(ung feitenS ber §eranroad)fenben 9JJufifer=@eneration mar Slufforberung ge= nug für bie (Singeroeirjten in jene SEonbidjtungen, um mit üjrem befferen SSiffen einen £)amm folgern ©ebatjren entgegen §u ftetlen. Sn ber Duartett*3Rufif genannter äfteifter bermocfjte bieS Sftemanb grünblicfjer unb umfaffenber §u tfyun, als (Sari §olg. @r aber fd)tr>ieg; er rührte fict) felbft bei bem Sluftreten beS S3raunfd)ineiger DuartettS in SSien nicrjt, beffen 3Iuffaffung ber bem borgetragenen SSerfe inneroofjnenben Stjarafteriftif oft fdjnurftradS entgegen getoefen, roeil bemfetben felbft teife, auf Srabition im allgemeinen unb SBefonbern S3e§ug tjabenbe, SSinfe unbefannt geblieben roaren. SSie roar e§ §oI§ möglid), 5U folgern 23erfat)ren §u fdnoeigen? SDamalS rjätte fein 9?eben ftcf)ertit±) nod) gefruchtet, benn eS fonnte fid) auf nod) biete lebenbe unb intelligente SDZufifer au§ (Sdjuppanäigrj'S 3e^ ftüfcen. 5tuf men fid) jetjt, nad) OoUftänbig rjereingebrodjener $tutt) üon SBerirrungen, ftüijen, roo mir bereits barjin gelangt, bafj (£manci= pation üon ber * §errfd)aft ber Ueberlieferung alz bie %$at eine§ fräftigen, feiner ©uperiorität betouftren ©eifteS gilt? — Sn meinen kämpfen gegen ba§> immer brorjenber merbenbe Un= gettjüm — $ßirtuofen-©ubjectibität an Snftrumenten unb am 3)irection3^ulte — t)atte id) roieberfjolt ©arl §ot§ öffenttid) aufgeforbert, feine (Stimme bernerjmen gu laffen; er aber über= tjörte ben 9#arjnruf, füllte fotjtn bie ü)m jufterjenbe SSerpftic^tung nictjt, in ber roidjtigen ©ac^e mit gu interbeniren unb baburcfy — 685 — fein ©ebenfen ^8eet§oöen'§ gu betätigen. 2ßat)rtic£) ein rät£)fet= fjafteS ©dnueigen! 5lnmerfung. %la&) bem am 9. üftotiember 1858 erfolgten 5Ibteben öon (Sari ipotj rjaben fiel) Wiener SBIätter mefjrfact) bemüht, ganft irrige ^acrjric^ten über beffen SSerljältnife 511 Öeettjoben unb fonftige groifdjen beiben ftattgefunbene ^artifutaritöten ju Der- öffentlidjen, barunter einige au<§ erheblichen ©rünben tfjeilS miberlegt, ttjeilä berichtigt merben muffen. Unter anberen lieft man in ber „^reffe" öom 16. üftoüember: „§0(5 mar e£, ber, al3 93eettjot)en bie berühmte ©onate Op. 101 für ba§ „§ammerclatiier" gefcfjrieben, mit bemfelben bie 3ufammettfteßut19 oer beutfdjen $unftau3brüde fertigte, beren äftitttjeilung intereffiren bürfte. Slrie nannten fte: #uft- fang, ©infang; 23af$, ©runbfang; (Sanon, ®rei3ftud)tftüd ; ^tjantafie, Saunenfüiel," u. f. f. 2ll§ bie ©onate Op. 101 im Safjre 1816 im 2)rud er* fd)ien (üergt. SBeettjotien'S Sßrief an grau tion Qürtmann in ber 3. ^ßeriobe), fafj ber eben ad)t5et)njät)rige (£. §0(5 nod) auf ben ©cfjulbänfen ber Unioerfität unb fyatte ficfjerlirf) feine SItjnung, baß er 9 %a§ve fpäter in ein freunbfcfjaftlid)e3 95ert)ättni^ §u bem Somponiften biefer ©onate treten tuerbe. — SCRit Sßer* beutfcfjung ber itatienifcfjen $unftau£brüde fjatten fidj öffentliche 23lätter, mie eingelne 9J?ufifer, lange öor 1816 balb im (Srnft, balb im ©djer^ befdjäftiget. $n 23eetf)Oüen'3 6onnerfation§= a§ mürbe ba§> oben angebeutete 9tötf)fel nod) um öiele§ erfdjroeren. 9ttag inbeffen bie Söfung ber 3e^ uöer' laffen »erben. 364) Dieser ganze Brief nebst weitgehenden Erklärungen, selbst gegen Schindler, steht B. S. Br. No. 1105 (V. Band). A. d. H. — 687 — F. Garl Wlana Don 23ßcöcr al§ Sfrittfer 23ectf)Otoett'3. ©oll ba3 tjier Vorgelegte, morauf bereite unter ben 2ln= fürjrungen über bie Sinfonia eroica fjtngemiefen ifi, richtige SBeurtfjeitung erfahren, fo rjaben mir un§ ;$ur ©teile in (S. 9JL öon Sßeber nid)t ben (Somponiften ber großen Opern ^reifctjü^, ©urtiantrje unb Oberem oorguftetlen, fonbern einen jungen Wann öon 23 ^arjren*), ber eben erft bie ©crmle bei 5lbbe Vogler berlaffen unb in einigen (Sompofttionen Talent öerratfjen fjatte, beffen üftame inbefe in roeiteren Streifen nod) gänglid) unbefannt geblieben. ®afe e3 fcfmn üor Söeber ^unftjünger gegeben, bie grofje, rurjmgetrönte SDfoifter in itjren Sßerfen getabelt unb fetbe in ifjrer eigentrjümticfjeu SBeife üerfpottet fyaben, barf ebenfo für geroift angenommen merben, al§ e§ SieutenantS gegeben, bie einen au§ öielen ©djladjten at§ ©ieger tjerüorgegangenen getb= rjerrn getabelt unb Verfd)iebene§ anber§, ja beffer gemadjt fjaben mürben, aU biefer. Sn fofern märe öon 2öeber'§ Äritifen fein 2lufrjeben§ ,^u macfjen. 51 Hein bie tlmftänbe, bie fid) an berlei SDinge fnüpfen, geben iljnen Sntereffe unb gefcfjidjtlicfjen Söertt), unb gerabe biefe ftnb e§, metd)e bie SJättrjeilung biefer SMtifen erfjeifdjen, abgeferjen, ba£ biefelben einen ergängenben Streit ber 3eitbeurtf)eitungen unfer§ 9fteifter3 bon ©eiten einer anfetjnlidjen graction 9)?ufifer repräfentiren. Saffen mir fogteid} bie £t)atfad)en felber fprecfjen. Unter ben 9?ad)laJ3papieren be§ 9ftufiföerleger3 £>an§ ©eorg üftägeti in 3ürtct) l)at fid) ein Vrief üon (S. 9J?. Oon SBeber, de dato 9#annl)eim ben 21. 9J?ai 1810, an biefen Verleger öorgefunben, ben 2Iuguft §i£fc(jolb in 3ürid), *n SKro. 20 ber 9^ieberrt)einifcr)en 9ftufit=3eüun8 1853 gUr §ßer= öffenttidjung gebracht, ©erfelbe lautet im 2öef entließen: P P £)a meine Verljältniffe fid) üeränbert unb mtdj mieber gang ber Shmft gemeint fjaben, fo ergreife id) ben erften Slugen* *) S. W. öon 2ßeber mar geboten 1786 ben 18. Sccember. — G88 — blid geit, ber fid) mir barbietet, um bie burd) §errn bort SSangentjeim üoi bereitete Verbinbung anjufnüpfen unb gug(eict) für ba§> gütige Urttjeil, roeldjeS Sie ü6er meine (Sompofitionen fällten — 511 bauten. 3)od) tann id) ntdjt umt)in, einen ^ßunct gu berühren, ber mir gu roidjtig ift, a(§ bafs id) tt)tt mit ©tiu% fdjroeigen übergeben tonnte, Sie fdjeinen au§ meinem Quartett unb ber (Eaprice in mir einen 9iad)al)mer 93eet(joben'§ §u er= bilden, unb fo fd)meid)etf)aft bie§ aud) SDtonctjem feb,n tonnte, ift e§ mir gar nid)t angenehm. (Srftenö r)affe ict) atte§, mag ben Stempel ber üftadjarjntung trägt, unb gmeiten§ bin id) 51t fet)r in meinen 5lnfid)ten oon ©eett)oben berfdjieben, at§ bafj id) je mit it)m gufammen flu treffen glauben tonnte. Sie feurige, ja, beinahe unglaubliche ©rftnbung3gabe, bie itjn befeett, ift öon einer fotdjen Verwirrung in Slnorbnung feiner Sbeen begleitet, bat} nur feine früheren Gompofitionen mtdj anfpredicn, bie letzteren hingegen mir nur ein bertoorreneS (Eb,ao§, ein unoer* ftänblidje§ fingen nad) 9?eut)eit finb, au3 betten eingelne t)imm= lifd)e ©enie*83(i§e t)erborteud)ten, bie geigen, mie grofe er feijn tonnte, menn er feine üppige ^3t)antafie §ügeln mollte. 55a id) mid) nun natürlid) nicrjt beS großen @eniu3 öeetfyoben'g er= freuen fann, fo glaube id) menigften§ in logifd)er unb rebnerifdjer £>infid)t meine 9D?ufif berttjeibigen gu tonnen unb mit jebem einzelnen Stüd einen beftimmten (Sinbrud §u bemirfen. 2)enn nur ba§> fdjeint mir ber Qxoed einer ®unftau3für)rung §u fetjn, aus einem einzelnen ©ebanten ba§> ©ange gu fpinnen, bat3 in ber größten ÜDcannigfaltigteit immer bie (£int)eit burd) ba$ erfte ^rincip ober Stfyema erzeugt, t)erborteud)te. &txoa§> ^omifdje^ herüber ftet)t im SDcorgenblatt 9?ro. 309 öom 27. 2)ecem6er 1809 abgebrudt, meldjeS Sfynen nod) gu einem weiteren 33eteg meiner 2tnftd)t bienen fann. „3)er gufatt wollte, bafj nebft bem Quartette, meldjeä ict) Stuten gu fd)iden bie (St)re tjatte, gerabe aud) nur bie (Saprice abgetrieben mar, bafjer Sie mat)rfct)einlid) fdjloffen, bafc alle meine Gompofttionen ben Stempel be§ Starren trügen. Sd) — 689 — rpffe aber, menn tdj baS Vergnügen fjaben fotlre, Stynen anbere meiner arbeiten 5U5iifenben, bafe @ie roenigften§ mein (Streben nad) S!larl)eit, Haltung unb (Smöfinbung nidjt üerfennen roeröen." . . . £)a§ Jpintoetfen 3Beber'3 auf ba§> „®omifd)c" im borgen * 61att öon 1809, ofnie fid) at3 beffen SBerfaffer gu erfennen gu geben, fjat auf bie ^äfjrte roenigftenS einer feiner Ärititen über Seetbjoüen geführt, öon benen fctjon in ber erften Auflage biefer biograptjifdjen ©cfjrift geförodjen mürbe. 2luf bie auS Bresben barauf erfolgte ^tutf) öon 5lnflagen unb SSormürfen (@. 9?ro. 47 ber 91. ßeitfdjrift für 9ttufit, 1840) mit Setegen in ber .£>anb ba§> ©efagte gu üertljeibigen mar id) aufjer ©tanb, roeit alle !ftad)forfd)ungen nad) einem Species facti üergebtid) gemefen. SBeber felber geigte ben Ort an, roo etroa§ öon bem ©efudjten gu finben, — unb e8 ^at fid) roirflidj bort öor= gefunben. SSieöerum ein 23eleg meljr, mie bie $eit für (£nk= fjüllung Verborgener 2)inge unb STljatfadjen ba§ 23efte tfjut. üftidjt weniger benn brei foldjer @ntt)üHungen in ©adjen Seetljoüen'S erfolgten rafdj auf einanber: bie (Srtlärung 93eetrjoüen'§ für Gart §ot3 öon 1826, — ber ©djulbbrief be§ dürften (Mt$in an 23eett)oüen au$ bemfelben Saljre unb (5. Tl. ü. 2öeber'3 Äritif au§ bem Saljre 1809. 9?ad)ftef)enb itjr SSortlaut: „Fragment einer muficatifdjen Steife, bie öielteicfjt erfdjeinen mirb. „SSoll 3ufriebenf)eit über eine 93ormittag§ glüdlidj geenbete ©infonie unb ein öortrefffid)e§ 9ftittag3mal)t, entfdjlummerte id) fanft unb falj mid) im Traume jjlöfcttdj in ben 6oncert=©aal öerfettf, mo alle Snftrumente, belebt, grofje Stffembtee unter bem Sorfi^e ber gefürjtöotlen unb mit naitier üftafemei§t)eit erfüllten Oboe gelten. 9fad)t§ Ijatte fid) eine Partie au§ einer Viola d'amour, SBaffetrjorn, Viola di Gamba unb Flute douce arran- girt, bie über bie öerfloffenen guten alten guten f lagetönten; linfö rjielt bie £)ame Dboe Sirfet mit jungen unb alten (Slari^ St. ©d)inb[er§ 23cctf)Oücn=S3ioava})l}te. 44 — 690 — netten unb glöten, mit unb oljne unflätige Wobeflappen, unb in ber Witte mar ba§> galante (Etatiier üon einigen füfcen $io= (inen, bie fid) nact) ^5tet>el unb ©üromet^ gebilbet tjatten, um= geben. Sie trompeten nnb Spanier jcdjten in einer Qfcfe, unb bie Sßtccoloflöten unb glageotettdjen burcfjtmrrten ben ©aal mit ifjren naioen, rinbtidien (Einfällen, tuoüon Warna §oboe burefp au3 behauptet, e<§ ferj äctjt Sean ^aut'fdje Einlage, burdj ^efta= 10551 ^ur rjödjften 9?atürtid)feit erhoben, in iljren £önen. ?tüe§ mar feclcnüergnügt, al3 auf einmal ber grämliche (Sontrebaß, üon ein paar üerroanbten Sßioloncelten begleitet, jur £t)ür ljerein= ftürmte unb fid) üoll Unmutl) auf ben baftef)enben ©irectiomS* ©tut)l roarf, ba$ ba$ Gtaüier unb alle amoefenben ©eigene Snftrumente üor ©djreden unmiflfürjrlid) mieberl fangen. 9?ein! rief er auö, ba follte einen ja ber teufet t)o(en, menn täglid) fotcfje ©ompofitionen üorfämen! ®a fomme id) eben auS ber Sßrobe einer (Sinfonie eine§ unferer neueften ßomponiften, unb obroot)! idj, roie belannt, eine jiemtid) ftarfc unb fräftige Statur rjabe, fo fonnte id) e§ boct) faum mefjr aushalten, unb binnen fünf Minuten märe mir unau£bteiblid) ber ©timmftod gefallen unb bie Saiten meinet Sebenö geriffelt. §at man mid) nid)t mie einen ©eiSbotf fpringen unb mutzen laffen, l)abe id) mid) nicfjt jur Biotine unnoanbeln follen, um bie 9£id)t=Sbeen be£ §errn ßomponiften ju ejeeutiren, fo milt idj jur Sanggeige merben unb mein Q3rob mit 9D?üller'fct)en unb Äaner'fäjcn Zaw^ ®arftetlungen üerbienen. ©rftes SSioIoncell (fid) ben ©djmetjj abroifd)enb): Silier* bing§ fjaben eher pere 9ied)t; id) bin aud) fo fatiguirt, baft id) feit ben 6t)erubini'fd)en Dpern mid) feinet foldjen (Mjauffement* erinnere. 51tle Snftrumente: Gsrjäjjten ©ie! ergäben ©ie! 3meite3 ißt o tone eil: Srgärjlen läßt fid) fo etnmS faum, unb eigenttid) tuofjl nod) meniger rjören; bettn nad) ben 23e= griffen, bie mir mein göttlicher SDceifter Dxomberg eingeflößt Ijai, ift freilid) bie üon un§ eben ejeeutirte ©infonie ein mufi* — 691 — califd)e3 Ungeheuer, mo meber auf bie Statur irgenb eine§ Sn= ftrumentg, nod) auf 21u3füt)rung eine§ ©ebanfen3, nod) auf irgenb einen anbern 3med, aU ben be3 neu unb originell ©d)einenmolIen<§ Eingearbeitet märe. SOtan läfet un§ gleict) ber Violine in bie §öl)e Vettern .... (Srfteä 93io ton cell (iljtt unterbredjenb) : $ll§ ob mir baä aurfj nidjt eben fo gut tonnten!" (SBir befeitigen f)ier bie oieten nodj folgenben ©efprädje ber anbern Snftrumente, beren faft jebeä einzelne mit anjüg^ licfjen 2ßit}en ober audj mit orbinären365) ^Bemerkungen unb 5lu3= fällen feinen Beitrag liefert, unb fahren im Sonteyt meiter fort.) „Stuf einmal trat ber (Satcant in ben ©aal, unb erfcfyroden fuhren bie Snftrumente auSeinanber; benn fie fannten feine gemaltige §anb, bie fie jufammenpadte unb ben groben ent* gegentrug. SBartet! rief er: rebeüirt it)r fdjon mieber? SSartet! gleid) mirb bie Sinfonia eroica Oon Seetljouen aufgelegt merben, unb mer bann nod) ein ©lieb ober eine Etappe rühren fann, ber melbe fid). ,,9ld), nur ba§ nidjt! baten alle. Sieber eine italienifdje Dper; ba tann man bod) nod) jumeilen babei niden, meinte bie S3ratfdje. „Sartfari! rief ber (Safcant:366) man mirb tud) fdjon lehren, ©täubt i()r, ba$ in unfern aufgegärten ßeiten, mo man über alle Sßertjättniffe megüoltigirt, euretmegen ein Somponift feinem götttidjen, riefent)aften 3been=©d)munge entfagen mirb? ©ott bemale! ©3 ift nidjt meljr Oon Äfartjett unb ®eutlid)feit, Haltung unb ßeibenfcfjaft, mie bie alten St'ünftter ©lud, £aenbe( 365) Das ist genauer in Carl Maria von Webers Hinter- lassenen Schriften zu lesen: I. Band „Tonkünstlers Leben". 2. Ausgabe. Leipzig 1850. S.43ff. Zum 22. Kapitel zu lesen. Vergl. auch die von Georg Kaiser besorgte Neuausgabe von Webers Sämtlichen Schriften. A. d. H. 366) Schindler hat lange nicht alles aus dieser ergötzlichen Satire mitgeteilt. Vieles fehlt von den Worten der zweiten Violine. „Ein jeder bleibe in seinen Schranken" usw. A. d. H. 44* — 692 — unb SKojart mahnten, bie 3Rebe. Stein, f)ört baS Sftecept ber neueftcn «Sinfonie, ba§ id) fo e6en oon Sßien erhalten, unb urteilt banad): GrfienS, ein tangfameä £empo, üolt fur^er, ab* geriffener Sbeen, mo ja feine mit ber anbern ßufammenljang fjaben barf; alle SBiertelftunben brei ober Pier jföoten! — 3)a8 fpannt! '£)ann ein bumpfer Sßaufennrirbel unb mpfteriöfe ©ratfdjenfäfce, 2lüe§ mit ber gehörigen Portion ©enerat^aufen unb §alte gefdjmüdt; enblid), nadjjbem bie ßufjfrer Oor lauter Spannung fdjon auf ba§> StÜegro SSerjidjt getrau, ein roüttjenbe^ Xempo, in meldjem aber f)auptfäd)tid) bafür geforgt fepn muf$, haft fein ^auptgebanfe berüortritt unb bem guljörer befto mefjr fctbft 0u fud)en übrig bleibt; Uebergänge üon einem 2one in ben anbern bürfen nid)t festen, man braucht ficf) aber belegen gar nid)t su geniren, man braucht 3. 33. mie $aer in ber Seonorc nur einen Sauf burd) bie fjatben Xöne $u madjen unb auf betn ^one, in ben man gern null, ftefjen 5U bleiben, fo ift bie Hftobulation fertig. Ueberfjaupt oermeibe man aüeä (Geregelte; benn bie Siegel feffelt nur ba£ ©enie.*) „2)a riß plötjlid) eine Saite an ber über mir fjangenben ©uitarre, unb id) ermadjte üolt Sdjreden, inbem id) burdj meinen £raum auf bem 2Bege mar, ein großer ßomponift im neueftcn ©enre ober — ein üftarr gu merben. Gart SJtarie."367) ©0 beurteilte ber Äunftjünger SBeber ben 9J?eifter 23eet= l)ouen, alä biefer ben ©ipfelpunct feinet Äünfilerruf)me3 na^u erflommen fyatte. . ßur 3e^ a^ »^ar^ S^arie" biefen Spott *) Cbne 3ttJeifeI foll biefer Spott junäcfjft ber Sntrobuction unb bem etften Safce ber Sinfonie in B dur, 9?ro. 4, gelten. 367) Folgenden Schlußsatz aus Weber I, 47 hat Schindler unter- drückt. „Dank der freundlichen Begleiterin des Gesanges für deren Aufmerksamkeit; ich eilte schnell zu meinen eben vollendeten Arbeiten, fand sie nicht nach den Regeln des gelehrten Kaikanten, und ging, beruhigt und den Himmel im Busen vor Erwartung in die Aufführung des Don Juan." (Siehe auch Kaisers Weber- Ausgabe.) A. d. H. — 693 — im borgen btatt abbrutfen tiefe, roaren bon unferm 9J?eifter bereits 6 (Sinfonien, 9 Quartette, bon ben «Sonaten (bi§ ein* fcfjtiefetict) ber in A dar mit S?iotonceII, Op. 69) eine lange ^eirje, nebft anbern SSerfen gleichen ©etjatteS nocfj, beröffent= fid)t. üftadj o6igem Sbecimen bon 3?erbtenbung unb SDMice mirb man an ber @ri[ten§ eine§ nodj biet fcf/timmeren nic£)t 5tt>etfefn bürfen, worin SSeber nadj ?tnt)örung ber A dur* nad) bem ungünftigen (Stfotge feinet Oper (Surrjanttje an ben großen ßeitgenoffen geftetlte, bon biefem abet abgelehnte ?tnfud)en: 3tenbetungen in bet ^attitut bon trief er Oper nad) feinem ©utbünfen bornetjmen §u motten. 9lad) @in= fid)t ber Partitur tjatte fid) jebod) SSeetbjoben bat)in erftärt, bafj Söeber biefeS Stnfudjen bor bet Huffütjrung ber Ober fjätte macfjen folten, jefct finbe et e3 $u fbät, aufeer SSeber motte fotdje 9\efotmen bamit bornerjmen, roie et mit feinem $ibetio getrjan. Sterjntidje Reformen — beigerjenb bemetft — finb fbäterrjin roirf= lid) bon ?tnbetn mit bet (Suttjanttje borgenommen morben. (£in unbegmeifett erfjörjtereS Sntereffe geminnen bie 2Beber'= — 694 — fd)en Stritifen, menn man bie SSanblung in ben ßhunbfätjen be§ (Somponiften Sßeber, mie biefe aus feinen großen Cpern offenbar %u Xage tritt, mit feinen um ^eljn Saljre früher ge= trjanen ?ieuf;erungen in Sßergleidj ftetlt. 3)arau3 ergibt fid) für junge 9J?uftfer bie Sftoraf, fid) öor $eröffent(idjung irjrer ®unftan)"d)auungen bei fremben SBerfen t)üten ^u füllen, bamit fie früher ober fpäter nidjt fetber trjun, tt>a3 fte einft getabett, ober gar nod) 5(nbere in foldjem £ijun überbieten, toie öie§ ein SSergfeict) ber SSerfe Söeber'§, bornef)m(id) ber Opern, mit benen oon unferm 9J?eifter, (beffen legten etma aufgenommen,) nid)t immer in erfreulicher SSeife bezeuget. G. gtoci Zattt im Sdjerjo ber C molbSinfoutc werben 3>eranloffuug su Streit unb nnbntiernber 9)tctmmg3« toerftf)tebenl)ett.368) 23ei bem 1846 gu 2(adjen ftatrgefyabten 9^ieberrrjeinifcr)en SDtofiffefte uerfünbete beffen Dirigent gelij 9Wenbe(sfof)n, bafc fid) ein 53rief üon Sßeetrjooen an bie Verleger ber C moll- (Sinfonie, SSreitfopf u. §aerte(, oorgefunben, barin ber 9Jceifter auf jmei ungehörige Stacte im (Scrjer^o (ber ^bm im £rud er= fd)ienenen Drd)efter=Stimmen) aufmerffam madjt unb felbe als einen „großen 53od" bejeidjnet. ©3 betrifft nämfidj ben 235ieber= eintritt bes §auptmotio3 nadj bem 5:t)ei(e in C dur. Sag ©an^e präfentirt fid) auf (Seite 108 ber ^artttur, mit bem auf Seite 107 oorauygefjenben Sacte, in folgenber ©eftattung: 368) Der Streit um die zwei Takte im Scherzo der c-ruoll- Symphonie hat die ganze Musikwelt lauge in Atem gehalten. Die ganze Sache ist von mir auch auf Grund der Schindlerschen Darstellung in den Briefen eingehend behandelt worden, vgl. B. S. Br. No. 222 vom 21. August 1«08 (1. Band) nebst Erklärungen S. 331 f. A. d. H. 695 — Pfj =S -T- ± — *- Contrabass unb Violoncell. 2>oco rittard. güig^H Clarinetten unb Fagotte. 2)ie fragüdjen jtoei Sacte finb mit Ernteten begeidjnet. 28ir erfefjen bamit, bajj ber SCßeifter fie an biefer ©teile nicf)t gebunben, fonbern abgeftoj^en rjaben toitf, toie e§ bie näcfjften gtöet £acte aufmeifen. ©arnad) mären alfo bte gtoei gebunbenen £acte ^u biel. 2>ie§ ber grofee 53od! Sie ootte 36 ^afjre erft naef) Veröffentlichung be§ be* treffenben SSerfeS burrf) 93?enbeteforjn gegebene 9^ad)ric£)t fonnte tiidjt oerferjlen, grojjeS ?tuffet)en 51t erregen. 2>a§ näd)fte (Srgeb- nifj in ber SD^etjrsatjt ber anmefenben SCRufifer mar ein SOftfetrauen in ba§ Vernommene, ja, einige 9D?ufifbirectoren erflärten fog(eid), btefe jmei £acte für feinen $ef)ter 5U galten, bemnaefj fie aud) nid)t aufgeben 3U motten. Von mehreren ©eiten mit ber $ra9e angegangen, ob idj oon 53eetf)Oüen fetber etma§ in biefer &aet Xacte mit einem 2fnatrjema belegt ()atte. ß'urj, biefer altfeitig tjartnäcftg geführte Streit rjatte oiele Stetjnücrjfeit mit Streitigfeiten unter ^3r)i(o(ogen, üerfteljt ftd) um äufjerft roid)tige S)inge, alS: um bie richtige £efeart irgenb eineS SBorteS, um Stellung eineS (Somma, u. bergt. — ©3 fet> barum gcftattet, ber (Erörterung biefer Slngelegenrjeit rjier ben erforberlicrjen 9?aum gu geben. 2)ie ©jifteng beS 23eetrjotien'fd)en 33riefe§ an bie Verleger be£ SöerfeS — fefjr roafjrfcfjeinlid) au§> bem Safere 1809 — fott nid)t be^meifett merben, roie metjrfad) gefeiten unb fogar tierlangt mürbe, berfelbe fotle im gacfimile öeröffentücfjt werben. Safj ftd) ber 3J?eifter jebod) fpäterbjin, tnetteidjt alSbatb, eineS anbern befonnen unb ben 53od gu ©naben aufgenommen, bafj er bie Ueber^eugung gemonnen, bafj er eine rjumoriftifd)e 3Sirfung erzeuge, bemnad) feft an bie Grippe §u binben fet), — baüon fjat er bie Verleger gu benacfjridjtigen oergeffen. 93on ber ßeit beS ©rfcfjeinenS biefer Sinfonie bis p beS 9)?eifter3 Heimgang — öofle 18 Satjre — ift biefelbe oft in feiner 5(nwefent)eit entroeber probirt ober aufgeführt roorben, ot)ne baß feinerfeitS ein SSort gegen jene ©teile, beSgleidjen gegen bie gegenwärtig ebenfalls beanftanbete ©enera(=$aufe im erften ©a$ (Sßart. S. 36) bemerft morben märe, unb bod) rjörten mir Sgnati oon SeUfrieb auSfagen, mie 53eet(joüen atteS „tjaarfdjarf, genau nad) feiner Angabe" ausgeführt tjaben mottte. SSie fjäite er mot)l bie fraglidjen Stacte unbemängett (äffen fönnen, märe feine Slnftdjt baöon nod) bie frühere gemefen! 23efonber§ fdjarf ging er auf alle feine Intentionen ein, a(S er biefeS unb anbere Sßerfe mit ben ©irectoren ber Concerts spirituels öorgenommen, in benen nicfjt menige barunter ein neneS Seben beginnen fotlten. ©(eidjeS trjat er mit mir 1823 mit ber Sinfonie in C moll unb anbern nod). Niemals eine Semerfung über biefe gmei SEacte. 5)ie Xrabition lefyrt fomit eoibent, bafj beS StteifterS 5tnfid)t barüber — 697 — eine anbete geroorben. SSte rjätte öollenbg fein fcrjarfeS 2tuge biefen „großen Sßod" in ber erft um jene ^xt (5tnfang§ ber 20ger Satjre) erschienenen Partitur überfetjen unb ungetilgt taffen tonnen? liefet Umftanb tfi befonberä morjl gu beachten. ©nbgüttig fönnte biefer gragepunct entfdjieben roerben, tnenn man 9?ad)ftef)enbe!§ beacfjten null. — Stimmt man 23eet= f)oüen'fd)e 9ftanufcripte, befonber§ öon grofjen SSerlen, gut £>anb, fo geroarjrt man nidjt feiten einen Äampf mit bet rfjtjtf)* mtfdjen @efta(tung bet ^etioben. 3)a finbet fiel) 6alb einet, balb groei, üier unb noerj metjr £acte butdjfttidjen, inmitten bet ©üfteme, obet gang oben, nod) 5lnmetfungen, §. $8. „au§," obet roiebet: „gut" — „bleibt." Sßergleicrjt man biefe cottigitten Sftanufcripte mit bem ©rud, fo ergibt e§ fid), halft bie butd)= fttietjen geroefene, bann tuiebet füt gut etfannte ©teile üftote füt 9?ote aboptirt ift. üftod) liegen folctje SDZanufcripte bei mit. — SDftt Stenntnifc tiefet $etfat)ren§ an bie fritifdje ^Beurteilung unfere§ galtet gegangen, ift e§ gat nierjt gu begtoeifeln, bafj biefe gttiei £acte urfprünglid) oom Slutor niebergefdjrieben, fpäter oon it)m beanftanbet, enbtid) abet füt gut befunben ruotben, bafj überhaupt bie rtjt)tr)mifc£)e ©eftaltung biefet ^Setiobe fo Oot* liegt, toie fie urfprüngltd) gebacfjt toar. SBenn Äritifer angeführt tjaben, bafj aujger bem SBerftofj gegen r^t)tt)mifct)e 5tnorbnung noefj bet get)ler Dor klugen liege, ba$ bie grofce Septime fis im öietten Sacte biefet ©teile nicfjt fogleicf), fonbetn etft im ftebenten aufwärts nact) g fdt)teite unb fomit gegen bie Sieget berftofee, fo ift gu etroibern: wa§> ba§ 9^t)t)t£)mifct)e im Sittgemeinen betrifft, fo offenbatt fiel) ja be= fannttict) Sterin einet bet öorgügtid)ften fHeige in 23eett)oüen'3 3Hufif; tüelct)7 reigenbe3 Spiel mit ben 9?f)t)t^men %. 23. gleid) im erften ©atje ber ©infonie in C moll! Sßelcljer SReicfjtfjum in SDtannigfaltigteit ber rtmtt)mifd)en formen im gangen SSerfe! Unb bennod) mirb biefe Sftannigfaltigteit in mehreren ©onaten für ^ßianoforte allein noct) roeit überboten. 9ftan moHte ebenfo wegen ber 2lu§betmung al§ roegen ber llngleid)t§eiligfeit ber — 698 — in SRebe ftetjenben ^eriobe einen ©runb finben, bafc biefet6e bom Sfteifter nirfjt atfo gebaut ferjn fönne, nnb bcifa bie 6e- 5eicr)neten gtüei Xacte aus Sßerferjen be3 (Sopiften rjinsugetommen ferjn mögen. SSir fetjen aber ba$ §uerft in 8 Laoten gegebene Sftotiö bei beffen SSiebererfdjeinen nadj bem S^u^epitncte auf ber 'Dominante fct)on auf 10 Stacte uerfängert; fdjeint boct) bie einen ootten Stact aufgehaltene Konica im ©ingang be3 9ttotir>!o an obiger ©teile — womit bie Ungleidjtrjeitigleit, 11 SEacte, herbeigeführt ift — eine befonbere ©eftaltung berfelben oejtoeden 51t motten. Verlängerte sJ?r)t)tf)men, immer mit ben 33eftanb- trjeiten ber 9J?elobie, finb ja bei 33eett)oüen fo tjäuftg 51t treffen. 2ßa§ ift bie ©teile, meiere in ber C moll=©infonie Oom ©erjerjo gum 4. ©a^ ben llebergang bübet unb naci) Utibifcrjeff „eine 9trt bon abfdjeutidjem üDiiauen unb 93? i fett an g tjerborbringt, bie felbft ba§ menigft empfinblidje Dt)r jerret^t (!!)" anbereS, al§ ein öerlängerter ÜttjtjtlnnuS? — 23eäügtid) aber be<§ tjerüor* gehobenen $zf)kx$ mit bem Seiteton fis barf ber fteife ©rammatifer 9xed)t behalten, menn e§ üjm möglich mirb, im $tufj ber 9tebe mit feinem Dtjr an bem erften fis tjaften bleiben 51t tonnen. 3u bietteidjt üotlftänbiger 33eruf)igung ber groeifler mufc nodj beigefügt merben, bafj ber, lange Satjre ben muficalifdjen 23egebenr)eiten in SSien gur ©eite gegangene ^ritiler Semin §fl) alSbalb nad) bem Vorfalle §u 2Tad)en Umfrage bei nod) lebenben 2)cufifern au§ $8eett)oben'§ $eit angefteüt t)at. 3)a§ ©rgebnifj, ba^ ftet) fein einziger ber in ben Concerts Spirituels trjätig ge= mefenen irgenbeiner ?tenberung in ben gebrudten Drdjefter* ©timmen erinnern tonnte — bafür bie au§ jener 3eit nod) borrjanbenen ©timmen felber fbredjen — t|at biefer $ritifer in ber Sßiener 3eüfd)rift 1846 berannt gemadjt. — 699 — H. 3n ©tt^ctt be§ qSroccffe§ mit bcm «ötedwnifer aJiaeljel.369) 1. ©ebofition. ,,3d) Ijatte SO^aetäet auf eigenen antrieb ein ©tücf ©cfjtad)!* ©infonie für feine $ßanf)armonica oljne ©etb gefdjrieben .*) 5U3 er biefe§ eine SBeile fyatte, bradjte er mir bie Partitur, roornad) er fdjon §u ftedjen angefangen, unb tt>ünfdjte e3 bearbeitet für gange§ Drdjefter. 3d) Ijatte fdjon üorrjer bie Sbee einer SSerf nad) Sonbon nidjt anber£ mit ab§ mit ©ebingungen, bie id) itjm befannt machen mürbe. — ©r behauptete nun, bafj e§ ein greunbfdjaftägefdjenf; feti, tief$ biefen %ü§>bmd nadj ber gtoeiten 3(fabemie in bie 3e^tun9 fefeen, ot)ne mid) im 9Jan= beften barum gu fragen, ©a SJcaetget ein rofjer Hftenfdj, gäng* üd) oljne (Srgie^ung, otjne Silbung ift, fo fann man benfen, mie er fid) mäljrenb biefer 3^it gegen mid) betragen unb mid) baburdj immer mefjr empörte. Unb roer moüte einem foulen 9J?enfd)en mit 3roan9 e*n frennbfdjaftüdjefl ©efdjenf madjen? — üftan bot mir nun bie ©etegentjeit bar, bem Sßringregenten*) ba$ SBerf gu fdjiden. (£§ mar alfo nun fdjon gar nidjt mögtid), oljne SSebingungen if)tn biefe£ SBerf gu geben. (Sr fam nnn gu Sljnen unb mad)te SSorfctjtäge. ©3 raarb tljm K) 9?a^^eriger König ©eorg IV. — 701 — gejagt, an metdjen "Jagen er erfdjeinen fotl, um bie Slntmort abgufiolen; allein er tarn nidjt, reifte fort, unb t)at in Stftündjen i>a§> Sßerf rjören (äffen. 2Sie t)at er e§ ertjatten? — ©teilen mar nicfjt mögfid), — atfo £>err SDkelget tjatte einzelne (Stimmen einige Sage gu §aufe, unb f)ierau§ ließ er öon einem muficaüfcrjen niebrigen £>anbmerfer ba§> ©ange gufammenfetjen, unb tjaufirt nun bamit in ber SSett f)erum. — §err SCRaef^et t)atte mir ©et)ör~ mafdjinen üerfprodjen. Um it)n aufzumuntern, feijte id) ifjrn bie ©iege£finfonie auf feine ^ßantjarmonica. ©eine SCRafdjinen tarnen enblid) gu ©tanbe, aber nidjt brauchbar genug für mid). $ür biefe fleine SJZütje meinte £>err SD^aefget tjätte id) if)m, nacfjbem id) bie err 'iDcaelget, mie er fid) üerlauten ließ, megen ber ©d)lad)t feine Steife nad) Sonbon öertängert fjaben, fo maren bie§ aud) nur ©cfjmänfe. £>err 9ftaelget blieb, biö er feine ©tüdroetjr (?) üoEenbet tjatte, nadj- bem bie erften SSerfucfje nidjt gelungen maren. Söeetfjoüen m. p. 702 — (SrHärung unb Stufforberung an bie Xonfünftier gu Sonbon üon Submig öan Söeetfjooen. (©ielje 6eite 283.) §err SOfael^e!, ber fid) gegenwärtig in Conbon befinbet, Ijat auf feiner Steife batjin meine ©iegeSfinfonte unb 2BeIIington'3 errn Steiget nie unb auf feine SSeife bie genannten 2ßerfe übertaffen ober abgetreten fjabe, ba$ üftiemanb eine Slbfdjrift berfelben 6eft$t, unb tafe id) bie einzige, bie üon mir üeräufjert morben, an ©c fönigl. ^potjeit ben ^rin^en^egenten bon ©nglanb gefenbet Ijabe. S)ie 2luffüf)rung biefer 28erfe burd) £errn äftaetget ift bafyer entmeber ein betrug gegen ba3 publicum, inbem er, ber t)ier gegebenen ©rftärung gufolge, fie nid)t befiijt, ober, roenn er fie befiijt, eine ^Beeinträchtigung gegen midj, inbem er fid) itjrer auf einem roiberredjtlidjen SBege bemächtigt fyat ?(ber aud) in bem fe|tern ^aUt 'mix'i) oag publicum Untergängen werben, benn ba3, \m§> §err Sftaelgel unter bem Xitel: 2ßettington'3 (Sct)lact)t bei SSittoria unb ©iege§ = finfonie if)m gu f)6ren gibt, rnufc offenbar ein unäd)te3 ober öerftümmelteä Söerf fetm, ba er bon biefen meinen beiben SEBerfen, aufeer einer einzigen ©timme auf ein $aar Xage, nie etroaä öon mir ertjieCt. tiefer SSerbadjt Wirb gur ©emi^eit, wenn id) bie 3Ser= fidjerung fyiefiger Xonfünftier, beren tarnen id) nötfjigenfaCfö öffentfid) 51t nennen ermächtigt bin, Ijier beifüge, bafj §err SDcaetjel bei feiner Stbreife öon SBien gegen fie geäußert: er befi^e biefe Sßerfe, unb bafj er ifjnen Stimmen babon gegeigt — 703 — lja6e, bie a&er, tüie idj fdjon erttriefert, nicfjt anberä, at3 üer* ftümmett unb unädjt fetjn fönnen. £)b $err 9J?aet§et einer fotdjen 23eeinträd)tigung gegen midj fäfjtg feü? — beantwortet ber Umftanb: bafj er fiel) allein als Unternehmer meiner t)ter in SBien ©tatt gehabten 9Habemien gitm heften ber im Kriege SSerttntnbeten, roo b(o3 meine Söerfe aufgeführt mürben, in öffentlichen blättern ofyne ©rmätjnung meinet ScamemS angeben ließ. Set) forbre bafyer bie <£ontünft(er oon Sonbon auf, eine fotetje S3eeinträd)tigung gegen mtd), at§ itjren Äunftgenoffen, burd) eine üon |>errn äJiaet^et üeranftattete Sluffütjrung ber ©d)fad)t bei QSittoria unb ber ©iegeSfinfonie bort iücf)t gu bulben, unb ju üerljinbern, ba$ ba§> Sonboner publicum auf bie gerügte SBeife Oon if)m Untergängen merbe. SSien am 25. Suti 1814. 8 e u g n i % SSir (SnbeSgefertigte bezeugen jur ©teuer ber 9Bar)rtjett unb tonnen e§ nötigen galle§ befdjmören: ba$ gmifdjen §errn 2oui§ üan 23eetf)oüen unb bem §ofmed)anifer £>errn 9J?ae(5et aflt)ier mehrere gufammenfünfte bei bem unterzeichneten Dr. 6ar( ü. 9Ib(er§burg ftatt fanben, metcfje bie üon erfterem üerfafjte muftcatifdje ßomüofition: bie ©d)lad)t üon 95ittorta genannt, unb bie Steife nad) (Sngtanb gum ©egenftanb tjatten; §err üftaetset madjte tjierbei bem §errn üan SBeetfjoüen mehrere SBorfdjtäge, um ba§ oben genannte SSerf, ober menigften§ ta§> 9ted)t ber erften 3tuffüf)rung für fict) §u erhalten. £>a ftd) jebod) §err DJcaet^et bei ber tetjten üeranftatteten 3"fammen5 fünft nicfjt eingefunben fjatte, fo ift barüber nid)t§ ju ©tanbe — 704 — gekommen; ba er bie erfteren ifym gemad)ten 93orfd)(äge nitfjt angenommen fjatte. Urfunb beffen unfere Fertigung. SSien am 20. Dctober 1&14. (L. S.) Sof). gredjerr ü. ^agquatati, f. f. prio. ©rofcljänbter. (L. S.) Garl (Sbler Don 9(btersburg, §of= unb @ertd)tg=5Ibt)0CQt, aud) f. f. öffentlicher 9?otar.370) I. $ret Briefe bon 23eetljot>en an Bettina.371) 1. Sßien, 11. Stuguft 1810. Stt)euerfte Settina! ®ein fdjönerer $rülj(ing als ber fjeurige, ba§ jage id) unb füt)fe e§ audj, med idj Styre Sefanntfdjaft gemalt fyahe. (Sie fjaben mof)( fetbft gefefyen, bajj id) in ber ©efedfetjaft bin, mie ein grofd) auf bem ©anb, ber röäl§t ftd) unb mäl^t fidj unb fann nidjt fort, bi§ eine mofylmoüenbe @atatf)ee it)n mieber in'3 gemattige 9fteer f)ineinfd)afft. Sa id) mar red)t auf bem Xrotfenen, liebfte 23ettine, id) marb Don Seinen überrafd)t in einem 9(ugenb(id, mo ber 90?iJ3mutf) gan^ meiner Sfteifter mar; aber maljrüd) er üerfdjroanb mit Syrern Slnblid, id) f)ab'§ g(eid) roeg gehabt, bafj (Sie au3 einer anbern Sßett finb, a(§ au§ biefer abfurben, ber man mit bem beften SBitlen bie Dtjren 370) Es kam wieder eine Versöhnung zustande; der Brief Mälzeis an Beethoven vom Jahre 1818, 19. April gilt als Beweis. Er ist aus dem Beethoven-Nachlaß Schindlers im Neudruck Lenz mitgeteilt, S. 56 ff. und beginnt: „Lieber Freund! Sie erwarten von mir — " A. d. H. 371) Die Bettina-Briefe und die dazu gehörigen Erläuterungen sind bereits eingehend behandelt. "Vgl. B. S. Br. No. 220 (I. Band), 228, 300 (II. Band), I, 323, II, 311 f. A. d. H. — 705 — ntdjt cmftljim fann. 3d) bin ein elenber 9ftenfdj unb beflage mid) über bie anbernü — 2)a§ Derben ©ie mir rootjt mit Syrern guten fersen, baZ au§ Sfjren 5tugen fiel)t, unb 3§rem SBerftanb, ber in 3f)ren Dfjren liegt; — sunt menigften Der* fielen Sfjre Dtjren 31t fdnneidjeln, menn fie suljören. Steine Dfjren finb leiber, (eiber eine ©cfjetbemanb, burct) bie idj leine freunbfidje Sommunicatiott mit äßenfdjen leidet Ijaben lamt. ©onftl — SBieHetd)t! — rjätt' id) mefjr gutrauen gefaxt $u Srjnen. ©o fonnte id) nur ben großen, gefdjeiten f&iid S^rer 3lugen üerftefjen, unb ber f)at mir ^ugefetjt, bafc id)'<§ nimmer- mehr ocrcjeffen merbe. — Siebe 23ettine, tiebfte§ IDfäbcfjen! — ®ie Äunft! — 2Ber Derftetjt bie, mit mem fann man ficfj bereben über biefe grojje ©öttin! — 3Sie lieb ftnb mir bie roenigen Xage, mo mir gufammen fdjmäftten, ober Dietmeijr forrefponbirten; id) tjabe bie flehten 3ette^ Qße aufbemaljrt, ouf benen Sfyre geiftreid)en, lieben, liebften ?lntmorten fielen, ©o f)ab' id) meinen fd)(ed)ten iDrjren bod) gu Derbanfen, ba$ ber befte %I)eit biefer flüdjtigen ©efprädje aufgefd)rieben ift. Seit ©ie meg ftnb, t)ab' id) Derbrieftlidje ©tunben gehabt, ©djattenftmtben, in benen man nidjtö tljun fann; icfj bin mof)[ an brei ©tunbeu in ber ©d)ünbrunner 2tHee fjerum gelaufen, a(8 ©ie meg maren, unb auf ber Saftet: aber fein Sngel ift mir ba begegnet, ber mid) gebannt Ijätte, wie S)u (Snget. Sßer^eiljen ©ie, liebfte 93ettine, biefe Slbmeidjung Don ber Xonart; foldje Snterüatte muß id) Ijaben, um meinem ^)er5en Suft $u mad)en. lh\b an ©oetlje fyaben ©ie öon mir gefcrjrieben, nid)t maljr? — bafj id) meinen ®opf möd)te in einen ©ad fteden, mo idj nidjtiS l)öre unb nidjtS fel)e Don allem, ma§ in ber 9Se(t Dorgefjt, meil S)u, liebfter (Sngel, mir bod) ntctjt barin begegnen wirft. Slber einen 23rief merbe id) bod) oon 3f)nen ermatten? — £>ie Hoffnung näfyrt mid), fie nä()rt ja bie Ijalbe 2Belt, unb id) tjab' fie mein Sebtag jur 9?ad)barin gehabt, ma<§ märe fonft mit mir gemorben? — Sd) fd)ide fyier mit eigner §anb gefd)rieben: „Äennft bu ba% Sanb," al§ eine St. ©c^tnöterS 39eetfjoben=33ioßvapI)ic. «^ — 706 — Erinnerung an bie Stunbe, mo id) (Sie fennen lernte, idj fcfjicte and) ba$ anbere, roa§ id) componirt f)abe, feit idj Slbfcfjieb üon S)ir genommen ^a6e, liebe», tiebftes .^erg! — Jperg, mein §erj, ma§ foli ba§ geben, 2Öa£ beb ränget bidj fo fejjr? 3Setdj' ein frembe§, neues Seben! Sd) erfenne biet) nierjt meljr. Sa, tiebfte ©ettine, antmorten ©ie mir hierauf, fdjreiben (Sie mir, tt>a§ e§ geben fotl mit mir, feit mein igerg ein fofdjer Mette gemorben ift. Schreiben (Sie Syrern treueften greunb ©eetljoüen. 2. 2Bien am 11. $ebr. 1811. ©etiebte, liebe ©ettine ! Sd) Ijabe fcfjoit gtoei ©riefe üon Sfjnen unb fetje au§ Syrern ©riefe an Streit ©ruber, baß @ie ftd) meiner unb gtoar üiet gu öortt)eilr)aft erinnern. — Sfyren erften ©rief f)ab' id) bm ganzen Sommer mit mir tjerum getragen, unb er fjat mid) oft feiig gemadjt. SBenn id) Sfynen aud) nietet fo oft fd)reibe, unb (Sie gar nid)t§ üon mir ferjen, fo fcfjreibe id) Sfynen 1000 mal taufenb ©riefe in ©ebanfen. — 2öie ©ie fiel) in ©erlin in 51nfeb,ung beö 2öeltgefd)tneif;e§ finben, tonnte id) mir nidjt beulen, menn id)'3 nid)t üon 3>t)nen gelefen l)ätte; üieleö ä§en über Shmft ofjne Stjaten!!!!! Sie befte geidmung hierüber finbet fiel) in (Sctjitfer'S ©ebidjt: „Sie glüffe," too bie Spree fprid)t. Sie tjeirattjen, liebe ©ettine, ober e§ ift fdjon gefdjeljen, unb id) Ijabe Sie nicfjt einmal äuüor nod) fet)en tonnen! fo ftröme benn oHe§ ©lue! Stjnen unb Syrern ©atten §u, momit bie (£f)e bie ©fjelidjen fegnet. — 2öa§ foll id) 3t)nen üon mir fagen! — „©ebaure mein ©efdjid," rufe id) mit ber Sorjauna au§; rette id) nur nod) einige £eben3jal)re, fo mili id) aud) bafür, mie für atleS übrige 2Bof)t unb 2Set)e, bem alfe3 in fid) — 707 — gaffenben, bem £)öd)ften banfen. — 2In ©oettje, toenn «Sie itjm Don mir fdjreiben, fudjen ©ie alle bie SSorte au§, bie ifjm meine innigfte $ereljrung unb 23emunberung auöbrücfen. 3dj bin eben im ^Begriff itjm fetbft flu fdjreiben megen ©gmont, mo^u id) bie SKufif gefegt, unb ^mar bto§ am§ Siebe ^u feinen Stfdjtungen, bie midj glüdlidj madjen; roer rann aber einem großen ©idjter genug banfen, bem foftbaren föteinob einer Nation? — üftun nicf)t§ metjr, liebe, gute Settine, id) fam biefen borgen um 4 Uljr erft Don einem öactjanat, roo idj fo gar Diel tacben mufjte, um tjeute beinalje eben fo Diel §u meinen; raufd)enbe greube treibt micf) oft geroaftttjätig, mieber in midj felbft jurüd. — SBegen (Element Dielen ©and für fein ©ntgegenfommen. — 9Sa§ bie Kantate betrifft, fo ift ber ©egenftanb für tjier nid)t toicfjtig genug, ein anbereä ift fie in Berlin; mag bie 3uneigung, fo tjat bie ©ctjmefter biefe fo fetjr eingenommen, bafj bem SBruber nidjt Diel übrig bleiben mirb, ift itjm bamit aud) gebient? — üftun lebe rootj!, liebe, liebe Settine, id) füffe £)id) auf ©eine ©tirne, unb brüde bamit, mie mit einem ©iegel, alle meine ©ebanfen für ©id) auf. — ©djreiben «Sie balb, balb, oft Äem ft-reunbe „ ir $eetf)ODen. SBeetbjoDen rooljnt auf ber Völler Saftet) im $ßa§quatatifd)en ipaufe. Siebe gute 23ettine! Könige unb dürften fönnen rooljt ^rofefforen madjen unb ©erjeimerättje k. unb £itel unb Drbenäbänber umhängen, aber grofte Sftenfdjen !önnen fie nidjt madjen, ©eifter, bie über btö SSeltgefdjmeifs IjerDorragen, ba§> muffen fie motjl bleiben laffen §u madjen, unb bamit mutj man fie in Sfafpect galten; roenn fo gmei gufammen fommen, mie id) unb ber ©oetfje, ba muffen aud) grofje Ferren merfen, roa3 bei unfer (Sinem al§ grofj gelten 45* — 708 — fann. SSir begegneten geftern auf bem jpeimroege ber ganzen faifertidjen $amitte. 2Bir fafyen fic öon »eitern fommen, unb ber ©oettje madjte fid) bon meiner «Seite Io§, um ftdj an bie (Seite ^u fteHen; id) mod)te jagen »a3 id) »ollte, id) tonnte iijn feinen ©djritt toeiter bringen; idj brüdte meinen £wt auf bzn ®opf, fnöpfte meinen Dberrod §u, unb ging mit unter- gefdjtagenen Firmen mitten burd) ben bidften Raufen. — dürften unb ©drangen rjaben ©palier gemacht, ber @r$= fjerjog Stubotpfy fjat ben Jput abgezogen, bie grau Staiferin t)at gegrüßt äuerft. — Sie ^perrfdjaften fennen mid). — Sd) faf) 5U meinem magren ©pafi bie Sßroceffion an (§5oett)e üorbei befifiren. (Sr ftanb mit abgezogenem §ute tief gebüdt an ber Seite. S)ann fyab1 id) ifjm aud) ben ®opf ge»afd)en, id) gab feinen ^arbon unb tjab' itjm alte feine ©ünben oor= gemorfen, am meiften bie gegen ©ie, liebfte Settine! »ir Ratten gerabe oon 3l)uen gefprodjen. ©Ott! t)ätte id) eine foldje Qdt mit Seinen tjaben tonnen, mie ber, \)a$ glauben ©ie mir, id) l)ätte nod) üiet, tuet metjr ©rofeeö IjerOorgebrad)t. ©in SJcufifer ift aud) ein 2)id)ter, er fann fid) aud) burd) ein paar Slugen ptötjlid) in eine fd)önere SBett öerjejjt fütjten, mo größere ©eiftcr fid) mit it)m einen ©pafj madjen, unb it)m red)t tüdjtige 2luf* gaben madjen. 3Sa3 tarn mir nid)t ailtä in ben ©inn, mie id) 2)id) fennen lernte, auf ber fteinen ©ternraarte, toäljrenb beö l)errlid)en SCßairegenS, ber mar aud) gang frud)tbar für mid), bie fdjönften %f)ema'3 fd)tüpften bamat§ au3 Sljren 23liden in mein §erg, bie einft bie SBelt nod) entlüden füllen, menn ber Seettjoüen nid)t niefjr birigirt. ©d)enft mir ©Ott nod) ein paar Saljre, bann mu§ id) 3)id) roieber fefjen, liebe, liebe S3cttine, fo oertangt'S bie ©timme, bie immer redjt betjält in mir. ©eifter fönncn einanber aud) lieben, id) merbe immer um ben 3l)rigen merben. Stjr Seifall ift mir am liebften in ber ganzen s-föelt. Sern ©oetfje tjabc id) meine ©Meinung gefagt, tote ber 93eifalf auf unfer (Sinen rinrt't, unb bafc man üon feines ©teilen mit bem Sßerftanb gefjürt fet)n »ttl; 9?ül)rung pajjt nur für — 709 — grauenjtmmer (öeräeifj' mir'§), bem Sttann mujs SCRufiffeuer au§ bem ©eift fd)Iagen. 9ld) tiebfteö ÄHnb, rate lange tft'3 fdjon Ijer, bafj toir einerlei Meinung finb über aü*e<§ ! ! ! — Sftdjtä ift gut, al§ eine fcrjöne, gute ©eete Ijaben, Die man in allem er- fennt, öor ber man fid) nidjt ju berfteden braudjt. Wan muft »a§ fet)n, menn man ma§ fcrjeinen null; bie SÖett muü einen ernennen, fie ift nidjt immer ungerecht. 2)aran ift mir gtnar nid)t§ gelegen, fteit id) ein t)öl)ere3 giet Ijabe. — 3n SSBien fjoffe id) einen 53rief üon Sljnen, fdjreiben ©ie balb, balb unb redjt biel; in adjt Sagen bin id) bort, ber ipof getjt morgen, ljeute fpielen fie nod) einmal. @r Ijat ber ®aiferin bie ^olfe einftubirt, fein ^ergog unb er tuotlten, id) folle tt>a§ üon meiner SQcuftJ aufführen, id) tjab'S beiben abgefd)lagen, fie finb beibe öertiebt in d)inefifd) ^or^elan, ba ift 9?adjftd)t öon 9?ötf)en, med ber SSerftanb bie Dberljanb Oerloren tjat, aber id) fpiele ^u itjren Sßerfefyrtfjeiten nidjt auf, abfurbeg ßeug madj' id) nicfjt auf gemeine Soften mit ^ürftlidjleiten, bie nie au§ ber 2trt ©d)ulben lommen. 51bieu, 51bieu Sefte, ©ein letzter SBrief lag eine gange 9?adjt auf meinem §er§en unb erquidte micl) ba, SO?u[icanten erlauben fid) alles. ©Ott toie lieb' id) ©ie! Zepty, Stuguft 1812. ©ein treuefter $reunb unb tauber S3ruber SSeettjooen. K. 23eetf)oöett'3 33ricf=6oncc^t an ßljeruMm, nu§ bem 3a^re 1823. 372) „§od)geet)rtefter §err! SDftt großem Vergnügen ergreife tdj bie Gelegenheit mid) Slinen fdjriftlid) au na^en. Sm ©elfte bin id) e£ fdjon oft 372) Auch darüber ward viel gesprochen und ergänzt. Cf. B. S. Br. 881, 883 (IV. Band), 903, an Schlösser (IV. Band). A. d. H. — 710 - genug, inbem id) Sfyre SBerfe ü6er ade anbete tljeatratifcrje fd)ä^e. üftur mufe bie Shinftroett bebauern, ba% feit längerer 3eit, luenigftens in unferm SJeutfcrjtanb, fein neues tfyeatralifdjes Sßerf oon Sfmen erfdjienen ift. ©o Ijod) aud) 3f)re anbern Söerfe oon magren Kennern gefdjäfct roerben, fo ift es bod) ein ttmfyrer SBerluft für bie Shmft, fein neues ^ßrobuct öljre§ großen ©eiftes für bas 'Xrjeater ^u befigen. SSaijre Shmft bleibt unüergänglid), unb ber roatjre Äünftfer fjat inniges Vergnügen an großen ©eiftesprobucten. (Sben fo bin id) aud) entgücft, fo oft id) ein neues SSerf oon Sfjnen üernefnne, unb nefune größeren ?fntt)etl baran, als an meinen eigenen; Eurg irf) eljre unb liebe (Sie. 2Säre nur meine beftänbige Äränfüd)= feit nictjt Sd)ulb, (Sie in $paris fefjen gu fönnen, mit roeld)' aufserorbentlicfjem Vergnügen roürbe id) midj über £unft= gegenftänbe mit $>f)nen befpredjen! ©tauben (Sie nid)t, baß, meil" id) jefct im SBegriff bin, Sie um eine ©efäüigfeit p bitten, bies blos ber ©ingang baju fet). 3d) tjoffe unb bin überzeugt, baß Sie mir feine fo niebrige Senfungsrueife ^umutljen. Sd) t)a6e fo eben eine große folenne ÜJZcffc uollenber, unb bin SBillens, felbe an bie europäifdjen §öfe ^u fenben, raeif id) fie öor ber £>anb nid)t öffenttid) im ©tidj herausgeben roill. 8dj fjabe baljer burd) bie fran^öfifdje ©efanbtfdjaft fjier aud) eine ©inlabung an (Se. üftajeftät ben ®önig oon ^ranf= reict) ergeben (äffen, auf biefes 2Serf gu fubfcribiren, unb bin überzeugt, bafj ber Sönig felbe auf Sfjre @mpfef)lung gewiß nefjmen roerbe. Ma Situation critique demande, que je ne fixe pas seulement comme ordinaire mes voeux au ciel, au contraire, il faut les fixer aussi en bas pour les necessites de la vie. 2Sie es aucfj gefjen mag mit meiner Sitte an Sie, id) werbe (Sie bennod) ade 3e^ Heben unb oeretjren, et Vous resterez tousjours celui de mes contemporains, que je l'estime le plus. Si Vous mes voulez faire un estreme plaisir, c'etoit, si Vous m'ecrivez quelques lignes, ce que me soulagera bien. L'art uuit tout le monde, wie uiel meljr toarjre föünftler, et — 711 — peut-etre Vous nie dignez aussi, de me mettre auch, §it rechnen unter biefe 3af)f. Avec le plus haut estime Votre ami et serviteur Beethoven." L. $a§ 9Jtottb pun legten @a^e beä Quartetts in Cis-moll, Op. 131. 373) Sn ber brüten ^eriobe marb auf bie mancherlei Sßerfudje aufmerffam gemacht, tnetcfje S3eethoüen mit ben erfunbenen Sftotiüen (3J2efobien) fyäufig anstellen pflegte, bi3 jebeä 6in= fidjttid) feiner ©eftaltung fo jurecht gelegt mar, baJ3 cS gu allen Intentionen in ber Aufarbeitung be3 betreffenben @atje3 nodfommen bientich fetin fonnte. (Sin 3$eleg bafür mirb mit bem ^auptmotiü beö 4. ©a$e3 ber neunten (Sinfonie 51t ©djiller'S Dbe in einem gaefimile gegeben; ein noch intereffantere3 foü narfjfteljjenb mit bem SDcotio beS legten ©a|e§ gum Quartett in Cis moll, Op. 131, getreu nach, ber üorljanbenen eil alle ©fi^ett 2>eetfyoDen'3 fid)tbare Se* tneife großer $(üd]tigfeit in 9totirung ber Sbee anfroeifen; bemnad) and) ber 3etd)en batb mctjr, halb toeniger, al3 er- forberüd). Nro. 1. „Finale Cis moll." < i =»=*= • 5 — t-r-m __. ftp—: 11 0*1*1 W- % -0 T P 1 * ■*! ?, 1 i* *7 h 1 fe« 5 -f — ^-f— ^-f— ^ -V-t-V—L-V—LA9- ' ß " —0 I- / ■ "" ' : ^_^z=g=5_^— g tr-9- Mt-P l___j_- Li 1/ p L 1 , . Nro. 2. — 713 — 4—- Ul ^= =B ^^fe£gjEJ I* J— L4- ß—ß—ß—ß- :t=t=t=t= Ö^l^gi *—ß—ß- Jß—ß—ß—ß- r i i i Nro. 3. *: * s t* 4=^ s 4 4* -*■ ||e fi^^rir^irT^eirf ■j ^«j u ^a ■o- «- ■*- IÖE3 t==ö= ^F -3—* F ^ töcbfc*^*: -#-*- -r"*^*- =? S -ß—F 3=E ^ziEf3 ?zcip^=rz-^ — m* ULI -*<^ p ^ ♦ . 9 '<* • - -*-!- — e b— — I h — — i e 1— — ~ h -? — V— 1^__ 1 --7 ?— "— — 1 — 9— * 1 i * b — . 1^ "5** IflP -• — ■ p \ A i T - 1 *7 ■ 1 \J -h— ? F F— Tf P- -1 — ! k - ui r._U-g»1 1 ! ! |^_ ' 7 &~ _| 1 p_. i k L_J 1 | .1 ^ÜÜÜ 1 716 M. 2ht§ bcr Sonate Jmtpttque.374) Grave. r-c&rzrt fpj. ju+» V> 'jp «/ s/ ^ cresc. sf :f~ 2)ie im erften, jtüeiten unb brüten Sacte nacfj ftarfem Stnfdjlage beginnenben ?(ccorbe follen beinahe gang üerflingen, ba$ gortfdjreiten in rjier angegeigten Sängen unb Bürgen gefcfjierjt mit meidjem 5tnfd)lage in unbeftimmtem 3eitmafje, bie ©edj§5et)ntelpaufe mit bem ^Suncte im SBaffe jebeS biefer brei £acte ift um etttm§ gu verlängern; erft bie legten brei Slccorbe im brüten £acte finb mit fettem Slnfdjtage unb in gemeffener S3emegung gu geben, e6en fo bie im öierten £acte fotgenben bi3 gur germate. 2)iefe ift in ifjrer <&tifta%$mppt fo frei öorgutragen, tt>ie ber itatienifdje (Bänger jebe germate 374) Es folgen einige Beispiele aus der Sonate pathe'tique. Schon hier ergeht sich Schindler über das Geschichtliche zur Einführung Beethovenscher Musik in Paris. Wir müssen jedoch erwähnen, daß Schindler uns eine große, bedeutende, selbständige Arbeit überliefert hat, die betitelt ist „Beethoven in Paris". Die Schrift ist auch selbständig gedruckt als „Zweiter Nachtrag" zur zweiten Ausgabe der Biographie von Ludwig van Beethoven, Münster 1845. A. d. H. — 717 — in betjanbetn pflegt; bie SSorfdjrift be§ (Somponiften bewerft :ko§ eine fidjere Xactgeftattuitg, ofjtte bem Vortrag ba3 9ftafc ber £öne aufbringen ju motten, fo menig ber SDidjter ba3 ©tylbenmaft bem ©ectamator öorf ^reiben mifl. 23eibe3 fofl nur Dom gebilbeten @efd)mad be§ <3änger§, breigeftridjene C im Reimten £acte finb etma§ länger anhalten unb bie fid) an* tnüpfenben ©nippen mit 3ar^e^ uno fdjöner Stbrunbung gleicfjfam rjingutjaudjen. ©in Hauptaugenmerk muffen in biefer ßantilene bie Bürgen ferjn, bamit ifjr GfjarafterifiifcfjeS nidjt oertetjt rcerbe. ©ie finb bafjer meid) unb etma§ breit gu geben. 2)af$ biefer SBinf nid)t aud) bem ©egenfatje gilt, öerftebjt ftd) mot)( tion fefbft. 5?teffact)e ©rfatjrung tjat micfj betetjrt, ba$ e§ felbft ge= bitbeten SJhififern fd)tt>er mirb, irgenbmetdje Stelle, fet) fie Dorn (Eomponiften nod) fo tief empfunben unb bem ridjtigen 3Ser= ftänbnife natje gelegt, nicljt mie ein Ittjrmerf abpfpieten; bie Sd)riftgeid)en beö iji %act§> fjaben batjer biefelben im gmang^ lofen 5tu§brud iljrel ©efütjbo fortan beirrt. 'Sie Umluanblung aber biefer Sntrobuction in einen '2/i %act, tnoburd) bem oer= mötjnten Singe bie breigefdmwnäten sJioten entzogen merben, Jjat bi3meUen ein ermünfdjieS 9^efuttat getjabt. QtiQt ber 5lugen= fdjein be§ in ber t>orau<§geIjenben ©rgöngung angeführten aftotiüä auS bem Cis moll=Ouartett, mie S3eett)ooen mit feinem SDZoriü $erfud)e in oerfdjiebenen Sactarten gum 23ef)ufe beabfidjtigter ©eftattung be§ gangen ©atjeS angeftellt, (tljematifd)e ©urcfj* fü^rung,) fo fotl ber reprobucirenbe Äünftler ärjntidje $erfud)e gum Seljufe richtigen Vortrages, menn aud) bto§ mit einzelnen Reiten eines großen 2Berfe3, nid)t üerfdmtärjen. 3U fixerer Sluffaffung fdjmieriger ©teilen oedjetfen pmeilen gar rounber* licfye Sßerfudje auf ©eitenmegen. — 718 — @eitenfa§ aus bem erften Sütegro pocco dimin. mw& i i i I ^ j r r 1 1 :t=t=x riff^* * * * *.> ?: EiÖEE ^gfepg Ät » i 8/ 7f §zt2=*== i£ -K&» 3=r= -K^'-jjT— |— f^ ^ÖEÖ3E */ */ /• 2=tc g^&^^&^p^f I — I — t— 3*±£=t= S=3s= TT s*k TSt fe^pp^^^ */ */ / i r=t±t :p:: 12P= *Lt2^_ b^#_ E^^^igj^^j / v fe ■"■••'■•• b, -i 1 — i— t n :£=£ ± =t=3= S— P- 719 m t?==t=;==l= -■ .AV :t=t=t i=p=Ö5=^35=i=i==l =t=t=====t=t=E3 decresc. PP* ==±=t: e irttard. vpT ■■■&- ufto. (Srfcfjeinen bie beiben principe (©egenfä'jse) in ber 3>ntro= buction nur erft angebeutet, fo björen mir fie in biefem <2eiten= fat> in gebräugter $orm ftcfj neben einanber toieber^oft au3= fpredjen. ©etbft ber üertrodnetfte ©fatoierfe^rer bürfte nicl)t anftetjen, biefem ©a§e eine befonbere S3ebeutung aujuerfennen, roenn irjm berfetbe in runfttertfct) burcrjbactjtem Vortrage §u ©et)ör gebraut loirb. £ie erforberlidje üftuancirung liegt mit borftefjenber 83egeicf)nung offen 5U Stage. ©a§ öfter bor= fommenbe 3eid)en v foü nid)t b(o§ einen üerftärften 3fccent, aucf) nodj ein fteineS ^ertueiten auf ber betreffenben 9?ote anbeuten, tnoüon aber bie begleitenben (Stimmen in ber Unten §anb feine 9?oti3 netjmen; fie bemegen fid) in feftem ßeitmafj bi§ jum testen £act ber ^eriobe. (©iefje bie (Scr/ufemorte öon *Jfy ®m. 93acr/3 ßet)rfat3, II, 227.) Sin grceiten <3a£ ber Pathetique „Stbagio" festen öiele btynamifdje SBe^eicrmungen in allen £)ruden. ©djon im S£rjema erfjebt fid) ber SluSbrud üom piano (Eingang) bi§ ^um mezzo forte im 6. £acte, unb fefjrt am ©djluffe (im 8. Xacte) mit einem diminuendo jum piano gurüd. SBarnteS ©efüfyl im SSortragenben mirb bie ferjtenben ©egeidinungen an ber red)ten (Stelle unfdjroer 3U erfe^en miffen. gurüdljalten ber SBemegung, 5. $. bei ber ©efangftelte in F moll üom 17. bi3 23. %act, unb $ormärt3get)en mit ber S3emegung, üom 37. Sacte an b\§> §um SSiebereintritt be§ £)auütmotiü3 in As dur, gehören tjier im galt, roie in jebem anbern 2lbagio, — 720 — gu ben roefenttidjen Grforberniffen ber SDarftetfung im ©eifte ber Stoubid)tung. (©ielje 9)2 uficalif djen 3$ett oon Seite 575 bi§ 579.) 9?ur ber gebilbete $unftgefdjmad roirb im 3ur"cf^alten ttne aud) im &lormärt§gerjen ba$ richtige 3ftafs treffen, oft aber erft liad) merjrfadjen Sßerfudjen. Sern ©efütjle aflein ift nidjt 3U öertrauen. — ferner finb in biefem ?(bagio fomorjt rfyetorifdje Raufen mie Gäfurcn mctjrfacrj angumenben. Unerläfeüd) roirb eine foldje Sßanfe fetin tior ^Beginn ber Gantilene in F moll, unb eine Säfut Hör ber in As moll im 37. Sacte. 3m britten ©afte „9ionbo" feljlt feinet ber notfyroenbigen SBortragSgeidjen, roenn man bjiegu blo§ bie übficfjen gäfjten roitt. 2)er benfenbe ©pieter roirb aber nad) bem fyier eingeführten bie ©teilen balb auffinben, roo er bie, bie SBirtung nod) gu ertjöfjenben äßittel muficalifdjer 9\ebefunft anguroenben f)at. 2)a§ 4J>auptmottö biefe3 (5a|e§ in ber Jjumortfttfdjen Sßeife anfd)au= üd) madjen gu rooften, roie es 23eett)ooen fetbft tiorgetragen, roiberftrebt jebem Serfudjc mit SSorten unb 3e^en- 9Jcögen bie sperren „Glatiier=sJ)tafter" fortfahren, biefe (Sonate foroof)! rote alle nnbern ber erften unb großenteils aud) ber groeiten ^eriobe, toeil fte feine fingerbredjenben ^Saffagcn enthalten, gu ben „fleinen" 511 gälten, unb au3 biefem ©runbc felbe oon itjren ©d)ülern mit unb oljne latent abflimpern gu laffen. ®§ fann nad) allem 9lu§gefagten nicfjt meine 2lbfid)t fetin, fte eine! SBeffern belehren gu motten. Senn mer fid) nidjt belehren (äffen roill, ober bie $affung3fraft für JBeffcreS nid)t beftgt, an bem fdjeitert fogar ber pofttiofte SBeroeiS. 2)ie Gn> folge oon 9)?antetreben in ben ÜBSinb gehalten tjabe id) bei mir, mie bei Sinteren, fdjon oft genug gu beobachten ©etegenfjett ge=. fjabt. ©§ feti gier nur nod) bemerft, baß e§ bie SSctt root)t nod) nid)t gefetjen tjaben bürfte, baß ©djtfler'§ große ltirifd)e ©icfjtungett gu Vorlagen für ©d)üler auf ben unterften ©tufen gebraucht roorben mären. 9J?it ^onbidjtungen aber, bie mit jenen auf gleicher Jpölje ftetjen unb bie tjoctjften Slnfprüdje an bie SBortragenben ftellen, pflegt mau e» anberS gu galten, — 721 — natürlich, man fiet)t ja nur geidjen uor f% toetöje Zone be- beuten. Sn folgern $erfat)ren offenbart ftd) nitfjt nur ber flägtid)e 23ilbung§grab bei bem allergrößten XtjeUe derjenigen, bie fiel) mit bem Unterrichte ber Sugenb befaffen, e§ mirft über- Ijcmtit ben ftärtften Scfjlagfrfjatten auf bie tion Stfterfritilern fortan geuriefene intelligent unferS muficalifetjen ßeitalter§. N. ©efdjid)tltdje§ über ßinfütyrung SBeeujotien'fdjer SÖtuftf in Sßari§. tiefer gefdjicfjttidje Umriß finbet in hm Einführungen beö 3)cuficatifd)en £rjeite§ (Seite 611 feine Segrünbung. Söiebertjolt muß anerkannt merben, baß ot)ne ba§> ^Sarifer ßonfertiatoire üorneljmlict) bie gefammte Slatiier^ufif unferS 3fteifter<§, bie buret) bie fjeranbrängenbe $(utt) ber mobernen bereits um bie SJtitte be§ äloeiten SafjrgctjenbS oom Repertoire gu tierfdjtoinbett begann, niemals mieber it)re 2tuferftet)itng gefeiert tjätte. ©iefem funftrjiftorifcl) tt>ic£)tigen (Sreigniß timrb im Sfadjtrag §u ben früheren Auflagen biefer ©djrift eine auSfüfjrtidje ?tbt)anblung gemibmet, bie fiefj gleichzeitig fritifcX)=6etract)tenb über bie außer* orbentlidjen Seiftungen biefeS ^arifer SnftitutS tierbreitet tjatte. @egenmärtige3 fott fiel) jebocfj b(o§ an ba§> ©efdjicrjtlidje galten unb geigen, weldie ^ßrjafen bie 23eett)otien'fd)e SDJufif burdj* gumaerjen gehabt, bis bie (Eonftituirung ber Societe des Concerts eine £rjatfad)e gemorben. 3u9^e^ foff eS bie SJcänner narntjaft madjen, meiere eine Reirje tion Sauren tjinburet) bemütjt gemefen, bie Stuf nannte ber 23eett)otien;)d)en Snftrumentat-^tufil im (Son= fertiatoire trofc alter §inberniffe anjubarjnen. £)iefe£ Sßerbienft gebütjrt ju aUernäctjft brei 2)eutfd)en, bereu 9iamen in ber 9Jhrfinoelt tion gutem Stange finb. (Sie Reißen: llrtjan, ©ina unb ©t o dt) au fen. (Srfterer, au§ SKontjoie im Regierung^ bewirte 3lad)en gebürtig, tuarb feinet feltenen latente! megen fd)on al§ Snabe tion ber Saiferin Sofeptjtne nad) $ari3 ge= 2t. ScJ)tnMer§ 95eetijoöe:t=58io8rat>tjic. 4g — 722 — nommen unb im Sonferbatoire erlogen; Den tarnen be3 anbern §at ber 2efer unter ben äKttgliebern be§ 9iafumom§fr/fd)en Quartette in 2Bien nennen gehört, unb ©tocffjaujen mar Warfen« birtuofe unb tjatte, ttrie Sina, feinen beftänbigen Sfufentfjalt in $ßari§ genommen, liefen brei föünfttern berbanft ber SBerfaffcr bie betreffenben £aten, bie bon ^abened, £utou, $b,üipb, unb anberen 9)?ttbegrünbern ber Societe des Concerts, bem S?crfafjer gegenüber als maf)r bekräftigt morben ftnb. 93i3 in'S Satjr 1800 mar Seettyoben'S 9came in ^ari§ nur einigen Duartett=Spie(ern befannt, barunter £>abened unb ^tjilipp. Sßaö (Eljerubini über bie in Sßien gemachte 33efannt= fc^aft mit ben Crdjefter*2Berfen be3 beutfct)en äMfierä ben ^ßarifern mitgebracht, mar für biefetben nid)t§ meniger a(s bor= tfyeiftjaft, — barüber fdjon be§ 9Mt)eren gefprodjen morben. &ber gerabe biefe Sluäfagen maren Sßerantaffung 51t einem $erfucb, mit ber erften Sinfonie, ber gum Sßorttjeit be§ SBerfeö auä= gefallen. Sm Sa§re 1807 erhielt bie 2lllg. 3Ruf. £tg. auö <}Sari3 einen furzen Seridjt über ba$ (Sonferoatoire, beffen SJSortlaut nad)ftet)enber ift: „Sfyerubini t)at feit feiner .ßurücf fünft au§ SBien, in ©efellfdjaft mehrerer treuer unb t)ocf)ad)tung§mürbtger Sefjrer, bem (Eifer ber ßöglingc be§ GonferbatoireS nicf)t nur einen neuen Sdjtuung, fonbern aud) eine befonbere, auf ba3 ©rnfte, ©rofje unb Strenge gerichtete Sßenbung gegeben .... Wad) mehreren, niemals bom publicum begünftigten, früheren SBerfudjen, 5. 25. bie SJcoäart'fcfjen (Sinfonien befannter §u machen unb iijnen ben berbienten (Eingang %u berfdjaffen, berfudjen Sie bieö bod) immer röieber, unb e§ fängt nun an ifjnen gu glürfen — befonberg aud), ha bie jungen äftufiler biefe Sinfonien, nadjbem fte fte mit ben Seljrera einftubirt tjaben, gan§ bortrefflid) aus- führen. 25or einigen SSodjen berfudjte man e§ nun aud) mit 23eett)Oben'§ Sinfonien unb gab bie erfte meiftertjaft. *3)a biefe fet)r lebhaft unb meiftenS teidjt berftänbtid) ift, aud) manches angenelmt4aunige f)at, fo ließ ftd) ber 93eifaü borauefetjen: aber bod) ein fo auSge^eidjneter nid)t! . . . 3e£t ermartet man nädjftenS, — 723 — aufjer mehreren Sftojart'fcfyen, üftro. 2 ber ©infonien üon 93eet= tjoOen, mit tuetdjer man aber etoa£ fdjmerereä ©piet fjaben mirb, ba fie, bei fdjmierigerem rjarmonifdjem ^Cnttjeit, fo beträcrjt= tid) länger ift, at§ man e§ fjier nod) gemotjnt tuerben fann. Snbefe, ma§ ü)ut bei un§ ein einmal aufgeregter @ntt)ufia3mu§ ttidjt!" Stttg. 9)?uf. ßtgv 9. $af)rg., ©. 516. 2)er (Sorrefponbent f)atte bie flippen richtig üorauSgefefyen. ©er burd) bie erfte ©infonie aufgeregte @ntt)ufia§mu§ marb in $otge ber Sänge einiger ©ä§e ber feiten ööüig mieber erfticft unb ba§ 2Ber! fatlen gefaffen. ©eitbem backte Sftiemanb baran, e§ mit ben fotgenben $u oerfuctjen. ®ie Dccupation ber oerbünbeten SDcäctjte braute 1815 einen fönigt. preufcifdjen SBerpflegungSbeamten, 9?amen§ $ari3, in bie frangöfifdje §auptftabt, öon bent ber näcfjfte SmputS im Sntereffe ber 25eetl)oüen'fd)en 3nftrumentat=9Jcufif; ausgegangen ift. ?tt§ befonberer 9Jcufiffreunb unb fetbft Stuäübenber fyatte biefer Beamte halb einige beutfd)e 9)?ufiter an ftc£> gebogen, barunter Urf)an unb ©todfjaufen. Stuf feine @mpfef)lung ttefj ber teuere bie Siufonia eroica au§ £)eutfd)tanb fommen unb übergab fie in Segleitung üon Urtjan an £abened*), ber jur 3e^ ftf)°n °*e ßoncerte ber gögtinge be§ SonferüatoiresS §u feiten gehabt, ©rft nad) längerer 3eit fcfrjritt biefer gu einer ^robe baöon. dlad) bem erften ©afce lachte atteS taut auf, fo nacfj bem jmeiten unb e§ toftete ttic£)t menig Ueber* rebung, ba§> Drd)efter gum ©urdjfpieten ber nod) fotgenben ©ä£e gu oermögen. ©omit fdjien ber 23eetljoben'fd)en 9ftufit bafetbft ber ©tab für immer gebrodjen, unb ba fetbft §abened ben 9ttuü) tiertoren, tootjt audj nod) 5U menig @tnfid)t in bie ©adje getjabt fyaben mochte, fo mußten ade Weiteren $erfud)e aufgegeben unb bie &\t ber fortgefcfjrittenen 23itbung, ober ein abermaliger öon 5tu^en fommenber Smputö §u erneuerten SBerfucrjen, ab= gemartet merben. Sn^mifdien marb mit ben bereite bekannten *) §abenecf'§ SSater war aus sIRann()etm gebürtig, er fefbcr aber in Sßari§ geboren unb üerfianb fein Sßort ©eutfcö. 46* — 724 — SBerfen greüet getrieben unb nur feiten gefdjal) es, ban man irgenb einen %fyÜ a(§ Südenbüfcer gebraucht fjat. 23eetf)oüen fjörte Don Duabriüen unb hängen, bie man auZ [einer SQcufif in $ariS madjte. ©egen 1820 fam Sina nad) SßariS unb enifdjfoj} fidj balb, feinen bteibenben 5lufentt)att bafelbft gu nehmen. SDie ärgerlichen 3uf*änbe mit SeetfjOüen'S fämmttidjer DJcufif uer= anlasten it)n, nad) längerer 3e^ m ©emeinfdjaft mit llrljan nod) einen, oielleidjt ben testen Schritt bei §abenetf ^u tt)un. 9cad) feiner 2Inficf)t füllte ber näcfyfte Sßerfud) mit ber C moll= Sinfonie gemalt toerben, üon beren ©jiften^ fogar bie ftortipl)äen im Gonferüatoire nod) feine Slenntnift gehabt, ßin Ummeg marb öorgefd)(agen, um menigftenS ^abened's Steugierbe nad) bem SBerfe rege ^u machen. Ss> roarb ifjm nämtid) ein anonymer 23rief §ugefct)icft, ber üerfd)iebene Öcotijen über bie C moll= (Sinfonie enthielt, mie fte nur Sina 5U geben öermodjt, ber aud) biefeö SBerf unter be§ SD^eifterö perfön tidjer Leitung fennen gelernt. §abened fjatte geuer gefangen unb münfdjte bie Partitur §u fetjen, meldje Urf)an glüdttdjermeife in ber fönigt. 23ibIiott)ef öorfanb. 9?ad) siemücr) langer 3°9^*ung fam e§ gu einer ^Srobe baüon, bie befriebigenb auffiel; aber erft in einer ber folgenben fing e§ in ben köpfen ber 9J?u[ifer an §u bämmern. Unüerrceilt fdjritt man ju Sßerfudjen mit ben anbern Sinfonien, bie nod) unbefannt geblieben, unb fiet)e ha, ber (Srfotg mar gur Ueberrafdjung Mer bem mit ber in C moll erreichten gteidj. 2)ie3 maren bie öerfdjiebenttidjen Anfänge mit 53eetf)ODen'§ Snftrumentat=9)?ufif im ^arifer Gonferöatoire. 2)ie immer größeren (Srfolge bei öermefjrtem ^ertrautmerben mit berfetben erzeugten in fämmtttd)en Äünfttern eine 53egeifterung unb ein bi§ bafjin nod) nict)t gekanntes §od)gefüt)t, beffen fid) biefetben nod) im 3af)re 1841 mit ebtem Sto^e erinnerten. 3d) fyörte fie fagen: „33eett)ooen letjrte unö bie $oefie ber Sonfunft, feine Sftufif ermedte in um§ guerft ba bie ®unbe öon Veetfjoüen'» Stob aüe befeitigen r)alf. ©djon im Sanitär 1828, neun ütfonate nadj be§ 9Jieifter3 §eimgange, eröffnete bie Societe des Concerts itjre ©ituuigen. SDer SBettruf itjrer Seiftungen mact)t Ijeutäutage jebe§ SSort p ifjrem Sobe überflüffig. 3ludj nad) bem §in= fdjeiben §a6ened'3, ber bie ©eele be§ (fangen geroefen, be= Rauptet ficb biefe feine ©djöpfung (bem ©eifte nad)) at§ ba§ erfte Snfritut ber SBett. (3ur ©teile mirb e§ nidjt ofjne Sntereffe feint §u erfahren, mie e§ ber SKuftf unferS SJceifterS in (Sngtanb ergangen ift. ©cfjon um ba§ Satjr 1812 Waren bie Sinfonien bon 1 bi§ inctnfine 6 auf bem Repertoire ber prjilfjarmonifcfjen ©efeü- fcfjaft in Sonbon unb erfreuten fic£) alle gleichen SBeifattö; be= äügtid) ber ^aftorale ift tjerooräurjeben, baf? biefelbe nirgenbS weniger 2(nftoJ3 erregt rjatte, at§ eben bafetbft. Sd)on nad) einigen SSieberrjotungen warb ifjr ooüfommene SBürbigung ju %tytil SBenn fid) a6er beffen ungead)tet noctj einzelne ©iffenterS gegen bie 3., 4., 5. unb aud) 6. fanben, roetctje bie beiben erften Sinfonien aüein gelten laffen wollten, fo Wirb biefe (Srfdjeiuung au§ jenen Sarjren wotjt weniger auffallen, als wenn man llübifcfjeff fogar im fecpten Sarj^eljenb nod) ber 1. Sinfonie ben SßreiS guerfennen rjört. (Sr nennt fie in feiner Sttojart* Viograöfjie „bewunbernswürbig," — weit er äKogarFS Strjl barin finbet. — 9tod) 1816 ift üon einem in SBien gewefenen englifdjen ©eneral, Samens §am, (oorgebtid) im auftrage ber pfjUtjarmonifdjen @efeHfd)aft) unferm 9D?eifter ber Antrag ge= — 726 — madjt morben, gfoei (Sinfonien im ©tt)(e feiner 1. unb 2. für biefe ©efettjdjaft ju fdjreiben. @8 läfjt fid) benfen, meld)' un= tiebfame Shifnaljme biefer Antrag gefunben. SllSbalb marb aber SSeetljoöen in $otge birecter anfrage in Sonbon oergettnffert, bau ber (General nur feine perföntidjen SBünfdje au§gefprod)en Ijabe unb afö auäfdjftefeftdjer SBerefjrer 3J?05art'fd)er SOcuftf befannt feto.) 0. ©in 9lütfblicJ auf SBeetljotoen'g ganbftftltotfje! unb bic öffcntlidje SSerftetgentng bc§ mufUaltfdjen 9lnd)toffe3 im 9io*em*er 1827.37B) SBer ba<§ früher tion mir über beS 9J?etfter3 93ib= liotljef 2(ngefül)rte in Sßerg(eid) fteüt mit ber in „Seetljoöens ©tubien" ©.41 u. ff. gegebenen „geridjttidjen Snbentur unb ©djätmng ber ^ur SBerlaffenfctjaft gehörigen SOiuftcalien unb SSüdjer be§ oerftorbenen 2onfe§er§,M mirb in ber muficalifdjen ?(btt)ei(ung einen auffallenben SSiberfprud) finben unb fragen: auf metdjer ©eite ftefyt benn bie SSat)rt)cit ? 2Säf)renb ber Siograpt) unter anbern augfagt: „93on Sof. §aübn unb (Sljerubini mar feine üftote ba, u. f. m." fü£|rt jene§ SSer^eidjni^ in ber SRubrif „gefdjriebene 9J?ufif" bie Partitur üon ©t)eru= bini'3 $ani£fa nebft 21 üerfcfjiebenen ^ßiöcen, ebenfo öon £mt)bn unb üücojart öerfdjiebene 2öerfe auf. 2>e3g(eicfjen erfdjeinen in ber 9tubrit „geftodjene 9Jcufif" brei SBerfe oon §at)bn unb mehrere oon SD^ö§artr 9tod)a, ©atieri, (Sfjerubini, SKeljuI, ^SaefteEo, ©eb. 23ad) u. a. lieber foldje !Retc^t)aCtigfeit allein in ber muficaüfdjen 51b* ttjeilung (bei notorifdjem Stbgange felbft eines fleinen 9Jcufif= ober S3üd)erfd)ranfe§ in be3 äfteifters? befdjeibener Söofmung) 375) Über die Versteigerung von Sachen Beethovens wolle mau auch nachlesen: G. von Breuning „Aus dem Schwarzspanierhause". Neudruck. S. 188 f. A. d. H. — 727 — fjat ber SSerfaffer atSbafb feine $errounberung unüerfmten au3= gefproctjen, als it)m biefeg ^eräeidjnifj in SBicn ^u ©efidjjt ge= fommen mar; mit üoller ©idjetfjeit lonnte er fidj äußern, ba^ biefe nnb jene in bemfetben mit aufgeführten 2öerfe 25eett)ooen nictjt befeffen nnb ba% fetbe burdj trgenb jemanben miberred)t= lief) eingefdjmuggett morben, um bei ber SSerfteigerung anfet)n= lidje greife bafür §u e^ieten; baft bergleictjen bei Sfadjtaf^ oerfteigerungen berühmter Seute oft §u gefcf)er)eit pflegt, ift ja befannt. SWidjtS feister aber afö ein (Sinfcfjtnuggetn frember ©egcnftänbc in ben ÜRadjtajj jegtidjer SXrt unferä 9Keifter§, ba ber 33erIaffenfdjaft8*(Surator ba§ 3lbt)anbetn biefer mistigen Slngelegenfyeit einem SDfanne übertragen Jjatte, ber mit ben ^panptagenten bei bem SSerf teiger ung§* Stete auf oertrautem gufje geftanben unb in 9fted)t§fad)en überhaupt fetjr geringen $er= trauend genoffen — menn nicfcjt mef)r gu fagen. bereits fjaben bie Sefer au$ bem ©rgängunggauffa^ „Seetfyooen'ö ©tubien," mie nict)t minber au£ ber 9ftanb= note (Seite 371 einen SSorgefctjmacf ermatten, mie mit bem mufieatifdjen ^cadjlaffe bei beffen SSerfteigernng berfatjren morben.*) Qu ftarer Gsinftdjt in biefe djarafteriftijdjen 2)inge merben einige aus ber $eber be§ muficatifd)en 9tntiquar§ SltotiS $nd)§> an ben Sßerfaffer gelangte 9Jäitt)eitungen bienen. Unterm 30. (September 1851 fcfyreibt ber mürbige, meiten Greifen be= fannte SJcann: „ . . . . 2Ba§ bie Driginal=^artitur oon 25eetf)oüen'3 $ceffe in D# betrifft, fo fann ict) Sfynen gotgenbeS au§ eigenem (£r= lebnift mitreiten: ®§ mar im §erbft be§ Sa^reS 1828, afö mief) ber Sfynen gemifj aud) bekannte muficatifdje ©efd)id)t3forfd)er ©. ^ßöldjau au§ Berlin befudjte, unb ba mir fdjon lange im autograptjifcljen SSerfefjr ftanben, mid) fragte, ob ict) it)m nid)t ein fdjöneä *) (£§ öerbient bemerft ju merben, ba$ ben au§tuärtigen Verlegern biefer 9Serfteigernng§=9lft gänsltcf) unbefannt geblieben, barnm Don bortfjer leine Soncnrren^ gefomrnen ift. — 728 — 2Iutogro.pt) üon ^eetljoben üerfdjaffen tonnte? S5a id) 6et 33eetljoüen'3 STucticn Slugengeuge mar, mie bie Verleger Slrtana unb ipaStinger 3Btte3 gufammenrafften, unb fetner armen (SI)riften= feefe etma3 gufommen (offen moüten, fo rietf) id) §rn. ^ßötdjau gu einem biefer Ferren 511 geljen, um fid) etmaS auögufudjen. (£r entfdjieb fid) für 9(rtaria unb bat mid) ü)n bafjin ju führen. @l mürben un§ mehrere Driginaüen üon Seettjooen oorge^eigt, bie mir mit bem größten Sntereffe befdjauten. Unter biefen befanb fid) aud) bie Partitur ber feiten Stteffe in D? in un= geljeuerm gr. $o(io-gormat, unb Sßöldjau taufte ba§ gange Kyrie um 4 (2t. 3)ucaten in (Mb. 3d) erinnere mid) nod), bafc p Anfang be§ @tüde§ öon 23eetf)oüen'S ftano gefd)rieben ftanb: „9§om feigen fam e3, §um Jpergen möge e§ gefjen."*) (SS geljört aber ein faufmännifdjer $anbali§mu* baju, üon einem fotdjen SSerfe ba§ Kyrie einzeln gu üerfaufeu, unb fo ba§> ©ange roie ein gefdj(ad)tete3 Samm pfunbmeife aui^ §ufd)roten. 9Sie mit ber ©ortirung be$ Q3eett)oüenfdjen %lafy (affeg umgegangen mürbe, tjabe ict) felbft erfahren, inbem id) mir unter an bem Stutograpfyen aud) ba3 Kyrie ber erften SOJeffe in C taufte, nad) Sauren aber eben bei 9trtaria baZ Gloria biefer 9J?effe fanb, meldjeg id) um fernere Opfer an mid) bringen mußte, um biefes? fcfjöne SSerf nur einigermaßen gu ergänzen. Seiber get)t ba§> Gloria nur bis> gum Quoniam, unb mo ber 9teft fet)n mag, miffen bie ©ötter. ?(tle angemanbten SBerfudje ber Sluffinbung blieben frud)t(oö. $ietfeid)t miffen «Sie hierüber Sefdjeib?" Setber fonnte id) bem treffüdjen Spanne nidjt3 erfreulid)e* ermibern, ba id) mid) §ur ßeit be3 $erfteigerung3=2Tcte3 in ^JSeftf) befanb. (£§ gab metjr benn einen @runb bem 3ufa^e 3U banten, ber mid) üom Sdjjauptatje fo ärgerüdjer Vorgänge fern gehalten, fid)erüd) märe id) im Stampfe mit ben greütern allein *) 2£Iot)§ gud^S bemerft tjier in einer 9tanbnote, bafc ftdj biefe§ Kyrie gegenwärtig in ber berliner §of=23i61iot^ef befinbe fammt bem ganzen ^öidjau'id)en SRacfjlaffe. S)ort tjat e§ aud) ber 53erfaffer gefefjen. t- 729 — geftanbeu, roie fo oft im Saufe ber fotgenben Saljre. Snbefc fyatte obige SJcittrjeilung fo 3J?and)eS in ber Erinnerung roieber macfj gerufen, bem nun burd) ©efättigfeit bon 2lfot)S $ud)S weiter nacfjgeforfdjt roerben tonnte. <5o fagte mir aud) bie @r= innerung, bajj baS 9{ufnal)me=$8er5eid)nif$ beS 33eetrjoben'fdjen 9cacfjtaffeS bie Partitur üon ber Missa solemnis nidjt enthalten unb iclj mid) bergebenS bemüht r)atte p erforfdjen, rooljin biefeS anfeljnlid)e Sßolumen gefommen, baS bis §ur ©terbeftunbe beS SKeifterS auf bem 3}üd)er~9tebofitorium 51t fetjen geroefen. ?(. $udjS erbat ftd) in ber Standet bon Dr. $8ad) Einfielt in jene§ SSeräeidjnijs unb fanb genannte Partitur roirfticfj nidjt barin. lieber biefeS Ergebnis berichtet er mir unterm 28. Dctober 1851 9cad)fte§enbeg: „ 2tuf merdje SBetfe §x. % in ben 23efi§ beS Originals bon Sßeetljoben'S 9)?effe Djf gefommen ift — biefeS bermag icf) nidjt 51t erflären; man muji raoljl tjoffen auf feine anbere $trt, aU burd) ben Stnfauf in ber Slucrion; hak biefeS &tM im Snbentar nidjt berjeidmet mar, beroeifet nur aber= matS, mit roefdjer ©adjfenntni^ jene Männer auSgerüftet roaren, roeldje ben muficalifdjen Sfadjlafi 23eetrjoben'S georbnet unb ber^eidjnet Ijaben. Sdj fjabe bie ©buren foldjer SIbfurbitäten in £)änben, tote man mit biefen ©djätjen geroirtljfdjaftet rjat." u. f. ro. 9ttöge mit SSorftefjenbem nun aud) baS (Sabitel ber ber= tegerifdjen grebel an ber ^erfon beS großen SDceifterS roie aud) an feinen ©eifteSbrobucten gefdjloffen ferjn, obgfeid) eS beimeitem nidjt erfdjöbft ift. Sie gereifte ©träfe bafür roirb jeber reblidj "Senfenbe felber $u bictiren rjaben. 23ie(teid)t bemädjtigen fidj bie literarifdien ipetferSljelfer biefeS gercif3 inljaltfdjroeren (SabitefS unb merben e§ fo fdjön au^ufdjmüden berfterjen, bafj bie $reb(er in adjtbaxz ^uuftförberer umgeruanbelt erfdjeinen, benen bie gefammte 9Jcufifroeft 511 'Saufe berbfüdjtet febn folt. Sergleidjen mar aud) bereits ba, roeit bie offieiöfen Söüdjter über Shtnft bei rügenSroertljen Saaten einzelner Verleger feit beginn beS 4. 3arjr§efjenb§, als bie §errfdjaft ber mobernen 3Sirtuofen nnb — 730 — burd) [ie bie „ i r f et) = bad)'fd)e w9?epertorium für Sftufif" toäljrenb feineö nur 5tt>ei= jährigen 23eftef)en§ — 1844 unb 1845 — gemacht. @g I)at jebod) üergebücf) SSHrfungen befämpft, bereu Urfacfyen e3 nid)t §u entfernen üermodjte, inbem biefe bereite ben ganzen Äörüer rote ein freffenbeö ©ift inficirt Ratten. Sei ben nunmehrigen ßuftänben jenes 3roeige3, ber längft aufgehört einen „Sunft* fjanbel" ^u betreiben, ftd) oielmefjr in einen bloßen SQ^uftftjanbel mit gan§ üerfdjiebenen Gegriffen unb Qmdm umgeftaltet fyat, mürbe fetbft bie üon jebem ©influffe öon jener (Seite unab* gängige ^ritit* fid) Oergebenä bemühen, um eine 2tefferung im SßerlagStoefen jum $8ortIjeiIe matjrtjafter $unft unb üerbienter, 3ufunft üerfjetftenber Äunftjünger 51t erftreben, — unb eine ©djmalbe madjt audj t)ier im $all feinen (Sommer, raenn man ja auf 23egünftigung etma eine§ in biefe Kategorie gätjtenben latentes tjinmeifen wollte, ha§> nietjt feine einer Ijöfjeren (Som* pofition§=@attung angefjorenben SBerfe auf eigene Stoffen bruden laffe. — §anbel mit fdjon berühmten 9camen, ofme 9tüdfid)t auf innern SBertt) it)ver s^robucte, ift in feinem ®unft= ^meige meljr ab§ in ber SOZitftf bie signatura temporis. P. SBorljtrnbene Reliquien Don Seetljobctt.376) ©egenftänbe, bie großen Scannern bei rtjren täglichen 33er* ridjtungen ftetö gur §anb maren, ftfeibungSftüde, Steile oon ifjrem ^auSgerätfye, unb anbereS nod) au3 it)rer einfügen Um= gebung, finb 5U allen Qdkn als merttjooße @rinnerung^eid)en f)od) in @f)ren gesotten morben. 3n foldjem SBetradjte t)aben 376) Viele der hier von Schindler genannten Sachen Beethovens werden im Verein „Beethoven-Haus" zu Bonn aufgehoben. A. d. H. — 731 — Stepfjan üon SSreuning, Dr. 95ad) unb ber SSerfaffer für münfd)en§mertf) befunben, einige ®egenftänbe au§ $eetrjooen'§ .f)intertaffenfcr)aft, beren jeber an fiel) üon geringem, ober Don gar feinem (Mbmertlje, a(§ (Srinnerung^eidjen an ben großen ßünftler aufeubemarjren. Unsere Sßaljl fiel ^umeift auf Uten= filien Don feinem bem Tempel ber ©öttin Sfteitl) in (Sgtipten, (in 3M)men unb unter ©laS.) c) (Sine Heine SanDfdjaft au$ 23eetfjooen'§ paaren oer- fertigt, unter ©la§. d) (Sin meffingener Seuctjter mit einem ©ctjirm. ((Sin Slmor in einem S^adjen fitjenb unb ben Seucfjter mit beiben §änben fyaltenb.) e) 3^e^ ^ofafen oon SBronje al§ 93riefbefd)toerer. f) ©ine Heine Sifdjgtode. g) (Sine grofje ^5apierfd)eere. h) 3roei Siegel mit SSeetljoüen'S Initialen. S)a§ gro^e nannte er fein «StaatSfieget. i) gmei dritten in befonbern Futteralen; auf bem einen fteljt oon SSeettjoOen'ö §anb gefdjrieben „alt", auf bem anbern „Oorbere." k) (Sine Sorgnette, bie er lange Sat)re an einer f^mar^en Schnur am £alfe rjängenb getragen. 1) (Sine «Statuette, örutuä Oorftellenb. — 732 — ni) Sine ©tafjt* unb eine @an§feber im f^mar^en gutteraL 3Rit (euerer fdjrieb er fein gmeiteä Xeftament. S» roaren feine festen ©rf)rtftjüge. n) Sin 9kfiermeffer. o) Sin ©pagierftorf; ein 23ambu3roljr mit einem (Silber* plätteten oben, worin fein 9?ame eingraüirt ift. 2öe(dje§ ber einfüge SdtfberoafyrungSort biefel flehten aber bod) intereffanten Q3eett)ouen=9ftufeum§ fetin roirb, barüber bin itf) gur ©tunbe nodj unfd)lüffig. SebenfaßS mirb nnb fott e§ üon ber anfefjnlidjen 3at)( üortjanbener fdjriftftdjen Reliquien an 9futograpf)en unb £>ocumenten, fo an Suchern unb 2ftufi= catien, auf meld)' (entere bereits aufmerffam gemacht roorben, nidjt getrennt werben.377) 377) Zwei Gegenstände aus dem Schindlerschen Beethoven- Nachlasse, die im Beethovenhanse Aufstellung gefunden haben, sind ernster Erörterung wert: aj das Lichnowskysche Streichquartett, b) das Beethovenporträt von E. Schimon. Wer hat die Lichnowsky- schen Streichinstrumente nach Bonn verschenkt? Eine wohl aufzu- werfende Frage. Diese kostbaren Streichinstrumente sind durch Schindler vom Preußischen Staate angekauft und für die Königliche Bibliothek erworben worden. Vgl. B. S. Br. No. 55: Das Heiligenstädter Testa- ment, wo alles Bekannte und Wissenswerte über die Instrumente gegeben ist (I. Band). Wer hat also das Eigentum der preußischen Staatsregierung einem Privatverein verschenken dürfen? Die Instru- mente gehören der Königlichen Bibliothek und müssen dieser Bibliothek in Berlin wieder zugestellt werden. So verlangt es das ganz deutliche Eigentumsrecht. Mit dem zweiten Punkt, dem Schindlerschen Schimon- Ölgemälde, verhält es* sich natürlich ebenso. Das herrliche Schimonbild hing im Musiklesesaal der Königlichen Bibliothek zu wahrer Erbauung der dortigen Besucher. Mit einem Male verlegte die preußische Staatsregierung das von Schindler angekaufte Eigentum in den Bonner Privatverein Beethoven-Haus, was durchaus nicht angeht. Das ist eine Eigentumsverletzung, gegen die die Berliner Königliche Bibliothek protestieren muß. Das Schimonsche Beethovenporträt muß dorthin zurückkehren. So will es Recht und Ordnung. Hören wir hier den königlichen Philosophen Kant, den Biesenbruder Beethovens, der die Gerechtigkeit himmelhoch hebt. Kant lehrt über das Strafgesetz die — 733 — goldenen Worte: „Das Strafgesetz ist ein kategorischer Imperativ, und wehe dem, welcher die Schlangenwindungen der Glückseligkeitslehre durchkriecht, um etwas aufzufinden, was durch den Vorteil, den es verspricht, ihn von der Strafe oder auch von einem (Trade derselben entbinde, nach dem pharisäischen Wahlspruch: ,es ist besser, daß ein Mensch sterbe, als daß das ganze Volk verderbe'; denn wenn die Gerechtigkeit untergeht, so hat es keinen Wert mehr, daß Menschen auf Erden leben." Und auch diese xqvoeo. Im] lesen wir da: „Denn die Gerechtigkeit hört auf eine zu sein, wenn sie sich für irgendeinen Preis weggibt." (Cf. A. Chr. Kalischer, Immanuel Kants Staatsphilosophie. 1904. S. 57.) A. d. H. Anhang. Ein Brief Schindlers an Beethoven.378) Aus dem Schindlerschen Beethoven-Nachlaß (Mappe II. No. 73. Autogr. 36). Schindler schreibt folgenden unbekannten, höchst wichtigen Familienbrief an den Meister aus Hetzendorff 3. Juli 1823. Man ver- gleiche den Neudruck Schindler S. 469 f. „Gott zum Gruss! Der beigefügte Brief ist von H Schlöesser aus Paris.*) Ein junger Mahler Nahmens Wust brachte ihn gestern mit dem Bedeuten, dass ihm Schloessar den Auftrag gab, die allen- fällige Antwort bei Ihnen zu übernehmen, u. selbe ihm nach Paris zu senden. Er Hess mir deshalb seine Adresse zurück. Aus Gastein Mittags schickte Fürst Hatzfeld heraus mit der ernsten Frage, ob er die Messe itzt erhält, nachdem der Termin abgelaufen sey. Er werde von Berlin deshalb so sehr bestürmt, dass ihm die ganze Sache schon sehr zur Last falle. Sie möchten daher die Güte haben, ohne Verzug dem Fürsten zu schreiben, wann er das Werk erhält, damit er sich doch in Berlin mit Ihrer eigenen Handschrift ausweisen könne. Er wohnt itzt zu Penzing Nro. 28, das 3*^ — 6te Haus links wenn man von Wien aus ins Dorf geht. *) Über Ihren Brud. u. seine theuren Angehörigen will ich mich denn selbst bezwingen Ihnen so weit es die Umstände itzt erlauben, mit- 378) Vgl. B. S. Br. No. 903 vom 6. Mai 1823 und den sechsstim- migen Kanon für L. Schloessar, Mai 1823, No. 904 (IV. Band). A. d. H. — 734 — zutheilen. Er ist ein schwacher, leider zu schwacher Mensch, aber doch höchst zu bedauern. Er ist Ihr Brud, folglich auch aller Ihrer Auf- merksamkeit werth. — Diese Krankheit war u. ist der Probierstein, was er für 2 Schlangen au seiner Seite hatte, und die, da ich täglich, so lange er liegt, 3 — 4 Mahle ihn besuchte u. Stundenlang ihn unter- hielt, so hatte ich Gelegenheit, diese 2 Personen genau zu beobachten. Ich kann hier auf Ehre erfahren, dass diese Personen würdig wären, die alte ins Zuchthaus, die junge, ins Correctionshaus gesperrt zu werden. Wie man einen Gatten, u. Vater in seiner Krankheit be- handeln kann, könnte man von Barbaren nicht erleben, nur solche Menschen können es thun. Diese Krankheit kam ihnen Beide gerade recht, um frei und unschenirt ihr Wesen treiben zu können. (Verfaulen hätten sie ihn lassen, diese L. — , wenn sich nicht fremde Menschen sein angenommen hätten. Hundertmahl hätte er sterben können, u. die eine war im Prater oder in Nussdorf,^]: die andere beym Bruder gewesen; ohne dass sie sich nur um ihn umgeschaut hätte. So blieb er krank in der Hand der Dienstboten die ihn nicht hatten allein Hessen, da er doch mehrere Wochen kein Glied bewegen konnte. Es blieb also nichts übrig, als dass er sich einen eigenen Krankenwärter nahm; obwohl da 3 weibliche Personen im Hause sind. Diese Kost aber unglücklicherweise, sehr schwer: folglich, ist ihm mit ihr nicht ganz gedient. Er hat oft geweint, über das Betragen seiner An- gehörigen und bath mich einstens ganz in Schmerz versunken, ich soll ihnen doch berichten, wie mau mit ihm umgeht, damit Sie herein kommen, u. diese Beyden nach Verdienst hauen sollten; allein sein eigenes Wohl befahl mir es nicht zu thun, u. Ihnen nichts von allem zu sagen, was vorgeht. Letzten Freitag kam ich wieder wie gewöhnlich, u. traf den Doctor bei ihm, dem er klagte, wie er die letzte Nacht ganz ohne Hilfe liegen musste; wie die Wärtern die ganze Nacht so hart schlief, dass er sie nicht erwecken konnte, es (was) auch kein Wunder ist, da sie schon 14 Tage nicht geschlafen hatte. Die andern liegen aber im letzten Zimmer und lassen ihm rufen. Ich konnte meinen Unwillen nicht länger mehr zurückhalten u. brach samt dem Doctor in ein lautes Fluchen aus. Ganz natürlich war die gnädige Frau darüber ganz entrüstet, ich mir aber den Teufel daraus mache ( ) Es ist doch höchst unnatürlich, und mehr als barbarisch, wenn die Frau, während der Mann krank liegt, ihren Liebhaber zu ihm ins ^ Die Tochter nämlich; sie war ein anHsereheliches Kind der Frau van Beethoven, die diese ihrem Gatten in die Ehe mitgebracht hatte, im Jahr 1823 bereits 18 bis 19 Jahr alt. — 735 — Zimmer führt sich in seiner Gegenwart aufputzt wie ein Schlittennest dann mit ihr spazieren fäbrt und den kranken Mann zu Hause schmachten lässt. Das hat sie sehr oft gethan. Ihr Bruder hat mich selbst darauf aufmerksam gemacht, er ist der Narr, es so lange ge- duldig ansehen zu können. Entweder müssen ihm seine Hände ge- bunden sein, dass er diesen Frevel (!) dulden muss, oder wie immer, kurz sein Benehmen in diesem Punkte ist mir durchaus ein Bätsei. — Ich war seit dem letzten Vorfall am Freitag erst gestern wieder bei ihm, denn nur seine Person und seine Umstände zwingen mich ihn nicht zu verlassen, und ihn einige Augenblicke des Tags zu unter- halten, weil sonst von seinen vielen Freunden auch nicht einer ihn besucht. Eben höre ich, daß es ihm heute wieder schlechter geht Sobald es nur möglich ist daß er sich ohne Gefahr hinaus wagen darf, so bitte ich Sie u. seinetwillen ihn zu sich (Seh.) zu nehmen. Er sagte mir selbst letzthin, daß er gern auf kurze Zeit zu Ihnen gehen werde, wenn es sein Zustand gestattet. Dr. Saxinger ist sein Arzt; Er ist ein sehr strenger Mann und behandelt ihn gut Nun über dieses Thema einstweilen genug, obwohl noch viel darüber zu sagen sein wäre. Ich muß Sie aber Ihres Bruders u. meinetwegen inständigst bitten, nur jetzt nichts zu thun, weil man, weil man die Sache nur noch verschlimmern würd. Das Factum ist da und Sie können zur gehörigen Zeit Gebrauch davon machen. Für jetzt ignorireu Sie alles, denn sonst könnte ich unter keiner Bedingung das Haus Ihres Bruders mehr betreten, was doch jetzt nicht ratsam ist, auch würde jeder Zorn dem Bruder nur schaden, denn den Beweis habe ich von ihm, daß er nach jedem derartigen Auftritt immer schlechter geworden ist. Auch hat ihm der Arzt streng verboten, sich zu ärgern. Ebenso kann es jetzt nicht mehr schlechter werden, als es schon war. — Schreiben Sie doch einige Zeilen au den russischen Geschäftsträger Obreskow. Es reisen stets viele Küssen nach Peters- burg, so könnte man das Paquet so sicher u. geschwind fortbringen. Vielleicht könnte man das Paquet so sicher u. geschwind fort- bringen, durch die Handelshause geht es auch sehr laugsam. Ich gelbst habe im Jahre 1819 ein Paquet Bücher durch Geymüller nach Riga geschickt, das erst nach 18 Monathen in Riga ankam. Denn es ging über Warschau nach Danzig von dort zurück nach Lübeck u. von da erst nach Riga. Überall blieb es mehrere Monathe liegen. Am schnellsten geht es noch über Hamburg nach Petersburg. Was die 30 fr. Postgeld für den Briefträger betrifft, so sind Sie selbst schuld daran, wenn Sie die Briefträger erwähnen, denn ich hörte letzt- hin auf der kleinen Post, daß die Briefträger sich laut rühmen, die — 736 — Ihnen an Briefe ergeben, daß wenn sie lauter solche splendide Herren zu bedienen hätten, sie bald reich werden müßten, also sie schweigen am Ende noch darüber. Sie könnten etwa wohl für jeden Brief 6 fr. geben, aber nicht 30 fr. so viel giebt kein Fürst So eben komme ich von der Polizey, die Haushält, war mit. Der Hausherr ist auf Morgen 5 Uhr Nachmittag sammt mir bestellt worden: Der Alte braucht nicht erst zugegen zu seyn. Der Polizei- direktor H. Ungermann*) lassen sich Ihnen empfehlen — u. ihre Sache sey schon im Voraus so abgethan wie Sie es wünschen. Nur wegen der Beleuchtungsbetrag sollen Sie nicht die 6 fr. annehmen, damit ihnen der Flegel von ihrer Seite nichts anhaben kann. Ich bereite mich auf Morgen vor, denn ich bin gerade geneigt, ihm den Text zu lesen, so gut das es vor der Behörde geschieht. Das Resultat werde ich Ihnen alsogleich melden. Übrigens bin ich in tiefster Sousmission Ihr unveränderlicher treuer A. Schindler. Das Paquet für Fürst Galitzin dessen Inhalt die Messe C betrifft (viel ausgestrichen.) Dieser Schindlerbrief über die Misere in Bruder Johannes Heim muß allen denen zu denken geben, die von den Familien tragödien in Bernhard— Hajdecky'schen Papieren Kenntnis genommen haben. Diese mysteriösen Papiere sind offenbar nach den Schindler'schen Papieren im Beethoven-Nachlaß fabriziert worden; sie geben nichts Neues über die hier dargebotenen Enthüllungen. Das Neue und Originelle enthalten diese Schindler-Papiere. Das Mysterium der anderen Papiere bleibt bestehen. Ich betone hierbei, daß Herr Hajdecky noch nichts auf meine Anzweifelung eines seiner Beethovenbriefe an Bernard in der „Musik" geantwortet hat. A. d. H. *) Cf. B. S. Rj. No. 865 (IV. Band); ferner No. 954 an Bruder Johann u. Erklärungen, Band IV, S. 324. A. d. H. BEETHOVENS SÄMTLICHE BRIEFE Kritische Ausgabe mit Erläuterungen von Dr. Alfr. Chr. Kalischer I. Band: 1783 bis 1810 IL Band: 1811 bis 1815 III. Band: 1816 bis 1818 IV. Band: 1819 bis 1823 V. Band: 1824 bis 1827 Jeder Band ist einzeln käuflich und kostet geh. M. 4.20, geb. M. 5.50 SCHUSTER & LOEFFLER BERLIN W57 WEITERE NEUDRUCKE DER BEETHOVEN- LITERATUR mit Ergänzungen und Erläuterungen herausgegeben von Dr. Alfr. Chr. Kalischer Wegeier und Ries, Biographische Notizen Über Beethoven. Mit verschiedenen Beilagen. Zweite Auflage Geh. M. 3. — , geb. M. 4. — Gerhard von Breuning, Aus dem Schwarz- spanierhause. Mit zehn Bildern. Geh. M. 3.—, geb. M. 4.— Wilhelm von Lenz, Beethoven. Das Leben des Meisters Geh. m. 4.—, geb. M.5.— SCHUSTER & LOEFFLER BERLIN W57 BEETHOVEN UND SEINE ZEIT- GENOSSEN Beiträge zurGeschichte des Künstlers und Menschen von Dr. Alfr. Chr. Kalischer in vier Bänden: Band I: Beethoven und Berlin Band II: Beethoven, Wien und Weimar Band III: Beethovens Frauenkreis. I Band IV: Beethovens Frauenkreis. II SCHUSTER & LOEFFLER BERLIN W57 CARL MARIA VON WEBERS SÄMTLICHE SCHRIFTEN Kritische Ausgabe von Georg Kaiser Ein starker Band mit einem Porträt geh. M. 12.—, geb. M. 14.— Für eine der dankenswertesten und wichtigsten Publikationen halte ich diese kritische Gesamtausgabe. Hier sind die literarischen Er- zeugnisse Webers zum ersten Male, nach den Urdrucken revidiert, vollständig vereinigt. Der „Freischütz"-Komponist war auch als Musikschriftsteller von einer derartigen Bedeutung, daß eine Her- stellung seiner Hinterlassenschaft in authentischer Lesart geradezu ein Bedürfnis war. (Berliner Tageblatt.) Daß C. M. v.Weber so viel und so vielseitig über Kunstfragen ge- schrieben hat, und daß seinen Aufsätzen, die eingehend und treffend sind, noch heute Wert und Bedeutung beizumessen ist, das wird man mit Verwunderung und Dank aus dem ungemein sorgfältig gearbeiteten, ausführlichen, durchaus vortrefflichen Werke Georg Kaisers lernen können. Es mag auch erwähnt sein, daß Kaiser eine Reihe von Aufsätzen gefunden bat, als deren Verfasser man Weber, der oft unter Decknamen schrieb, bisher noch nicht kannte. Sein Buch gehört zu denen, die eine Lücke ausfüllen, und zwar in recht ausgiebiger Weise. (Nordd. Allgem. Zeitung.) SCHUSTER & LOEFFLER BERLIN W57 Herrose * Ziemsen, G. m. b. H., Wittenberg.